Hochwasserschutz gestern – heute – morgen: Mit Beispielen aus

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Hochwasserschutz gestern-heute-morgen:
Mit Beispielen aus dem Osterzgebirge
Hochwasserschutz gestern – heute – morgen:
Mit Beispielen aus dem Osterzgebirge
Stefanie Apelt 1
1TU
Bergakademie Freiberg, Matrikelnummer: 47584
Abstract: Das Ziel des heutigen Hochwasserschutzes besteht darin, die
Bevölkerung, Siedlungen, Industrie- und Gewerbegebiete, Verkehrswege,
landwirtschaftliche Nutzflächen sowie andere standortgebundene Bauten
durch dauerhafte Maßnahmen vor schadbringendem Hochwasser zu
schützen (L. King und A. Schnettler, 1992). Die vorliegende Arbeit
beschreibt die Entwicklung und Bedeutung der sich im Laufe der Zeit stark
wandelnden Konzepte und Maßnahmen für den Hochwasserschutz im
Osterzgebirge, von den ursprünglichen Gegebenheiten bis in die Heutige
Zeit. Es werden negative Aspekte beleuchtet, aber auch neue Konzepte und
Lösungsvorschläge aufgezeigt.
Die Entwicklung und Bedeutung des
Hochwasserschutzes
Hochwasser sind natürliche Vorgänge, die die Flüsse und ihre Auen
vielfältig geprägt haben und immer prägen werden. Die Geschichte der
Hochwasser und Hochwasserschäden wird als Vorgeschichte des
Hochwasserschutzes betrachtet. Der Hochwasserschutz ist des Menschen
Bemühen die Veränderungen des Flussbettes und der Landschaft zu
verhindern oder doch zu seinem Wohl zu lenken, um Schäden zu vermeiden
oder zu verhindern (Dr.-Ing. M. Schmidt, 2000). Als Folge des
Hochwasserschutzes hat der Mensch im Bereich der Flüsse und Talauen die
Naturlandschaft in eine Kulturlandschaft umgeformt, denn wer heute einen
Blick in die Landschaft wirft, findet viele Flüsse und Bäche, die in
gradlinigen Rinnen einbetoniert die Landschaft durchfließen. Vor 100 bis
200 Jahren war noch das freie Spiel der Naturkräfte für die Gewässerläufe
maßgebend, heute jedoch sind die Bäche und Flüsse ihrer einstigen Vielfalt
an Tier- und Pflanzengesellschaften beraubt. Ein natürlicher Fluss
mäandriert und kann nach jedem Hochwasser sein Bett und seinen Verlauf
verlagern, Auen und Täler überfluten und Geschiebe in den Niederungen
ablagern. Bis zur industriellen Revolution wurden bis auf wenige Fälle in
den mitteleuropäischen Flüssen keine Veränderungen vorgenommen. Als
entscheidende Einflüsse in den Wasserhauhalt zählen aber besonders die
großflächigen Waldrodungen des Mittelalters. Im 18. Jahrhundert gewinnt
die Theorie des Flussbaus an Bedeutung. Die Vorgänge im Fluss
einschließlich den Veränderungen an der beweglichen Sohle und am
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erodierbaren Ufer, sowie die Bedeutung der Geschiebebewegung im Fluss
werden qualitativ und umfassend beschrieben und Ansätze zur Komplexität
der Strömung treten hervor. Ebenso wird mit dem Gedanken propagiert, den
Fluss als eine Einheit zu sehen und den Hochwasserschutz nicht punktuell
zu betreiben, sondern großräumig zu agieren. Jedoch war der
Hochwasserschutz früher meist von den örtlich verfügbaren Baustoffen
abhängig und konnte nur in dem Umfang betrieben werden, wie es die
menschlichen und finanziellen Möglichkeiten und der Stand der Technik
zuließen. Zu den Hochwasserschutzmaßnahmen zählten vor allem:
Flächenschutz: durch die Anlage von Deichen/Dämmen aus Sand und
Schotter und mit den zur Verfügung stehenden Dichtungsstoffen, wie Lehm
oder Ton. Die Deiche entwickelten sich im Laufe der Jahrhunderte zu
immer größeren Anlagen bezüglich Höhe, Kronenbreite und
Böschungsneigungen, die vom Stand der Technik abhängig waren. Diese
Maßnahme diente der Abwehr von Nutzungseinbußen. In Ortslagen wurden
selten aufgrund beengter Verhältnisse auch senkrechte Holzbohlen- oder
Pfahlwände errichtet. Nach und nach entwickelten sich daraus je nach
örtlichen Gegebenheiten und Finanzkraft steinernde Schutzmauern.
Uferschutz: durch Schutzbauwerke aus Holz, Sand, Schotter, Busch- oder
Baumwerk. Die Uferschutzbauwerke lagen parallel zum Ufer und ragten zur
Ablenkung der Strömung in den Fluss hinein, somit verhinderten sie
Abspülungen und förderten Anlandungen.
Absenkung des Hochwasserspiegels: mit Hilfe von sogenannten
Durchstichen. Dies war eine frühe und anfangs lokale Notmaßnahme, um
drohende Überschwemmungen von einer Ortschaft oder von einer
Niederung abzuhalten. Dabei wurde der Flusslauf verkürzt, was wiederum
zu einer Vergrößerung des Fließgefälles führte und somit eine größere
Geschwindigkeit hervorrief. Die hohe Fließgeschwindigkeit bewirkte eine
verstärkte Sohlenerosion und führte zur Tieferlegung des Wasserspiegels.
Anheegerungen: das sind sogenannte Anbindungen von Inseln an ein Ufer
oder deren Zusammenfassung. Sie waren erste Bemühungen die
(Wild)Flüsse in ein geschlossenes Bett zu überführen und somit eine bessere
Ableitung des Hochwassers zu gewähren. Diese Maßnahme trug
demzufolge zur Gewinnung von (sicheren) Landnutzflächen bei. Durch
Verengung
des
Fließquerschnittes
und
Verringerung
des
Gesamtfließwiederstandes über eine Sohlenerosion kommt es letztendlich
zur Absenkung des Hochwasserspiegels. (Dr.-Ing. M. Schmidt, 2000)
Am Anfang des 19. Jahrhundert begann man mit systematischen und
planmäßigen Eingriffen und Korrektionsarbeiten am Fluss, mit dem Ziel,
die Hochwassergefahr zu verringern sowie Siedlungs- und Kulturland zu
gewinnen. Man sah die optimale Lösung darin, die Schlingen des
Flusslaufes zu durchstechen, den Fluss zu begradigen und die
Wassermassen möglichst schnell in die darunter liegenden Räume
abzuleiten, da sich Eis und Hochwasser häufig in den Flusskrümmungen
aufstaute.
Heute gibt es eine Vielzahl an Hochwasserschutzmaßnahmen, die in 3 große
Bereiche unterteilt werden, die sogenannte „Drei-Säulen-Strategie“ :
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1. Natürlicher Rückhalt: dabei handelt es sich um flächenhafte
Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel die Schaffung von natürlichen
Retentionsflächen (Auen und Grünlandflächen). Weiterhin kommen
abflussmindernde Maßnahmen in der Land- und Forstwirtschaft und im
Siedlungsbau hinzu (zum Beispiel dezentrale Versickerungsanlagen,
Erosionsschutzstreifen,
Waldmehrung,
Flächenentsiegelung,
ganzjähriger Bewuchs durch Zwischenfruchtanbau, konservierende
Bodenbearbeitung). Auch die Bodenbewirtschaftung (zum Beispiel
durch Erhöhung der Infiltration und des Speichervermögens des Bodens)
und bergbauliche Maßnahmen (zum Beispiel die Nutzung von
Restlöchern) kommen als natürlicher Rückhalt in Frage.
2. Technischer Hochwasserschutz: sind bautechnische Maßnahmen,
die den Oberlauf, den Mittellauf und den Unterlauf eines Fließgewässers
betreffen. Im Oberlauf eines Fließgewässers sind das zum Beispiel
Rückhaltebecken und Talsperren. Im Mittellauf handelt es sich
vorzugsweise um den Flussausbau und Hochwasserentlastungen (zum
Beispiel Umflut oder Überflutungsflächen), die besonders an Engstellen
und an urbanen Stellen angewendet werden. Im Unterlauf eines
Gewässers kommen meistens Deiche und Polder zur Anwendung.
3. Weitgehende Vorsorge: darunter sind alle Maßnahmen
zusammengefasst, die der allgemeinen Vorsorge und als organisatorischtechnische Maßnahmen im Hochwasserfall dienen. Dazu zählen die
Ermittlung und Kartierung von Hochwasserentstehungs-, Retentionsund
Abflussgebieten;
die
Berechnung
von
Hochwasserwahrscheinlichkeiten;
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
bezüglich Risiko, Schaden, Nutzen; das Aufstellen von Maßnahmenund Schutzplänen; Gesetze; die Aufklärung der Bevölkerung, ein
Hochwasser-Melde- und Warndienst; die Niederschlags- und
Hochwasservorhersage;
die
operative
Steuerung
von
Hochwasserschutzanlagen;
eine
kurzzeitige
Errichtung
von
Schutzanlagen und deren Verteidigung und in Katastrophenfällen auch
die Aufstellung von Katastrophen- und Evakuierungsplänen. (Dr. V.
Dunger, 2007)
Aber einige dieser Ausbaumaßnahmen bewirkten früher auch ökologische
Probleme, die sich zum Teil erst heute negativ bemerkbar machen und
bewältigt werden müssen. Die Ursachen dazu sind vielfältig:
a)
Begradigungs- und Ausbaumaßnahmen führen zur Erhöhung der
Fließgeschwindigkeit
und
somit
zu
häufigeren
Überschwemmungen, da sich die Hochwassergefahr auf den
Unterlauf verlagert, wo die Hochwasserwellen verschiedener
Flüsse zusammentreffen.
b) Die Ausbreitung von Wohn-, Gewerbe- , Industriegebieten und
Verkehrswegen in den Auen- und Tallandschaften führt zur
Verringerung der natürlichen Retentionsflächen, was wiederum
die Ausuferungsmöglichkeiten des Wassers bei Hochwasser
eingrenzt und die Hochwassersituation verstärkt.
c) Durch die hohe Anzahl an Versieglungsflächen vor allem in den
Städten und Dörfern hat das Niederschlagswasser heute kaum noch
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die Möglichkeit zu versickern und der größte Teil fließt
oberflächlich ab.
d) Durch die Kanalisation wird das Niederschlagswasser schnell den
Gewässern zurückgeführt, was besonders die Entstehung einer
Hochwasserwelle beschleunigt.
e) Durch die Anlage von Fichtenmonokulturen wird bewirkt, dass
die ausgleichende Wirkung des Waldes verlorenging, da im
Nadelwald weniger Wasser zurückgehalten, gespeichert und
verdunstet wird, sodass sich wiederum der Oberflächenabfluss
erhöht. Unterstützt wird dieses noch durch Kahlschläge,
Entwaldungen und das Waldsterben. (L. King und A. Schnettler,
1992)
f) Auf große Katastrophenhochwasser hat der Mensch wenig
Einfluss. Aber bei kleineren und mittleren Hochwassern haben
anthropogene Einwirkungen durch den sich ständig erhöhenden
Flächenanspruch der Industriegesellschaft und die daraus
resultierende Überbauung der Landschaft maßgeblich zur
Erhöhung der Hochwassergefahren beigetragen und somit wird das
Wasser, welches früher in die Auen und Überschwemmungsgebiete
floss und dort zurückgehalten wurde, nun rasch abgeführt (L. King
und A. Schnettler, 1992).
Neue ökologisch vertretbare Konzepte
Heute besteht in der Hochwasserschutzfrage ein Konflikt zwischen Technik
und Ökologie, das heißt zwischen Wasserbau und Naturschutz. Dabei
rücken vor allem die Hochwasserrückhaltebecken in den Blickpunkt. Diese
Becken werden häufig für eine Mehrfachnutzung vorgesehen. In erster Linie
natürlich zum Hochwasserschutz, aber auch zur Niedrigwasseranreicherung
in Trockenzeiten , sowie zur Energiegewinnung und letztendlich auch zur
Freizeitnutzung und Erholung. Gegen diese Hochwasserschutzplanungen
hat sich in den letzten Jahren aus naturschützerischer Sicht eine breite
Opposition gebildet, da der Bau einer solchen Anlage einen massiven
Eingriff in das ökologische Gleichgewicht einer Tallandschaft darstellt,
besonders weil das Fließgewässer unterbrochen wird und damit auch die
Austauschmöglichkeit zwischen Ober- und Unterlauf. Das führt wiederum
zur Austrocknung der Auen und damit zur Veränderung der ökologischen
Strukturen. Doch Wasserbauer sind der Meinung, dass alternative Konzepte
keinen ausreichenden Schutz bieten und begründen dies mit theoretischen
Berechnungen (L. King und A. Schnettler, 1992).
Der
Naturschutz
entwickelte
dezentrale
Maßnahmen
zum
Hochwasserschutz, die sich aus verschiedenen kleineren, ökologisch
verträglicheren Maßnahmen zusammensetzen:
Im Siedlungsbereich:
a)
Flächenentsiegelung von Parkplätzen, Gewerbegebieten oder
Straßen. Hier könnten Straßenbeläge durch wasserdurchlässige
Backsteine und Pflästerung ersetzt werden.
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b) Rückhaltung und Verdunstung von Regenwasser direkt am Haus
zum Beispiel durch Dach- und Fassadenbegrünung
c) Auffangen und Speicherung der Niederschläge durch Regentonnen
und Zisternen, in Teichen, Mulden und Sickergräben
Auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen:
a) Standortgerechte Nutzung und standortgemäße Bodenbearbeitung
b) Erhaltung von Streuobstwiesen
c) Waldflächen sollen mit standortgerechten Baumarten bepflanzt und
Nadelwaldmonokulturen und Kahlschläge vermieden werden
Unterstützende Maßnahmen im Gewässer selbst:
a) Schaffung kleinerer Retentionsräume
b) Wiederherstellung des natürlichen Bachlaufes
c) Förderung der Renaturierung oder Sanierung ausgebauter Bereiche
zur Herstellung des natürlichen Bach-Auen-Systems (zum Beispiel
durch die Schaffung von Ausuferungsmöglichkeiten, eine
standortgemäße Uferbepflanzung, die Wiederbelebung von
Altarmen, die Erhöhung des Artenreichtums, die Verbesserung des
Wasserqualität). (L. King und A. Schnettler, 1992)
Gebiets- und Niederschlagscharakteristik der
Osterzgebirgsflüsse
Abb.1: Die linksseitigen Nebenflüsse der Oberen Elbe im östlichen Erzgebirge
(LfUG, 2004)
Das Osterzgebirge (besonders die Einzugsgebiete Gottleuba, Müglitz und
Weißeritz) zählt zu den bedeutendsten Hochwasserentstehungsgebieten in
Sachsen. Seit 1560 sind zahlreiche Starkniederschläge mit verheerenden
Sturzfluten, die viele Schäden und Todesopfer erforderten, aufgezeichnet.
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Laut dieser Aufzeichnungen ereigneten sich alleine in den letzten 500
Jahren beinahe 60 schwere Hochwasser in den Tälern von Gottleuba und
Müglitz. Allein im Müglitztal waren es zwischen 1609 und 2002 achtzehn
schwerwiegende Hochwasserkatastrophen. Besonders schwere Fluten der
Vergangenheit ereigneten sich in den Jahren 1897, 1927, 1957 und 2002.
Die Entstehung, der Verlauf und die Folgen solch einer
Hochwasserkatastrophe werden in den meisten Fällen durch das komplexe
Zusammenspiel von Gebietscharakteristik und Niederschlagsereignis
bestimmt (Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz,
1927).
Die Osterzgebirgsflüsse weisen ein starkes Geländegefälle mit großen
Höhenunterschieden auf, da sich die Quellgebiete der Müglitz und
Gottleuba auf etwa 700 bis 800 m Höhe befinden und nach 34
beziehungsweise 49 km Lauflänge die erreichten Flussmündungen in die
Elbe auf etwa 110 m Höhe liegen. Natürliche Retentionsflächen sind kaum
noch vorhanden, weil sie zum größten Teil seit Mitte des 19. Jahrhunderts
für die Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung genutzt werden. Durch
das hohe Gefälle der Flüsse und die unzureichenden Rückhalteflächen
entstehen gerade bei Hochwasser große Fließgeschwindigkeiten.
Die Flussgebiete von Gottleuba und Müglitz zählten vor ihrer Besiedlung zu
einem dichten Waldgebiet, das sich vom Rande der Elbtalweitung bis in die
Kammlagen und den böhmischen Südabfall des Erzgebirges erstreckte.
Heute sind von den etwa 460 km2 großen Einzugsgebieten der beiden Flüsse
nur noch etwa 202 km2 bewaldet. Das bedeutet, dass die Wirkung der
Hochwasser durch den Verlust der Waldfläche verstärkt werden kann
(Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, 1927).
Die Lage und Gestalt des Osterzgebirges begünstigen schon seit jeher die
Ausbildung orographisch bedingter Luftmassengrenzen und somit auch die
Entstehung hoher Niederschläge. Wie in der Vergangenheit gezeigt wurde,
entwickeln sich aus anfänglich mehrtägigen Regenfällen wolkenbruchartige
Güsse, deren Niederschlagsummen in den oberen Lagen des Osterzgebirges
zum Teil Extremwerte erreichten. In den meisten Fällen sind die bisher
bedeutenden Hochwasserereignisse auf eine sogenannte Vb-Wetterlage
zurückzuführen. Sie entsteht durch einen massiven Kaltlufteinbruch über
Westeuropa. Dabei stößt warme und feuchte Meeresluft des aus Oberitalien
nach Norden vordringenden Tiefdruckgebietes auf Kaltluft und wird zum
Aufgleiten gezwungen. Im Grenzbereich der beiden Luftmassen kommt es
dann zu ausgedehnten, langanhaltenden, starken Niederschlägen über dem
Osterzgebirge (Prof. Dr. A. Schumann, 2004).
Der Hochwasserschutz im Osterzgebirge
Seit über hundert Jahren versuchen sich die Menschen an der Elbe und ihren
Nebenflüssen durch Hochwasserschutzeinrichtungen, wie zum Beispiel
Eindeichungen und Talsperren vor extremen Hochwassern zu schützen. Die
Talsperren im östlichen Erzgebirge haben seit jeher folgende zwei
Funktionen: 1. Sicherung der Trinkwasserversorgung und 2.
Hochwasserschutz. Aus diesem Grund sind die Rückhaltebecken allein für
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die Trinkwasserspeicherung überdimensioniert, was allerdings im Falle
einer drohenden Überschwemmung notwendig ist. Doch leider ist seit der
Wende die zweite Funktion der Talsperren in Vergessenheit geraten, was
auch dazu führte, das die Becken im Sommer 2002 mit mehr Trinkwasser
gefüllt waren als eigentlich erlaubt war.
Abb.2: Häufigkeit der Hochwasserereignisse der letzten 500 Jahre (LfUG, 2004)
Im Osterzgebirge treten etwa alle dreißig Jahre extreme
Hochwasserereignisse auf. Das zeigen besonders die Beobachtungswerte im
Einzugsgebiet der Müglitz mit den Höchstwerten in den Jahren 1897, 1927
und 1957 und 2002 (Abb.3), (Prof. Dr. A. Schumann, 2004).
Abb.3: Hochwasserauftreten im Einzugsgebiet der Müglitz, Osterzgebirge, von
1912 bis 2002 (Prof. Dr. A. Schumann, 2004)
Die Flutkatastrophe 2002 hat das östliche Erzgebirge am schlimmsten
getroffen, es kamen 12 Menschen ums Leben und der wirtschaftliche
Schaden beträt rund eine Milliarde Euro (L. Ebenbeck, 2005).
Analysen haben gezeigt, dass die Hochwasser-Kontroll-Stationen und
Hochwasserschutzanlagen für eine Katastrophe dieser Größenordnung nicht
geschaffen waren. Die Niederschläge und der Abfluss der Gewässer müssen
ständig überwacht werden, um kritische Situationen schnell zu erkennen.
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Besonders müssen Niederschlagsmessungen für die Niederschlag-AbflussModellierung durchgeführt werden, die vor allem für die kleineren
Einzugsgebiete im Osterzgebirge sehr wichtig sind.
Während des Hochwassers müssen die Menschen in der Region aufgeklärt
und wenn nötig auch evakuiert werden. Die Hochwasserschutzanlagen
müssen im Hochwasserfall verteidigt und überwacht werden. In Sachsen
gibt es vier Alarmstufen des Hochwasser-Nachrichten-Dienstes, die für die
jeweiligen Situationen vorgeschrieben sind. Aber leider gab es 2002 an
einigen Stellen noch unzureichende Hochwasserschutzpläne, das heißt es
besteht dringend ein Bedarf für bessere Hochwasser-Schutz-Konzepte.
Die Einzugsgebiete der Müglitz und Weißeritz bestehen aus engen, dicht
besiedelten Tälern, die nur wenige natürliche Retentionsflächen besitzen
und dadurch bei Hochwasser immer am stärksten überflutet werden. Das
bedeutet, dass vor allem Talsperren und Hochwasser-Rückhaltebecken sehr
wichtige Instrumente des Hochwasserschutzes in dieser Region sind.
Beispielsweise besaßen die Rückhaltebecken bei der Flutkatastrophe 2002
nicht genügend Speicherkapazität und liefen über. Ebenso brachen einige
Deiche, weil sie sich in einem schlechten Zustand befanden und
Schwachstellen besaßen und führten damit zu sehr hohen Schäden. Man
darf aber auch Schäden nicht außer acht lassen, die durch feste Materialien
entstehen und an engen Stellen der Gewässer oder an Brücken Blockaden
bilden und zu einer Intensivierung der Überschwemmungen führen (L.
Ebenbeck, 2005).
Abb.4: Bilder, die sich gleichen: Die Müglitztalbahn nach dem Augusthochwasser
2002 (links) und nach dem Hochwasser 1927 (rechts), (Rubin 2004)
Trotz der dicht besiedelten Auen in der Region des östlichen Erzgebirges
muss dafür gesorgt werden, dass es ausreichend kleine Rückhalteflächen in
den Talauen gibt und dass die Nutzung dieser Bereiche dem
Überschwemmungsgebiet angepasst werden, denn in Sachsen besteht bereits
das Verbot, dass keine neuen Gebäude in Überschwemmungsgebieten
gebaut werden dürfen. Bisher waren die wirtschaftlichen Verluste so extrem
hoch, weil die betroffenen Gebiete den standortgemäßen Bedingungen nicht
angepasst waren. Landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzte
Flächen sind nicht so empfindlich gegenüber den Auswirkungen der
Hochwasser, demzufolge ist auch der Anteil der Schäden in den
Überschwemmungsgebieten viel höher als der in den landwirtschaftlich und
forstwirtschaftlich genutzten Gebieten (L. Ebenbeck, 2005)
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Hochwasserschutz gestern-heute-morgen:
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Doch warum wurde langfristig keine weiträumige Vorsorge gegen extreme
Hochwasser getroffen?
Das liegt vor allem daran, dass in vielen Einzugsgebieten des
Osterzgebirges ein Hochwasser in dieser Größenordnung bis zum Jahr 2001
noch nicht gemessen wurde und deshalb konnte es auch nicht in die
statistische Verteilungsfunktion und damit in die statistische RisikoAbschätzung einfließen. Die Beobachtungswerte bis 2001 ergaben für die
Scheitelabflüsse
2002
nur
eine
sehr
geringe
Überschreitungswahrscheinlichkeit zwischen 0,01 und 0,001 Prozent, was
zu einem unterschätzten Risiko führte. (Prof. Dr. A. Schumann, 2004)
Rückblick 2002:
Im Einzugsgebiet der Weißeritz liefen alle Rückhaltebecken und die
Stauseen Malter, Klingenberg und Lehnmühle aufgrund des enormen
Abflusses über. Die Hochwasserwellen der Roten Weißeritz und der Wilden
Weißeritz stießen in Freital-Hainsberg zusammen und ließene eine enorm
große Wellen entehen, die dazu führte, dass das gerade neu entstehende
Rückhaltebecken die Hochwasserwelle um etwa 50 Prozent abgeschwächt
hat.
Abb.5: Talsperre Klingenberg (links) und Talsperre Malter (rechts),
www.finde-dein-erlebnis.de/talsperre-malter.html ;
www.landhotel-dresden.de/erzgebirge.aspx
Im Einzugsgebiet der Gottleuba wurden nach den schweren Hochwassern
von 1927 und 1957 insgesamt vier Rückhaltebecken (Mordgrundbach,
Buschbach, Liebstadt, Friedrichswalde-Ottendorf) errichtet, mit dem Ziel
den Abfluss zu verzögern, sodass die Maxima der Hochwasserwellen aus
den verschiedenen Flüssen in den jeweils anderen abfließen können. Die
Maßnahme bewirkte letztendlich, dass der Wasserpegel des Hochwassers
von 2002 unter dem Pegel von 1927 lag (L. Ebenbeck).
Im Einzugsgebiet des Baches Brießnitz, in der Nähe der Stadt Glashütte
brach am 12. August 2002 der vier Meter hohe Damm des
Rückhaltebeckens und somit stürzte eine 50.000 Kubikmeter umfassende
Wasserlawine in die durch den Starkregen überfüllte Müglitz, die somit das
ganze Tal überflutete und immense Schäden in Glashütte anrichtete. In der
Müglitz wurde paradoxerweise genau eine Woche vor dem extremen
Hochwasser am 05.08.2002 der Grundstein für ein schon über Jahrzehnte
geplantes Hochwasserrückhaltebecken gelegt. Doch wahrscheinlich hätte
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Hochwasserschutz gestern-heute-morgen:
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auch dieser 32,5 Meter hohe Staudamm mit einem Stauinhalt von 2,5
Millionen Kubikmetern Wasser die Katastrophe nicht verhindern können
und somit wurde nach diesen Erfahrungen der Hochwasserkatastrophe der
Speicherraum nun wesentlich vergrößert (LfUG, 2004)
Zukunftsaussichten:
Wegen der Ereignisse von 2002 hat die Regierung von Sachsen
Hochwasserschutz-Konzepte mit technischen Maßnahmen entwickelt, die
von hoher Priorität bis zur niedrigen Priorität geordnet sind. Zum Beispiel
hat die Rekonstruktion und Verbesserung des Rückhaltebeckens auf rund 1
Mio m3 Speichervolumen in der Nähe von Glashütte im Einzugsgebiet der
Müglitz sehr hohe Priorität. Ebenso hat die Stabilisierung der Uferhänge im
Einzugsgebiet der Weißeritz hohe Priorität. Alle Flüsse sollen auch
innerhalb der Ortschaften mehr Raum bekommen und die Flussbetten
werden verbreitert. Anstatt steiler Ufer werden schräge Böschungen
angelegt, um das gesamte Flussprofil zu vergrößern. Desweiteren soll eine
ufertypische gewässerbegleitende Vegetation angelegt werden, um
Schwemmgut und zu Tal rollende Gesteinsmassen vor den Ortschaften
einzufangen und vor Erosionsschäden zu schützen. Für zu kleine Brücken
müssen Konzepte erarbeitet werden, die den Wasserdurchlass bei
Hochwasser garantieren. Ein höherer Waldanteil, trägt dazu bei, das Wasser
bereits am Entstehungsort zurückzuhalten. Industrieanlagen müssen besser
geschützt werden, Ackerflächen dafür weniger. Es sollen durch
Deichverlegung und neue Flutpolder 3000 Hektar zusätzliche
Überschwemmungsflächen in der Region des östlichen Erzgebirges
geschaffen werden. Doch alle diese Maßnahmen gewährleisten keinen
hundertprozentigen Hochwasserschutz (LfUG 2004, 2005).
Auch in der Zukunft können die Hochwasser technisch und wirtschaftlich
nicht verhindert werden, aber es ist notwendig die Hochwasserkontrolle zu
verbessern, um extreme Schäden zu verhindern. Die höchste Priorität gilt
nach wie vor dem Schutz des Menschen. Bis auf eine bestimmte Ebene sind
wirtschaftliche Verluste noch tolerierbar. Präzise Vorhersagen durch die
Radarmessung der aktuellen Niederschläge und deren Verbreitung in
kürzeren Abständen können dazu beitragen Schäden durch Hochwasser zu
verhindern oder zumindest abzuschwächen. Ebenso ist es nötig, dass
Brücken und Gebäude in Hochwassergebieten gegen schwimmende
Gegenstände stabilisiert werden. In den Häusern sollten keine Öltanks oder
elektrischen Geräte im Keller vorhanden sein und die Türen und Fenster
müssen wasserdicht sein. Eine standortgerechte Vegetation kann
Erosionsschäden verhindern (LfUG, 2004)
Leider sind die technischen Baumaßnahmen teuer und dauern sehr lange.
Oft müssen alle Interessen von der Landwirtschaft, vom Wasserbau und
vom Naturschutz gegeneinander abgewogen werden und führen meistens zu
Konflikten. Deshalb ist der einfachste Hochwasserschutz heute in den
Talauen keine neuen Gebäude und Siedlungen anzulegen. Außerdem sollten
neue Hochwasser-Schutz-Konzepte und die regionale Planung bedenken,
dass den Gewässern genügend natürliche Überschwemmungsflächen
bereitstehen. In den dicht besiedelten Bereichen ist es jedoch unmöglich die
natürlichen Bedingungen wiederherzustellen (SMUL, 2002)
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Heute ist, bedingt durch die verheerende Hochwasserkatastrophe von 2002,
das Thema Hochwasser wieder in den Blickpunkt des öffentlichen
Interesses gerückt. Hochwasser sind und bleiben Naturereignisse, die
grundsätzlich nicht verhindert werden können, jedoch können sie in ihren
Ausmaßen und Folgen durch regionale Flächenmanagements gemildert
werden, doch nach wie vor gilt: „Vor dem Hochwasser ist nach dem
Hochwasser.“ (Prof. Dr. A. Schumann, 2004)
Quellen:
-
Autorenkollektiv (1927): Mitteilungen des Landesvereins
Sächsischer
Heimatschutz,
Dresden
(Lehmann`sche
Buchdruckerei), Heft 9-12,
Dr.-Ing. M. Schmidt (2000): Hochwasser und Hochwasserschutz in
Deutschland vor 1850 - Eine Auswertung alter Quellen und Karten.
Dr. V. Dunger (2007): Skript zur Vorlesung Hydrologie I
LfUG (Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie) (2004):
Ergebnisanalyse – Hochwasser August 2002 in den
Osterzgebirgsflüssen.
LfUG (Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie) (2005):
Ergebnisse
der
landesweiten
Priorisierung
von
Hochwasserschutzmaßnahmen.
SMUL (Sächsisches Staatsministerium
für Umwelt und
Landwirtschaft) (2002): Hochwasserschutz in Sachsen (Materialien
zur Wasserwirtschaft).
Prof. Dr. A. Schumann (Rubin 2004): Nach dem Hochwasser ist
vor dem Hochwasser.
L. Ebenbeck (2005): Analysis of the flood of August 2002 in the
Eastern Ore Mountains – Flood Protection Measures.
S. Zahlaus (2005): Analyse des 2002er Hochwasserereignisses im
Osterzgebirge: Vergleich mit historischen Hochwässern.
L. King und A. Schnettler (Spiegel der Forschung, 1992):
Hochwasserschutz gestern-heute-morgen: Beispiele aus dem
Lahn/Dill-Gebiet.
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