Das Ende der chefärztlichen Entwicklungsklausel?

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Chefärztliche Entwicklungsklausel
1/2006
Andreas Wagener/Andrea Hauser
Das Ende der chefärztlichen Entwicklungsklausel?
Entwicklungen in der Rechtsprechung haben Anlass zur Erörterung gegeben, ob die chefärztliche Entwicklungsklausel in der
aktuellen Fassung der DKG-Broschüre „Beratungs- und Formulierungshilfe Chefarzt-Vertrag“ (§ 15, 6. geänderte Auflage,
2002) noch den derzeitigen Anforderungen gerecht wird, etwaiger Anpassungen bedarf oder schlichtweg gestrichen werden
muss. Nach den kontrovers diskutierten Auswirkungen des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auf diesen Bereich gibt es
erste Entscheidungen des BAG, die die zuvor aufgeworfene Frage zu beantworten scheinen: Die chefärztliche Entwicklungsklausel kann auch künftig in überarbeiteter Fassung verwendet werden, um notwendige organisatorische und strukturelle
Umgestaltungen zu vollziehen.
Entwicklungsklauseln sind in den Arbeitsverträgen zwischen Krankenhausträgern und Chefärzten von besonderer Bedeutung. Sie ermächtigen den Krankenhausträger,
weitgehend entschädigungslos organisatorische und
strukturelle Änderungen im Krankenhausbetrieb vorzunehmen.1) Die Klauseln tragen dem Umstand Rechnung, dass
sich während der meist langen Laufzeit eines Chefarztvertrages die Notwendigkeit zu einer auch das Arbeitsverhältnis zwischen Chefärzten tangierenden Änderung des Krankenhausbetriebs ergeben kann. Über diese Entwicklungsklausel behält sich der Träger vor, im Wege einseitiger Leistungsbestimmung Maßnahmen der Krankenhausorganisation zu realisieren. Angesichts der gebräuchlichen Direktionsrechtserweiterung in Entwicklungsklauseln blieb es
dem Krankenhausträger in der Vergangenheit erspart, eine
den Bestand des Chefarztvertrages gefährdende Änderungskündigung aussprechen zu müssen2), die in der Praxis nur selten möglich ist.
Bisherige Rechtsprechung
Nach ständiger und vom Schrifttum bestätigter Rechtsprechung des BAG sind für Chefarztverträge übliche Entwicklungsklauseln grundsätzlich wirksam. Dies hatte der 6.
Senat des BAG zuletzt mit Urteil vom 13. März 2003 bestätigt.3)
Nach der bisherigen Rechtsprechung sind Organisationsmaßnahmen, die in Umsetzung einer Entwicklungsklausel
ergriffen worden sind, durch das Direktionsrecht gedeckt
gewesen, soweit die mit der Maßnahme verbundene einseitige Änderung der Arbeitsbedingungen nicht zu einer
grundlegenden Störung des Gleichgewichts zwischen
Leistung und Gegenleistung und damit zu einer Umgehung
zwingenden Kündigungsschutzrechts geführt und billigem
Ermessen entsprochen habe.4) Billigem Ermessen (§ 315
Absatz 1 BGB, § 106 Satz 1 GewO) habe die Ausübung des
Direktionsrechts dann entsprochen, wenn die wesentlichen
Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen
Interessen hinreichend berücksichtigt worden seien.5) Die
Grenzen billigen Ermessens seien dann überschritten gewesen, wenn die Liquidationsmöglichkeiten des Chefarztes in einer Weise zu seinem Nachteil verändert worden
seien, die den Kernbereich seines Arbeitsverhältnisses
berührt hätten.6)
Danach sei es für die Beurteilung der Zulässigkeit der unter Berufung auf eine Entwicklungsklausel getroffenen Organisationsmaßnahme entscheidend auf den Umfang angekommen, in dem die Maßnahme zu einer Schmälerung
der Einkünfte des Chefarztes geführt habe.7) Eine Obergrenze, bis zu der Liquidationseinbußen hinzunehmen gewesen seien, hat das BAG nicht festgelegt und zum Beispiel den Widerruf einer Leistungszulage, die 15 Prozent
der Gesamtvergütung ausmacht, für zulässig erachtet.8)
Eine Beschränkung des Aufgabenbereichs eines Chefarztes sei nicht schon deshalb unzulässig gewesen, weil dadurch seine Gesamteinnahmen im dienstlichen Aufgabenbereich um 25 Prozent und die Einnahmen aus dienstlicher
und genehmigter Nebentätigkeit um 35 bis 40 Prozent zurückgegangen seien. Es hätten auch die Stellung des Arbeitnehmers in der betrieblichen Hierarchie und die Höhe
seiner Vergütung berücksichtigt werden müssen. Daher
könne sich ein Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern in
Spitzenpositionen mit Spitzenverdiensten weiter gehende
einseitige Leistungsbestimmungsrechte vorbehalten als
gegenüber durchschnittlichen Arbeitnehmern mit durchschnittlicher Vergütung.9) Sogar die Reduktion der Liquidationseinnahmen auf weniger als die Hälfte der ursprünglich
erzielten Liquidationen in Folge aufsichtsbehördlich angeordneter Schließung oder Verkleinerung von Krankenhausabteilungen sollte zumutbar sein.10)
Rechtsänderung durch die Schuldrechtsreform
Neue Ansätze ergeben sich nunmehr vor dem Hintergrund,
dass Formulararbeits- und damit auch Chefarztverträge
seit In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Modernisierung des
Schuldrechts am 1. Januar 2002 der AGB-Kontrolle unterliegen.
Chefarztverträge unterlagen bislang nicht der AGB-Kontrolle. Dies lag daran, dass das AGB-Gesetz seit seinem
In-Kraft-Treten im Jahre 1977 für Verträge auf dem gesamten Gebiet des Arbeitsrechts eine Bereichsausnahme enthielt (§ 23 Absatz 1 AGBG). Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat die Vorschriften des AGBG im Wesentlichen inhaltsgleich in die §§ 305 bis 310 BGB übernommen,
jedoch die Bereichsausnahme nur für das kollektive Arbeitsrecht beibehalten (§ 310 Absatz 4 Satz 1 BGB). Für
Arbeitsverträge, die nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (Neuverträge), gelten seither die genannten Kontrollvorschriften. Für die vor diesem Stichtag schon
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Chefärztliche Entwicklungsklausel
bestehenden Verträge (Altverträge) finden diese Vorschriften seit dem 1. Januar 2003 Anwendung (Artikel 229 § 5
EGBGB).11) Der neue Prüfungsmaßstab gilt sonach für Altwie Neuverträge gleichermaßen, nur zeitversetzt.
Insgesamt gibt das Gesetz das Spektrum der AGB-Kontrolle von Chefarztverträgen mit 5 Prüfungsfragen vor, bei
denen jeweils gemäß § 310 Absatz 4 Satz 2 BGB die im
Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu
berücksichtigen sind.12) Verstöße gegen die Verbotsnormen
der §§ 305 c, 307 bis 309 BGB führen zur Unwirksamkeit
der jeweiligen AGB; der Vertrag bleibt jedoch im Übrigen
wirksam.13) An die Stelle der unwirksamen Regelung tritt die
gesetzliche Rechtslage, ohne dass es zu einer geltungserhaltenden Reduktion kommt, § 306 Absatz 1, 2 BGB.14)
Folgen der Schuldrechtsreform in der
Literatur umstritten
In der Literatur ist seit der Schuldrechtsreform höchst umstritten, ob Entwicklungsklauseln auch in Zukunft in den
bisher vom BAG gezogenen Grenzen zulässig sind oder ob
eine Unzulässigkeit derartiger Klauseln die Folge der Gesetzesänderung ist.
Grundlage der Diskussion bildet unter anderem § 308 Nr. 4
BGB, der wie folgt lautet:
„In allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere
unwirksam
4. (Änderungsvorbehalt)
die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen,
wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;“
Bohle: Entwicklungsklausel weiterhin
zulässig
Bohle15) zum Beispiel vertritt die Ansicht, es sei nicht zu
erwarten, dass die neue AGB-Kontrolle von Chefarztverträgen zur Unwirksamkeit der bislang regelmäßig verwendeten Entwicklungsklausel führe. Entwicklungsklauseln beträfen nur das Direktionsrecht. Die gesetzliche Regelung in
§ 308 Nr. 4 BGB verleite zwar bei flüchtigem Lesen zu der
Annahme, der Vertragskontrolle von Arbeitsverträgen gehe
es hier um das Direktionsrecht, mit dem der Arbeitgeber
eine im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene
Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen näher
bestimme.16) Das Direktionsrecht betreffe jedoch nicht die
„versprochene Leistung“ im Sinne von § 308 Nr. 4 BGB,
das heißt diejenige des Verwenders der AGB. Im Zuge des
Arbeitsverhältnisses gebe es, abgesehen von der Vergütung und sonstigen Entgeltformen, keine Leistungen, die
der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer „verspreche“. Das Direktionsrecht betreffe ausschließlich die vertragliche Gegenleistung, das heißt die Leistung des Arbeitnehmers.
Schon deshalb sei § 308 Nr. 4 BGB insoweit nicht einschlägig.17) Bestätigung finde diese Ansicht in der Rechtsprechung. Das BAG weise zum Beispiel in seinem Urteil vom
13. März 200318) darauf wie folgt hin: „Diese Vereinbarung
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legt die Grenzen des Direktionsrechts des Beklagten fest.“
Ähnlich formulierte das LAG Hamm19): „Durch eine solche
Vereinbarung werden die Grenzen des Direktionsrechts
des Beklagten festgelegt.“ Die Kontrolle des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts sei aber, wie dargelegt, nicht Prüfungsgegenstand von § 308 Nr. 4 BGB.20)
Es sei zwar nicht ganz ausgeschlossen, dass das BAG in
seiner künftigen Rechtsprechung vertragliche Entwicklungsklauseln in Chefarztverträgen nicht mehr nur anhand
des Direktionsrechts prüfe, sondern eine weitere systematische Zuordnung erwäge. Immerhin könne man einwenden, dass auf die Entwicklungsklausel gestützte Maßnahmen den bisherigen tatsächlichen Rahmen für die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ändern und sich deshalb
zum Beispiel von der Konkretisierung bestehender oder
der Zuweisung neuer Aufgaben innerhalb der bisherigen
arbeitsvertraglichen Vorgaben unterschieden. So gesehen
möge zum Beispiel die Abtrennung von bestimmten bisherigen Aufgaben einer Fachabteilung der Entziehung einer nur widerruflich eingeräumten Zusatzfunktion ähneln,
die nach Auffassung des Arbeitsgerichts Düsseldorf21) einer AGB-Kontrolle gemäß § 308 Nr. 4 BGB unterliege. Im
Ergebnis sei jedoch unwahrscheinlich, dass Entwicklungsklauseln, die sich an § 15 des aktuellen DKG-Musters orientierten, an § 308 Nr. 4 BGB scheitern. Das BAG habe
schon lange die Zumutbarkeit von Maßnahmen, die der
Krankenhausträger auf eine solche Entwicklungsmaßnahme gestützt hat, im Rahmen seiner Ausübungskontrolle
geprüft. Diese Prüfung umfasse nicht nur die Gründe für
die vorgenommene Umstrukturierung – in der Praxis stets
„triftige Gründe“. In die Prüfung würden auch die Auswirkungen der Maßnahme auf die Arbeitsvertragsparteien eingestellt. Die Entwicklungsklausel des DKG-Musters habe
deshalb die vom Gesetz in § 308 Nr. 4 BGB vorgesehene
Zumutbarkeitsprüfung bereits erfolgreich bestanden, eine
Neubewertung sei nicht zu erwarten.22)
Hümmerich/Bergwitz: Der Abschied von der
chefärztlichen Entwicklungsklausel naht
Der Abschied von der chefärztlichen Entwicklungsklausel
wird demgegenüber von Hümmerich/Bergwitz23) prognostiziert. Sie vertreten die Ansicht, dass es zu einer Verschärfung des Prüfungsmaßstabes kommen werde. Seit der
Schuldrechtsmodernisierung bestehe kein Raum mehr für
Entwicklungsklauseln, die keine Änderungsgründe beinhalten und nicht Voraussetzungen und Umfang der möglichen Änderungen hinreichend konkret benennen. Solche
Klauseln seien aufgrund mangelnder Transparenz gemäß
§ 308 Nr. 4 in Verbindung mit § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB
unzumutbar. Nach § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB kann „sich
eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist“.
Für den Fall, dass ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht vorliege, scheitere die Entwicklungsklausel am
Auffangtatbestand des § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB. Danach
sind „Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den
Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten
von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“.
Chefärztliche Entwicklungsklausel
Entwicklungsklauseln bedeuteten eine Abweichung von
der gesetzlichen Regelung des § 611 Absatz 1 BGB, wonach der Arbeitnehmer zur Leistung der „versprochenen“
Dienste verpflichtet ist. Habe der Chefarzt in Konsequenz
einer Entwicklungsklausel eine Arbeitsleistung zu erbringen, die sich erheblich von der ursprünglich vereinbarten
unterscheide, zahle der Krankenhausträger die Vergütung
nicht mehr für die vertraglich vereinbarte Leistung, die
Bestandteil des Synallagmas war und weiche damit von
dem Grundgedanken des gegenseitigen Austauschverhältnisses ab. Diese Abweichung führe zu einer Unvereinbarkeit mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, da bei der insoweit durchzuführenden
Interessenabwägung weder festzustellen sei, dass die
Abweichung durch ein überwiegendes Interesse des Krankenhausträgers gerechtfertigt sei, noch dass es sich bei
dem auf Seiten des Chefarztes tangierten Interesse nur um
ein geringwertiges oder nur geringfügig beeinträchtigtes
handele und auch eine gleichwertige Kompensation der
Abweichung nicht stattfinde.
Des Weiteren könne „eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel auch dann anzunehmen sein, wenn eine
Bestimmung wesentliche Rechte und Pflichten, die sich
aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass
die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist“ (§ 307
Absatz 2 Nr. 2 BGB). Werde die tatsächliche Beschäftigung
des Chefarztes und die damit zusammenhängende Liquidation aufgrund einer Entwicklungsklausel zurückgefahren, stelle dies eine Einschränkung vertragswesentlicher
Rechte und Pflichten dar, was zu einer Vertragszweckgefährdung führen könne.24)
Neue BAG-Rechtsprechung
Nunmehr hat der 5. Senat des BAG mit Urteil vom 12. Januar 200525) entschieden, dass Widerrufsvorbehalte unwirksam sind, die nicht zumindest die Art der Widerrufsgründe (zum Beispiel wirtschaftliche Gründe, Gründe im
Verhalten des Arbeitnehmers) benennen.
Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Auf der Grundlage eines Formular-Arbeitsvertrages aus dem
Jahre 1998 mit einer dynamischen Bezugnahme auf tarifliche Bestimmungen bezog der klagende Arbeitnehmer als
Arbeitsentgelt einen festen Monatslohn einschließlich außertariflicher Zulage, einen zusätzlichen Prämienlohn in unterschiedlicher Höhe auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung und einen arbeitstäglich gezahlten Fahrtkostenersatz.
Der Arbeitsvertrag enthielt folgende Widerrufsregelung:
„Die Firma behält sich vor, alle übertariflichen Bestandteile
in seinem Lohn – gleich, welcher Art – bei einem Aufrücken
in eine höhere Altersstufe in der Lohngruppe oder in eine
höhere Tarifgruppe teilweise oder ganz anzurechnen.
Abgesehen davon hat die Firma das Recht, diese übertariflichen Lohnbestandteile jederzeit unbeschränkt zu widerrufen und mit etwaigen Tariferhöhungen zu verrechnen.
Auch jede andere Leistung, die über die in den Tarifverträgen festgelegten Leistungen hinausgeht, ist jederzeit unbeschränkt widerruflich und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.“
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„Bedingt durch die wirtschaftliche Situation“ (ohne dies
näher auszuführen) und unter Hinweis auf die Widerrufsklausel widerrief die beklagte Arbeitgeberin mit Schreiben
vom 11. April 2003 die übertarifliche Zulage zum Monatsentgelt sowie die Fahrtkostenerstattung ab dem 1. Mai
2003. Statt des Prämienlohns wurde eine tarifliche Leistungszulage in Höhe von 16 Prozent gezahlt.
Der Feststellungsklage, der Widerruf sei rechtsunwirksam,
haben das ArbG Dortmund und das LAG Hamm stattgegeben.
Das BAG stellte fest, dass die arbeitsvertragliche Widerrufsregel gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam sei.
In materieller Hinsicht verbiete es das Gesetz nicht, die
im Streit stehenden Vergütungsbestandteile als widerruflich auszugestalten, wenn wirtschaftliche Gründe für einen
Widerruf vorlägen. Die Vereinbarung des Widerrufsrechts
sei gemäß § 308 Nr. 4 BGB zumutbar, wenn der Widerruf
nicht grundlos erfolge, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung
notwendig sei. Auch im Arbeitsverhältnis müsse in diesem
Sinne ein Grund für den Widerruf bestehen. Unabhängig
davon, ob der Grund als sachlich, hinreichend, triftig oder
schwerwiegend bezeichnet werde, müsse jedenfalls die
gebotene Interessenabwägung zu einer Zumutbarkeit der
Klauseln für den Arbeitnehmer führen. Dies richte sich in
Anlehnung an § 307 BGB insbesondere nach der Art und
Höhe der Leistung, die widerrufen werden soll, nach der
Höhe des verbleibenden Verdienstes und der Stellung des
Arbeitnehmers im Unternehmen. Unter Berücksichtigung
aller Gesichtspunkte müsse der Widerrufsgrund den Widerruf typischerweise rechtfertigen. Im Grundsatz habe der
Arbeitgeber wegen der Ungewissheit der wirtschaftlichen
Entwicklung des Unternehmens und der allgemeinen Entwicklung des Arbeitsverhältnisses ein anerkennenswertes
Interesse daran, bestimmte Leistungen, insbesondere „Zusatzleistungen“, flexibel auszugestalten. Dadurch dürfe
aber das Wirtschaftsrisiko des Unternehmers nicht auf den
Arbeitnehmer verlagert werden. Eingriffe in den Kernbereich des Arbeitsvertrages seien nach der Wertung des
§ 307 Absatz 2 BGB nicht zulässig. Insofern sei die bisherige Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines Widerrufs weiterhin heranzuziehen. Der Vertragsinhaltsschutz gemäß
§ 2 KSchG könne dabei als Maßstab dienen. Allerdings
komme es nicht auf eine konkrete Umgehung des Schutzes von Änderungskündigungen an. Danach sei die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts zulässig, soweit der widerrufliche Anteil am Gesamtverdienst unter 25 bis 30 Prozent liege und der Tariflohn nicht unterschritten werde.
Dem Arbeitnehmer werde hier zu seinem Vorteil eine Leistung zusätzlich zu dem üblichen Entgelt gewährt. Der Arbeitgeber sei dann bis zur Grenze der Willkür frei, die Voraussetzungen des Anspruchs festzulegen und dementsprechend auch den Willen zu erklären.
Vorliegend seien die Voraussetzungen für die Vereinbarung
eines Widerrufsrechts aus wirtschaftlichen Gründen erfüllt.
Dem Kläger verbleibe auch nach Ausübung aller Widerrufsrechte mindestens die tarifliche Vergütung. Ein Eingriff in
den Kernbereich des Arbeitsvertrages sei nicht ersichtlich.
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Der Schutz gegenüber Änderungskündigungen werde
nicht umgangen, denn der vorbehaltene Widerruf erfasse
insgesamt weniger als 25 Prozent der Gesamtvergütung.
In formeller Hinsicht entsprächen die Vertragsregelungen
der Parteien jedoch nicht den Anforderungen von §§ 307,
308 Nr. 4 BGB.
Die Bestimmung müsse die Angemessenheit und Zumutbarkeit erkennen lassen, das heißt, der Maßstab von
§§ 307 Absatz 1, 2, 308 BGB müsse in dem Text der Klausel zum Ausdruck kommen. Es müsse sich aus der Regelung selbst ergeben, dass der Widerruf nicht ohne Grund
erfolgen dürfe. Die widerrufliche Leistung müsse nach Art
und Höhe eindeutig sein, damit der Arbeitnehmer erkennen könne, was ggf. „auf ihn zukomme“. Bei den Voraussetzungen der Änderung, den Widerrufsgründen, lasse
sich zumindest die Richtung angeben, aus der der Widerruf möglich sein solle.
Der hiesige Arbeitsvertrag nenne keine Widerrufsgründe;
vielmehr solle die Beklagte das Recht haben, die genannten Leistungen „jederzeit unbeschränkt“ zu widerrufen.
Dieser Änderungsvorbehalt sei nicht zumutbar.
Die §§ 305 ff. BGB finden bedingt durch die Übergangsregelung seit dem 1. Januar 2003 auf das Arbeitsverhältnis
der Parteien Anwendung. Für so genannte Altfälle seien
jedoch unterschiedliche Konsequenzen aus der Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung zu ziehen. Da das
Gesetz auch für Altverträge gelte und dies hinsichtlich der
Anforderungen an die Vertragsformulierung auf eine echte
Rückwirkung hinausliefe, bedürfe es einer verfassungskonformen, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrenden Auslegung. Da der Verwender bei Abschluss des Arbeitsvertrages die §§ 307 ff. BGB nicht berücksichtigen
konnte, ist zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten,
wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der
Widerrufsklausel bekannt gewesen wäre. Es liege nahe,
dass die Parteien bei Kenntnis der neuen gesetzlichen
Anforderungen die Widerrufsmöglichkeit zumindest bei
wirtschaftlichen Verlusten, wie sie im Rechtsstreit von der
Beklagten vorgetragen worden sind, vorgesehen hätten.
Eine solche Bestimmung wäre für den Kläger zumutbar
gewesen und hätte ihn nicht benachteiligt. Ggf. wird das
LAG eine weiter gehende ergänzende Vertragsauslegung
vornehmen müssen, welche sonstigen wirtschaftlichen
Gründe für einen Widerruf ausreichen sollten.
Folgen der BAG-Rechtsprechung
Für Altfälle bedeutet die vorliegende Entscheidung, dass
zwar der vereinbarte Widerrufsvorbehalt der Inhaltskontrolle gemäß § 308 Nr. 4 BGB nicht standhält und unwirksam
ist, dies bedeutet jedoch nicht automatisch die Unwirksamkeit des Widerrufs.
Für diejenigen Verträge, die seit dem 1. Januar 2002 geschlossen worden sind, gilt bei Unwirksamkeit des Widerrufsvorbehalts zwangsläufig, dass auch der Widerruf unwirksam ist. Die Schließung der Vertragslücke durch ergänzende Vertragsauslegung gilt ausschließlich für Altfälle.
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Fraglich ist nunmehr, welche Bedeutung die Entscheidung
für bereits bestehende und zu schließende Verträge mit
Entwicklungsklauseln hat. Die Entscheidung befasst sich
mit dem Widerruf übertariflicher Lohnbestandteile. Zu klären sein dürfte zunächst, ob die vorgenommene Prüfung
überhaupt auf Entwicklungsklauseln anwendbar ist.
Hümmerich26) geht davon aus, der 5. Senat habe eindeutig
„seine unselige Rechtsprechung zu Entwicklungsklauseln
aufgegeben“. Gründe, die zu dem Ende dieser Rechtsprechung führen werden, seien die Beschränkung des Eingriffs durch den Krankenhausträger auf die absolute Vergütungsminderungshöhe von in Zukunft 25 bis 30 Prozent
und die zusätzlich in der Formulierung eines Widerrufsvorbehalts zu beachtende Voraussetzung der klaren und verständlichen Bezeichnungen der Widerrufsgründe.
Demgegenüber vertritt Reinecke27), selbst Vorsitzender
Richter am BAG, die Auffassung, dass diese Rechtsprechung nicht das Ende der chefärztlichen Entwicklungsklausel bedeute, da bei Chefarztverträgen, die auf eine Laufzeit von vielen Jahren, unter Umständen sogar Jahrzehnten angelegt sind, das Bedürfnis nach Anpassung der Vertragsbeziehungen an geänderte Umstände geradezu immanent sei und dass dem auch die jüngste Entscheidung
des BAG nicht entgegenstehe. Zu korrigieren sei jedoch die
Formulierung der Entwicklungsklauseln durch die Aufnahme konkreter Änderungsgründe.
Hinsichtlich der Ausführungen des BAG zu dem Kriterium
der „Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen“ macht
er folgende Ausführungen:
Je stärker die Stellung des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt, desto weniger bedürfe er des Schutzes durch die
Rechtsordnung. Es frage sich daher, ob die Aussagen des
Urteils vom 12. Januar 2005 „eins zu eins“ auf „Spitzenkräfte“, Arbeitnehmer, die ein Vielfaches der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung
verdienen, übertragen werden könnten. Bekanntlich habe
das BAG mit Urteil vom 28. Mai 199728) die aufgrund einer
so genannten Entwicklungsklausel erfolgte Umorganisation der chirurgischen Abteilung eines größeren Krankenhauses gebilligt, die zu einer Minderung der Gesamteinnahmen des Chefarztes um etwa 35 bis 40 Prozent geführt
hatte. Die zentrale Aussage lautete: Bei der Beurteilung der
Zulässigkeit von vertraglichen Änderungsklauseln könne
„die Stellung des Arbeitnehmers in der betrieblichen Hierarchie und die Höhe seiner Vergütung nicht außer Betracht
bleiben: Gegenüber Arbeitnehmern in Spitzenpositionen
mit Spitzenverdiensten kann sich der Arbeitgeber vertraglich weitergehende einseitige Bestimmungsrechte vorbehalten als gegenüber anderen Arbeitnehmern“. Dieselben
Umstände seien auch bei der Prüfung der Wahrung billigen Ermessens nach § 315 BGB zu berücksichtigen.29) Die
Wirksamkeit der Entwicklungsklausel sei nur daraufhin
überprüft worden, ob sie zu einer Umgehung des zwingenden Kündigungsschutzes führe. Eine Vertragskontrolle
nach AGB-Grundsätzen habe angesichts der Bereichsausnahme des damals geltenden § 23 AGBG nicht stattfinden
können.
Chefärztliche Entwicklungsklausel
Bei der Beurteilung von Chefarztverträgen sei zu berücksichtigen, dass sie auf eine sehr lange Dauer angelegt seien und schon deswegen Flexibilisierungsmöglichkeiten
gegeben sein müssten, unter Umständen sogar im Interesse der Allgemeinheit. Fraglich könne nur sein, ob und
welche Anforderungen an die Angabe der Änderungsgründe zu stellen seien. Als solche kämen neben wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen etwa Gesetzesänderungen sowie neue wissenschaftliche oder gesellschaftliche Entwicklungen in Betracht. Genauere Festlegungen
seien schwierig und würden von der Rechtsprechung wohl
auch in Zukunft nicht verlangt werden.
Des Weiteren bezieht sich Reinecke ausdrücklich auf die
Entwicklungsklausel der DKG-Broschüre, die einen außerordentlich weitgehenden Änderungsvorbehalt beinhalte,
der in Neuverträgen wohl nicht mehr zulässig sein dürfte.
Dass die zusätzlichen Angaben, die Änderungen „sachlich
geboten“ sein müssten30), werde wohl nicht ausreichen, da
Bestandteile des laufenden Gehalts nach der Rechtsprechung ohnehin nicht nach freiem, sondern nur nach billigem Ermessen widerrufen werden dürften.
Die Interessen des Chefarztes ließen sich aber nicht nur
durch materielle Anforderungen an den Änderungsgrund,
sondern auch durch Verfahrensvorschriften sichern. Die im
Mustervertrag vorgesehene vorherige Anhörung des Chefarztes biete nur geringen Schutz. In manchen Chefarztverträgen finde sich die Klausel, dass die Änderung nur „im
Benehmen“ mit dem Chefarzt erfolgen dürfe. Zwar sei bei
verbleibenden Meinungsunterschieden der Wille des Arbeitgebers ausschlaggebend. Die Klausel verlange jedoch
stärker als die Anhörung eine Fühlungnahme, die von dem
Willen getragen werde, auch die Belange der anderen Seite zu berücksichtigen und sich mit ihr zu verständigen,
sodass erhebliche Einwände oder Bedenken nicht einfach
übergangen werden dürften.
DKG: Neuformulierung notwendig
Reinecke folgend vertritt die DKG die Ansicht, dass die
wesentlichen Aussagen der neuen BAG-Rechtsprechung
auch für Entwicklungsklauseln Bedeutung erlangen könnten und die in der 6. Auflage der DKG-Broschüre enthaltene Klausel insoweit Bedenken begegne, als sie keinerlei
Gründe für die vorbehaltenen Änderungen nennt. Aufgrund
des bestehenden Änderungsbedarfs hat die DKG eine
Neuformulierung der chefärztlichen Entwicklungsklausel
erarbeitet, die konkrete Änderungsgründe aufnimmt und
die Beteiligung des Chefarztes verstärkt.
Bei der Beteiligung des Chefarztes stellen sich 4 mögliche
Ausgestaltungen dar, die in ihrer Intensität ansteigen:
●
„Anhörung“,
●
„im Benehmen“,
●
„Einvernehmen anstreben“ sowie
●
„im Einvernehmen“.
Die derzeitige Klausel sieht lediglich die „Anhörung“ des
Chefarztes vor und beschränkt sich damit auf den Mindeststandard. Das andere Extrem stellen arbeitsvertragliche
Regelungen dar, die die Durchführung der strukturellen
oder organisatorischen Änderungen an das Einvernehmen
des Chefarztes („im Einvernehmen“) binden. Diese nehmen
einer Entwicklungsklausel jede Bedeutung und verbieten
sich für den Krankenhausträger.31) Am überzeugendsten
erscheint damit ein „im Benehmen“, da zeitgemäße Managementstrukturen ohnehin eine Diskussion mit der betroffenen Person bedingen, wenn es zu strukturellen oder organisatorischen Änderungen im Krankenhaus kommt.
Greift der Krankenhausträger auf die Entwicklungsklausel
zurück, wird die Beteiligung des Arztes deshalb in den
meisten Fällen ohnehin über eine Anhörung hinausgehen.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BAG32) ist unter
dem Begriff des Benehmens eine Mitwirkungsform zu verstehen, die schwächer ist als das Einvernehmen oder die
Zustimmung. Das Benehmen bedürfe zwar keiner Willensübereinstimmung, verlange jedoch ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung des Anderen.
Dadurch solle sichergestellt werden, dass der von einer
solchen Abrede Begünstigte eigene Vorstellungen von einer endgültigen Entscheidung des Anderen einbringen und
damit deren Inhalt beeinflussen könne. Danach erschöpfe
sich die Herstellung des Benehmens nicht in einer bloßen
Information oder Anhörung. Stärker als die Anhörung setze das Benehmen eine Fühlungnahme voraus, die von dem
Willen getragen werde, auch die Belange der anderen Seite zu berücksichtigen und sich mit ihr zu verständigen. Erhebliche Einwände oder Bedenken dürften deshalb nicht
einfach übergangen werden. Vielmehr sei auf den Ausgleich aufgetretener Differenzen hinzuwirken. Bei dennoch
verbleibenden Meinungsunterschieden sei jedoch der Wille
des Regelungsbefugten ausschlaggebend.
Da ein „im Benehmen“ dem Krankenhausträger eine vermehrte Verpflichtung im Gegensatz zur „Anhörung“ auferlegt, ist zu beachten, dass das herbeigeführte Benehmen
auch nachweisbar sein muss. Es empfiehlt sich daher eine
entsprechende Dokumentation, insbesondere auch davon,
dass die Bereitschaft, die Belange des Arztes zu ändern,
zum Zeitpunkt der Fühlungnahme noch realisierbar war.
Darüber hinaus könnte wohl auch ein „Einvernehmen anstreben“ noch als vertretbar erachtet werden, da auch hier
letzten Endes der Wille des Regelungsbefugten ausschlaggebend bleibt, wobei allerdings das deutliche Bemühen um
einen Konsens nachgewiesen werden muss.
▼
Auch unter Geltung der §§ 305 f. BGB erwiesen sich die
zentralen Aussagen dieses Urteils als richtig. Entscheidend
sei, dass keinesfalls jeder leitende Angestellte oder gar ATAngestellte zu diesem Kreis der herausgehobenen Arbeitnehmer in Spitzenpositionen mit Spitzenverdiensten zu
rechnen sei. Um bei den Chefärzten zu bleiben: Chefarzt
sei nicht gleich Chefarzt. Die Zeit „der Halbgötter in Weiß“
sei zu Ende. Nur noch wenige neuere Chefarztverträge
sähen ein Recht zur Privatliquidation vor. Die Bezüge jüngerer Chefärzte seien gegenüber denen mit „Altverträgen“
relativ niedrig. Für manchen Oberarzt mit „Altvertrag“ sei
der Wechsel auf einen Chefarztposten mit „Neuvertrag“
nicht attraktiv.
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Chefärztliche Entwicklungsklausel
Unter Berücksichtigung obiger Ausführung war die DKG bei
der Umformulierung der Klausel darauf bedacht, der erforderlichen Gradwanderung gerecht zu werden, ein ausgewogenes Verhältnis der beiderseitigen Interessen zu erreichen, das heißt einerseits eine Konkretisierung vorzunehmen, die die neue Rechtsprechung zu fordern scheint und
dem Chefarzt die Möglichkeit gibt, zu erkennen, was auf ihn
zukommen kann, aber andererseits dem Krankenhausträger genügend Spielraum für Gestaltungen zu bewahren.
■ Formulierungsvorschlag
Die im Folgenden dargestellte Neuformulierung der Entwicklungsklausel, die auf der aktuellen Fassung der Klausel von § 15 der 6. Auflage der DKG-Broschüre aufbaut,
hebt die Änderungen zur besseren Übersichtlichkeit durch
Fettdruck hervor.
§ 15
Entwicklungsklausel
(1) Dem Krankenhausträger bleibt vorbehalten, im Rahmen seines Direktionsrechts zur Bestimmung des Arbeitsauftrages und der dazu zur Verfügung zu stellenden Ressourcen im Benehmen mit dem Arzt sachlich
gebotene strukturelle und organisatorische Änderungen
im Krankenhaus vorzunehmen:
a. Den Umfang der…. Abteilung sowie die Zahl und Aufteilung der Betten in dieser Abteilung ändern;
b. die Ausführung bestimmter Leistungen von der… Abteilung ganz oder teilweise abtrennen und anderen Fachabteilungen, Funktionsbereichen, Instituten, Untersuchungsoder Behandlungseinrichtungen oder Ärzten zuweisen;
c. weitere selbständige Fachabteilungen, Funktionsbereiche oder Institute – auch gleicher Fachrichtung – im
Krankenhaus neu einrichten, unterteilen, abtrennen oder
schließen;
d. weitere Ärzte – auch gleicher Fachrichtung – in anderen Abteilungen als leitende Abteilungsärzte einstellen
oder als Belegärzte zulassen.
(2) Strukturelle und organisatorische Änderungen
nach Absatz 1 sind dann sachlich geboten, wenn sie
der Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Leistungsfähigkeit bzw. Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses dienen oder eine strategische Neuausrichtung
der Abteilung/des Krankenhauses – auch krankenhausübergreifend – bedeuten.
Dies ist der Fall, wenn
a. die medizinische und technische Entwicklung (zum
Beispiel Subdisziplinierung, Zentrenbildung, interdisziplinäre Fusion, Risk-Management-Konzepte),
b. gesetzgeberische Entwicklungen sowie Fortentwicklungen der Rechtsprechung oder behördliche
Maßnahmen (zum Beisiel Qualitätssicherungs- und
Mindestmengenvorgaben),
c. Maßnahmen bzw. Vereinbarungen im Bereich der
Krankenhausplanung (Landeskrankenhausplanung,
Versorgungsverträge, Vereinbarungen zur Konkretisierung des Versorgungsauftrages),
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d. Budget- und Leistungsvereinbarungen mit Sozialleistungsträgern,
e. sinkende Leistungsdaten (zum Beispiel Menge,
Qualität, Niveau, Belegung)
ein Handeln des Krankenhausträgers erforderlich machen.
(3) Dem Arzt stehen bei Maßnahmen nach Absatz 1 keine Entschädigungsansprüche zu, wenn seine Vergütung
für die Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 4,
5, 6) wenigstens…Prozent der durchschnittlichen Vergütung gemäß § 8 Absatz 1 und der variablen Vergütung
nach § 8 Absatz 2 a) und b) in den letzten 60 Monaten
erreicht.
Empfehlungen für Alt- und Neuverträge
Zuletzt stellt sich die Frage, welche Bedeutung die Entscheidung des BAG für bereits bestehende und noch zu
schließende Verträge hat.
In der Entscheidung vom 12. Januar 2005 hatte das BAG
im Hinblick auf den Widerruf übertariflicher Lohnbestandteile die Bedeutung der Entscheidung für Alt- sowie Neufälle festgestellt. Für Altfälle bedeute die Entscheidung,
dass zwar der vereinbarte Widerrufsvorbehalt der Inhaltskontrolle gemäß § 308 Nr. 4 BGB nicht standhalte und unwirksam sei, dies bedeute jedoch nicht automatisch die
Unwirksamkeit des Widerrufs. Für diejenigen Verträge, die
seit dem 1. Januar 2002 geschlossen worden sind, gelte
zwangsläufig, dass auch der Widerruf unwirksam sei. Die
Schließung der Vertragslücke durch ergänzende Vertragsauslegung gelte ausschließlich für Altfälle.
Für Entwicklungsklauseln ergeben sich damit folgende
Konsequenzen:
Für diejenigen Verträge, die vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden sind (Altverträge) dürfte die Entwicklungsklausel ab dem 1. Januar 2003 (Übergangsregelung
Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB) zwar den rechtlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden, dies dürfte jedoch
nicht automatisch zu einer Unwirksamkeit der Änderung
führen. Da der Verwender bei Abschluss des Vertrages die
§§ 305 f. BGB nicht berücksichtigen konnte und die Klausel nur deswegen unwirksam ist, weil sie in formeller Hinsicht den neuen Anforderungen nicht genügt, ist es wahrscheinlich, dass auch hier zur Schließung der Lücke eine
ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen werden
wird, die unter Abwägung der berechtigten Interessen zum
gewünschten Ergebnis führt.
Für diejenigen Verträge, die seit dem 1. Januar 2002 geschlossen worden sind (Neuverträge), dürfte die Entwicklungsklausel der aktuellen Fassung der DKG-Broschüre im
Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung aufgrund der
neuen Rechtsprechung einer rechtlichen Prüfung wohl nicht
mehr standhalten. Zu empfehlen wäre eine Änderungsvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Arzt, in der eine
Anpassung der Entwicklungsklausel geregelt werden könnte. Bei Verweigerung der Unterzeichnung seitens des Arz-
Chefärztliche Entwicklungsklausel
1/2006
tes müsste man dem Chefarzt verdeutlichen, dass bei Unwirksamkeit der Entwicklungsklausel der Krankenhausträger gezwungen wäre, eine Änderungskündigung auszusprechen, wenn er das Ziel einer Umstrukturierung erreichen will.
Für diejenigen Verträge, die künftig geschlossen werden,
empfiehlt sich dringendst, die geänderte Entwicklungsklausel zu vereinbaren.
Literatur/Anmerkungen
1) Hümmerich/Bergwitz, Abschied von der chefärztlichen Entwicklungsklausel, MedR 2005, 185 f.; Diringer, Konfliktvermeidung durch
Vertragsgestaltung, MedR 2003, 200 f.
2) Zu Vorst. Hümmerich/Bergwitz, a.a.O.
3) BAG, 13. März 2003, 6 AZR 557/01, NZA 2004, 735 f. = das Krankenhaus 2004, 734 f.
4) BAG, 28. Mai 1997, 5 AZR 125/96, NZA 1997, 1160 = das Krankenhaus 1997, 634 f.; BAG, 13. März 2003, a.a.O. ; vgl. auch Hümmerich/
Bergwitz, a.a.O.
5) Siehe Fußnote 4
6) BAG, 13. März 2003, a.a.O.
7) Hümmerich/Bergwitz, a.a.O.
8) BAG, 15. November 1995, 2 AZR 521/95, NZA 1996, 603 f.
9) Zu Vorst. BAG, 28. Mai 1997, a.a.O.
10) BAG, 15. Januar 1992, 5 AZR 50/91, ArztR 1993, 148 f.
11) Zu Vorst. Bohle, Chefarztvertrag und AGB-Kontrolle, das Krankenhaus 2004, 724 f.
12) Bohle, a.a.O.; vergleiche auch Hümmerich, Gestaltung von Arbeitsverträgen nach der Schuldrechtsreform, NZA 2003, 753 f.
13) Siehe Fußnote 12
14) Siehe Fußnote 12; BGH, 31. Oktober 1984, VIII ZR 226/83, NJW
1985, S. 320 f.
15) Bohle, a.a.O.; ebenso Diringer, a.a.O.
16) BAG, 17. April 2002, 4 AZR 174/01, NZA 2003, 159 f.
17) Bohle, a.a.O.
18) BAG, 13. März 2003, a.a.O.
19) LAG Hamm, 13. November 2003, 16 Sa 1570/03
20) Bohle, a.a.O.
21) ArbG Düsseldorf, DB 2004, 81
22) Bohle, a.a.O.
23) Hümmerich/Bergwitz, a.a.O.; vergleiche auch Hümmerich, Widerrufsvorbehalte in Formulararbeitsverträgen, NJW 2005, Seite 1759 f.
24) Zu Vorst. Hümmerich/Bergwitz, a.a.O.
25) BAG, 12. Januar 2005, 5 AZR 364/04, NJW 2005, 1820 f.
26) Hümmerich, NJW 2005, Seite 1759 f.
27) Reinecke, Flexibilisierung von Arbeitsentgelt und Arbeitsbedingungen nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, NZA 2005, 954
f.; derselbe, Gerichtliche Kontrolle von Chefarztverträgen, NJW 2005,
3383 f.
28) BAG, 28.Mai 1997, a.a.O.
29) Siehe Fußnote 28
30) So BAG, 28. Mai 1997, a.a.O.; BAG, 13. März 2003, a.a.O.
31) Bohle, a.a.O.
32) Zuletzt BAG, 13. März 2003, a.a.O.
Anschrift der Verfasser:
Rechtsanwalt Andreas Wagener,
Geschäftsführer in der Rechtsabteilung der DKG/
Rechtsanwältin Andrea Hauser, LL.M.,
Referentin in der Rechtsabteilung der DKG,
Wegelystraße 3, 10623 Berlin ■
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