2015-01-21 HAZ

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Zeitung
Mittwoch, 21. Januar 2015
Nr. 17 • 4. Woche • Preis 1,50 €
6075901_000115
H a n n ov e r s c H e r a n z e i g e r vo n 1 8 9 3
In 150 tAgen um DIe welt
Auf wen kAnn mAn noch bAuen?
Bertrand Piccard will den Globus
im Solarflugzeug umrunden Seite 6
Der letzte test
Stiftung Warentest bewertet einige
Bausparkassen mit „mangelhaft“ Seite 9
Hannover 96 schließt das
Trainingslager erfolgreich ab
GSG-9-Einsatz
gegen Schleuser
in Stöcken
leItArtIkel
Von
Udo Harms
Wenn der Staat den
Frauen helfen muss
W
Heiße
Ware
Bis zu 327 Grad halten diese teflonbeschichteten Hosen ab,
ohne anzuschmoren. Gestern haben die Mitglieder vieler
hAnnover
Hannoveranerin ist Miss
Hamburg – für zwei Tage
eltern lassen Brandwunden
von Kind unbehandelt
Ein 16 Monate altes Kind hat sich kurz vor
Silvester an einem Heizkörper die Hand
verbrannt. Mutter und Stiefvater brachten
das Kind mit der sich entzündenden Wunde zwei Tage nicht zum Arzt. Deshalb hat
das Amtsgericht den Mann zu einer Geldstrafe von 3900 Euro verurteilt.
seite 12
nIeDersAchsen
in naturwissenschaften
droht Lehrermangel
In den kommenden Jahren werden in Niedersachsen viele Lehrer fehlen – vor allem in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Die
Zahl der Pädagogen in diesem sogenannten Mint-Bereich wird sich laut einer Studie
bis zum Jahr 2025 halbieren.
seite 4
wIrtschAft
Hannover baut 18 Prozent
mehr vW Transporter
Die fünfte Transportergeneration hat für
kräftige Produktionssteigerungen im hannoverschen Werk von VW Nutzfahrzeuge
gesorgt. Im vergangenen Jahr sind 151 000
T5 vom Band gerollt – fast 18 Prozent mehr
als im Vorjahr.
seite 7
Rätsel
Finanzen
Familienanzeigen
Medien & TV
Täglich (fast) alles, Wetter
Seite 5, 14
Seite 8
Seite 15
Seite 19
Seite 20
1° -2°
DO
2° 0°
Gabriel will
Dialog mit
Pegida-Mitläufern
Von andreas scHinKel
Und HeiKo randermann
Hannover. Etlichen Städten in Deutschland, darunter auch Hannover, drohen
Millionenverluste, weil sie jahrelang auf
günstige Schweizer Kredite gesetzt haben. Nach der Entkoppelung des Franken vom Euro in der vergangenen Woche legte die Schweizer Währung im
Wert zu, sodass die Kommunen nun erhebliche Einbußen hinnehmen müssen –
zumindest auf dem Papier.
Der hannoversche Kämmerer Marc
Hansmann (SPD) hat bereits ein Finanzpolster in Höhe von 5 Millionen Euro gebildet, um mögliche Verluste auszugleichen. „Da der Franken-Kredit noch läuft
und bis auf Weiteres nicht abgelöst wird,
ist derzeit kein Schaden entstanden“,
betont Hansmann. Ob auch die Region
Hannover einen Franken-Kredit aufgenommen hat, ist unklar. Heute will die
Verwaltung dazu Auskunft geben.
Im vergangenen Juli hat das niedersächsische Innenministerium in einem
Erlass vor den besonderen Gefahren wegen nicht kalkulierbarer Wechselkursschwankungen bei Krediten in Fremdwährungen gewarnt. Die Stadt Hannover nahm jedoch noch vor der Finanzkrise im Jahr 2008 einen Kredit in Franken
auf. Damals waren die Konditionen in
der Schweiz deutlich günstiger. Über die
Höhe des Kredits gibt die Kämmerei keine Auskunft, sie dürfte sich aber zwischen 20 und 25 Millionen Euro bewegen. Wie bei kommunalen Krediten üblich ist die Laufzeit nicht begrenzt. Hans-
mann kann also hoffen, dass sich die
Wechselkurse in den kommenden Jahren so verändern, dass sich der drohende
Verlust von 5 Millionen Euro aufhebt.
Weitere Kredite in fremden Währungen
hat die Stadt nicht aufgenommen.
Stärker als Hannover hat Osnabrück
mit dem Anstieg des Franken zu kämpfen. Insgesamt neun Kredite über eine
Gesamtsumme von fast 50 Millionen
Franken hat die Stadt seit dem Jahr 2000
aufgenommen. 1,9 Millionen Euro habe
die Stadt über die Jahre an Zinsen gespart, sagte der Finanzvorstand der Stadt,
Thomas Fillep. Doch durch den Wechselkurssprung sind die Kredite um 7,3 Millionen Euro teurer geworden. Ähnlich erging es dem Landkreis Osnabrück: Der
hält noch sechs Franken-Kredite über einen Gesamtwert von 19,6 Millionen Euro
und muss einen Wechselkursverlust von
9,8 Millionen Euro hinnehmen.
Göttingen und Oldenburg haben ihre
Franken-Kredite rechtzeitig abgelöst.
Für einige Kommunen in NordrheinWestfalen sind die Folgen des Kursanstiegs dagegen dramatisch: Ende 2013
hatten hier 25 Gemeinden Fremdwährungskredite mit einem Volumen von
1,9 Milliarden Euro in den Büchern, ein
großer Teil in Schweizer Franken.
Zwar bestehen die Verluste derzeit
nur auf dem Papier, dennoch ist man im
hannoverschen Rathaus zerknirscht.
Denn die Haushaltslage der Stadt ist alles andere als rosig: Für den Haushalt
2015 erwartet der Kämmerer ein Minus
von 88 Millionen Euro, Tendenz steigend. Daher bereitet die Stadt ein Sparpaket über mehr als 50 Millionen Euro
vor. Hannovers CDU-Chef Dirk Toepffer
hält sich mit Kritik zurück. Dass eine
Kommune versuche, kostensparend mit
Geld umzugehen, sei legitim, sagt er.
Auch sei in Hannover die Größe des Kreditgeschäfts im Rahmen geblieben.
» Kommentar
Seite 2
Mindestwechselkurs
Während der euro-Krise hatte die Nationalbank vor fast dreieinhalb Jahren
angesichts eines anhaltenden Höhenflugs des Franken die Notbremse gezogen und einen Mindestwechselkurs von
1,20 Franken für einen Euro festgelegt.
Die hohe Nachfrage von Investoren nach
der sicheren Währung war zu einer Belastung für die wichtige Schweizer Exportindustrie geworden.
Diese „außerordentliche und temporäre
Maßnahme“ in einer Zeit „größter Verunsicherung an den Finanzmärkten“ habe
die Schweizer Wirtschaft vor schwerem
Schaden bewahrt, erklärte die Nationalbank Ende der vergangenen Woche.
In der Zwischenzeit habe sich die Wirtschaft des Landes aber umgestellt, darum könne man den Mindestwechselkurs
aufheben.
Zusammen, was zusammengehört
Von dieter WonKa
BerLin. SPD-Chef Sigmar Gabriel steht
einem Dialog mit den Mitläufern der islamfeindlichen Bewegung Pegida offen
gegenüber. „Ich finde, wir müssen ganz
deutlich unterscheiden zwischen den
Organisatoren von Pegida und vielen
Demonstranten“, sagte Gabriel der HAZ.
Einige der Organisatoren von Pegida
seien Kriminelle, Neonazis und Antisemiten. „Wir müssen uns aber mit den
Menschen beschäftigen, die in den letzten Wochen zum Ausdruck gebracht haben, dass die Dinge, die ihnen wichtig
sind, von der Politik nicht mehr aufgegriffen werden“, betonte Gabriel. „Mit
diesen Menschen das Gespräch zu suchen, das ist die Aufgabe von Politik.“
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi
hatte bisher erklärt, sie könne das „Verständnis für die Bewegung und ihre Anhänger“ nicht nachvollziehen.
Unterdessen prüft die Staatsanwaltschaft Dresden den Anfangsverdacht der
Volksverhetzung gegen den Pegida-Mitorganisator Lutz Bachmann. Nach Informationen dieser Zeitung geht es um bekannt gewordene Facebook-Einträge.
Darin sollen Flüchtlinge und Asylbewerber als „Viehzeug“, „Dreckspack“ und
„Gelumpe“ bezeichnet worden sein.
» Vorwürfe gegen Bachmann
Seite 2
arum verdienen Krankenschwestern weniger als Krankenpfleger?
Eigentlich dürfte es das nicht geben. Seit
Jahrzehnten ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind: Nachzulesen in Artikel 3,
Absatz 2 des Grundgesetzes, aber auch
in der Grundrechtecharta der EU sowie
mehreren Richtlinien und Gesetzen auf
nationaler und internationaler Ebene.
Trotzdem liegt das durchschnittliche Einkommen von Frauen deutlich unter dem
von Männern. Die SPD will das jetzt per
Gesetz ändern: Ein Entgeltgleichheitsgesetz soll für Gerechtigkeit sorgen.
Bisher haben sich Bundesregierungen
meist darauf berufen, die betroffenen
Frauen könnten ja klagen. Oder auf die
Tarifautonomie verwiesen, die Lohnverhandlungen ausschließlich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden
überlässt. In der Praxis zieht kaum eine
Arbeitnehmerin vor Gericht, um mehr
Gehalt zu erstreiten – jedenfalls nicht,
wenn sie im Betrieb noch mal weiterkommen will. Und Tarifverträge sind offenbar nicht nur eine Lösung, sondern
oft auch ein Teil des Problems. Zwar garantieren sie im Prinzip gleiches Geld für
gleiche Arbeit. Sie bieten jedoch auch
vielfältige Möglichkeiten, Arbeit zu bewerten, und so Männer und Frauen in
unterschiedliche Gehaltsgruppen einzuordnen. So wird vielleicht die Muskelkraft des Pflegers, nicht aber das Einfühlungsvermögen der Krankenschwester
honoriert.
Dass Handlungsbedarf besteht, ist unstrittig, deshalb haben Union und SPD
im Koalitionsvertrag ein Entgeltgleichheitsgesetz vereinbart. Strittig ist die
Ausgestaltung: Schon jetzt setzt der Wirtschaftsflügel der CDU auf Attacke, obwohl bisher nur klar ist, dass Familienministerin Schwesig in großen Firmen mehr
Transparenz durchsetzen will. Um das
betriebliche Klein-Klein sollte es aber gar
nicht gehen. Wichtiger ist es, die strukturelle Ungleichheit zu beheben, die dazu
führt, dass Frauen in weniger gut bezahlte soziale Berufe gedrängt werden. Es
geht um die Fehlwirkung von Betreuungsgeld und Ehegattensplitting. Und
um die Diskriminierung in den Köpfen,
die anfängt bei der Frage, wer sich weiterbilden darf, und aufhört bei der Entscheidung über eine Beförderung.
Am Ende ist es trostlos, dass Frauenquoten und Entgeltgleichheitsgesetze
nötig sind. In der Regel sollte sich der
Staat darauf beschränken können, Rahmenbedingungen zu schaffen. Wenn
geltendes Recht jedoch ständig gebrochen wird, weil dies in betrieblichen und
tariflichen Grauzonen möglich ist, muss
der Gesetzgeber Abhilfe schaffen.
SIMPLY CLEVER
DER NEUE
ŠKODA FA BIA COMBI.
New Yorks Männer sollen in der U-Bahn nicht mehr breitbeinig sitzen
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erhalten. Damit sind alle Feuerwehrleute der Stadt bestens
ausgerüstet.
seite 13
Stadt legt 5 Millionen Euro zurück / Ministerium warnte Städte vor Krediten
wetter
MI
Ortswehren ihre neue PSA – die Persönliche Schutzausrüstung – in der Feuerwache 10 in der Calenberger Neustadt
Franken-Kredit: Hannover
drohen Millionenverluste
themen Des tAges
Die Hannoveranerin Alexandra R. ist am
Wochenende zur Miss Hamburg gekürt –
und gestern wieder gefeuert worden.
Grund des Eklats: Startberechtigt waren
nur Hamburgerinnen. Die 16-Jährige aus
der List hatte als Herkunftsort Hamburg
angegeben – die Unwahrheit.
seite 11
Foto: Thomas
Hannover. Spezialeinsatz bei einem
mutmaßlichen Schleuser: Die Wohnung
eines 24 Jahre alten Syrers ist am Dienstagmorgen von GSG-9-Beamten durchsucht worden. Er steht unter dem Verdacht, Landsleute illegal nach Deutschland und Skandinavien gebracht zu haben. Eine Gefahrenanalyse hatte zuvor
ergeben, dass er gewalttätig sein könnte. Deshalb war nicht nur die Polizei,
sondern auch eine Grenzschutzeinheit
an dem Einsatz beteiligt. Sie überraschten den Mann morgens um etwa
6 Uhr in seiner Wohnung in der Lüssenhopstraße in Hannover. Die Beamten beschlagnahmten Gegenstände, darunter
auch Schusswaffen. Eine Auswertung
soll in den nächsten Tagen Klarheit bringen, ob der Mann gegen Gesetze verstoßen hat. Er selbst hält sich legal in Hannover auf. Immer wieder werden Flüchtlinge aufgegriffen, die ohne Einreisepapiere nach Deutschland geschleust
wurden. Zuletzt hatte die Bundespolizei
in Hannover im April einen Bus voller ilseite 11
legaler Flüchtlinge gestoppt.
Seite 17
Von stefan KocH
n
ew Yorker sind ehrgeizig. Zum Erstaunen vieler gilt „Big Apple“ seit
mehreren Jahren als die sicherste Großstadt der USA. Und im neuen Jahr strebt
die Metropole einen weiteren inoffiziellen Titel an: New York – sicher und anständig. Schlecht erzogene Männer, die
es sich breitbeinig auf den schmalen
Sitzplätzen der U-Bahn bequem machen, werden zum züchtigen Sitzen ermahnt. „Manspreading“, der maskuline
Spreizsitz, ist out – „Dude ... Stop the
Spread“ (Hey Mann, nimm deine Beine
zusammen) mahnen seit Jahresbeginn
Schilder in den oft überfüllten Zügen.
Dezente Appelle zum rücksichtsvollen Verhalten im Nahverkehr gab es
schon in der Nachkriegszeit: Damals legte die New Yorker U-Bahn-Verwaltung
Bitte ordentlich hinsetzen: Neues Hinweisschild der U-Bahn in New York.
Foto: MTA
auf Plakaten den Fahrgästen nahe, nicht
ihre Tageszeitung so breit auseinanderzufalten, dass sie damit den Nachbarsitz
blockieren. Im Amerika des Jahres 2015
wollen die Bahnbetreiber zudem eine
subtile Form der sexuellen Belästigung
bekämpfen: „Ich finde es unanständig,
wenn mir in der U-Bahn ein Mann gegenübersitzt, der seine Beine weit auseinanderspreizt“, sagte etwa Schauspiele-
rin Kelley Rae O’Donnell der „New York
Times“. Wenn sie so eine Provokation
beobachte, fotografiere sie sie und veröffentliche das Bild in einem ihrer Blogs
im Internet.
Allzu beliebt macht sich O’Donnell
damit nicht. So beschwert sich der
20-jährige Fabio Panceiro, ebenfalls in
der „New York Times“: „Wer will mir
vorschreiben, wie ich mich hinzusetzen
habe?“ Kristin Geiger, Sprecherin der
„Southeastern Pennsylvania Transportation Authority“, sieht das etwas anders:
„Wenn ein Gast für einen Sitzplatz bezahlt, sollte er auch nur einen Sitzplatz
für sich beanspruchen.“ Und Olof Hansson, New Yorker Benimmexperte, hat
noch einen ganz anderen Rat: „Echte
Gentlemen setzen sich in der U-Bahn
gar nicht hin. Sie bleiben stehen, um den
Damen einen Platz anzubieten.“
Einladung zum großen ŠKODA Buffet am 24.01.2015.
Die Highlights am 24. Januar im Autohaus Hackerott Langenhagen:
> Riesiges Produktfeuerwerk und Aktionsangebote für Neu- und Gebrauchtwagen
> Leckeres Buffet
> Sandwich- und Saft-Station für
unsere kleinen Gäste
> Tobi van Deisner live (bekannt aus der
RTL Sendung „Das Supertalent“)
> Premiere des Neuen Fabia Combi
> Großes Probefahrt-Event
> Kinderschminken
Kraftstoffverbrauch für alle verfügbaren Motoren in l/100 km, innerorts: 6,1–4,0; außerorts: 4,2–3,1; kombiniert: 4,8–3,4; CO2-Emission, kombiniert: 110–89 g/km (gemäß VO (EG)
Nr. 715/2007). Effizienzklasse C–A+
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5499501_000115
HANNOVER
NR. 17 | MITTWOCH, 21. JANUAR 2015
Jetzt haben alle
1350 Feuerwehrleute
der Stadt ihre neue
Schutzkleidung.
Gestern sind die letzten
Ortswehren eingekleidet
worden.
Von Jörn kießler
Hält 327 Grad aus
Der Helm bleibt
Feuerbeständige Schichten:
Durch die Kombination von besonderen Materialien in mehreren
Schichten der PSA sind die neuen Jacken und Hosen extrem hitzebeständig und dennoch leicht
und atmungsaktiv. Statt bei extrem hohen Temperaturen Feuer zu fangen, zersetzt sich der aus
einer Aramidfaser hergestellte
Oberstoff. Eine zweite Schicht aus
PTFE, vielen bekannt als Teflon,
kann Temperaturen bis 327 Grad
widerstehen.
Einsatzhelm: Trotz neuer Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) behalten sowohl Berufsfeuerwehr als
auch die Freiwilligen Feuerwehren ihre alten Einsatzhelme. Sie
werden mit einem Gurtsystem genau an die Kopfform der Feuerwehrleute angepasst, besitzen ein
durchsichtiges Visier und schützen
die Einsatzkräfte vor herabstürzenden Gegenständen.
Maßanfertigung
Integrierter
Brustgurt
Individuelle Ausrüstung: Für die
Umstellung auf die neuen Jacken
und Hosen wurden alle 1350 hannoverschen Feuerwehrleute vermessen und die Kleidung angepasst. Zudem gestaltete der
Schweizer Hersteller Consultiv viele Details nach den Anforderungen
der hannoverschen Einsatzkräfte. Zwei unterschiedliche Taschen
für das Funkgerät auf Schulter und
Brust sind nur ein Beispiel dafür.
Brustgurtsystem: Statt
des bisher üblichen Feuerwehrgurtes mit Beil, der
auf Hüfthöhe über der Jacke getragen wurde, ist
der neue Gurt in die Jacke
integriert. Auf Brusthöhe können sich die Feuerwehrleute nun wesentlich
sicherer abseilen, da der
Körperschwerpunkt tiefer
als zuvor liegt. Zudem ist
das neue System 2,5 Kilo
leichter.
Beige kühlt
Helle Töne: Die neuen sandfarbenen Jacken und Hosen
bringen gleich mehrere Vorteile mit sich. Die helle Farbe
wird nachts besser gesehen und heizt sich weniger stark
auf. Dadurch wird die körperliche Belastung der Einsatzkräfte etwas gemindert. Zudem können schädliche Stoffe, die sich nach Einsätzen in der Kleidung befinden, auch
optisch besser gesehen werden.
Ersatz für
Warnwesten
Erhöhtes Krebsrisiko
bei der Feuerwehr?
Von Tobias morchner
Der Berufsverband Feuerwehr e. V. in
Niedersachsen warnt vor einem erhöhten Krebsrisiko bei den Brandbekämpfern. „Mehrere Studien belegen, dass es
durch die Schadstoffe im Brandrauch zu
einer erhöhten Gefahr der Erkrankung
an Krebs kommt“, sagt Axel Traichel
vom Berufsverband. So sei bei Lungen-,
Schilddrüsen-, Blut-, Prostata- und Hodenkrebs ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Tätigkeit im Einsatzdienst
nachgewiesen. „Bei 14 weiteren Krebsarten wird ein Zusammenhang zwischen
der Tätigkeit bei der Feuerwehr und einem erhöhten Risiko der Erkrankung
vermutet“, sagt Traichel.
Obwohl die Einsatzkräfte der Freiwilligen und der Berufsfeuerwehr bei der
Brandbekämpfung stets Atemschutzmasken tragen, gelangen die krebserregenden Schadstoffe aus dem Brandrauch
beispielsweise über die Schutzkleidung
und die Ausrüstung in die Wachen, so
argumentiert der Verbandssprecher. Aus
diesem Grund sollten so schnell wie
möglich neue Standards im Umgang mit
belasteter Kleidung gelten. „Nach dem
Einsatz sollte die Kleidung vor Ort abgelegt, in staubdichte Verpackung gesteckt
und außerhalb des Mannschaftsraums
gelagert werden, um das Krebsrisiko zu
vermindern“, sagt Axel Traichel.
Zudem fordert der Verbandssprecher
die Anerkennung von Krebserkrankungen bei Feuerwehrleuten als Berufskrankheit. In Ländern wie Dänemark
oder Kanada sei dies bereits der Fall.
Fotos: Eberstein (3)
Reflektorstreifen: Mehr
reflektierende Elemente an der neuen PSA ersetzen die Warnwesten,
die die Feuerwehrleute
vor allem bei Einsätzen im
Straßenverkehr bisher anziehen mussten. „Selbst
wenn wir nur gerufen
werden, um eine Ölspur
auf der Straße abzustreuen, besteht für die Kameraden immer Gefahr“,
sagt der Leiter der Bekleidungsstelle der Feuerwehr Hannover, Viktor
Stumpf.
Griffe und Polster
Kevlar: An Knien und Taschen
wurde besonders feuerbeständiges Kevlar in die PSA vernäht. An
den Hosen sollen die Polster die
Knie der Feuerwehrleute entlasten, wenn sie kriechen müssen. An
den Taschen sollen die großen Laschen den Feuerwehrleuten helfen, die Fächer schnell zu öffnen,
auch wenn sie dicke Handschuhe
bei den Einsätzen tragen.
Viktor Stumpf leitet seit fünf Jahren die
Bekleidungsabteilung der Feuerwehr.
Eine Bildergalerie zum Thema
unter haz.li/uniform
Eine App als Lotse für den Genesungsprozess
Annastift, Ärztekammer und Medizinische Hochschule entwickeln neuartiges Programm zur einheitlichen Behandlung von Patienten
Von Veronika Thomas
Apps auf Smartphones oder Tablet-PCs
entwickeln sich mehr und mehr zu digitalen Helfern auch im Fitness- und Gesundheitsbereich. Eine neu entwickelte
App soll künftig Patienten, die im Diakoniekrankenhaus Annastift ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk erhalten,
von der Erstuntersuchung bis zur Entlassung aus der Rehabilitationsklinik begleiten und sie gewissermaßen durch
den Genesungsprozess lotsen.
Die App ist ein bundesweit einmaliges Gemeinschaftsprojekt des Annastifts
mit dem Zentrum für Qualität und Management der Ärztekammer Hannover
und dem Peter-L.-Reichertz-Institut für
Medizinische Informatik der Medizinischen Hochschule Hannover. Mit im
Boot sind außerdem sieben niedersächsische Reha-Kliniken, in denen die Patienten nach einem einheitlichen Behandlungsplan therapiert werden. Damit
13
Nicht Jacke wie Hose
A
b 16 Uhr herrscht ein reges Kommen und Gehen in der Feuerwache 10 am Goetheplatz. Nach und
nach fahren dort die Einsatzfahrzeuge
der Ortsfeuerwehren Vinnhorst, Ahlem,
Badenstedt und Wettbergen auf den Hof,
um anschließend ihre alte Einsatzkleidung gegen die neuen Persönlichen
Schutzausrüstungen (PSA) einzutauschen. Damit endet der Umstellungsprozess, der mit Planung und Testphase
knapp drei Jahre gedauert hat. „Ab jetzt
besitzt jeder der 1350 hannoverschen
Feuerwehrleute mindestens einen Satz
der modernen Schutzkleidung“, sagt
Viktor Stumpf, Teamleiter der Bekleidungsabteilung der Berufsfeuerwehr
Hannover.
Seit Mai ist Stumpf beauftragt, alle
650 Kameraden der Berufsfeuerwehr,
aber auch die rund 700 ehrenamtlichen
Einsatzkräfte aus den 17 Ortsfeuerwehren im Stadtgebiet neu einzukleiden.
„Das hat aus mehreren Gründen bis
heute gedauert“, verrät der 49-Jährige.
Einerseits habe der Schweizer Hersteller
Consultiv, dem Feuerwehr und Stadt den
1,7 Millionen Euro teuren Auftrag gegeben hatten, die Hosen, Jacken und
Brustgurte in mehreren Chargen hergestellt. „Andererseits mussten wir alle
1350 Kameraden auch vermessen“, sagt
Stumpf. Auf diese Weise sitzen die ohnehin schon komfortablen Kleidungsstücke nun noch besser. Zudem erfüllte die
Firma diverse Wünsche, die ein Gremium aus örtlichem Personalrat, Medizinischem Dienst der Feuerwehr, Arbeitssicherheit der Stadt und ein Projektteam
der Feuer- und Rettungswachen ausgearbeitet hatte.
Ab sofort verfügt jeder Berufsfeuerwehrmann über zwei Garnituren, jeder
Ehrenamtler über eine. Ein Unterschied
wird zwischen der Kleidung der Freiwilligen Feuerwehr und ihren bezahlten
Kollegen nicht mehr gemacht. „Das versüßt einem die ehrenamtliche Arbeit natürlich“, sagt Thorsten Walter, Erster
Hauptfeuerwehrmann bei der Ortswehr
in Vinnhorst.
■ Umland uneinheitlich: Auch im Umland
der Landeshauptstadt könnte die sandfarbene Kleidung bald im Einsatz sein.
„Mehrere Freiwillige Feuerwehren überlegen, ob sie auch eine PSA nach hannoverschem Vorbild anschaffen sollen“,
sagt Regionsfeuerwehrsprecher Armin
Jeschonnek. Da regionsweit jedoch jede
Gemeinde einzeln entscheidet, wie sie
die eigene Feuerwehr ausrüstet, werden
die Einsatzkräfte wohl nie komplett einheitlich gekleidet sein.
HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG |
können Patienten vor, während und
nach der Operation – von der Arztpraxis
über das Krankenhaus bis zur Rehabilitationsklinik – aus einem Guss nach einheitlich festgelegten Standards behandelt werden. Prof. Henning Windhagen,
Ärztlicher Geschäftsführer des Annastifts, bezeichnete das neu entwickelte
Hightechprodukt als „einen Meilenstein
für die Qualitätssicherung bei künstlichen Knie- und Hüftgelenken“.
Als Hauptgrund für die Entwicklung
der TEP Totalendoprothese-App nannte
Brigitte Sens von der Ärztekammer Hannover das „extrem zergliederte Gesundheitssystem aus Arztpraxen, Kliniken
und Reha-Kliniken, die nicht besonders
gut vernetzt“ seien. Dieses System berge Sicherheitslücken, weil Patienteninformationen nicht immer weitergeleitet
würden und ein gemeinsamer Behandlungspfad nicht existiere. Die innerhalb
von zwei Jahren wissenschaftlich entwickelte TEP-App sei das Ergebnis eines
fein aufeinander abgestimmten Behandlungskonzepts inklusive Qualitätssicherung.
Die Patienten erhalten im Gegenzug
einen Wegbegleiter an die Hand, mit
dem sie von Anfang an in die Behandlung intensiv miteinbezogen werden. Die
App informiert über alle Schritte des stationären Klinikaufenthalts und der RehaKlinik. Der Behandlungsplan ist ständig
verfügbar. Zusätzlich zur Erklärung der
einzelnen Therapieschritte bietet die
App ein interaktives Patiententagebuch
sowie Checklisten, Tipps und Videos zu
„Sehr übersichtlich“: Andreas Heins mit Prof. Henning Wildhagen (vorn) und den AppEntwicklern.
Foto: Eberstein
physiotherapeutischen Übungen. „Die
Patienten sind über die einzelnen Behandlungsschritte jetzt viel besser informiert“, sagte gestern Christian Hinz,
Chefarzt der Reha-Klinik Der Fürstenhof
in Bad Pyrmont, die seit drei Monaten
mit dem Programm arbeitet. Für Patienten, die weder Smartphone noch TabletPC besitzen, gibt es die App gewissermaßen in analoger Form als Broschüre.
„Ich möchte wieder schmerzfrei tanzen“, wünscht sich Andreas Heins. Der
Kfz-Meister aus der Nähe von Bremen
nutzt die App seit einer Woche, vorigen
Mittwoch hat der 49-Jährige im Annastift ein neues Hüftgelenk erhalten. „Sie
ist sehr übersichtlich gegliedert und bietet viele Informationen“, sagt Heins, der
jetzt in die Reha kommt. „Die App stellt
den Patienten individuelle und zeitgemäße Informationen zur Verfügung, die
ständig aktualisiert werden können. Das
stärkt auch ihre Eigeninitiative“, erklärte Sens.
Konkrete Zahlen, wie viele Mitarbeiter
der Feuerwehr an Krebs erkrankt sind,
liegen für Hannover bislang nicht vor.
Der Berufsverband will das Thema
„Erhöhtes Krebsrisiko bei der Feuerwehr“ auch auf der Interschutz, der Messe für Brand- und Katastrophenschutz im
Juni auf dem Messegelände, zur Sprache bringen. Die Berufsfeuerwehr Hannover wollte sich nicht zu den Änderungsvorschlägen des Berufsverbandes
äußern. „Unsere Einsatzkräfte sind im
Umgang mit Schadstoffen und Kontaminationen ausgebildet und trainiert“, erklärte Feuerwehrsprecher Michael Hintz
lediglich. Auch das Innenministerium
wollte sich zu einem möglichen erhöhten Krebsrisiko für die Einsatzkräfte
nicht äußern. In anderen Bundesländern
ist die Diskussion um die mögliche Gefahr für die Einsatzkräfte schon weiter
fortgeschritten. In Hamburg und Schleswig-Holstein wird sogar über eine regelmäßige Krebsvorsorgeuntersuchung für
die Brandbekämpfer gesprochen. Auch
Schadstoffmessungen am Brandort und
eine grundlegende Dokumentation eines jeden Einsatzes werden diskutiert.
Axel Traichel vom Berufsverband Feuerwehr Niedersachsen würde sich wünschen, dass die zuständigen Stellen sich
intensiver mit dem Thema auseinandersetzen würden. Zwar gebe es Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Schichtdienst und Schlafstörungen
oder dem von Feuerwehreinsätzen und
Herz-Kreislauf-Problemen bei den Einsatzkräften. „Nur an Krebs wagt sich
niemand so recht ran“, sagt Traichel.
Schostok bietet
Bürgersprechstunde
Oberbürgermeister Stefan Schostok lädt
für Montag, 26. Januar, zur ersten Bürgersprechstunde des Jahres in sein
Dienstzimmer ein. Von 16 bis 18 Uhr
können sich Bürger mit ihren Anliegen
direkt an den OB wenden. Wer den Termin nutzen möchte, wird gebeten, sich
ab 15 Uhr im Bürgerbüro, Zimmer 76a
im Erdgeschoss, nummerierte Karten abzuholen.
lok
„Silberkessel“
im Museum
Die Lesungsreihe Prähistorischer Salon
geht in ihre fünfte Runde: Zum Auftakt
des neuen Zyklus stellt Stefan Jäger
heute um 19.30 Uhr im Landesmuseum
seinen Roman „Der Silberkessel“ vor, in
dem es um Römer und Germanen geht.
Prof. Hans-Jörg Nüsse kommentiert das
Buch aus Expertensicht. Es moderiert
Margarete von Schwarzkopf.
be
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