359 Herzerkrankungen der Katze 15.1 ▼ Erworbene Erkrankungen des Myokards a Definition Unter dem Begriff Kardiomyopathie (S. 230) versteht man Erkrankungen des Herzmuskelgewebes. Auch bei Katzen können diese primär, d. h. genetisch (bei einigen Rassekatzen bewiesen) bzw. idiopathisch bedingt sein, oder sekundär im Rahmen kardialer oder extrakardialer Erkrankungen auftreten. Formen primärer Kardiopathien bei der Katze: ● ● ● ● ● hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) restriktive Kardiomyopathie (RCM) dilatative Kardiomyopathie (DCM) arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) unklassifizierte Kardiomyopathie (UCM) Ursachen sekundärer Kardiomyopathien der Katze: ● ● ● ● systemische Hypertension Hyperthyreose neoplastische Infiltration Akromegalie 15.1.1 Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) c Steckbrief Hypertrophe Kardiomyopathie ● ● Hauptbefunde der Auskultation: – Ein systolisches Herzgeräusch (meist 1–4/6) kann, muss aber nicht vorhanden sein. Hauptbefunde der bildgebenden Verfahren: – Röntgen: • Veränderungen nur in fortgeschrittenem Stadium sichtbar (Vergrößerung der Herzsilhouette, des linken Atriums, Lungenödem, Pleuraerguss) • Thoraxröntgenaufnahmen sind weder sensitiv noch spezifisch für die HCM – Ultraschall • konzentrische Linksherzhypertrophie nachweisbar ▼ ● ● • Der rechte Ventrikel kann, muss aber nicht in die konzentrische Hypertrophie involviert sein. • Das linke Atrium ist mehr oder weniger dilatiert. • Falls ein Herzgeräusch vorhanden ist, lässt sich eine dynamische Obstruktion des linken oder rechten Ausflusstraktes mittels Doppleruntersuchung darstellen. Eine fixe Aortenstenose muss als mögliche Differenzialdiagnose ausgeschlossen werden. Hauptbefunde des EKG: – weder sensitiv noch spezifisch für den Nachweis einer HCM – evtl. Erhöhung der R-Amplitude in Ableitung II, linksanteriorer Hemiblock, ventrikuläre oder – seltener – supraventrikuläre Arrhythmien, Tachykardie, Bradykardie Zur Diagnostik sind neben dem Ultraschall auch Blutdruckmessung und Laboruntersuchungen unbedingt notwendig. Vorkommen und Bedeutung Die hypertrophe Kardiomyopathie ist die häufigste Herzerkrankung der Katze. Sie ist charakterisiert durch eine Zunahme der Herzmasse in Verbindung mit einem hypertrophierten, nicht dilatierten linken Ventrikel unter Ausschluss von Erkrankungen, welche zu einer sekundären linksventrikulären Hypertrophie führen können. Der Phänotyp der HCM ist äußerst variabel, d. h., das interventrikuläre Septum, die linksventrikuläre Hinterwand, die Papillarmuskeln und der rechte Ventrikel können in sehr unterschiedlicher Weise involviert sein. Nach Fox et al. [206] unterscheidet man 4 verschiedene Erscheinungsformen: ● diffuse symmetrische Hypertrophie angrenzender Bereiche des Septums und der Hinterwand ● diffuse asymmetrische Hypertrophie, vorwiegend das Septum oder die Hinterwand betreffend ● Hypertrophie eines Abschnitts (Segments) des Septums oder der Hinterwand ● Hypertrophie mehrerer, nicht zusammenhängender Segmente des Septums und der Hinterwand Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 15 15 – Herzerkrankungen, Katze 360 Disposition Rassedisposition ● Maine Coon, Bengale, Ragdoll, American Short Hair, British Short Hair, Norwegische und Sibirische Waldkatze, Perser, Burmese, Türkische Van, Scottish Fold, Sphynx, Europäisch Kurzhaar Geschlechtsdisposition: ● Männliche Tiere sind häufiger und in jüngerem Alter betroffen als weibliche Tiere. Ätiologie Die HCM ist eine genetisch bedingte Erkrankung, welche zumindest bei Main Coons und Ragdolls autosomal dominant und mit unvollständiger Penetranz vererbt wird. Sie entsteht infolge von Mutationen, die einen Defekt an den Sarkomeren verursachen, welcher zu einer beeinträchtigten mechanischen Funktion der Herzmuskelzellen und schließlich zur Hypertrophie führt. Ein Einfluss von Umweltfaktoren auf Penetranz bzw. spezifische Ausprägung der HCM konnte bisher nicht verlässlich nachgewiesen werden, ist jedoch wahrscheinlich. So stehen z. B. die Ernährung im Welpenalter sowie ein rasches Wachstum mit der Entwicklung einer HCM in statistischem Zusammenhang, ein ursächlicher Zusammenhang ist allerdings nicht bewiesen. Pathogenese Die genetisch bedingte systolische und diastolische Dysfunktion auf Ebene der Sarkomere dürfte nach derzeitigem Wissensstand zu einer Erhöhung der Wandspannung und in der Folge zu einer kompensatorischen, zunächst adaptiven konzentrischen Hypertrophie des Ventrikels führen (▶ Abb. 15.1.) Die Herzmuskelfasern sind dabei häufig in kurzen, verzweigten Strängen angeordnet (sog. Myofiber Disarray, ▶ Abb. 15.2). Demgegenüber stehen neue Untersuchungen, die eine Dickenzunahme und stärkere Verzweigung der Herzmuskelfasern bei an HCM erkrankten Katzen nicht nachweisen konnten. Eine Hyperplasie der Herzmuskelfasern steht daher ebenso im Raum. Im Verlauf der Erkrankung spielen 4 pathophysiologische Faktoren eine Rolle: Dynamische Ausflusstraktobstuktion (DLVOTO) Infolge veränderter Architektur des linken Ventrikels und des Mitralklappenapparates wird in der Systole das vordere Mitralklappensegel in den Ao LA RA " Gut zu wissen Derzeit sind für die Rassen Maine Coon und Ragdoll jeweils eine Mutation bekannt, die das sog. myosin binding protein C betreffen (A31 P für Maine Coon, R820 W für Ragdoll). Aktuelle Studien weisen allerdings darauf hin, dass, ähnlich wie beim Menschen, eine Vielzahl von Mutationen für die Entstehung der HCM verantwortlich sein müssen. Der Nachweis einer Einzelmutation für die Entstehung einer HCM hat offenbar keinerlei prädiktiven Wert. Dennoch scheint die Penetranz der A31P-Mutation bei Maine Coons mit dem Alter zuzunehmen, d. h., der damit verbundene Phänotyp der HCM ist bei jungen Individuen möglicherweise noch nicht vorhanden. IVS LVW ▶ Abb. 15.1 Typisches pathologisch-anatomisches Bild einer HCM. Auffällig ist die massive Verdickung der linken Kammerwand (IVS und LVW). Im Bereich der Apex ist das Myokard auffällig dünn; RA = rechtes Atrium, LA = linkes Atrium, Ao = Aorta. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Weiterhin sind häufig fokale Infarkte vorhanden, die zu äußerst dünnen Regionen des Myokards führen können. 15.1 Myokarderkrankungen, erworben ▶ Abb. 15.2 Myofiber disarray, Heilige Birma, 2 Jahre, klinisches und makroskopisches Bild wie bei einer HCM. Histologisches Präparat: Es zeigt sich die atpypische Querverzweigung der Kardiomyozyten; Hematoxylin-Eosin-Färbung. (Mit freundlicher Genehmigung von Heike Aupperle.) linksventrikulären Ausflusstrakt gezogen (sog. systolic anterior motion, SAM, ▶ Abb. 15.3). Der linksventrikuläre Ausfluss ist dadurch turbulent und beschleunigt. Der Venturi-Effekt verstärkt das Phänomen, indem das Mitralklappensegel noch weiter zum basalen Septum gezogen wird. Ein vollständiger Schluss der Mitralklappe in der Systole ist nicht mehr möglich, ein auf die linksatriale Hinterwand gerichteter Rückfluss entsteht. Die Folge ist eine mitt- bzw. endsystolische Druckbelastung des linken Ventrikels. Eine HCM in Verbindung mit DLVOTO wird auch als hypertrophic obstructive cardiomyopathy (HOCM) bezeichnet. Generell wird eine linksventrikuläre Ausflusstraktobstruktion wesentlich häufiger bei Patienten mit asymptomatischer HCM als bei Patienten im kongestiven Herzversagen festgestellt. Ebenso dürfte der Grad der Obstruktion im Tagesverlauf variieren bzw. ist die Obstruktion nicht zwingend permanent vorhanden. Turbulenz in der Aorta Ao LV LA 70 BPM Mitralinsuffizienz ▶ Abb. 15.3 SAM (systolic anterior motion) bei der Katze. a Das vordere Mitralklappensegel wird in den Ausflusstrakt gezogen und verursacht eine Turbulenz in der Aorta und ein Flattern der Aortenklappe; LA = linkes Atrium, LV = linker Ventrikel, Ao = Aorta. b Darstellung der abnormen Bewegung des vorderen Mitralklappensegels im Ultraschall; LV = linker Ventrikel, LA = linkes Atrium, LVOT = left ventricular outflow tract. Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 361 15 – Herzerkrankungen, Katze 362 Bisher konnte keine Studie die DLVOTO als Risikofaktor identifizieren. Während eine HOCM beim Menschen u. U. zu deutlicher Leistungsinsuffizienz führt, ließ sich dies bei Katzen aufgrund der arttypischen Lebensgewohnheiten noch nicht nachweisen. Die Drucküberladung des linken Ventrikels kann theoretisch zu sekundärer konzentrischer Hypertrophie und Ischämie führen. Im Gegensatz zu einer fixen Aortenstenose verursacht die DLVOTO allerdings eine mitt- bzw. endsystolische Druckerhöhung, d. h., der Ventrikel ist dieser Druckerhöhung zu einem Zeitpunkt ausgesetzt, an dem der Durchmesser des linken Ventrikels bereits geringer und die Wanddicke höher ist. Die Wandspannung steigt in wesentlich geringerem Ausmaß, als dies bei einer fixen Aortenstenose der Fall ist. Folglich kann bezweifelt werden, dass die DLVOTO den klinischen Verlauf einer HCM beschleunigt. Myokardiale Ischämie Aufgrund intramuraler Umbauprozesse der versorgenden Blutgefäße (Mediahypertrophie) kommt es zu regionaler Unterversorgung von Myokardarealen (ischämischer Infarkt) mit konsekutiver Ersatzfibrose. Sowohl die Ischämie als auch die Fibrosierung beeinträchtigen die myokardiale Funktion erheblich. Dass die dynamische Ausflusstraktobstruktion bzw. eine evtl. vorhandene Tachykardie zur Ischämie beitragen, ist logisch nachvollziehbar, aber dennoch nicht hinreichend geklärt. Myokardiale Dysfunktion Diastolische Dysfunktion Die konzentrische Hypertrophie gepaart mit myokardialer Ischämie bewirken eine gestörte Ventrikelrelaxation. Hingegen reduziert die zunehmende Fibrosierung des Herzmuskels dessen Dehnbarkeit, d. h. die Compliance des linken Ventrikels. Zudem verkürzen hohe Herzfrequenzen, wie sie bei HCM-Patienten häufig gesehen werden, die Diastolendauer. Systolische Dysfunktion In jüngster Zeit konnte unter Zuhilfenahme moderner Messverfahren (Gewebedoppler; Deformationsanalyse: Strain, StrainRate; Messung der pulmonalen Transitzeit) nachgewiesen werden, dass die hypertrophe Kardiomyopathie bereits in frühen Stadien mit einer Be- einträchtigung der systolischen Ventrikelfunktion bzw. einer abnormalen Ventrikeldeformation einhergeht. In manchen Fällen wird dies im Endstadium der Erkrankung bereits im 2D-Bild offensichtlich (sog. Burnout-Kardiomyopathie). Folgen Folge der myokardialen Funktionsstörung ist eine Aktivierung neurohumoraler Mechanismen sowie eine zunehmende Erhöhung des linksventrikulären Füllungsdruckes. Dies wird anfangs, abhängig von der Chronizität der Erkrankung, durch eine mehr oder weniger ausgeprägte Vergrößerung des linken Vorhofs kompensiert, führt aber letztendlich meist zum kongestiven Linksherzversagen in Form von Lungenödem oder Pleuraerguss. Auch ein Perikarderguss kann als Ausdruck eines kongestiven Herzversagens entstehen. Die Tatsache, dass Katzen im kongestiven Linksherzversagen einen Pleuraerguss entwickeln können, wird traditionell mit dem Umstand erklärt, dass der Pleuralraum der Katze im Wesentlichen über die viszerale Pleura und damit über den Lungenkreislauf drainiert wird, während dies beim Hund überwiegend durch die parietale Pleura und den Systemkreislauf erfolgt. Neuere Studien zeigen jedoch, dass Katzen im kongestiven Herzversagen mit Pleuraerguss einen signifikant größeren rechten Ventrikel haben als Katzen mit Lungenödem. Dies lässt die Hypothese zu, dass möglicherweise ein akuter Anstieg des Lungengefäßdruckes (PHT) die Entstehung des Pleuraergusses bewirkt. ! Beachte Im Unterschied zum Hund können bei der Katze sowohl Lungenödem als auch Pleuraerguss Erscheinungsformen des kongestiven Linksherzversagens sein. Häufig tritt auch ein Perikarderguss auf. Es besteht der begründete Verdacht, dass ein kongestives Herzversagen durch medizinische Interventionen (intravenöse Infusion, Anästhesie bzw. chirurgische Eingriffe, Verabreichung von Kortikosteroiden), durch vorangegangene Traumata oder Atemwegsinfektionen begünstigt werden kann [217]. Möglicherweise sind Stress (tierärztliche Behandlung, Trauma) bzw. Erhöhung des Plasmavolumens (Infusion, Kortikosteroide) ursächlich für diese Zusammenhänge. Im Gegensatz zum ge- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. " Gut zu wissen 15.1 Myokarderkrankungen, erworben 363 Arterielle Thrombembolie (ATE) Im Zuge einer HCM entstehen Thromben i. d. R. im linken Atrium und embolisieren die Aortentrifurkation, oder – seltener – eine A. brachialis bzw. eine zerebrale Arterie. Die Entstehung des Thrombus ist ein multifaktorieller Prozess, dessen wesentlichen Faktor eine Blutstase im linken Atrium darstellt. Bei der Entwicklung der klinischen Symptomatik spielt allerdings nicht nur der mechanische Gefäßverschluss, sondern auch die Freisetzung vasoaktiver Substanzen mit Einfluss auf die Kollateraldurchblutung eine wesentliche Rolle. Das Risiko einer ATE steigt mit zunehmender linksatrialer Größe. : Fazit Die wichtigsten pathophysiologischen Faktoren im Erkrankungsverlauf einer HCM sind: ● dynamische linksventrikuläre Ausflusstraktobstruktion ● myokardiale Ischämie ● myokardiale Dysfunktion ● arterielle Thrombembolie Klinik Der klinischen Symptomatik der HCM geht i. d. R. eine längere bis sehr lange asymptomatische Phase voraus. Das Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ist dabei sehr unterschiedlich (4 Monate bis 16 Jahre). Vorstellungsgründe sind: ● Dyspnoe, Schwäche, Inappetenz infolge kongestiven Herzversagens ● Parese einer oder beider Hinterextremitäten (seltener einer Vorderextremität) aufgrund arterieller Thrombembolie Dyspnoe Katzen im kongestiven Herzversagen zeigen typischerweise ein restriktives Atemmuster, d. h., die Thoraxexkursion ist frequent und oberflächlich. In höhergradigen Fällen werden Orthopnoe und Maulatmung beobachtet. Typischerweise verursacht ein kongestives Herzversagen bei Katzen keinen Husten. Im Gegensatz zum Hund entwickelt sich die Dyspnoe sehr rasch und wird innerhalb kurzer Zeit lebensbedrohlich. Ursache hierfür ist eine vergleichsweise geringe Pufferkapazität der Lungengefäße. Katzen, welche mit akuter Dyspnoe und Maulatmung vorgestellt werden, befinden sich in einem äußerst fragilen Zustand und müssen daher vor der eingehenden Untersuchung (▶ Tab. 15.1) zwingend stabilisiert werden. Unabhängig von der Ursache der Atemnot empfiehlt es sich, den Patienten in eine ruhige Umgebung zu verbringen und Zwangsmaßnahmen zu vermeiden. Die Gabe von Furosemid, Sauerstoff (Box) und einer Sedation (z. B. Butorphanol, 0,2–0,4 mg/kg KGW i. v. oder i. m.) ist von Vorteil. ▶ Tab. 15.1 Klinische Differenzialdiagnostik der Dyspnoe bei der Katze. Kriterium Erkrankung des Pleuraspaltes Erkrankung des Lungenparenchyms Obere Atemwege Untere Atemwege Atmungstyp restriktiv restriktiv obstruktiv obstruktiv Atemfrequenz frequent frequent normal normal/frequent inspiratorisch/ exspiratorisch inspiratorisch gemischt inspiratorisch exspiratorisch Auskultationsbefund abgeschwächte oder nicht hörbare Atmung, evtl. Borborygmen verschärfte Atemgeräusche, Giemen, Knistern Stridorgeräusch verschärfte Atemgeräusche, Rasselgeräusche hörbare Atemgeräusche keine keine Stridor/Husten Husten/Pfeifen Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. sunden Myokard führt eine Steigerung des Sympathikotonus bei Katzen mit HCM zu einer Erhöhung des Füllungsdruckes. Ebenso ist das häufige Fehlen eines Herzgeräusches bei Katzen mit fortgeschrittener HCM dafür verantwortlich, dass die Herzerkrankung im Vorfeld einer medizinischen Intervention (Infusion, Anästhesie, Operation, Kortikosteroide) nicht erkannt wird. 15 – Herzerkrankungen, Katze 364 Anamnese Atemtyp Differenzialdiagnosen Autounfall, Freigänger, Lahmheit restriktiv Zwerchfellhernie Mehrkatzenhaushalt, Stressor, Neuzugang restriktiv Pleuraerguss infolge FIP Mehrkatzenhaushalt, Husten, mehrere Katzen erkrankt restriktiv/obstruktiv infektiöse Atemwegsbzw. Lungenerkrankung vorausgegangener Husten, vorausgegangene Verletzung restriktiv Pyothorax Herzgeräusch schon länger bekannt, plötzlich aufgetretene Dyspnoe restriktiv kongestives Herzversagen Freigänger, plötzlich aufgetretene massive Dyspnoe, evtl. Husten obstruktiv (in- oder exspiratorisch) Fremdkörper Freigänger, Husten, episodische Dyspnoe obstruktiv (exspiratorisch) Asthma Cave Dyspnoe bei der Katze stellt eine Notfallsituation dar. Neben einer sofortigen Stabilisierung sind eine genaue Beobachtung des Atemtypus bzw. eine genaue Anamneseerhebung essenziell (▶ Tab. 15.2). Parese/Paralyse der Extremitäten Die Wahrscheinlichkeit, im Zuge einer HCM eine Parese oder Paralyse einer oder beider Hinterextremitäten bzw. einer Vorderextremität infolge einer ATE zu entwickeln, wird in der Literatur mit 12–17 % angegeben [200] [217]. Die Mehrzahl der Emboli entsteht im linken Vorhof. Von dort werden sie ausgeschwemmt und setzen sich im Bereich der Aortentrifurkation fest, wo sie i. d. R. weiterwachsen. Gelegentlich können Emboli aber auch die A. brachialis oder eine zerebrale Arterie verschließen. Vasoaktive Faktoren (Thromboxan, Serotonin) schränken die Kollateraldurchblutung ein. Die typischen Symptome einer FATE sind die sog. 5 „P“: ● Palor (Blässe) ● Pain (Schmerz) ● Pulselessness (Pulslosigkeit) ● Paresis (Parese) ● Poikilothermia (kalte Pfoten) Die Pfotenballen können nach 24–36 Stunden zyanotisch werden, d. h., die Zyanose weist dann auf ein längeres Bestehen des Gefäßverschlusses hin (▶ Abb. 15.24). Sind die Hinterextremitäten betroffen, verdickt und verhärtet sich mit dem Fortschreiten der Er- krankung die Gastrocnemiusmuskulatur. AST wie auch CK sind immer deutlich erhöht. Sowohl Tiere mit brachialem als auch Patienten mit aortalem Thrombus können eine Hypothermie entwickeln. Diese ist eher auf ein Schockgeschehen als auf eine Verringerung der aortalen Durchblutung zurückzuführen und als negativer prognostischer Indikator zu werten. Plötzlicher Herztod Der plötzliche Herztod kann manchmal als einziges Symptom einer HCM auftreten, setzt allerdings zur Absicherung der Ursächlichkeit eine pathologisch-anatomische bzw. pathohistologische Untersuchung nicht nur des Herzens, sondern zumindest auch des ZNS, der parenchymatösen Organe, der Lunge und der Schilddrüse voraus. Welcher Pathomechanismus im Rahmen der HCM zum plötzlichen Herztod führt, ist gänzlich unbekannt, Arrhythmien gelten als potenzielle Ursache. Unspezifische Symptome Als weitere unspezifische Befunde können Inappetenz und Leistungsschwäche auftreten, wobei Letzteres bei Katzen schwer objektivierbar ist. Gerade aber beim Überwinden mehrerer Stufen kann Leistungsinsuffizienz beobachtet werden. Diagnose Die Diagnosestellung basiert auf einer Kombination aus klinischer Untersuchung, Herzultraschalluntersuchung, Blutdruckmessung und Laboruntersuchungen. Die Röntgenuntersuchung dient haupt- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ▶ Tab. 15.2 Dyspnoe der Katze: Anamnese, Atmungstyp, wichtige Differenzialdiagnosen. 15.1 Myokarderkrankungen, erworben 365 sächlich zum Nachweis oder Ausschluss des kongestiven Herzversagens. Auskultation Schlagvolumen der Extrasystole. Beim Nachweis komplexer Arrhythmien sollte die Myokarditis differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Auskultationsbefunde im Rahmen einer HCM können sein: ● keine Auffälligkeiten ● systolisches Herzgeräusch ● Galopprhythmus ● abnormale Herzfrequenz/Arrhythmie Ursache für ein systolisches Herzgeräusch bei HCM-Patienten ist zumeist entweder eine DLVOTO oder DRVOTO. Dynamische Herzgeräusche können inkonstant sein und in ihrer Intensität variieren. Da besonders die DRVOTO auch bei gesunden Katzen vorkommt, allerdings viele HCM-Patienten weder eine DRVOTO noch eine DLVOTO aufweisen, ist der Auskultationsbefund eines Herzgeräusches weder sensitiv noch spezifisch für die Diagnostik einer HCM. Ein Galopprhythmus entsteht durch einen hörbaren 3. bzw. 4. Herzton und geht meist mit einer fortgeschrittenen diastolischen Dysfunktion bzw. fortgeschrittenen Erkrankung einher. Im Rahmen einer HCM können Tachykardien, Bradykardien und Rhythmusstörungen supraventrikulären oder ventrikulären Ursprungs auftreten. Keine dieser Veränderungen ist diagnostisch für eine HCM, eine weitere Abklärung ist jedenfalls indiziert. Bemerkenswert ist, dass – im Gegensatz zum Hund – hämodynamisch relevante VES oder Tachyarrhythmien auskultatorisch häufig als Bradyarrhythmien wahrgenommen werden, d. h., die Extrasystolen werden häufig nicht gehört, die zugehörigen Pulswellen fehlen ebenfalls. Ursache ist die äußerst kurze Diastolendauer vor der Extrasystole und das daraus resultierende geringe Die Auskultation eines Herzgeräusches ist weder sensitiv noch spezifisch für die Diagnose HCM. Hingegen deutet ein Galopprhythmus auf eine fortgeschrittene diastolische Funktionsstörung hin und wird daher häufig bei Katzen im kongestiven Herzversagen gehört. Ventrikuläre Extrasystolen werden im Rahmen der Auskultation häufig nicht wahrgenommen und deswegen als „fehlende“ Herzschläge bzw. als Bradyarrhythmie interpretiert. Auskultation der Lunge Während die Auskultation kein geeignetes Verfahren ist, um ein Lungenödem zu diagnostizieren bzw. auszuschließen, können verminderte bzw. unhörbare Lungengeräusche in den ventralen Arealen auf einen Liquidothorax hindeuten. Dieser Befund lässt sich durch Perkussion erhärten, sofern eine horizontale Dämpfungslinie feststellbar ist. Röntgen Die Diagnose HCM kann niemals allein aufgrund von Röntgenaufnahmen gestellt werden. Dennoch ist bei auffälligen auskultatorischen Befunden oder Dyspnoe – im letzteren Fall nur beim stabilen/stabilisierten Patienten – eine Röntgenuntersuchung des Thorax in laterolateraler Projektion indiziert. Tiere mit Atemnot sollten niemals im ventrodorsalen, sondern im dorsoventralen Strahlengang geröntgt werden! Es sind nach Möglichkeit immer beide Projektionen (LL, DV) anzufertigen, da die Aufnahmerichtungen einander in ihrer diagnostischen Relevanz ergänzen (▶ Tab. 15.3). Im Gegensatz zum Hund spielt die Atemphase bei der Aufnahmetechnik eine vergleichsweise geringe Rolle. ▶ Tab. 15.3 Röntgenuntersuchung des Thorax: Befunde bei HCM. Vergrößerung der Herzsilhouette Linksatriale Vergrößerung Verbreiterung der Lungenarterien und -venen Verbreiterung der V. cava caudalis Zeichen der Kongestion (Lungenödem, Pleuraerguss) subklinische HCM + /– + /– – – – HCM im kongestiven Herzversagen +/++ +/++ ++ ++ ++ Eignung des Strahlengangs LL DV LL DV LL DV LL DV LL DV + ++ + ++ ++ ++ ++ + /- ++ ++ – = nicht sichtbar; + /– = kaum sichtbar; + = sichtbar; + / + + = sichtbar bis deutlich sichtbar; + + = deutlich sichtbar ; Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. : Fazit Auskultation des Herzens 15 – Herzerkrankungen, Katze 366 ▶ Tab. 15.4 Mögliche EKG-Veränderungen bei HCM. Kommentar Vergrößerung der R-Amplitude (> 0,9 mV) selten bei Katzen mit HCM P-Wellen-Veränderungen wenig sensitiv, aber hochspezifisch für Vergrößerung des linken Atriums Linksachsenabweichung häufig bei HCM, kommt auch bei Hyperthyreose vor; CAVE: iatrogen durch inadäquate Lagerung Vorhofflimmern fortgeschrittene Erkrankung; starke linksatriale Vergrößerung andere supraventrikuläre Arrhythmien eher selten; Zeichen eines strukturellen Vorhofschadens ventrikuläre Arrhythmien relativ häufig, besonders im Rahmen von arterieller Thrombembolie AV-Block, Grad III eher selten; Ursache ist massive Degeneration/Fibrose des AV-Überleitungssystems; i. d. R. bei weit fortgeschrittenen Fällen ST-Hebung/-Senkung Zeichen ausgeprägter Myokardischämie; im Rahmen des kongestiven Herzversagens Veränderungen im Rahmen einer HCM können sein: ● Vergrößerung der Herzsilhouette ● Vergrößerung des linken Atriums ● Verbreiterung der Pulmonalvenen ● Verbreiterung der Pulmonalarterien ● Verbreiterung der V. cava caudalis ● interstitielle Lungenzeichnung ● alveoläre Lungenzeichung ● Pleuraerguss ! Beachte Das Lungenödem bei Katzen kann sehr unterschiedlich aussehen, mitunter hat es auch ein fleckiges Erscheinungsbild. Das perihiläre Ödem des Hundes tritt bei Katzen in dieser Form nicht auf. EKG Es gibt keine einzige EKG-Veränderung (▶ Abb. 15.4), die für die HCM pathognomonisch ist (▶ Tab. 15.4). Ultraschall Ultraschalluntersuchung des Thorax Gerade beim dyspnoeischen Patienten eignet sich die Ultraschalluntersuchung, um auf schonende Art (stehend oder sitzend, ohne nennenswerte Fixierung) alveoläre Infiltrate (Lungenödem, Pneumonie, Blutung) von einem Pneumothorax, einem Liquidothorax, einer mediastinalen Masse oder einer Zwerchfellhernie zu unterscheiden. Im gleichen Zuge kann das Herz mituntersucht werden, ohne den Patienten manipulieren zu müssen. Bei entsprechender Verfügbarkeit ist daher die Ultra▶ Abb. 15.4 Linksanteriorer Hemiblock bei einer Katze mit HCM: Die Hauptausschlagrichtung des QRS-Komplexes ist in Ableitung II/3 und aVF negativ. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. EKG-Befund 15.1 Myokarderkrankungen, erworben a b ▶ Abb. 15.5 Ultraschalluntersuchung der Lunge. a Normalbefund: Beim gesunden Patienten sind Reverberationsartefakte (A-Lines; orangefarbene Pfeile) und – an den Lappengrenzen – vereinzelte Kometenschweifartefakte (B-Lines, roter Pfeil) sichtbar. b Typisches Erscheinungsbild eines Lungenödems im Ultraschall: Die Lungenoberfläche erscheint unregelmäßig und es sind multiple Kometenschweifartefakte (B-Lines, Pfeile) sichtbar. Reverberationsartefakte fehlen. schalluntersuchung der Röntgenuntersuchung initial vorzuziehen. Typisch für ein alveoläres Infiltrat sind die sog. URLs oder B-Lines und das Fehlen von Reverberationsartefakten (▶ Abb. 15.5). Hingegen zeigt sich ein Pleuraerguss als mehr oder weniger anechoische Zone, welche Herz und Lungen umgibt. ● ● Echokardiografie Die Herzultraschalluntersuchung ist das einzige Verfahren, um eine Hypertrophie zu diagnostizieren. Die linksventrikuläre Funktion kann evaluiert, die linksatriale Größe verlässlich vermessen und das Risiko für eine Thrombembolie abgeschätzt werden. ■ 2D-Echo Befunde ● ● ● ● symmetrische, asymmetrische oder segmentale linksventrikuläre Hypertrophie (▶ Tab. 15.5) – symmetrisch: alle Anteile des linken Ventrikels gleichmäßig verdickt (▶ Abb. 15.6) – asymmetrisch: hauptsächlich das Septum oder die Hinterwand sind verdickt (▶ Abb. 15.7) – segmental: ein oder mehrere Segmente des Septums oder der Hinterwand sind verdickt Hypertrophie der Papillarmuskeln Hyperechogenität des Myokards, besonders der Papillarmuskeln, als Zeichen einer ausgeprägten Fibrose SAM des vorderen Mitralklappensegels; am besten im 5-Kammer-Blick mit hoher Bildrate zu sehen fortgeschrittene Fälle mit endsystolischer Kammerobliteration aufgrund hochgradiger Hypertrophie besonders der Papillarmuskeln (▶ Abb. 15.8) je nach Stadium linksatriale Vergrößerung möglich ▶ Tab. 15.5 Morphologische Erscheinungsformen der HCM in Abhängigkeit von der Rasse [222]. Rasse Fokale Septumhypertrophie Symmetrische Hypertrophie Asymmetrische Hypertrophie (hauptsächlich Septum) Asymmetrische Hypertrophie (vorwiegend Hinterwand) Chatreux 6 3 3 2 Perser 18 8 11 4 Sphynx 4 6 7 5 Kurzhaar 46 82 67 44 Maine Coon 2 13 6 7 Die Zahlenangaben entsprechen der Anzahl der betroffenen Katzen in der Studie. Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 367 15 – Herzerkrankungen, Katze ▶ Abb. 15.6 Symmetrisch konzentrische Hypertrophie des linken Ventrikels sowie Vergrößerung des linken Vorhofs. ▶ Abb. 15.9 Thrombusformation im massiv vergrößerten linken Atrium. ▶ Abb. 15.7 Asymmetrische Hypertrophie des linken Ventrikels: Primär sind das basale Septum und die Hinterwand betroffen. ▶ Abb. 15.10 Hochgradige konzentrische Hypertrophie des linken Ventrikels, dargestellt im M-Mode. ● ● ● spontaner Echokontrast (smoke) im linken Atrium als Hinweis auf ein erhöhtes Thrombembolierisiko Thrombusformation im linken Atrium (▶ Abb. 15.9) Perikarderguss als Zeichen eines kongestiven Herzversagens. ■ M-Mode Befunde ● ▶ Abb. 15.8 Endsystolische Kammerobliteration als Ausdruck einer fortgeschrittenen HCM. ● konzentrische Hypertrophie des linken Ventrikels (▶ Abb. 15.10) Bestimmung der linksventrikukären Verkürzungsfraktion: Eine Fraktionsverkürzung unter 30 % ist ein eindeutiger Hinweis auf eine systolische Funktionsstörung. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 368 15.1 Myokarderkrankungen, erworben 369 a b ● ● evtl. SAM des vorderen Mitralklappensegels (▶ Abb. 15.11) bei DLVOTO Flattern und mittsystolischer Schluss der Aortenklappe (▶ Abb. 15.12) fortgeschrittene Fälle: – linksatriale Vergrößerung – linksatriale Dysfunktion 2D-Bild Vorteil höhere Bildrate, maximale Diastole optimal darstellbar gezielte Messungen unterschiedlicher Segmente Timing der Messung Beginn des QRS-Komplexes; ohne EKG ist der maximale Innendurchmesser maßgeblich Beginn des QRS-Komplexes; ohne EKG ist der maximale Innendurchmesser maßgeblich Messpunkte Leading-EdgeMethode Leading-edgeMethode Vermessung ▶ Abb. 15.11 M-Mode-Darstellung der Mitralklappenbewegung. a Der orangefarbene Pfeil markiert die systolische Vorwärtsbewegung des anterioren Mitralklappensegels. b Normale Mitralklappenbewegung bei einer gesunden Katze. ● M-Mode k Praxistipp Trotz des Vorteils der höheren Bildraten bei der M-Mode-Untersuchung sollte zur Vermessung zusätzlich das 2D-Bild herangezogen werden (▶ Abb. 15.13). Dies ist besonders bei regionalen Hypertrophien von Bedeutung (▶ Tab. 15.6). Messung der linksventrikulären Wanddicken ● ● ● Grundsätzlich wird eine enddiastolische Wanddicke von ≥ 6 mm unabhängig von Rasse und Körpermasse als eindeutig pathologisch angesehen. Messwerte zwischen 5–6 mm sind als Graubereich zu werten. Bei Messungen im Rahmen von Zuchtuntersuchungen auf HCM ist der Graubereich mit 5,0–5,5 mm definiert. Ab 5,6 mm gelten die Katzen als positiv getestet. Messung und Interpretation der Vorhofgröße ● ▶ Abb. 15.12 Typisches Flattern der Aortenklappe, dargestellt im M-Mode, bedingt durch die Turbulenz bei dynamischer Ausflusstraktobstruktion. ● Bestimmung des maximalen linksatrialen Durchmessers aus dem rechts parasternalen 4-Kammer-Blick, parallel zum Mitralklappenring (▶ Abb. 15.14a). Der Normalwert beträgt maximal 16 mm [197], ist allerdings abhängig von der Körpermasse und kann bei schweren Katzen (> 7 kg) 16 mm übersteigen [198]. M-Mode (rechts parasternaler 5-KammerBlick): Das LA/Ao-Verhältnis sollte maximal 1,5 betragen. Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ▶ Tab. 15.6 M-Mode bzw. 2D-Bild: Messung der Hypertrophie des linken Ventrikels in der Diastole. 15 – Herzerkrankungen, Katze a b c ▶ Abb. 15.13 Vermessung der Myokarddicke im M-Mode und 2D-Bild. a Messung der Myokarddicke im M-Mode: Die enddiastolische Messung erfolgt immer am Beginn des QRS-Komplexes. b Messung der Septumdicke im 4-Kammer-Blick. c Messung der Dicke des Septums und der Hinterwand im Kurzachsenschnitt. ● ● Kurze Achse auf Höhe der Herzbasis: Auch hier sollte das LA/Ao-Verhältnis maximal 1,5 sein (▶ Abb. 15.14b). Die Vorhofgröße ist signifikant vom Hydratationsstatus beeinflusst. Daher muss eine evtl. vor- liegende Dehydrierung klinisch ausgeschlossen bzw. bei der Interpretation berücksichtigt werden (▶ Tab. 15.7). ▶ Tab. 15.7 Beurteilung der Vorhofgröße bei der normalgewichtigen Katze. Beurteilung LA/Ao-Verhältnis LAD normal ≤ 1,5 ≤ 16 mm geringgradige Vergrößerung 1,51–1,79 16,1–19,9 mm mittelgradige Vergrößerung 1,8–1,99 20–24 mm hochgradige Vergrößerung ≥2 > 24 mm LA/Ao-Verhältnis: Verhältnis zwischen den Durchmessern des linken Atriums und der Aortenwurzel im rechts parasternalen Kurzachsenblick auf Höhe der Herzbasis. LAD: Endsystolischer Durchmesser des linken Vorhofs im rechts parasternalen 4-Kammer-Blick, parallel zum Mitralklappenring und auf halber Höhe des Vorhofs gemessen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 370 15.1 Myokarderkrankungen, erworben a b ▶ Abb. 15.14 Bestimmung der linksatrialen Größe. a Linksatrialer Durchmesser im 4-Kammer-Blick (orangefarbene Linie): Die Messung erfolgt parallel zum Mitralklappenring auf halber Höhe des Vorhofs endsystolisch. b Bestimmung des LA/Ao-Verhältnisses im Kurzachsenschnitt: Die Messung erfolgt, wenn das linke Atrium am größten ist (am Ende der ventrikulären Systole) und die Aortenklappe gerade geschlossen ist; rote Linie = Durchmesser des linken Atriums, orangefarbene Linie = Durchmesser der Aorta. ● In manchen Fällen kann ein im Rahmen des kongestiven Herzversagens vergrößerter linker Vorhof durch Applikation von Furosemid schnell eine normale Größe erreichen. Diese sog. „Ultra-Responder“ stellen eine Herausforderung für den Untersucher dar. ! Beachte Die Bestimmung der absoluten linken Vorhofgröße im rechts parasternalen 4-KammerBlick ist im Hinblick auf die Überlebenszeit der wichtigste prädiktive Marker. ● ● ■ Spektraldoppler Transmitraler Einstrom ● ● ● Messung der Vorhoffunktion ● ● Messung der EF mittels monoplanarer Scheibchensummationsmethode (Simpson): Normalerweise liegt die EF über 30 %. subjektive Beurteilung der linksatrialen Funktion im M-Mode aus dem 4-Kammer-Blick (▶ Abb. 15.15) ■ Farbdoppler Befunde ● DLVOTO: turbulenter Fluss im linksventrikulären Ausflusstrakt in Kombination mit einem auf die Hinterwand des linken Vorhofs gerichteten Mitralinsuffizienz-Jet (▶ Abb. 15.16). DRVOTO: turbulenter Fluss innerhalb des rechtsventrikulären Ausflusstraktes Im Falle eines Herzgeräusches sollte ein gleichzeitig bestehender kongenitaler Defekt (z. B. VSD) ausgeschlossen werden. ● diastolische Funktionsstörung unterschiedlichen Ausmaßes im subklinischen Stadium normales Profil oder schon eine beginnende Relaxationsstörung im Rahmen des kongestiven Herzversagens zu Beginn pseudonormales, später restriktives Profil eine Überlagerung der E- und A-Welle des Mitraleinstromprofils tritt generell ab einer Herzfrequenz von 180 Schlägen/min auf Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 371 15 – Herzerkrankungen, Katze 372 b c ▶ Abb. 15.15 Linksatriale Funktion im M-Mode: Der M-Mode-Cursor wird im rechts parasternalen 4-Kammer-Blick möglichst senkrecht über das Vorhofseptum gelegt. Es wird eine subjektive Beurteilung der Wandexkursion des linken Vorhofs vorgenommen. a normale Vorhoffunktion b deutlich eingeschränkte Vorhoffunktion c aufgehobene Vorhoffunktion k Praxistipp Ab einer Herzfrequenz von 180 Schlägen/min können Mitraleinflussprofile i. d. R. nicht mehr interpretiert werden, da es zur Überlagerung von E- und A-Wellen kommt. In diesen Fällen soll unbedingt am Ultraschallgerät die Sweep-Speed auf maximal gestellt werden. Des Weiteren kann durch Druck auf den Nasenspiegel (Vagusmanöver) versucht werden, die Herzfrequenz zu senken, sodass E- und A-Wellen getrennt erscheinen. Eine Druckausübung auf den Bulbus, wie beim Hund gängig, ist bei der Katze meist wirkungslos. Ob das Mitraleinstromprofil unter vagalem Einfluss die tatsächlich vorliegenden pathophysiologischen Verhältnisse widerspiegelt, bleibt allerdings fraglich. ▶ Abb. 15.16 Typisches Farbdopplerbild bei SAM. Isovolumetrische Relaxationszeit ● ● bei Relaxationsstörung verlängert bei reduzierter Dehnbarkeit des Ventrikels verkürzt Linksventrikulärer Ausfluss ● ● ▶ Abb. 15.17 Typisches Bild einer dynamischen Ausflusstraktobstruktion: Die Maximalgeschwindigkeit wird am Ende der Systole erreicht. Im Rahmen einer DLVOTO hat das Ausflussprofil aufgrund endsystolischer Flussbeschleunigung ein typisches sägezahnartiges Erscheinungsbild (▶ Abb. 15.17). Eine fixe Aortenstenose (Flussbeschleunigung ohne das für die DLVOTO typische sägezahnartige Profil) muss ausgeschlossen werden, da diese zu einer sekundären Hypertrophie des lin- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. a 15.1 Myokarderkrankungen, erworben 373 k Praxistipp Die Richtung des Doppler-Cursors sollte in jedem Fall mit der im Farbdoppler dargestellten Flussrichtung abgeglichen werden, da sonst die Maximalgeschwindigkeit unterschätzt wird. Diese Richtung kann unter Umständen auch mehr oder weniger schräg zur Aortenwand verlaufen. In vielen Fällen ändert sich die Flussrichtung im Verlauf der Systole, sodass die Maximalgeschwindigkeit häufig unterschätzt wird. NT-proBNP Die Verfügbarkeit eines Cage-side-Tests zur qualitativen NT-proBNP-Bestimmung (S. 185) kann in vielen Fällen eine Hilfestellung zur Unterscheidung einer kardialen von einer nicht kardial bedingten Dyspnoe bei Katzen bieten. Dabei ist zu beachten, dass nur ein negatives Testergebnis praktisch weiterhilft: Denn wenn der NT-proBNPWert unter dem testspezifischen Cut-off-Wert liegt (negatives Ergebnis) kann davon ausgegangen werden, dass die Dyspnoe nicht kardialer Natur ist. Ein positives Testergebnis hingegen ist keinesfalls beweisend für eine kardiale Ursache, eine Herzultraschalluntersuchung ist in diesem Fall unbedingt nötig. Blutdruckmessung Weiterführende Literatur [197] Schober KE, Chetboul V. Echocardiographic evaluation of left ventricular diastolic function in cats: hemodynamic determinants and pattern recognition. J Vet Cardiol 2015; 17: 102–133 [198] Schober KE, unpublished data Biomarker Kardiales Troponin Bedingt durch die myokardiale Ischämie und Nekrose können bei Katzen mit HCM signifikant erhöhte cTnI-Werte (S. 187) gemessen werden. Allerdings eignet sich cTnI nicht als Indikator des kongestiven Herzversagens. Die Messung des cTnI ist v. a. sinnvoll, wenn eine akute massive Schädigung der Myozyten im Rahmen eines Infarktes oder einer Myokarditis vermutet wird. Zur richtigen Interpretation erhöhter cTnI-Werte sind im Folgenden typische cTnI-Level bei Katzen mit HCM bzw. HOCM angeführt (▶ Tab. 15.8). Katzen im kongestiven Herzversagen können in manchen Fällen eine ausgeprägte Hypotension (< 100 mmHg systolisch) entwickeln. Dies ist unbedingt therapeutisch zu berücksichtigen, da in solchen Fällen eine alleinige Gabe von Furosemid wirkungslos bleibt. Eine signifikante systemische Hypertension kann eine linksventrikuläre konzentrische Hypertrophie verursachen und ist daher auszuschließen, bevor die Diagnose HCM gestellt wird. k Praxistipp Eine systemische Hypertension oder eine Hyperthyreose können manchmal gemeinsam mit einer HCM vorkommen. In diesem Fall geben Kontroll-Ultraschalluntersuchungen nach erfolgreicher Therapie der Hypertension bzw. Hyperthyreose Aufschluss, ob die konzentrische Hypertrophie sekundär bedingt war. ▶ Tab. 15.8 cTnI bei Katzen mit HCM [202]. cTnI in ng/ml Enddiastolische Hinterwanddicke in mm Median Minimum – Maximum Median Minimum – Maximum HCM 0,91 0,24–4,1 6,8 3,8–11,7 HOCM 1,3 < 0,2–1,7 6,6 5,0–9,7 Kontrollgruppe < 0,2 < 0,2–0,25 4,35 3,3–5,7 Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ● ken Ventrikels führen kann und ein Ausschlusskriterium für eine HCM darstellt. Die maximale Flussgeschwindigkeit ist in unterschiedlichem Ausmaß erhöht. 15 – Herzerkrankungen, Katze 374 Differenzialdiagnosen Ausschluss sekundärer Kardiomyopathien: ● Ausschluss einer Aortenstenose im Zuge der Ultraschalluntersuchung ● Ausschluss einer Hyperthyreose (bei Patienten, die älter als 5 Jahre sind) ● Ausschluss einer konzentrischen Hypertrophie infolge systemischer Hypertension (Hypertrophie aufgrund erhöhter Nachlast) ● Ausschluss einer Akromegalie bei verdächtigem klinischem Befund spontaner Echokontrast, Arrhythmien) in jedem einzelnen Fall berücksichtigt werden. Katzen, welche an HCM erkrankt sind, können im asymptomatischen Stadium bereits eine Erhöhung der Herzfrequenz, diastolische Funktionsstörungen und dezente Stauungserscheinungen aufweisen. Zur Frequenzkontrolle und zur Beeinflussung der diastolischen Funktion stehen Atenolol und Diltiazem zur Auswahl. ● Therapie Therapie der asymptomatischen HCM Hinsichtlich der Therapiewürdigkeit bzw. der Therapieschemata bei asymptomatisch betroffenen Tieren gibt es nach wie vor keinen generellen Konsensus. Dem potenziellen Nutzen einer Therapie müssen die Lebensumstände, die Compliance und eine mögliche negative Beeinflussung von Begleiterkrankungen gegenübergestellt werden. Bei der Auswahl geläufiger Substanzklassen sollte die Pathophysiologie bzw. das Erscheinungsbild (DLVOTO, diastolische Dysfunktion, systolische Dysfunktion, ● ● Atenolol (S. 433) ist ein herzselektiver β-Blocker (β1-selektiv) und wird in der Praxis hauptsächlich zur Reduktion einer dynamischen Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes eingesetzt [216]. Weiters bewirkt Atenolol eine Reduktion der Herzfrequenz (▶ Tab. 15.9). Dosierung: 0,5–1,5 mg/kg KGW 2-mal täglich (praktischerweise meist ¼ einer 25 mg Tablette 1–2-mal täglich) Atenolol sollte nicht in Kombination mit Diltiazem verabreicht werden (negativ inotrope Wirkung potenziert sich). ▶ Tab. 15.9 Pro und Contra für die Anwendung von Atenolol bei Katzen mit okkulter HCM. Pro Contra reduziert die dynamische Ausflusstraktobstruktion weder dynamische Ausflusstraktobstruktion noch erhöhte Herzfrequenz sind sicher nachgewiesene Risikofaktoren wirkt antiarrhythmisch kein Effekt auf die 5-Jahres-Mortalitätsrate bei Katzen mit HCM reduziert die negativen Auswirkungen des Sympathikotonus, ausgelöst durch Stress (z. B. Herzfrequenzanstieg, Arrhythmien) Stress tritt im Wesentlichen während der Untersuchung auf; Hauskatzen sind relativ stressfrei gehaltene Tiere reduziert die Herzfrequenz und verlängert die relative Diastolendauer wirkt negativ lusitrop, indem es die myokardiale Relaxation verzögert hat nahezu keine Nebenwirkungen sollte nicht bei Katzen mit chronischer Bronchitis/Asthma gegeben werden reduziert den Sauerstoffbedarf des Herzens Erhöhung der Herzfrequenz ist häufig kompensatorisch; Herzfrequenzen bis 240 Schläge/min können für Katzen normal sein, deshalb kann die pharmakologische Reduktion der Herzfrequenz auch negative Auswirkungen haben; daher Atenolol bei Herzfrequenzen unter 200 Schlägen/min nicht unkritisch einsetzen reduziert die kardiovaskulären Wirkungen einer Thyreotoxikose hat bei Katzen mit hochgradiger HCM ohne SAM keinen signifikanten Effekt auf cTnI und NT-proBNP reduziert die Wandspannung des Ventrikels prophylaktische Gabe ohne pathophysiologische Indikation kann durch den Stress der Medikamenteneingabe möglicherweise negative Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf haben Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Atenolol 15.1 Myokarderkrankungen, erworben 375 Pro Contra Reduktion der Herzfrequenz muss 3-mal täglich verabreicht werden Reduktion des Druckgradienten bei DLVOTO Nebenwirkungen (Magen-Darm-Trakt) häufig direkter, positiver Effekt bei myokardialer Relaxationsstörung mediane Überlebenszeit von Patienten mit HCM, die Propanolol, Atenolol oder Diltiazem verabreicht bekamen, war nicht signifikant unterschiedlich [217] verringerter Sauerstoffverbrauch des Myokards – Dilatation der Koronargefäße – bei Vorhofflimmern oder supraventrikulärer Tachykardie Reduktion der Kammerfrequenz, bei Vorhofflimmern Konversion zum Sinusrhythmus möglich – evtl. positiver Effekt auf den Krankheitsverlauf [201] – Diltiazem ● Dosierung: 7,5 mg/Katze 3-mal täglich ● ● Kalziumkanal-Blocker (▶ Tab. 15.10) Diltiazem (S. 434) sollte nicht in Kombination mit Atenolol verabreicht werden (Potenzierung des negativ inotropen Effekts) Spironolacton ● Dosierung: 2 mg/kg KGW 1-mal täglich ● Wenn Katzen im asymptomatischen Stadium bereits dezente Stauungserscheinungen aufweisen (z. B. LAD 16–22 mm), ist es oft von Vorteil, über eine präventive Gabe von ACE-Hemmern, Spironolacton und Furosemid nachzudenken. ACE-Hemmer ● Dosierung: Benazepril 0,25–0,5 mg/kg KGW ● 1-mal täglich; Ramipril 0,125 mg/kg KGW 1-mal täglich Unter Berücksichtigung der derzeitigen Studienlage hat die Gabe von ACE-Hemmern (S. 425) in der asymptomatischen Phase der Erkrankung keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Dennoch ist der ACE-Hemmer bei chronischer Verabreichung von Furosemid indiziert, um die durch das Schleifendiuretikum verursachte Aktivierung des RAAS zu blockieren. Cave Spironolacton sollte niemals bei MaineCoon-Katzen eingesetzt werden, da bei dieser Rasse das Risiko einer ulzerativen fazialen Dermatitis besteht. Pimobendan ● Furosemid ● Im asymptomatischen Stadium bei eindeutiger Vorhofvergrößerung kann Furosemid in einer Dosierung von 2–4 mg/kg KGW/d präventiv eingesetzt werden. In einer prospektiven, verblindeten und Placebo-kontrollierten Studie an Katzen mit HCM konnte im Verlauf von 4 Monaten kein Effekt auf die diastolische Funktion oder linksventrikuläre Masse festgestellt werden, obwohl die Aldosteronwirkung effektiv geblockt war. Es ist daher fraglich, ob der theoretische Benefit einer Aldosteronblockade tatsächlich zu einer positiven Beeinflussung des Krankheitsverlaufes führt. Dennoch ist der Einsatz von Spironolacton (S. 425) zur sequenziellen Blockade des RAAS (S. 425) sinnvoll, sobald ein ACE-Hemmer verabreicht wird. ● Die Dosierung ist aktuell Gegenstand der Diskussion. In einer retrospektiven klinischen Studie an Katzen mit dem Phänotyp einer dilatativen Kardiomyopathie wurde die beim Hund gebräuchliche Dosierung gewählt. Es waren keine dem Wirkstoff zurechenbaren Nebenwirkungen zu beobachten. Dosierung: 0,5 mg/kg KGW/d auf 2 Gaben verteilt Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ▶ Tab. 15.10 Pro und Contra in der Anwendung von Diltiazem bei Katzen mit HCM. 15 – Herzerkrankungen, Katze 376 Pimobendan (S. 429) ist ein sog. Inodilator mit nachlastsenkender, kontraktionssteigernder und koronar-vasodilatierender Wirkung. Die Hauptindikation liegt in der Behandlung der systolischen Dysfunktion, d. h. im Rahmen der sog. Burnout-Kardiomyopathie, welche manchmal als Endstadium der HCM entsteht. Weiters kann Pimobendan bei therapierefraktärem Linksherzversagen zum Einsatz kommen. Bei Katzen mit dynamischer Ausflusstraktobstruktion sollte der Wirkstoff nach Möglichkeit nicht eingesetzt werden. Antikoagulantien Die Indikationen für den Einsatz der verschiedenen Wirkstoffe sind in ▶ Tab. 15.11 zusammengefasst. Clopidogrel ● Dosierung: 18,75 mg/Katze (KGW > 3 kg) 1-mal ● Therapie der symptomatischen HCM Mit zunehmender Vorhofgröße erhöht sich die notwendige Furosemiddosis linear. Furosemid wird nun meist in Dosierungen von 2–8 mg/kg KGW/d eingesetzt. Zusätzlich kommen Clopidogrel, Acetylsalicylsäure, Heparin, niedermolekulare Heparine und schließlich Pimobendan zum Einsatz. täglich Clopidogrel (S. 438) ist ein ADH-Rezeptorantagonist und verhindert die Plättchenaggregation. Zusätzlich reduziert es die Wirksamkeit vasoaktiver Substanzen. Es ist nach neuesten Erkenntissen in der Thrombembolieprophylaxe bei Katzen, die bereits eine Thrombembolie hatten, der Acetylsalicylsäure deutlich überlegen. Acetylsalicylsäure ● Dosierung: 25 mg/Katze alle 3 d ● ASS (S. 437) hat als Monotherapie zur Thrombembolieprophylaxe an Bedeutung verloren. Indikationen sind: ▶ Tab. 15.11 Indikationen der einzelnen Wirkstoffe in der Therapie der HCM. Situation Atenolol Diltiazem ACEHemmer Pimobendan Clopidogrel Furosemid Spironolacton keine DLVOTO, kein LAE – + /– – – – – – DLVOTO mit hohem Druckgradienten (> 80 mmHg); kein LAE + – – – – – – DLVOTO mit Druckgradient < 80 mmHg; Tachykardie > 240 Schläge/min; kein LAE + – – – – – – kein DLVOTO, kein LAE; evtl. Tachykardie > 200– 240 Schläge/min (abh. von der Aufregung des Tieres) – + – – – – – LAD ≥ 18 mm + /– + /– + + /– + /– + + LAD ≥ 22 mm – + /– + + /– + + + systolische Dysfunktion – + /– + /– + + /– + /– + /– Smoke im linken Atrium, unabhängig von der Vorhofgröße – + /– + /– + /– + + /– + /– Diese Aufstellung von therapeutischer Kombination orientiert sich an den Ergebnissen von Studien, da diese aber oftmals nicht valide sind, fließen die persönlichen Erfahrungen der Autoren hier mit ein; die Größenangaben für das linke Atrium beziehen sich auf normal große Katzen. LAD = absoluter linksatrialer Durchmesser, gemessen im rechts parasternalen 4-Kammer-Blick; LAE = links atriale Vergrößerung (left atrial enlargement); + = indiziert; – = nicht verwenden; + /– = kann unter Umständen (Kombination verschiedener unter „Situation“ angegebener Befunde) gegeben werden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ● 15.1 Myokarderkrankungen, erworben – Behandlung der Thrombembolie in Kombination mit Heparin zur Verbesserung der kollateralen Durchblutung – zur Thrombembolieprophylaxe in Kombination mit Clopidogrel, falls trotz Monotherapie mit Clopidogrel bereits eine Thrombembolie aufgetreten ist. Unfraktioniertes Heparin ● Dosierung: initial 250 IE/kg KGW i. v., danach ● entweder alle 8 h in gleicher Dosierung s. c. oder 25 IE/kg KGW/h als DTI Unfraktioniertes Heparin (S. 437) wird hauptsächlich im Zuge der Behandlung bei akut aufgetretener Thrombembolie eingesetzt. Es bindet an Antithrombin III und beschleunigt die Inaktivierung aktivierter Gerinnungsfaktoren. Niedermolekulare Heparine ● ● Dosierung: – Dalteparin: 100–150 IE/kg KGW 2–3-mal täglich s. c. – Enoxaparin: 1 mg/kg KGW 2–3-mal täglich oder 3 mg/kg KGW/d als DTI Der Einsatz dieser Wirkstoffe (S. 437) dürfte nach derzeitigem Wissensstand keinerlei klinischen Vorteil (weder in der Wirksamkeit noch in den Dosierungsintervallen) gegenüber unfraktioniertem Heparin bieten. Vorgehensweise bei Patienten im akuten kongestiven Herzversagen Katzen im kongestiven Herzversagen sind hochfragile Patienten. Cave Maulatmung ist ein Alarmsignal, solche Patienten dürfen keinesfalls unnötigem Stress ausgesetzt oder unnötig umgelagert werden (Röntgen!). ● ● initiale Stabilisierung: – ruhige Umgebung schaffen – Injektion von Furosemid (S. 422) – Sauerstoff – Sedierung (Butorphanol, 0,2–0,4 mg/kg KGW i. m. oder i. v.) Diagnostik: – nach Möglichkeit ultraschallbasierte Diagnostik: Nachweis eines wet lung signs (B-Lines ● ● im Ultraschall, Fehlen von Reverberationsartefakten) oder eines Pleuraergusses als Ursache der Dyspnoe bzw. eines vergrößerten linken Vorhofs als Zeichen einer zugrunde liegenden Herzerkrankung – ansonsten Röntgenuntersuchung mit möglichst schonender und stressfreier Lagerungstechnik (nötigenfalls auf perfekte Lagerung verzichten) – Blutdruckmessung, falls klinisch vertretbar ggf. Thorakozentese medikamentöse Therapie: – Furosemid (S. 422), 2–4 mg/kg KGW als Bolus (wenn möglich i. v., da die Wirkung nach i. m. Applikation verzögert einsetzt) – in Ermangelung einer Möglichkeit zur DTI sollten die Boli alle 3–4 Stunden wiederholt werden, ansonsten weiter mit: – Furosemid-DTI, beginnend mit 0,5–1 mg/kg KGW/h, nach Einsetzen der Harnproduktion Reduktion auf 0,5 mg/kg KGW/h; sobald eine sichtbare Besserung eintritt (Ruheatemfrequenz < 40 Atemzüge/min, Röntgenbefund) umstellen auf Bolusgabe (1–3 mg/kg KGW 3-mal täglich) – eine gleichzeitige Verabreichung von kristalloiden Lösungen (z. B. Ringerlösung) mit ⅓–½ des Erhaltungsbedarfs verbessert wahrscheinlich die renale Perfusion und damit die Wirkung von Furosemid – ACE-Hemmer (S. 425) p. o. nur, wenn systemische Hypotonie ausgeschlossen ist und sobald orale Eingabe klinisch vertretbar – bei nachgewiesener systolischer Dysfunktion Dobutamin-DTI (bei 1 μg/kg KGW/min beginnen, bei Bedarf auf bis zu 5 μg/kg KGW/min steigern, max. 24 h); Umstieg auf Pimobendan p. o., sobald orale Therapie klinisch vertretbar – im Falle einer systemischen Hypotension (systolischer Blutdruck < 100 mmHg) ist Dobutamin ebenfalls indiziert – Heparin (250 IE/kg KGW alle 8 h) zur Prävention einer Thrombembolie – bei gleichzeitigem Vorliegen einer Thrombembolie: Heparin initial als Bolus (250 IE/kg KGW), gefolgt von einer DTI (25 IE/kg KGW/h); alternativ Heparin in Einzeldosen (250 IE/kg KGW alle 8 h); Acetylsalicylsäure (25 mg pro Katze Herzerkrankungen, Katze Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 377 15 – Herzerkrankungen, Katze 378 15.1.2 c Steckbrief Restriktive Kardiomyopathie ● Prognose Aufgrund der Heterogenität der HCM in Bezug auf Morphologie, Funktion, klinische Symptomatik und Verlauf ist die Prognose im Einzelfall schwer abzuschätzen. Negative prognostische Faktoren sind: ● Rasse: Maine Coons und Ragdolls haben kürzere Überlebenszeiten als Tiere anderer Rassen ● Alter zum Zeitpunkt der Diagnose ● kongestives Herzversagen oder Thrombembolie ● Fehlen eines Herzgeräusches ● Galopprhythmus oder Arrhythmie ● linksatriale Vergößerung ● linksatriale Dysfunktion (verringerte linksatriale Verkürzungsfraktion) ● restriktives Mitraleinflussprofil ● massive linksventrikuläre Hypertrophie (≥ 9 mm) ● linksventrikuläre systolische Dysfunktion (FS ≤ 30 %) ● regionale Hypokinesie der Ventrikelwand Die exakten medianen Überlebenszeiten sind je nach Studie unterschiedlich. Gemeinsam ist dennoch, dass asymptomatische Katzen für die Dauer ihres Lebens asymptomatisch bleiben können und dass Katzen, die im kongestiven Herzversagen vorgestellt werden, im Schnitt länger leben als jene mit Thrombembolie. Die schlechteste Prognose haben Katzen mit Thrombembolie, welche sich gleichzeitig im kongestiven Herzversagen befinden. Die Tatsache, dass die Bandbreite der Überlebenszeiten je nach Stadium und klinischen Symptomen der Erkrankung in allen damit befassten Studien sehr hoch ist, verdeutlicht einmal mehr die Heterogenität der Erkrankung. Restriktive Kardiomyopathie (RCM) ● ● Hauptbefunde bei der Auskultation: – Ein systolisches Herzgeräusch kann, muss aber nicht vorhanden sein. – Häufig ist ein Galopprhythmus zu hören. – Weiters kann eine Tachykardie, Bradykardie oder Arrhythmie auffällig sein. Hauptbefunde der bildgebenden Verfahren: – Röntgen: • unspezifische Befunde • In der Regel ist eine Vergrößerung der Herzsilhouette, eine linksatriale Vergrößerung bzw. in der DV-Aufnahme die typische „Valentine heart“-Form auffällig. • Das kongestive Herzversagen tritt als Lungenödem bzw. Pleuraerguss in Erscheinung. – Echokardiografie: • Die Ventrikeldimensionen sind annähernd normal, die systolische Funktion ist meist leicht reduziert. • Das Endokard kann stark verdickt und hyperechogen erscheinen, multiple echoreiche false tendons sind manchmal sichtbar. • In der Regel sind der linke oder beide Vorhöfe stark dilatiert. Hauptbefunde des EKG: – Die Befunde sind weder spezifisch noch sensitiv für das Vorliegen einer RCM. – Mögliche Veränderungen sind Achsenabweichung, supraventrikuläre Arrhythmien (besonders Vorhofflimmern), ventrikuläre Arrhythmien, Veränderungen der Zackenmorphologie oder ST-Streckenveränderungen. Vorkommen und Bedeutung Die restriktive Kardiomyopathie ist eine heterogene Gruppe von Herzmuskelerkrankungen, deren Gemeinsamkeit ein schwergradiges diastolisches Füllungsproblem des linken oder beider Ventrikel ist. Ursache ist eine pathologische Steifigkeit des Herzmuskelgewebes. Dabei ist die Dicke des linksventrikulären Myokards annähernd normal, die systolische Funktion ist zumeist leicht reduziert. Als Sonderform besteht die endomyokardiale Fi- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. alle 3 d p. o.) zur Verbesserung der kollateralen Durchblutung, falls klinisch vertretbar – alternativ zu Heparin kann Dalteparin (100 IE/kg KGW alle 8 h) oder Enoxaparin (1 mg/kg KGW 2-mal täglich) verwendet werden – im Akutfall evtl. Nitroglycerin-Sprays (S. 427); eine Wirksamkeit ist allerdings nicht belegt und nach Ansicht der Autoren zweifelhaft