Selbstständigkeit, Berufliche: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

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Selbstständigkeit, Berufliche
Themenpapiere der Fraktion
Die Anzahl der Selbständigen ist im Zeitraum von 1998 bis 2011 von 3,6 auf 4,4 Millionen
angewachsen, seit 2012 sank die Zahl der Selbständigen zwar bis 2014 um ca. 150.000 Personen.
Die Zahl ist aber nach wie vor hoch und maßgeblich auf den Anstieg von Selbstständigen ohne
Beschäftigte („Solo-Selbstständige“) zurückzuführen. Seit Beginn des Jahrtausends gibt es mehr
Solo-Selbstständige als Selbstständige mit Beschäftigten. Einen maßgeblichen Anteil machen
Selbständige aus, die sich mit früheren Arbeitnehmertätigkeiten, wie z.B. Reinigungsarbeiten,
Arbeitsvermittlung, Pflegetätigkeiten, Servicearbeiten und Handwerksarbeiten selbständig machen
mussten, um der Arbeitslosigkeit zu entgehen.
Selbständigkeit ist insbesondere gekennzeichnet durch die eigene Verantwortung für das
unternehmerische Risiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im
Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.
Zur Abgrenzung Selbständiger vom abhängig Beschäftigten dienen sowohl formelle Kriterien wie
u.a. Gewerbeanmeldung, Eintragung ins Handelsregister, Zahlung verschiedener Steuern und
Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen als auch durch die Rechtsprechung des BSG
entwickelte Kriterien. Selbständigen obliegen die Selbstfinanzierung der Kranken- und
Altersversicherung und auch die Absicherung gegen Arbeitslosigkeit für den Fall des Scheiterns
ihrer Unternehmung. Insbesondere die Arbeitslosenversicherung für Selbständige hat in den letzten
Jahren eine Veränderung erfahren. Positiv zu bewerten ist, dass es überhaupt eine
Absicherungsmöglichkeit für Selbständige gegen Arbeitslosigkeit gibt. Die LINKE kritisiert aber
deutlich die restriktive Gestaltung der Zugangsvoraussetzungen. Hochschulabsolvent/-innen ist
beispielsweise bei direktem Übergang vom Studium in die Selbständigkeit die freiwillige
Arbeitslosenversicherung verwehrt.
Solo-Selbständige und Scheinselbständige
Solo-Selbständige werden diejenigen Selbständigen genannt, die keine Mitarbeiter beschäftigen.
Ihre Zahl hat sich seit 1991 von 1,38 Millionen auf rund 2,3 Millionen (2009) entwickelt. Zwar gibt
es in jüngerer Zeit einen leichten Rückgang. Dennoch ist die Gruppe der Soloselbständigen weit
größer als die Gruppe der Selbständigen mit Angestellten. Eine „echte“ berufliche Perspektive kann
Selbständigkeit jedoch nur bieten, wenn das erzielte Einkommen den Lebensunterhalt sichert, und
die sozialen Risiken Alter, Krankheit, Pflege und Invalidität abgesichert sind. Dem entgegen steht
aber, dass ein Viertel der Soloselbständigen weniger als 8,50 Euro je Stunde verdient (lt. DIW
Wochenbericht 36.2015.)
Für den Großteil der Selbständigen besteht keine Sozialversicherungspflicht, obwohl sie vielfach
ähnlich wie Arbeitnehmer/-innen auf den „Verkauf“ ihrer Arbeitskraft angewiesen sind und häufig
geringere und unregelmäßige Einkommen erzielen als diese. Für diese Selbständigen besteht im
Zuge der Flexibilisierung von Arbeits- und Lebensverhältnissen für die Absicherung ihrer sozialen
Risiken politischer Reformbedarf.
Scheinselbständig sind erwerbstätige Personen, die aufgrund der tatsächlichen Ausgestaltung des
Beschäftigungsverhältnisses eigentlich zu den abhängig Beschäftigten zählen, aber als Selbständige
auftreten. Bei Betrachtung der realen Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
müssten sie als Arbeitnehmer/innen angesehen werden, so dass für sie im Grunde genommen
Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung)
entrichtet werden müssten.
DIE LINKE fordert:
Die Auslagerung von Arbeitsverhältnissen und die anschließende de facto Weiterbeschäftigung
ehemaliger Mitarbeiter/innen als Scheinselbständige (typisch dafür sind Hausmeistertätigkeiten,
Reinigungsarbeiten, Schreibarbeiten aber auch Krankenschwestern bei niedergelassenen Ärzten
u.a.) müssen gestoppt werden. Sie führen letztlich dazu, dass für eine Übergangszeit tatsächlich der
Staat in Form von Arbeitslosengeld Finanzierungsleistungen übernimmt, die eigentlich der
Auftraggeber als tatsächlicher Arbeitgeber zu tragen hätte.
Die LINKE schlägt vor, zur Eindämmung der Scheinselbständigkeit gesetzlich eine wider- legbare
Vermutungsregelung aufzunehmen, wie sie in nahezu gleicher Formulierung bereits einmal im
Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) enthalten war.
Außerdem will DIE LINKE Selbständige sozial absichern.
Kurzfristig sind Regelungen zu schaffen, die die Beiträge zur Krankenversicherung auch für
Selbständige mit geringen Einkünften tragbar machen.
Perspektivisch werden alle Selbstständigen in die Zweige der Sozialversicherungssysteme
(Rente, Gesundheit und Pflege, Arbeitslosenversicherung) einbezogen. Damit wird den
Selbstständigen der gleichberechtigte Zugang zu den Leistungen der jeweiligen Systeme
eröffnet, gesamtgesellschaftliche Solidarität zwischen den verschiedenen Gruppen organisiert
und schließlich auch die finanzielle Basis der Sozialversicherungen gestärkt.
Die Beitragszahlungen müssen sich dabei zukünftig zeitnah an den tatsächlichen Einkommen
orientieren. Eine finanzielle Überforderung durch die Beiträge ist zu vermeiden.
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