KZO Wetzikon Kosmologie und Teilchenphysik Astronomiefreifach HS 2002/2003 Stefan Leuthold Repetition Teilchenphysik Elementarteilchenfamilien Schritt von der Kosmologie zur Teilchenphysik Nukleosynthese: Limit Anzahl Teilchenfamilien Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 2 Fermionen und Bosonen Aus den Fermionen besteht die Materie: Quarks (up, down, ...) => Hadronen: • Baryonen (qqq: Proton, Neutron) • Mesonen (qq) Leptonen (Elektron e–, Neutrino n, ...) Bosonen vermitteln die Kräfte zwischen den Fermionen: Gluonen W+, W–, Z0 Photonen Gravitonen Starke Wechselwirkung Schwache Wechselwirkung Elektromagnetische Wechselwirkung Gravitation Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 3 Fundamentale Teilchen: Fermionen ? Aufspaltung nach Art Quarks 2/ Aufspaltung nach Ladung Familie Teilchen Antiteilchen Leptonen - 1/3 3 up up u charm u c c top t t -1 0 down Elektron e down strange bottom Elektron Müon Tauon d d s s b b e e m m t t ne Neutrino n nm nt ne ne nm nm nt nt Eingekreist ist die elektrische Ladung des Teilchens in Einheiten der Elementarladung e = 1,60218 · 10–19 Coulomb. Alle Teilchen einer Familie haben dieselbe elektrische Ladung, aber unterschiedliche Massen, Teilchen und Antiteilchen haben gleiche Masse, aber entgegengesetzte elektrische Ladung. Das Antiteilchen des Elektrons heisst Positron, oft schreibt man e– und e+. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 4 Zusammengesetzte Teilchen Hadronen Baryonen Mesonen qqq qq Proton: uud Neutron: udd π+ : ud «Pion» K+ : us «Kaon» qqq: Antibaryonen Hadronen sind Teilchen, welche aus Quarks bestehen und durch die starke Wechselwirkung zusammengehalten werden (Hadronen heisst «die Starken» auf griechisch, Wechselwirkungen siehe nächste Folie). Baryonen bestehen aus drei Quarks, Mesonen aus einem Quark und einem Antiquark. Das Proton mit Ladung 1 besteht zum Beispiel aus zwei up-Quarks und einem down-Quark. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 5 Fundamentale Teilchen: Bosonen Fermionen wechselwirken untereinander über die sogenannten Austauschteilchen oder Bosonen. Wechselwirkung Bosonen betroffene Teilchen Reichweite Starke Wechselwirkung 8 Gluonen g Hadronen ≤ 1 fm Schwache Wechselwirkung W+, W–, Z0 (linkshändige Komponenten der) Fermionen 10-3 fm Elektromagnetische Wechselwirkung Photonen g elektrisch geladene Teilchen ∞ Gravitation Gravitonen Teilchen mit Masse ∞ Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 6 Grössenverhältnisse Atom Kern Proton Kern Quarks Protonen und Neutronen 10-10 m Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. 10-14 m 10-15 m Folie Nr. 7 Repetition Teilchenphysik Elementarteilchenfamilien Schritt von der Kosmologie zur Teilchenphysik Nukleosynthese: Limit Anzahl Teilchenfamilien Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 8 Elementarteilchenfamilien Ladung 1 1. Familie 2. Familie 3. Familie 4. Familie 5. Familie 6. Familie top ? ? ? Quarks 2/ 3 1/ 3 up charm neutrale Leptonen 0 ne nm nt ? ? ? –1/3 down strange bottom ? ? ? t– ? ? ? Quarks –2/3 geladene Leptonen –1 e– m– Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 9 Bemerkungen zu Teilchenfamilien Isidor Rabi (Nobelpreis) zur Entdeckung des Myons: «Wer hat denn das bestellt?» – es ist überhaupt (noch) nicht klar, weshalb es genau diese Teilchenfamilien gibt. Das Universum würde anders aussehen, wenn es mehr oder weniger Teilchenfamilien gäbe, als es tatsächlich gibt (Argument später) Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 10 Repetition Teilchenphysik Elementarteilchenfamilien Schritt von der Kosmologie zur Teilchenphysik Nukleosynthese: Limit Anzahl Teilchenfamilien Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 11 Linearbeschleuniger: HF-Kavität + – e– Hochfrequenzkavität Werden Elektronen auf einer Gerade beschleunigt, benötigt man umso längere Röhren, je grösser die Endgeschwindigkeit (und damit die Energie in Experimenten) sein soll. Deshalb ist man auf die Idee mit den Kreisbeschleunigern gekommen. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 12 Kreisbeschleuniger: Zyklotron Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 13 Kreisbeschleuniger: Synchrotron. Ein elektrisches Feld wird zum Beschleunigen der Teilchen benutzt, ein Magnetfeld hält die Teilchen auf der Kreisbahn. Da die Teilchen bei jedem Umlauf schenller werden, müssen E-Feld und B-Feld synchron hochgeschraubt werden, damit die Teilchen nicht aus dem Beschleuniger fliegen – deshalb der Name Synchrotron. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 14 Geschichtliches über Beschleuniger Ernest Lawrence: Erstes Zyklotron, 1930. Energie: 80‘000 eV, Durchmesser: 32 Inches Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 15 Tevatron am Fermilab, Chicago. Bestes Zyklontron Energie: Etwa 2000 GeV Durchmesser: 4 Meilen Interessante Maßstäbe... Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 16 Energien im Labor und im Urknall Teilchenbeschleuniger-Experimente finden mit immer besseren Beschleunigern bei immer höheren Energien statt. Bereits mit niederenergetischen Linearbeschleunigern bekommen die Teilchen Energien, welche vergleichbar sind mit den Energien bei der Entstehung der Kerne (sogenannte «Nukleosynthese») gemäss der Urknalltheorie (≈ 1 Minute nach dem Urknall). (Eine Energie entspricht einer Temperatur.) Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 17 Vereinigung der Wechselwirkungen Starke Wechselwirkung Grand Unified Theory (GUT) Schwache Wechselwirkung Theory of Everything (TOE) Elektroschwache Wechselwirkung Elektromagnetische Wechselwirkung Gravitation niedrige Energie 100 1015 1019 hohe Energie E/GeV Bei genügend hohen Energien vereinigen sich die fundamentalen Wechselwirkungen. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 18 Kosmologischer Beschleuniger? Teilchenbeschleuniger-Energien entsprechen natürlich auch den Energien des Universums wenige Bruchteile von Sekunden nach dem Urknall: 10–10 Sekunden <=> 100 GeV (CERN, Vereinigung elektromagnetische und schwache Wechselwirkung. Ein Beschleuniger, der an die GUT herankommt, bräuchte man Platz bis zu den nächsten Sternen, ein TEO-Beschleuniger würde die gesamte Milchstrasse füllen. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 19 Repetition Teilchenphysik Elementarteilchenfamilien Schritt von der Kosmologie zur Teilchenphysik Nukleosynthese: Limit Anzahl Teilchenfamilien Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 20 Nukleosynthese nach dem Urknall Etwa eine Sekunde nach dem Urknall, bei einer Temperatur von etwa 1013 K findet die Nukleosynthese statt: Protonen und Neutronen schliessen sich zu Kernen zusammen (vorher zu heiss). Diese Temperaturen entsprechen Energien von Linearbeschleunigern. Mikrowellenhintergrund liefert Daten über Zeit nach Entkopplung von Strahlung und Materie (etwa 100‘000 Jahre nach Urknall) nach der letzten Streuung von Photonen an Elektronen bei einer Temperatur von 3000 K. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 21 Urknalluntersuchung im Labor Annahme: Während der Nukleosynthese ist die Materie als Nukleonengas behandelbar. Nukleonengas: Protonen werden in Neutronen, Neutronen in Protonen umgewandelt (Stösse mit Elektronen, Positronen, Neutrinos und Antineutrinos). Bei sinkenden Gastemperaturen wird plötzlich ein Überschuss an Protonen entstehen, da das Neutron ein wenig schwerer ist als das Proton und deshalb leichter umgewandelt wird. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 22 Urknalluntersuchung im Labor |2 Berechnung: Bei 109 K beträgt das Verhältnis Neutronen zu Protonen etwa 1:7. Temperatur nun kalt genug für Entstehung von Deuterium (Proton-Neutron-Kern). Reaktion von Deuterium mit anderen Protonen und Neutronen => Entstehung Tritium (1 p, 2n), He-3 (2 p, 1 n) => Entstehung He-4 Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 23 Urknalluntersuchung im Labor |3 He-4 Bindungsenergie sehr hoch => Häufigkeit von He-4 gross Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 24 Berechnung der Häufigkeit von He-4 Häufigste Verbindung von Protonen und Neutronen ist He-4 (vorangehende Graphik). 2 Neutronen 14 Protonen 1/ 4 3/ 4 He-4 Wasserstoffwolken => Sternentstehung => Entstehung der schwereren Elemente durch Kernfusion Nach He-4 gibt es praktisch keine stabilen Kerne mehr: Die restlichen Elemente sind in Sternen entstanden. => He-4 sollte etwa 25% der gewöhnlichen Materie ausmachen. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 25 Häufigkeiten/Anzahl Teilchenfamilien Die Häufigkeit der Teilchenarten (wie He-4) hängt ab von Nukleonendichte und Strahlungsdichte im Weltall. Nun berechnet man die Häufigkeiten bestimmter Elemente in Abhängigkeit von der Nukleonendichte und vergleicht diese mit den aktuellen Messungen (nächste Folie). Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 26 Heutige Nukleonendichte Massenanteil He-4 He-4 Messungen 10–1 10–3 He-3 Messungen D Messungen 10–5 He-3 Li-7 10–7 10–9 Li-7 Messungen 10–11 Beste Schätzung 10–32 10–31 Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. D 10–30 10–29 10–28 heutige Nukleonendichte (g/cm3) Folie Nr. 27 Nukleonen- und Strahlungsdichte Die Strahlungsdichte beeinflusste vor allem Expansionsgeschwindigkeit des Universums. Sie ist proportional zur Anzahl der Strahlungsarten. => Strahlungsdichte proportional zur Anzahl der Teilchen mit Geschwindigkeit ≈ c. Neun Strahlungs-Teilchenarten beim Urknall: g, e–, e+, ne, nm, nt, ne, nm, nt Betrachte Nukleondichte in Abhängigkeit der Teilchenarten (nächste Folie). Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 28 Nukleonen- und Strahlungsdichte |2 Massenanteil He-4 He-4 Messungen 10–1 4 10–3 3 2 He-3 Messungen D Messungen 10–5 He-3 Li-7 10–7 10–9 Li-7 Messungen Eingekreiste Zahlen: Anzahl Neutrinoarten 10–11 Beste Schätzung 10–32 10–31 Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. D 10–30 10–29 10–28 heutige Nukleonendichte (g/cm3) Folie Nr. 29 Nukleonen- und Strahlungsdichte |3 Vorangehende Graphik zeigt die Nukleonendichte aufgespalten nach der Strahlungsdichte in Abhängigkeit der Anzahl Neutrinoarten. Die Beobachtungen stimmen also mit den Berechnungen überein, wenn es nicht mehr als vier Neutrinoarten gibt, und damit auch nicht mehr als vier Teilchenfamilien. Bereits eine vierte Teilchenfamilie würde eine He-4Häufigkeit ergeben, welche knapp überhalb der Beobachtungen liegt. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 30 Kosmologie ist schön. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik. Folie Nr. 31