Rat und Hilfe bei Diabetes mellitus Typ 2 Wichtige Informationen zur Erkrankung Ein Service Ihres Versorgungsteams Inhalt Was ist Diabetes mellitus Typ 2? 4 Diabetes mellitus erkennen und feststellen 7 Wie wird Diabetes behandelt? 12 Mögliche Begleit- und Folgeerkrankungen 22 Verzeichnis medizinischer Fachbegriffe 28 Das Diabetes-Gesundheitsquiz 29 Buchtipps, Adressen und Websites 30 Zum Schluss … 31 Sämtliche medizinischen Informationen und Empfehlungen sind neutral und basieren auf den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. oder der anerkannten Lehrmeinung. Unsere Broschüre wurde für Sie von einem Team aus Ärzten, Krankenschwestern, Apothekern und Ernährungswissenschaftlern verfasst. Um unsere Broschüren schneller und einfacher lesbar zu machen, unterscheiden wir nicht zwischen „weiblicher“ und „männlicher“ Schreibweise. 2 Diabetes mellitus Typ 2 Liebe Leser, in Deutschland leben ca. acht Millionen Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2, einer chronischen Erkrankung, die man mit einer geeigneten Lebensführung gut im Griff haben kann. Stellen Sie sich also ganz auf Ihren Diabetes ein und integrieren Sie die dadurch veränderten Bedürfnisse, die Ihr Körper jetzt hat, ganz bewusst in Ihr Leben. So beeinflussen Sie nicht nur den Krankheitsverlauf positiv, Sie steigern auch Ihr Wohlbefinden ganz entscheidend. Alles, was Sie über Ihren Diabetes wissen sollten, haben wir auf den folgenden Seiten für Sie zusammengefasst. Falls Sie noch Fragen haben, rufen Sie uns bitte an oder kontaktieren Sie direkt Ihren Arzt. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre. Ihr KKH Versorgungsteam 3 Übergewicht und Bewegungsmangel erhöhen das Risiko zuckerkrank zu werden. Was ist Diabetes mellitus Typ 2? Diabetes mellitus, im Volksmund auch Zuckerkrankheit genannt, ist eine Stoffwechsel­ erkrankung, die zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel führt. Diabetes mellitus – so unterscheiden sich Typ 1 und Typ 2 Bei gesunden Menschen wird der nach der Nahrungs­ aufnahme im Blut zirkulierende Zucker mithilfe des Hormons Insulin in die Körperzellen aufgenommen. Bei Diabetes mellitus Typ 1 geschieht dies nicht, weil die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse gestört ist. Man spricht deshalb auch von einem „absoluten Insulinmangel“. Beim Diabetes mellitus Typ 2 wird Insulin produziert, jedoch ist die Insulin­ ausschüttung direkt nach einer Mahlzeit zu gering. Außerdem ist die Insulin­wirkung an den Körperzellen vermindert. Hier spricht man von einem „relativen Insulin­mangel mit Insulin­resistenz“. So wirkt Insulin Die wichtigsten Energielieferanten des Körpers sind Stärke und Zucker, also Kohlenhydrate. Im Darm werden sie bei der Verdauung zu körperverwert­barem Zucker umgewandelt und ins Blut abgegeben. Der Blutzucker dient vor allem den Muskel- und Herzmuskelzellen, den roten Blutkörperchen sowie 4 den Gehirnzellen als „Brennstoff“ zur Aufrecht­ erhaltung ihrer Funktions- und Leistungsfähigkeit. Um von den Zellen genutzt („verbrannt“) zu werden, muss der Zucker jedoch aus dem Blut ins Innere der Zellen gelangen. Dies ermöglicht das Insulin. Steigt der Blut­zucker­spiegel nach einer Mahlzeit an, schüttet die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin in die Blutbahn aus. Insulin wirkt wie eine Art Schlüssel. Es öffnet Insulinrezeptoren auf der Oberfläche der Zellen so, dass Zucker aus dem Blut durch die Zellwand dringen und in den Zellen verwertet werden kann. Dadurch sinkt der Blut­zuckerspiegel wieder ab. Wie entsteht Diabetes mellitus Typ 2? Während bei Typ-1-Diabetes die Insulin­­­pro­duk­tion häufig schon während der Jugendzeit versiegt, sind die Ursachen des wesentlich häufigeren Typ-2Diabetes noch nicht bis in alle Einzelheiten bekannt. Man weiß laut Forschungs­berichten aber, dass bestimmte Faktoren bei der Entstehung eine Rolle spielen. Besonders sticht hier die genetische Veranlagung hervor – viele Typ-2-Diabetiker haben in ihrer nahen Verwandtschaft gleichermaßen Erkrankte. Welche „Diabetesgene“ im Einzelnen für die Vererbung der Erkrankung verantwortlich sind, ist heute noch nicht ausreichend geklärt. Zusammen mit den erblichen Faktoren ist Typ-2Diabetes vor allem die Folge von Überernährung und zu wenig Bewegung. Besonders die Fetteinlagerung im Bauchbereich scheint nach neueren Untersuchungen eine ganz wesentliche Rolle bei der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 und vielen anderen chronischen Erkrankungen zu spielen. Deswegen ist die Messung des Taillenumfangs zur Einschätzung des eigenen Risikos (siehe untere Illustration) hilfreicher als die Bestimmung des Body-Mass-Index (BMI). Weitere Erkrankungen, die in diesem Zusammenhang auftreten, sind Gicht, Gefäßverkalkungen, erhöhte Blutfette und Bluthochdruck. Diese Erkrankungen werden unter dem Begriff Metabolisches Syndrom zusammengefasst und beschrieben. Wenn Sie sich weitergehende Informationen über den Zusammenhang von Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck wünschen und mehr dazu wissen möchten, was Sie selbst dagegen tun können, fordern Sie bitte unsere Broschüren „Ursprung und Folgen des Metabolischen Syndroms“ und „Gesund essen und trinken mit Flippino“ an. Die Folgen übermäßigen Essens Bei einem Überangebot an Nahrung muss die Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin aus­schütten. Zugleich bewirken verschiedene Stoffwechsel­ prozesse, dass die Zellen immer unempfindlicher für das Insulin werden: Die Zahl der Insulin-Rezep­toren auf der Zellober­fläche nimmt ab. Um diese verringerte Empfindlichkeit (Insulin­resistenz) auszugleichen, schüttet die Bauchspeicheldrüse zunächst vermehrt Insulin aus. Sinkt die Insulinempfindlichkeit weiter, erschöpft sich schließlich die Leistungsfähigkeit der Bauchspeicheldrüse. Die Insulinproduktion reicht nicht mehr aus. Die Folge: Der Blutzuckerspiegel bleibt dauerhaft erhöht. So äußert sich Diabetes mellitus Häufiges Wasserlassen bei großem Durst kann ein erstes Anzeichen von Diabetes mellitus sein. Der Grund dafür ist, dass dem Zucker, der bei zu hohen Blutzuckerwerten in den Harn übertritt, immer auch etwas Flüssigkeit folgt. Auch Juckreiz oder eine Neigung zu Haut­ent­zün­­ dungen können erste Anzeichen sein. Häufig sind auch vermehrte Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Schwäche sowie Heiß­hunger, Schwitzen und Kopfschmerzen Hinweise für die mangelnde Aufnahme des Energie­lieferanten Zucker in die Körperzellen. Dies kann manchmal auch zu unerwarteten Ge­wichtsverlusten führen, denn Zucker steht den Zellen nicht mehr als Brennstoff zur Verfügung. Stattdessen gewinnt der Körper die benötigte Energie aus Fetten oder Eiweiß. Messen Sie Ihren Taillenumfang mög­lichst morgens vor dem Frühstück. Stellen Sie sich dafür unbekleidet vor einen Spiegel und entspannen Sie Ihren Bauch. Messen Sie nun Ihren Taillenumfang dort, wo Ihr Bauch den größten Umfang hat – das ist bei den meisten Menschen etwa die Nabelhöhe. Riskanter Zustand: Männer > 94 cm, Frauen > 80 cm Gesundheitsgefährdender Zustand: Männer > 102 cm, Frauen > 88 cm 90 85 80 5 All diese Anzeichen können auf einen Diabetes mellitus hinweisen, sind jedoch nicht aus­schließ­lich für diese Erkrankung typisch. Anders als beim Typ-1-Diabetes im Jugendalter werden beim Typ-2-­ Diabetes von den Betroffenen meist kaum Beschwerden wahrgenommen. Die Krankheit wird häufig im Rahmen einer Blutunter­suchung aus anderem Anlass oder erst beim Auftreten diabetischer Folgeschäden fest­gestellt. Grundsätzlich gilt: Je länger und je stärker der Blut­ zuckerspiegel erhöht bleibt, umso eher treten Folge­ erkran­kungen auf. Diabetes mellitus Typ 2 – Volkskrankheit der Industrienationen Eine „gute Einstellung“ bezieht sich also nicht nur auf den Laborwert Blutzucker, sondern auch auf die richtige Motivation, bei der Behandlung mitzuwirken. Mit dieser „guten Einstellung“ können Sie Folgeschäden ver­hindern oder zumindest hinauszögern. Diabetes mellitus gilt in allen modernen Industrienationen mittlerweile als Volkskrankheit. In Deutsch­ land sind ca. acht Millionen Menschen betroffen. Die meisten von ihnen – mehr als 90 Prozent – haben Typ-2-Diabetes. Die Zuckerkrankheit tritt besonders in den Ländern häufig auf, in denen Nahrungsüberfluss und Bewegungsmangel zu ihrer Entstehung beitragen können. Diabetes mellitus Typ 2 verursacht Folgeschäden an zahlreichen Organen und Organsystemen. Diese Folgeschäden können die Lebensqualität und die Lebenserwartung der Betroffenen erheblich einschränken. 6 Die Folgeschäden der Zuckerkrankheit sind kein unabwendbares Schicksal. Im Gegenteil: Diabetiker können mit einem gesunden Lebensstil (z. B. nicht rauchen, körperlich aktiv sein und gesund ernähren) den Verlauf ihrer Krankheit äußerst positiv beeinflussen. Zukunftsaussichten Experten befürchten für die Zukunft eine weitere dramatische Zunahme der Erkrankungen an Diabetes mellitus Typ 2 in den Industrieländern. Diese Entwicklung ließe sich – genau wie der ­Verlauf einer Diabetes-Erkrankung – durch eine geeignete Lebens­führung und veränderte Ernährungs­gewohnheiten positiv beeinflussen. Diabetes mellitus erkennen und feststellen Bei den ersten Anzeichen, die auf eine eventuelle Erkrankung an Diabetes mellitus schließen lassen, sollten Sie Ihren Hausarzt aufsuchen. Stellt er bei Ihnen Diabetes mellitus fest, können durch die frühzeitige Behandlung Folgeschäden verhindert, zumindest aber eingedämmt werden. Ihre Krankengeschichte Ihr Blutzucker wird bestimmt Ihr Arzt wird Sie als erstes nach Ihrer Kranken­ geschichte fragen und bei Verdacht auf Diabetes mellitus folgende Sachverhalte mit Ihnen abklären: Bestätigen Ihre Aussagen den Verdacht, wird Ihr Arzt nun Ihren Blutzuckerspiegel messen. Üblicher­ weise werden Sie morgens in nüchternem Zustand untersucht. Nüchtern bedeutet, dass Sie in den vorausgegangenen acht Stunden vor der Untersuchung nichts gegessen und keinen Alkohol oder zuckerhal­ tige Getränke zu sich genommen haben dürfen – nur Wasser und ungesüßter Tee sind erlaubt. Der Grund: Eine Mahlzeit oder süße Getränke lassen den Blut­ zuckerspiegel ansteigen, Alkohol lässt ihn sinken. Auch ein Infekt oder die Einnahme bestimmter Medi­­kamente können das Untersuchungsergebnis verfälschen. Denken Sie deshalb bitte daran, gegebenenfalls Ihren Arzt zu infor­mieren. óó óó óó óó óó óó óó óó Aktuelle Beschwerden oder Krankheitszeichen Zuckerkrankheit bei nahen Verwandten Tägliche Flüssigkeitsaufnahme und -ausscheidung Ernährungsgewohnheiten Gewichtsverhalten Durchschnittliche körperliche Aktivität Körperliche und geistige Leistungsfähigkeit Aktuelle und frühere Erkrankungen 7 Das Blut zur Blutzuckermessung wird aus einer Vene entnommen, oft genügt auch schon ein klei­ ner Blutstropfen aus dem Ohrläppchen oder der Fingerspitze. Welche Methode Ihr Arzt anwendet, hängt davon ab, welches Gerät er zur Auswertung nutzt und ob noch andere Laboruntersuchungen mit dieser Probe geplant sind. Das Ergebnis der Blutzuckermessung Diabetes mellitus liegt vor, wenn der Wert des Blutzuckers im venösen Blutplasma an mindestens zwei verschiedenen Tagen vor dem Frühstück (nüchtern) 126 mg/dl (7,0 mmol/l) oder darüber beträgt. mg/dl = Milligramm pro Deziliter mmol/l = Millimol pro Liter Ihr Glukose-Belastungstest Kann ein Diabetes mellitus durch die Blutzucker­ untersuchung bei Ihnen nicht eindeutig nachgewiesen werden, wird ein Glukose-Belastungstest gemacht. Dabei wird die Reaktion des Stoffwechsels auf die Aufnahme von Glukose (Traubenzucker) überprüft. Um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, muss folgendes Vorgehen eingehalten werden: óó óó óó óó An den drei Tagen vor der Untersuchung: täglich ca. 200 g (150 – 250 g) Kohlenhydrate essen, z. B. Nudeln oder Kartoffeln Kein Test 3 Tage vor, während und 3 Tage nach der Menstruation In den letzten zehn bis 16 Stunden vor der Untersuchung: Fasten, erlaubt sind nur Wasser oder ungesüßter Tee 8–12 Stunden vor dem Test Verbot von Rauchen, Kaffee und besonderer körperlicher Aktivität Am Tag der Untersuchung: óó Blutentnahme aus der Vene oder Fingerspitze und Bestimmung des Nüchternblutzuckers. Innerhalb der nächsten fünf Minuten Trinklösung (75 g Traubenzucker auf 250–300 ml Wasser) óó Danach Pause von 2 Stunden: Liegen oder sitzen, keine Muskelanstrengung, nicht essen, nicht trinken und auch nicht rauchen 8 óó Danach zweite Blutentnahme mit Bestimmung des Nüchternblutzuckers. Damit ist die Unter­ suchung beendet. Auch bei dieser Untersuchung können ein Infekt oder die Einnahme bestimmter Medikamente (sämtliche Hormone, orale Antidiabetika, Diu­reti­ka vom Thiazidtyp, Salicylate und Kontra­­­zeptiva) das Untersuchungsergebnis verfälschen. Denken Sie deshalb bitte daran, gege­benenfalls Ihren Arzt zu informieren. Beim Gesunden bewirkt die Insulinausschüttung nach dem Trinken der Traubenzucker­lösung, dass die Zellen den Zucker zügig auf­nehmen. Der Blut­ zucker liegt nach zwei Stunden nur noch mäßig über dem Nüchternwert. Als Diabe­tiker haben Sie auch noch zwei Stunden nach der Glukoseaufnahme einen deutlich erhöhten Blutzuckerwert, da entweder zu wenig Insulin produziert wird oder aber seine Wirkung auf die Glukoseaufnahme in die Zellen behindert ist. Mit dem Glukosebelastungstest kann dieser Zustand nachgewiesen werden, wenn der Blutzuckerwert zwei Stunden nach Trinken der Glukoselösung bei Messung im Venenblut bei 200 mg/dl (11,1 mmol/l) oder darüber liegt. Ihr Blutzucker hat ein Gedächtnis Blutzuckermessungen können nur die aktuelle Stoff­wechselsituation widerspiegeln, sie sind für den Arzt also lediglich „Momentaufnahmen“. Damit er den Verlauf Ihrer Blutzuckerwerte über einen längeren Zeitraum beurteilen kann, wird das sogenannte glykosylierte Hämoglobin, abgekürzt HbA1c, gemessen. Man kann es also als das „Blut­ zuckergedächtnis“ bezeichnen. Hämoglobin ist der Farbstoff der roten Blutkörperchen. Ein gewisser Teil des Hämoglobins ist immer mit dem Zucker aus dem Blut verknüpft. Ist der Blutzuckerspiegel dauerhaft erhöht, wird mehr von dem Blutzucker an das Hämoglobin gebunden. Diese Bindung ist dauer­haft. Sie besteht ebenso lange, wie ein rotes Blutkörperchen im Organismus lebt, nämlich bis zu 120 Tage. Der rote Blutfarbstoff registriert die höchste Blutzuckersituation, die über eben diesen Zeitraum aufgetreten ist. Die Blut­ zucker­­spitzen sind innerhalb dieser drei Monate immer nachweisbar, d. h. eine „Zucker-Sünde“ kann am darauffolgenden Tag nicht „weg­gefastet“ ­werden. Ihr Arzt nutzt die Messung des glykosylierten Hämoglobins, um die Wirksamkeit Ihrer ­Behandlung anhand der Entwicklung Ihres Diabetes über einen längeren Zeitraum nachvollziehen zu können. Bei Gesunden liegt der Wert des HbA1c bei etwa 20 bis 42 mmol/mol (4 bis 6 %). Die Umrechnung von Prozent HbA1c in HbA1c mmol/mol erfolgt nach der Formel: HbA1c (mmol/mol) = (% HbA1c – 2,15) x 10,929 Der HbA1c-Zielwert sollte zur Vorbeugung von F­ olgeerkrankungen zwischen 6,5 % und 7,5 % (48 bis 58 mmol/mol) liegen. Welcher Wert für Sie persönlich sinnvoll ist, besprechen Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt. Folgende Faktoren sind ausschlaggebend: óó óó óó óó Persönliches Engagement Alter und Gesundheitszustand (je jünger und gesünder Sie sind, desto näher liegt Ihr Zielwert am empfohlenen Ziel-HbA1c) Nutzen-Risiko-Bewertung der Wirkstoffe (Unterzuckerung, Gewichtszunahme) Art des Medikamentes Ihre Füße werden untersucht Eine der Folgeerkrankungen der Zuckerkrankheit ist das sogenannte diabetische Fußsyndrom. Durch Verletzungen am Fuß können entzündete, schlecht heilende Geschwüre entstehen, die dazu führen können, dass der betroffene Bereich des Fußes amputiert werden muss. Ursachen sind Durchblutungsstörungen und Nerven­schäden (­Neuropathien). Oft beginnt die Krankheit mit kleinen, unscheinbaren Verletzungen wie versehent­lich eingeschnittener Nagelhaut oder wunden Stellen durch unpassende Schuhe. Insbesondere die Nervenschäden verhindern, dass Betroffene Schmerzen empfinden und sich sofort um die Verletzungen kümmern. Wird eine Verletzung nicht bemerkt und entsprechend behandelt, können Krankheitserreger die Stellen besiedeln und eine Entzündung hervorrufen. Fußkontrolle Um diese kleinen Verletzungen rechtzeitig zu entdecken, sollten Sie als Diabetiker Ihre Füße jeden Tag einmal in Augenschein nehmen und sie sorgfältig auf Druckstellen, Blasen oder Hinweise auf Pilzinfektionen kontrollieren. Lassen Sie Ihre Füße und Ihre Schuhe außerdem mindestens einmal jährlich gründlich von einem Arzt untersuchen. Besteht bei Ihnen ein erhöhtes Risiko, sollten Sie Ihre Füße und auch Ihre Schuhe quartals­ weise überprüfen lassen. Sprechen Sie darüber mit Ihrem Arzt. 9 Die Fußuntersuchung óó óó óó óó óó Füße inspizieren Bei der Inspektion (Betrachtung) der Füße ­werden die Hautbeschaffenheit sowie Art und Ausmaß möglicher Geschwüre erfasst. Die Farbe und Temperatur der Haut gibt Hinweise auf mögliche Durchblutungsstörungen (kühle, blasse und feuchte Haut) oder Nervenschäden (rosige, warme und trockene Haut). Der Arzt achtet besonders auf Schwielen, Druckstellen und übermäßige Verhornungen, denn diese sind oft die Ausgangspunkte für weitere Schäden. Arterienpulse prüfen Die Arterienpulse werden geprüft. Typische Stellen, an denen die Arterienpulse gefühlt werden können, sind die Leiste, die Kniekehle, die Innen­ knöchelhinterseite und der Fuß­rücken. Sind die Pulse nicht oder nur schwach fühlbar, kann dies ein Hinweis auf eine Durchblutungsstörung durch Veränderungen in den Arterien sein. Stimmgabeltest Beim Stimmgabeltest wird eine Stimmgabel angeschlagen und beispielsweise an den Knöchel des Patienten gehalten, während sie vibriert. Werden die Vibrationen dort nicht wahrgenommen, spricht dies für (diabetische) Schädigungen der Nerven des Unterschenkels oder des Fußes. 10-g-Monofilament-Test Mit diesem Test kann Ihr Arzt das Berührungsund Druckempfinden untersuchen. Er drückt einen speziellen Kunststofffaden an die Fußsohle und überprüft, ob Sie die Berührung oder den Druck spüren. Schuhe inspizieren Es ist wichtig, dass die Schuhe ganz genau sitzen. Deshalb wird die Passform überprüft. Bestehen Anzeichen dafür, dass ein Geschwür des diabetischen Fußes infiziert, d. h. mit Krankheits­ keimen besiedelt ist, wird Sie Ihr Arzt an eine auf den diabetischen Fuß spezialisierte und für die Behandlung qualifizierte Praxis über­weisen. Ihr Sehvermögen kann leiden Durch den erhöhten Blutzuckerspiegel können sich die kleinen Blutgefäße in der Netzhaut Ihres Auges verändern und es kann zu Einblutungen in diesem Bereich kommen. Die Folge: Das Sehvermögen kann abnehmen und im schlimmsten Fall zur Erblindung führen. Aus diesem Grund wird bei Ihnen als Diabetiker mindestens einmal jährlich eine Untersuchung des Augenhintergrundes (Funduskopie) durchgeführt. Da der Augenhintergrund die einzige Stelle des Körpers ist, an der man Blutgefäße direkt ansehen kann (sie verlaufen hier in der Netzhaut des Auges), kann Ihr Augenarzt sehr genau feststellen, in wel­ chem Zustand sie sich befinden. Vor der Untersuchung erhalten Sie Augen­tropfen, die die Pupille so erweitern, dass Ihr Arzt den Augenhintergrund auch in seinen Rand­bereichen sehen kann. Sowohl das Einträufeln der Tropfen als auch die Untersuchung selbst sind völlig schmerzfrei. Allerdings ist Ihr Sehvermögen danach für etwa drei bis vier Stunden eingeschränkt: Sie sehen unschärfer, verschwommen und sind möglicher­weise lichtempfindlicher. Am besten ist es daher, Sie legen den Untersuchungstermin auf den Nachmittag oder Abend, wenn es draußen nicht mehr so hell ist, und nehmen für alle Fälle eine Sonnenbrille mit, um Ihre Augen zu schützen. Bitte denken Sie auch daran, dass Sie nach der Netzhautuntersuchung nicht selbst Auto fahren dürfen. Am besten, Sie lassen sich abholen. Seien Sie beruhigt: Am nächsten Morgen können Sie in jedem Fall wieder so sehen wie vor der Untersuchung und auch wieder selbst Auto fahren. Die Funktion Ihrer Nieren wird untersucht Wird ein Diabetes mellitus nicht oder nur unzureichend behandelt, können die Nieren geschädigt werden. Deshalb gehört zu den Untersuchungen bei Ihrem Arzt auch die Kontrolle der Nierenfunktion. Mindestens einmal im Jahr wird Ihre Nierenfunk­ tion durch Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (eGFR) auf Basis des Serum-KreatininWerts (ein Blutwert) überprüft. Zusätzlich kann 10 Ihr Arzt abhängig von der Erkrankungsdauer, Ihrem Alter, einer eventuellen Retinopathie und anderen Folgeerkrankungen die Untersuchung Ihres Urins auf die Ausscheidung von Albumin (körpereigenes Eiweiß) für erforderlich halten. Besteht der Verdacht auf eine Nierenschädigung, wird eine weitere Untersuchung nach zwei bis vier Wochen durchgeführt. Ist die Eiweißausscheidung eindeutig erhöht, wird Ihr Arzt weitere Unter­ suchungen durchführen, um Ihre Nierenfunktion genau beurteilen zu können. Wenn Ihr Arzt dies für geboten hält, wird er Sie an einen Nierenspezialisten (Nephrologen) über­weisen. Ihr Urin wird mittels Teststreifen oder im Labor auf den Gehalt an Zucker und Albumin untersucht. Lassen Sie sich in Ihrer Arztpraxis erklären, was genau benötigt wird. Wenn Sie ein spezielles Gefäß erhalten, in dem Sie die Probe abgeben sollen, lassen Sie Ihren Urin dort bitte direkt hinein. Aus der Toilette entnommen ist er zu stark verdünnt. Insbesondere bei einer diabetischen Netz­haut­erkrankung der Augen ist auch eine Urinunter­suchung unerlässlich, da die Schädi­ gung der Netz­haut mit einer diabetischen Nierenschädigung häufig einhergeht. Es kann sein, dass Ihr Arzt ausrechnen möchte, welche Menge einer bestimmten Substanz, z. B. Eiweiß (Albumin), Ihre Nieren innerhalb von 24 Stunden ausscheiden. Sammeln Sie dann bitte Ihren gesamten Urin über diesen Zeitraum (24-Stunden-Sammel­urin) in dem Sammelgefäß, das Sie von Ihrem Arzt erhalten haben. Geben Sie es danach mit Ihrem Namen beschriftet zur weiteren Untersuchung in der Praxis ab. Wird Nüchtern-Urin benötigt, erfahren Sie, wie lange vorher Sie nichts essen dürfen. Da der erste ­Morgenurin nach dem Aufwachen noch Rück­stände aus Ihrer letzten Mahlzeit enthält, entnehmen Sie die Probe bitte erst aus dem Urin danach. 11 Wie wird Diabetes behandelt? Mit Diabetes mellitus Typ 2 können Sie gut leben. Ernähren Sie sich gesund, bewegen Sie sich regelmäßig und profitieren Sie zusätzlich von medizinischen Maßnahmen. So stabilisieren Sie nicht nur Ihren Gesundheitszustand und verbessern Ihre Lebens­ qualität. Auch mögliche Folgeerkrankungen können Sie so vermeiden oder Ihr Auftreten zumindest hinauszögern. Was Sie und Ihr Arzt erreichen wollen Was Sie selbst tun können Die Behandlung Ihres Diabetes soll positiv auf Ihren Organismus wirken, Ihr Wohlbefinden stärken und Folgeerkrankungen vermeiden oder zumindest ver­zögern helfen. Um das zu erreichen, wird Ihr Arzt mit Ihnen gleich zu Beginn der Behandlung „Nahziele“ vereinbaren, die auf Ihre persönliche Lebens­ situation, die Ausprägung Ihres Diabetes und Ihren körperlichen Zustand genau abgestimmt sind. Haben Sie sich erschreckt, als Sie erfahren haben, dass Sie zuckerkrank sind? Vielen ergeht es so und die Vorstellung, plötzlich anders leben zu müssen, löst Angst und Sorgen, manchmal aber auch Schuldgefühle aus. Neben einer gewissen erblichen Veranlagung sind es tatsäch­lich vor allem Übergewicht und Bewegungs­mangel, die eine Rolle bei der Entstehung des Diabetes mellitus Typ 2 spielen. Andererseits bietet aber gerade diese Tatsache auch ­Chancen: Denn nur mit einer gesunden Lebensführung können Sie den Krankheitsverlauf, wie in der Tabelle auf S. 13 beschrieben, positiv beeinflussen. Solche Ziele können sein óó Ein bestimmtes Körpergewicht zu erreichen, sofern Sie Übergewicht haben óó Die Werte Ihrer Blutfette zu normalisieren óó Bessere Kondition durch regelmäßige Bewegung óó Eine gleichmäßig gute Blutzuckereinstellung auf möglichst normale Werte, d. h. Vermeiden von zu hohen, aber auch zu niedrigen Blutzuckerwerten óó Normalisierung des HbA1c-Werts (des glyko­ sylierten Hämoglobins), Ihres „Blutzucker­ gedächtnisses“ óó Die Einstellung Ihres Blutdrucks auf optimale Werte (< 140/90 mmHg) óó Mit dem Rauchen aufzuhören Zugegeben: Einen solchen Lebensstil zu erreichen und vor allem beizubehalten, erfordert einiges an Disziplin. Wenn Sie jedoch bedenken, dass alle ärztlichen Maßnahmen bei der Behandlung Ihres Diabetes mellitus Typ 2 ohne eine gesunde Lebensführung erfolglos bleiben werden, fällt es Ihnen vielleicht etwas leichter, durchzuhalten. Wir wünschen Ihnen auf jeden Fall ganz viel Erfolg dabei! Die richtige Ernährung ist für Sie jetzt sehr wichtig Für Sie als Diabetiker ist es im Umgang mit Ihrer Erkrankung besonders wichtig, sich richtig zu ernähren. Das heißt nicht, dass Sie eine strikte Diät einhalten sollen. Die Ernährung für Diabetiker unterscheidet sich in ihrer Zusammensetzung und Menge in keinster Weise von der opti­­malen Ernährung gesunder Menschen. Der Unterschied ist nur, dass Ihr Körper „Ernährungssünden“ nicht verzeiht. Ohne eine kontrollierte Ernährung sind deshalb alle anderen Maßnahmen zur Behandlung Ihrer Zuckerkrankheit sinnlos. 12 Wenn Sie darauf achten … haben Sie nicht nur Ihren Diabetes gut im Griff. Ausgewogen essen, auf den Energiebedarf abgestimmt! Vorsorge vor schweren Erkrankungen wie Arteriosklerose, Fettstoffwechselstörungen, Gicht und manchen Krebsarten Normalgewicht erreichen und halten! Viel beweglicher und leistungsfähiger, Erkrankungen der Knochen und Gelenke seltener Regelmäßig bewegen! Beugt Demenz, Depression und Osteoporose vor, wirkt lebens­ verlängernd und sorgt für Stressabbau Regelmäßiger Tagesablauf mit ausreichend Nachtschlaf Leistungsfähiger und entspannter, verringertes Infektionsrisiko Kein Alkohol, kein Nikotin Geringeres Risiko, z. B. an Krebs zu erkranken bzw. einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden Kohlenhydrate Basis und Hauptanteil einer gesunden Ernährung sind Kohlenhydrate (Zucker, Stärke). Ihr Anteil an Ihrer Gesamtnahrung sollte etwas mehr als die ­ Hälfte betragen. Damit es nicht zu Blutzuckerschwankungen kommt, sollten Sie sie gleichmäßig über den Tag verteilt zu sich nehmen. Essen Sie bevorzugt komplexe Kohlenhydrate, also Stärke aus Kartoffeln, Obst, Gemüse und Getreideprodukten. Damit Ihr Blutzucker anschließend nur langsam ansteigt, nehmen Sie ausreichend Ballaststoffe wie Vollkornprodukte, Gemüse, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und Obst zu sich. Mit „Zucker“ im umgangssprachlichen Sinne ist meist der Haushaltszucker gemeint. Er setzt sich aus zwei einfachen Zuckerbausteinen zusammen: aus Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucker (Fruktose). Wird der Blutzucker gemessen, wird dabei die Konzentration des Einfachzuckers Glukose im Blut erfasst. Stärke ist dagegen eines der wichtigsten komplexen Kohlenhydrate, hier sind Zuckerbausteine in großen Gebilden miteinander verbunden. Fette Für Sie als Diabetiker sollte der Anteil an Fett in Ihrer Nahrung maximal ein Drittel betragen und davon zu höchstens einem Drittel aus gesättigten Fettsäuren bestehen. Warum, und was bedeutet das? Da Fette viel Energie liefern und mehr als doppelt so viel Kalorien wie ein Gramm Kohlenhydrate oder Eiweiß enthalten, führt ein übermäßiger Genuss vor allem zu Über­gewicht, und das sollten Sie als Diabetiker vermeiden. Wie viele Menschen nehmen vielleicht auch Sie gesättigte Fettsäuren vor allem über Fleisch- und Wurstwaren sowie Milch und Milchprodukte zu sich. Zu viel gesättigte Fettsäuren erhöhen aber das Risiko für Fettstoffwechselstörungen, und das wiederum kann zu Herz-Kreislauferkrankungen führen. Vermeiden Sie deshalb vor allem gesättigte Fette, die überwiegend in tierischen Produkten wie z. B. Braten, Wurst, Butter und Schmalz enthalten sind. Greifen Sie lieber zu ungesättigten Fetten. Sie sind überwiegend pflanzlich und z. B. in Raps-, Oliven- und Sojaöl enthalten. Als Richtgröße merken Sie sich am besten ein Verhältnis 1 : 2 gesättigte/ ungesättigte Fettsäuren. Auch Cholesterin ist ein Fett. Als wichtiger Bestandteil von Zellwänden und Baustein für viele Hormone, ist es eine für uns lebenswichtige Substanz. Choles­ terin wird von unserem Körper zum größten Teil selbst produziert, nur ein Fünftel nehmen wir über (tierische) Nahrung auf. Da es nicht wasserlöslich ist, wird Choles­terin, um es im Blut zu transportie­ ren, an spezielle Eiweiße gebunden – es bilden sich sogenannte Lipoproteine. 13 Die erhöhte Konzen­tra­­tion bestimmter Lipoproteine im Blut ist ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung von Arteriosklerose. Entscheiden Sie sich deshalb lieber für Nahrungsmittel mit geringem Fett­gehalt. So ist es leichter, das Gewicht in Schach zu halten. Sollten Sie übergewichtig sein, können Sie auf diese Weise auch leichter abnehmen. Eiweiße Eiweiß (Protein) ist in Fisch, magerem Fleisch und Milchprodukten enthalten und wird von unserem Körper zum Aufbau verschiedenster Substanzen benötigt. Zu viel tierisches Eiweiß belastet jedoch die Nieren, da sie für den Abbau überschüssigen Eiweißes zuständig sind. Sollten Ihre Nieren bereits geschädigt sein, begrenzen Sie bitte Ihre Eiweißaufnahme, da Sie sie ansonsten überfordern könnten. Salz Essen Sie bitte nicht mehr als sechs Gramm Salz am Tag, das entspricht etwa einem Tee­löffel. Ein höherer Kochsalzverzehr kann zu Bluthochdruck führen oder ihn verschlimmern. Da viele Diabetiker von Bluthochdruck betroffen sind, beherzigen Sie bitte diese Einschränkung zu Ihrem eigenen Wohl. Mengen Wie viel Sie täglich essen dürfen, hängt von verschie­ denen Faktoren ab. Dies sind vor allem Ihr momentanes Körpergewicht, Ihr angestrebtes Gewicht und Ihr täglicher Energieverbrauch durch körperliche Bewegung. Ihr Arzt wird die für Sie optimale Nahrungsmenge individuell nach der Einheit „BE“, der sogenannten „Broteinheit“, berechnen. Ein BE entspricht etwas 12 Gramm Kohlenhydraten. Darüber hinaus können Sie an Schulungen teilnehmen, in denen Sie lernen, welche Nahrungsmittel für Sie als Diabetiker besonders günstig sind, wie man ihre optimale Menge berechnet und auch, wie man sie schmackhaft zubereitet. Getränke Auf gesüßte Getränke sollten Sie grundsätzlich verzichten. Im Vergleich zu ihrer durstlöschenden Wirkung enthalten sie zu viel Zucker, den Sie in die BE- und Kalorienberechnung mit einbeziehen müssen. Fruchtsäfte, auch ohne Zuckerzusatz, enthalten immerhin den natür­lichen Zucker der Früchte. Als Schorle verdünnte Fruchtsäfte (Verhältnis Wasser : Saft etwa 5 : 1) dürfen Sie trinken, müssen den Zuckeranteil aber ebenfalls berechnen. Ein Liter natürlicher Apfelsaft enthält etwa 10 BE an Kohlenhydraten. 14 Milch ist grundsätzlich kein Getränk gegen Durst. Vor allem bei Vollmilch ist es wichtig, den Fett­ gehalt in die Kalorienbilanz mit einzubeziehen. Alkoholische Getränke sind nicht grundsätzlich verboten. Sie sollten sie jedoch, wenn überhaupt, nur in Verbindung mit einer kohlenhydratreichen Mahlzeit zu sich nehmen. Hier gilt ausnahmsweise einmal die Regel von der „guten Grundlage“, denn Alkohol kann leicht eine Unterzuckerung auslösen. Die Menge sollte allerdings 10 Gramm reinen Alkohol bei Frauen und 20 Gramm bei Männern pro Tag nicht überschreiten. Zur Orientierung: Ein Glas Wein von 200 ml enthält etwa 20 Gramm, ein halber Liter Bier etwa 25 Gramm reinen Alkohol. Süßstoff Kalorienfreie Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe als Zuckerersatz enthalten weniger Kalorien als Zucker. Produkte, die damit gesüßt sind, können Sie zu sich nehmen, sollten aber bedenken, dass die Wirkung dieser Stoffe umstritten ist. Manche Forscher vermuten, dass der Zuckerersatz und die verringerte Kalorienzahl den Körper verwirren, wodurch ein zusätzliches Hungergefühl ausgelöst wird. Zudem haben solche Produkte meist einen höheren Fettanteil, um den Geschmacksverlust auszugleichen. Auf spezielle Diabetikerprodukte, wie sie in Supermärkten und Reformhäusern angeboten werden, können Sie verzichten. Meist enthalten sie Fruchtzucker zum Süßen, der gegenüber dem normalen Haushaltszucker keine Vorteile für Sie bringt. Vor allem Gebäck und Schokoladenprodukte für Diabetiker können genauso fett- und kalorienhaltig wie normale Produkte sein. Regelmäßige Bewegung ist für Sie jetzt sehr wichtig Wie viel körperliche Aktivität an unserem Körper bewirkt, zeigt folgendes Beispiel: Allein durch Bewegung schafft es so mancher Typ-2-Diabetiker, seinen Stoffwechsel so zu normalisieren, dass er keinerlei blutzuckerregulierende Medikamente braucht. Auch für Sie ist es jetzt sehr wichtig, die Initiative zu ergreifen. Fangen Sie an. Gehen Sie spazieren, fahren Sie Rad oder gehen Sie schwimmen – jede regelmäßige Bewegung hilft Ihrem Organismus und wirkt sich positiv auf Ihren Stoffwechsel und Ihren Kreislauf aus: Die Zellen Die Zellen (z. B. Herz- und Muskelzellen), die den Zucker aus dem Blut zur Energiegewinnung benötigen, reagieren wieder empfindlicher auf das Insulin. Dies liegt daran, dass durch eine gesteigerte körperliche Aktivität auf ihrer Oberfläche mehr Insulinrezeptoren gebildet bzw. die vorhandenen Rezeptoren empfindlicher werden. Das noch von der Bauchspeicheldrüse gebildete Insulin kann also wieder effektiver zur Wirkung kommen. Der Fettstoffwechsel Die Bewegung beeinflusst auch den Fettstoffwechsel positiv. Freie Fettsäuren werden zur Energiegewinnung verbrannt, die Konzentration an gefäßschädi­ gendem LDL-Choles­terin kann gesenkt werden, während der Anteil des „herzschützenden“ HDL-Cholesterins steigen kann. Die Blutfettwerte können also insgesamt normalisiert werden. Das Gewicht Durch die Bewegung wird Übergewicht abgebaut, welches ebenfalls an der Entstehung des Diabetes mellitus beteiligt ist. Die Leistungsfähigkeit des Herzens und der Atmungsorgane kann vor allem durch Ausdauersportarten deutlich verbessert werden. Die Seele Schließlich profitiert auch die Seele von körperlicher Aktivität. Wer sich regelmäßig bewegt, baut Stress ab, ist ausgeglichener und zufriedener. Fangen Sie noch heute an! Am besten mit Aktivitä­ ten, die Sie ganz einfach in Ihren Alltag integrieren können. Eine halbe Stunde täglich genügt für den Anfang völlig. So überfordern Sie sich nicht und halten besser durch. 15 Das könnten Sie machen óó Nehmen Sie für kurze Wege nicht mehr das Auto, sondern das Rad (spart auch CO2). óó Nehmen Sie anstelle des Aufzugs jetzt immer die Treppe. óó Machen Sie einen schönen „Verdauungs­ spaziergang“ vorm Zubettgehen. óó Verabreden Sie sich mit Freunden zum regel­ mäßigen Sport (Rad fahren, Nordic Walking, Schwimmen o. ä.). Er wird gegebenenfalls einige Untersuchungen durchführen, wie z. B.: Achtung: Wenn Sie lange keinerlei Sport getrieben haben, fragen Sie vorher Ihren Arzt, welches Maß an Bewegung er Ihnen empfiehlt. Das gilt insbesondere, wenn Sie Probleme mit Ihrem Herzen oder Kreislauf haben. Ihr Arzt sagt Ihnen, wie schnell Ihr Herz beim Sport schlagen soll – über eine Pulsuhr haben Sie das dann leicht im Griff. Viele andere Ausdauersportarten sind ebenfalls geeignet. Fragen Sie einfach Ihren Arzt und fangen Sie gleich damit an – egal, ob allein, in einer Gruppe oder im Verein. Hauptsache, Sie tun etwas für Ihre Gesundheit! Viele Vereine bieten spezielle Sportprogram­me für Diabetiker an. Dort sind Sie unter sich und werden von erfahrenen Trainern betreut. Neben gesunder Ernährung und regelmäßiger Bewegung ist auch die Einhaltung der festgelegten Arzttermine äußerst wichtig. Nehmen Sie sie auf jeden Fall immer wahr, auch wenn Sie gerade keine Beschwerden verspüren. Und auch dann, wenn Sie ein schlechtes Gewissen haben, weil Sie die vereinbarten Ziele nicht erreicht haben. Erklären Sie Ihrem Arzt, dass Sie nicht so viel abgenommen haben, wie Sie wollten, sich zu wenig bewegt haben oder Ihr Blutzucker einfach nicht immer optimal war. Sie werden gemeinsam einen Weg finden und Ihre Therapie­ ziele gegebe­nenfalls noch einmal überdenken. Auch wenn bei Ihnen bereits ein diabetisches Fußsyndrom besteht, sollten Sie vor Aufnahme einer regelmäßigen sportlichen Aktivität darüber mit Ihrem Arzt sprechen. Treiben Sie Ausdauersport Walking óó schnelles Gehen (gelenkschonender als ­Jogging), besonders geeignet, um den Puls im gewünschten Bereich zu halten óó gut passende Laufschuhe und lockere ­Sportbekleidung Nordic Walking óó gesamter Körpereinsatz durch Stöcke, noch gelenkschonender als Walking óó nur spezielle Stöcke, qualifizierte und umfassende Einweisung erforderlich Rad fahren óó optimales Kreislauftraining óó Fahrrad oder Heimtrainer (Pulsmesser) 16 óó óó óó óó óó óó Blutdruckmessung körperliche Untersuchung inkl. Inspektion der Füße Labor: z. B. Blutbild, Blutfette, Leberwerte, Nierenwerte, Urinstatus, Nüchternzucker, HbA1c EKG, Belastungs-EKG neurologische Untersuchung augenärztliche Untersuchung Halten Sie Ihre Arzttermine ein Achten Sie auf die Signale Ihres Körpers Wenn Sie sich Zeit nehmen und Ruhe und Entspannung gönnen, lernen Sie auch feine Signale Ihres Körpers wahrzunehmen. Das ist sehr wichtig, um auf frühzeitige Warnzeichen z. B. für eine schwere Stoffwechselentgleisung gleich reagieren zu können. Wenn Sie das Gefühl haben, besonders durstig zu sein, oder öfter als sonst die Toilette aufsuchen müssen, kann dies schon auf einen zu hohen Blutzucker hinweisen. Eine Unterzuckerung kündigt sich dagegen oft durch Zittern, Herzrasen oder Kopfschmerzen an. Zur besseren Kontrolle Ihres Zuckerstoffwechsels können Sie Ihren Blutzucker messen. Zur Blutzucker­ selbstmessung gibt es zahlreiche Geräte, die klein und einfach zu bedienen sind. Falls Sie solche Messungen durchführen sollen, wird man Ihnen im Rahmen der Diabetiker­schulung zeigen, wie Sie dabei vorgehen müssen. Blutzuckerselbstmessungen sind dann erforder­lich, wenn Sie Insulin spritzen und die Dosis dabei dem jeweiligen Blutzucker angepasst werden muss (intensivierte Insulintherapie). Auch wenn Sie mit Tabletten (oralen Antidiabeti­ka) behandelt werden sollten, kann in Absprache mit Ihrem Arzt eine Blutzuckerselbstmessung sinnvoll sein. Führen Sie Tagebuch Messen Sie Ihren Blutzucker selbst? Dann fragen Sie Ihren Arzt nach einem Diabetes-Tagebuch, in das Sie Folgendes eintragen sollten: óó óó óó óó óó óó Ihre Zuckerwerte körperliche Bewegung Stress Krankheit Unterzuckerung (Uhrzeit) veränderte Ernährung Durch dieses Tagebuch behalten Sie nicht nur den Überblick. Es hilft auch Ihrem Arzt, die Behandlung optimal auf Ihre persönlichen Erfordernisse auszurichten. Tragen Sie Ihren DiabetesGesundheitspass immer bei sich Den Diabetes-Gesundheitspass bekommen Sie von Ihrem Arzt. Er enthält wichtige Daten, wie: óó óó óó óó óó Laborbefunde Messwerte Medikamente Angaben zu weiteren Erkrankungen Befunde anderer Ärzte Anhand der Eintragungen kann sich jeder behandelnde Arzt schnell ein Bild über Ihren Gesundheitszustand machen. Besonders wichtig ist der Diabetes-Pass in Notfallsitua­ tionen. Sollte tatsächlich einmal eine Stoffwechselentgleisung zur Bewusstlosigkeit führen, kann jeder Arzt anhand der Daten sofort die richtigen Maßnahmen ergreifen. Gut organisiert zu sein, gibt auch Ihnen ein gutes Gefühl der Sicherheit. Doch das heißt nicht, dass man auf sich allein gestellt bleiben muss. Wenn Sie mögen, schließen Sie sich doch einfach anderen Diabetikern an. Es gibt viele und sie sind gut organisiert. Sie können in vielerlei Hinsicht profitieren, sei es durch gemeinsame Unternehmungen, sportliche Aktivitäten oder auch den Austausch von Tipps zu verschiedenen Dingen des Alltags. Informationen zur Selbsthilfe Deutsche Diabetes Gesellschaft e. V. (DGG) Reinhardtstraße 31 10117 Berlin Oder im Internet unter: www.diabetesgate.de oder www.deutsche-diabetes-hilfe.de/shg-suche Wenn Sie darüber hinaus Fragen zu Selbsthilfegruppen haben, wenden Sie sich an diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, Tel. 030 201677-0 oder [email protected]. 17 Beugen Sie Stoffwechsel­entgleisungen vor Überzuckerung (Hyperglykämie) Sowohl beim unbehandelten als auch beim behandelten Diabetes mellitus kann es passieren, dass der Stoffwechsel „entgleist“. Ursache kann eine Überzuckerung (Hyperglykämie) sein, da der Blutzuckerspiegel weit erhöht ist. Die schwersten Entgleisungen können über Bewusstseins­störungen bis hin zur Bewusstlosigkeit (hyper­­glykämisches Koma) führen. In dieser lebensbedrohlichen Situation, die bei Typ2-Diabetikern selten auftritt, muss sofort ein Notarzt gerufen werden. Auslöser dieser Überzuckerung sind oft Infekte oder eine mangelnde Insulinbehandlung. Dass sich mög­ licherweise eine Hyperglykämie anbahnt, bemerken Sie daran, dass Sie vermehrt Durst haben, oft und viel Wasser lassen müssen, unter Unruhe leiden und sich matt fühlen. Wenn Sie ein Blutzuckermess­ gerät benutzen, sollten Sie Ihre Werte kontrollieren. In jedem Fall müssen Sie bei diesen Krankheits­ zeichen Ihren Arzt aufsuchen, damit er der Ursache auf den Grund gehen und die derzeitige Therapie anpassen kann. Unterzuckerung (Hypoglykämie) Fällt der Blutzucker unter einen bestimmten Schwellenwert ab, kommt es zu einer Unterzucke­ rung (Hypoglykämie). Ursachen dieser hypoglykämi­­schen Stoffwechselentgleisung sind häufig eine Über­dosierung von Insulin, von Sulfonylharnstoffen (blutzuckersenkenden Tabletten) oder zu wenig aufgenommene Kohlehydrate. Auch andere blutzuckersenkende Medikamente, wie beispielsweise Metformin, können eine stärkere blutzuckersen­ken­ de Wirkung entfalten, wenn sie mit eigentlich nicht auf den Blutzucker wirkenden Medikamen­ten, wie z. B. ACE-Hemmern, kombiniert werden. Behalten Sie daher bei neuen Medikamenten immer Ihren Blutzucker im Blick! Bei einem Blutzuckerabfall wird das Stresshormon Adrenalin vermehrt ausgeschüttet. Wann die ersten körperlichen Anzeichen wie Herzrasen, Schweißausbrüche und Zittern einsetzen, hängt davon ab, wie schnell der Blutzucker sinkt. Da jetzt auch das Gehirn zu wenig mit Zucker versorgt wird, kann es zu Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwäche und Lähmungen kommen. Eine Bewusstseinseintrübung kann bis hin zur Bewusst­ losigkeit (hypoglykämischer Schock) führen. 18 In dieser lebensbedrohlichen Situation muss sofort ein Notarzt gerufen werden. Bei einer schweren Hypoglykämie ist immer Fremdhilfe vonnöten. Achten Sie auf die ersten Anzeichen einer Unterzuckerung. Sie werden lernen, auf Ihren Körper zu hören und seine Signale ernst zu nehmen. Schon mit etwas Traubenzucker können Sie rasch gegensteuern, meist verschwinden die Symptome schon nach wenigen Minuten. Tragen Sie immer etwas Traubenzucker bei sich und informieren Sie auch Ihre Angehörigen, Kollegen und Sportkameraden darüber. So sind Sie bei einer sich ankündi­genden Unterzuckerung immer auf der sicheren Seite. Suchen Sie bei Anzeichen einer Unterzuckerung Ihren Arzt auf. Er wird Ihre Blutzuckereinstellung überprüfen und die Ursache klären. Möglicher­weise müssen die Medikamente oder Ihre Ernährungs­ weise geändert werden. Brauchen Sie Medikamente? Bevor Ihr Arzt Ihnen Medikamente zur Blutzucker­ senkung verschreibt, sollten Sie alles daran setzen, andere Wege zu finden. Viele Diabetiker haben ihren Blutzucker allein durch eine andere Ernährung, Gewichtsnormalisierung und regelmäßige körperliche Aktivität auf normale Werte abgesenkt. Versuchen Sie es auch! Sollten Sie am Ende wirklich keinerlei Erfolg dabei haben, wird Ihnen Ihr Arzt die erforderlichen Medikamente verschreiben. Das gilt selbstverständlich auch, wenn bei Ihnen bereits Folgeschäden wie zum Beispiel eine Koro­ nare Herzkrankheit, Sehverschlechterungen oder eine nachlassende Nierenleistung eingetreten oder zu befürchten sind. Es gibt Medikamente, die Sie einnehmen können (orale Antidiabetika) und solche, die Sie spritzen müssen. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt den Nutzen und die Risiken Ihrer Medikamente erläutern. Ihr Arzt wird Ihnen aufgrund der Festlegungen im Gesundheits­programm vorrangig Medika­mente wie Glibenclamid, Metformin oder Humaninsulin verordnen. Hält er eine indivi­duelle Therapieplanung mit anderen Wirkstoffen wie z. B. Insulin-Analoga/weitere orale Anti­diabetika für geboten, muss er Sie darauf hinweisen, dass hierfür derzeit keine ausreichen­den Belege zur Sicherheit im Langzeit­gebrauch sowie zur Risikoreduktion relevanter gesundheitlicher Folgen vorliegen. Außerdem ist Ihr Arzt dazu verpflichtet, Sie darüber zu informieren, ob für den jeweiligen Wirkstoff Daten zur Wirksamkeit, Steuerbarkeit und Verträglichkeit vorliegen. óó óó Medikamente zum Einnehmen Voraussetzung für eine Behandlung mit diesen Arzneimitteln ist, dass Ihre Bauchspeicheldrüse noch eine gewisse Menge Insulin produziert. Nur dann können diese Medikamente wirken. Bei den oralen Antidiabetika werden zwei Gruppen unterschieden: die „insulinotropen“ (Sulfonylharnstoffe, Glinide, Exenatide, Sitagliptin) wirken in der Bauch­ speicheldrüse und stimulieren die Ausschüttung von Insulin. Eine Unterzuckerung kann eintreten und Sie können bei Einnahme dieser Medika­ mente an Gewicht zunehmen. die „nicht-insulinotropen“ (Biguanide, alphaGlukosidase-Hemmer) wirken nicht an der Bauchspeicheldrüse, sondern z. B. an den Muskelzellen und im Darm. Sie verstärken die Wirkung von Insulin und verlangsamen die Aufnahme von Glukose aus der Nahrung. Die Gefahr einer Unter­zuckerung besteht nicht, und diese Wirkstoffe können auch bei Übergewicht eingesetzt werden. Medikamentenübersicht Biguanide (z. B. Metformin) Sulfonylharnstoffe (z. B. Glibenclamid) Wirkung: Neubildung und Abgabe von Glukose ins Blut wird gehemmt, Glukose in Muskel­zellen wird besser verwertet und im Darm langsamer aus der Nahrung aufgenommen. Besonderheiten: Eines der am häufigsten bei Übergewicht verwendeten Antidiabetika in Tablettenform, da es bei Metformin zu keiner Gewichtszunahme kommt. Wichtig ist es, auf die Kontraindikationen zu achten, da z. B. bei eingeschränkter Nierenleistung die Übersäuerung des Blutes droht, was lebensbedrohlich ist. Wirkung: stimuliert die Freisetzung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse. Besonderheiten: mögl. Gewichtszunahme, Normalgewicht halten und körperliche Aktivität besonders wichtig. Manchmal allergische Reak­tion. Gefahr der Unterzuckerung z. B. bei Überdosierung, körperlicher Anstrengung, ungenügender Nahrungsaufnahme, Alkoholkonsum, Einschränkung der Nierenleistung oder Funktionsstörung der Leber. Bei ersten Anzeichen wie Zittern, Herzrasen, Schweißausbrüchen sofort Traubenzucker einnehmen, Arzt informieren. Sulfonylharnstoffanaloga (Glinide, z. B. Repaglinide) Alpha-Glukosidase-Hemmer (z. B. Acarbose) Wirkung: Die Insulinproduktion in der Bauch­ speicheldrüse wird angeregt. Schnelle Wirkung: Vor der Mahlzeit eingenommen, senken Glinide den Blutzucker nach dem Essen vergleichsweise rasch wieder ab. Besonderheiten: Ein Nutzen dieser Wirkstoff­ gruppe ist nicht belegt. Eine Ausnahme gilt für Diabetiker mit schweren Nierenfunktionsstörungen. Für diese Patienten kann die Wirkstoffgruppe Repaglinid verordnet werden. Wirkung: Verzögerung der Glukoseaufnahme aus dem Darm, Blutzuckerspitzen nach den Mahlzeiten werden abgeflacht. Besonderheiten: werden nur noch selten eingesetzt. Die blut­zuckersenkende Wirkung ist vergleichsweise gering und kann auch durch ballaststoffreiche Ernährung erzielt werden. Blähungen, Durchfall, Bauchschmerzen und gelegentliche Übelkeit sind vor allem zu Beginn der Behandlung möglich. Neue Antidiabetika: DPP-4-Inhibitoren (z. B. Sitagliptin) Wirkung: Die Wirkung ist abhängig von der Höhe des Blutzuckers und vermindert das Risiko der Unterzuckerung. Sie fördern die Freisetzung von Insulin und hemmen die Freisetzung der Gegenspieler des Insulins (Glukagon). Besonderheiten: In Kombination mit Metformin muss man besonders auf Unterzuckerungen achten. Es gibt Hinweise, dass das Medikament in seltenen Fällen zur Entzündung der Bauchspeicheldrüse ­führen kann. Aufgrund fehlender Daten kann zur langfristigen Sicherheit dieser Wirkstoffgruppe und dazu, ob das Medikament über die blutzuckersenkende Wirkung hinaus Folgeerkrankungen reduziert, noch keine abschließende Aussage getroffen werden. 19 Medikamente zum Spritzen langfristigen Sicherheit dieser Wirkstoffgruppe und dazu, ob das Medikament über die blutzuckersenkende Wirkung hinaus Folgeerkrankungen ­reduziert, noch keine abschließende Aussage getroffen ­ werden. Wie viele Diabetiker fürchten vielleicht auch Sie sich davor, eines Tages eine Spritze benutzen und sich auch mit dem Essen an feste Zeiten halten zu müssen. Keine Sorge, vielen geht es so. Und auch Ihre Befürchtungen werden sicher schwinden, wenn Sie mit dem Thema vertrauter sind. Ihr Arzt wird Sie ausführlich beraten, außerdem lernen Sie in einer guten Schulung, wie Sie sich am besten auf die neue Situation einstellen. Damit Sie von der Hilfe anderer unabhängig bleiben, lernen Sie auch, sich selbst zu spritzen. Insuline Wenn Ihre Bauchspeicheldrüse kein Insulin produ­ ziert oder sich Ihr Blutzucker über Tabletten und eine angepasste Ernährung nicht ausreichend sen­ken lässt, muss Ihrem Körper Insulin zugeführt werden. Insulin kann nicht in Tablettenform eingenommen werden, da es ein Eiweißhormon ist, das von der Magensäure sofort zersetzt wird. Deshalb muss es gespritzt werden. Es gibt bis heute keine Alternative dazu. Insulin wird biosynthetisch durch gentechnologische Verfahren produziert. Inkretinmimetika (z. B. Exenatide) Diese Wirkstoffe werden als Ergänzung der Behandlung mit anderen Diabetesmedikamenten wie Metformin und/oder Sulfonylharnstoffen unter die Haut gespritzt. Ihre Wirkung setzt in Abhängigkeit vom Blutzucker ein. Inkretinmimetika fördern die von Blutzucker abhängige Bildung und Freisetzung von Insulin und hemmen die Freisetzung von Gluka­ gon. Zudem verzögern sie die Magenentleerung und stimulieren das Sättigungsgefühl. Man unterscheidet folgende Insulin­arten: Kurz wirkendes Normalinsulin (früherer Name: Altinsulin), das seine Wirkung nach 30 – 60 Minuten für ca. 5 Stunden entfaltet, óó Verzögerungsinsulin, dessen Wirkung nach ca. 60 Minuten eintritt, dann jedoch für 9 bis maximal 18 Stunden anhält, und óó Mischinsulin, eine Mischung aus Normalinsulin und Verzögerungsinsulin. óó Als unerwünschte Wirkungen können Übelkeit und Er­brechen auftreten und die Anfälligkeit für Infekte kann ansteigen. Selten kann es zu einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse oder zu Funktionsstörungen der Nieren kommen. Vereinzelt wird über die Möglichkeit der Tumorbildung in der Bauchspeicheldrüse berichtet. Aufgrund fehlender Daten kann zur Darüber hinaus gibt es die sogenannten Insulin­ analoga. Ihre chemische Struktur weicht vom Humaninsulin ein wenig ab, auch die Wirkkurve verändert sich. Unterschieden wird zwischen kurz So wirken die verschiedenen Insuline: Substanz/-gruppe Eintritt frühestens nach (Min.)* Eintritt spätestens nach (Std.)* Wirkungsdauer (Std.)* 30 2 5-7 Verzögerungsinsulin (NPH-Insulin) 60-120 4-6 12-16 Mischinsulin Normal-/Verzögerungsinsulin 30-60 4-6 12-16 Kurzwirksame Insulinanaloga Lispro, Aspart, Glulisin 10-20 1 2-5 Langwirksame Insulinanaloga Glargin, Detemir 60-120 60-120 - 20-30 16-20 Mischinsuline kurzwirksame Analoga/NPH 10-20 4-6 12-16 Schnell wirkendes Normalinsulin (früherer Name: Altinsulin) * Zeiten bei mittleren Dosen. Eintritts- und Wirkungsdauer sind bei höheren Dosen länger, bei geringeren Dosen kürzer. 20 ­ irkenden und lang wirkenden Insulinanaloga. w ­Erstere wirken schneller und kürzer, letztere länger als die jeweiligen Humaninsuline. Insulinanaloga bieten gegenüber Humaninsulin keinen Zusatz­ nutzen. Die Gabe des Insulins erfolgt im Normalfall mit einem Insulin-Pen. Das ist eine Injektionshilfe, die eine Patrone mit Insulin enthält und mit einer ganz dünnen Injektionsnadel versehen ist. Mithilfe einer Dosiervorrichtung wird die entsprechende Insulinmenge eingestellt und kann direkt gespritzt werden. Sollte der Insulin-Pen defekt sein, kann das Insulin im Notfall auch über eine Einmal-Plastikspritze injiziert werden. Welche Therapie ist für Sie richtig? Diabetes mellitus Typ 2 kann mit der konven­ tionellen oder der intensivierten Insulintherapie, wie in der unteren Tabelle beschrieben, behandelt werden. Sie erfahren von Ihrem Arzt, welche die richtige für Sie ist. Das alles klingt zunächst zwar kompliziert, aber Sie müssen das nicht alles allein bewältigen. Ihr Arzt hilft Ihnen dabei. Er wird Ihren Nahrungs­bedarf ermitteln und die entsprechende Insulin­dosis verordnen. Und für Ihre Ernährung lernen Sie im Rahmen einer Diabetikerschulung alles, was Sie wissen müssen, um sich Ihren ganz persönlichen Ernährungsplan zusammenzustellen. Es kann schon einige Wochen dauern, in denen Sie ausprobieren müssen, welche Mengen an Kohlenhydraten und Insulin Sie wirklich benötigen und gut vertragen. Gerade bei der intensivierten Therapie werden Sie im Umgang mit Insulin geschult, da es in Abhängigkeit von den tageszeitlichen Schwankungen, Ihrer Ernährung und Ihren Blutzuckerwerten dosiert werden muss. Therapieformen Konventionelle Insulintherapie Intensivierte Insulintherapie Spritzen: morgens und abends (evtl. auch mittags) vor den Mahlzeiten eine bestimmte Menge Misch­insulin oder Intermediärinsulin (ein Verzö­gerungsinsulin) Spritzen: meist zweimaliges Spritzen eines Intermediär­ insulins und zusätzlich mahlzeiten­­abhängiges Spritzen eines Normal­insulins, dosiert je nach Blutzuckerspiegel, Größe der Mahlzeit, Tageszeit und geplanter körperlicher Belastung Essen: nach der Injektion eine bestimmte Menge Kohlenhydrate zur Vermeidung einer Unter­ zuckerung (Hypoglykämie) óó auch alle anderen Mahlzeiten zu bestimmten Zeiten (Kohlenhydrateanteil gleichmäßig über den Tag verteilen) óó Essen: Zeit und Art der Mahlzeit können variiert werden óó Aller Anfang ist schwer … Doch schon bald kommt die Routine. Und Ihr „Zucker“ gehört dann ganz selbstverständlich zu Ihrem Leben dazu. 21 Hoher Blutzucker Schädigung Blutder Bluthochdruck Nervengefäße schädigungen Fettstoffwechselstörungen Hoher Blutzucker hinterlässt im Körper Spuren. Mögliche Begleit- und Folgeerkrankungen Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte wirken Tag für Tag auf Ihren Körper und hinter­lassen Spuren. Hier erfahren Sie, wie Sie vorbeugen können, was untersucht und behandelt wird. Bluthochdruck Wie viele Diabetiker leiden vielleicht auch Sie an Bluthochdruck. Das ist der Fall, wenn Ihre ge­mes­se­ nen Werte an zwei Tagen bei 140/90 mmHg oder darüber liegen. Da Bluthochdruck das bei Diabe­ti­ kern ohnehin überdurchschnittlich hohe Risiko für Gefäßerkrankungen zusätzlich erhöht, ist es wichtig, dass der Blutdruck konsequent und dauerhaft auf unter 140/90 mm Hg gesenkt wird. Das wird vor allem mit folgenden Medikamenten erreicht: ACE-Hemmer ACE-Hemmer verhindern die Bildung eines wich­ti­ gen Botenstoffes, des sogenannten Angioten­sin II. Dieses hat eine gefäßverengende Wirkung und erhöht so den Blutdruck. ACE-Hemmer greifen in 22 die durch Hormone gesteuerte Regulation des Blutdrucks ein. Bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit oder spe­ziellen Indika­tionen können Sie AT1-Rezeptor­­­an­tagonisten erhalten. Diuretika Diuretika sind sogenannte Entwässerungsmedikamente. Sie fördern die Flüssigkeitsausscheidungen des Körpers und vermindern so die Flüssigkeitsmenge im Kreislauf. Auf diese Weise wird der Blutdruck gesenkt. Betablocker Betablocker verringern am Herz die Frequenz und die Kraft, mit der der Herzmuskel sich zusammenzieht. Der Blutdruck wird gesenkt, das Herz arbeitet ökonomischer und der Sauerstoffbedarf des Herzmuskels ist geringer. Fettstoffwechselstörungen Bei vielen Typ-2-Diabetikern sind die Blutfettwerte erhöht, unter anderem der des Cholesterins. Da dies die Entstehung von Gefäßerkrankungen fördert, wird mit Medikamenten gegengesteuert. Sogenannte Statine vermindern die körper­eigene Her­stellung von Cholesterin und sind im Allgemeinen gut verträglich. Nur selten treten Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall oder Erbrechen auf. Schädigung der großen Blutgefäße (Makroangiopathie) Ein hoher Blutzuckerspiegel schädigt die großen Blutgefäße: Wandverdickungen und Ablagerungen behindern den Blutfluss. Die großen Schlagadern werden durch hohen Blutdruck und Fettstoffwechsel­ störungen zusätzlich geschädigt. Auf die Beine Verengte Beinarterien führen zu Muskelschmerzen beim Gehen (sog. Schaufensterkrankheit). Später können sich Geschwüre und abgestor­benes Gewebe an den Füßen bilden. Risiken für Ihre Gesundheit Je länger eine dauerhafte Blutzucker­erhöhung besteht, umso höher ist die Gefahr! 55 % aller Diabetiker sterben an einem Herzinfarkt. Auch Schlaganfälle kommen erheblich häufiger vor als bei Gesunden. Da alle Organe und Gewebe des Körpers auf eine gute Durchblutung angewiesen sind, haben die Gefäßschädigungen zahlreiche Auswirkungen: An einer arteriellen Verschlusskrankheit der Beine erkranken Diabetiker etwa dreimal so häufig. Auf das Herz Verengte Herzkranzgefäße, die den Herzmuskel versorgen, führen zur Koronaren Herzkrankheit (KHK) und können Herzschmerzen (Angina Pectoris) sowie Luftnot auslösen. Sind die Herzkranz­gefäße komplett verschlossen, kommt es zum Herzinfarkt. Achtung: Herzschmerzen (Angina pectoris) und ein Herzinfarkt können unbemerkt ablaufen, da auch die Funktion der schmerzleitenden Nervenfasern durch den hohen Blutzuckerspiegel beeinträchtigt sein kann. Auf das Gehirn Sind Hirnarterien von Durchblutungsstörungen betroffen, kann es schlimmstenfalls zum Schlag­ anfall (Hirninfarkt) kommen. Durch einen gut eingestellten Blutdruck kann das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall vermindert werden. 23 Schädigung der kleinen Blutgefäße (Mikroangiopathie) Ein hoher Blutzuckerspiegel schädigt auch die kleinen Blutgefäße: Glukose im Blut verbindet sich mit verschiedenen Eiweißen in der Wand der Blut­ gefäße. Die Gefäßwände verdicken und die Gefäße verengen sich. Als Folge gelangt insbesondere der lebensnotwendige Sauerstoff schlechter ins Gewebe und die Durchblutung von Organen und damit die Versorgung mit Nährstoffen verringern sich ebenfalls. Dies hat zahlreiche Auswirkungen: Auf die Augen Werden die kleinen Blutgefäße im Auge geschädigt, können sie sich verschließen und die Netzhaut wird nicht mehr ausreichend durchblutet. Um diesen Mangel auszugleichen, bildet der Körper neue Gefäße. Doch ihre Wände sind sehr dünn und zerreißen leicht, sodass Blut in die Netzhaut tritt. Da diese Blutung Ihr Seh­ver­mögen kaum einschränkt, ­merken Sie erst einmal nichts davon. Ihr Augenarzt kann sie bei einer Funduskopie (Untersuchung des Augen­ hintergrunds) als rote Punkte oder Flecken ­erkennen. Es können sich auch kleinste, säckchenförmige Aus­stülpungen (Aneurysmen) bilden oder Stoffwechselprodukte auf der Netzhaut ab­lagern, als scharf­ kantige, kalkhaltige Flecken oder weich begrenzte Herde. All diese Veränderungen führen zu einer Abnahme Ihres Sehvermögens (bei 25 % der Typ-2-Diabe­tiker wird nach 15 Jahren diese sog. Retinopathie festgestellt), im schlimmsten Fall zur Erblindung (30 % aller Erblindungen in Europa sind durch Diabetes verursacht). Doch rechtzeitig erkannt, kann dieser Prozess aufgehalten werden: Ihr Arzt kann die geschädigten Blutgefäße mit einer Laserbehandlung veröden, sodass weitere Blutungen und Gefäßneu­bildungen vermindert werden. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass Sie sich frühzeitig und danach regelmäßig beim Augenarzt untersuchen lassen. Gerade auch dann, wenn Sie keinerlei Beeinträchtigung Ihres Sehvermögens wahrnehmen. Auf die Nieren Sind Ihre Augen geschädigt, sollten Sie auch ­Ihre Nieren auf eine Schädigung (Nephro­pathie) untersuchen lassen, da Folgeschäden an Augen und 24 Nieren häufig gemeinsam auftreten. Sind Ihre Nieren betroffen, können sie ihrer Filterfunktion nicht mehr ausreichend nachkommen und es werden mit dem Urin Substanzen ausgeschieden, die von den Nieren eigentlich zurückgehalten werden sollten. Umgekehrt stauen sich im Blut Stoffe an, die über die Nieren entfernt werden müssten. Schreitet die Schädigung aber ungehindert voran, können im Endstadium die Nieren versagen und Sie dauerhaft auf eine Behandlung mit der „künstlichen Niere“, der Dialyse, angewiesen sein. Mit einer zielgerichteten Behandlung kann hier jedoch rechtzeitig gegengesteuert werden. ­Wichtig sind dabei eine normnahe Blutdruck- und Blutglukoseeinstellung, Rauchverzicht und bei eingeschränkter Nierenfunktion (pathologisch reduzierter glomerulärer Filtrationsrate) eine adäquat begrenzte Eiweißaufnahme. Beugen Sie einer Dialyse vor In Europa und den USA sind bis zu 50 % aller Dialysepatienten Diabetiker. Der Grund: langjährig schlecht eingestellte Blutzuckerwerte. Bei ca. 25 % der Typ-2Diabetiker sind die Nieren nach 10 Jahren geschädigt. Auf die Nerven Die Schädigung der kleinen Blutgefäße führt dazu, dass Nerven nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden und daher Signale schlechter weiterleiten. Die Funktion der Nerven wird ebenfalls durch die Ablagerung von Zuckerabbau­produkten in den Nervenzellen und Hüllen der Nervenfasern beein- trächtigt. Bei einer autonomen Nervenschädigung wird Ihr Arzt Sie ggf. zu einem Fachkollegen überweisen (bei einer Blasenentleerungsstörung z. B. an einen Urologen). Sind Ihre Nervenschädigungen mit Schmerzen verbunden, können Sie von Ihrem Arzt bestimmte Medikamente (Anti­depressiva, Anti­ konvulsiva) erhalten. Alle Nerven können betroffen sein Nervenart Aufgabe Folge der Schädigung Motorische Nerven Leiten Impulse vom Gehirn zu den Muskeln, um Muskelbewegungen auszulösen Lähmungen Sensible Nerven Leiten Empfindungen an das Gehirn Empfindungsstörungen, Taubheit der Haut, Missempfindungen wie Brennen („burning feet“– brennende Füße), Kribbeln oder Schmerzen Autonome Nerven Kontrollieren z. B. Blutdruck, Herzschlag, Verdauung und Ausscheidungsfunktionen Störungen der Blutdruckregulation, Herzrhythmusstörungen, Blasenentleerungs­störung, Erektionsstörung (Impotenz), Völlegefühl und saures Aufstoßen bei Magenentleerungs­ störung 25 Diabetischer Fuß óó Auch schwer heilende, meist schmerzlose Geschwüre an den Füßen im Rahmen des diabetischen Fuß­syndroms („diabetischer Fuß“) sind Folgen der Zuckerkrankheit. Sollte Ihr Arzt bei Ihnen ein Fußgeschwür diagnostizieren, wird er Sie üblicherweise in eine DiabetesFußambulanz überweisen. Ein Team von Spezialisten kümmert sich dort um Ihr Geschwür, entfernt abgestorbenes Gewebe und verbindet Ihren Fuß im Anschluss so, dass er gut geschützt ist. Ebenso wird Ihnen dort in einer Schulung vermittelt, wie Sie die Verschlimmerung Ihres Geschwürs und das Neuauftreten verhindern können. Bei einer Besie­delung mit Krankheitserregern erhalten Sie ggf. eine Verordnung für ein Antibiotikum. Bei Nichtbehandlung Es entstehen schmerzlose Geschwüre, die sich vergrößern und von Krankheitserregern besiedelt werden können. Der diabetische Fuß ist der häufigste Grund für einen Klinik­aufent­halt. In manchen Fällen sind gefäß­chirur­gische Eingriffe oder Amputationen notwendig. Maßnahmen óó Vermeiden Sie die Entstehung eines dia­be­tischen Fußsyndroms durch einen kon­sequent auf dauerhaft normnahe Werte eingestellten Blutzucker. óó Untersuchen Sie Ihre Füße (mit einem kleinen Handspiegel) täglich und gründlich. Achten Sie auf Verletzungen, Druckstellen, Rötungen und Risse in der Hornhaut. óó óó óó óó Überlassen Sie Ihre Fußpflege einem medizinischen Fußpfleger (Podologen). Durch seine Ausbildung ist er für die Behandlung von Diabetikern besonders qualifiziert. Die Kosten Ihres Podologen werden nach vorheriger ärztlicher Verordnung von Ihrer KKH übernommen. Ihr Arzt oder eine diabeto­lo­gische Fußambulanz wird Ihnen einen Podologen in Ihrer Nähe empfehlen. Schützen Sie Ihre Füße vor Verletzungen und laufen Sie niemals barfuß. Tragen Sie immer Schuhe, auch am Strand (spezielle Bade­schuhe). Wählen Sie Ihre Schuhe sorgfältig aus. Teure orthopädische Schuhe sind nicht unbedingt erforderlich. Sie dürfen aber niemals an irgendeiner Stelle drücken oder scheuern. Im Zweifel kann ein orthopädischer Schuhmacher spezielle Polster oder Einlagen anfertigen. Tragen Sie keine Strümpfe, deren Bündchen die Haut einschnüren. Lassen Sie Ihre Füße mindestens einmal jährlich gründlich von Ihrem Arzt unter­suchen. Besteht bei Ihnen ein erhöhtes Risiko, sollten Sie Ihre Füße und auch Ihre Schuhe quartalsweise überprüfen lassen. Bitte denken Sie immer daran: Es gibt keine „Bagatellverletzungen“ an Ihren Füßen. Aus jeder Wunde oder Druckstelle können sich schwer heilende Geschwüre entwickeln. Inspizieren Sie Ihre Füße deshalb regelmäßig und gründlich, schützen Sie sie vor Verletzungen und begeben Sie sich in professionelle Hände. Wenn Sie all das beherzigen, werden Sie auch als Diabetiker weiterhin „gut zu Fuß“ sein. Diabetischer Fuß Ursachen Mangelnde Durchblutung Schädigung der Nerven von Haut und Blutgefäßen Schädigung der Nerven, die Empfindung von Haut und Mus­­keln an das Gehirn melden Folgen Das Gewebe wird nicht ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt, Zellen gehen zugrunde, Geschwüre entstehen. Die Durchblutung kann durch die beeinträchtigten Nerven, die für die Engund Weitstellung der Blutgefäße zuständig sind, nicht dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Verletzungen oder Druckstellen durch schlecht sitzende Schuhe werden nicht mehr wahrgenommen. 26 Das tut Ihr Arzt gemeinsam mit Spezialisten für Sie Ihr Arzt kann Sie zu speziellen Schulungen zur Ernäh­rung anmelden. Möchte er zur Behandlung Ihres Diabetes Spezialisten hinzuziehen, wird er Sie an einen Facharzt oder eine Klinik überweisen. Schulung durch einen Ernährungsberater Wenn eine Umstellung Ihrer Ernährung erforderlich ist, kann Sie ein Ernährungsberater (Ökotrophologe) unterstützen. Ihr Arzt meldet Sie zu einer speziellen Schulung an. Ambulante Behandlung beim Facharzt Aufgrund möglicher Folgeschäden für die Netzhaut Ihres Auges ist einmal jährlich eine Kontrolluntersuchung (Augenhintergrund) beim Augenarzt erforderlich. Je nach Ergebnis werden Sie hier weiterbehandelt. Falls nötig, wird er Ihnen auch kürzere Zeitabstände für Folgeuntersuchungen empfehlen. óó Arbeitet Ihre Niere nicht mehr richtig bzw. die Filtrationsrate hat sich innerhalb eines Jahres ­drastisch verschlechtert, wird Ihr Arzt Sie an einen Nierenspezialisten (Nephrologen) überwei­ sen, der die Funktionsfähigkeit Ihrer Nieren über­ prüfen und ggf. behandeln wird. óó Sind Ihre Blutdruckwerte trotz Behandlung nach einem halben Jahr immer noch zu hoch, wird Ihr Arzt Sie zur Weiterbehandlung an einen Spezia­listen für Erkrankungen des Herz-Kreis­laufSystems überweisen. Dies kann ein Arzt für Innere Medizin sein, möglicherweise mit der Zusatz­ bezeichnung „Kardiologe“ (Facharzt für Herz­ erkrankungen). óó Sinkt der gemessene Wert des glykosylierten Hämoglobins (HbA1c) bei Ihnen nicht wie erwartet, ist es nicht gelungen, Ihren Blut­zuckerwert innerhalb eines halben Jahres dauerhaft auf die angestrebten Werte einzustellen (das HbA1c gibt Auskunft über die Stoffwechseleinstellung der vergangenen Monate). In diesem Fall wird Sie Ihr Arzt zu einem Diabetologen überweisen, einem Arzt für Innere Medizin, der sich auf die Behandlung von Zuckerkrankheiten spezialisiert hat. Diabetologen arbeiten in Kliniken, Praxen oder sogenannten Schwerpunktzentren. Dort können Sie eingehender untersucht und auch behandelt werden. Sollten Sie schwanger sein oder eine Schwangerschaft planen, wird Sie Ihr Arzt ebenfalls dorthin überweisen. óó óó Erreichen Sie Ihren individuell festgelegten HbA1c-Wert innerhalb eines Jahres nicht, sollte geprüft werden, ob Sie von einer stationären Diagnostik und Therapie in einem diabetologisch qualifizierten Krankenhaus profitieren könnten. Könnte sich bei Ihnen ein diabetischer Fuß entwickeln oder Sie sind daran bereits erkrankt, wird Ihr Arzt Sie an eine spezielle Einrichtung, eine sogenannte Fußambulanz, überweisen. In diesen Ambulanzen, die meist an Kliniken angeschlossen sind, arbeiten Ärzte und Fußpfleger zusammen, oft gehören auch orthopädische Schuhmacher dazu. Gemeinsam werden sie alles tun, um Ihre Fußschäden zu heilen oder ein Voranschreiten zu verhindern. óó Behandlung in der Klinik Auch wenn Ihr Blutzucker gut eingestellt ist, kann es Situationen geben, in denen eine ambulante Behandlung nicht mehr ausreicht und Ihr Arzt Sie in eine Klinik überweisen wird. Dies ist unter anderem der Fall … … bei einer Neigung zu nächtlichen Unter­zucke­ rungs­­phasen. … bei einer bedrohlichen Stoffwechsel­ent­gleisung, die zu einer schweren Über- oder auch Unterzuckerung und sogar Bewusstlosigkeit führen kann. … wenn Sie die Zeichen einer Unterzuckerung nicht wahrnehmen und schnell genug reagieren können. … wenn sich Ihr diabetischer Fuß infiziert (mit Krankheitserregern besiedelt ist) oder Ihre Fuß­ geschwüre so tief reichen, dass Sehnen oder Knochen betroffen sind. … wenn andere Notfälle eintreten, wie Gefäß­ verschlüsse, Durchblutungsstörungen des Herzens oder eine schwere Störung der Nierenfunktion. 27 Verzeichnis medizinischer Fachbegriffe ACE-Hemmer Medikamente, die in die hormonelle Steuerung des Blutdrucks eingreifen Glukose Traubenzucker, wird bei der Blutzucker­ bestimmung gemessen Adipositas Fettsucht, Fettleibigkeit, die Menge an Körperfett ist hier abnormal und übermäßig erhöht, wesentlicher Risikofaktor für Typ-2-­Diabetiker Glukose-Toleranztest Test, bei dem nach der Einnahme von Traubenzucker über einen bestimmten Zeitraum der Abbau von Zucker im Blut kontrolliert wird Anamnese Ihre Krankengeschichte Angiopathien Oberbegriff für die Schädigung der Blutgefäße wie Arterien, Venen und Kapillaren Arterien (Blutgefäße) Adern, die vom Herz kommend sauerstoffreiches Blut in den Körper leiten Arteriosklerose Verkalkung der Arterien Biguanide Tabletten, die Ihren Blutzucker senken Blutzuckergedächtnis Ein Blutwert, der Auskunft über die Blutzuckereinstellung der letzten 2 bis 3 Monate gibt Cholesterin Eines der Fette, die sich im Blut befinden Diabetischer Fuß Auch diabetisches Fußsyndrom oder Fußgeschwür genannt Diabetische Nephropathie Funktionsverlust der Niere, ausgelöst durch eine langfristig schlechte Blutzuckereinstellung Diabetische Neuropathie Durch Diabetes bedingte Schädigung der Nerven Diabetes Typ 1 Der Körper produziert viel zu wenig oder gar kein Insulin. Es muss daher gespritzt werden. Diabetes Typ 2 Erhöhte Blutzuckerwerte durch mangelnde Insulinproduktion oder unzureichen­de Insulinwirkung an den Körperzellen Funduskopie Untersuchung Ihres Augenhinter­ grundes durch die Pupille hindurch mithilfe eines besonderen Spiegels 28 Harnzuckertest Teststreifen, mit dem Sie den Zuckergehalt Ihres Urins selbst bestimmen können Hyperglykämie Überzuckerung Hypoglykämie Unterzuckerung Insulin Hormon aus der Bauchspeicheldrüse, das hilft, Glukose zu verwerten, damit Ihr Körper daraus Energie gewinnen kann Metabolisches Syndrom Vier Einzelerkran­kun­gen, die häufig in Kombination auftreten: erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck, erhöhter Blutzucker und bauchbetontes Übergewicht. Mögliche Folgeerkrankung: Arteriosklerose, die zu Schlaganfall und Herzinfarkt führen kann Retinopathie Erkrankung der Netzhaut am Auge. Eine schlechte Blutzuckereinstellung ist die häufigste Ursache. Rezeptoren „Antennen“ oder „Schleusen­wärter“, Bestandteile der Oberfläche von Zellen Statine Medikamente, die den Cholesterin­spiegel senken Venen (Blutgefäße) Adern, die vom Körper kommend sauerstoffarmes Blut zum Herzen leiten Das Diabetes-Gesundheitsquiz Sie haben viel Wissenswertes über Diabetes mellitus Typ 2 und den Umgang damit erfahren. Jetzt können Sie Ihr Wissen testen. Die Lösungen finden Sie unten auf der Seite. Viel Spaß! 1. Wo kommt das Insulin her? a) aus dem Blut b) aus der Bauchspeicheldrüse c) aus dem Darm 2. Welches sind die Anzeichen einer Hypoglykämie (Unterzuckerung)? a) Schnupfen, Husten, Heiserkeit b) starke Zahnschmerzen c) Herzklopfen, Herzrasen, kalte Schweißausbrüche, Zittern, Hunger 3. Wie sollten Sie sich ernähren? a) ausgewogen und vollwertig b) wenig Kohlenhydrate c) wenig Eiweiß, viel Fett 4. Was ist bei körperlicher Aktivität zu beachten, wenn Sie Insulin spritzen? a) immer bis an die Belastungsgrenze gehen b) Blutzuckerkontrolle davor, währenddessen und danach c) nach dem Sport kalorienreich essen und trinken 5. Was hilft, Ihren Zucker im Griff zu behalten? a) keine körperlichen Aktivitäten b) regelmäßige Gewichtszunahme c) Körpersignale richtig deuten und ein Diabetes-Tagebuch führen 6. Ist die Untersuchung Ihrer Füße für Sie als Diabetiker wichtig? a) Das ist bei Diabetes nicht wichtig. b) Das macht mein Arzt für mich. c) Ich untersuche meine Füße täglich und sie werden auch regelmäßig von meinem Arzt untersucht. 7. Ist regelmäßige Bewegung gut für Sie? a) Für mich als Diabetiker ist Schonung das Beste. b) Regelmäßige Bewegung verbessert bei mir die Insulinwirkung und senkt den HbA1c-Wert. c) Bewegung ist nicht so wichtig, ich nehme doch Medikamente. Lösungen: 1b, 2c, 3a, 4b, 5c, 6c, 7b 29 Buchtipps Stiftung Warentest (Hg.): Diabetes Typ 2 Wie Sie gezielt gegensteuern. Stiftung Warentest, Berlin, 2014. Thurm, U.; Gehr, B.: Diabetes- und Sportfibel Mit Diabetes weiter laufen. Kirchheim-Verlag, Mainz, 2009. Hirsch, A.: Diabetes ist meine Sache Hilfen zum Umgang mit Angst, Wut und Traurigkeit. Kirchheim-Verlag, Mainz, 2001. Schmeisl, G. W.: Schulungsbuch für Diabetiker Als Leitfaden für Typ-1- und insulinspritzende Typ-2-DiabetikerInnen konzipiert. Elsevier Verlag, München, 2011. Howorka, K.: Insulinabhängig? Funktioneller Insulingebrauch: Der Weg zur Freiheit mit nahezu normalem Blutzucker. Kirchheim-Verlag, Mainz, 2011. Jörgens, V.; Grüßer, M.; Kronsbein P.: Wie behandle ich meinen Diabetes? Für Typ-2-Diabetiker, die nicht Insulin spritzen. Kirchheim-Verlag, Mainz, 2014. Nestlé (Hg.): Kalorien mundgerecht Das praxisorientierte Handbuch für das tägliche Essen und Trinken sowie zur indivi­duellen Ernährungs- und Kalorienkontrolle. Neuer Umschau-Buchverlag, Neustadt, 2015. Standl, E.; Mehnert, H.: Das große TRIAS-Handbuch für Diabetiker Typ 1 und Typ 2: Alles was Ihnen hilft – für ein aktives Leben ohne Einschränkungen. Empfohlen vom Deutschen Diabetiker Bund. TRIAS-Verlag, 2013. Kulzer, B.; Hermanns, N.; Maier, B.; Haak, T.; Reinecker, H.: Typ-2-Diabetes selbst kontrollieren Ein Leitfaden für den Alltag mit praktischen Tipps zur Änderung der Ess- und Lebens­gewohnheiten. Für Diabetiker, die kein Insulin spritzen. Kirchheim-Verlag, Mainz, 2010. Toeller, M.; Schumacher, W.: Richtig essen bei Diabetes Hirzel-Verlag, Stuttgart, 2009. Adressen und Websites Selbsthilfeorganisationen óó Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes e. V. Reinhardtstraße 31 10117 Berlin Telefon 030 2016770 Telefax 030 120894709 [email protected] www.menschen-mit-diabetes.de óó Diabetesgate www.dgate.service-de-media.de Dachverband für Fachgesellschaften und Betroffenenverbände óó Deutsche Diabetes-Union (DDU) www.diabetes-union.de óó Diabetes-Zentrum Quakenbrück Danziger Straße 2 49610 Quakenbrück Telefon 05431 152831 www.diabeteszentrum-quakenbrueck.de 30 Medizinische Fachgesellschaft óó Deutsche Diabetes Gesellschaft e. V. Reinhardtstraße 31 10117 Berlin Telefon 030 31169370 Telefax 030 311693720 [email protected] www.ddg.info Sonstiges óó Deutsches Diabetes Museum e. V. Michael Schimschar Im Hungerberg 5 38368 Grasleben www.deutsches-diabetes-museum.de [email protected] Zum Schluss … Wir hoffen, wir konnten Sie auf dem Weg zum Diabetes-Experten ein Stück weiterbringen. Und Sie haben Ihren Zucker immer gut im Griff. Informieren Sie auch Ihre Familie, Bekannte und Arbeitskollegen über Ihre Erkrankung, Ihre Bedürfnisse und notwendige Maßnahmen für den Fall der Fälle, den Notfall. So können sie bei einer Blut­ zuckerentgleisung entsprechend reagieren und Sie unterstützen. Diese Broschüre soll Ihnen helfen, Ihre Erkrankung und den Sinn ärztlicher Maßnahmen besser zu ver­stehen. Sie ersetzt nicht den Arztbesuch. Sicher haben Sie noch weitere Fragen. Nehmen Sie direkt Kontakt zu Ihrem Arzt auf oder sprechen Sie uns einfach an. Wir stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite. Alles Gute für Sie und Ihre Gesundheit wünscht Ihnen Ihr KKH Versorgungsteam 31 F 7419 – 02/16 KKH Kaufmännische Krankenkasse Hauptverwaltung 30125 Hannover [email protected] www.kkh.de