Die Kirche braucht gut ausgebildete Priester

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Die Kirche braucht
gut ausgebildete Priester
„Die erstrebte Erneuerung der gesamten Kirche hängt zum großen Teil vom priester‐
lichen Dienst ab“. So beginnt das Doku‐
ment des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Priesterausbildung Optatam totius. Die Umsetzung der nachkonziliaren Refor‐
men ist wesentlich auf gute Priester angewie‐
sen, was eine angemessene Ausbildung not‐
wendig macht. Ein weiterer Grund für die Bedeutung einer reformierten Priesterausbil‐
dung ist die Neuakzentuierung des Priester‐
bildes. Sah man vor dem Konzil im Priester wesentlich denjenigen, der das Heilige Mess‐
opfer darbrachte, so wird nun die Einheit der drei Dienste des Priesters – das Volk Gottes zu leiten, zu heiligen und zu lehren – wieder mehr betont (vgl. Art. 4). Der Priester soll wieder wirklicher Seelsorger in allen Dimensionen menschlicher Existenz sein. Das macht aber eine Umstellung der Ausbildung zwingend. Peter Hünermann charakte‐
risiert in seinem theologischen Kommentar zu dem Dekret die Formation der Kleri‐
ker vor dem II. Vatikanum durch zwei Aspekte: Einerseits eine starke Romzentriert‐
heit und dadurch weltweite Einheitlichkeit, andererseits die Abschottung der Semi‐
naristen von der Welt. Schon unter Pius XII., der in vielem für das Gelingen des II. Vatikanums so wichtig war, ließen sich nun gewisse Öffnungen wahrnehmen, an die das Konzil anschließen kann. Zur Textgeschichte des Dokuments Bereits vor der Eröffnung des Konzils wird eine Kommission beauftragt, zwei Texte über den Priesternachwuchs zu verfassen: Einer soll die Förderung von Berufungen behandeln und der andere die konkrete Ausbildung der zukünftigen Priester, jedoch wurden beide im Anschluss zu einem einzelnen Schema zusammengefasst. Dieses Schema wird zwar erst in der dritten Sitzungsperiode des Konzils besprochen wer‐
den, aber die beiden ersten Perioden führten jeweils zu einer erheblichen Umgestal‐
tung und Kürzung des Dokumentes. Besonders wichtig war in diesem Zusammen‐
hang die Feier des 400. Jahrestages der Veröffentlichung des Trienter Seminardekre‐
tes am 15. Juli 1963. Papst Paul VI. veröffentlichte zu diesem Anlass das Schreiben Summi Dei Verbum, das sich der Priesterausbildung widmete und am 4. November desselben Jahres – also mitten in der zweiten Sitzungsperiode des Konzils – erschien. Nach der durch dieses Schreiben angestoßenen Umarbeitung des Schemas, konnte es im Oktober des Jahres 1964 im Rahmen der dritten Sitzungsperiode des Konzils an die Bischöfe übergeben und vom 12. bis zum 17. November diskutiert werden. Lob erntete vor allem die im Text zu findende Tendenz zur Dezentralisierung und die Betonung der Rolle der Bischofskonferenzen. Letzte Änderungen am Text wurden bis zum Mai 1965 eingearbeitet, sodass die feierliche Schlussabstimmung in der vier‐
ten Sitzungsperiode am 28. Oktober 1965 erfolgen konnte. Sie führte zu einer über‐
wältigenden Mehrheit von 2318 zu 3 Stimmen. Inhaltliche Beschränkung auf allgemeine Regeln Optatam totius gliedert sich in 22 Artikel, die in sieben Kapitel geordnet sind. Das Konzil beschränkt sich auf „allgemeine Gesetze“ und überlässt – die Eigenheiten der Ortskirchen anerkennend – die konkrete Anwendung den Bischofskonferenzen. Zudem heißt es, diese Vorschriften seien „von Zeit zu Zeit zu revidieren“ (Art. 1). Das ist vor allem daher wichtig, weil das Konzil viele Umstände, die heute für die Priesterausbildung bedeutend sind, damals noch nicht im Blick hatte bzw. haben konnte. Die Rahmenbedingungen ändern sich So ist etwa das Eintrittsalter der Kandidaten heute im Allgemeinen höher als noch vor 50 Jahren. Auch erwähnt das Konzil noch nicht den Fall, dass Männer ohne Abi‐
tur aber mit abgeschlossener Berufsausbildung sich auf den Weg zum Priestertum machen. So wird die Errichtung eines Spätberufenen‐Seminars vom Konzil nicht erwogen. Das Studienhaus St. Lambert in Lantershofen ist aber seit seiner Eröffnung durch Triers Bischof Dr. Bernhard Stein im Jahr 1972 sicherlich eine der sichtbarsten Früchte der nachkonziliaren Reformen der Priesterausbildung in unserem Bistum. Diakonatszeit vor der Priesterweihe eingeführt Ein weiteres Beispiel für die Verantwortungsübertragung an die Ortskirchen findet sich in Artikel 12. Dort wird den Bischöfen mehr Entscheidungsfreiheit in der Gestal‐
tung der Ausbildung zugestanden. Auch die erwähnte Möglichkeit einer eigenen Diakonatszeit vor der Priesterweihe wurde von den deutschen Bischöfen dankbar aufgegriffen und bildet heute einen festen Bestandteil auf dem Weg zum Priester‐
tum. Eine weitere wichtige Neuerung der Priesterausbildung stellt das sogenannte Propä‐
deutische Jahr dar, in dem die Bewerber sich auf das Studium der Theologie vorbe‐
reiten und eine Einführung in das geistliche Leben erhalten. Gerade unter den geän‐
derten Bedingungen der religiösen Sozialisation der jungen Menschen ist diese in Artikel 14 erwähnte Einrichtung eine Bereicherung der Priesterausbildung. Artikel 21 spricht von Pastoralpraktika, die in der studienfreien Zeit absolviert werden sollen und heute ebenfalls eine Selbstverständlichkeit in der Formation der Seminaristen darstellen. Hier kommt auch die vom Konzil geforderte Einheit der geistlichen, wis‐
senschaftlichen und pastoralen Formation (Art. 8) zum Ausdruck. Auf den heute schmerzhaft erfahrenen Rückgang der Berufungen geht das Doku‐
ment ein, wenn etwa die Zusammenlegung von Seminaren für den Fall angeregt wird, dass eine Diözese allein kein Seminar mehr betreiben kann (Art. 7). Wie groß allerdings eine Seminargemeinschaft sein muss, überlässt das Konzil bewusst der Entscheidung der Kirche vor Ort. Ganz wichtig ist auch die Einsicht, dass ein Mangel an Priestern nicht dazu führen darf, in der Auswahl der Bewerber Kompromisse zu machen (Art. 6). Die geistliche psychologische und menschliche Reife ist gerade bei der geringer werdenden Zahl der Priester von entscheidender Bedeutung. Deswegen ist es zu begrüßen, dass Optatam totius an vielen Stellen die Wichtigkeit einer mit dem christlichen Menschenbild in Einklang stehenden Psychologie betont: Die not‐
wendige Charakterformung der späteren Priester ist „auf die neueren Erkenntnisse einer gesunden Psychologie und Pädagogik“ angewiesen (Art. 11). Artikel 6 über die Reife der Bewerber und Artikel 2 über die Berufungsförderung erwähnen die Psy‐
chologie ebenso wie Artikel 20, der Grundzüge der Psychologie, Soziologie und Pädagogik als Gegenstand der pastoralen Ausbildung empfiehlt. Gerade im Zugehen auf diese Disziplinen zeigt sich die auf dem Konzil vollzogene Öffnung zur Welt. Umsetzung auf zwei Ebenen Das Konzil gab also wichtige Anstöße zu einer Reform der Priesterausbildung, die konkrete Umsetzung fand hingegen auf zwei Ebenen statt: Auf weltkirchlicher Ebene wurde im Jahr 1970 eine Grundordnung für die Ausbildung der Priester (die sogenannte Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis) erlassen, die ihre Anwendung auf Ebene der Bischofskonferenzen finden sollte. Für Deutschland wurde daher im Jahr 1978 eine Rahmenordnung für die Priesterbildung geschaffen, die bereits 10 Jahre später neu gefasst wurde und im Jahr 1995 erneut von Rom approbiert wurde. Reform ist eine bleibende Aufgabe der Kirche, so wurden und werden die Dokumente zur Priesterausbildung nicht nur überarbeitet (die Rahmenordnung zuletzt 2003), sondern auch neue Texte veröffentlicht. Besonders ist hier das Apostolische Schreiben Pastores dabo vobis von Papst Johannes Paul II. von 1992 zu nennen. Der Papst greift darin die Ergebnisse der 8. Ordentlichen Bischofsversammlung im Herbst 1990 auf. Die vati‐
kanische Kongregation für das katholische Bildungswesen hat überdies 2008 Leitli‐
nien für die Anwendung der Psychologie bei der Aufnahme und Ausbildung von Priesterkandidaten erlassen, die seither weltweit Anwendung finden. Zudem ist der‐
zeit, wie zu hören ist, eine erneute Überarbeitung der oben erwähnten Ratio fun‐
damentalis aus dem Jahr 1970 in Rom in Planung. Geistliche Menschen und menschliche Geistliche Wenn sich auch die Bedingungen der Priesterausbildung seit der Veröffentlichung von Optatam totius erheblich verändert haben und in Zukunft auch weiterhin rasant verändern werden und damit einhergehend auch das Anforderungsprofil an den „Priester der Zukunft“, der seinen Dienst nur dann gut versehen wird, wenn er sich als ein „Teamplayer“ versteht, so hat das Konzil doch die nötigen Voraussetzungen geschaffen, um auch heute gute Priester hervorzubringen. Diese sollten sich stets darum bemühen, um es mit den Worten des kürzlich verstorbenen Würzburger Generalvikars und vorherigen Regens Karl Hillenbrand zu sagen, „geistliche Menschen und menschliche Geistliche“ zu werden – mit Gottes Hilfe. ‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐ Msgr. Michael Becker Regens, Priesterseminar Trier 
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