www.haz.de Zeitung Mittwoch, 21. Januar 2015 Nr. 17 • 4. Woche • Preis 1,50 € 6075901_000115 H a n n ov e r s c H e r a n z e i g e r vo n 1 8 9 3 In 150 tAgen um DIe welt Auf wen kAnn mAn noch bAuen? Bertrand Piccard will den Globus im Solarflugzeug umrunden Seite 6 Der letzte test Stiftung Warentest bewertet einige Bausparkassen mit „mangelhaft“ Seite 9 Hannover 96 schließt das Trainingslager erfolgreich ab GSG-9-Einsatz gegen Schleuser in Stöcken leItArtIkel Von Udo Harms Wenn der Staat den Frauen helfen muss W Heiße Ware Bis zu 327 Grad halten diese teflonbeschichteten Hosen ab, ohne anzuschmoren. Gestern haben die Mitglieder vieler hAnnover Hannoveranerin ist Miss Hamburg – für zwei Tage eltern lassen Brandwunden von Kind unbehandelt Ein 16 Monate altes Kind hat sich kurz vor Silvester an einem Heizkörper die Hand verbrannt. Mutter und Stiefvater brachten das Kind mit der sich entzündenden Wunde zwei Tage nicht zum Arzt. Deshalb hat das Amtsgericht den Mann zu einer Geldstrafe von 3900 Euro verurteilt. seite 12 nIeDersAchsen in naturwissenschaften droht Lehrermangel In den kommenden Jahren werden in Niedersachsen viele Lehrer fehlen – vor allem in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Die Zahl der Pädagogen in diesem sogenannten Mint-Bereich wird sich laut einer Studie bis zum Jahr 2025 halbieren. seite 4 wIrtschAft Hannover baut 18 Prozent mehr vW Transporter Die fünfte Transportergeneration hat für kräftige Produktionssteigerungen im hannoverschen Werk von VW Nutzfahrzeuge gesorgt. Im vergangenen Jahr sind 151 000 T5 vom Band gerollt – fast 18 Prozent mehr als im Vorjahr. seite 7 Rätsel Finanzen Familienanzeigen Medien & TV Täglich (fast) alles, Wetter Seite 5, 14 Seite 8 Seite 15 Seite 19 Seite 20 1° -2° DO 2° 0° Gabriel will Dialog mit Pegida-Mitläufern Von andreas scHinKel Und HeiKo randermann Hannover. Etlichen Städten in Deutschland, darunter auch Hannover, drohen Millionenverluste, weil sie jahrelang auf günstige Schweizer Kredite gesetzt haben. Nach der Entkoppelung des Franken vom Euro in der vergangenen Woche legte die Schweizer Währung im Wert zu, sodass die Kommunen nun erhebliche Einbußen hinnehmen müssen – zumindest auf dem Papier. Der hannoversche Kämmerer Marc Hansmann (SPD) hat bereits ein Finanzpolster in Höhe von 5 Millionen Euro gebildet, um mögliche Verluste auszugleichen. „Da der Franken-Kredit noch läuft und bis auf Weiteres nicht abgelöst wird, ist derzeit kein Schaden entstanden“, betont Hansmann. Ob auch die Region Hannover einen Franken-Kredit aufgenommen hat, ist unklar. Heute will die Verwaltung dazu Auskunft geben. Im vergangenen Juli hat das niedersächsische Innenministerium in einem Erlass vor den besonderen Gefahren wegen nicht kalkulierbarer Wechselkursschwankungen bei Krediten in Fremdwährungen gewarnt. Die Stadt Hannover nahm jedoch noch vor der Finanzkrise im Jahr 2008 einen Kredit in Franken auf. Damals waren die Konditionen in der Schweiz deutlich günstiger. Über die Höhe des Kredits gibt die Kämmerei keine Auskunft, sie dürfte sich aber zwischen 20 und 25 Millionen Euro bewegen. Wie bei kommunalen Krediten üblich ist die Laufzeit nicht begrenzt. Hans- mann kann also hoffen, dass sich die Wechselkurse in den kommenden Jahren so verändern, dass sich der drohende Verlust von 5 Millionen Euro aufhebt. Weitere Kredite in fremden Währungen hat die Stadt nicht aufgenommen. Stärker als Hannover hat Osnabrück mit dem Anstieg des Franken zu kämpfen. Insgesamt neun Kredite über eine Gesamtsumme von fast 50 Millionen Franken hat die Stadt seit dem Jahr 2000 aufgenommen. 1,9 Millionen Euro habe die Stadt über die Jahre an Zinsen gespart, sagte der Finanzvorstand der Stadt, Thomas Fillep. Doch durch den Wechselkurssprung sind die Kredite um 7,3 Millionen Euro teurer geworden. Ähnlich erging es dem Landkreis Osnabrück: Der hält noch sechs Franken-Kredite über einen Gesamtwert von 19,6 Millionen Euro und muss einen Wechselkursverlust von 9,8 Millionen Euro hinnehmen. Göttingen und Oldenburg haben ihre Franken-Kredite rechtzeitig abgelöst. Für einige Kommunen in NordrheinWestfalen sind die Folgen des Kursanstiegs dagegen dramatisch: Ende 2013 hatten hier 25 Gemeinden Fremdwährungskredite mit einem Volumen von 1,9 Milliarden Euro in den Büchern, ein großer Teil in Schweizer Franken. Zwar bestehen die Verluste derzeit nur auf dem Papier, dennoch ist man im hannoverschen Rathaus zerknirscht. Denn die Haushaltslage der Stadt ist alles andere als rosig: Für den Haushalt 2015 erwartet der Kämmerer ein Minus von 88 Millionen Euro, Tendenz steigend. Daher bereitet die Stadt ein Sparpaket über mehr als 50 Millionen Euro vor. Hannovers CDU-Chef Dirk Toepffer hält sich mit Kritik zurück. Dass eine Kommune versuche, kostensparend mit Geld umzugehen, sei legitim, sagt er. Auch sei in Hannover die Größe des Kreditgeschäfts im Rahmen geblieben. » Kommentar Seite 2 Mindestwechselkurs Während der euro-Krise hatte die Nationalbank vor fast dreieinhalb Jahren angesichts eines anhaltenden Höhenflugs des Franken die Notbremse gezogen und einen Mindestwechselkurs von 1,20 Franken für einen Euro festgelegt. Die hohe Nachfrage von Investoren nach der sicheren Währung war zu einer Belastung für die wichtige Schweizer Exportindustrie geworden. Diese „außerordentliche und temporäre Maßnahme“ in einer Zeit „größter Verunsicherung an den Finanzmärkten“ habe die Schweizer Wirtschaft vor schwerem Schaden bewahrt, erklärte die Nationalbank Ende der vergangenen Woche. In der Zwischenzeit habe sich die Wirtschaft des Landes aber umgestellt, darum könne man den Mindestwechselkurs aufheben. Zusammen, was zusammengehört Von dieter WonKa BerLin. SPD-Chef Sigmar Gabriel steht einem Dialog mit den Mitläufern der islamfeindlichen Bewegung Pegida offen gegenüber. „Ich finde, wir müssen ganz deutlich unterscheiden zwischen den Organisatoren von Pegida und vielen Demonstranten“, sagte Gabriel der HAZ. Einige der Organisatoren von Pegida seien Kriminelle, Neonazis und Antisemiten. „Wir müssen uns aber mit den Menschen beschäftigen, die in den letzten Wochen zum Ausdruck gebracht haben, dass die Dinge, die ihnen wichtig sind, von der Politik nicht mehr aufgegriffen werden“, betonte Gabriel. „Mit diesen Menschen das Gespräch zu suchen, das ist die Aufgabe von Politik.“ SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hatte bisher erklärt, sie könne das „Verständnis für die Bewegung und ihre Anhänger“ nicht nachvollziehen. Unterdessen prüft die Staatsanwaltschaft Dresden den Anfangsverdacht der Volksverhetzung gegen den Pegida-Mitorganisator Lutz Bachmann. Nach Informationen dieser Zeitung geht es um bekannt gewordene Facebook-Einträge. Darin sollen Flüchtlinge und Asylbewerber als „Viehzeug“, „Dreckspack“ und „Gelumpe“ bezeichnet worden sein. » Vorwürfe gegen Bachmann Seite 2 arum verdienen Krankenschwestern weniger als Krankenpfleger? Eigentlich dürfte es das nicht geben. Seit Jahrzehnten ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind: Nachzulesen in Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes, aber auch in der Grundrechtecharta der EU sowie mehreren Richtlinien und Gesetzen auf nationaler und internationaler Ebene. Trotzdem liegt das durchschnittliche Einkommen von Frauen deutlich unter dem von Männern. Die SPD will das jetzt per Gesetz ändern: Ein Entgeltgleichheitsgesetz soll für Gerechtigkeit sorgen. Bisher haben sich Bundesregierungen meist darauf berufen, die betroffenen Frauen könnten ja klagen. Oder auf die Tarifautonomie verwiesen, die Lohnverhandlungen ausschließlich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden überlässt. In der Praxis zieht kaum eine Arbeitnehmerin vor Gericht, um mehr Gehalt zu erstreiten – jedenfalls nicht, wenn sie im Betrieb noch mal weiterkommen will. Und Tarifverträge sind offenbar nicht nur eine Lösung, sondern oft auch ein Teil des Problems. Zwar garantieren sie im Prinzip gleiches Geld für gleiche Arbeit. Sie bieten jedoch auch vielfältige Möglichkeiten, Arbeit zu bewerten, und so Männer und Frauen in unterschiedliche Gehaltsgruppen einzuordnen. So wird vielleicht die Muskelkraft des Pflegers, nicht aber das Einfühlungsvermögen der Krankenschwester honoriert. Dass Handlungsbedarf besteht, ist unstrittig, deshalb haben Union und SPD im Koalitionsvertrag ein Entgeltgleichheitsgesetz vereinbart. Strittig ist die Ausgestaltung: Schon jetzt setzt der Wirtschaftsflügel der CDU auf Attacke, obwohl bisher nur klar ist, dass Familienministerin Schwesig in großen Firmen mehr Transparenz durchsetzen will. Um das betriebliche Klein-Klein sollte es aber gar nicht gehen. Wichtiger ist es, die strukturelle Ungleichheit zu beheben, die dazu führt, dass Frauen in weniger gut bezahlte soziale Berufe gedrängt werden. Es geht um die Fehlwirkung von Betreuungsgeld und Ehegattensplitting. Und um die Diskriminierung in den Köpfen, die anfängt bei der Frage, wer sich weiterbilden darf, und aufhört bei der Entscheidung über eine Beförderung. Am Ende ist es trostlos, dass Frauenquoten und Entgeltgleichheitsgesetze nötig sind. In der Regel sollte sich der Staat darauf beschränken können, Rahmenbedingungen zu schaffen. Wenn geltendes Recht jedoch ständig gebrochen wird, weil dies in betrieblichen und tariflichen Grauzonen möglich ist, muss der Gesetzgeber Abhilfe schaffen. SIMPLY CLEVER DER NEUE ŠKODA FA BIA COMBI. New Yorks Männer sollen in der U-Bahn nicht mehr breitbeinig sitzen FR 2° 0° Postanschrift: 30148 Hannover Redaktion: (05 11) 5 18-0 Kleinanzeigen Privatkunden: 08 00-1 23 44 01* Kleinanz. Geschäftskunden: 08 00-1 23 44 02 * Telefax Kleinanzeigen: 08 00-1 23 44 10 * Abonnenten-Service: 08 00-1 23 43 04* www.haz.de HannoverscheAllgemeine @HAZ * Kostenlose Servicerufnummer. 30004 4 190347 301505 erhalten. Damit sind alle Feuerwehrleute der Stadt bestens ausgerüstet. seite 13 Stadt legt 5 Millionen Euro zurück / Ministerium warnte Städte vor Krediten wetter MI Ortswehren ihre neue PSA – die Persönliche Schutzausrüstung – in der Feuerwache 10 in der Calenberger Neustadt Franken-Kredit: Hannover drohen Millionenverluste themen Des tAges Die Hannoveranerin Alexandra R. ist am Wochenende zur Miss Hamburg gekürt – und gestern wieder gefeuert worden. Grund des Eklats: Startberechtigt waren nur Hamburgerinnen. Die 16-Jährige aus der List hatte als Herkunftsort Hamburg angegeben – die Unwahrheit. seite 11 Foto: Thomas Hannover. Spezialeinsatz bei einem mutmaßlichen Schleuser: Die Wohnung eines 24 Jahre alten Syrers ist am Dienstagmorgen von GSG-9-Beamten durchsucht worden. Er steht unter dem Verdacht, Landsleute illegal nach Deutschland und Skandinavien gebracht zu haben. Eine Gefahrenanalyse hatte zuvor ergeben, dass er gewalttätig sein könnte. Deshalb war nicht nur die Polizei, sondern auch eine Grenzschutzeinheit an dem Einsatz beteiligt. Sie überraschten den Mann morgens um etwa 6 Uhr in seiner Wohnung in der Lüssenhopstraße in Hannover. Die Beamten beschlagnahmten Gegenstände, darunter auch Schusswaffen. Eine Auswertung soll in den nächsten Tagen Klarheit bringen, ob der Mann gegen Gesetze verstoßen hat. Er selbst hält sich legal in Hannover auf. Immer wieder werden Flüchtlinge aufgegriffen, die ohne Einreisepapiere nach Deutschland geschleust wurden. Zuletzt hatte die Bundespolizei in Hannover im April einen Bus voller ilseite 11 legaler Flüchtlinge gestoppt. Seite 17 Von stefan KocH n ew Yorker sind ehrgeizig. Zum Erstaunen vieler gilt „Big Apple“ seit mehreren Jahren als die sicherste Großstadt der USA. Und im neuen Jahr strebt die Metropole einen weiteren inoffiziellen Titel an: New York – sicher und anständig. Schlecht erzogene Männer, die es sich breitbeinig auf den schmalen Sitzplätzen der U-Bahn bequem machen, werden zum züchtigen Sitzen ermahnt. „Manspreading“, der maskuline Spreizsitz, ist out – „Dude ... Stop the Spread“ (Hey Mann, nimm deine Beine zusammen) mahnen seit Jahresbeginn Schilder in den oft überfüllten Zügen. Dezente Appelle zum rücksichtsvollen Verhalten im Nahverkehr gab es schon in der Nachkriegszeit: Damals legte die New Yorker U-Bahn-Verwaltung Bitte ordentlich hinsetzen: Neues Hinweisschild der U-Bahn in New York. Foto: MTA auf Plakaten den Fahrgästen nahe, nicht ihre Tageszeitung so breit auseinanderzufalten, dass sie damit den Nachbarsitz blockieren. Im Amerika des Jahres 2015 wollen die Bahnbetreiber zudem eine subtile Form der sexuellen Belästigung bekämpfen: „Ich finde es unanständig, wenn mir in der U-Bahn ein Mann gegenübersitzt, der seine Beine weit auseinanderspreizt“, sagte etwa Schauspiele- rin Kelley Rae O’Donnell der „New York Times“. Wenn sie so eine Provokation beobachte, fotografiere sie sie und veröffentliche das Bild in einem ihrer Blogs im Internet. Allzu beliebt macht sich O’Donnell damit nicht. So beschwert sich der 20-jährige Fabio Panceiro, ebenfalls in der „New York Times“: „Wer will mir vorschreiben, wie ich mich hinzusetzen habe?“ Kristin Geiger, Sprecherin der „Southeastern Pennsylvania Transportation Authority“, sieht das etwas anders: „Wenn ein Gast für einen Sitzplatz bezahlt, sollte er auch nur einen Sitzplatz für sich beanspruchen.“ Und Olof Hansson, New Yorker Benimmexperte, hat noch einen ganz anderen Rat: „Echte Gentlemen setzen sich in der U-Bahn gar nicht hin. Sie bleiben stehen, um den Damen einen Platz anzubieten.“ Einladung zum großen ŠKODA Buffet am 24.01.2015. Die Highlights am 24. Januar im Autohaus Hackerott Langenhagen: > Riesiges Produktfeuerwerk und Aktionsangebote für Neu- und Gebrauchtwagen > Leckeres Buffet > Sandwich- und Saft-Station für unsere kleinen Gäste > Tobi van Deisner live (bekannt aus der RTL Sendung „Das Supertalent“) > Premiere des Neuen Fabia Combi > Großes Probefahrt-Event > Kinderschminken Kraftstoffverbrauch für alle verfügbaren Motoren in l/100 km, innerorts: 6,1–4,0; außerorts: 4,2–3,1; kombiniert: 4,8–3,4; CO2-Emission, kombiniert: 110–89 g/km (gemäß VO (EG) Nr. 715/2007). Effizienzklasse C–A+ Autohaus Hackerott GmbH & Co. KG Mühlenfeld 5, Langenhagen, Tel. 0511 20280092, www.hackerott.de 5499501_000115 HANNOVER NR. 17 | MITTWOCH, 21. JANUAR 2015 Jetzt haben alle 1350 Feuerwehrleute der Stadt ihre neue Schutzkleidung. Gestern sind die letzten Ortswehren eingekleidet worden. Von Jörn kießler Hält 327 Grad aus Der Helm bleibt Feuerbeständige Schichten: Durch die Kombination von besonderen Materialien in mehreren Schichten der PSA sind die neuen Jacken und Hosen extrem hitzebeständig und dennoch leicht und atmungsaktiv. Statt bei extrem hohen Temperaturen Feuer zu fangen, zersetzt sich der aus einer Aramidfaser hergestellte Oberstoff. Eine zweite Schicht aus PTFE, vielen bekannt als Teflon, kann Temperaturen bis 327 Grad widerstehen. Einsatzhelm: Trotz neuer Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) behalten sowohl Berufsfeuerwehr als auch die Freiwilligen Feuerwehren ihre alten Einsatzhelme. Sie werden mit einem Gurtsystem genau an die Kopfform der Feuerwehrleute angepasst, besitzen ein durchsichtiges Visier und schützen die Einsatzkräfte vor herabstürzenden Gegenständen. Maßanfertigung Integrierter Brustgurt Individuelle Ausrüstung: Für die Umstellung auf die neuen Jacken und Hosen wurden alle 1350 hannoverschen Feuerwehrleute vermessen und die Kleidung angepasst. Zudem gestaltete der Schweizer Hersteller Consultiv viele Details nach den Anforderungen der hannoverschen Einsatzkräfte. Zwei unterschiedliche Taschen für das Funkgerät auf Schulter und Brust sind nur ein Beispiel dafür. Brustgurtsystem: Statt des bisher üblichen Feuerwehrgurtes mit Beil, der auf Hüfthöhe über der Jacke getragen wurde, ist der neue Gurt in die Jacke integriert. Auf Brusthöhe können sich die Feuerwehrleute nun wesentlich sicherer abseilen, da der Körperschwerpunkt tiefer als zuvor liegt. Zudem ist das neue System 2,5 Kilo leichter. Beige kühlt Helle Töne: Die neuen sandfarbenen Jacken und Hosen bringen gleich mehrere Vorteile mit sich. Die helle Farbe wird nachts besser gesehen und heizt sich weniger stark auf. Dadurch wird die körperliche Belastung der Einsatzkräfte etwas gemindert. Zudem können schädliche Stoffe, die sich nach Einsätzen in der Kleidung befinden, auch optisch besser gesehen werden. Ersatz für Warnwesten Erhöhtes Krebsrisiko bei der Feuerwehr? Von Tobias morchner Der Berufsverband Feuerwehr e. V. in Niedersachsen warnt vor einem erhöhten Krebsrisiko bei den Brandbekämpfern. „Mehrere Studien belegen, dass es durch die Schadstoffe im Brandrauch zu einer erhöhten Gefahr der Erkrankung an Krebs kommt“, sagt Axel Traichel vom Berufsverband. So sei bei Lungen-, Schilddrüsen-, Blut-, Prostata- und Hodenkrebs ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Tätigkeit im Einsatzdienst nachgewiesen. „Bei 14 weiteren Krebsarten wird ein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit bei der Feuerwehr und einem erhöhten Risiko der Erkrankung vermutet“, sagt Traichel. Obwohl die Einsatzkräfte der Freiwilligen und der Berufsfeuerwehr bei der Brandbekämpfung stets Atemschutzmasken tragen, gelangen die krebserregenden Schadstoffe aus dem Brandrauch beispielsweise über die Schutzkleidung und die Ausrüstung in die Wachen, so argumentiert der Verbandssprecher. Aus diesem Grund sollten so schnell wie möglich neue Standards im Umgang mit belasteter Kleidung gelten. „Nach dem Einsatz sollte die Kleidung vor Ort abgelegt, in staubdichte Verpackung gesteckt und außerhalb des Mannschaftsraums gelagert werden, um das Krebsrisiko zu vermindern“, sagt Axel Traichel. Zudem fordert der Verbandssprecher die Anerkennung von Krebserkrankungen bei Feuerwehrleuten als Berufskrankheit. In Ländern wie Dänemark oder Kanada sei dies bereits der Fall. Fotos: Eberstein (3) Reflektorstreifen: Mehr reflektierende Elemente an der neuen PSA ersetzen die Warnwesten, die die Feuerwehrleute vor allem bei Einsätzen im Straßenverkehr bisher anziehen mussten. „Selbst wenn wir nur gerufen werden, um eine Ölspur auf der Straße abzustreuen, besteht für die Kameraden immer Gefahr“, sagt der Leiter der Bekleidungsstelle der Feuerwehr Hannover, Viktor Stumpf. Griffe und Polster Kevlar: An Knien und Taschen wurde besonders feuerbeständiges Kevlar in die PSA vernäht. An den Hosen sollen die Polster die Knie der Feuerwehrleute entlasten, wenn sie kriechen müssen. An den Taschen sollen die großen Laschen den Feuerwehrleuten helfen, die Fächer schnell zu öffnen, auch wenn sie dicke Handschuhe bei den Einsätzen tragen. Viktor Stumpf leitet seit fünf Jahren die Bekleidungsabteilung der Feuerwehr. Eine Bildergalerie zum Thema unter haz.li/uniform Eine App als Lotse für den Genesungsprozess Annastift, Ärztekammer und Medizinische Hochschule entwickeln neuartiges Programm zur einheitlichen Behandlung von Patienten Von Veronika Thomas Apps auf Smartphones oder Tablet-PCs entwickeln sich mehr und mehr zu digitalen Helfern auch im Fitness- und Gesundheitsbereich. Eine neu entwickelte App soll künftig Patienten, die im Diakoniekrankenhaus Annastift ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk erhalten, von der Erstuntersuchung bis zur Entlassung aus der Rehabilitationsklinik begleiten und sie gewissermaßen durch den Genesungsprozess lotsen. Die App ist ein bundesweit einmaliges Gemeinschaftsprojekt des Annastifts mit dem Zentrum für Qualität und Management der Ärztekammer Hannover und dem Peter-L.-Reichertz-Institut für Medizinische Informatik der Medizinischen Hochschule Hannover. Mit im Boot sind außerdem sieben niedersächsische Reha-Kliniken, in denen die Patienten nach einem einheitlichen Behandlungsplan therapiert werden. Damit 13 Nicht Jacke wie Hose A b 16 Uhr herrscht ein reges Kommen und Gehen in der Feuerwache 10 am Goetheplatz. Nach und nach fahren dort die Einsatzfahrzeuge der Ortsfeuerwehren Vinnhorst, Ahlem, Badenstedt und Wettbergen auf den Hof, um anschließend ihre alte Einsatzkleidung gegen die neuen Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) einzutauschen. Damit endet der Umstellungsprozess, der mit Planung und Testphase knapp drei Jahre gedauert hat. „Ab jetzt besitzt jeder der 1350 hannoverschen Feuerwehrleute mindestens einen Satz der modernen Schutzkleidung“, sagt Viktor Stumpf, Teamleiter der Bekleidungsabteilung der Berufsfeuerwehr Hannover. Seit Mai ist Stumpf beauftragt, alle 650 Kameraden der Berufsfeuerwehr, aber auch die rund 700 ehrenamtlichen Einsatzkräfte aus den 17 Ortsfeuerwehren im Stadtgebiet neu einzukleiden. „Das hat aus mehreren Gründen bis heute gedauert“, verrät der 49-Jährige. Einerseits habe der Schweizer Hersteller Consultiv, dem Feuerwehr und Stadt den 1,7 Millionen Euro teuren Auftrag gegeben hatten, die Hosen, Jacken und Brustgurte in mehreren Chargen hergestellt. „Andererseits mussten wir alle 1350 Kameraden auch vermessen“, sagt Stumpf. Auf diese Weise sitzen die ohnehin schon komfortablen Kleidungsstücke nun noch besser. Zudem erfüllte die Firma diverse Wünsche, die ein Gremium aus örtlichem Personalrat, Medizinischem Dienst der Feuerwehr, Arbeitssicherheit der Stadt und ein Projektteam der Feuer- und Rettungswachen ausgearbeitet hatte. Ab sofort verfügt jeder Berufsfeuerwehrmann über zwei Garnituren, jeder Ehrenamtler über eine. Ein Unterschied wird zwischen der Kleidung der Freiwilligen Feuerwehr und ihren bezahlten Kollegen nicht mehr gemacht. „Das versüßt einem die ehrenamtliche Arbeit natürlich“, sagt Thorsten Walter, Erster Hauptfeuerwehrmann bei der Ortswehr in Vinnhorst. ■ Umland uneinheitlich: Auch im Umland der Landeshauptstadt könnte die sandfarbene Kleidung bald im Einsatz sein. „Mehrere Freiwillige Feuerwehren überlegen, ob sie auch eine PSA nach hannoverschem Vorbild anschaffen sollen“, sagt Regionsfeuerwehrsprecher Armin Jeschonnek. Da regionsweit jedoch jede Gemeinde einzeln entscheidet, wie sie die eigene Feuerwehr ausrüstet, werden die Einsatzkräfte wohl nie komplett einheitlich gekleidet sein. HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG | können Patienten vor, während und nach der Operation – von der Arztpraxis über das Krankenhaus bis zur Rehabilitationsklinik – aus einem Guss nach einheitlich festgelegten Standards behandelt werden. Prof. Henning Windhagen, Ärztlicher Geschäftsführer des Annastifts, bezeichnete das neu entwickelte Hightechprodukt als „einen Meilenstein für die Qualitätssicherung bei künstlichen Knie- und Hüftgelenken“. Als Hauptgrund für die Entwicklung der TEP Totalendoprothese-App nannte Brigitte Sens von der Ärztekammer Hannover das „extrem zergliederte Gesundheitssystem aus Arztpraxen, Kliniken und Reha-Kliniken, die nicht besonders gut vernetzt“ seien. Dieses System berge Sicherheitslücken, weil Patienteninformationen nicht immer weitergeleitet würden und ein gemeinsamer Behandlungspfad nicht existiere. Die innerhalb von zwei Jahren wissenschaftlich entwickelte TEP-App sei das Ergebnis eines fein aufeinander abgestimmten Behandlungskonzepts inklusive Qualitätssicherung. Die Patienten erhalten im Gegenzug einen Wegbegleiter an die Hand, mit dem sie von Anfang an in die Behandlung intensiv miteinbezogen werden. Die App informiert über alle Schritte des stationären Klinikaufenthalts und der RehaKlinik. Der Behandlungsplan ist ständig verfügbar. Zusätzlich zur Erklärung der einzelnen Therapieschritte bietet die App ein interaktives Patiententagebuch sowie Checklisten, Tipps und Videos zu „Sehr übersichtlich“: Andreas Heins mit Prof. Henning Wildhagen (vorn) und den AppEntwicklern. Foto: Eberstein physiotherapeutischen Übungen. „Die Patienten sind über die einzelnen Behandlungsschritte jetzt viel besser informiert“, sagte gestern Christian Hinz, Chefarzt der Reha-Klinik Der Fürstenhof in Bad Pyrmont, die seit drei Monaten mit dem Programm arbeitet. Für Patienten, die weder Smartphone noch TabletPC besitzen, gibt es die App gewissermaßen in analoger Form als Broschüre. „Ich möchte wieder schmerzfrei tanzen“, wünscht sich Andreas Heins. Der Kfz-Meister aus der Nähe von Bremen nutzt die App seit einer Woche, vorigen Mittwoch hat der 49-Jährige im Annastift ein neues Hüftgelenk erhalten. „Sie ist sehr übersichtlich gegliedert und bietet viele Informationen“, sagt Heins, der jetzt in die Reha kommt. „Die App stellt den Patienten individuelle und zeitgemäße Informationen zur Verfügung, die ständig aktualisiert werden können. Das stärkt auch ihre Eigeninitiative“, erklärte Sens. Konkrete Zahlen, wie viele Mitarbeiter der Feuerwehr an Krebs erkrankt sind, liegen für Hannover bislang nicht vor. Der Berufsverband will das Thema „Erhöhtes Krebsrisiko bei der Feuerwehr“ auch auf der Interschutz, der Messe für Brand- und Katastrophenschutz im Juni auf dem Messegelände, zur Sprache bringen. Die Berufsfeuerwehr Hannover wollte sich nicht zu den Änderungsvorschlägen des Berufsverbandes äußern. „Unsere Einsatzkräfte sind im Umgang mit Schadstoffen und Kontaminationen ausgebildet und trainiert“, erklärte Feuerwehrsprecher Michael Hintz lediglich. Auch das Innenministerium wollte sich zu einem möglichen erhöhten Krebsrisiko für die Einsatzkräfte nicht äußern. In anderen Bundesländern ist die Diskussion um die mögliche Gefahr für die Einsatzkräfte schon weiter fortgeschritten. In Hamburg und Schleswig-Holstein wird sogar über eine regelmäßige Krebsvorsorgeuntersuchung für die Brandbekämpfer gesprochen. Auch Schadstoffmessungen am Brandort und eine grundlegende Dokumentation eines jeden Einsatzes werden diskutiert. Axel Traichel vom Berufsverband Feuerwehr Niedersachsen würde sich wünschen, dass die zuständigen Stellen sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen würden. Zwar gebe es Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Schichtdienst und Schlafstörungen oder dem von Feuerwehreinsätzen und Herz-Kreislauf-Problemen bei den Einsatzkräften. „Nur an Krebs wagt sich niemand so recht ran“, sagt Traichel. Schostok bietet Bürgersprechstunde Oberbürgermeister Stefan Schostok lädt für Montag, 26. Januar, zur ersten Bürgersprechstunde des Jahres in sein Dienstzimmer ein. Von 16 bis 18 Uhr können sich Bürger mit ihren Anliegen direkt an den OB wenden. Wer den Termin nutzen möchte, wird gebeten, sich ab 15 Uhr im Bürgerbüro, Zimmer 76a im Erdgeschoss, nummerierte Karten abzuholen. lok „Silberkessel“ im Museum Die Lesungsreihe Prähistorischer Salon geht in ihre fünfte Runde: Zum Auftakt des neuen Zyklus stellt Stefan Jäger heute um 19.30 Uhr im Landesmuseum seinen Roman „Der Silberkessel“ vor, in dem es um Römer und Germanen geht. Prof. Hans-Jörg Nüsse kommentiert das Buch aus Expertensicht. Es moderiert Margarete von Schwarzkopf. be