Physik 1 ET, WS 2012 — Aufgaben mit Lösung — 1. Übung (KW 43) 1. Übung (KW 43) Aufgabe 1 (M 1.2 Schwingender Körper“) ” Ein schwingender Körper hat die Geschwindigkeit vx (t) = vm cos(2π Tt ). Er befindet sich zur Zeit t0 = T4 am Ort x0 . Geben Sie den Ort x und die Beschleunigung ax des Körpers als Funktion der Zeit t an! Aufgabe 2 (M 1.4 Notbremse“) ” Beim Notbremsen wird ein mit der Geschwindigkeit vx0 fahrender Zug auf der Strecke von x0 = 0 bis x1 zum Stehen gebracht. (a) Wie groß ist die konstante Bremsbeschleunigung ax ? (b) Stellen Sie den Verlauf der Bewegung im x(t)-, vx (t)- und ax (t)-Diagramm dar! x1 = 260 m, vx0 = 90 m s−1 Aufgabe 3 (M 1.6 Stahlkugel“) ” Eine Stahlkugel springt auf einer elastischen Platte auf und ab. Die Aufschläge haben den zeitlichen Abstand T . Welche Maximalhöhe zm erreicht die Kugel? ∆t = 0.40 s Aufgabe 4 (M 1.7 Testfahrzeuge“) ” Zwei Testfahrzeuge beginnen gleichzeitig eine geradlinige Bewegung mit der Anfangsgeschwindigkeit v0 = 0 am gleichen Ort. Das Fahrzeug A bewegt sich mit der konstanten Beschleunigung aA (t) = a0 , das Fahrzeug B mit der Beschleunigung aB (t) = kt. Beide Fahrzeuge legen in der Zeit t1 die Strecke s1 zurück. (a) Skizzieren Sie den Verlauf beider Bewegungen im a(t)-, v(t)- und s(t)-Diagramm! (b) Berechnen Sie die Zeit t1 und die Strecke s1 ! (c) Welche Geschwindigkeiten vA1 und vB1 haben die Fahrzeuge am Ende der Strecke s1 erreicht? (d) Nach welcher Zeit t2 haben beide Fahrzeuge die gleiche Geschwindigkeit v2 erreicht? Aufgabe 5 (M 1.9 Schienenfahrzeug“) ” Ein Schienenfahrzeug fährt mit konstanter Geschwindigkeit v0 . Nach Abschalten des Triebwerks zur Zeit t0 = 0 wird das Fahrzeug im Wesentlichen durch den Luftwiderstand gebremst; die Beschleunigung ist Geschwindigkeitsabhängig: a(t) = −Kv 2 . (a) Nach welcher Zeit t1 ist die Geschwindigkeit auf v1 abgesunken? (b) Welche Strecke s1 wurde in der Zeit t1 zurückgelegt? v0 = 120 km h−1 , v1 = 60 km h−1 , K = 3.75 × 10−4 m−1 Jens Patommel <[email protected]> Seite 1 von 7 Physik 1 ET, WS 2012 — Aufgaben mit Lösung — 1. Übung (KW 43) Lösung zu Aufgabe 1 Zunächst führen wir als Abkürzung die Kreisfrequenz“ ω = 2π/T ein: ” ω = 2π/T , T = 2π/ω =⇒ vx (t) = vm cos(ωt), t0 = π/2ω. Die Geschwindigkeit ist die Zeitableitung der Orts-Zeit-Funktion, also erhalten wir x(t) mittels Integration von vx (t): Zt Zt dτ vm cos(ωτ ) dτ vx (τ ) = x(t0 ) + x(t) = x(t0 ) + t0 t0 t1 vm sin(ωτ ) = x(t0 ) + [sin(ωt) − sin(ωt0 )] ω t0 h π i sin(ωt) − sin ω 2ω π [sin(ωt) − sin( /2)] vm ω vm = x(t0 ) + ω vm = x(t0 ) + ω vm = x(t0 ) + [sin(ωt) − 1] ωi h vm vm = x0 − + sin(ωt). ω ω Die Beschleunigung ergibt sich durch die zeitliche Ableitung der Orts-Zeit-Funktion: d a(t) = v̇x (t) = vm cos(ωt) = −ω vm sin(ωt). dt = x(t0 ) + Lösung zu Aufgabe 2 a) Für eine konstante Beschleunigung mit x(0) = x0 = 0 gilt x(t) = vx0 t + 21 ax0 t2 vx (t) = vx0 + ax0 t ax (t) = ax0 Sei t1 die Zeit, die der Zug für den gesamten Bremsvorgang benötigt, dann gilt: x(t1 ) = vx0 t1 + 12 ax0 t21 = x1 vx (t1 ) = vx0 + ax0 t1 = 0 (1) (2) Wir lösen (2) nach t1 auf und setzen das Ergebnis in (1) ein: vx0 (2) =⇒ t1 = − ax0 2 vx0 vx0 (1) 1 =⇒ x1 = vx0 − + 2 ax0 − ax0 ax0 2 v ⇐⇒ x1 = − x0 2ax0 2 2 vx0 (90 m s−1 ) 902 ⇐⇒ ax0 = − = − = − m/s2 = −15.6 m/s2 . 2x0 250 m 2 × 260 Jens Patommel <[email protected]> Seite 2 von 7 Physik 1 ET, WS 2012 — Aufgaben mit Lösung — 1. Übung (KW 43) b) x(t) vx(t) ax(t) v0 a0 x1 t1 t1 t t t1 t Lösung zu Aufgabe 3 Wir betrachten die Bewegung der Stahlkugel zwischen zwei Aufschlägen auf der Platte. Es handelt sich um eine geradlinige Bewegung mit konstanter Beschleunigung vom Betrag g = 9.81 m/s2 . Wir legen das Koordinatensystem so, dass die z-Achse nach oben weist und sich die Platte bei z = 0 befindet. Außerdem setzen wir die Stoppuhr in Gang, sobald die Kugel von der Platte abhebt, d. h. bei t = 0 befindet sich die Kugel bei z = 0. Die Anfangsgeschwindigkeit nennen wir vz0 , und weil die Kugel zuerst nach oben fliegt, gilt vz0 > 0. Wir erhalten folgende drei Gleichungen für den Ort, die Geschwindigkeit und die Beschleunigung: z(t) = vz0 t − 12 g t2 vz (t) = vz0 − g t az (t) = −g. (3) (4) Um herauszubekommen, zu welchen Zeitpunkten die Kugel die Platte berührt, bestimmen wir die Nullstellen der Orts-Zeit-Funktion: z(t) = 0 (3) =⇒ vz0 t − 12 g t2 ⇐⇒ vz0 − 12 g t t ⇐⇒ vz0 − 21 g t = 0 2vz0 ⇐⇒ t = g = 0 = 0 ∨ t=0 ∨ t=0 Dass t = 0 eine Lösung ist, überrascht nicht, schließlich haben wir dies als Anfangsbedingung festgelegt. Wegen vz0 > 0 ist auch 2vz0/g > 0, d. h. wir haben die triviale Lösung t0 = 0 sowie t1 = 2vz0/g > t0 . Die Dauer zwischen zwei Aufschlägen beträgt demnach T = t1 − t0 = 2vz0/g, so dass wir für die Anfangsgeschwindigkeit vz0 = 12 gT (5) Jens Patommel <[email protected]> Seite 3 von 7 Physik 1 ET, WS 2012 — Aufgaben mit Lösung — 1. Übung (KW 43) erhalten. Gefragt ist aber nach der maximalen Flughöhe der Kugel. Was zeichnet die maximale Höhe aus? Kurz vor Erreichen der Maximalhöhe ist die Geschwindigkeit positiv (Kugel fliegt nach oben) und kurz nach Erreichen der Maximalhöhe ist sie negativ (Kugel fliegt nach unten). Dazwischen — d. h. im Augenblick des Erreichens der maximalen Höhe — ruht die Kugel, sie hat die Geschwindigkeit Null. Mathematisch bedeutet diese Überlegung nichts anderes, als dass die Ableitung der Kurve z(t) (also vz (t) = ż(t)) an der Maximalstelle Null wird und dass die zweite Ableitung (also az (t) = ż(t)) negativ (also rechtsgekrümmt) ist. Wir ermitteln also, zu welchem Zeitpunkt tm die Geschwindigkeit Null wird und setzen diese Zeit tm in Gleichung (3) ein: vz (tm ) = 0 (4) =⇒ vz0 − g tm = 0 vz0 ⇐⇒ tm = g (6) (3) =⇒ z(tm ) = vz0 ⇐⇒ (5) =⇒ =⇒ zm = zm = zm = vz0 g − 1 g 2 vz0 g 2 2 vz0 2g 2 1 gT 2 2g 1 gT 2 8 = · 9.81 m/s2 · (0.40 s)2 = 19.6 cm. 1 8 Die Kugel erreicht somit eine maximale Flughöhe von circa 20 cm. Bemerkung: Wenn wir Gleichung (5) in (6) einsetzen, erkennen wir, dass die Steigzeit tm halb so groß wie die Periodendauer T ist: tm = 1 gT 2 g = 1 T 2 und somit Steig- und Fallvorgang gleich lange dauern. Lösung zu Aufgabe 4 a) a(t) v(t) vB1 B a0 A t1 aA (t) = a0 =⇒ aB (t) = kt =⇒ t s(t) B A vA1 t2 t1 vA (t) = vA0 + a0 t = a0 t vB (t) = vB0 + 12 k t2 = 12 k t2 Jens Patommel <[email protected]> B A s1 t =⇒ =⇒ t1 t sA (t) = sA0 + 21 a0 t2 = 12 a0 t2 sB (t) = sB0 + 16 k t3 = 16 k t3 Seite 4 von 7 Physik 1 ET, WS 2012 — Aufgaben mit Lösung — 1. Übung (KW 43) b) Zum Zeitpunkt t1 befinden sich beide Züge am selben Ort s1 , also folgt sA (t1 ) = sB (t1 ) =⇒ 21 a0 t21 = 16 k t31 ⇐⇒ t1 = 0 ∨ 12 a0 = 16 k t1 a0 t1 6=0 =⇒ t1 = 3 k Den Ort s1 erhält man durch Einsetzen von t1 in die Ort-Zeit-Funktion: a 2 0 s1 = sA (t1 ) = 21 a0 3 = k 9 2 a30 . k2 c) Die Geschwindigkeiten am Ende der Strecke s1 werden berechnet, indem man die Zeit t2 in die Geschwindigkeit-Zeit-Funktionen einsetzt: vA1 = vA (t1 ) = a0 t1 = 3 a20 k a 2 a2 0 vB1 = vB (t1 ) = 12 k t21 = 12 k 3 = 92 0 . k k d) Wir berechnen, zu welcher Zeit t2 die beiden Züge dieselbe Geschwindigkeit haben: vA (t2 ) = vB (t2 ) =⇒ a0 t2 = 12 k t22 ⇐⇒ t2 = 0 ∨ a0 = 12 k t2 a0 t1 6=0 =⇒ t2 = 2 . k Bemerkung: Das Verhältnis der beiden Zeiten t1 und t2 beträgt t2 t3 a = 2 k0 a 3 k0 = 23 . Lösung zu Aufgabe 5 a) Wir kennen die geschwindigkeitsabhängige Beschleunigung a(t) = v̇(t) = −Kv 2 (t). Diese Differentialgleichung besagt, dass wir eine Funktion v(t) suchen, deren erste Zeitableitung proportional zum Quadrat jener Funktion ist. Wie bereits in Aufgabe 8 der Nullten Übung kann man diese DGL mittels Trennung der Variablen“ ” lösen. Dazu schreiben wir die Ableitug als Differentiale und trennen die Variablen; die Geschwindigkeitsvariablen v und dv kommen auf die linke Gleichungsseite und Jens Patommel <[email protected]> Seite 5 von 7 Physik 1 ET, WS 2012 — Aufgaben mit Lösung — 1. Übung (KW 43) die Zeitvariable dt auf die rechte Seite: v̇(t) dv ⇐⇒ dt ⇐⇒ dv v −2 Zv1 dv v −2 ⇐⇒ = −Kv 2 (t) = −Kv 2 = −Kdt Zt1 = −K dt t0 v0 ⇐⇒ ⇐⇒ −1 v1 −v v0 = −K [t]tt10 v1−1 − v0−1 = K (t1 − t0 ) v0 − v1 ⇐⇒ t1 = t0 + Kv0 v1 (7) (8) Mit den Werten t0 = 0, v0 = 120 km h−1 , v1 = 60 km h−1 und K = 3.75 × 10−4 m−1 folgt 120 km h−1 − 60 km h−1 t1 = = 80 s. 3.75 × 10−4 m−1 · 120 km h−1 · 120 km h−1 b) Zunächst lösen wir Gleichung (7) nach v1 auf, wobei t0 = 0 eingesetzt wird: v1 = v0 . 1 + Kv0 t1 Wir machen uns klar, dass diese Gleichung nicht nur für das spezielle Wertepaar (t1 , v1 ) gilt, sondern für beliebige (t, v(t)), das heißt wir können schreiben: v(t) = v0 . 1 + Kv0 t Die zum Zeitpunkt t1 zurückgelegte Strecke ergibt sich als Integral über die Geschwindigkeit: Zt1 Zt1 v0 , s1 = s(t1 ) = dt v(t) = dt 1 + Kv0 t 0 0 welches wir mittels Substitution lösen wollen: u(t) = 1 + Kv0 t, du = Kv0 =⇒ dt In das Integral eingesetzt erhalten wir u(t Z 1) du v0 1 = Kv0 u K s1 = u(0) t(u) = dt = u−1 Kv0 du . Kv0 u(t Z 1) du 1 1 0 t1 = ln |u|1+Kv = ln (1 + Kv0 t1 ) . 1 u K K u(0) Jens Patommel <[email protected]> Seite 6 von 7 Physik 1 ET, WS 2012 — Aufgaben mit Lösung — 1. Übung (KW 43) Nun kann noch Gleichung (8) angewendet werden, so dass als Ergebnis v0 − v1 1 v0 1 1 120 km h−1 ln 1 + Kv0 = ln = s1 = ln = 1848 m K Kv0 v1 K v1 3.75 × 10−4 m−1 60 km h−1 folgt. Quellen Die Aufgaben sind entnommen aus: Peter Müller, Hilmar Heinemann, Heinz Krämer, Hellmut Zimmer, Übungsbuch Physik, Hanser Fachbuch, ISBN: 978-3-446-41785-4 http://www.hanser-fachbuch.de/buch/Uebungsbuch+Physik/9783446417854 Die Übungs- und Lösungsblätter gibt es unter http://newton.phy.tu-dresden.de/~patommel/Physik_1_ET Die Homepage zur Vorlesung findet sich unter http://www.iapp.de/iapp/lehre/materialien/?v=pe Jens Patommel <[email protected]> 7