Korrektur der Gesichtsfalten Für die ersten 2-3 Monate postoperativ ist auf Sonnenexposition und die Einnahme von Kontrazeptiva zu verzichten. • • Postoperative Komplikationen Die sorgfältig und korrekt durchgeführte Dermabrasion ist eine sehr sichere und effiziente Behandlungsmethode für feine bis mittelstark ausgeprägte Hautfalten der Perioralregion. Seltene Komplikationen und unerwünschte Folgezustände sind: Hypo- oder Hyperpigmentation der Haut, selten bleibend. • Exazerbation ruhender Herpesinfektionen in der Lippen- und Perioralregion. Jeder in den ersten Tagen auftretende Schmerz soll als Hinweis auf eine solche mögliche Infektion dienen, und eine virustatische Behandlung mit hohen Dosen von Zovirax® sowie lokaler Gabe von 0,5% Idoxuridin (IDU) muß sofort eingeleitet werden. • • • • Eine zu tief ausgeführte Dermabrasion, die subdermale Schichten der Haut erreicht, wird bleibende Narben hinterlassen. In seltenen Fällen treten bei entsprechend disponierten Patienten temporär hypertrophe Narben der Lippe auf. Die Behandlung mit intradermaler Steroidapplikation (Aristocort®) sowie Silikongel führt im allgemeinen zur Behebung dieses Problems. Eine Dermabrasion kann grundsätzlich bei jedem Patienten zu einer temporären Pigmentveränderung im behandelten Gebiet führen, die aber mit der Zeit wieder verschwindet. Eine zu frühzeitige, übertriebende Sonnenexposition in der frühen postoperativen Phase kann zu einer bleibenden Hyperpigmentierung führen. „Grießkörnchen" können in der frühen postoperativen Phase entstehen, verschwinden aber schnell. Ein frühes Wiederauftreten von Falten deutet auf eine zu oberflächlich durchgeführte Dermabrasion hin. Eine Wiederholung der Abrasion ist in diesem Falle indiziert und kann über die Jahre auch mehrfach vorgenommen werden. Gesichtsnarben Gesichtsnarben sind bleibend und können nie entfernt werden. Die meisten werden jedoch nach einer Zeit akzeptabel und nahezu unsichtbar, wenn man einzelne oder mehrfache operative Techniken anwendet. Der KopfHals-Chirurg muß die Prinzipien der adäquaten Schnittführung beherrschen, um so Zugang zu den subepithelialen Weichteilen und dem Gesichtsskelett zu bekommen. Er hinterläßt bei seinem Vorgehen zwangsläufig wieder Narben. Die Vermeidung von funktionellen und ästhetischen Veränderungen, die durch diese Narben hervorgerufen werden können, erfordert ein sorgfältiges Planen, eine gute Nahttechnik und eine exakte Kenntnis der Wundheilung bei verschiedenen Altersgruppen ebenso wie in verschiedenen Bereichen des Gesichts und des Halses. Diagnosestellung und präoperative Beurteilung Gesichtsnarben werden am besten in Ruhe als auch bei Bewegungen der mimischen Muskulatur beurteilt, und zwar durch genaue Beobachtung und Palpation. Breite, eingesunkene oder erhabene Narben unterbrechen die glatte Gesichtskontur und führen zur Schattenbildung bei entsprechender Ausleuchtung. Narben, die quer zu den Entspannungslinien der Haut (relaxed skin tension lines, RSTL) verlaufen, ziehen automatisch die Aufmerksamkeit auf sich, besonders bei Bewegung der Gesichtsmuskulatur. Geradlinige Narben kontrastieren erheblich zu den sanften Kurven und Rundungen des Gesichts. Narben, die mehr oder weniger Pigment als die umgebende Haut besitzen, dominieren das Gesicht, sind unansehnlich und auffällig. Hypertrophe Narben, die sich über das Hautniveau erheben, werfen unerwünschte Schatten und werden somit zu einer Quelle der Aufmerksamkeit. Narbenzüge, die quer über Gesichtskonkavitäten hinwegziehen (z. B. die innere Kanthusregion, die Lippen-Wangen-Falte, der Übergang vom Kinn zum Hals), führen automatisch zu verziehenden Narbensträngen und verschieben so mit der Zeit Landmarken im Umgebungsbereich. Im allgemeinen sollen Narben weich, verschiebbar, durchgebaut und mobil sein, bevor man an eine operative Revision denkt. Dieser Prozeß kann mehrere Monate dauern. Die Palpation deckt dabei die Narbenmobilität und die Beziehung zu Umgebungsstrukturen ebenso auf wie die Möglichkeit zur Exzision und plastischen Korrektur. Ausnahmen von dieser Regel existieren, wenn unreife oder frische Narben einen funktionell ungünstigen oder entstellenden Einfluß auf wichtige Gesichtsmerkmale ausüben. In solchen Fällen mag eine Revision erforderlich werden, bevor die Narbenbildung abgeschlossen ist, um die verlorene oder beeinträchtigte Funktion wiederherzustellen. Indikationen Die operative Revision einer Gesichtsnarbe ist dann indiziert, wenn folgende Veränderungen vorliegen: Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 270 Gesichtsnarben 271 • • • • • • • • breite Narbe, eingesunkene Narbe, hyper- oder hypopigmentierte Narbe, erhabene Narbe. hypertrophe Narbe, Keloid, Narbenkontraktur, Narben, die optische Fixpunkte eines Gesichts entstellen oder eine funktioneile Beeinträchtigung darstellen, • Narben, die den Patienten stören. Narbenkorrekturen sollen die Erkennbarkeit der Narbe herabsetzen, die Position und die Orientierung der Narbe günstiger gestalten, die Gesamtnarbengröße verringern und im allgemeinen die Narbe unauffälliger machen. Mehr als ein Verfahren kann dabei erforderlich sein. Das ideale Ergebnis einer solchen Narbenkorrektur weist folgende Charakteristika auf: • • • • schmale, feine Narbenlinie, Höhengleichheit mit dem Umgebungsgewebe, ähnliche Hautfarbe, Verlauf parallel zu natürlichen Falten oder Entspannungslinien der Haut (RSTL). • bogenförmiger oder sinusoider Verlauf. Abb. 13.8 Zu Beginn führen die Operationsverfahren zu einer roten, unreifen und unansehlichen Narbe, während Reifungsund Heilungsprozesse noch anhalten (Patienten sollten vor dem Eingriff bereits darauf hingewiesen werden). Patienten, die diesen vorübergehenden Zustand nicht akzeptieren können, sollten möglichst keinen narbenkorrigierenden Eingriff an sich vornehmen lassen. Chirurgische Anatomie Die Richtung, das Aussehen, die Orientierung und die Lokalisation einer Narbe im Gesicht tragen erheblich zu ihrem Erscheinungsbild bei. Bereits bei der Planung narbenkorrigierender Eingriffe sollte man folgendes Endergebnis anvisieren: • Die Narbe soll parallel zu den natürlichen Hautfalten oder Konturlinien liegen. • Sie soll in oder parallel zu den RST-Linien liegen. • Sie soll am Übergang zwischen verschiedenen ästhetischen Regionen liegen. • Sie soll innerhalb der haartragenden Kopfhaut liegen. Abb. 13.9 Natürliche Hautfallen oder Konturlinien kommen mehr oder weniger in jedem Gesicht in Abhängigkeit vom individuellen Alter, den mimischen Gewohnheiten und dem Einfluß der Schwerkraft vor (Abb. 13.8). mit zunehmendem Alter besser sichtbar; bereits bei jüngeren Patienten kann man sie aber bei genauerer Untersuchung erkennen. Die genaue Richtung der Hautspannungslinien kann von Individuum zu Individuum in Abhängigkeit von Stärke und Ausprägung der Gesichtsmuskulatur variieren. Die Entspannungslinien der Haut (RSTL) (Abb. 13.9), die im rechten Winkel zur Kontraktionsrichtung der darunterliegenden mimischen Muskulatur verlaufen, werden Ein grundlegendes Prinzip sowohl der Rekonstruktion als auch der plastisch-ästhetischen Chirurgie umfaßt die Plazierung der Schnittlinien an den Übergang von zwei Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Operationsziele 272 Korrektur der Gesichtsfalten Regionen des Gesichts (Abb. 13.10). Darunter versteht man z. B. die Inzision an der Stirnhaarlinie vor den Haaren, die an der oberen Grenze der Augenbraue verlaufenden Schnittführungen, die Subziliarschnitte im Rahmen der Unterlidplastik und die Schnittführungen an der Verbindung der lateralen Nasenbegrenzung zum Gesicht hin. Hautüberschuß, geeignet als Entnahmestelle für gestielte Lappen, findet sich im allgemeinen im Übergangsbereich zwischen den großen ästhetischen Einheiten des Gesichts (Abb. 13.11). Schließlich kann man stets eine ideale Kaschierung der Narbe vorhersagen, wenn beim Ersteingriff oder bei der Revision die Schnittführungen in die haartragende Kopfhaut verlegt werden können. Vorbereitungen Durch die Aufklärung unter besonderer Berücksichtigung der Möglichkeiten und Grenzen des Eingriffs soll dem Patienten klargemacht werden, daß man Narben nie entfernen, sondern nur optisch verbessern kann. Außerdem muß klar sein, daß alle Narben so lange schlechter aussehen als zuvor, bis die Wundheilung abgeschlossen ist. Abb. 13.10 Standardisierte Photographien aus verschiedenen Blickwinkeln in Ruhe und bei mimischer Muskelaktivität bilden die Grundlage für die präoperative Planung und die klinische Dokumentation. Eine Skizze auf dem Foto hilft bei der Auswahl der anzuwendenden Operationslechnik und dabei, dem Patienten das geplante Vorgehen zu erklären. Die Gesichtshaut wird am Vorabend und Morgen des Operationstages mit Phisohexseife gewaschen. Im Operationssaal wird das Operationsgebiet dann noch mit Betadine desinfiziert. Instrumente Entscheidend für die alraumatische Behandlung der Weichteile sind kleine, feine und scharfe plastisch-chirurgische Instrumente (Abb. 13.12). Ein- und zweizinkige Haken werden bei der Handhabung des Gewebes bevorzugt. Wenn Pinzetten verwendet werden, sollen es feine, vielfach gezähnte (z. B. Adson-Brown) sein. Die Durchführung der Schnitte mit dem I5c-Bard-Parker-Skalpell (eine kleinere Version des 15er Standardskalpells) ermöglicht bei Inzision und Präparation ein feines und sehr genaues Arbeiten. Zirkel sind für genaue Messungen sinnvoll, obwohl die Elastizität der Gesichtshaut ein hohes Maß an Kreativität in der Gestaltung der Maßnahmen zur Narbenkorrektur und der Bildung von gestielten Lappen erlaubt. Feine Markierungsstifte (mit gut geschärfter Spitze) ermöglichen die graphische Planung der Schnitte auf der Hautoberi'läche. Gezähnte Scherchen sind für saubere Schnitte in Kutis und Subkutis ideal. Kleine Nadelhalter mit glatten Branchen (vom Crile-Wood- oder WebsterTyp) sind zur Führung der Nadeln des Nahlmalerials erforderlich. Abb. 13.11 Verschiedene Arten von Nahtmaterial finden bei der Subkutan- und Dcrmisnaht Verwendung, so z. B. resorbierbares Dexon oder Vicryl und nichtresorbierbares, klares Nylon. Haut- bzw. fortlaufende intrakutane Nähte lassen sich am besten mit feinem monofilem Nylonmaterial (6-0-, 7-0-Prolene oder Novafil) bewerkstelligen. Halbrunde. plastisch-chirurgische Nadeln sind für die Subkutan- und Dermisnaht am besten geeignet, während rückwärtsschneidende. 3/8-gebogene Nadeln für den Hautver- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Präoperative Gesichtsnarben 273 Anästhesie Um eine maximale Vasokonstriktion zu erreichen, werden die Narbe und das umgebende Gewebe mit 1 %igem Lidocain und Epinephrinzusatz (1 : 100 000) infiltriert. Die Penetration der Haut mit einer feinen 30er Nadel hält den Schmerz beim Patienten in Grenzen, ergänzt durch ein ablenkendes Kneifen der Haut an einer anderen Stelle. Dieser stärkere Reiz maskiert den Nadeleinstich (laterale Inhibition). Um eine optimale Vasokonstriktion und damit eine minimale Blutung zu erzielen, sollten 10-15 Min. vor dem ersten Hautschnitt verstreichen. Während der Dermabrasion kann zusätzlich ein Vereiser (z. B. Frigiderm®) auf die Haut aufgebracht werden, um den anästhesierenden Effekt zu vergrößern und die Haut für 15-20 Sek. zu stabilisieren, eine Zeitspanne, die für die Behandlung eines bestimmten Bereiches genügt. Operationstechnik Manche Narbenkorrekturen können mit einem einzelnen operativen Schritt erledigt sein. Im allgemeinen führen jedoch zwei oder mehr über einen Zeitraum von Monaten nacheinander durchgeführte Eingriffe zum besten Ergebnis, wobei jeder Schritt zur endgültigen Verbesserung des Erscheinungsbildes beiträgt. Tab. 13.1 führt die einzelnen zu berücksichtigenden Modalitäten auf, wenn der Behandlungsplan aufgestellt wird. Bei der Mehrzahl der Narben bilden Exzision und akkurate Naht den ersten operativen Schritt zur Narbenkorrektur. Ein essentielles Operalionsprinzip ist der Erhalt einer Tabelle 13.1 Techniken, die bei der Narbenkorrektur zur Anwendung kommen Abb. 13.12 Schluß bevorzugt werden. Der Nahtverschluß wird durch Spannungsreduzierende Steristrips unterstützt, gelegentlich auch mit Fibrinkleber. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. Präzises Legen der Inzisionen und Exzisionen Spindelförmige Exzision mit primärem Wundverschluß Z-Plastik Multiple Z-Plastiken W-Plastik Wundverschluß mit geometrisch unregelmäßig angelegten Wundrändern („broken line") Tangentiale Skalpell-Abtragung („Dermaplaning") Dermabrasion Kreuzweise Inzisionen mit dem Skalpell, die nur das Epithel betreffen Mehrere aufeinanderfolgende Teilentfernungen einer Narbe Verlegen von Narben in günstigere Positionen Nahlappenplastik Gewebeexpansion mit anschließender Narbenexzision Steroidinjektionen Make-up und gezieltes Verdecken einer Narbe durch die Frisur Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Während der Operation wird die Hand des Patienten sanft von der unsterilen Schwester gehalten. Diese scheinbar unwichtige, aber sehr beruhigende Berührung wird von Patienten aller Altersgruppen außerordentlich geschätzt. Korrektur der Gesichtsfalten Abb. 13.14a Abb. 13.13 subdermalen Narbe, wenn diese ausgereift und weich ist und nicht zum unerfreulichen Erscheinungsbild der epithelialen Narbe beiträgt. Der Erhalt dieses starken subdermalen Narbengewebes trägt zur Ausbildung einer wenig sichtbaren Narbe dadurch bei, daß in dieser Schicht keine neue Narbenbildung bzw. -reifung notwendig wird und dem Operateur eine feste Grundlage zur Verfügung steht, an der er subdermale Fixierungsnähte für eine optimale Adaptation der Dermis und eine leichte Eversion der Wundränder verankern kann. Die Dermis wird dann mit versenkten Einzelknopfnähten aneinandergelagert. Die Nadel wird dabei zuerst von unten nach oben durch die Haut geführt, dabei mehr tiefes Subkutangewebe als Dermis fassend (Abb. 13.13). Auf der Gegenseite wird nahe der Oberfläche in der Dermis eingestochen und beim Vorschieben der Nadel in die Tiefe und nach lateral mehr Subkutangewebe gefaßt (Abb. 13.13). Die Prinzipien des idealen Hautverschlusses zum Erreichen einer guten Narbenbildung sind längst bekannt. Das subdermale und dermale Gewebe wird am besten mit permanenten oder langsam resorbierbaren, versenkten Einzelknopfnähten versorgt, die so angebracht werden, daß die epithelialen Hautränder leicht evertiert werden (Abb. 13.13). Wenn der Knoten innerhalb des Subkutangewebes, also abgewandt von der Haut, geknüpft wird, bringt die exzentrische Nadelführung zusammen mit den angeschrägten Wundrändern die epithelialen Ränder dazu, sich leicht nach oben über die umgebende Hautoberfläche zu erheben und so die gewünschte Eversion zu erzeugen (Abb. 13.13). Um jegliche Spannung von den Hauträndern zu nehmen, werden viele von diesen dermalen Nähten gelegt, so daß die Dermisschicht den Großteil der Spannung trägt. Knoten werden tief in die Subkutis hinein gelegt. Das endgültige Aussehen einer Narbe hängt weit mehr von der perfekten Adaptation und Heilung der Dermis-Schicht ab als von der Art des epithelialen Wundverschlusses. Ohne gutes Verheilen der Dermis kann sich keine schmale Narbe entwickeln. Statt dessen wird sie sich unter dem Einfluß der Bewegung, der statischen Hautspannung, der Mimik und der Narbenkontraktion verbreitern. Der Verschluß des Epithels erfolgt mit 6-0- bzw. 7-0Einzelknopfnähten, einer fortlaufenden Naht oder einer kontinuierlichen intradermalen Naht, jeweils mit einem monofilen Faden (Abb. 13.14a-c). Im letzteren Fall werden außerdem einige Einzelknopfnähte hinzugefügt (Abb. 13.14c), um das Epithel besser zu adaptieren und so eine Koagelbildung zwischen den oberflächlichen Hauträndern zu verhindern. Während der Narbenresektion werden die Inzisionen beim Vordringen in die Subkutis schräg nach lateral geführt (Abb. 13.13); auf diese Weise wird in der Tiefe etwas mehr Gewebe von den lateralen Wundrändern entfernt als von der oberflächlichen Hautschicht. Wenn die korrigierte Narbe in einem Gebiet mimischer Aktivität liegt, sollte man sie für 7-10 Tage postoperativ mit Steristrips stützen und schienen (Abb. 13.15). In ausgewählten Fällen kann man Gewebekleber vor dem endgültigen Hautverschluß verwenden (Abb. 13.15). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 274 Abb. 13.14b Abb. 13.14c Abb. 13.15 Abb. 13.16 Spindelförmige Exzision Die Mehrzahl der Inzisionen, Narbenexzisionen und Entfernungen von Hautveränderungen im Kopf-Hals-Bereich wird am besten durch Anwendung einer spindelförmigen Exzision ausgeführt, wobei die Längsachse der Inzision in eine Gesichtskonturlinie oder eine Falte, in eine RST-Linie, in den Übergang zwischen zwei ästhetischen Einheiten des Gesichts oder in die haartragende Kopfhaut gelegt 275 wird. Die Anlage des spindelförmigen Defekts kann sinusoder bogenförmig erfolgen, um sich besser den Gesichtskonturen anzupassen und eine exakt gerade verlaufende Narbe zu vermeiden (Abb. 13.16). Der Winkel, unter dem die Wundränder an beiden Seiten der Exzision aufeinandertreffen, sollte etwa 30° oder weniger betragen, um beim Wundverschluß keinen hochstehenden Hautzipfel („dog ear") zu erzeugen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Gesichtsnarben 276 Korrektur der Gesichtsfalten Eine M-Plastik am Ende einer größeren spindelförmigen Exzision ist sinnvoll, um eine unnötige Verlängerung der Inzision zu vermeiden, so daß an jeder Seite zwei Winkel von 30° zum Wundverschluß im Hautniveau entstehen (Abb. 13.16). Bildung unregelmäßig konfigurierter Narben Zwei Techniken der „Irreguiarisierung" werden bevorzugt: Die eine verwendet mit der W-Plastik oder der Methode der geometrisch gebrochenen Linien (broken-lineTechnik) multiple Verschiebelappen, während die andere multiple Z-Plastiken mit mehreren Transpositionslappen umfaßt. Wenn eine Kaschierung der Narbe ohne ihre Verlängerung gewünscht wird, ist eine W-Plastik bzw. der Verschluß über eine geometrisch gebrochene Linie sinnvoll (Abb. 13.17a und b). Eine W-Plastik gestaltet die endgültige Narbe unregelmäßig, aber der Narbenverlauf ist für das Auge vorhersehbar (eine „regelmäßige Unregelmäßigkeit", Abb. 13.17a). Deshalb wird bei der Bildung einer unregelmäßigen Narbe meistens die „geometric broken line"-Technik bevorzugt, bei der die Anlage multipler halbrunder dreieckiger und rechtwinklig ausgeführter Verschiebelappen hinsichtlich der Unregelmäßigkeit unübertroffen ist (eine „unregelmäßige Unregelmäßigkeit"). Eine abgestimmte Serie gegenüberliegender irregulärer Einschnitte wird auf jeder Seite der auszuschneidenden Narbe gebildet, wobei diese so angeordnet wird, daß alle Inzisionen in normaler Umgebungshaut verlaufen (Abb. 13.17b). Die Winkel, unter denen die Wundränder an beiden Enden der Exzision aufeinandertreffen, sollen weniger als 30° betragen, und jeder Schenkel des Quadrats, Dreiecks oder Halbkreises soll mindestens eine Länge von 4-5 mm haben. Wenn die zu exzidierende Narbe lang ist, ist es hilfreich, sie graphisch in Hälften oder Drittel zu unterteilen, bevor man die geplanten Schnitte an der Haut anzeichnet. Wenn es zur Änderung der Richtung der Narbe oder zur Verlängerung einer Narbe, die strangartig eine Konkavität kreuzt, notwendig und vorteilhaft erscheint, sind multiple Z-Plastiken vorzuziehen (Abb. 13.17c). Deren Anlage muß so gestaltet werden, daß die Mehrzahl der endgültigen Inzisionen in den oder parallel zu den RST-Linien verlaufen. Abb. 13.17a Abb. 13.17b Je größer der Winkel für die Lappen der Z-Plastik ist, um so größer ist die resultierende Narbenverlängerung (Abb. 13.18). Um die Blutversorgung zu den distalen Enden spitz verlaufender Lappen einer Z-Plastik zu verbessern, können die Lappenschenkel leicht nach außen gebogen verlaufen, wodurch die Oberfläche jedes Lappens vergrößert wird. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Wenn Inzisionen, Verletzungen oder Exzisionen im Gesichtsbereich nicht ideal in den natürlichen Gesichtslinien oder in den Enlspannungslinien der Haut verlaufen, dann läßt sich eine sehr gute Narbenkaschierung durch eine unregelmäßige Gestaltung der Narbe erzielen. Unregelmäßige, exzentrisch angelegte Narben sind optisch nicht auszurechnen, irritieren das beobachtende Auge und machen damit eine Narbe unauffällig. Gesichtsnarben 277 50% Abb. 13.18 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 13.17c Tangentiales Abtragen von Narben („shave excision") Unter Berücksichtigung einiger strikter Kriterien für eine Narbe kann der Operateur sich entscheiden, diese mit dem Skalpell tangential abzutragen und auf das Niveau der Umgebung zu bringen. Die Langzcitergebnisse sind sehr gut. Schmale und in der Achse richtig verlaufende Narben. die 2-3 mm über das Hautniveau herausragen, können gut auf eine solche Technik ansprechen, die mit einem feinen Skalpell oder einer Rasierklinge ausgeführt wird (Abb. 13.19). Die Haut der Nase läßt sich so besonders gut behandeln. da sie reich an epithelialen Talgdrüsen und in den unteren zwei Fünfteln der Nase dick ist. Dermabrasion Wenn Narben ausgereift und ausreichend verheilt sind (nach 4-20 Monaten), läßt sich eine zusätzliche Kaschierung der Narben durch eine oder mehrere oberflächlich ausgeführte Dermabrasionen mit der Diamantfräse erzielen. Dadurch können Unregelmäßigkeiten in Farbe und Niveau ausgeglichen werden. Feine Linien und Fällchen reagieren ebenfalls gut auf diese Technik. Die anästhesierte Haut in der Umgebung der Narbe wird unter Hilfe des Assistenten von vier Ecken unter Spannung gehalten (Abb. 13.20a). Bauchtücher sind dabei Kompressen vorzuziehen. Die rotierende Hochgeschwindigkeitsfräse. die in Richtung auf das zu abradierende Gebiet dreht, trägt schrittweise die epitheliale Oberfläche ab und läßt die Ränder des abradierten Gebietes in die umgebende Haut übergehen. Die Dermabrasion soll von ver- Abb. 13.19 schiedenen Winkeln aus durchgeführt werden, um ein netzartiges Behandlungsmuster zu erzielen und den Kaschicrungseffekt zu verbessern (Abb. 13.20b). Mobile Gesichtsstrukturen (Lippen, Augenlider, Nase) sind während der Dermabrasion besonders gefährdet und sollen sorgfältig vor Verletzungen geschützt werden. Alle Operateure und Assistenten sollten während des Eingriffs Brillen oder Gesichtsschilde, Handschuhe und Kittel tragen, um eine mögliche Kontamination durch Blut zu verhindern. Korrektur der Gesichtsfalten Abb. 13.20a Abb. 13.20 b Modifikationen • Nicht ausgereifte, hypertrophe oder Keloid-Narben werden durch eine mehrfache Injektion von Steroiden (Triamcinolonacetat, 10-35 mg/cm3) in den Ort der Läsion weicher und kleiner. Steroide können auch mit Hilfe des Dermajets eingebracht werden. • Ein kontinuierlich ausgeübter fester Druck auf die Narben reduziert schrittweise ihre Größe und ihre Härte. Individuell angefertigte elastische Masken lassen sich im Gesichtsbereich einsetzen. Als Clips ausgeführte Ohrringe können sich bei der Behandlung hypertropher Ohrläppchennarben bewähren, die bei traditioneller Behandlung therapieresistent sind. • Bei ausgereiften feinen Narben guter Farbqualität kann eine oberflächliche Skalpellabrasion und ein kreuzweises Einschneiden nur der Epithelschicht eine weitere Verbesserung ermöglichen (sog. „multiple, mikroskopische Z-Plastik") (Abb. 13.21). • Gestielte Lappen aus der umgebenden Haut (in erster Linie Verschiebe-, Rotations- oder Transpositionslappen) bieten ein wertvolles Arsenal an Möglichkeiten zur Narbenkorrektur, da Haut normaler Dicke, Farbe und Konsistenz eingesetzt werden kann, um fehlendes Gewebe oder unschöne Narben zu ersetzen. • Ein kosmetisches Make-up ist der letzte Schritt zur Maskierung gut korrigierter Narben. Die exakte Zusammensetzung hängt von der individuellen Hautfarbe, der Gewebetextur und der Konsistenz der Haut ab. • Ein sinnvolles Produkt bei der Mehrzahl der kaukasischen Hauttypen ist der Creme-Puder-Set von Lancöme mit einer mattrosa Farbe. Abb. 13.21 • Wenn die Dermabrasion zusätzlich zu anderen, vorhergegangenen Narbenkorrekturtechniken angewandt werden soll, dann beschleunigt eine prä- und postoperative, über ca. zwei Wochen gehende Behandlung mit Vitamin A (Retin-A®) die epitheliale Regeneration und Heilung ebenso, wie sie Pigmentationsunterschiede verringert. Das Auftreten postoperativer, kutaner „Grießkörnchen" kann ebenfalls seltener werden. • Bei jungen Patienten und bei allen zuvor hypertrophen Narben kann die intraoperative Injektion von Stero- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 278 Abb. 13.22 Abb. 13.23a iden in die Hautränder eine weitere Hypertrophie unterdrücken. Bei ausgewählten, großen Narben in der Nähe entscheidender ästhetischer Merkmale, wo eine einzeitige Exzision aufgrund der Defektgröße keinen primären Wundverschluß ermöglichen würde, bieten sich mehrere aufeinanderfolgende partielle Exzisionen an (Abb. 13.22). Ein Teil der Narbe wird spindelförmig exzidiert, gefolgt vom primären Wundverschluß. Wenn die Narbe reif und weich ist, kann nach demselben Muster erneut exzidiert werden (Abb. 13.22), bis die Narbe vollständig entfernt und eine schmale Narbe entstanden ist. Dieses Vorgehen bedient sich nach jeder partiellen Exzision der Elastizität und Mobilität der Haut und vermeidet die Anwendung großer Lappen zur Defektdekung. • Die Prinzipien der Gewebeexpansion sind eine andere Behandlungsmöglichkeit bei Narben, die für eine einzeitige Exzision zu groß sind. Diese Technik umfaßt die Einbeziehung schrittweise gedehnter Haut der Umgebung zum Wundverschluß eines größeren Gebietes, als es für eine einfache Exzision und einen primären Wundverschluß in Frage käme (Abb. 13.23a-c). Abb. 13.23 b 1 = Narbe 279 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Gesichtsnarben 280 Korrektur der Gesichtsfalten • Wenigstens für 3 Monate nach dem Eingriff (besonders wenn eine Dermabrasion einbezogen wurde) sollte starke Sonneneinstrahlung vermieden und eine Sonnencreme mit einem hohen Lichtschutzfaktor (mindestens 15) angewandt werden. • Im allgemeinen erreicht man durch mehrere, nacheinander in ausgewählter Reihenfolge durchgeführte Operationen die besten Ergebnisse (z. B. die Technik der geometrisch gebrochenen Linie, gefolgt von einer tangentialen Skalpellabtragung geringer Unregelmäßigkeiten, wiederum gefolgt von einer oder mehreren Dermabrasionen). Postoperative Nachsorge Abb. 13.23c Regeln, Hinweise und Fallstricke Das Endergebnis einer operativen Narbenkorrektur sollte eine schmale, im Hautniveau liegende, farbgleiche, in einer Hautfalle oder RST-Linie, sinusförmig verlaufende Narbe sein, die möglichst keine Aufmerksamkeit erweckt. • Alle Hautschnitte bei der Narbenexzision müssen schräg von der Oberfläche weg führen, um eine leichte Hauteversion während des Wundverschlusses zu ermöglichen. • Der Schlüssel zu einer feinen, schmalen epithelialen Narbe ist eine akkurate Adaptation und Naht der Dermis. • Narbenkorrekturen müssen so lange warten, bis die eigentliche Narbe ausgereift und weich geworden ist und die proliferative Phase der Kollagenbildung zum Stillstand gekommen ist (Ausnahmen von der Regel treten dann in Kraft, wenn schrumpfende Narben wichtige Gesichtsstrukturen funktionell beeinträchtigen. Dazu zählen das Unterlidektropium, eine Lippenverziehung, zervikal verziehende Narben, die die Kopfdrehung beeinträchtigen, usw.). Auch in verletzungsbedingten Narben, die deutlich erkennbar falsch gelegt sind und wahrscheinlich auch nach Abschluß der Reifung unansehnlich bleiben, sollte man nicht unbedingt die traditionellen 12 Monate abwarten. Solche Narben werden früher revidiert. Narben im Gesichtsbereich, die der Bewegung ausgesetzt sind, heilen am besten, wenn sie mit Steristrips o. ä. so lange wie möglich ruhiggestellt sind. • Die Vermeidung von Sonnenexposition ist während der ersten drei postoperativen Monate wichtig. • Transepitheliale Gesichtsnähte sollten idealerweise 5-7 Tage nach dem Eingriff entfernt werden. Ausnahmen bilden monofile, fortlaufende intradermale Nähte, die 2-3 Wochen in situ bleiben, und schnell resorbierbare Catgutfäden, die - im Epithel angewandt - sich nach 4-6 Tagen spontan auflösen. • Literatur Borges. A.: Elective Incision and Scar Camouflage. Little, Brown & Co.. Boston. 1973 Borges. A.: The relaxed skin tension lines (RSTL) vs. other skin lines. Plast. Reconstr. Surg. 73 (1984) 144 Edlich R. F.. H. I. Friedman, P. C. Haines, G. T. Rodeheaver: Biology of wound repair. Facial Pias. Surg. 1:3 (1984) 169 Gibeon. T, R. M. Kenedi: Biomechanical properties of the skin. Surg. Clin. N. Amer. 47 (1967) 279 Peacock. E. E.. W. von Winkler: Surgery and Biology of Wound Repair. Saunders. Philadelphia 1976 Tardy. M- E. et al.: Adjacent skin flaps for facial reconstruction. ENT Jour 60 (1981)35 Tardy. M. E.. J. Denneny: Surgical alternatives in scar camouflage. Fac. Plast. Surg. 1:3 (1984) 209 Webster. R. C . T. M. Davidson, R. C. Smith: Broken line scar revision. Clin. Plast. Surg. 4 (1979) 263 Webster R. C , R. C. Smith: Scar Revision and camouflaging. Oto Clin. N. Amer. 15 (1982)55 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. •