Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen DIPLOMARBEIT Institut für Elektrische Anlagen an der Technischen Universität Graz Leiter des Instituts: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Lothar Fickert Betreuung: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Herwig Renner Vorgelegt von: Georg Oberlechner Graz, im April 2004 Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen Mitarbeitern des Institutes für Elektrische Anlagen in Graz, für die immer freundliche und hilfsbereite Unterstützung, sowie für die angenehme Arbeitsatmosphäre bedanken. Ein ganz besonderer Dank geht an Dr. Herwig Renner für die großartige Betreuung während der Ausarbeitung der Diplomarbeit und meiner gesamten Zeit am Institut. Hr. Renner hatte stets ein offenes Ohr für Fragen und Probleme und stand mir jederzeit mit fachlichem Rat zur Seite. Ebenso danken möchte ich Dr. Manfred Sakulin, mit dem ich viele interessante Diskussionen führen durfte und dem ich so manche gute Anregung zu verdanken habe. Ich danke all meinen Kommilitonen, vor allem aber Martin und Kurt, die es verstanden mir stets mit gutem Rat und Verständnis entgegenzukommen und als Mitbewohner unserer Wohngemeinschaft viel dazu beigetragen haben, dass ich auf eine schöne Studienzeit zurückblicken kann. Nicht zuletzt möchte ich mich bei meinen Eltern, Brigitte und Albert, die mir das Studium überhaupt erst ermöglicht haben, sehr herzlich bedanken. Sie unterstützten mich in jeder erdenklichen Weise und brachten mir stets Liebe und Vertrauen entgegen. Auch meiner Freundin Evelyn gebührt mein herzlichster Dank. Trotz der vielen Kilometer Entfernung unterstützte Sie mich wo Sie nur konnte. Ihr stets positives Denken und Ihre lieben Worte mochte ich nie missen. Zum Abschluss möchte ich noch allen weiteren Personen meinen Dank ausdrücken, welche zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. „So eine Arbeit wird eigentlich nie fertig, man muss sie für fertig erklären, wenn man nach Zeit und Umständen das mögliche getan hat.“ Johann Wolfgang von Goethe (Italienische Reise, 1787) Kurzfassung Aufgrund von technologischen Fortschritten und günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nimmt die Anzahl und Vielfalt von netzgekoppelten dezentralen Energieerzeugungsanlagen stetig zu. Die Energie, die durch diese Anlagen in das Nieder- und Mittelspannungsnetz eingespeist wird, übersteigt teilweise bereits den örtlichen Bedarf. So kann es nun zu einer Rückeinspeisung in das übergeordnete Netz kommen. Weiters liefert die dezentrale Energieerzeugungsanlage einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag zur Kurzschlussleistung. Das Schutzsystem in den betroffenen Verteilnetzen ist jedoch von früher her noch meist auf eine ausschließliche Einspeisung aus der Hochspannungsebene ausgelegt. Die durch die Kleinkraftwerke zusätzlich gelieferten Fehlerstrombeiträge bei anormalen Netzzuständen können das Schutzkonzept daher in Frage stellen und beeinträchtigen. Anhand von charakteristischen Netzmodellen wird untersucht, ob durch eine dezentrale Einspeisung der Erfolg einer Automatischen Wiedereinschaltung (AWE) behindert werden kann und bei welchen Anlagenkonfigurationen mit einer Beeinträchtigung der Selektivität in Abhängigkeit der eingestellten Parameter für Anlagenschutz und Überstromschutz zu rechnen ist. Mittels dynamischer Simulationen werden die aufgedeckten Probleme analysiert und daraus Einstellempfehlungen für die Schutzorgane abgeleitet, mit denen dem Problem ohne größere zusätzliche Investitionen begegnet werden kann. Schlagwörter: Dezentrale Energieerzeugung, Schutzproblematik, Automatische Wiedereinschaltung, Überstromschutz, Spannungsrückgangsschutz, dynamische Netzsimulation Abstract Due to technological progress and convenient economic general conditions the quantity and variety of net-coupled decentralized power generation plants is permanently increasing. In some regions the amount of energy fed into the low- and medium-voltage power grid even exceeds the local need of power. Furthermore the decentralized plants contribute to the short-circuit power with a non negligible amount. The protecting systems in the affected distribution networks were constructed for an exclusive energy flow direction from the high-voltage level. The fault current contributions supplied by small power stations at abnormal net conditions can impair the protection concept and derate its functionality. On the basis of simplified network models, the impact on operation of an automatic reclosure device caused by a decentralized infeed is examined. Furthermore the impairment of the selectivity of the existing protection system depending on the adjusted parameters is studied. By means of dynamic simulations the revealed problems are analysed and recommendations to adjust the protection devices are given, solving the problems without additional high investments. Keywords: distributed power generation, protection problem, automatic reclosure device, overload protection, under-voltage protection, dynamic network-simulation Oberlechner Georg Seite 1 Inhaltsverzeichnis 1 2 EINLEITUNG................................................................................................................................................ 4 1.1 PROBLEMSTELLUNG.............................................................................................................................. 4 1.2 ZIEL DIESER ARBEIT ............................................................................................................................. 6 DIE STELLUNG DER DEZENTRALEN ENERGIEERZEUGUNG IM LIBERALISIERTEN MARKT .......................................................................................................................................................... 7 2.1 DER WEG ZUR HEUTIGEN ELEKTRIZITÄTSWIRTSCHAFT ........................................................................ 7 2.2 DEZENTRALE ENERGIEERZEUGUNG ...................................................................................................... 8 2.2.1 Allgemein ........................................................................................................................................ 8 2.2.2 Begriffsdefinition............................................................................................................................. 9 2.3 3 BERECHNUNGS- UND SIMULATIONSVERFAHREN ....................................................................... 12 3.1 3.1.1 3.2 Der Kurzschluss und seine Darstellung in symmetrischen Komponenten..................................... 12 VERHALTEN VON DEZENTRALEN ENERGIEERZEUGUNGSANLAGEN IM FEHLERFALL .......................... 16 Die Synchronmaschine [2]............................................................................................................ 16 3.2.2 Die Asynchronmaschine................................................................................................................ 18 DIE SIMULATION ................................................................................................................................ 19 3.3.1 Verwendete Simulationsprogramme.............................................................................................. 20 3.3.2 Vergleich der Simulationsmethoden.............................................................................................. 21 SCHUTZTECHNIK .................................................................................................................................... 23 4.1 ANLAGENSCHUTZ ............................................................................................................................... 23 4.1.1 Überstromschutz ........................................................................................................................... 23 4.1.2 Wechselspannungsrelais ............................................................................................................... 24 4.1.3 Vektorsprungrelais ........................................................................................................................ 24 4.2 5 DIE KURZSCHLUSSRECHNUNG ............................................................................................................ 12 3.2.1 3.3 4 WARUM DEZENTRALE ENERGIEERZEUGUNG ...................................................................................... 10 NETZSCHUTZ ...................................................................................................................................... 27 4.2.1 Überstromschutz ........................................................................................................................... 27 4.2.2 Distanzschutz................................................................................................................................. 27 NETZKONFIGURATION FÜR SIMULATION ..................................................................................... 28 5.1 AUFSTELLEN EINES GEEIGNETEN SIMULATIONSMODELLS .................................................................. 28 Oberlechner Georg Seite 2 Inhaltsverzeichnis 6 5.2 DIE SYNCHRONMASCHINE ALS ENERGIEUMFORMER .......................................................................... 31 5.3 DIE ASYNCHRONMASCHINE ALS ENERGIEUMFORMER ........................................................................ 32 GEFÄHRDUNG DES ERFOLGES EINER AUTOMATISCHEN WIEDEREINSCHALTUNG ....... 37 6.1 PROBLEMBESCHREIBUNG.................................................................................................................... 37 6.2 ABLAUF DER AUTOMATISCHEN WIEDEREINSCHALTUNG .................................................................... 37 6.3 EINFLUSS VON DEA ........................................................................................................................... 38 6.4 MÖGLICHE LÖSUNGEN ....................................................................................................................... 38 6.5 UNTERSUCHUNGEN FÜR DEN SPANNUNGSRÜCKGANGSSCHUTZ .......................................................... 39 6.5.1 6.5.1.1 3-phasiger Kurzschluss........................................................................................................................ 39 6.5.1.2 2- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 41 6.5.1.3 Anwendung des worst case auf lange Leitungen ................................................................................. 43 6.5.2 Simulink-Modell mit Asynchrongeneratoren............................................................................... 44 6.5.2.1 3- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 44 6.5.2.2 2- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 47 6.5.2.3 Anwendung des worst case auf lange Leitungen ................................................................................. 49 6.5.3 6.6 Einspeisung über einen Stromrichter ............................................................................................ 51 UNTERSUCHUNGEN FÜR DEN ÜBERSTROMSCHUTZ ............................................................................. 52 6.6.1 Neplan-Modell mit Synchrongeneratoren ................................................................................... 52 6.6.1.1 3- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 52 6.6.1.2 2- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 55 6.6.1.3 Anwendungen des worst case auf lange Leitungen ............................................................................. 58 6.6.2 Simulink®-Modell mit Asynchrongeneratoren............................................................................... 59 6.6.2.1 3- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 59 6.6.2.2 2- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 62 6.6.2.3 Anwendungen des worst case auf lange Leitungen ............................................................................. 65 6.6.3 6.7 6.7.1 6.8 Neplan-Modell mit Synchrongeneratoren ................................................................................... 39 Einspeisung über einen Stromrichter ............................................................................................ 66 PHASENDIFFERENZ BEIM WIEDERZUSCHALTEN DES INSELNETZES ..................................................... 66 Untersuchungsergebnisse.............................................................................................................. 67 SCHLUSSFOLGERUNG .......................................................................................................................... 69 Oberlechner Georg Seite 3 Inhaltsverzeichnis 7 6.8.1 Maßnahmen für eine erfolgreiche AWE ........................................................................................ 69 6.8.2 Schlussfolgerungen zu Winkeldifferenzen bei Zuschaltung........................................................... 72 GEFÄHRDUNG DER SCHUTZSELEKTIVITÄT.................................................................................. 73 7.1 PROBLEMBESCHREIBUNG.................................................................................................................... 73 7.2 SICHERSTELLUNG DER SELEKTIVITÄT ................................................................................................ 74 7.3 MÖGLICHE LÖSUNGEN ....................................................................................................................... 74 7.4 AUFSTELLEN EINES GEEIGNETEN SIMULATIONSMODELLS .................................................................. 75 7.5 NEPLAN-MODELL MIT SYNCHRONGENERATOREN ............................................................................ 76 7.5.1.1 3- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 76 7.5.1.2 2- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 80 SIMULINK®-MODELL MIT ASYNCHRONGENERATOREN ....................................................................... 82 7.6 7.6.1.1 3- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 83 7.6.1.2 2- phasiger Kurzschluss....................................................................................................................... 86 7.7 8 WEITERE MÖGLICHE BEEINTRÄCHTIGUNGEN DES SCHUTZES ............................................ 90 8.1 VERRINGERTE KURZSCHLUSSLEISTUNG ............................................................................................. 90 8.1.1 Bedeutung der Kurzschlussleistung............................................................................................... 90 8.1.2 Beeinträchtigung der Kurzschlussleistung .................................................................................... 90 8.1.3 Folgen verringerter Kurzschlussleistung ...................................................................................... 91 8.2 9 SCHLUSSFOLGERUNG .......................................................................................................................... 89 MESSPROBLEME BEIM DISTANZSCHUTZ ............................................................................................. 91 ZUSAMMENFASSUNG ............................................................................................................................. 93 10 AUSBLICK................................................................................................................................................... 95 11 AKRONYME ............................................................................................................................................... 96 12 LITERATUR................................................................................................................................................ 97 Georg Oberlechner Seite 4 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 1 Einleitung 1.1 Problemstellung Durch die Liberalisierung1 und Deregulierung2 der Energiemärkte sind zahlreiche neue Möglichkeiten im Bereich der dezentralen Energieversorgung entstanden. Die Folge ist eine rasante Zunahme der Anzahl und Vielfalt von netzgekoppelten dezentralen Energieerzeugungsanlagen die neue Effekte und Wechselwirkungen am Netz provozieren. Am Netzanschlusspunkt kommt es zu kritischen Netzkoppelsituationen in beiden Richtungen – Netz und Verbraucher. Eine bedeutende Veränderung weist der Lastfluss auf, der sich im Laufe der Zeit teilweise auch umgekehrt hat. Abbildung 1-1: Veränderung des Lastflusses Bis vor ungefähr 10 Jahren konnte man davon ausgehen, dass der im Mittel- und Niederspannungsbereich entnommene Strom aus großen zentralen Kraftwerken stammt. Sie sitzen 1 Begriff für den Schlüssel der wirtschaftlichen Orientierung. Mit der Liberalisierung des Strommarktes wird Elektrizität zu einer frei handelbaren Ware, ähnlich wie z.B. Rohstoffe oder Agrarprodukte. Ziel: nachhaltig zukunftsfähige und effiziente Energieversorgung 2 „Entfesselung“ des Energiehandels vom staatlichen Dirigismus Georg Oberlechner Seite 5 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen vorzugsweise im vermaschten Hoch- und Höchstspannungsnetz und versorgen die unterlagerten Spannungsebenen. Der Lastfluss hatte eine definierte Flussrichtung von der jeweils höheren Spannungsebene in die darunter liegende Ebene. Durch fortschrittliche Technik und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können heute kleinere dezentrale Anlagen betrieben werden, die bereits in allen Netzebenen eingesetzt und parallel zum Verbundnetz betrieben werden. In der Niederspannungsebene findet man die unterschiedlichsten Formen der Energieerzeugung, wie z.B. Mikrogasturbinen, Photovoltaikanlagen, Brennstoffzellen und Kraftwärmekopplungsanlagen. Die wohl am stärksten betroffene Netzebene für die Einspeisung der Energie aus dezentralen Anlagen ist die Mittelspannungsebene. Hier dominieren Windkraftwerke und Blockheizkraftwerke. Die Einspeiseleistung heutiger dezentraler Energieerzeugungsanlagen (DEA) übersteigt teilweise bereits ein Vielfaches des örtlichen Bedarfs an elektrischem Strom. So kann es nun zu einer Rückeinspeisung in das übergeordnete Netz kommen. In Mittel- und Niederspannungsnetzen ist das Schutzkonzept aber von früher her meist auf eine definierte Fehlerstromrichtung aus der HS-Ebene ausgelegt. Die, durch die Kleinkraftwerke, zusätzlich gelieferten Fehlerstrombeiträge können das Schutzkonzept daher in Frage stellen und beeinträchtigen. Versagen von automatischen Wiedereinschaltungs- (AWE) Einrichtungen oder unselektives Trennen von Netzabschnitten können mögliche Konsequenzen sein: ¾ Eine AWE – Einrichtung hat die Aufgabe die Energiezufuhr zu dem von einem Überstromzeitrelais oder Distanzrelais erfassten Fehler kurzzeitig zu unterbrechen, so dass sich eine mögliche Lichtbogenstrecke entionisieren kann und der Betrieb nach einer kurzen Pausenzeit fortgeführt werden kann. Bleibt diese Fehlerstelle in der vermeintlich spannungslosen Pause auf eine dezentrale Energieerzeugungsanlage zugeschaltet, die den Lichtbogen mit genügend Energie versorgt, so dass er nicht abreißt, ist die AWE nutzlos. ¾ Tritt ein Fehler in einem Parallelzweig zu einer DEA auf, so liefert auch diese einen Fehlerstrombeitrag über die gemeinsame Sammelschiene zum Fehlerort. Eine, in der Verteilstation installierte unabhängige Maximalstrom-Zeit-Schutzeinrichtung kann aufgrund des meist fehlenden Richtungsentscheids, den gesunden Strahl zur DEA unselektiv trennen. Mit zunehmender Einbindung solcher dezentraler Anlagen müssen die Fragen der Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität in den bestehenden Netzstrukturen analysiert, eventuell korrigiert und für die zukünftige Planung Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden. Georg Oberlechner Seite 6 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 1.2 Ziel dieser Arbeit Mittels dynamischer Simulation an charakteristischen Netzmodellen soll Aufschluss darüber gewonnen werden, - ob eine DEA den Erfolg einer AWE behindern kann und wie diesem möglichen Problem entgegengewirkt werden kann. Ist es möglich ohne weitere Investitionen bei bestehenden Anlagen und ohne zwingende zusätzliche Einplanung von weiteren bzw. neuen Schutzgeräten in künftige Anlagen, die bis heute verwendeten Schutzsysteme zu verwenden und so zu parametrieren, dass eine einwandfreie Funktion gewährleistet werden kann? - bei welchen Anlagenkonfigurationen mit einer Beeinträchtigung der Selektivität in Abhängigkeit der eingestellten Parameter für Anlagenschutz und UMZ – Schutz zu rechnen ist, und wie dies verhindert werden kann. Aufgrund der ebenso stark verbreiteten Asynchrongeneratoren wie Synchrongeneratoren werden beide Möglichkeiten der Energieumformung in dezentralen Anlagen untersucht. Des Weiteren werden die Probleme bei der Einspeisung über Wechselrichter aufgedeckt und daraus resultierende Empfehlungen für die Auswahl des Schutzes abgeleitet. Georg Oberlechner Seite 7 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 2 Die Stellung der dezentralen Energieerzeugung im liberalisierten Markt 2.1 Der Weg zur heutigen Elektrizitätswirtschaft Die Elektrizitätswirtschaft galt lange Zeit als ein natürliches und daher zu regulierendes Monopol.3 In den letzten 15 Jahren hat die theoretische und empirische Forschung über natürliche Monopole jedoch zu veränderten Betrachtungsweisen der staatlichen Regulierung geführt. Dies hatte sowohl die Aufhebung staatlicher Monopole als auch die Privatisierung öffentlicher Unternehmen zur Folge. So wurde in den 90er Jahren der Elektrizitätssektor z.B. in Großbritannien, Norwegen, Neuseeland und in den USA teilweise dereguliert. Den Rahmen für die Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft bildet vor allem die Tatsache, dass die EU strukturell sehr primärenergiearm ist, so dass rund die Hälfte des Energiebedarfs importiert werden muss. Bei der Fortsetzung des „business as usual“ wird sich der derzeitige Importanteil von rund der Hälfte des Energiebedarfs innerhalb von 25 Jahren auf rund 70 % erhöhen. Eine solche Abhängigkeit bei einem derart sensiblen Basisprodukt für unsere Gesellschaft und Wirtschaft ist nicht akzeptabel [14]. Diese Einsicht, in Zusammenhang mit der höchst komplexen und nach wie vor nicht umfassend wissenschaftlich fundierten Klimaproblematik, maßgeblich verursacht durch CO2- und CH4 Emissionen, veranlasste die EU zu handeln und durch Energieinnovation und Liberalisierung der Elektrizitätsmärkte den Energiesektor zu revolutionieren. So tritt 1997 die Elektrizitätsbinnemarktrichtlinie in Kraft. Die Umsetzung der EU- Richtlinie in nationales Gesetz erfolgte schließlich mittels ELWOG 1 (1998) und ELWOG 2 (2000). Aus Beschlüssen der Europäischen Kommission [15] muss nun die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gefördert werden. Der Politische Wille schaffte nun günstige Rahmenbedingungen zum Erreichen des Zieles, die Steigerung des Anteils des Stromes aus Erneuerbaren Energie am Bruttoelektrizitätsverbrauch von 14% auf 22% bis zum Jahre 2010 und die im Kyoto – Protokoll (1997) festgelegten Verpflichtungen zur Minderung der Treibhausgasemissionen nachzukommen. Zu nennen sind dabei vor allem einzelstaatliche Förderregelungen für den Bau Erneuerbarer Energien, vereinfachte Genehmigungsverfahren, diskriminierungsfreie Behandlung und die allgemeine Anschlusspflicht. 3 Von einem „natürlichen“ Monopol spricht man, wenn ein einzelnes Unternehmen die gesamte Marktnachfrage zu tieferen Kosten befriedigen kann, als zwei oder mehr Unternehmen zusammen (sog. Subadditivität der Kosten) Georg Oberlechner Seite 8 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Auch technologische Entwicklungen leisteten Ihren Beitrag und es eröffneten sich nun völlig neue Perspektiven. Vor allem aber dank der Förderungen von erneuerbaren Energien wurde der Wettbewerb in der Erzeugung und Versorgung ökonomisch sinnvoll, da die „economies of scale“4 – Automatik konnte so durchbrochen wurde. Das heißt es können somit nun auch relativ kleine Anlagen wettbewerbsfähig eingesetzt werden. 2.2 Dezentrale Energieerzeugung 2.2.1 Allgemein Die Liberalisierung des Marktes für elektrische Energie eröffnete neue Möglichkeiten der Vermarktung dezentraler Energieumformer. Windkraftanlagen, Blockheizkraftwerke, Mikrogasturbinen, Photovoltaikanlagen und neue Technologien, wie die Brennstoffzelle, finden verstärkte Integration in unserer Energieversorgung. Eine unumgängliche Eigenschaft, die vielen DEA gemeinsam ist und die beim Einsatz und Betrieb berücksichtigt werden müssen, ist, dass die Stromproduktion nicht von der elektrischen Last bzw. Lastverteilungszentren abhängt, sondern vielmehr stochastisch vorliegt. So richtet sich z.B. die Stromerzeugung bei Blockheizkraftwerken nach dem thermischen Energieverbrauch, bei Windkraftwerken nach dem Windangebot und bei der Photovoltaik nach der Solarstrahlung. Infolgedessen steigt die Unsicherheit bei Erzeugungsvorhersagen. Produktionsvorhersagen hängen zunehmend von jährlichen und täglichen Bedingungen sowie Wettereinflüssen ab. Wo man sich früher zur Umformung mechanischer- in elektrischer Energie nur die Synchronmaschine vorstellen konnte, ermöglichte es der Technologiefortschritt im Laufe der Zeit, vor allem in DEA auch andere Möglichkeiten der Stromerzeugung einzusetzen. Dies wäre zum einen, der Dank Leistungselektronik zur universellen Maschine etablierte Asynchronmotor, welcher vor allem in Windkraftwerken als Doppeltgespeister Generator mit einem Frequenzumformer im Läuferkreis eingesetzt wird. Aber auch die Einspeisung über Thyristor- und Pulswechselrichter bei Windkraftgeneratoren mit Synchronmaschinen oder bei Photovoltaik und Brennstoffzellen werden vermehrt eingesetzt. Der Trend zu dezentraler Energieerzeugung und die Notwendigkeit neue Primärenergien zu erschließen, ist mit Sicherheit noch nicht gesättigt. Würde das in Abb. 2.1 dargestellte mögliche Szenario des prognostizierten Einsatzes von regenerativer erneuerbarer Energieerzeugung für die nächsten Jahrzehnte auch nur annähernd zutreffen, so würden wir uns erst im Anfangsstadium dieser 4 Kostendegression beim Ausbau zu Großkraftwerke Georg Oberlechner Seite 9 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen neuen Form der Energieumformung befinden. Aufgrund dieses immer größer werdenden Anteils an der gesamten Stromproduktion werden auch zunehmend neue Anforderungen an diese Erzeugungseinheiten gestellt werden müssen, welche denen ähneln, wie sie an zentrale Großkraftwerke gestellt werden. Das heißt in weiterer Folge, dass die Netzstruktur und die darin vorkommenden Schutzanlagen überdacht und zum Teil auch an die neuen Gegebenheiten angepasst werden müssen. Abbildung 2-1: Szenario eines Wachstums der regenerativen erneuerbaren Energieerzeugung in der EU bis 2050 mit Aufteilung auf einzelne Quellen [20] 2.2.2 Begriffsdefinition Der Begriff „Dezentrale Energieerzeugungsanlage“ wird weder einheitlich verwendet noch ist er eindeutig definiert. Ob eine Anlage einer DEA angehört wird oft anhand des Anlagentyps festgelegt. Erfolgt die Energiegewinnung z.B. auf Basis regenerativer Energie wird sie oft als dezentrale Einspeisung angesehen. Wiederum andere Definitionen orientieren sich an der Netzstruktur oder der Spannungsebene in die eingespeist wird. Auch die Einspeiseleistung wird oft als Entscheidungskriterium herangezogen. Aufschlussreich ist vielleicht die Beschreibung zentraler Kraftwerke. Es sind dies im Allgemeinen Großkraftwerke mit einer Leistung von einigen 100 MW und darüber, welche in die vermaschten Hochspannungs- und Höchstspannungsnetze einspeisen. Sie wurden meist nach den Gesichtspunkten der Verfügbarkeit der Primärenergie errichtet und stehen meist abseits von Verbraucherschwerpunkten. In diesen Übertragungsnetzen haben die Übertragungsnetzbetreiber die Aufgabe, für den Ausgleich zwischen Bedarf und Aufbringung zu sorgen. Die Aufgaben der Georg Oberlechner Seite 10 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Blindleistungsregelung, Lastflusskontrolle und -steuerung ist nachzukommen und die eingebetteten Kraftwerke tragen zur Primär-, Sekundär- und Terziärregelung bei. Demnach könnte im Gegenschluss behauptet werden, dass als dezentrale Energieerzeugungsanlagen solche Einspeisungen bezeichnet werden können, welche ihre Anbindung an ein Netz haben, das nicht dem Stand der Netzsteuerung und der Netzinformationssysteme sowie der Schutz und Leittechnik weder auf dem technischen noch auf dem organisatorischen Niveau dem der Übertragungsnetze entspricht [5]. 2.3 Warum Dezentrale Energieerzeugung Abgesehen von den bereits erwähnten politischen Zielen und den daraus resultierend günstigen Rahmenbedingungen für den Einsatz Erneuerbarer Energien, möge ein kurzer Rückblick in die Geschichte helfen die Frage zu klären, warum neben dem zentralen Großkraftwerksbau zunehmend wirtschaftlich auch in kleinere dezentrale Energieerzeugungseinrichtungen investiert werden kann [4]: Schon seit langer Zeit wurden natürlich verfügbare Energieressourcen genutzt, wie Wasserkraft und Windmühlen für Sägewerke, Mühlen und Manufakturen. Dies waren kleine dezentrale Fertigungsstätten, die sich zwangsläufig aufgrund der Nichttransportierbarkeit der Energie und der geringen Dichte der natürlich vorkommenden Energie, entwickelt haben. Mit der späteren Entwicklung der Dampfmaschine war es nun erstmals möglich, Energie in großem Maße verfügbar zu machen, wegen der eingeschränkten Transportmöglichkeit jedoch zunächst begrenzt auf die nähere Umgebung der Fördergebiete. Der Einsatz einer solchen Maschine war in einem kleinen Unternehmen nicht möglich. Dampfmaschinen waren aufwendige und personenintensive Konstruktionen, ihr Einsatz lohnte sich erst für eine große Anzahl von Fertigungsmaschinen. So entwickelten sich größere Fabriken zur Zentralisierung der Fertigung. Die Erfindung des elektrischen Motors und der Ausbau von elektrischen Netzen entkoppelte die Energieanwendung und Energieerzeugung – die industrielle Fertigung war nicht mehr an Dampfmaschinen gebunden und konnte dezentral erfolgen. Im gleichen Atemzug schufen die Netze die Vorraussetzung, die Kostendegressionseffekte bei der Erzeugung elektrischer Energie in Großanlagen zu nutzen – die Zentralisierung der Energieerzeugung begann. Ob sich nun eine dezentrale- gegenüber einer zentralen Struktur durchsetzen kann, kann rein wirtschaftlich betrachtet nur von den Faktoren - Transportkosten (sofern vorhanden) des Primärträgers - Transportkosten der elektrischen Energie und - Kostendegression bei zunehmender Größe der Erzeugungseinheit Georg Oberlechner Seite 11 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen abhängen. Demnach können sich dezentrale Strukturen in der Energieerzeugung nur durchsetzen, wenn entweder beim Bau größerer Erzeugungsanlagen keine Kostendegression realisierbar ist oder wenn die Transportkosten für das Endprodukt relativ teuer sind. Letzteres ist bei der Verteilung von Prozessund Fernwärme der Fall, so dass dezentrale Strukturen besonders bei einer gemeinsamen Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme wirtschaftlich eine Chance haben dürften. Auch die überschaubaren Investitionskosten und schnellen Errichtungszeiten mögen für DEA sprechen. Georg Oberlechner Seite 12 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 3 Berechnungs- und Simulationsverfahren 3.1 Die Kurzschlussrechnung 3.1.1 Der Kurzschluss und seine Darstellung in symmetrischen Komponenten Die Methode der symmetrischen Komponenten erlaubt es, ein Dreileiter- Drehstromnetz, zusammengesetzt aus einzelnen elektrischen Betriebsmitteln, mit seinen induktiven und kapazitiven Kopplungen zwischen den drei Leitern unter Einbeziehung des Erdreiches und geerdeter Leiter in drei voneinander unabhängige einpolige Systeme, nämlich das Mit-, Gegen- und Nullsystem zu zerlegen. Besonders bei der Durchführung von Kurzschlussberechnungen ist es von Vorteil wenn man die Ersatzschaltung im Mitsystem (dreipoliger Kurzschluss) oder auch die Ersatzschaltungen im Gegenund Nullsystem (unsymmetrische Fehler) aufzeichnet. So bekommt man schnell einen Überblick, welche Impedanzen (Mit-, Gegen- und Nullimpedanz) des Netzwerkes wirksam werden und wie sich die messbaren Klemmenströme und –Spannungen aus den jeweiligen Systemen zusammensetzen lassen. Auch deren Berechung wird einfacher, da es bei unsymmetrischer Belastung nicht mehr genügen würde eine Phase allein zu betrachten. Mit dem Verfahren der symmetrischen Komponenten ist es möglich, alle unsymmetrischen Belastungen mit Hilfe symmetrischer Systeme zu beschreiben. Das in dieser Arbeit für die Kurzschlussuntersuchungen mit Synchronmaschinen verwendete Simulationsprogramm NEPLAN stellt lediglich die Messgrößen im Mitsystem dar. Wie man nun daraus auf die Phasenspannungen und – Ströme schließen kann zeigen folgende Überlegungen: ¾ 3-ph. Kurzschluss [16] I1 I2 I3 L1 L2 L3 I’’ K3p U1 U2 U3 PE Abbildung 3-1: 3- phasiger Kurzschluss am Netz Aus den Fehlerbedingungen U L1 = U L 2 = U L 3 und I L1 = I L 2 = I L 3 lassen sich mit Hilfe der Symmetrierungsmatrix S die Ströme und Spannungen am Fehlerort Georg Oberlechner Seite 13 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen für die Darstellung in symmetrischen Komponenten finden: 1 a U 1 2 1 2 U = 3 ⋅ 1 a 1 1 U 0 a U L1 a ⋅ U L 2 und 1 U L 3 2 1 a I1 2 1 2 I = 3 ⋅ 1 a 1 1 I 0 a I L1 a ⋅ I L 2 mit a = e j 2π / 3 1 I L 3 (3-1) 2 U = U = 0 ⇒ 0 I =0 1 2 Dieses Ergebnis, kombiniert mit den elektrischen Bedingungen für das Verhalten des Netzes in symmetrischen Komponenten U 1 = U 1L − Z 1 ⋅ I 1 2 2 2 U = −Z ⋅ I U 0 = −Z 0 ⋅ I 0 (3-2) führt zum Ergebnis in symmetrischen Komponenten: 1 U 2 U = 0 ; I = 1L ; I = 0 Z 0 1 (3-3) I1 I0 Mitsystem Nullsystem I2 Gegensystem Abbildung 3-2: Schaltung der symmetrischen Komponenten für den 3- phasiger Kurzschluss Mit Hilfe der Entsymmetrierungsmatrix T lassen sich die Ergebnisse in Phasengrößen angeben: 1 2 T = a a ⇒ Man I L1 1 1 a 1 2 a 1 U L1 = U L 2 = U L 3 = 0 1 1 1 U U 2 U = 1L ; I L 2 = a ⋅ 1L ; I L1 = a ⋅ 1L Z Z Z sieht, bei einem dreipoligen Kurzschluss (3-4) sind alle drei Außenleiter des Drehstromsystems gleichermaßen beteiligt. Das Drehstromsystem wird symmetrisch belastet, so dass in jedem Außenleiter der gleiche Kurzschlussstrom fließt. Das heißt, es tritt nur das Mitsystem auf und folglich sind die Phasengrößen gleich den Größen des Mitsystems. Georg Oberlechner Seite 14 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen ¾ 2-ph. Kurzschluss [16] I1 I2 I3 L1 L2 L3 I’’ K2p U1 U2 U3 PE Abbildung 3-3: 3- phasiger Kurzschluss am Netz Die Fehlerbedingungen in diesem Fall lauten: I L1 = 0 ; I L 2 = − I L 3 und U L 2 = U L 3 Geht man nun wiederum über in die Darstellung der symmetrischen Komponenten erhält man die folgenden zwei Gleichungssysteme: U 1 = U 1L − Z 1 ⋅ I 1 I0 = 0 2 1 2 2 2 I + I = 0 und U = − Z ⋅ I U 0 = −Z 0 ⋅ I 0 U1 =U 2 (3-5) Das Lösen dieser Gleichungen führt zu den Ergebnissen: 0 1 2 1 2 U = 0 ; U =U =U L ⋅ Z 1 1 2 1 und I = − I = U L ⋅ 1 1 2 2 Z +Z Z +Z I0 Nullsystem (3-6) I1 Mitsystem I2 Gegensystem Abbildung 3-4: Schaltung der symmetrischen Komponenten für den 2- phasiger Kurzschluss Georg Oberlechner Seite 15 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Stellt man das Ergebnis wiederum in Phasengrößen dar erhält man folgende Ausdrücke: 2 U L1 = U L ⋅ 2⋅Z 1 2 Z +Z U L 2 = U L3 Z = −U ⋅ 1 2 +4 Z 142 4Z 43 1 2 1 L (3-7) =U 1 1 1 I L 2 = − I L3 = − j 3 ⋅ U L ⋅ 1 2 +4 Z 142 4Z 43 =I1 Der zweipolige Fehler erweist sich als unsymmetrische Belastung für das Netz. Neben dem Mitsystem kommt deshalb auch das Gegensystem zum Tragen. Da aber das Mit- und Gegensystem vom selben Strom durchflossen werden, ist es nahe liegend, dass man den tatsächlichen Phasenstrom auch von nur einer symmetrischen Komponente berechnen kann. Die letzte Gleichung aus (3-7) bestätigt dies: Multipliziert man den Strom des Mitsystems mit 3 erhält man betragsmäßig den Phasenstrom in L2 bzw. L3. Die Phasenspannungen sind gleich der Spannung des Mitsystems. Etwas anschaulicher ist die Darstellung der symmetrischen Größen und den daraus resultierenden Phasengrößen in den Zeigerdiagrammen: Abbildung 3-5: Strom- und Spannungszeiger für den 2- phasigen Kurzschluss Georg Oberlechner Seite 16 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 3.2 Verhalten von dezentralen Energieerzeugungsanlagen im Fehlerfall 3.2.1 Die Synchronmaschine [2] Wird der erregte Synchrongenerator plötzlich kurzgeschlossen, so treten innerhalb des Ausgleichsvorgangs hohe Stromspitzen auf, welche den folgenden Dauerkurzschlussstrom wesentlich übertreffen können. Der Grund liegt darin, dass zunächst der begrenzende Einfluss der Ankerrückwirkung, die das Luftspaltfeld weitgehend abbaut, noch nicht wirksam ist. Zu Beginn des Kurzschlusses besteht noch das volle Hauptfeld, das erst allmählich abklingt. Der zeitliche Verlauf des Kurzschlussvorganges lässt sich über das Differentialgleichungssystem in der Parkschen Transformation berechnen. Ohne einschränkende Vernachlässigungen ist die Berechnung dessen genauen Verlaufs beträchtlich. Für den einfachsten Fall, dass der Generator aus dem Leerlauf mit Up = UN heraus kurzgeschlossen wird, und für die Spannung im Strang U bis zum Kurzschlusseintritt bei ωt=0 die Beziehung uu = 2 ⋅ U N ⋅ sin (ωt − α ) (3-8) gilt, ergibt sich für einen Strang (hier U) die folgende Beziehung: t t − − 2 ⋅ U N 1 1 1 1 Ts Ts ⋅ + ⋅ cos(α ) ⋅ e + − ⋅ e ⋅ cos(2ωt − α ) − iu = X '' X '' 2 X d'' X q'' q d 14444244443 1444442444443 doppeltfrequentes Glied Gleichglied t t − ' − '' 1 1 1 1 1 ⋅ e Td + '' − ' ⋅ e Td ⋅ cos(ωt − α ) − 2 ⋅U N ⋅ + ' − Xd X Xd Xd { Xd 4 42d4 44 3 14 4 42444 3 stationäres Glied 14 transientes Glied subtransientes Glied 44443 1444444444444244444444 (3-9) netzfrequentes Glied Aus drei wesentlichen Strombeiträgen setzt sich der Stosskurzschlussstrom zusammen: Der erste Summand stellt ein abklingendes Gleichstromglied dar, dessen Größe vom Augeblick des Kurzschlusseintrittes Gleichstromglied am abhängt. größten. Schaltet Es man bei verschwindet Spannungs-Nulldurchgang, wenn der so Schaltaugenblick wird das mit dem Spannungsmaximum zusammentrifft. Die Entstehung dieses Gliedes erklärt sich wie beim Transformator daraus, dass der Ständerstrom bei einer Spannungskurve nach (3-8) im Kurzschlussaugenblick nicht den für die induktive Last erforderlichen stationären Verlauf Georg Oberlechner Seite 17 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen − cos(ωt − α ) (3-10) annehmen kann. Es muss vielmehr nach der Anfangsbedingung i = 0 beginnen und erreicht dies durch ein Gleichstromglied der Höhe 2 ⋅ I k" ⋅ cos(α ) . Der zweite Anteil ist ein Wechselstrom doppelter Netzfrequenz, der mit der Zeitkonstante des Gleichstromliedes abklingt. Er entsteht nur bei X d" ≠ X q" , was für Schenkelpolmaschinen ohne oder mit unvollständiger Dämpferwicklung zutrifft. Der übrige Anteil besteht aus netzfrequenten Wechselstrom der den maximalen Effektivwert I k" = UN 3 ⋅ X d" (3-11) besitzt und als Anfangs- Kurzschlusswechselstrom bezeichnet wird. Da Td" < Td' ist, bleiben bald nach dem Kurzschlusseintritt nur die ersten beiden Summanden mit transienten Kurzschlusswechselstrom des maximalen Effektivwertes I k' = UN 3 ⋅ X d' (3-12) übrig. Dieser erreicht dann nach einigen Sekunden den Dauerkurzschlussstrom Ik = UN 3 ⋅ Xd (3-13) Die maximale Spitze des Ständerstromes entsteht eine halbe Periode nach einem Kurzschluss im Spannungs- Nulldurchgang. Hier addieren sich die Amplituden des Stosskurzschlusswechselstromes und das Gleichstromglied. Abbildung 3-6: Verlauf des Stosskurzschlussstromes eines Stranges bei maximalem Gleichstromglied Georg Oberlechner Seite 18 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Der Ständerstrom ist bei zweipoligem Dauerkurzschluss größer als im symmetrischen Fall. Sein Wert lässt sich abschätzen, wenn man vereinfacht annimmt, dass durch die Rückwirkung der mitlaufenden Ständerdurchflutungen die Läufererregung voll kompensiert wird. Bei gegebener Erregung muss dann bei allen drei Kurzschlussarten die gleiche mitlaufende Ständerdurchflutung entstehen. So erhält man für die erforderlichen Kurzschlussströme der im Leerlauf auf UN erregten Maschine 3 ⋅ I k 3 pol = 3 ⋅ I k 2 pol (3-14) In Wirklichkeit wird dieses Verhältnis nicht ganz erreicht, da auch die Streureaktanzen und der Einfluss des gegenläufigen Ständerfeldes zu berücksichtigen sind. Berücksichtigt man auch dies, so erhält man die genaueren Beziehungen: UN Dreipoliger Dauerkurzschluss: I k 3 pol = (3-15) 3 ⋅ Xd Zweipoliger Dauerkurzschluss: I k 2 pol = UN Xd + X 2 (3-16) 3.2.2 Die Asynchronmaschine Asynchrongeneratoren liefern Anteile zum Anfangs- Kurzschlusswechselstrom, zum Stosskurzschlussstrom, zum Ausschaltwechselstrom und bei zweipoligem Fehler auch zum Dauerkurzschlussstrom. Der Kurzschlussstrom von Asynchrongeneratoren klingt umso langsamer ab, je größer die Generatorleistung je Polpaar ist. Verglichen mit einer Synchronmaschine erfolgt das Abklingen wesentlich schneller. Nachstehende Gleichungen beschreiben die Anteile des Kurzschlussstromes bei zwei- und dreiphasigem Kurzschluss: Dreiphasiger Kurzschluss Anfangs- Kurzschlusswechselstrom mit Motorreaktanz Dauerkurzschlussstrom Zweiphasiger Kurzschluss I k" 3 pol = XM = UN 3⋅ XM UN 1 ⋅ I an / I N 3 ⋅ IN I k 3 pol = 0 (3-17) (3-18) (3-19) Georg Oberlechner Seite 19 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Anfangs- Kurzschlusswechselstrom I k" 2 pol = 3 " ⋅ I k 3 pol 2 (3-20) Dauerkurzschlussstrom I k 2 pol = 0.5 ⋅ I k" 3 pol (3-21) 3.3 Die Simulation Bis etwa 1980 erfolgte die Berechnung und Simulation von dynamischen Vorgängen in Energieversorgungsnetzen ausschließlich durch analoge Netzmodelle. Leitungen wurden durch diskrete Elemente in π-Schaltung realisiert, Lasten durch Widerstände und Drosseln. Generatoren wurden einerseits mit Synchronmaschinen, andererseits mit Drehtransformatoren modelliert. Mit steigender Rechentechnik wurden vermehrt gemischte analog-digitale Netzmodelle entwickelt und bis heute eingesetzt, wie z.B. im Forschungszentrum IREQ (Hydro Quebec, Kanada) [11]. Durch die enorme Zunahme der Rechenleistung und der Speichergröße von digitalen Rechnern in den vergangenen zehn Jahren, können nun auch dynamische Vorgänge in elektrischen Netzen nachgebildet werden. Im wesendlichen lassen sich zwei Simulationsmethoden an digitalen Rechnern unterscheiden: Effektivwertberechnungen durch lösen linearer algebraischer Gleichungssysteme und Berechnungen im Zeitbereich durch lösen von Differentialgleichungssysteme. Beide Varianten der Simulation finden in dieser Arbeit ihre Anwendung. Georg Oberlechner Seite 20 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 3.3.1 Verwendete Simulationsprogramme NEPLAN® In der Praxis der Kurzschlussrechnung ist die Bestimmung des vollständigen zeitlichen Verlaufes des Kurzschlussstromes und des Spannungseinbruches nicht immer erforderlich. In diesen Fällen erfolgt die Berechnung unter Annahme quasistationärer, linearer Verhältnisse. Man reduziert hier redundante Informationen der mit Netzfrequenz periodischen Zeitverläufe auf komplexe Effektivwerte. Die Zusammenhänge zwischen Strom und Spannung werden durch die komplexe Systemadmittanzmatrix Y des Netzes bzw. der dazu inversen Impedanzmatrix Z gebildet. Mit den auf diesen Ansätzen beruhenden Berechungsalgorithmen, ist es in NEPLAN® möglich, neben Lastflussberechnungen, Ausfallsrechnungen, Oberschwingungsanalysen, …, im transienten Modul den Verlauf der Effektivwerte bei dynamischen Vorgängen wie Kurzschlüssen zu berechnen und darzustellen. In Abb. 3-7 sieht man die grafische Benutzerschnittstelle zum Erstellen eines Simulationsmodells. Abbildung 3-7: Grafische Benutzerschnittstelle von NEPLAN® MATLAB® – Simulink® MATLAB® ist ein dialogorientiertes Programmsystem für numerisches Rechnen und zur Visualisierung der Ergebnisse. Der Name MATLAB® steht für Matrix Laboratory. Weit über diese ursprüngliche Bedeutung des Namens hinaus ist MATLAB® zusammen mit dem Zusatz Simulink® und den Toolboxen zu einem außerordentlich vielseitigen Werkzeug geworden. Simulink® ist ein Georg Oberlechner Seite 21 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen interaktives Tool zur Modellierung, Simulation und Analyse von dynamischen Mehrdomänensystemen. Es erlaubt den Aufbau von Simulationsmodellen in Blockstruktur, wobei jeder Block einem System von (nichtlinearen) Differentialgleichungen 1. Ordnung entspricht. Von einem übergeordneten Programm werden die Blöcke nach Reihenfolge der Abarbeitung sortiert und mittels eines gewählten Integrationsalgorithmus gelöst. Alle Algorithmen arbeiten mit Schrittweitensteuerung, wobei eine maximale und eine minimale Schrittweite vorgegeben werden kann. Die Simulationsergebnisse lassen sich während der Simulation, also sozusagen „online“, darstellen. Da sich Simulink® nahtlos in MATLAB® einfügt, können die Ergebnisse auf unkomplizierte Weise durch weitere Analyse- und Entwicklungs- Tools weiterverarbeitet werden. Abbildung 3-8: Grafische Benutzerschnittstelle von Simulink® 3.3.2 Vergleich der Simulationsmethoden Um konkrete Messergebnisse aus beiden Simulationsprogrammen miteinander zu vergleichen, wurde in beiden Simulatoren das selbe Netzmodell, eine Einbindung von dezentralen Synchrongeneratoren in das Verbundnetz, nachmodelliert. Die Simulationen sollen Aufschluss über das Verhalten der Ströme und Spannungen an den Generatoren geben, wenn ein 3- phasiger Kurzschluss auf Freileitung Fl-3 (siehe Abb. 5-9) samt anschließender Auslösung der AWE eintritt. Im Koppelplan von Simulink® muss bei der Visualisierung der Ergebnisse ein Berechnungsschritt eingefügt werden, der aus den zeitlich aufgelösten Spannungen und Ströme, vergleichbare Effektivwerte für die Gegenüberstellung mit den Ergebnissen aus NEPLAN® liefert. Zudem muss noch berücksichtigt werden, dass der Berechnungsalgorithmus in NEPLAN® eventuell auftretende Gleichkomponenten in den Strom- und Spannungsverläufen, im Gegensatz zu Simulink®, nicht berücksichtigen kann. So wird der Gleichanteil vor der Effektivwertbildung durch analoge Filter (je Phase ein Butterworth – Filter 10. Ordnung) herausgefiltert. Georg Oberlechner Seite 22 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen In der nachfolgenden Tabelle sind die Abweichungen zwischen den beiden Berechnungsmethoden sowohl für die Ströme als auch für die Spannungen zusammengefasst. Die prozentuellen Abweichungen sind auf die jeweiligen Ergebnisse von MATLAB® bezogen. Das abweichung [%] Kurzschlussstrom- heißt, bei negativen Prozentangaben hat NEPLAN® größere Berechnungswerte erhalten. KS 1,5 km nach SS-3 KS 5,5 km nach SS-3 KS 9,5 km nach SS-3 bei Fehlereintritt 4,52 0,45 0,55 50 ms nach Fehlereintritt 2,33 -1,63 -1,92 bei AWE-Auslösung 2,04 0,94 -0,98 50 ms nach AWE-Auslösung -3,84 -6,61 -11,48 -6,66 3,57 2,70 Restspannungsabweichung nach AWE-Auslösung [%] Tabelle 3-1: Abweichungen der Berechnungsmethoden aus NEPLAN® und MATLAB® Anmerkung: Für die Ergebnisse aus MATLAB® wurde der Mittelwert der jeweiligen drei Phasen zugrunde gelegt. Auffallend ist, dass bei der Simulation in MATLAB® der Kurzschlussstrom im Inselnetz (nach AWEAuslösung) etwas schneller abklingt, als jener bei der Simulation in NEPLAN®. Im Grunde kommt es aber zu keinen nennenswerten Differenzen in den Ergebnissen. Es lässt sich also beruhigt sagen, dass beide Verfahren mit den jeweiligen Nachbildungen der Netzelemente für diese Untersuchungen ihre Berechtigung haben. Georg Oberlechner Seite 23 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 4 Schutztechnik 4.1 Anlagenschutz 4.1.1 Überstromschutz Der Überstromschutz besteht aus einer Kombination aus Überstrom- und Zeitschutz. Moderne Überstrom- Zeitschutzeinrichtungen enthalten diese Funktion in einem integrierten Algorithmus. Bezüglich ihrer Anregung lassen sich heute zwei Typen voneinander unterscheiden: • Unabhängige Maximalstrom – Zeitrelais (UMZ – Relais) Ströme oberhalb eines einstellbaren Schwellwertes werden ein- oder mehrphasig erfasst und setzen ein Zeitrelais in Gang, welches den Überstrom nach einer eingestellten Zeit abschaltet. Die Auslösezeit ist unabhängig davon, um wie viel der Schwellwert überschritten wurde. In Abb. 4-1 ist eine typische zweistufige Auslösekennlinie dargestellt. • Abhängige Maximalstrom – Zeitrelais (AMZ – Relais) Bei diesen Schutzrelais ist die Auslösezeit von der Stromhöhe abhängig, so können sie bei höheren Strömen in kürzeren Zeiten ausschalten. Sie werden vorwiegend zum Schutz von Motoren, Transformatoren und Kabeln eingesetzt. Neben den normal-inversen Kennlinien, wie eine in Abb. 4-2 dargestellt ist, sind stark-inverse und extrem-inverse Kennlinien üblich. Üblicherweise sind die Maximalstrom-Zeitrelais mit einem Rückfallwert ausgestattet. Fällt das Anregesignal also während der Laufzeit unter diesen Wert, welcher typischerweise 80 % des Ansprechwertes beträgt, wird kein Ausschaltkommando erteilt [3]. Georg Oberlechner Seite 24 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 4-1: Unabhängige Auslösekennlinie Abbildung 4-2: Normal invers 4.1.2 Wechselspannungsrelais Wechselspannungsrelais werden zur Über- und Unterspannungsüberwachung von Netzen eingesetzt. Sie besitzen je eine unabhängige Über- und Unterspannungsüberwachung mit meist getrennt einstellbaren Ansprechwerten und gemeinsam einstellbarer Auslösezeit. Die Spannungen werden dabei mit den voreingestellten Grenzwerten verglichen. Des Öfteren sind zudem noch zusätzliche Funktionen implementiert, die eine Überwachung der dreiphasigen Spannungen auf Asymmetrien in Betrag und Phasenlage, Phasenausfall und Phasenfolge ermöglichen. Auch bei Netzkupplungsrelais sind sie in Zusammenhang mit Unter- und Überfrequenzschutz implementiert. 4.1.3 Vektorsprungrelais Die Vektorsprungüberwachung wird vor allem zum Schutz von netzparallelarbeitenden Generatoren durch schnelle Abschaltung bei Netzstörungen verwendet. Grundsätzlich sind zwei Anwendungsfälle zu unterscheiden: ¾ Nur Netzparallelbetrieb, kein Inselbetrieb: Hier schützt die Vektorsprungüberwachung den Generator durch Ausschalten des Generatorschalters bei Netzfehlern Georg Oberlechner Seite 25 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen ¾ Netzparallel und Inselbetrieb: Hier wirkt die Vektorsprungüberwachung auf den Netzschalter. Dadurch wird gewährleistet, dass die dezentrale Einspeisung gerade dann nicht blockiert wird, wenn sie als „Notstromaggregat“ gefordert ist. Gibt ein Synchrongenerator Leistung ab, so entsteht zwischen der Polradspannung UP und der Klemmenspannung (Netzspannung) U1 der so genannte Polradwinkel ϑ (Abb. 4-3). Der Polradwinkel ϑ zwischen Ständerdrehfeld und Polrad ist abhängig von der Leistungsabgabe und der Synchronreaktanz xd. Es bilden sich ein Gleichgewicht zwischen der zugeführten mechanischen Wellenleistung und der elektrischen abgegebenen Netzleistung, wobei die synchrone Drehzahl erhalten bleibt (Abb. 4-4) Abbildung 4-3: ESB netzparalleler Synchrongenerator Abbildung 4-4: Abhängigkeit des Polradwinkels ϑ von der Last Bei einem Netzausfall oder einer AWE ändert sich die Belastung des Generators. Sie ist davon abhängig, wie groß der zuvor vom Netz gedeckte Teil der Last war. Es kommt zu einer Verdrehung des Polradwinkels und somit zu einer Veränderung des Spannungsvektors U1. (Abb. 4-5 und Abb. 4-6) Georg Oberlechner Seite 26 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 4-5: ESB Synchrongenerator bei Netzausfall Abbildung 4-6: Änderung des Polradwinkels bei veränderter Belastung der Maschine Im zeitlichen Verlauf der Spannung (Abb. 4-7) sieht man den Sprung der Spannung auf einen anderen Wert, wodurch sich die Phasenlage ändert. U1(t) U1´(t) ∆t ∼ ∆Θ Abbildung 4-7: Spannungsvektorsprung Das Messgerät misst die Zeit einer Schwingungsperiode, wobei bei jedem Spannungsnulldurchgang eine neue Messung gestartet wird. Die gemessene Periodendauer wird mit einer Referenzzeit verglichen. Daraus wird die Periodendauerabweichung des Spannungssignals ermittelt. Durch einen Vektorsprung erfolgt der Nulldurchgang entweder früher oder später. Die ermittelte Periodendauer entspricht dem auftretenden Vektorsprungwinkel. Überschreitet jener den eingestellten Wert, so erfolgt die unverzögerte Auslösung. Georg Oberlechner Seite 27 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 4.2 Netzschutz 4.2.1 Überstromschutz Für den Überstromschutz als Netzschutz werden vorwiegend die bereits unter Abschnitt 4.1.1 beschriebenen unabhängigen Maximalstrom-Zeitrelais eingesetzt. Sie werden ausschließlich in Verteilnetzen eingesetzt wo durch Staffelung der Auslösezeiten die Selektivität erreicht wird. Durch ein Richtungsglied mit Strom- und Spannungsmessung können die Relais aber auch zu einem gerichteten Überstromschutz erweitert werden. Ihr Einsatz erfolgt vorzugsweise an Parallelleitungen und transformatorunterspannungsseitig bei Transformator – Parallelbetrieb. 4.2.2 Distanzschutz In vermaschten Netzen ist der Distanzschutz die zentrale Schutzfunktion im Abzweigschutz. Er ist eine Kombination aus Impedanzrelais und Zeitrelais. Im Kurzschlussfall entspricht die gemessene Impedanz der Leitungsimpedanz zwischen Messstelle und Fehlerort. Sie ist also ein Maß für die Fehlerentfernung. Die Selektivität wird durch die Stufung der Auslösezeit und Impedanz erreicht. Bei einer einfachgespeisten Strecke reicht die einseitige Überwachung in Richtung Netzeinspeisung, welche durch eine einseitige Stufenkennlinie realisiert werden kann. Wird die Strecke von zwei Seiten gespeist, müssen für jede Richtung eigene Distanzrelais installiert werden. Die Selektivität wird hier durch eine zweiseitige Stufenkennlinie gewährleistet. Georg Oberlechner Seite 28 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 5 Netzkonfiguration für Simulation 5.1 Aufstellen eines geeigneten Simulationsmodells Das Simulationsmodell soll eine möglichst realistische Konstellation im Netz repräsentieren, so dass die in der Praxis vorkommenden Netzanschlüsse mit den Ergebnissen dieser Untersuchung abgedeckt werden. Dabei sollen auch die Fälle untersucht werden, in denen ¾ genügend Kurzschlussstrom aus der dezentralen Anlage die Fehlerstelle speist, dass ein selbständiges Erlöschen des Lichtbogens verhindert wird ¾ geringe Spannungseinbrüche an den dezentralen Anlagen auftreten und die Generatoren sich mit geringen Kurzschlussströmen am Fehlergeschehen beteiligen Grundsätzlich sind zwei Fehlerorte denkbar: Abbildung 5-1: Netzschaltbild mit der Einbindung einer DEA in das 110 kV Netz und einem Fehler in der Anspeiseleitung bzw. im Parallelzweig Die Methode der Ersatzspannungsquelle am Fehlerort kann nun dazu verwendet werden, um eine Abschätzung des Spannungseinbruches am Generator und deren Abhängigkeit von den verschiedenen Impedanzen zu erhalten. Fehler in der Anspeiseleitung Für einen 3- phasigen Kurzschluss auf einem der Anspeiseleitungen Fl-1 oder Fl-2 kann der Parallelzweig mit der Freileitung Fl-3 aufgrund der hochohmigen Last für die Kurzschlussberechnung vernachlässigt werden. Tritt nun der Fehler sehr nahe zum Verteiltransformator T-1 auf, so ergibt sich folgendes ESB: Georg Oberlechner Seite 29 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 5-2: Ersatzschaltbild im Mitsystem mit Ersatzspannungsquelle am Fehlerort Mit den Generator-, Transformator-, Netz- und Leitungsimpedanzen lassen sich die vorkommenden Impedanzen, bezogen auf die 20 kV MS – Ebene, für den transienten Kurzschlussfall bestimmen. Die Impedanzen ZL1 und ZL2 lassen sich zu einer gemeinsamen Impedanz der Anspeiseleitung ZL zusammenfassen. Für den 3-phasigen Kurzschluss kann nun die Spannungsänderung am Generator bestimmt werden: ∆U G = c ⋅U N ZG ⋅ Z L + ZT2 + ZG 3 (5-1) Die DEA liefert dabei den folgenden Anfangskurzschlusswechselstrom: I k'' 3 pol , DEA = c ⋅U N 3 ⋅ 1 Z + ZT2 + Z L " G (5-2) Aus diesen Zusammenhängen sieht man, je länger die Leitung bzw. je weiter entfernt der Kurzschluss von der DEA, umso geringer ist der Spannungseinbruch und der Anfangskurzschlusswechselstrom. Fehler im Parallelzweig Nimmt man nun einen 3- phasigen Fehler am Ende der Freileitung FL-3 an und führt die Ersatzspannungsquelle am Fehlerort ein ergibt sich nachstehendes ESB: Georg Oberlechner Seite 30 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 5-3: Ersatzschaltbild im Mitsystem mit Ersatzspannungsquelle am Fehlerort So ergibt sich die Spannungsänderung am Generator aus: ∆U G = (Z L 2 + Z T 2 + Z G ) // (Z L1 + Z T 2 + Z N ) ⋅ c ⋅ U N ZG ⋅ Z L 2 + Z T 2 + Z G Z L 3 + ((Z L 2 + Z T 2 + Z G ) // (Z L1 + Z T 2 + Z N )) 3 (5-3) Anfangskurzschlusswechselstrom der DEA: I k" 3 pol , DEA = c ⋅U N 3 ⋅ 1 Z + Z T 2 + Z L 2 + (Z L1 + Z N ) // Z L 3 " G (5-4) Aus der Berechnung ist ersichtlich, dass die Längen der einzelnen Leitungen den Spannungseinbruch am Generator unterschiedlich beeinflussen. Je länger die Freileitungen Fl-2 und Fl-3 sind, umso geringer ist der Spannungseinbruch. Mit der Freileitung Fl-1 verhält es sich umgekehrt, d.h. je kürzer diese Leitung, umso näher ist die stützende Spannung aus dem Hochspannungsnetz an der DEA und dementsprechend geringer der Spannungseinbruch. Einem geringen Spannungseinbruch am Generator folgt auch ein geringerer Kurzschlussstrombeitrag. So ermöglichen diese Abschätzungen für den Spannungseinbruch am Generator die Schlussfolgerung, dass, im Hinblick auf möglichst geringen Ansprechwerte für die Schutzorgane, der Fehlerfall im Parallelzweig genauer untersucht werden soll, als es beim Fehler in der Anspeiseleitung notwendig ist. Ebenfalls sollen große Ausdehnungen der Freileitungen Fl-2 und Fl-3 berücksichtigt werden. Da in Mittelspannungsnetzen die Länge eines Ausläufers mit 20 km schon sehr lang ist, erscheint eine Variation der Längen für alle Freileitungen von 1 km bis 20 km als vernünftig. Georg Oberlechner Seite 31 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 5.2 Die Synchronmaschine als Energieumformer Für die dynamische Simulation mit der Synchronmaschine wurde das Modell nach Abb. 5-1 in NEPLAN® nachgebildet. Abb. 5-9 beinhaltet zudem die Parameter der einzelnen Netzelemente: 4 St. parallel Sync.- Gen. Sr = 1,75 MVA Ur = 0,69 kV cosϕ = 0,9 xd = 150 % x’d = 40 % x’’d = 20 % x2 = 12 % AS 4 St. parallel 20 kV – 0,69 kV Trafo SS-5 SS-1 Sr = 2,5 MVA ur = 0,8 % ux = 5,95 % Yd5 SS-3 SS-2 FL - 2 FL - 1 SS-4 AWE FL - 3 110 kV Netz S“k = 2 GVA 110 kV – 20 kV Trafo Sr = 40 MVA ur = 0,4 % ux = 11 % Yy0 Freileitung Last Al/St = 95/12 r = 0,3058 Ω/km x = 0,35 Ω/km C = 5 nF/km PL = 500 kW Abbildung 5-4: Netzmodell unter NEPLAN® mit Einspeisung durch Synchrongeneratoren Georg Oberlechner Seite 32 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 5.3 Die Asynchronmaschine als Energieumformer Für die Modellierung einer dezentralen Einspeisung mit Asynchrongeneratoren und der transienten Simulation von Kurzschlüssen und Netzauftrennungen zeigte sich NEPLAN® als nicht recht geeignet, da die Netzberechnungen für den Fall einer Inselbildung mit der Asynchronmaschine nicht mehr konvergieren. Aufgrund dessen wurde das Modell mit der Asynchronmaschine mithilfe des numerischen Simulationstools Simulink® aus MATLAB® erstellt. Das zugrunde gelegte Modell ist dasselbe, wie es schon für die Synchronmaschine verwendet wurde. Die verwendete Asynchronmaschine wird als Schleifringläufer modelliert, wobei die rotorseitigen Wicklungen für diese Untersuchungen kurzgeschlossen werden. Abbildung 5-5: Simulink® - Koppelplan des Netzmodells für einen Kurzschluss auf Fl-3 Der elektrische Teil der Asynchronmaschine wird durch ein Gleichungssystem vierter Ordnung beschrieben, wobei alle Größen auf den Stator bezogen werden. Die Darstellung erfolgt im Zwei – Achsen Referenzsystem (dq-System), d.h. in Längs- und Querrichtung. Der mechanische Teil dieser Maschine wird durch ein System zweiter Ordnung beschrieben. Georg Oberlechner Seite 33 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 5-6: Mathematische Beschreibung des elektrischen und mechanischen Systems des Asynchrongenerators Generatordaten: Nennleistung: PN = 1,5 MW Nennspannung: UN = 0,69 kV Nennfrequenz: fN = 50 Hz Die genauen Daten für Resistanz- und ReaktanzWerte wurden einer doppeltgespeisten Asynchronmaschine, wie sie in einer NORDEX Südwind S70 und S77 eingebaut wird, entnommen. Abbildung 5-7: Parametrierung des Asynchrongenerators Da kaum Unterschiede in den Simulationsergebnissen zu erkennen sind, ob jetzt nur eine Maschine am Netz angeschlossen ist oder vier der gleichen Bauart parallel geschaltet sind, wurden die Georg Oberlechner Seite 34 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Simulationen mit nur einer Maschine durchgeführt, da ansonsten die Simulationsdauer für eine Berechung noch länger dauern würde als sie ohnehin schon für eine Maschine dauert. Restliche Netzelemente Die Parameter des Blocktransformators, Netztransformators, Netzes, Last und der Leitungen sind identisch dem Modell mit der Synchronmaschine aus Abschnitt 5.2. Blocktransformator Netztransformator Leitung Übergeordnetes 110 kV Verteilnetz Last Abbildung 5-8: Parametrierung der Netzelemente Georg Oberlechner Seite 35 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen AWE Fehler Abbildung 5-9: Parametrierung des Schutz- und Fehlerblockes Um die Simulation aus einem stationären Zustand zu starten hilft der „Powergui Block“. Durch seine grafische Benutzerschnittstelle können grundlegende Lastflussparameter eingegeben werden und die Anfangsbedingungen des Generators und des antreibenden mechanischen Momentes werden errechnet und neu gesetzt. Zwischen der dezentralen Einspeisung und dem Blocktransformator bzw. zwischen dem HS- Netz und dem Netztransformator wurde jeweils eine kleine 3- phasige ohmsche Last von 100 W und kapazitive Last von 10 VAr eingefügt. Dies hat einerseits den Grund, um für die Spannungsmessung ein definiertes Bezugspotential zu erhalten und zum anderen macht eine kleine Kapazität die Berechung numerisch stabiler, da kleine Spannungsspitzen von dieser gepuffert werden können. Der in Abb. 5-10 befindliche Block – Visualisierung –, stellt die interessierenden Messergebnisse grafisch dar und speichert sie in entsprechenden Datenstrukturen um eine spätere genaue Analyse zu ermöglichen. Georg Oberlechner Seite 36 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 5-10: Simulink® - Koppelplan für die Visualisierung der Messgrößen Ausgehend von den Ständergrößen für Spannung und Strom, wird die aufgenommene bzw. abgegebene Wirk- und Blindleistung des Generators ermittelt. Auch für die Schutzeinstellungen interessanten Effektivwerte von Ständerströme und –Spannungen werden aus dem jeweiligen Messsignals gebildet. Die Ermittlung dieses Wertes wird mit der doppelten Netzfrequenz und unter zu Hilfenahme eines mitlaufendes Fenster halber Periodendauer gelöst, da somit erreicht werden kann, dass die Anpassung des Effektivwertes nur eine halbe Periode der Netzfrequenz nachhängt. Neben diesen Strom- und Spannungsmessungen am Stator werden dieselben noch für den Rotor gemessen, der magnetische Fluss im Rotor und noch einige Maschinengrößen wie Rotorwinkel, Rotorgeschwindigkeit und elektrisches Moment. So lässt sich das Verhalten der Maschine besser nachvollziehen und erklären. Georg Oberlechner Seite 37 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 6 Gefährdung des Erfolges einer automatischen Wiedereinschaltung 6.1 Problembeschreibung Ziel einer automatischen Wiedereinschaltung (AWE), früher auch Kurzunterbrechung (KU) genannt, ist es, den fehlerbehafteten Leistungsabschnitt kurzzeitig spannungsfrei zu schalten. Somit wird ermöglicht, dass die in Freileitungsnetzen mehrheitlich vorkommenden als Überschläge der Außenisolation auftretenden Fehlerlichtbögen erlöschen und eine Wiederverfestigung der Luftstrecke gelingt. Der Erfolg einer solchen Fehlerbehebung kann jedoch gefährdet sein, wenn während der vermeintlich spannungsfreien Pause eine dezentrale Energieerzeugungsanlage auf die Fehlerstelle speist und somit den Lichtbogen mit genügend Energie versorgt, dass er nicht abreißen kann. Die Frage ist nun ob eine solche dezentrale Anlage einen Lichtbogen überhaupt aufrechterhalten kann und ob bzw. wie sie gegebenenfalls rechtzeitig vom Netz genommen werden kann. 6.2 Ablauf der automatischen Wiedereinschaltung Im Allgemeinen wird ein Mittelspannungsnetz mit kompensiertem oder isoliertem Sternpunkt betrieben, so dass Erdschlussfehler meist von selbst in kürzester Zeit erlischen. Deshalb kann man die Betrachtung auf zweipolige und dreipolige Kurzschlüsse beschränken. Wird nun ein solcher Fehler festgestellt wird die AWE eingeleitet. Hierzu wird die Spannung in dem betreffenden Netzabschnitt unverzögert abgeschaltet, d.h. der fehlerbehaftete Strahl wird nach ca. 50 ms bis 150 ms vom von der Einspeisung aus dem übergeordneten Netz getrennt. Nach einer einstellbaren Pausenzeit von 300 ms bis 500 ms wird der Netzabschnitt wieder zugeschaltet. Liegt nach dem Wiedereinschalten der Fehler noch immer an, wird der gesamte Leitungsabschnitt endgültig vom Netz getrennt [17]. Die kurze Pausenzeit richtet sich nach der Entionisierungszeit der Luftstrecke, so dass es nicht zu einem Wiederzünden an der Fehlerstelle kommen soll. Richtwerte hierfür sind [17]: 100 ms in 10 kV Netzen 130 ms in 20 kV Netzen Georg Oberlechner Seite 38 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 6.3 Einfluss von DEA Es stellt sich nun die Frage ob dezentrale Energieerzeugungsanlagen, im speziellen die weit verbreiteten Windkraftwerke und Blockheizkraftwerke, den Lichtbogen allein aufrechterhalten können. Aufgrund des komplexen, nicht vorhersagbaren Verhaltens frei in Luft brennender Lichtbögen, ist eine exakte Vorhersage, bis zu welcher Stromstärke der Lichtbogen erlischt, nicht möglich [18]. Man kann sich also nur auf Erfahrungswerte und Messungen beziehen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit das Erlischen des Lichtbogens bei einem bestimmten Fehlerstrom möglich macht. Eine bekannte Faustformel sagt, dass der Fehlerstrom 1 A pro 1 kV Nennspannung nicht überschreiten sollte. Spannungsebene Fehlerstrom Anlagenleistung 10 kV 10 A 170 kVA 20 kV 20 A 690 kVA Tabelle 6-1: Minimale Einspeiseleistungen in MS-Netze die das selbständige Erlöschen eines Lichtbogens in Frage stellen 6.4 Mögliche Lösungen Vorangestellte Überlegungen haben gezeigt, dass man davon ausgehen muss, dass zumindest eine Windenergieanlage oder ein Blockheizkraftwerk in den heutzutage üblichen Größenordnungen, das Erlöschen des Lichtbogens durchaus in Frage stellen. Es muss nun das Ziel sein, die Anlage so schnell wie möglich vom Netz zu nehmen, so dass die eingestellte Pausenzeit der AWE noch ausreicht, eine Verfestigung der Luftstrecke zu ermöglichen. Eine mögliche Lösung des Problems wäre die Installation eines zum Anlagenschutz zusätzliches Schutzgerät – ein Vektorsprungrelais. Es erkennt den Augenblick der AWE- Auslösung und somit die Entstehung eines Inselnetzes, und kann das Abschaltung der DEA veranlassen. Natürlich ist eine solche Investition mit einem zusätzlichen finanziellen Aufwand und bei bereits bestehenden Anlagen mit einem Eingriff in das bestehende Schutzsystem verbunden. Eine angenehmere und vor allem auch mit keinen zusätzlichen Kosten verbundene Lösung wäre, wenn durch geschickte Parametrierung des bestehenden bzw. „normalen“ Anlagenschutzes eine rechtzeitige Abschaltung der DEA erreicht werden könnte. Der Frequenzschutz dürfte hierfür wohl nicht in Frage kommen, da die Änderung der Frequenz stark mit dem zu AWE- Auslösung herrschenden Überschuss Georg Oberlechner Seite 39 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen bzw. Defizit an Energie im gebildeten Inselnetz zusammenhängt. Die Möglichkeit einer geschickten Parametrierung des Überstrom- und Spannungsrückgangsschutzes wird aber im Weiteren untersucht. 6.5 Untersuchungen für den Spannungsrückgangsschutz 6.5.1 Neplan-Modell mit Synchrongeneratoren 6.5.1.1 3-phasiger Kurzschluss Aufgrund des Kurschlusses bricht die Spannung im gesamten Netzabschnitt ein. Folgendes Bild zeigt einen typischen Spannungseinbruch an einem der vier Synchrongeneratoren wenn der Fehler entlang der Freileitung Fl-3 auftritt (Speziell hier → Leitungslängen: l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km; Fehler in 95% Entfernung von SS-3 zu SS-4) 0,83 p.u. 0,79 p.u. 0,36 p.u. Fehlereintritt AWE - Abschaltung 170 ms Max. Zeit für Spannungsrückgangschutz AWE - Zuschaltung 130 ms Entionisierungszeit Abbildung 6-1: Spannungsverlauf am Synchrongenerator bei 3- phasigen Kurzschluss in 95 % Entf. von SS-3 zu SS-4 In diesem Fall erkennt man deutlich die Auswirkung der stützenden Spannung vom HS-Netz vor der AWE-Abschaltung. Würde der Fehler auf Leitung Fl-1 oder Fl-2 auftreten, so wäre nur mehr ein Spannungseinbruch bemerkbar, d.h. die Spannung würde bereits zum Zeitpunkt des Fehlereintrittes stark zusammen. Georg Oberlechner Seite 40 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Die maximale, einzustellende Zeit für den Spannungsrückgangsschutz, richtet sich nach der minimalen Pausenzeit von 300 ms der AWE und der typischen Entionisierungszeit von 130 ms bei 20kV-Netzen. Geht man nun davon aus, dass die Anregung des Schutzes erst bei AWE-Eintritt erfolgt, so darf die Zeitspanne von 170 ms für die Anregung des Schutzes, Erteilung des Ausschaltkommandos und Öffnen der Kontakte durch den Leistungsschalter, nicht überschritten werden. Im nachstehenden Diagramm wurde der Fehlerort entlang der Freileitungen variiert und die verbleibende Spannung nach der AWE-Abschaltung eingezeichnet. Die Leitungen Fl-1 und Fl-2 haben eine Länge von 1 km und Fl-3 ist 10 km lang. Abbildung 6-2: Restspannungen bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss nach abschalten durch AWE (l1 = l2= 1 km; l3 = 10 km) Wenn alle 3 Freileitungen eine Länge von 10 km aufweisen ergeben sich folgende Spannungseinbrüche: Abbildung 6-3: Restspannungen bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss nach abschalten durch AWE (l1 = l2= l3 = 10 km) Georg Oberlechner Seite 41 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Man sieht, die Spannung bricht auch in den ungünstigsten Fällen, nach Eintritt der AWE-Abschaltung unter 50 % der Nennspannung. Fazit: Der Spannungsrückgangsschutz kann auf einen Wert von 0,5 UN mit einer maximalen Zeit von 170 ms eingestellt werden, so dass er immer noch rechtzeitig die DEA vom Netz nimmt, und der Erfolg der AWE bei einem 3-phasigen Kurzschluss auf irgend einer Leitung gewährleistet werden kann. 6.5.1.2 2- phasiger Kurzschluss Beim zweiphasigen Kurzschluss wurde die Last im Parallelzweig entfernt (gegenüber dem dreiphasigen Kurzschluss-Versuch, der mit einer Last von 500 kW untersucht wurde), da die iterative Berechnung des Simulationsprogramms bei nahen Generatorfehlern ansonsten nicht mehr konvergiert. Genauere Untersuchungen diesbezüglich haben gezeigt, dass sich auch bei Änderung der Last von ±500 kW für die Spannungsänderung praktisch keine Änderung ergibt. Beim 2- phasigen Kurzschluss ergibt sich ein ähnlicher Verlauf der Spannung an der Synchronmaschine wie beim 3- phasigen Kurzschlussfall. Nachstehende Abbildung zeigt den Spannungsverlauf an einem der vier Synchrongeneratoren wenn der Fehler entlang der Freileitung Fl3 auftritt (Speziell hier → Leitungslängen: l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km; Fehler in 95% Entfernung von SS-3 zu SS-4) 0,92 p.u. 0,90 p.u. 0,54 p.u. Fehlereintritt AWE - Abschaltung 170 ms Max. Zeit für Spannungsrückgangschutz AWE - Zuschaltung 130 ms Entionisierungszeit Abbildung 6-4: Spannungsverlauf am Synchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss in 95 % Entf. von SS-3 zu SS-4 Georg Oberlechner Seite 42 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Wird nun wieder der Fehlerort für die gegebene Anordnung mit den Leitungslängen: l1 = l2 = 1 km und l3= 10 km variiert, ergeben sich die nachstehenden Kurven für die Restspannung unmittelbar an dem Anschlusspunkt der DEA nach dem Zeitpunkt der AWE- Abschaltung: Abbildung 6-5: Restspannungen bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss nach abschalten durch AWE (l1 = l2= 1 km; l3 = 10 km) Für den Fall, dass alle drei Freileitungen dieselbe Länge von 10 km haben, ergeben sich folgende Restspannungen nach AWE-Abschaltung: Abbildung 6-6: Restspannungen bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss nach abschalten durch AWE (l1 = l2 = l3 = 10 km) Fazit: Damit der Spannungsrückgangsschutz die DEA rechtzeitig vom Netz nimmt, und der Erfolg der AWE bei einem 2- phasigen Kurzschluss gewährleistet werden kann, muss der Schutz auf einen Wert von nicht kleiner als 0,7 UN mit einer maximalen Ausschaltzeit von 170 ms eingestellt werden. Georg Oberlechner Seite 43 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 6.5.1.3 Anwendung des worst case auf lange Leitungen 20 km stellen eine ziemlich große Entfernung zum Anbinden eines Verbrauchers an eine Verteilanlage im Mittelspannungsnetz dar. Es stellt sich nun die Frage, ob es, im Hinblick auf einen erfolgreichen Ablauf einer AWE, aufgrund der großen Entfernung, Probleme geben könnte. D.h. es ist zu untersuchen, ob ein möglicher Fehler am Ende dieses Ausläufers, durch den Anlagenschutz der DEA, welche im Parallelzweig dazu einspeist, vernünftig erkannt werden kann, oder zumindest dann erkannt wird, wenn die Verbindung zum Hochspannungsnetz durch die AWE kurzzeitig getrennt wird. Aus den vorangegangenen Simulationsergebnissen geht hervor, dass den ungünstigeren Fehlerfall bei der Einspeisung mit der Synchronmaschine für den Spannungsrückgangsschutz der 2-phasige Fehlerfall auf der Freileitung Fl-3 darstellt. Die Untersuchung beschränkt sich nun auf die genannte kritische Konstellation. Durchgeführt wird sie am gleichen Modell und die Länge der Freileitungen werden auf l1 = l2 = 1 km und l3 = 20 km festgelegt. In Abb. 6-7 ist die Restspannung unmittelbar an dem Anschlusspunkt der DEA nach dem Zeitpunkt der AWE-Abschaltung aufgetragen, wenn der Fehlerort auf der Freileitung Fl-3 variiert wird: Abbildung 6-7: Restspannungen am Synchrongenerator bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 nach abschalten durch AWE (l1 = l2 = 1 km; l3 = 20 km) Analog zur Anbindung weit entfernter Verbraucher, besteht die Möglichkeit, dass auch bei Anbindungen von weit entfernten DEA an den nächstgelegenen Verteilknoten, zu schutztechnischen Problemen kommen kann. Deshalb soll auch für den Fall, dass die dezentrale Einspeisung 20 km von der Verteilstation entfernt ist, der Erfolg einer AWE überprüft werden. Georg Oberlechner Seite 44 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Die Simulation wird nun wieder mit dem kritischen 2-phasigen Fehler auf Freileitung Fl-3 durchgeführt. Die Entfernung des Fehlerortes im Parallelzweig zur DEA wird bis auf 10 km variiert ⇒ l1 = 1 km, l2 = 20 km, l3 = 10 km Abbildung 6-8: Restspannungen am Synchrongenerator bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 nach abschalten durch AWE (l1 = 1 km; l2 = 20 km; l3 = 10 km) Fazit: Bei einer Anbindung eines 20 km entfernten Verbrauchers bzw. dezentralen Erzeugers darf der Spannungsrückgangsschutz nicht weniger als auf 0,75 UN eingestellt werden. So kann er jeden möglichen Fehlerfall sicher erkennen, und wenn er innerhalb von 170 ms auslöst, kann auch der Erfolg der AWE gewährleistet werden. 6.5.2 Simulink-Modell mit Asynchrongeneratoren 6.5.2.1 3- phasiger Kurzschluss Der zeitliche Verlauf des Spannungseinbruches am Asynchrongenerator, wenn die Leitungslängen l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km betragen und ein 3-phasiger Kurzschluss auf Fl-3 in 95 % der Entfernung von der der Sammelschiene SS-3 auftritt, sieht wie folgt aus: Georg Oberlechner Seite 45 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Außenleiterspannungen an der DEA: Fehlereintritt AWE - Abschaltung Abbildung 6-9: Spannungsverlauf (Ph – Ph) am Asynchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 in 95 % Entf. von SS-3 Auch die Phasenspannungen sehen im symmetrischen Fehlerfall ähnlich aus: Fehlereintritt AWE - Abschaltung Abbildung 6-10: Spannungsverlauf (Ph – Gr) am Asynchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 in 95 % Entf. von SS-3 Variiert man nun den Fehler entlang der Freileitung Fl-3 ergeben sich die im nachstehenden Diagramm eingetragenen verketteten Restspannungen für die 3 Phasen kurz nach Abschaltung durch die AWE (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): Georg Oberlechner Seite 46 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 6-11: Restspannungen bei Fehlerortvariation auf Fl-3 für 3- ph. Kurzschluss nach abschalten durch AWE (l1 = l2 = 1 km; l3 =10 km) Auch wenn alle Leitungen 10 km lang sind, ergeben sich keine geringeren Spannungseinbrüche: Abbildung 6-12: Restspannungen bei Fehlerortvariation auf Fl-3 für 3- ph. Kurzschluss nach abschalten durch AWE (l1 = l2 = l3 =10 km) Georg Oberlechner Seite 47 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Tritt der Fehler auf irgendeiner anderen Leitung auf, bricht die Spannung noch stärker ein: Abbildung 6-13: Restspannungen bei Fehlerortvariation auf Fl-1 für 3- ph. Kurzschluss nach abschalten durch AWE (l1 = l2 = l3 =10 km) Fazit: Da der Schutz auf jede einzelne verkettete Spannung reagieren kann, führt ein Einstellwert von 0,15 UN mit einer maximalen Auslösezeit von 170 ms zu einem rechtzeitigen Abschalten der DEA, so dass der Erfolg der AWE gewährleistet werden kann. 6.5.2.2 2- phasiger Kurzschluss Tritt ein 2-phasiger Kurzschluss auf Fl-3 in 95 % der Entfernung von der der Sammelschiene SS-3 auftritt, wobei die Leitungslängen l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km betragen, kommt es zu folgenden unsymmetrischen Spannungseinbrüchen am Synchrongenerator: Außenleiterspannungen: Fehlereintritt AWE - Abschaltung Abbildung 6-14: Spannungsverlauf (Ph – Ph) am Asynchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 in 95 % Entf. von SS-3 Georg Oberlechner Seite 48 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Die Phasenspannungen sehen in diesem Fall so aus: Fehlereintritt AWE - Abschaltung Abbildung 6-15: Spannungsverlauf (Ph – Gr) am Asynchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 in 95 % Entf. von SS-3 Die Variation des Fehlers entlang der Freileitung Fl-3 führt zu wesentlich geringeren Spannungseinbrüchen wie es im Fall des 3-phasigen Kurzschlusses war (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): Abbildung 6-16: Restspannungen bei Fehlerortvariation auf Fl-1 für 2- ph. Kurzschluss nach abschalten durch AWE (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) Sind alle 3 Leitungen 10 km lang, kommt es wiederum zu etwas größeren Spannungseinbrüchen. Dies deshalb, da in diesem Fall das unterstützend wirkende übergeordnete Netz etwas weiter entfernt von der DEA ist: Georg Oberlechner Seite 49 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 6-17: Restspannungen bei Fehlerortvariation auf Fl-3 für 2- ph. Kurzschluss nach abschalten durch AWE (l1 = l2 = l3 =10 km) Ein 2-phasiger Fehler in einer der beiden anderen Leitungen, egal bei welcher Leitungslänge, führt auch hier zu einem größeren Spannungseinbruch. Fazit: Der geringste Spannungseinbruch in der am stärksten betroffenen Phase beträgt 0,44 UN. Parametriert man den Schutz auf diesen Wert, so führt ein 2- phasiger Fehler zum rechtzeitigen Abschalten der DEA. 6.5.2.3 Anwendung des worst case auf lange Leitungen Auch im Fall der dezentralen Einspeisung mit Asynchrongeneratoren stellt der 2-phasige Kurzschluss auf Freileitung Fl-3 den weiter zu untersuchenden kritischen Fehlerfall dar. Für die Anbindung eines 20 km Entfernten Verbrauches sind in der folgenden Abbildung die Restspannungen an der Asynchronmaschine für 2-phasige Kurzschlüsse entlang der Freileitung Fl-3 angeführt. Georg Oberlechner Seite 50 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 6-18: Restspannungen am Asynchrongenerator bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 nach abschalten durch AWE (l1 = l2 = 1 km; l3 = 20 km) Erfolgt die Anbindung der dezentralen Energieerzeugungsanlage über eine 20 km lange Leitung und wird der Fehlerort eines 2- phasigen Kurzschlusses entlang der Freileitung Fl-3 variiert ist mit folgenden Restspannungen an der DEA zu rechnen: Abbildung 6-19: Restspannungen am Asynchrongenerator bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 nach abschalten durch AWE (l1 = 1 km; l2 = 20 km; l3 = 10 km) Fazit: Erfolgt die Einspeisung über Asynchrongeneratoren und kommen Leitungslängen von 20 km für Fl-2 bzw. Fl-3 vor, so muss der Spannungsrückgangsschutz innerhalb 170 ms auslöst und nicht kleiner als auf 0,4 UN eingestellt werden. Georg Oberlechner Seite 51 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 6.5.3 Einspeisung über einen Stromrichter Viele dezentrale Energieerzeugungsanlagen speisen über einen Wechselrichter ein. Hierbei ist zu unterscheiden, ob der Umrichter wirklich die Einspeisung in das Netz vornimmt oder nur, wie es zum Beispiel bei Windkraftgeneratoren mit doppelt gespeisten Asynchrongeneratoren der Fall ist, den Läuferkreis der Maschine speist, und so, vereinfacht ausgedrückt, nur zum Einstellen eines bestimmten Schlupfes verwendet wird. Den letzteren Fall würde die Untersuchung aus Abschnitt 6.5.2 für den Spannungsrückgangsschutz bzw. Abschnitt 6.6.2 für den Überstromschutz abdecken. Im hier untersuchten Fall wird die Einspeisung eines Synchrongenerators über einen netzseitigen Wechselrichter untersucht. Zur dynamischen Simulation wurde kein Wechselrichter nachgebildet sondern davon ausgegangen, dass der Wechselrichter nur einen sehr kleinen Kurzschlussstrom liefern kann. Dies wurde durch einen Synchrongenerator angenähert, bei dem die subtransienten- gleich den stationären Reaktanzen gesetzt sind. X d" = X d und X q" = X q Tritt nun ein 3- phasiger Kurzschluss auf Freileitung Fl-3 (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km) auf, so ist der Spannungseinbruch an der DEA enorm: Abbildung 6-20: Restspannungen bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 nach abschalten durch AWE (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) Die Untersuchungen für den 2-phasigen Kurzschluss wurden nicht durchgeführt da für diesen Fall die Ergebnisse zu stark vom typischen Verhalten der Synchronmaschine geprägt werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass auch für diesen Fehlerfall ein starker Spannungseinbruch bemerkbar wird. Georg Oberlechner Seite 52 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Fazit: Mit einer Einstellung für den Spannungsrückgangsschutz von nicht weniger als 0,15 UN und einer Auslösezeit von max. 170 ms, kann ein 3-phasigen Fehler erkannt werden und die DEA rechtzeitig vom Netz genommen werden, so dass die AWE nicht behindert wird. 6.6 Untersuchungen für den Überstromschutz 6.6.1 Neplan-Modell mit Synchrongeneratoren 6.6.1.1 3- phasiger Kurzschluss Je stärker die Spannung am Generator zusammenbricht umso größer ist der Kurzschlussstrombeitrag der dezentralen Synchronmaschinen. Ein typischer Verlauf des Kurzschlussstromes eines Synchrongenerators der DEA bei 3-phasigem Kurzschluss auf Leitung Fl-3 und folgender AWE zeigt nachstehende Abbildung (hier ein Kurzschluss in 95 % Entfernung von SS-3 zu SS-4; l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): Fehlereintritt AWE - Abschaltung 170 ms Max. Zeit für Spannungsrückgangschutz AWE - Zuschaltung 130 ms Entionisierungszeit Abbildung 6-21: Stromverlauf am Synchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss in 95 % Entf. von SS-3 zu SS-4 Solange die AWE noch nicht ausgelöst wurde, ist hier wiederum die Auswirkung der stützenden Spannung aus dem Hochspannungsnetz deutlich sichtbar. Entfällt 100 ms nach Fehlereintritt diese Unterstützung aus dem Hochspannungsnetz, sinkt die Spannung an den Generatorklemmen weiter, was ein starkes Ansteigen des Kurzschlussstromes zur Folge hat. Georg Oberlechner Seite 53 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Tritt der Fehler nun auf FL-1 oder FL-2 auf, so ergibt sich, ähnlich wie beim Spannungsverlauf, nur eine plötzliche Stromänderung, und zwar zum Zeitpunkt des Fehlereintrittes. Fehlereintritt AWE - Zuschaltung AWE - Abschaltung 270 ms Max. Zeit für Spannungsrückgangschutz 130 ms Entionisierungszeit Abbildung 6-22: Stromverlauf am Synchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss in 20 % Entf. von SS-3 zu SS-2 Variiert man den Fehler entlang der FL-3 und ermittelt den Kurzschlussstrombeitrag der Synchronmaschine, so erhält man Aufschluss darüber, welche Fehlerentfernungen zu einem Ansprechen des Überstromschutzes führen können bzw. mit welcher Amplitude des Stromes zu rechnen ist (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): AS: 2.7 IN AS: 2.4 IN Abbildung 6-23: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) Georg Oberlechner Seite 54 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Die mit punktierter Linie verbundenen Messwerte sind Ströme wie sie beim Eintritt der AWEAuslösung (eingezeichnet in Blau) und 50 ms danach (eingezeichnet in Rot) ermittelt wurden. Die strich-punktierte Linie verbindet hingegen analog die Messwerte zum Zeitpunkt des Eintritts des Fehlers und 50 ms danach. Die jeweils in Grün dargestellte Linie kennzeichnet den Mittelwert des Stromes in 25 ms. Man sieht, je näher der Fehler auf der Leitung Fl-3 der DEA ist, umso höher wird der Stosskurzschlussstrom zum Zeitpunkt des Fehlereintrittes und umso geringer zum Zeitpunkt der AWE-Abschaltung. In diesen Fällen kann eine Auslösung des Überstromschutzes bereits durch den ersten „Stromsprung“ ausgelöst werden. Tritt der Fehler in einer anderen Leitung auf, so ist der Strombeitrag zwar bei AWE-Ausschaltung kleiner als im obigen Bild, jedoch aber der Strombeitrag beim Eintritt des Kurzschlusses immer wesentlich höher. Dasselbe Variation, wenn alle drei Leitungen 10 km lang sind: AS: 2.3 IN AS: 2.1 IN Abbildung 6-24: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = l3 = 10 km) Fazit: Der Überstromschutz, wenn er auf den Strom- Wert in 50 ms nach Überstromanregung anspricht, kann auf den maximal 2,1 –fachen Nennstrom eingestellt werden, dass der Erfolg der AWE gewährleistet werden kann. Reagiert er auf den Strom- Wert in 25 ms nach Überstromanregung, so kann er auf den maximal 2,3 –fachen Nennstrom eingestellt werden. Die Zeit zwischen Anregung des Schutzes und Öffnen der Kontakte darf die 170 ms wiederum nicht überschreiten. Georg Oberlechner Seite 55 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 6.6.1.2 2- phasiger Kurzschluss Auch hier musste für die transienten Berechnungen die Last entfernt werden. Ein Unterschied in den Strombeträgen beim Ändern der Last ist aber wiederum kaum bemerkbar. Nachstehender Kurzschlussstromverlauf des Mitsystems ergibt sich bei einem 2-poligen Fehler auf Freileitung Fl-3 in 95 % Entfernung von Sammelschiene SS-3 zu Sammelschiene SS-4 (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km) Fehlereintritt AWE - Zuschaltung AWE - Abschaltung 170 ms Max. Zeit für Spannungsrückgangschutz 130 ms Entionisierungszeit Abbildung 6-25: Stromverlauf am Synchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss in 95 % Entf. von SS-3 zu SS-4 Auch wenn der Fehler näher an der SS-3 oder in einer anderen Leitung ist, so weicht die Form des Stromverlaufes, von oben Dargestellter, kaum ab. Im Gegensatz zum dreipoligen Kurzschluss treten hier immer zwei Stoßkurzschlussströme auf, einer bei Fehlereintritt und einer bei AWE-Abschaltung. Dies deshalb, da solange die AWE die Leitungen nicht getrennt hat, immer eine Phase mit dem Hochspannungsnetz verbunden ist. Variiert man den Fehler entlang der Freileitung FL-3 und ermittelt den Strombeitrag des Mitsystems der Synchronmaschine, berücksichtigt zudem laut Abschnitt 3.1.1 den Anteil des Gegensystems, indem man den gemessenen Strombetrag des Mitsystems um den Faktor folgende Kurzschlussstrombeiträge der Synchronmaschinen: 3 multipliziert, erhält man Georg Oberlechner Seite 56 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Für l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km: AS: 3.9 IN AS: 3.5 IN Abbildung 6-26: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) Für l1 = l2 = l3 = 10 km: AS: 3.3 IN AS: 3.0 IN Abbildung 6-27: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = l3 = 10 km) Tritt der Fehler in einem der anderen Leiter auf, so ist der Kurzschlussstrom immer höher. Dies untermauern die folgenden zwei Abbildungen. Georg Oberlechner Seite 57 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen AS: 4.7 IN AS: 4.3 IN Abbildung 6-28: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-2 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) AS: 3.9 IN AS: 3.7 IN Abbildung 6-29: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-1 (l1 = l2 = l3 = 10 km) Fazit: Der Überstromschutz, wenn er auf den Stromwert in 50 ms nach Überstromanregung anspricht, darf auf den maximal 3,0 –fachen Nennstrom eingestellt werden, so dass der Erfolg der AWE bei 2ph. Fehlern gewährleistet werden kann. Reagiert er schneller, auf den Stromwert in 25 ms nach Überstromanregung, so kann er auf den maximal 3,3 –fachen Nennstrom eingestellt werden. Die Dauer von 170 ms bis zum Trennen der Kontakte darf wiederum nicht überschritten werden. Georg Oberlechner Seite 58 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 6.6.1.3 Anwendungen des worst case auf lange Leitungen Aus den erhaltenen Simulationsergebnissen geht hervor, dass bei Einspeisung mit Asynchronmaschinen und Verwendung des Überstromschutzes der 3-phasige Fehlerfall auf Freileitung Fl-3 die für den Schutz ungünstigsten Auslösebedingungen schafft. Untersucht man diese Fehlerkonstellation bei Anbindung eines 20 km entfernten Verbrauchers, so ergeben sich folgende Kurzschlussstrombeiträge des Asynchrongenerators: AS: 2,3 IN AS: 2,1 IN Abbildung 6-30: Strombeiträge vom Synchrongenerator bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 20 km) Wird für denselben Fehlerfall hingegen die DEA mit einer 20 km langen Leitung angeschlossen, so beteiligt sich die Asynchronmaschine mit folgenden Fehlerströmen: AS: 2,4 IN AS: 2,2 IN Abbildung 6-31: Strombeiträge vom Synchrongenerator bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = 1 km; l2 = 20 km; l3 = 10 km) Georg Oberlechner Seite 59 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Fazit: Wenn der Überstromschutz erst auf den Stromwert in 50 ms nach Überstromanregung anspricht, darf er maximal auf den 2,1-fachen Nennstrom eingestellt werden. Reagiert er bereits auf den Wert in 25 ms nach Überstromanregung, so kann der Überstromschutz auch mit einem Einstellwert nicht größer als den 2,3-fachen Nennstrom parametriert werden. Mit diesen Einstellungen würde also auch beim Anschluss von 20 km entfernten Erzeugern bzw. Verbrauchern jeder Fehler auf den Freileitungen erkannt werden. 6.6.2 Simulink®-Modell mit Asynchrongeneratoren 6.6.2.1 3- phasiger Kurzschluss Den Verlauf der Kurzschlussströme des Asynchrongenerators der DEA bei 3-phasigem Kurzschluss auf Leitung Fl-3 und AWE-Eintritt zeigt folgendes Bild (hier ein Kurzschluss in 95 % Entfernung von SS-3; l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): Abbildung 6-32: Stromverlauf am Asynchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 in 95 % Entf. von SS-3 Deutlich zu erkennen ist der starke zweite Kurzschlussstrombeitrag, wenn die stützende Spannung aus dem Hochspannungsnetz durch die AWE abgetrennt wird. Die Dominanz der Amplituden der beiden Stoßkurzschlussströme wechselt sich mit der Entfernung des Fehlers ab. Je näher der Kurzschluss auf der Fl-3 zum dezentralen Generator hin ist, umso stärker tritt der Kurzschlussstrom bei Fehlereintritt in Erscheinung. Tritt der 3-phasige Fehler auf der Freileitung Fl-1 oder Fl-2 auf, so entfällt bereits bei Fehlereintritt die Wirkung des stützenden Hochspannungsnetzes. Hier ein Kurzschluss auf Fl-2 in 20 % Entfernung von der DEA (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): Georg Oberlechner Seite 60 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 6-33: Stromverlauf am Asynchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss auf Fl-2 in 20 % Entf. von SS-3 Man sieht, abhängig von der Phasenlage der Spannung bei Eintritt des Fehlers bzw. der AWEAbschaltung sind die Phasen unterschiedlich stark vom Kurzschlussstrom belastet. Für die Einstellung des Überstromschutzes genügt im Weiteren die Betrachtung der Phase, welche den größten Strom führt. Dies ist hier immer die Phase C (in Abb.6-34 in grün dargestellt). Wird der Fehlerort entlang der Freileitung Fl-3 variiert so ergeben sich folgende Kurzschlussströme am Asynchrongenerator in Phase C (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): AS: 2,9 IN AS: 1,5 IN Abbildung 6-34: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) Aus dieser Variation des Fehlers auf der Parallelleitung zur DEA sieht man, dass mit dem geringsten Kurzschlussstrom dann gerechnet werden muss, wenn der Fehler ungefähr in der Mitte der Leitung auftritt. Hier ist der Kurzschlussstrombeitrag bei Eintritt des Fehlers und zum Zeitpunkt der AWEAuslösung gleich groß. Georg Oberlechner Seite 61 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Auch wenn alle Leitungen 10 km lang sind kommt es trotzdem zu keinen geringeren Kurzschlussströmen: AS: 2,9 IN AS: 1,5 IN Abbildung 6-35: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = l3 = 10 km) Der Kurzschlussstrom, hervorgerufen durch einen Fehler auf irgendeiner anderen Leitung, ist stets größer, so z.B. auf Fl-2 (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): AS: 6,1 IN AS: 3,0 IN Abbildung 6-36: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-2 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) Georg Oberlechner Seite 62 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen oder auf Fl-1 (alle Leitungen 10 km): AS: 4,8 IN AS: 2,5 IN Abbildung 6-37: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-1 (l1 = l2 = l3 = 10 km) Fazit: Der Überstromschutz, wenn er auf den Strom- Wert in 50 ms nach Überstromanregung anspricht, kann auf den maximal 1,5 –fachen Nennstrom eingestellt werden, dass der Erfolg der AWE gewährleistet werden kann. Reagiert er bereits in 25 ms nach Überstromanregung, so kann er auf den maximal 2,9 –fachen Nennstrom eingestellt werden. 6.6.2.2 2- phasiger Kurzschluss Die zeitlichen Stromverläufe bei einem 2-phasigen Fehler auf Freileitung Fl-3 in 95 % Entfernung von Sammelschiene SS-3 (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km) zeigt folgendes Simulationsergebnis: Abbildung 6-38: Stromverlauf am Asynchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 in 95 % Entf. von SS-3 Man sieht, der Anfangskurzschlussstrombeitrag zum Zeitpunkt des Fehlereintrittes ist in diesem Fall sehr gering. Der darauf folgende Dauerkurzschlussstrom zeigt kein abklingendes Verhalten, sondern, die in grün dargestellte Phase, steigt sogar etwas an. Georg Oberlechner Seite 63 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Im Vergleich, ein 2-phasiger Kurzschluss auf Fl-1, in 95 % Entfernung zu SS-3 (alle Leitungen sind 10 km lang) Abbildung 6-39: Stromverlauf am Asynchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss auf Fl-1 in 95 % Entf. von SS-3 Variiert man nun den Fehlerort auf Freileitung Fl-3 und betrachtet den Strombeitrag in der am stärksten belasteten Phase (Phase B, in Abb. 6-39 in rot dargestellt) so zeigt sich folgendes Verhalten (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): AS: 3,4 IN AS: 2,6 IN Abbildung 6-40: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) Auffallend ist die frühe Dominanz des Kurschlussstromes zu AWE- Auslösung. Das erwähnte Ansteigen des Dauerkurzschlussstromes vor AWE-Auslösung in Phase C (in Abb. 6-39 und Abb. 6-40 in grün dargestellt) ist bei der Fehlervariation für diese Phase deutlich zu erkennen. Sie nimmt aber mit der Entfernung des Fehlers zunehmend ab: Georg Oberlechner Seite 64 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 6-41: Strombeiträge (Phase C) bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) Der Fall in dem der geringste Kurzschlussstrom in der am stärksten betroffenen Phase (Phase B) auftritt ist, wenn alle 3 Leitungen 10 km lang sind und der Fehler ungefähr in der Mitte der Fl-3 auftritt: AS: 3,1 IN AS: 2,4 IN Abbildung 6-42: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 2- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = l3 = 10 km) Alle übrigen Fehlerorte auf den anderen Leitungen führen stets zu größeren Kurzschlussströmen. Fazit: Der Überstromschutz, wenn er auf den Strom- Wert in 50 ms nach Überstromanregung anspricht, kann auf den maximal 2,4 –fachen Nennstrom eingestellt werden, dass der Erfolg der AWE bei 2-ph. Fehlern gewährleistet werden kann. Reagiert er in 25 ms nach Überstromanregung, so kann er maximal auf den 3,1 –fachen Nennstrom eingestellt werden. Georg Oberlechner Seite 65 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 6.6.2.3 Anwendungen des worst case auf lange Leitungen Wird der Parallelzweig zur dezentralen Einspeisung auf 20 km verlängert, so führt der kritische 3phasige Fehlerfall auf Freileitung Fl-3 zu folgenden Kurzschlussstrombeiträgen des Generators. Die größten Strombeiträge treten hier in der Phase A und C gleichermaßen stark auf: AS: 2,6 IN AS: 1,3 IN Abbildung 6-43: Strombeiträge vom Asynchrongenerator bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 20 km) Bei Anbindung der DEA mit einer 20 km langen Leitung treten für dieselbe Fehlervariation folgende Kurzschlussströme des Generators auf: AS: 2,3 IN AS: 1,3 IN Abbildung 6-44: Strombeiträge vom Asynchrongenerator bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = 1 km; l2 = 20 km; l3 = 10 km) Georg Oberlechner Seite 66 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Fazit: Bei Anbindung von 20 km entfernten Verbrauchern bzw. dezentralen Erzeugungsanlagen darf bei Verwendung eines Überstromschutzes, der erst auf den Strom-Wert in 50 ms nach Überstromanregung anspricht, der Einstellwert den 1,3-fachen Nennstrom nicht übersteigen. Reagiert der Schutz bereits 25 ms nach Überstromanregung, so kann er maximal auf den 2,3-fachen Nennstrom eingestellt werden. 6.6.3 Einspeisung über einen Stromrichter Das Simulationsmodell, welches den Einsatz eines Stromrichters annähern soll, liefert bei einer Fehlerortvariation entlang der Freileitung Fl-3 für den 3-phasigen Kurzschluss folgende Kurzschlussstrombeiträge der DEA (l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km): Abbildung 6-45: Strombeiträge bei Fehlerortvariation für 3- ph. Kurzschluss auf Fl-3 (l1 = l2 = 1 km; l3 = 10 km) Fazit: Wie erwartet, kann mit keinen großen Kurzschlussstrombeiträgen des Umrichters gerechnet werden. Auch für einen schnellen Überstromschutz lässt sich kaum eine vernünftige Einstellung finden, da der Kurzschlussstrombeitrag zu gering ist, als dass er, als vernünftiges Ausschaltkriterium herangezogen werden könnte. 6.7 Phasendifferenz beim Wiederzuschalten des Inselnetzes Sozusagen im Gegenzug zur Gefährdung des Netzschutzes durch eine DEA, kann es auch zu kritischen Beeinflussungen der dezentralen Energieerzeugung durch die Schalthandlungen der AWE kommen. Durch das Auslösen der AWE wird der fehlerbehaftete Netzabschnitt, bestehend aus den örtlichen Verbrauchern und der DEA, zu einem Inselnetz. Wenn der Anlagenschutz des dezentralen Kraftwerkes bereits auf den Fehlereintritt reagiert hat, der in Folge nun zum Auslösen der AWE geführt hat, so sollte die Anlage zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschaltet sein. Spätestens aber sollte Georg Oberlechner Seite 67 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen der Anlagenschutz auf die Schalthandlung der AWE reagieren und innerhalb 170 ms veranlassen, dass die DEA ihre Leistungsabgabe einstellt. Sollte aus irgendeinem Grund die dezentrale Anlage dennoch am Netz bleiben, speist sie im entstandenen Inselnetz die vorhandenen Verbraucher. In Abhängigkeit des Überschusses bzw. Mangels an elektrischer Energie im entstandenen Teilnetz werden die Generatoren beschleunigt bzw. gebremst. Somit ändert sich auch entsprechend die Frequenz dieses Netzes. Nach einer einstellbaren Pausenzeit der AWE, üblicherweise min. 300 ms bis max. 500 ms, werden die zwei Netze wieder gekuppelt. Es ist nun durchaus denkbar, dass die Spannungswinkel der beiden Netze zu diesem Schaltaugenblick nicht mehr in Phase sind, d.h. die wiederkehrende Netzspannung könnte die dezentralen Generatoren in asynchroner Phasenlage treffen. In Abhängigkeit der Größe der Phasen- und Spannungsdifferenz muss aufgrund des synchronisierenden Momentes mit hohen Ausgleichströmen und starken Pendelungen am dezentralen Energieerzeuger gerechnet werden. 6.7.1 Untersuchungsergebnisse Das Ausmaß dieses möglichen Problems wird am Modell der Synchronmaschine, dargestellt in Abb. 5-4, untersucht. Die Leitungslängen betragen l1 = l2 = 1 km und l3 = 10 km. Die AWE wird durch einen 3- phasigen Fehler auf Freileitung Fl-3, in 95 % Entfernung von der Sammelschiene SS-3, ausgelöst. Am Ende dieser Freileitung befindet sich eine ohmsche Last von 500 kW. Wird von den Synchronmaschinen, mit einer Anlaufzeitkonstante von TJ = 25 s, reine Wirkleistung in der Größe von 10 % der Nennleistung abgegeben, also jeweils 175 kW, so ist folgendes Verhalten der Synchronmaschinen zu beobachten: Abbildung 6-46: Kurzschlussstrombeitrag Abbildung 6-47: Rotorfrequenz Georg Oberlechner Seite 68 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 6-48: Rotorwinkel Abbildung 6-49: Wirk- und Blindleistungsabgabe An den relativ hohen Wirkwiderständen der Freileitungen (0,3058 Ω/km) wird auch eine hohe Wirkleistung umgesetzt. Dies führt bei geringen Einspeiseleistungen zum Abbremsen der Synchronmaschinen. Das heißt, die Rotorfrequenzen sinken und damit auch die Frequenz im entstandenen Inselnetz. Der Verlauf der Spannungswinkel an den Sammelschienen SS-3 und SS-2 sind in der folgenden Abbildung dargestellt: starres Netz ∆ϕ300ms ∆ϕ500ms Inselnetz Fehlereintritt AWE-Auslösung Abbildung 6-50: Verlauf der Spannungswinkel an SS-3 und SS-2 für P = 0,1 SN und TJ = 25 s Im Weiteren wird die Leistungsabgabe der Generatoren mit cos ϕ = 1 von P = 0,1 … 1 SN variiert. Eine Veränderung der Ergebnisse bei Einspeisung von Blindleistung wird nicht erwartet. Da auch die Dynamik der Generatoren Einfluss auf deren Beschleunigung hat, werden verschiedene Werte für Anlaufzeitkonstanten von TJ = 5 … 25 s durchvariiert. Eine Verschiebung der Fehlerentfernung bewirkt nahezu keine Änderung am Simulationsergebnis. Die in den nachfolgenden Diagrammen dargestellten Winkeldifferenzen repräsentieren den Unterschied des Spannungswinkels, gemessen an den Sammelschienen SS-3 und SS-2. Die, wenn auch nur sehr geringe, Winkeldifferenz zwischen den Enden der Freileitung Fl-1 im Normalbetrieb, ist hierbei bereits berücksichtigt. Georg Oberlechner Seite 69 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 6-51: Phasendifferenz nach 300 ms in Abhängigkeit von PN und TJ Abbildung 6-52: Phasendifferenz nach 500 ms in Abhängigkeit von PN und TJ 6.8 Schlussfolgerung 6.8.1 Maßnahmen für eine erfolgreiche AWE DEA mit Synchronmaschinen Fasst man die entsprechenden Simulationsergebnisse zusammen, so kann man sagen, dass bei DEA mit direkter Einspeisung über Synchronmaschinen, welche mit Nennleistung betrieben werden, sowohl für den Spannungsrückgangsschutz als auch für den Überstromschutz Einstellungen möglich sind, die ein erfolgreiches und rechtzeitiges Trennen der dezentralen Anlage vom Netz veranlassen, so dass der Erfolg der AWE gegeben ist. Georg Oberlechner Seite 70 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Für maximal 10 km lange Freileitungen lässt sich folgendes festhalten: ¾ Der ungünstigere Fall für das Erkennen eines Fehlers durch den Spannungsrückgangsschutz ist der 2-ph. Kurzschluss. Hier bricht die Spannung im ungünstigsten Fall auf nur knapp unterhalb von 70 % der Nennspannung ein, so dass der Spannungsrückgangsschutz auf einen nicht kleineren Wert als 0,7 UN eingestellt werden sollte. ¾ Für den Überstromschutz ungünstigerer Fehlerfall ist der 3-ph. Kurzschluss, da hier der Anfangskurzschlussstrom bedeutend kleiner ist. Auch der Dauerkurzschlussstrom ist für den 3-ph. Fehlerfall wesentlich geringer als für den 2-ph. Fehlerfall, da beim unsymmetrischen Fehler im Gegensystem der symmetrischen Komponenten zeitunabhängig mit der subtransienten Generatorimpedanz zu rechnen ist. Spricht der Überstromschutz auf den Stromwert in 50 ms nach Überstromanregung an, so darf er maximal auf den 2,1 – fachen Nennstrom eingestellt werden. Reagiert der Schutz schneller, und spricht bereits auf den Wert in 25 ms nach Überstromanregung an, so kann er maximal auf den 2,3 –fachen Nennstrom eingestellt werden. Für eine maximal 20 km lange Freileitung zum Verbraucher bzw. zur DEA kommt es zu denselben kritischen Fehlern, die Einstellwerte der Schutzorgane müssen zum Teil aber etwas korrigiert werden: ¾ In Bezug auf die Parametrierung des Spannungsrückgangsschutzes muss lediglich bei Anbindung von 20 km entfernten dezentralen Erzeugungsanlagen der Einstellwert um 6 % nach oben korrigiert werden, also auf 0,76 UN ¾ Änderungen betreffend den Überstromschutz müssen keine gemacht werden. Die Auslösezeit von 170 ms darf in keinem Fall überschritten werden, da man immer vom ungünstigeren Fall ausgehen muss, dass das Schutzorgan erst bei Inkrafttreten der AWE angeregt wird. DEA mit Asynchronmaschinen Aus den Simulationsergebnissen ist ersichtlich, dass sich zumindest für maximale Leitungslängen von 10 km sowohl für den Spannungsrückgangsschutz als auch für den Überstromschutz Einstellwerte finden lassen, die jeden möglichen kritischen Fehler für den Erfolg der AWE am Mittelspannungsnetz erkennen. Für maximal 10 km lange Freileitungen lässt sich folgendes festhalten: ¾ Der wohl deutlich ungünstigere Fall für den Spannungsrückgangsschutz ist der 2-phasige Kurzschluss, obwohl der Spannungseinbruch auch hier immer größer als 56 % der Georg Oberlechner Seite 71 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Nennspannung ist. Das heißt ein Einstellwert von nicht kleiner als 44 % der Nennspannung führt zu einem sicheren Erkennen jedes Fehlers durch den Spannungsrückgangsschutz. ¾ Für den Überstromschutz verhält es sich wieder genau anders rum. Hier ist der 3-phasige Kurzschluss derjenige, bei dem der geringste Kurschlussstrom in der stärksten Phase zu finden ist. 50 ms nach AWE- bzw. nach Fehlereintritt ist hier nur der 1,5- fache Nennstrom messbar, so dass dieser als Einstellwert für einen langsamen Schutz nicht überschritten werden soll. Für die Reaktion auf den Wert in 25 ms wäre auch ein Einstellwert vom 2,9- fache Nennstrom ziel führend. Für eine maximale Leitungslänge von 20 km zum Verbraucher bzw. zum dezentralen Erzeuger ergeben sich auch hier für die kritischen Fehlerfälle geringere Ansprechwerte für die Schutzorgane: ¾ Die Einstellwerte für den Spannungsrückgangsschutz müssen nicht geändert werden ¾ Der Kurzschlussstrom hingegen nimmt in den kritischen Fällen um ca. 10 % ab. In beiden Fällen dürfte der Überstromschutz welcher auf den Wert in 50 ms nach Überstromanregung reagiert nicht größer als auf den 1,3-fachen Nennstrom eingestellt werden. Bei Verwendung des schnelleren Schutzes ist bei der Anbindung eines weit entfernten Verbrauchers ein maximaler Einstellwert des 2,6-fachen Nennstromes und bei Anbindung der weit entfernten DEA ein Einstellwert vom maximal 2,3-fachen Nennstrom ziel führend. Man sieht, dass bei Verwendung eines langsamen Schutzes hier keine vernünftige Schutzeinstellung mehr möglich ist. 170 ms für die Auslösezeit dürfen wiederum nicht überschritten werden. DEA mit Einspeisung über Stromrichter Aus den untersuchten 3-phasigen Kurzschlussfällen ist ersichtlich, dass sich für den Überstromschutz kaum vernünftige Einstellwerte finden lassen, da der Kurzschlussstrombeitrag zu gering ist, als dass er als vernünftiges Ausschaltkriterium herangezogen werden könnte. Der Spannungsrückgangsschutz ist hier demnach wohl die weitaus bessere Wahl, da bei jedem 3phasigen Fehler, die Spannung am Generator um mindestens 85 % einbricht. D.h. eine Schutzeinstellung, nicht kleiner als 0,15 UN mit einer Auslösezeit von max. 170 ms, führt zumindest bei einem symmetrischen Fehler zu einem sicheren trennen der DEA von der Fehlerstelle. Georg Oberlechner Seite 72 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 6.8.2 Schlussfolgerungen zu Winkeldifferenzen bei Zuschaltung Die Ergebnisse der Simulationen zeigen, dass sowohl die Höhe der Einspeiseleistung als auch die Größe der Anlaufzeitkonstante der Maschinen einen großen Einfluss auf eine Winkeldifferenz haben. Im Hinblick auf die Leistung, führen Einspeisungen mit der vollen Nennleistung als auch geringe Einspeisungen von 10 % der Nennleistung zu den stärksten Phasendifferenzen; nur, dass für den einen Fall die Spannung des Inselnetzes vorauseilt, und einmal hinten nach hinkt. Für Einspeiseleistungen die im Bereich dazwischen liegen, nimmt die Phasendifferenz ab. Die Abhängigkeit von der Anlaufzeitkonstante der Generatoren macht sich für dynamischere Maschinen (TJ <) in Richtung größere Phasendifferenz bemerkbar. Je länger die Pausenzeit der AWE und je näher die Einspeiseleistung in Richtung Nennleistung kommt, umso größer ist der Einfluss dieser Maschinen mit kleinen Anlaufzeitkonstanten auf die Phasendifferenz. Dennoch sind die Phasendifferenzen, mit denen insbesondere bei kurzen Pausenzeiten zu rechnen ist, nicht allzu gravierend. Würden die beiden Netze z.B. für eine Zeit von 300 ms entkoppelt sein, müsste man maximal mit 25 … 50 ° Phasendifferenz rechnen. Hier kann man also im Allgemeinen durchaus von Schalthandlungen ausgehen, welche zu keinen kritischen Folgen für die DEA führen. Erst wenn die Pausenzeit in Richtung 500 ms geht und man Maschinen mit sehr kleinen Anlaufzeitkonstanten verwendet, kann es durchaus zu kritische Phasendifferenzen von bis zu 120 ° kommen. Diese Untersuchungen wurden bewusst nur für die Synchronmaschine durchgeführt, da beim Einspeisen durch Asynchronmaschinen eine Vergrößerung der Phasendifferenz nicht erwartet wird. Auch die Spannungen klingen bei Verwendung dieser Maschinen schneller ab, so dass es diesbezüglich nur zu geringeren Problemen kommen kann. Georg Oberlechner Seite 73 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 7 Gefährdung der Schutzselektivität 7.1 Problembeschreibung Das üblicherweise offen betriebene Mittelspannungsnetz enthält meist am Anfang eines strahlförmigen Abgangs einen unabhängigen Überstromzeitschutz (UMZ) der die selektive Abschaltung, des im Fehlerfall betroffenen Leitungszweiges, veranlasst. Kommen jedoch aber dezentrale Energieerzeugungsanlagen in zumindest einem der Leitungszweige vor, so können diese den Fehler in einem Parallelzweig über die Sammelschiene der Umspannstation, und somit auch über den UMZ- Schutz des Strahls an dem sie angeschlossen sind, speisen. Ist nun der Kurzschlussstrombeitrag der DEA genügend groß, besteht die Möglichkeit, dass der UMZ- Schutz des Leitungszweiges mit der DEA anspricht, und aufgrund der fehlenden Richtungsinformation diesen gesunden Zweig unselektiv abschaltet. Je nach dem, wo der Fehler im Parallelzweig zur DEA auftritt, kann es zu drei verschiedenen Reaktionen der Schutzanlagen führen: HS MS UMZ-1 AS DEA I k, DEA UMZ-2 a) c) b) I k, Netz Abbildung 7-1: Mögliche Gefährdung der Selektivität durch eine dezentrale Einspeisung a) Tritt der Fehler im Parallelzweig zur DEA nahe an der Sammelschiene auf, d.h. elektrisch nahe zum dezentralen Erzeuger, so kann die Spannung an den Generatorklemmen so stark absinken, dass der Anlagenschutz der DEA ausgelöst wird. Er ist im Vergleich zum UMZSchutz viel schneller und schaltet die Anlage ab. UMZ-1 bekommt somit keine Möglichkeit mehr unselektiv auszulösen. b) Ist der Fehler so weit entfernt, dass sowohl der Spannungseinbruch als auch der Kurzschlussstrombeitrag an der DEA zu keinem Auslösen der dort installierten Schutzorgane führt, und weiters der Kurzschlussstrom der DEA nicht ausreicht um UMZ-1 auszulösen, kann UMZ-2 selektiv der fehlerbehafteten Netzzweig abtrennen. Georg Oberlechner Seite 74 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen c) Zwischen den genannten Bereichen gibt es jedoch Möglichkeiten für eine Fehlerentfernung bei denen der Anlagenschutz gerade nicht auslöst, wohl aber UMZ-1 angeregt wird. Somit kann es zu einem unselektiven Trennen des Strahles, in dem die DEA sitzt, kommen. 7.2 Sicherstellung der Selektivität In Mittelspannungsnetzen wird zur selektiven Abschaltung von Kurzschlüssen am Anfang jedes Verteilungszweiges ein unabhängiger Überstromzeitschutz, meist ohne Richtungsentscheid, installiert. Im Falle eines Fehlers spricht jener nun bei Überschreitung des eingestellten Wertes für den Überstrom an und löst nach einer festen Laufzeit von 0,5 s bis 2 s die Abschaltung des fehlerbehafteten Strahles aus. Die meisten UMZ-Schutzgeräte ermöglichen zudem die Einstellung eines Rückfallwertes. Das heißt, wenn das Anregesignal während der Laufzeit unter einen eingestellten Wert fällt, welcher typischerweise 80 % des Ansprechwertes beträgt, wird kein Ausschaltkommando erteilt. In Richtung Hochspannungsnetz wird die Selektivität durch zeitliche Staffelung dieser Schutzgeräte erreicht. 7.3 Mögliche Lösungen Diesem Problem kann auf mehreren Wegen begegnet werden. So bietet sich zum einen die Möglichkeit an, in ein erweitertes bzw. neues Schutzsystem zu investieren: ¾ Nachrüsten des UMZ-Schutzes mit Richtungsrelais, die erkennen wohin der Kurzschlussstrom fließt. ¾ Einsetzen eines Distanzschutzes, der aufgrund von Impedanzgrößen Entscheidungen trifft. Beide Lösungsvorschläge sind aber teilweise mit einem nicht zu unterschätzenden finanziellen Aufwand verbunden. Nicht zuletzt deshalb, da beide Methoden das Vorhandensein von Spannungswandlern benötigen. Besonders für bereits bestehende Verteilstationen bei denen solche Wandler nicht installiert sind, könnte diesbezüglich ein Platzproblem hinzukommen. Dass diesem Problem auch ohne Investitionen und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten begegnet werden kann zeigen folgende Ansätze: ¾ Wenn nur ein Strahl im Mittelspannungsabschnitt dezentrale Einspeiser enthält, kann man die Ansprechzeit des in diesem Zweig installierten UMZ- Schutzes (hier UMZ-1) auf einen größeren Wert als die der restlichen Schutzgeräte einstellen. ¾ Wenn mehrere Strahlen dezentrale Einspeiser enthalten kann durch geschicktes Abstimmen des Anlagenschutzes der DEA und des in diesem Abzweig installierten UMZ- Schutzes erreicht werden, dass sich die oben beschriebenen Abschnitte a) und b) soweit ausdehnen bis Georg Oberlechner Seite 75 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen sie sich schließlich überschneiden. Somit kann nun das Auftreten des unselektiven Bereiches c) vermieden werden. Die hier zuletzt erwähnte Möglichkeit soll nun weiter analysiert werden um Anhaltswerte für die Schutzeinstellungen zu bekommen. 7.4 Aufstellen eines geeigneten Simulationsmodells Die Grundstruktur des Simulationsmodells ist bereits bei der Problembeschreibung in Abb. 7.1 skizziert. Hierbei handelt es sich um ein ähnliches Modell wie bei der AWE-Untersuchung verwendet wurde. Im Parallelzweig zu einem verbraucherversorgenden Netzstrahl speist die dezentrale Energieanlage in das Mittelspannungsnetz ein. Auf der Freileitung zum Verbraucher hin wird ein Fehler angenommen. Tritt ein Fehler auf, so bricht die Spannung im Netzabschnitt und so auch an den Generatorklemmen der DEA ein. Von der dezentralen Anlage wird ein dem Spannungseinbruch entsprechend großer Kurzschlussstrom liefert. Der kritischste Fall für unselektives Auslösen des UMZ-1 ist gegeben, wenn die Restspannung an den Generatorklemmen bei Verwendung eines Spannungsrückgangsschutzes bzw. die Höhe des Kurzschlussstrombeitrages bei Einsatz einer Überstromschutzeinrichtung die Auslösebedingung gerade noch nicht erreicht. Hier wird der größte mögliche Dauerkurzschlussstrom von der DEA geliefert und so der UMZ-1 am stärksten angeregt. Wird der Überstromschutz in der dezentralen Anlage verwendet so stellt deren Einstellwert die untere Grenze für die Parametrierung des UMZ-Schutzes dar. Bei Verwendung des Spannungsrückgangsschutzes hingegen bedarf es dynamischer Simulationen, in denen der Fehlerort im Modell so gewählt wird, dass die Restspannung am Anlagenschutz nahezu auf den eingestellten Wert des Spannungsrückgangsschutzes fällt. Aus den daraus resultierenden Kurzschlussströmen am Schutzgerät lassen sich rückschliessend geeignete Einstellwerte finden. Georg Oberlechner Seite 76 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 7.5 Neplan-Modell mit Synchrongeneratoren Auch hier wird bei Verwendung von Synchronmaschinen die Simulation in NEPLAN® durchgeführt. Nachstehendes Modell zeigt die Netzstruktur und die Kenngrößen der Betriebsmittel: 4 St. parallel Sync.- Gen. Sr = 1,75 MVA Ur = 0,69 kV cosϕ = 0,9 xd = 150 % x’d = 40 % x’’d = 20 % AS 4 St. parallel 20 kV – 0,69 kV Blocktrafo SS-1 SS-2 110 kV 20 kV SS-3 20 kV FL - 1 UMZ-1 UMZ-2 110 kV Netz S“k = 2 GVA 110 kV – 20 kV Verteiltrafo Sr = 40 MVA ur = 0,4 % ux = 11 % Yy0 Sr = 2,5 MVA ur = 0,8 % ux = 5,95 % Yd5 SS-4 20 kV FL - 2 Freileitung Last Al/St = 95/12 r = 0,3058 Ω/km x = 0,35 Ω/km C = 5 nF/km l1 = 1km l2 = 10km PL = 500 kW Abbildung 7-2: Netzmodell in NEPLAN® mit Synchrongeneratoren zur Überprüfung der Selektivität 7.5.1.1 3- phasiger Kurzschluss Ein dreiphasiger Kurzschluss auf Fl-2, in 4,5 km Entfernung zur Sammelschiene SS-2, führt binnen 500 ms (schnellste Einstellzeit des UMZ- Schutzes) nach Fehlereintritt zu einem Spannungseinbruch am Generator von ungefähr 0,7 UN. Der Verlauf dieses Spannungseinbruches und der Kurzschlussstrombeitrag der DEA kann den folgenden Simulationsergebnissen entnommen werden: Georg Oberlechner Seite 77 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 0,7 p.u. Fehlereintritt 500 ms Minimale Einstellzeit für UMZ - Schutz Abbildung 7-3: Spannungsverlauf am Synchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss auf Fl-2 in 4,5 km von SS-2 Fehlereintritt 500 ms Minimale Einstellzeit für UMZ - Schutz Abbildung 7-4: Strombeitrag des Synchrongenerators bei 3- ph. Kurzschluss auf Fl-2 in 4,5 km von SS-2 In der nachstehenden Tabelle sind die durch Simulationen gemessenen Ströme, in Abhängigkeit des Fehlerortes bzw. des Spannungseinbruches am Generator, eingetragen. Diese Ströme dürfen beim UMZ-1 zu keiner Auslösung führen. Georg Oberlechner Seite 78 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen UG nach 500 ms [%] Fehler auf Fl-2 von SS-2 [km] Ik bei Fehlereintritt [A] Ik nach 500ms [A] 0,5 2,1 4225 [3,0 IN] 2654 [1,9 IN] 0,55 2,5 4000 [2,9 IN] 2510 [1,8 IN] 0,6 3 3760 [2,7 IN] 2360 [1,7 IN] 0,65 3,6 3521 [2,5 IN] 2215 [1,6 IN] 0,7 4,5 3237 [2,3 IN] 2055 [1,5 IN] 0,75 5,6 2974 [2,1 IN] 1919 [1,4 IN] 0,8 7,4 2671 [1,9 IN] 1780 [1,3 IN] 0,85 10 2390 [1,7 IN] 1667 [1,2 IN] 0,9 15 2090 [1,5 IN] 1566 [1,1 IN] Tabelle 7-1: Kurzschlussstrom an SS-2 in Abhängigkeit der Restspannung am Synchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss Aus der obigen Tabelle kann man nun den Kurzschlussstrom in Abhängigkeit des eingestellten Wertes für den Spannungsrückgangsschutz der DEA entnehmen, mit dem im schlimmsten Fall am Überstromschutz UMZ-1 zu rechnen ist. Das installierte Schutzrelais sollte also mindestens auf den jeweiligen Stromwert eingestellt werden, der sich bei der entsprechenden Parametrierung des Anlagenschutzes ergeben kann. Aus der Tabelle lassen sich der Kurzschlussstrombeitrag und die Restspannung am Generator über der Distanz des Fehlers in einem Diagramm festhalten: Abbildung 7-5: Kurzschlussstrom an SS-2 und Restspannung am Synchrongenerator bei Variation eines 3- ph. Kurzschlusses auf Fl-2 Georg Oberlechner Seite 79 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Der Strom, mit dem beim dreiphasigen Kurzschluss am Überstromschutz zu rechnen ist, lässt sich als Funktion des eingestellten Wertes für den Spannungsrückgangsschutz auftragen: Abbildung 7-6: Kurzschlussstrom an SS-2 bei Variation der Restspannung am Synchrongenerator und 3- ph. Kurzschluss Wenn das Schutzrelais nach einer Anregung nicht mehr deaktiviert werden kann, so muss sich seine Parametrierung danach richten, dass die oben dargestellten möglichen Kurzschlussströme zu keinem anregen des UMZ-Schutzes führen. D.h. der Schutz soll mindestens auf den in Abb. 7-6 in blau eingezeichneten Wert eingestellt werden. Eine am Anlagenschutz minimal zugelassene Restspannung von z.B. 0,7 UN, würde so zu einem Einstellwert vom mindestens 2,3-fachen Nennstrom der dezentralen Anlage führen. Wäre jedoch das UMZ-Relais mit einem Rückfallwert von 80 % des Ansprechwertes parametriert, so muss sichergestellt werden, dass der Wert des Stromes in der kürzest möglichen Einstellzeit, also in 500 ms, bereits unter 80 % des Ansprechwertes gefallen ist. Für dasselbe Beispiel, wenn der Spannungsrückgangsschutz auf den Wert von 0,7 UN eingestellt ist, muss 500 ms nach Kurzschlusseintritt noch mit einem 1,5-fachen Nennstrom gerechnet werden. Zurückgerechnet auf den minimalen Ansprechwert ergibt sich für den UMZ-Schutz der minimale Einstellwert von 1,5 ⋅ I n ⋅ 100% = 1,875 ⋅ I n 80% (7-1) Der Schutz wird in diesem Fall zwar angeregt, das Anregesignal fällt während der Laufzeit aber unter den Rückfallwert von 80 % des Ansprechwertes und der Schutz erteilt somit kein Ausschaltkommando. Berücksichtigt man den Rückfallwert von 80 % des Ansprechwertes so lässt sich der Einstellwert für den UMZ-Schutz bei minimaler Laufzeit von 500 ms (wäre die Laufzeit länger, wäre diese Einstellung Georg Oberlechner Seite 80 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen eine Absicherung zur sicheren Seite), in Abhängigkeit des eingestellten Wertes für den Spannungsrückgangsschutzes bei der DEA, aus folgendem Diagramm entnehmen: Abbildung 7-7: Einstellempfehlung für UMZ- Schutz mit 80 % Rückfallwert in Abhängigkeit der Restspannung am Synchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss 7.5.1.2 2- phasiger Kurzschluss Bei der Auswertung der Simulationsergebnisse muss beim 2- phasigen Kurzschluss unter NEPLAN® wiederum beachtet werden, dass nur Größen des Mitsystems dargestellt werden. D.h. die erhaltenen Beträge der Ströme müssen noch mit dem Faktor 3 multipliziert werden um auf die gewünschten Phasenströme zu kommen. Die aus der Simulation sich ergebenden Spannungs- und Stromverläufe sind ähnlich dem dreiphasigen Kurzschluss. Die Ergebnisse der Fehlervariation sind wiederum in einer Tabelle dargestellt: UG nach 500 ms [%] Fehler auf Fl-2 von SS-2 [km] Ik bei Fehlereintritt [A] Ik nach 500ms [A] 0,60 0,5 5563 [4,0 IN] 4036 [2,9 IN] 0,65 1,0 5196 [3,7 IN] 3760 [2,7 IN] 0,70 1,4 4948 [3,5 IN] 3577 [2,6 IN] 0,75 2,2 4554 [3,3 IN] 3300 [2,4 IN] 0,80 3,0 4257 [3,0 IN] 3109 [2,2 IN] 0,85 4,4 3892 [2,8 IN] 2906 [2,1 IN] 0,90 7,0 3490 [2,5 IN] 2723 [1,9 IN] Tabelle 7-2: Kurzschlussstrom an SS-2 in Abhängigkeit der Restspannung am Synchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss Georg Oberlechner Seite 81 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Man sieht, dass beim zweipoligen Kurzschluss mit wesentlich höheren Dauerkurzschlussströmen gerechnet werden muss, als beim symmetrischen Fehler. Der Kurzschlussstrombeitrag und die Restspannung am Generator, aufgetragen über der Distanz des Fehlers, beinhaltet folgendes Diagramm: Abbildung 7-8: Kurzschlussstrom an SS-2 und Restspannung am Synchrongenerator bei Variation eines 2- ph. Kurzschlusses auf Fl-2 Der maximale Kurzschlussstrom aufgetragen über die Einstellwerte des Spannungsrückgangsschutzes: Abbildung 7-9: Kurzschlussstrom an SS-2 bei Variation der Restspannung am Synchrongenerator und 2- ph. Kurzschluss Georg Oberlechner Seite 82 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Minimale Einstellwerte für den UMZ-Schutz mit Berücksichtigung des 80 % Rückfallwertes: Abbildung 7-10: Einstellempfehlung für UMZ- Schutz mit 80 % Rückfallwert in Abhängigkeit der Restspannung am Synchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss 7.6 Simulink®-Modell mit Asynchrongeneratoren Bei der Modellierung des Netzes mit der Asynchronmaschine wird wiederum MATLAB® als Simulationsplattform gewählt. Die Modellierung des Netzes und die Visualisierung der Ergebnisse zeigen nachstehende Blockdiagramme: Abbildung 7-11: Koppelplan des Netzmodells in Simulink® mit Asynchrongenerator zur Überprüfung der Selektivität Georg Oberlechner Seite 83 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 7-12: Koppelplan für die Visualisierung der Messgrößen in Simulink® Im wesendlichen setzt sich dieses Modell aus denselben Komponenten zusammen wie sie in Abschnitt 5.3 beschrieben sind. 7.6.1.1 3- phasiger Kurzschluss Tritt der 3-ph. Fehler auf Fl-2 in 9,5 km Entfernung zur Sammelschiene SS-2 auf, so bricht die Spannung in 500 ms auf 0,69 UN zusammen und die Asynchronmaschine liefert hier einen Dauerkurzschlussstrom von 1,23 IN. Die nachstehenden Simulationsergebnisse beschreiben diesen Fall: Abbildung 7-13: Spannungsverlauf am Asynchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss auf Fl-2 in 9,5 km von SS-2 Georg Oberlechner Seite 84 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 7-14: Strombeitrag des Asynchrongenerators bei 3- ph. Kurzschluss auf Fl-2 in 9,5 km von SS-2 Die Variation des Fehlerortes entlang der Parallelleitung führt zu folgenden Messergebnissen: Ik bei Fehlereintritt [p.u.] B C ABC Ik nach 500ms [p.u.] identisch in allen Phasen UG nach 500 ms [%] Fehler auf Fl-2 von SS-2 [km] A 0,47 4,5 3,17 2,25 3,22 2,97 2,08 0,51 5,2 2,98 2,35 2,97 2,77 1,81 0,58 6,1 2,75 2,22 2,77 2,58 1,58 0,64 7,7 2,45 2,03 2,43 2,30 1,35 0,69 9,5 2,20 1,86 2,25 2,10 1,23 0,72 11,0 2,03 1,76 2,03 1,97 1,14 0,78 15,0 1,75 1,54 1,71 1,66 1,06 0,81 18,0 1,59 1,46 1,59 1,55 1,02 0,84 22,0 1,48 1,35 1,46 1,43 1,00 Tabelle 7-3: Kurzschlussstrom an SS-2 in Abhängigkeit der Restspannung am Asynchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss Die verketteten Restspannungen der drei Phasen sind in 500 ms nach Fehlereintritt identisch. Nachstehend ist nun der jeweils größtmögliche Kurzschlussstrom mit dem in einer Phase bei Fehlereintritt als auch 500 ms nach Fehlereintritt zu rechnen ist, in Zusammenhang mit der verbleibenden Restspannung in 500 ms eingezeichnet. Georg Oberlechner Seite 85 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Abbildung 7-15: Kurzschlussstrom an SS-2 und Restspannung am Asynchrongenerator bei Variation eines 3- ph. Kurzschlusses auf Fl-2 Kurzschlussstrom als Funktion der Restspannung: Abbildung 7-16: Kurzschlussstrom an SS-2 bei Variation der Restspannung am Asynchrongenerator und 3- ph. Kurzschluss Georg Oberlechner Seite 86 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Minimale Einstellempfehlung für den UMZ-Schutz mit Berücksichtigung des 80 % Rückfallwertes: Abbildung 7-17: Einstellempfehlung für UMZ- Schutz mit 80 % Rückfallwert in Abhängigkeit der Restspannung am Asynchrongenerator bei 3- ph. Kurzschluss 7.6.1.2 2- phasiger Kurzschluss Beim 2-phasigen Fehler auf Fl-2 in 9,5 km Entfernung zur Sammelschiene SS-2 ergeben sich folgende Simulationsergebnisse für die verketteten Spannungen: Abbildung 7-18: Restspannung am Asynchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss auf Fl-2 in 9,5 km von SS-2 Georg Oberlechner Seite 87 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen für die Ströme: Abbildung 7-19: Strombeitrag des Asynchrongenerators bei 2- ph. Kurzschluss auf Fl-2 in 9,5 km von SS-2 Die Ergebnisse für die Variation des Kurzschlussortes sind in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst: A UG nach 500 ms [%] B C Fehler auf Fl-2 von SS-2 [km] Ik bei Fehlereintritt [p.u.] A B C ABC A Ik nach 500ms [p.u.] B C ABC 0,99 0,49 0,74 3,5 0,92 2,78 1,89 1,86 0,66 1,74 2,39 1,60 0,99 0,53 0,78 4,5 0,77 2,52 1,77 1,69 0,52 1,65 2,17 1,45 0,99 0,59 0,82 6 0,62 2,23 1,63 1,49 0,41 1,54 1,95 0,99 0,62 0,84 7 0,57 2,07 1,55 1,40 0,37 1,48 1,84 1,23 0,99 0,67 0,85 8 0,53 1,94 1,49 1,32 0,35 1,42 1,74 1,17 0,99 0,69 0,87 9,5 0,52 1,79 1,42 1,24 0,35 1,34 1,62 1,10 0,99 0,72 0,88 11 0,53 1,67 1,36 1,19 0,35 1,28 1,52 1,05 0,99 0,78 0,91 15 0,57 1,45 1,24 1,09 0,41 1,17 1,35 0,98 0,99 0,81 0,93 18 0,59 1,34 1,18 1,04 0,47 1,11 1,27 0,95 0,99 0,84 0,94 22 0,63 1,24 1,13 1,00 0,51 1,06 1,20 0,92 Tabelle 7-4: Kurzschlussstrom an SS-2 in Abhängigkeit der Restspannung am Asynchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss 1,3 Georg Oberlechner Seite 88 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Den Zusammenhang der jeweils kleinstmöglichen Restspannung am Anlagenschutz mit den maximal zu erwartenden Kurzschlussströmen zu Fehlereintritt und 500 ms danach, beschreibt Abb. 7.20. Abbildung 7-20: Kurzschlussstrom an SS-2 und Restspannung am Asynchrongenerator bei Variation eines 2- ph. Kurzschlusses auf Fl-2 Kurzschlussstrom als Funktion der Restspannung: Abbildung 7-21: Kurzschlussstrom an SS-2 bei Variation der Restspannung am Asynchrongenerator und 2- ph. Kurzschluss Georg Oberlechner Seite 89 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Minimale Einstellempfehlung für den UMZ-Schutz mit Berücksichtigung des 80 % Rückfallwertes: Abbildung 7-22: Einstellempfehlung für UMZ- Schutz mit 80 % Rückfallwert in Abhängigkeit der Restspannung am Asynchrongenerator bei 2- ph. Kurzschluss 7.7 Schlussfolgerung Bei Einspeisung mit einer Synchronmaschine muss man für den Einbruch auf dieselbe Restspannung am Generator beim 2-phasigen Kurzschluss mit dem nahezu 70 % größeren Kurzschlussstrom als beim 3-phasigen Fehler rechnen – sei es bei Eintritt des Fehlers als auch 500 ms danach. Die Asynchronmaschine hingegen liefert zwar kurzzeitig beim 3-phasigen Kurzschluss einen um ca. 20 % höheren Anfangskurzschlussstrom als beim 2-phasigen Kurzschluss, klingt aber auch viel schneller ab. 500 ms nach Fehlereintritt dominiert wieder der 2-phasige Kurzschluss mit etwa 20 % mehr gegenüber dem symmetrischen Fehler. Wird nun ein UMZ-Relais mit 80 % Rückfallwert installiert, so soll sich die Einstellung des Ansprechwertes bei Anbindung einer Synchron- oder Asynchronmaschine nach dem 2-phasigen Fehlerfall richten. Der minimale Einstellwert kann der entsprechenden Tabelle entnommen werden. Wenn ein UMZ-Relais verwendet wird, dessen Ausschaltkommando durch keinen Rückfallwert unterbunden werden kann, so müssen sich die Einstellungen nach den möglichen Kurzschlussströmen zum Zeitpunkt des Fehlereintrittes richten. Das Schutzrelais darf also bei anormalen Netzzuständen, die einen vom Anlagenschutz der DEA akzeptierbaren Spannungseinbruch zur Folge haben, erst gar nicht angeregt werden. In diesem Fall soll sich die Schutzeinstellung bei Ankopplung von Synchrongeneratoren nach dem 2-phasigen Kurzschlussstrom und Asynchrongeneratoren nach dem 3-phasigen Kurzschlussstrom orientieren. bei Ankopplung von Georg Oberlechner Seite 90 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 8 Weitere mögliche Beeinträchtigungen des Schutzes Im Folgenden sind einige Punkte angeführt, welche im Zuge dieser Arbeit nicht weiter untersucht wurden, aber durchaus im Zusammenhang mit der dezentralen Einspeisung von Energie und der Schutzproblematik in den Verteilnetzen von Bedeutung sind. 8.1 Verringerte Kurzschlussleistung 8.1.1 Bedeutung der Kurzschlussleistung Die Kurzschlussleistung ist ein wesentlicher Planungsparameter für den Bau von elektrischen Netzen. Ursprünglich war sie als spannungsebenen-unabhängiges Maß für die Beanspruchung der Betriebsmittel im Kurzschlussfall gedacht. Heute wird sie zudem für die Abschätzung von Netzrückwirkungen und Planung des Netzschutzes eingesetzt. 8.1.2 Beeinträchtigung der Kurzschlussleistung Die Kurzschlussleistung in einem Netz wird im Wesentlichen von den in Großkraftwerken installierten Synchrongeneratoren zur Verfügung gestellt. Es sind diese konventionellen Kraftwerke in der Lage, einen erheblichen Beitrag zum Kurzschlussstrom über mehrere Sekunden zu liefern [19]. Dezentrale Energieerzeugungsanlagen können diesen Anforderungen nur zum Teil gerecht werden, da die Einspeisung der elektrischen Energie nicht immer direkt über die rotierende Maschine erfolgt. In Erzeugungseinheiten mit Einspeisung über Wechselrichtersysteme, wie man sie z.B. in drehzahlvariablen Windenergieanlagen findet, ist der maximale Strom begrenzt. Solange die volle Netzspannung anliegt, arbeiten die Wechselrichter gemäß dem Angebot an Primärenergie praktisch innenwiderstandslos. Bricht die Spannung etwas ein können sie zwar auch geringfügig mehr als ihre Nennleistung einspeisen, sie begrenzen aber im Allgemeinen ihren Strom, sobald die Spannung gewisse Werte unterschreitet. Dann liefern sie keinen Strom mehr, was einer unendlich hohen Innenimpedanz entspricht. Die Stromrichtereinspeisung entspricht daher einem spannungsabhängigen Quellwiderstand und weist somit eine spannungsabhängige Kurzschlussleistung auf [5]. Bei einem Übertragungsnetz mit überwiegend dezentralen Energieerzeugern bei gleichzeitigem Rückbau der konventionellen Kraftwerke, als auch bei Inselnetzbildungen mit nur dezentralen Einspeisern, muss also mit einer verringerten Kurzschlussleistung gerechnet werden. Georg Oberlechner Seite 91 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 8.1.3 Folgen verringerter Kurzschlussleistung Schutzeinrichtungen in elektrischen Netzen benötigen für eine ordnungsgemäße Funktion ein Mindestmaß an Kurzschlussstrom. In üblichen Verteilnetzen führt eine zu geringe Einspeisung von Kurzschlussstrom bei vielen Schutzeinrichtungen (Überstromschutz, Distanzschutz) zu Problemen, da diese auf Überstrombasis, zumindest hinsichtlich der Anregefunktion arbeiten. Wenn aber wegen zu kleiner Kurzschlussströme keine Anregung erfolgen kann, muss auch das bisher bewehrte Schutzkonzept versagen. Auch ein sehr wichtiger und zu berücksichtigender Punkt ist der Personenschutz in NS-Netzen [5], insbesondere wenn DEA in dieses Netz einspeisen. Zum Schutz von Personen ist in der Niederspannungsebene die Schutzmaßnahme Nullung vorgeschrieben, deren Wirksamkeit auf dem Auftreten von kontrollierten, genügend großen Fehlerströmen beruht, welche zum raschen und sicheren Ansprechen der Schutzorgane (i. Allg. Sicherungen) führen. Technisch ist hierfür die erste Nullungsbedingung maßgebend: I Fehler = mit U Phase ! > I ab = m ⋅ I N , Sicherung Z Schleife IFehler … Strom über die Fehlerstelle ZSchleife … Impedanz der Leiter – Erde – Schleife Iab … Abschaltstrom der Sicherung (10-1) IN, Sicherung … Nennstrom der Sicherung m … =5 in Verbraucheranlagen für Schmelzsicherungen und Automaten L bzw. B = 10 in Verbraucheranlagen für Automaten U bzw. C Diese Schutzmaßnahme könnte bei Einspeisungen von DEA in der Niederspannungsebene in ein Inselnetz oder ein Netz mit leistungsschwacher Netzanbindung an die höhere Spannungsebene gefährdet sein. 8.2 Messprobleme beim Distanzschutz Die Anregung des Distanzschutzes in Verteilnetzen erfolgt mittels Überstromanregung. Um zu gewährleisten, dass er auch bei Schwachlast oder Inselbetrieb funktioniert, ist eine entsprechend empfindliche Anregefunktion nötig. Ein weiteres Problem kann es bei der Entfernungsmessung (Impedanzmessung) geben. Durch sog. Zwischeneinspeisungen kommt es zu einer Erhöhung der scheinbaren Fehlerimpedanz und damit zu Georg Oberlechner Seite 92 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen einer Verkürzung der Reichweite. Aufgrund der reichweitenabhängigen Auslösung dieses Schutzorgans kann es somit zu einer verlängerten Auslösezeit kommen. Greift nun der Reserveschutz ein, kann es zu einer unselektiven Mehrfachauslösung kommen. Dieser Problematik kann durch eine detaillierte Netzstruktur, welche keine T- Anbindungen größerer dezentraler Anlagen beinhaltet, entgegengewirkt werden. Georg Oberlechner Seite 93 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 9 Zusammenfassung Aus der Vielzahl an durchgeführten Untersuchungen an einem Modellnetz ist nun ersichtlich, dass bei dezentraler Einspeisung mit Synchrongeneratoren, Asynchrongeneratoren und Stromrichtern durch geschicktes Parametrieren des Spannungsrückgangsschutzes oder Überstromschutzes jeder mögliche 2- oder 3-phasige Kurzschluss auf einer Freileitung erkannt werden kann. Durch die daraufhin vom Schutz eingeleitete Abschaltung der DEA wird der Erfolg einer AWE nicht behindert. Wird zudem der verwendete UMZ-Schutz zur dezentralen Anlage hin auf den Einstellwert des Anlagenschutzes abgestimmt, so ist auch die Schutzselektivität nicht gefährdet. Bei direkter Anbindung von dezentralen Synchrongeneratoren oder Asynchrongeneratoren und Leitungslängen von bis zu je 10 km, kann sowohl der Spannungsrückgangsschutz als auch der Überstromschutz für einen einwandfreien Netzbetrieb bezüglich AWE-Erfolg und Schutzselektivität verwendet werden. In einigen Ausnahmefällen, wie bei Einspeisung über Stromrichter oder bei möglicher Umschaltung der Einspeisung auf einen Generator geringerer Leistung (z.B. bei WKA auf einen Schwachwindgenerator), sollte die Verwendung des Spannungsrückgangsschutzes jedoch dem Überstromschutz vorgezogen werden. Auch bei der Einbindung weit entfernter Energieerzeuger und Versorgung weit entfernter Verbraucher mit Entfernungen von 10 - 20 km von der Verteilerstation, kann bei Verwendung von Asynchrongeneratoren in Zusammenhang mit einer langsamen Überstromschutzeinrichtung kein vernünftiger Einstellwert für den Schutz gefunden werden. Bei Verwendung des Spannungsrückgangsschutzes gibt es diesbezüglich aber keine Probleme. Fällt die Wahl für den Anlagenschutz nun auf den Spannungsrückgangsschutz so sollte der eingestellte Wert die entsprechende Empfehlung aus der unten angeführten Tabelle 9.1 nicht unnötig überschreiten, es sei denn, dass vom Betriebsverhalten der dezentralen Anlage ein frühzeitigeres Trennen gefordert wird. Aus den gewählten Einstellungen für den Spannungsrückgangsschutz kann nun mit Hilfe dieser Arbeit die Schutzeinstellung für den zur DEA hin installierten UMZ-Schutz bestimmt werden. Wird der Überstromschutz als Anlagenschutz verwendet, so kann entsprechend der benötigten Dauer für seine Messwertbildung der maximal einzustellende Wert aus der unten angeführten Tabelle 9.1 entnommen werden. Hier sollte darauf geachtet werden, dass kein unbedingt notwendig kleinerer Wert eingestellt wird. Der Wert des eingestellten Überstromschutzes stellt zugleich den Richtwert für die Einstellung des UMZ-Schutzes. Georg Oberlechner Seite 94 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen Spannungsrückgangsschutz Überstromschutz Reaktion auf den Wert in 50 ms Reaktion auf den Wert in 25 ms SG max. 10 km lange FL min. 0,7 UN max. 2,1 IN,DEA max. 2,3 IN,DEA ASG max. 10 km lange FL min. 0,44 UN max. 1,5 IN,DEA max. 2,9 IN,DEA SG max. 20 km lange FL min. 0,76 UN max. 2,1 IN,DEA max. 2,3 IN,DEA ASG max. 20 km lange FL min. 0,4 UN nicht möglich max. 2,3 IN,DEA Tabelle 9-1: Einstellempfehlungen für den Spannungsrückgangs- und Überstromschutz Bei dezentraler Einspeisung über Stromrichter ist der Kurzschlussstrom durch die Leistungselektronik derart begrenzt, dass die Verwendung eines Überstromschutzes keinen Sinn macht. Für den untersuchten 3-phasigen Kurzschlussfall bricht die Spannung an den Klemmen des Wechselrichters jedoch sehr stark ein, so dass die Verwendung eines Spannungsrückgangsschutzes hier sinnvoll erscheint. Für den untersuchten Fehlerfall bei Freileitungslängen von bis zu je 10 km würde bereits ein minimaler Einstellwert von 0,15 UN für ein sicheres Auslösen reichen. Die maximale Auslösezeit für den Anlagenschutz von 170 ms soll im Hinblick auf eine erfolgreiche AWE in keinem der Fälle überschritten werden, da man immer davon ausgehen muss, dass dieser erst bei Inkrafttreten der AWE angeregt wird. Eingehende Untersuchungen bezüglich der Möglichkeit eines asynchronen Netzzusammenschlusses durch die AWE haben gezeigt, dass sowohl die momentane Leistungsabgabe der dezentralen Erzeugungsanlage als auch die Anlaufzeitkonstanten derer Generatoren großen Einfluss auf das Entstehen einer Winkeldifferenz zwischen dem Verbundnetz und dem entstandenen Inselnetz haben. Bei Pausenzeiten der AWE von 300 ms muss mit maximal 25 … 50° Phasendifferenz der Spannungen gerechnet werden. Beträgt die Pausenzeit jedoch 500 ms und die einspeisenden Generatoren weisen eine geringe Anlaufzeitkonstante auf, so kann es bei hohem Leistungsüberschuss im Inselnetz durchaus zu Phasendifferenzen von bis zu 120° kommen. Insbesondere bei kurzen Pausenzeiten kann man aber nun von Schalthandlungen ausgehen, welche zu keinen kritischen Folgen für die DEA führen. Georg Oberlechner Seite 95 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 10 Ausblick Die Schutztechnik, speziell deren Einsatz in den Verteilnetzen, wird unter Berücksichtigung der derzeitigen Zuwachsraten bei der dezentralen Energieerzeugung in Zukunft sicherlich ein heiß diskutiertes Thema werden bzw. bleiben. Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag um dezentrale netzgekoppelte Erzeugungsanlagen in ein bestehendes Netzsystem einzubinden ohne die vorhandenen Schutzstrategien negativ zu beeinflussen. Es wird gezeigt, dass für die untersuchten Fälle keine zusätzlichen Investitionen getätigt werden müssen, um zu gewährleisten, dass die betroffenen Verteilnetze schutztechnisch „sicher“ bleiben. Besonders interessant ist das für die bereits bestehenden Erzeugungsanlagen und Netzverteilstationen, bei denen ansonsten vielleicht zwingende Aus- bzw. Zubauten für Spannungswandler etc. durchgeführt werden müssten. Die aktuell Österreichweit gültigen Regeln für die Auslegung des Schutzkonzeptes in den Netzen und den Erzeugungsanlagen sind in der TOR [21] festgelegt. Die vorliegende Arbeit untermauert zum Teil diese Anforderungen und gibt zudem auch Aufschluss über bereits berücksichtigte und mögliche unberücksichtigte Hintergründe. Sie ermöglicht also einen tiefgreifenden Einblick in diese durchaus komplexe Materie und mag somit für künftige Erweiterungen der Regeln für die Schutzauslegung hilfreich sein. Georg Oberlechner Seite 96 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 11 Akronyme Im Text AMZ … Abhängiges Maximalstrom – Zeitrelais ASG … Asynchrongenerator AWE … Automatische Wiedereinschaltung DEA … Dezentrale Energieerzeugungsanlage ELWOG … Elektrizitäts- Wirtschafts- und Organisationsgesetz Fl … Freileitung HöS … Höchstspannung HS … Hochspannung KS … Kurzschluss KWK … Kraft – Wärme – Kopplung MS … Mittelspannung NS … Niederspannung SG … Synchrongenerator SS … Sammelschiene UCTE … Union pour la Coordination du Transport de l’Electricité UMZ … Unabhängiges Maximalstrom – Zeitrelais WKA … Windkraftanlage In Berechnungen ϑ … Polradwinkel Ik … Kurzschlussstrom Ik’ … Übergangs – Stoßkurzschlussstrom Ik’’ … Anfangs Stoßkurzschlussstrom Td’ Td’’ … transiente bzw. subtransiente Dämpfungszeitkonstante TJ … Anlaufzeitkonstante TS … Zeitkonstante des Gleichstromgliedes ü … Übersetzungsverhältnis Xd’ , Xq’ … transiente Längs- bzw. Querreaktanz Xd’’ , Xq’’ … subtransiente Längs- bzw. Querreaktanz … synchrone Längs- bzw. Querreaktanz … Null-, Mit- bzw. Gegensystem in der Darstellung der symmetrischen Komponenten Xd , Xq 0 1 2 … , … , … Georg Oberlechner Seite 97 Schutzaspekte bei dezentralen netzgekoppelten Energieerzeugungsanlagen 12 Literatur [1] Happold H., Oeding D.: Elektrische Kraftwerke und Netze. Springer Verlag, 5. Auflage 1978 (Kapitel 13 und 15) [2] Fischer R.: Elektrische Maschinen. HANSER, 11.Auflage 2001 [3] Dany G., Haubrich H.-J.: Schutzkonzepte in Mittelspannungs- Verteilnetzen. ETGFachbericht 71 [4] Radtke U., Kühn H.: Der Einfluss von Windenergie auf das Verbundnetz [5] Fickert L.: Technische Besonderheiten und Schutzproblematik bei der Einbindung dezentraler Stromerzeugungsanlagen – vom Netz zum Erzeuger und umgekehrt [6] E.ON Netz GmbH: Netzanschlussregeln Hoch- und Höchstspannung, August 2003 [7] Schiebelsberger B., Zimmermann W.: Einsatz dezentraler regenerativer Erzeugung im Mittelund Niederspannungsnetz unter dem Aspekt der Systemführung [8] VEÖ – Verband der Elektrizitätswerke Österreichs: Technische und organisatorische Regeln für Betreiber und Benutzer von Übertragungs- und Verteilnetzen gemäß ELWOG, Teil D4. Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen mit Verteilnetzen, 2001 [9] Sakulin M.: Dezentrale Energieerzeugung und Kraftwärmekopplung. Vorlesungsskript TUGraz, 2003 [10] Fickert L.: Elektrische Energiesysteme 2. Vorlesungsskript TU- Graz, 2002 [11] Renner H.: Netzregelung und Stabilität. 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