Entsenderichtlinie – Europäischen Arbeitsmarkt erhalten - vbw

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Position
Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
Stand: April 2017
www.vbw-bayern.de
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
Vorwort
Vorwort
Gefährdung der Dienstleistungsfreiheit durch unnötigen Kommissionsvorschlag
Die im Vertrag von Lissabon garantierte Dienstleistungsfreiheit ist ein wesentlicher
Bestandteil des europäischen Binnenmarktes. Demnach dürfen Unternehmen ihre
Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erbringen und
hierzu ihre Mitarbeiter in diese Länder entsenden.
Die Entsenderichtlinie gewährleistet dabei einen fairen Wettbewerb und einen Mindestschutz für die entsandten Arbeitnehmer. Am 08. März 2016 hat die Europäische Kommission den Entwurf zur Revision dieser Richtlinie vorgelegt, der den Binnenmarktgedanken konterkariert, indem er den internationalen Personaleinsatz erschwert und damit die Entfaltung des europäischen Arbeitsmarktes gefährdet. In Anbetracht der laufenden Debatten im Europäischen Parlament droht sogar eine weitere Verschärfung
des Vorschlags.
In unserem Positionspapier stellen wir die Inhalte des Kommissionsentwurfs dar und
weisen auf die Gefahren der geplanten Neuregelung hin. Hierzu gehört auch die Gefahr der Spaltung der Europäischen Union durch eine Frontenbildung zwischen den
west- und osteuropäischen Staaten, obwohl die Mitgliedstaaten derzeit mehr denn je
den Zusammenhalt in den Vordergrund stellen müssen, um der EU-kritischen Stimmung vieler Bürger zu begegnen.
Bertram Brossardt
18. April 2017
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
Inhalt
Inhalt
1
Position der vbw auf einen Blick ............................................................... 1
2
Rechtlicher Hintergrund ............................................................................. 3
2.1
2.1.1
2.1.2
2.1.3
2.1.4
Europäisches Recht ...................................................................................... 3
Rom I-Verordnung 593/2008/EG................................................................... 3
Entsenderichtlinie 96/71/EG in ihrer bisherigen Fassung .............................. 4
Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie 2014/67/EU........................... 5
Zeitarbeit / Equal Pay.................................................................................... 5
2.2
2.2.1
2.2.2
2.2.3
2.2.4
Nationales Recht........................................................................................... 6
Allgemeines .................................................................................................. 6
Mindestlöhne und weitere Arbeitsbedingungen ............................................. 6
Kontrollen und Haftung ................................................................................. 7
Zeitarbeit / Equal Pay.................................................................................... 7
2.3
Fazit .............................................................................................................. 8
3
Pläne zur Revision der Entsenderichtlinie ................................................ 9
3.1
Grundlage: Labour Mobility Package ............................................................ 9
3.2
Politischer Hintergrund .................................................................................. 9
3.3
Entwicklung und Stand des Gesetzgebungsverfahrens............................... 10
3.4
3.4.1
3.4.2
3.4.3
Inhalte des Kommissionentwurfs................................................................. 10
Überblick ..................................................................................................... 11
Anwendbares Recht.................................................................................... 11
Geltung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen /
Arbeitnehmerentsendegesetz ..................................................................... 11
Vergütung / Mindestlohn ............................................................................. 12
Unteraufträge .............................................................................................. 12
Zeitarbeit..................................................................................................... 12
3.4.4
3.4.5
3.4.6
3.5
3.5.1
3.5.2
3.5.3
3.5.4
3.5.5
3.5.6
3.5.7
Inhalte des EMPL-Entwurfs......................................................................... 13
Kompetenzgrundlage .................................................................................. 13
Meistbegünstigung im Hinblick auf das anwendbare Recht ......................... 13
Vermeidung von Doppelansprüchen ........................................................... 13
Unterbringungsbedingungen ....................................................................... 13
Informationspflichten für Auftraggeber ........................................................ 13
Geltung von Arbeitsbedingungen in repräsentativen Tarifverträgen im
Aufnahmestaat............................................................................................ 14
Beschränkung des grenzüberschreitenden Einsatzes von Zeitarbeitern ..... 14
Inhalt
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
4
Gefahren für den internationalen Personaleinsatz ................................. 15
4.1
Allgemeines / Zeitpunkt des Kommissionsvorschlags ................................. 15
4.2
Kompetenz und Subsidiarität ...................................................................... 16
4.3
Anwendbares Recht.................................................................................... 16
4.4
Unterbringungsbedingungen ....................................................................... 18
4.5
Geltung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen /
Arbeitnehmerentsendegesetz ..................................................................... 18
4.6
Vergütung ................................................................................................... 18
4.7
Unteraufträge .............................................................................................. 19
4.8
Zeitarbeit ..................................................................................................... 20
Ansprechpartner / Impressum ..................................................................................... 21
Hinweis
Diese Information ersetzt keine rechtliche Beratung im Einzelfall. Eine Haftung übernehmen wir mit der
Herausgabe dieser Information nicht.
Zitate aus dieser Publikation sind unter Angabe der Quelle zulässig.
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
1
Position der vbw auf einen Blick
1
Position der vbw auf einen Blick
Internationalen Personaleinsatz nicht erschweren
Die beabsichtigte Revision der Entsenderichtlinie gefährdet die Entfaltung des europäischen Arbeitsmarktes und wurde ohne Not zu einem Zeitpunkt angestoßen, zu dem die
Frist für die Umsetzung der unlängst erlassenen Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie noch nicht einmal abgelaufen war.
Die bestehenden Schwierigkeiten der Unternehmen bei der Entsendung von Mitarbeitern werden nicht berücksichtigt. Es droht vielmehr eine Verschärfung dieser Probleme.
Darüber hinaus überschreitet die Europäische Union ihre Gesetzgebungszuständigkeit.
Die Geltung aller arbeitsrechtlichen Vorschriften des Aufnahmestaates nach 24 Monaten sowie die mögliche Anwendung von in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen geregelten Lohnsystemen ist zum Schutz des Wettbewerbs offensichtlich nicht erforderlich
und deshalb nicht mehr von der Kompetenzgrundlage im Vertrag von Lissabon gedeckt.
Durch die Anwendung des Rechts des Aufnahmestaats bereits bei über 24-monatigen
Entsendungen würden viele Projekte unnötig verkompliziert. Bei einer anfangs nicht
vorhersehbaren Verlängerung des Einsatzes droht ein Wechsel des anwendbaren
Rechts, der mit kaum vorhersehbaren Konsequenzen verbunden ist. Deshalb müssen
insoweit zumindest Ausnahmen möglich sein.
Die Erweiterung der Anwendung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen auf entsendete Arbeitnehmer in allen Branchen ohne das Vorliegen eines konkreten Bedarfs
in den einzelnen Wirtschaftszweigen geht zu weit und verteuert diese Vorgänge.
Die mögliche Anwendung ganzer allgemeinverbindlicher tariflicher Entgeltsysteme
schießt über das Ziel hinaus und würde außerdem zu erheblicher Rechtsunsicherheit
führen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum vom Arbeitgeber in Entsendefällen zwingend ein über den gesetzlichen Mindestlohn bzw. den tariflichen Branchenmindestlohn
im aufnehmenden Staat hinausgehendes Entgelt gezahlt werden muss. Die Mindestlöhne sorgen bereits für einen adäquaten Schutz der entsandten Arbeitnehmer. Es
muss deshalb bei der aktuellen Formulierung „Mindestlohnsätze einschließlich Überstundensätze“ bleiben.
Die in der geplanten Neufassung der Entsenderichtlinie angelegte Regelung zur Garantie von bestimmten Entlohnungsbedingungen durch den Auftragnehmer in Lieferketten, aus denen entsprechende mitgliedstaatliche Verpflichtungen resultieren können,
ist ebenfalls abzulehnen. Hierdurch würde – wie die Erfahrungen zum deutschen Mindestlohngesetz zeigen – ein erheblicher Bürokratieaufwand aufgrund der dann erfor-
2
Position der vbw auf einen Blick
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
derlichen Absicherung des Auftraggebers entstehen. Eine eventuelle Regelung hierzu
darf allenfalls an bestehende mitgliedstaatliche Bestimmungen anknüpfen.
Darüber hinaus ist kein Grund dafür ersichtlich, warum nach dem Wortlaut auch nicht
für allgemeinverbindlich erklärte tarifliche Entlohnungsbedingungen Gegenstand der
Garantieverpflichtung des ausländischen Subunternehmers sein können und dies tariflich angeordnet werden kann. Eine solche Regelung ist mit der sowohl im europäischen als auch im deutschen Recht geltenden negativen Koalitionsfreiheit nicht zu vereinbaren.
Die beabsichtigte Neuregelung zur Zeitarbeit wonach auf die überlassenen Arbeitnehmer die Vorschriften der Zeitarbeitsrichtlinie im Hinblick auf Equal Pay und Equal Treatment in der Umsetzung des Einsatzlandes angewendet werden sollen, ist ebenfalls
abzulehnen. Hierdurch würde schon aufgrund der intransparenten Formulierung eine
erhebliche Rechtsunsicherheit bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung ausgelöst und dieses Instrument beeinträchtigt.
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
2
Rechtlicher Hintergrund
3
Rechtlicher Hintergrund
Status quo – Die Rechtslage auf europäischer und nationaler Ebene
Die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Entsendung
von Arbeitnehmern sind sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene bereits
hinreichend festgelegt.
2.1
Europäisches Recht
Im europäischen Recht existieren die Rom I-Verordnung zum auf vertragliche Schuldverhältnisse mit internationalem Bezug anwendbaren Recht, die Richtlinie 96/71/EG
über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen sowie die Durchsetzungsrichtlinie, die bis Juni 2016 in nationales Recht umzusetzen war und bereits Wirkung zeigt. Einige Mitgliedstaaten haben die Durchsetzungsrichtlinie zum Anlass genommen, Hürden für den Einsatz von entsandten Mitarbeitern aufzubauen, die über die unionsrechtlichen Vorgaben hinausgehen. Dies beeinträchtigt insbesondere den internationalen Transport von Waren und Rohstoffen.
2.1.1
Rom I-Verordnung 593/2008/EG
Die Rom I-Verordnung stellt die einzelstaatlichen Regelungen des internationalen Privatrechts auf eine unmittelbar geltende europarechtliche Grundlage. Danach wird insbesondere auch das auf das konkrete Arbeitsverhältnis anwendbare Recht (Vertragsstatut) bei grenzüberschreitenden Sachverhalten bestimmt.
Nach der Rom I-Verordnung unterliegt der Arbeitsvertrag grundsätzlich dem von den
Parteien gewählten Recht. Bei Entsendungen aus Deutschland heraus wird daher regelmäßig die Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart. Als vorteilhaft wird dies insbesondere deswegen angesehen, weil das deutsche Recht den Parteien zumindest in
den Grundzügen, zumeist aber sogar im Detail bekannt ist. Mögliche Rechtsrisiken
können so am besten eingeschätzt und beurteilt werden.
Fehlt es an einer Rechtswahl, unterliegen Arbeitsverhältnisse nach der objektiven Anknüpfung dem Recht des Staates, in dem oder andernfalls von dem aus der Arbeitnehmer in Erfüllung seines Arbeitsvertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Der
Staat, in dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird, wechselt nicht, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend in einem anderen Staat verrichtet. Eine zeitliche
Höchstgrenze für die Dauer der vorübergehenden Entsendung nennt die Rom I-Verordnung nicht. Entscheidend dürften – bei einer vorausschauenden Sichtweise – der
Rückkehrwille des Arbeitnehmers und der „Rücknahmewille“ des Arbeitgebers sein.
4
Rechtlicher Hintergrund
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
Bestimmte Vorschriften des nationalen Rechts – sogenannte international zwingende
Bestimmungen oder Eingriffsnormen – setzen sich sowohl gegen eine gewählte als
auch gegen eine objektiv anwendbare ausländische Rechtsordnung durch. Es handelt
sich hierbei um Vorschriften, die nicht nur auf den Schutz von Individualinteressen der
Arbeitnehmer gerichtet sind, sondern zumindest auch öffentliche Gemeinwohlinteressen verfolgt. Eine international zwingende Bestimmung des deutschen Rechts stellen
insbesondere die in § 2 Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) aufgeführten Mindestarbeitsbedingungen dar, womit Art. 3 der Entsenderichtlinie 96/71/EG in deutsches
Recht umgesetzt wird.
2.1.2
Entsenderichtlinie 96/71/EG in ihrer bisherigen Fassung
Die Entsenderichtlinie aus dem Jahr 1996 soll einen rechtlichen Rahmen für die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen herstellen und zur Verwirklichung des Binnenmarktes beitragen. Gleichzeitig soll ein fairer
Wettbewerb und der Schutz bestimmter Arbeitnehmerrechte gewährleistet werden.
Vor diesem Hintergrund hat die Entsenderichtlinie derzeit im Wesentlichen folgende
Regelungsgegenstände:
– Kern ist gemäß Art. 3 der Richtlinie die Pflicht der Mitgliedstaaten, sicherzustellen,
dass den in ihr Hoheitsgebiet entsandten Arbeitnehmern folgende in Rechts- oder
Verwaltungsvorschriften sowie in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen in bestimmten Baubranchen festgelegte Mindestarbeitsbedingungen gewährt werden:
-
Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten;
bezahlter Mindestjahresurlaub;
Mindestlohnsätze einschließlich der Überstundensätze; dies gilt nicht für die zusätzlichen betrieblichen Altersversorgungssysteme;
Bedingungen für die Überlassung von Arbeitskräften, insbesondere durch Leiharbeitsunternehmen;
Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz;
Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Schwangeren und Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen;
Gleichbehandlung von Männern und Frauen sowie andere Nichtdiskriminierungsbestimmungen.
– Grundlagen für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und Maßnahmen zur
Durchsetzung der Richtlinie, die nunmehr in der Durchsetzungsrichtlinie (s. Kapitel
2.1.3) konkretisiert wurden.
– Keine Vorschriften zur Auftragsvergabe.
– Keine Vorgabe zum insgesamt auf das Arbeitsverhältnis des entsandten Mitarbeiters anwendbaren Recht und keine Bezugnahme auf die Rom I-Verordnung im
Normtext.
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
2.1.3
Rechtlicher Hintergrund
5
Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie 2014/67/EU
Die Europäische Union hat im Jahr 2014 die Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie beschlossen, mit der die tatsächliche Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben
für die Entsendung von Mitarbeitern gefördert werden soll. Dementsprechend verfolgt
die Durchsetzungsrichtlinie letztlich ebenfalls das Ziel, den Arbeitnehmerschutz sowie
vor einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen aus verschiedenen Ländern
zu gewährleisten.
Die Durchsetzungsrichtlinie beinhaltet neben weiteren Maßnahmen der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zwei zentrale Punkte:
– Die Einführung eines offenen Katalogs mit Kontrollmaßnahmen, die die Mitgliedstaaten vornehmen können. Die Mitgliedstaaten müssen die geplanten Kontrollmaßnahmen der Kommission anzeigen. Eine Genehmigung muss aber nicht erfolgen.
– Es soll eine auf den direkten Nachunternehmer beschränkte Generalunternehmerhaftung im Baugewerbe eingeführt werden. Die Ausdehnung auf die gesamte Nachunternehmerkette sowie die Schaffung einer Exkulpationsmöglichkeit durch nationale Regelungen bleibt möglich.
Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie ist am 18. Juni 2016 abgelaufen.
2.1.4
Zeitarbeit / Equal Pay
Die Richtlinie 2008/104/EG über Zeitarbeit (Leiharbeitsrichtlinie) legt einheitliche europäische Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen der Zeitarbeitnehmer fest. Unter
anderem gelten nach Art. 5 der Leiharbeitsrichtlinie die Grundsätze des sog. Equal Pay
und Equal Treatment: Die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der
Zeitarbeitnehmer während der Dauer ihrer Überlassung müssen grundsätzlich mindestens denjenigen entsprechen, die für sie gelten würden, wenn sie vom Entleiher unmittelbar für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt worden wären.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt auch, wenn Zeitarbeiter grenzüberschreitend
entsendet, also wenn die Überlassung vom Inland ins Ausland oder umgekehrt vom
Ausland ins Inland erfolgt.
Hinsichtlich der Gleichstellung beim Arbeitsentgelt können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vorsehen.
6
2.2
Rechtlicher Hintergrund
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
Nationales Recht
Im Kontext der Richtlinien 96/71/EG und 2014/67/EU sind in Deutschland vor allem das
Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) und das Mindestlohngesetz (MiLoG) von Bedeutung.
2.2.1
Allgemeines
Die Entsenderichtlinie wurde in Deutschland durch das Arbeitnehmerentsendegesetz
umgesetzt, das im Jahr 2009 neu gefasst und zuletzt im August 2014 im Rahmen des
umstrittenen „Tarifautonomiestärkungsgesetzes“ geändert wurde.
Außerdem gilt seit dem 01. Januar 2015 ein gesetzlicher Mindestlohn.
2.2.2
Mindestlöhne und weitere Arbeitsbedingungen
Das Arbeitnehmerentsendegesetz sieht vor, dass die die in der Entsenderichtlinie beschriebenen Mindestarbeitsbedingungen in Rechts- und Verwaltungsvorschriften – also
insbesondere die Mindestentgeltsätze – auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem
im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern
zwingend Anwendung finden.
Zugleich regelt das Arbeitnehmerentsendegesetz, dass die in allgemeinverbindlichen
bundesweiten Tarifverträgen bestimmter Branchen oder in auf bundesweiten Tarifverträgen basierenden Rechtsverordnungen festgelegten Mindestarbeitsbedingungen der
Entsenderichtlinie auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen im Geltungsbereich des Tarifvertrags beschäftigten Arbeitnehmern gelten. Erst im Jahr 2014 wurde insoweit die Möglichkeit zur tariflichen Festlegung von Mindestarbeitsbedingungen, die auch in Entsendefällen nach Deutschland
zu beachten sind, auf sämtliche Branchen erweitert.
Daneben existiert im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine tarifliche Lohnuntergrenze
für die Zeitarbeit.
Der gesetzliche Mindestlohn muss gemäß § 20 Mindestlohngesetz von allen Arbeitgebern mit Sitz im In- oder Ausland an die in Deutschland beschäftigten – also auch an
alle nach Deutschland entsandten – Arbeitnehmer gezahlt werden. Hiervon gibt es nur
wenige Ausnahmen. Der gesetzliche Mindestlohn beträgt seit dem 01. Januar 2017
8,84 Euro brutto pro Stunde und ist gegenüber höheren Branchenmindestlöhnen auf
Grundlage des Arbeitnehmerentsendegesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes grundsätzlich nachrangig, wobei eine bis zum 31. Dezember 2017 gültige Übergangsregelung besteht.
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2.2.3
Rechtlicher Hintergrund
7
Kontrollen und Haftung
Die bewährten Kontrollmaßnahmen und Sanktionsmechanismen in Deutschland
(§§ 16 ff AEntG bzw. §§ 14 ff. MiLoG i. V. m. dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz)
können vor dem Hintergrund der Durchsetzungsrichtlinie beibehalten werden, wobei
eine Erweiterung oder Anpassung nicht erforderlich ist.
§ 13 MiLoG i. V. m. § 14 AEntG sieht in Deutschland eine über die Garantie des Auftragnehmers hinausgehende verschuldensunabhängige Mindestlohnhaftung für den
Generalunternehmer vor. Diese gilt auch gegenüber den Arbeitnehmern von ausländischen Arbeitgebern, die nach Deutschland entsendet werden. Eine Verpflichtung, nur
mit Unterauftragnehmern zu kontrahieren, die die Mindestlohnzahlung garantieren ist
damit jedoch nur mittelbar verbunden.
2.2.4
Zeitarbeit / Equal Pay
Die in der europäischen Leiharbeitsrichtlinie verankerten Grundsätze des Equal Pay
und Equal Treatment wurden im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) umgesetzt.
Demnach müssen Verleiher ihren Zeitarbeitnehmern vom ersten Einsatztag an die für
einen vergleichbaren Arbeitnehmer im Einsatzbetrieb geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gewähren, § 8 Abs. 1 AÜG in der ab
dem 01. April 2017 geltenden Fassung.
Der Gleichstellungsgrundsatz gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag abweichende Regelungen zulässt und der Verleiher an diesen Tarifvertrag gebunden ist, oder unter dessen
Geltungsbereich fällt und mit dem Zeitarbeitnehmer seine Anwendung vertraglich vereinbart hat. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags könnten nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren, § 8 Abs. 2 AÜG. Von dieser Abweichungsmöglichkeit
kann grundsätzlich nur noch für die ersten neun Monaten der Überlassung an einen
Entleiher Gebrauch gemacht werden. Eine längere Abweichung ist nur ausnahmsweise
zulässig. Die Sonderregelung gilt im Falle der grenzüberschreitenden Überlassung
nach Deutschland auch zugunsten von Tarifverträgen, die auf das Zeitarbeitsverhältnis
Anwendung finden.
Außerdem gilt eine abweichende tarifliche Regelung nicht für Zeitarbeitnehmer, die in
den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im
Sinne des § 18 AktG bildet, ausgeschieden sind („Drehtürklausel“). Diese Vorschrift
soll den missbräuchlichen Einsatz der Arbeitnehmerüberlassung in den Fällen ausschließen, in denen aus dem Unternehmen ausgeschiedene Arbeitnehmer innerhalb
von sechs Monaten als Zeitarbeiter wieder in ihrem ehemaligen Unternehmen oder
einem anderen Unternehmen desselben Konzerns zu schlechteren Arbeitsbedingungen eingesetzt werden.
8
2.3
Rechtlicher Hintergrund
Position – Entsenderichtlinie –
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Fazit
Europäische und nationale Regelungen gewährleisten bereits faire Wettbewerbsbedingungen und einen umfassenden Schutz für entsendete Arbeitnehmer.
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3
Pläne zur Revision der Entsenderichtlinie
9
Pläne zur Revision der Entsenderichtlinie
Teil des Labour Mobility Package
Die Europäische Kommission plant die Revision der Entsenderichtlinie als Teil des
Labour Mobility Packages.
3.1
Grundlage: Labour Mobility Package
Die Europäische Kommission hat in ihrem Arbeitsprogramm für 2016 angekündigt, die
Entsenderichtlinie unter der Prämisse „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen
Ort“ im Rahmen ihres Labour Mobility Package zu überarbeiten.
Das Labour Mobility Package umfasst folgende Schwerpunkte:
– Abbau von bestehenden Hürden, die die Arbeitnehmerfreizügigkeit behindern,
generelle Stärkung der Arbeitskräftemobilität, insbesondere in Regionen mit großen
Qualifikationsmismatches und offenen Arbeitsstellen.
– Stärkung des Austauschs zwischen den Mitgliedsländern, um Sozialdumping, Betrug und Missbrauch im Hinblick auf Entsendungen und den Zugang zu Sozialleistungen zu verhindern sowie zu bekämpfen.
3.2
Politischer Hintergrund
Sieben Arbeitsminister von EU-Mitgliedstaaten – darunter Bundesministerin Andrea
Nahles – haben im Juni 2015 in einem Brief an die Europäische Kommission eine Verschärfung der Entsenderichtlinie (96/71/EG) verlangt.
Konkret äußern die Minister aus Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und Schweden Überlegungen zu einer maximalen Entsendedauer auf europäischer Ebene in Angleichung an die Verordnung zur Koordinierung
der Sozialversicherungssysteme und Kritisieren die mangelnde Durchsetzung der Vorgaben in einigen Mitgliedstaaten.
Die Arbeitsminister von Bulgarien, Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und Slowakei (Ratspräsidentschaft ab Juli 2016) haben sich demgegenüber in einem Brief an EU-Beschäftigungskommissarin Marianne Thyssen kritisch
zu einer Reform der Entsenderichtlinie geäußert. Sie weisen darauf hin, dass die Umsetzung und die praktischen Folgen der Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie
(2014/67/EU) abgewartet werden müssen. Außerdem sehen sie in dem Prinzip „glei-
10
Pläne zur Revision der Entsenderichtlinie
Position – Entsenderichtlinie –
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vbw – April 2017
cher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Beschäftigungsort“ einen Verstoß gegen die
europäische Dienstleistungsfreiheit.
3.3
Entwicklung und Stand des Gesetzgebungsverfahrens
Die EU-Kommission hat am 08. März 2016 den Entwurf für die Revision der europäischen Entsenderichtlinie 96/71/EG vorgelegt.
Am 20. Juli 2016 hat die Kommission eine Subsidiaritätsrüge („Gelbe-Karte-Verfahren“)
von elf nationalen Parlamenten – vornehmlich aus osteuropäischen Staaten – gegen
das Vorhaben zurückgewiesen. Die für Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und
Arbeitskräftemobilität zuständige EU-Kommissarin Marianne Thyssen begründete die
Zurückweisung damit, dass die Rahmenbedingungen für Entsendungen am besten auf
europäischer Ebene zu regeln seien. Außerdem stehe die Kritik der osteuropäischen
Parlamente an der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit in keinem Zusammenhang mit dem in diesem Verfahren maßgeblichen Subsidiaritätsprinzip.
Die beiden Mitberichterstatterinnen Elisabeth Morin Chartier (EVP, Frankreich) und
Agnes Jongerius (S&D, Niederlande) haben im Dezember 2016 einen ersten Berichtsentwurf des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) des
Europäischen Parlaments zum Vorschlag der EU-Kommission für die Revision der
Entsenderichtlinie 96/71/EG vorgelegt. Die Berichtsentwürfe des mitberatenden Justizausschusses (JURI) und des Binnenmarktausschusses (IMCO) signalisieren im Hinblick auf den Kommissionsentwurf bereits grundsätzlich Zustimmung.
Der EMPL soll im Juli 2017 final über seinen Bericht abstimmen. Mit einer Befassung
des Plenums ist daher frühestens nach der Sommerpause 2017 zu rechnen.
Auch im Rat wird der Entwurf diskutiert. Die maltesische Ratspräsidentschaft will beim
nächsten EPSCO-Rat am 15. Juni 2017 eine "Allgemeine Ausrichtung", d. h. eine
grundsätzliche politische Einigung, erzielen. Hier ist jedoch mit erheblichem Widerstand der osteuropäischen Staaten zu rechnen, die eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ihrer Unternehmen fürchten.
3.4
Inhalte des Kommissionentwurfs
Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ findet sich in dem nun
veröffentlichten Entwurf in dieser Form nicht wieder. Dennoch sind zahlreiche kritische
Punkte enthalten.
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
3.4.1
Pläne zur Revision der Entsenderichtlinie
11
Überblick
Der Entwurf der EU-Kommission hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:
 Auf Entsendungen, die länger als 24 Monate dauern, sollen vollständig die Arbeitsbedingungen und Vorschriften des Einsatzlandes zur Anwendung kommen.
 Die Geltung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen für entsandte Arbeitnehmer
soll auf alle Wirtschaftszweige ausgeweitet werden.
 Bei den an entsendete Arbeitnehmer zu zahlenden Löhnen kommt es nicht mehr
darauf an, dass es sich um Mindestlöhne im Einsatzland handelt. Stattdessen sollen
die Mitgliedstaaten bestimmen, welche in Rechtsvorschriften oder allgemeinverbindlichen Tarifverträgen festgelegten Bestandteile der Entlohnung erfasst sind.
 Wenn in Mitgliedstaaten Regelungen (auch Kollektivvereinbarungen) existieren, die
den Auftraggeber verpflichten, nur mit Subunternehmern zu kontrahieren, die bestimmte Entlohnungsbedingungen garantieren, soll dies auch für die Beauftragung
ausländischer Subunternehmer gelten, die Mitarbeiter ins Inland entsenden.
 Bei der Zeitarbeit sollen auf grenzüberschreitend überlassene Arbeitnehmer die
Vorschriften der Zeitarbeitsrichtlinie im Hinblick auf „Equal Pay und Equal Treatment“ in der Umsetzung des Einsatzlandes angewendet werden.
3.4.2
Anwendbares Recht
Bei Entsendungen, die länger als 24 Monate dauern, gilt der Aufnahmestaat als das
Land, in dem die Arbeitsleistung üblicherweise erbracht wird. Dabei werden die Zeiten
von für mindestens sechs Monate entsendeten Arbeitnehmern auf demselben Arbeitsplatz zusammengerechnet.
Dies führt in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 der Rom I-Verordnung (593/2008/EG) dazu,
dass nach zwei Jahren das im Aufnahmestaat geltende Recht vollständig auf das Arbeitsverhältnis des entsendeten Mitarbeiters anzuwenden ist.
3.4.3
Geltung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen /
Arbeitnehmerentsendegesetz
Die Mindestarbeitsbedingungen vorsehenden Rechtsnormen in allgemeinverbindlichen
Tarifverträgen sollen in allen Wirtschaftszweigen auch für die in das jeweilige Gebiet
entsendeten Arbeitnehmer gelten. Nach der bisherigen Fassung der Entsenderichtlinie
ist dies auf die Baubranche und baunahe Branchen beschränkt.
Im deutschen Arbeitnehmerentsendegesetz wurde der Anwendungsbereich in den vergangenen zehn Jahren bereits auf bundesweite Tarifverträge in außerhalb des Baube-
12
Pläne zur Revision der Entsenderichtlinie
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
reichs liegenden Wirtschaftszweigen ausgedehnt. Seit der Einführung des Tarifautonomiestärkungsgesetzes im August 2014 ist das Arbeitnehmerentsendegesetz für alle
Branchen geöffnet.
3.4.4
Vergütung / Mindestlohn
Hinsichtlich der bei Anwendung der Entsenderichtlinie an die betroffenen Arbeitnehmer
zu zahlenden Vergütung soll der Begriff „Mindestlohnsätze einschließlich Überstundensätze“ durch die deutlich weitere Formulierung „Entlohnung, einschließlich der
Überstundensätze; dies gilt nicht für die zusätzlichen betrieblichen Altersversorgungssysteme;“ ersetzt werden.
Voraussetzung ist aber auch insoweit, dass die entsprechenden Löhne in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag geregelt sind. Wenn die Allgemeinverbindlichkeit das
gesamte Entgeltgitter (nicht nur Mindestlöhne) umfasst, muss voraussichtlich eine Eingruppierung der entsendeten Mitarbeiter vorgenommen werden.
3.4.5
Unteraufträge
Wenn in Mitgliedstaaten Regelungen (auch Kollektivvereinbarungen) existieren, die
den Auftraggeber verpflichten, nur mit Subunternehmern zu kontrahieren, die bestimmte Entlohnungsbedingungen garantieren, soll dies auch für die Beauftragung ausländischer Subunternehmer gelten, die Mitarbeiter ins Inland entsenden. Dabei bleibt unklar, ob auch nicht für allgemeinverbindlich erklärte tarifliche Arbeitsbedingungen Gegenstand der Garantieverpflichtung des ausländischen Subunternehmers sein können
(„tarifliche Tariftreue“, wie dies für den Bereich der Kontraktlogistik angedacht war).
Die Regelung ist voraussichtlich so zu verstehen, dass reine Haftungsregelungen – wie
beispielsweise § 13 MiLoG i. V. m. § 14 AEntG im deutschen Recht – nicht als Verpflichtung zur Auftragsvergabe an ein Unternehmen anzusehen sind, das die entsprechenden Mindestarbeitsbedingungen garantiert.
3.4.6
Zeitarbeit
Im Bereich der Zeitarbeit sollen für grenzüberschreitend überlassene Arbeitnehmer von
den entsendenden Zeitarbeitsunternehmen die Grundsätze Equal Pay und Equal Treatment ebenso garantiert werden müssen, wie von in dem Aufnahmestaat niedergelassenen Zeitarbeitsunternehmen. Bisher ist dies lediglich eine Option für die Mitgliedstaaten.
Position – Entsenderichtlinie –
Europäischen Arbeitsmarkt erhalten
vbw – April 2017
3.5
Pläne zur Revision der Entsenderichtlinie
13
Inhalte des EMPL-Entwurfs
Der Berichtsentwurf des EMPL-Ausschusses des Europäischen Parlaments vom
02. Dezember 2016 enthält einige Änderungsvorschläge zum Kommissionsvorschlag
vom 08. März 2016, die sich zulasten der Arbeitgeber und der Dienstleistungsfreiheit
auswirken.
3.5.1
Kompetenzgrundlage
Der Berichtsentwurf beruft sich auch auf das Kapitel zur Sozialpolitik und in diesem
Rahmen auf die Verbesserung des Arbeitsumfeldes und der Arbeitsbedingungen (Art.
151; 153 AEUV)
3.5.2
Meistbegünstigung im Hinblick auf das anwendbare Recht
Die 24-Monats-Regel bleibt bestehen. Sie darf aber nicht dazu führen, dass den Arbeitnehmern der Schutz durch zwingende Rechtsvorschriften entzogen wird, der ihnen
ohne eine über 24 Monate andauernde Entsendung zugestanden hätte. Dies bedeutet,
dass nach einer Entsendedauer von 24 Monaten grundsätzlich die Arbeitsbedingungen
des Einsatzlandes gelten, gleichzeitig aber die zwingenden Vorschriften des Entsendestaats weiterhin Anwendung finden sollen.
3.5.3
Vermeidung von Doppelansprüchen
Gleiche und ähnliche Entlohnungsbestandteile, die sowohl im Entsende- als auch im
Aufnahmemitgliedstaat verbindlich sind, werden gegeneinander aufgerechnet, um
Doppelzahlungen zu vermeiden.
3.5.4
Unterbringungsbedingungen
Die Unterbringungsbedingungen sollen zu den Mindestarbeitsbedingungen gehören,
die den entsandten Arbeitnehmern in gleichem Maße wie den regelmäßig im Aufnahmestaat Beschäftigen zustehen.
3.5.5
Informationspflichten für Auftraggeber
Die Regelung aus dem Kommissionsentwurf wird ergänzt. Demnach müssen die Auftraggeber ihre ausländischen Subunternehmer, die Mitarbeiter zur Auftragserfüllung ins
Inland entsenden, vor Vertragsschluss über die Mindestlohnregelungen im Inland informieren.
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3.5.6
Pläne zur Revision der Entsenderichtlinie
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vbw – April 2017
Geltung von Arbeitsbedingungen in repräsentativen Tarifverträgen im
Aufnahmestaat
In Entsendefällen können auch die Mindestarbeitsbedingungen zur Anwendung kommen, die in einem für den geografischen Bereich der Tätigkeit oder das entsprechende
Gewerbe repräsentativen Tarifvertrag oder Schiedsspruch vorgesehen sind.
3.5.7
Beschränkung des grenzüberschreitenden Einsatzes von Zeitarbeitern
Der Berichtsentwurf enthält ein – nicht eindeutig formuliertes – Verbot für den Einsatz
von grenzüberschreitend verliehenen Zeitarbeitern in einem Mitgliedstaat, in dem der
Entleiher nicht seinen Sitz hat.
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Gefahren für den internationalen Personaleinsatz
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Gefahren für den internationalen Personaleinsatz
Verkomplizierung der Verfahren und Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit
Der Kommissionsentwurf und die ergänzenden Vorschläge, die derzeit im Europäischen Parlament diskutiert werden, verstoßen gegen Grundprinzipien des europäischen Rechts und dürfen deshalb nicht umgesetzt werden.
4.1
Allgemeines / Zeitpunkt des Kommissionsvorschlags
Die geplante Neufassung der Entsenderichtlinie wird als Teil des „Labour Mobility
Package“ dessen selbst gesetzten Zweck, die Mobilität der Arbeitskräfte zu fördern,
nicht gerecht, weil sie ausschließlich die Arbeitnehmerperspektive einnimmt. Es steht
eine weitere Regulierung unternehmerischer Tätigkeit im Fokus, mit der die Entsendung von Mitarbeitern durch die Unternehmen zusätzlich erschwert wird.
Die rechtswidrige Nichteinhaltung der Mindestarbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Entsendungen durch einzelne Marktteilnehmer muss im Interesse eines fairen
Wettbewerbs unterbunden werden. Die unter Umständen kritischen Entsendefälle
kommen jedoch nicht aufgrund der Rechtslage, sondern wegen der teilweise unzureichenden Rechtsdurchsetzung zustande. Hier hat die Union aber bereits mit der Verabschiedung der Richtlinie 2014/67/EU, die bis zum 18. Juni 2016 in nationales Recht
umgesetzt werden musste, Abhilfe geschaffen.
Eine Verschärfung der Entsenderichtlinie selbst würde jedenfalls nichts an der zum Teil
fragwürdigen Praxis ändern, sondern nur die "Rechtstreuen" weiter belasten. Die Unternehmen haben bei der Entsendung von Mitarbeitern bereits heute insbesondere
folgende Schwierigkeiten:
– Die fehlenden Informationen über den Registrierungsprozess für die entsendeten
Mitarbeiter,
– die Doppelbelastung bei Zahlungen an Sozialeinrichtungen (z. B. Urlaubskassen)
und
– intransparente nationale Verwaltungsstrukturen.
Außerdem erhöhen sich durch die geplanten Neuregelungen der Prüfungsumfang und
damit der Kontrollaufwand der Behörden.
Diese Aspekte werden von der Kommission nicht berücksichtigt.
Schließlich läuft das Verfahren, in dem die Interessen der nationalen Volkswirtschaften
die politische Ausrichtung bestimmen, auf eine Frontenbildung zwischen den west- und
osteuropäischen Staaten hinaus. Die Revision der Entsenderichtlinie fördert damit die
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Gefahren für den internationalen Personaleinsatz
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Spaltung der Europäischen Union, obwohl die Mitgliedstaaten derzeit mehr denn je den
Zusammenhalt in den Vordergrund stellen müssen, um der EU-kritischen Stimmung
vieler Bürger zu begegnen. Entsprechende Aussagen nach der Brexit-Entscheidung
erweisen sich vor dem Hintergrund derartiger Gesetzesvorhaben als reine Lippenbekenntnisse.
4.2
Kompetenz und Subsidiarität
Mit der geplanten Revision der Entsenderichtlinie überschreitet die Europäische Union
ihre Gesetzgebungszuständigkeit.
Die Geltung aller arbeitsrechtlichen Vorschriften des Aufnahmestaates nach 24 Monaten sowie die mögliche Anwendung von in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen geregelten Lohnsystemen ist zum Schutz des Wettbewerbs offensichtlich nicht erforderlich
und deshalb nicht mehr von der Kompetenzgrundlage gedeckt.
Die Erweiterung der Kompetenzgrundlagen verdeutlicht die Zielrichtung des EMPLBerichtsentwurfs, der sich vom Wettbewerbsschutz löst und den Arbeitnehmerschutz in
den Vordergrund stellt. Dadurch wird eine Verschärfung bei der Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten ermöglicht.
Außerdem verstößt die geplante Richtlinie gegen das Subsidiaritätsprinzip. Es ist zwar
richtig, dass europäische Regelungen für Entsendungen aufgrund ihres grenzüberschreitenden Charakters grundsätzlich sinnvoll sind. Die bestehende Entsendrichtlinie
bildet hier jedoch einen ausreichenden Rechtsrahmen, der dem Arbeitnehmerschutz
und der Fairness des Wettbewerbs gleichermaßen Rechnung trägt.
4.3
Anwendbares Recht
Die Wahl des anwendbaren Rechts durch Vereinbarung zwischen den Parteien des
Arbeitsvertrags muss auch dann vorrangig sein, wenn die Entsendung über 24 Monate
dauert.
Die geplante Neuregelung steht im Widerspruch zu dem in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbaren Art. 8 Abs. 2 Rom I-Verordnung. Danach wechselt das objektive
Vertragsstatut nicht, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend in einem anderen Staat verrichtet. Die geplante Regelung in der Entsenderichtlinie, durch die der
Staat, in dem der Ort der üblichen Arbeitsleistung im Sinne der Rom I-Verordnung definiert werden soll wäre systemwidrig und intransparent – die Anpassung müsste gesetzestechnisch in der Rom I-Verordnung selbst erfolgen.
Viele Projekte dauern außerdem länger als zwei Jahre und würden durch entsprechende Vorgaben unnötig verkompliziert. Bei einer anfangs nicht vorhersehbaren Verlängerung des Einsatzes droht ein Wechsel des anwendbaren Rechts. Dies wird durch
die arbeitsplatzbezogene Betrachtung verschärft. Wenn die Regelung nicht komplett
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gestrichen wird, darf insoweit nur die Dauer der Entsendung des betroffenen Mitarbeiters maßgeblich sein. Bei seiner Ersetzung durch einen auf dieselbe Stelle entsandten
Kollegen muss die Zweijahresfrist im Hinblick auf das für den Kollegen geltende Recht
von Neuem zu laufen beginnen. Sofern es bei Möglichkeit zur Kumulierung der Entsendezeiträume bleibt, muss diese ausscheiden, wenn bis zur Neubesetzung der Stelle durch einen Kollegen eine nicht gänzlich unerhebliche zeitliche Lücke liegt. Jedenfalls bei einem Abstand von zwei Monaten kann bereits nicht mehr von einer „Ersetzung“ gesprochen werden.
Zudem geht aus dem Entwurf für die Neufassung von Art. 2a Abs. 1 der Entsenderichtlinie nicht eindeutig hervor, ob für die Beurteilung der "Entsendungsdauer" eine konkrete Tätigkeit maßgeblich ist oder die Einsatzzeiten auf verschiedenen Stellen im Aufnahmestaat zusammengerechnet werden.
Auch die Verordnung zur Koordinierung der Sozialversicherungssysteme 883/2004/EG
ist nicht derart starr. Sie sieht nach ihrem Art. 16 Abs. 1 die Möglichkeit zur Abweichung durch Abkommen zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten vor. Dies muss
auch im Bereich der Entsenderichtlinie möglich sein. Inhaltlich bietet sich insoweit eine
Anknüpfung an die Sachgründe für die Befristung von Arbeitsverhältnissen nach Paragraph 5 der Richtlinie 1999/70/EG über befristete Arbeitsverträge an, die in Deutschland durch § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) konkretisiert wurde.
Dazu gehört beispielsweise der im Rahmen eines Projekts nur vorübergehende – aber
möglicherweise über zwei Jahre dauernde – betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung
im Ausland.
Im Übrigen ist der Ansatz der Verordnung 883/2004/EG nicht mit der Entsenderichtlinie
vergleichbar. Die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme gibt dem entsendeten
Arbeitnehmer die Möglichkeit, für 24 Monate im Sozialsystem seines Heimatlandes zu
verbleiben, um Brüche im Sozialversicherungsverlauf und Mini-Anwartschaften in ausländischen Arbeitslosen- und Rentenversicherungssystemen zu seinen Lasten zu vermeiden.
Ein vollständiges „Equal Treatment“ ist auch nicht durch den Arbeitnehmerschutz geboten, weil die im Aufnahmestaat geltenden Mindestarbeitsbedingungen wie Mindestlöhne, Höchstarbeitszeiten und Mindestjahresurlaub schon nach den bisherigen Vorgaben der Entsenderichtlinie von Beginn an eingehalten werden müssen.
Infolge des im EMPL-Entwurf angelegten Meistbegünstigungsprinzips droht zudem in
einer Vielzahl von langfristigen Entsendefällen eine gemischte Geltung des Rechts
verschiedener Staaten, die massive praktische Schwierigkeiten verursachen wird. Die
Wahl des anwendbaren Rechts erzeugt nach der Rom-I-Verordnung bereits heute ähnliche Probleme. Deshalb wird in der Praxis von einer konstitutiven Rechtswahl abgeraten. Künftig müsste auch vor Entsendungen, die über zwei Jahre dauern, gewarnt werden. Dadurch wird die Dienstleistungsfreiheit massiv beschränkt.
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4.4
Gefahren für den internationalen Personaleinsatz
Position – Entsenderichtlinie –
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Unterbringungsbedingungen
Die im EMPL-Entwurf angelegte Erweiterung des Katalogs der in Entsendefällen zu
garantierenden Mindestarbeitsbedingungen um die „Unterbringungsbedingungen“ ist
abzulehnen. Zum einen ist unklar, was unter dem Begriff „Unterbringungsbedingungen“
zu verstehen ist, wodurch eine erhebliche Rechtsunsicherheit entsteht. Zum anderen
gehört die Unterbringung von Arbeitnehmern im Gegensatz zu den anderen Katalogtatbeständen (z. B. Entlohnung; Gewährung von Urlaub) nicht zum gesetzlichen Pflichtenkreis des Arbeitgebers im Arbeitsverhältnis. Die Aufnahme wäre daher systemwidrig.
Es ist allerdings zu beachten, dass diese Neuregelung nur dann Wirkung entfalten
kann, wenn in einem Mitgliedstaat Rechtsvorschriften zu Unterbringungsbedingungen
existieren.
4.5
Geltung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen /
Arbeitnehmerentsendegesetz
Die Ausdehnung auf alle Wirtschaftszweige ist problematisch, weil sie insbesondere zu
einer Verteuerung der Entsendung von Arbeitskräften in Hochlohnländer führen kann.
Die Erweiterung der Anwendung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen auf entsendete Arbeitnehmer in allen Branchen ohne das Vorliegen eines konkreten Bedarfs
in den einzelnen Wirtschaftszweigen geht zu weit. Dies entspricht auch nicht dem Ziel
der Richtlinie, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und
kommt deshalb mit der Dienstleistungsfreiheit in Konflikt.
4.6
Vergütung
Die Anwendung ganzer allgemeinverbindlicher tariflicher Entgeltsysteme schießt über
das Ziel hinaus. Es ist nicht nachvollziehbar, warum vom Arbeitgeber in Entsendefällen
ein über den gesetzlichen Mindestlohn bzw. den tariflichen Branchenmindestlohn im
aufnehmenden Staat hinausgehendes Entgelt gezahlt werden muss. Die Mindestlöhne
sorgen bereits für einen adäquaten Schutz der entsandten Arbeitnehmer und des
Wettbewerbs.
Hinzu kommt, dass die Anwendung entsprechender Entgelttarifverträge für entsendende Unternehmen mit erheblichen Belastungen verbunden ist. Sie müssen sich laufend
informieren, ob im Gastland ein einschlägiger allgemeinverbindlicher Tarifvertrag existiert und sich diesen anschließend besorgen und übersetzen bzw. übersetzen lassen.
Eine Vergütungsverpflichtung über die einschlägigen Mindestlohnvorschriften hinaus –
die zudem eine Annäherung an den im Arbeitsprogramm der Kommission aufgeführten
Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort bedeutet – greift in die
Position – Entsenderichtlinie –
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Gefahren für den internationalen Personaleinsatz
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europäische Dienstleistungsfreiheit ein und beschränkt die Entfaltung des gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkts.
Die Erweiterung auf repräsentative Tarifverträge, die der EMPL-Entwurf vorschlägt,
stellt einen ungerechtfertigten Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit dar. Die nichttarifgebundenen inländischen Arbeitgeber wären von einer Ausweitung der Geltung von
entsprechenden Arbeitsbedingungen betroffen.
Die Regelung, die keine formale Allgemeinverbindlicherklärung bzw. Rechtsverordnung
mehr verlangt, würde vor allem vor dem Hintergrund der bereits im Kommissionsentwurf angelegten Geltung ganzer Tariflohngitter für entsandte Arbeitnehmer die Verteuerung von Entsendungen weiter vorantreiben. Dadurch wird die Dienstleistungsfreiheit
beschnitten.
Zugleich wird durch den unbestimmten Begriff der Repräsentativität eine erhebliche
Rechtsunsicherheit erzeugt. Dies ist in Deutschland von der ähnlich formulierten abgesenkten Voraussetzung für die Allgemeinverbindlicherklärung bekannt.
Dasselbe gilt für die geplante Neufassung von Art. 3 Abs. 1, weil nicht klar ist, was unter "Entlohnung einschließlich Überstundensätze" bzw. unter den "die Entlohnung
ausmachenden Bestandteilen" zu verstehen ist. Es ist insbesondere offen, inwieweit
Sachbezüge, Erschwerniszuschläge und Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld darunter fallen.
Deshalb muss es bei der bisherigen Formulierung "Mindestlohnsätze einschließlich
Überstundensätze" bleiben.
4.7
Unteraufträge
Eine unionsweite Regelung zur Garantie von bestimmten Entlohnungsbedingungen
durch den Auftragnehmer in Lieferketten ist abzulehnen. Deshalb ist es wichtig, dass
eine eventuelle Regelung dazu lediglich an mitgliedstaatliche Bestimmungen anknüpft.
Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, warum nach dem Wortlaut auch nicht für allgemeinverbindlich erklärte tarifliche Entlohnungsbedingungen Gegenstand der Garantieverpflichtung des ausländischen Subunternehmers sein können und dies tariflich angeordnet werden kann. Eine solche Regelung ist mit der sowohl im europäischen als
auch im deutschen Recht geltenden negativen Koalitionsfreiheit nicht zu vereinbaren.
Die vom Europäischen Gerichtshof in der Rüffert-Entscheidung vom 03. April 2008
(Az.: C-346/06) zu Tariftreuverpflichtungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe aufgestellten Grundsätze gelten unverändert und lassen sich auf die Regulierung der privaten Unterauftragsvergabe übertragen. Demnach verstoßen entsprechende Vorgaben
auch gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit.
Durch die im EMPL-Entwurf darüber hinaus vorgesehene Verlagerung der Informationspflichten auf die Unternehmen wird ein erheblicher bürokratischer Aufwand verur-
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sacht. In Deutschland haben die Arbeitgeber im Zuge der Einführung des Mindestlohngesetzes bereits entsprechende Erfahrungen gemacht, wobei es nicht um die Information, sondern um die eigene Absicherung gegen das Risiko der Generalunternehmerhaftung ging. Diese Regelung würde außerdem faktisch zu einer Diskriminierung von
Arbeitgebern mit Sitz im Ausland und zu einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit führen, da die Mehrbelastung bei der Beauftragung inländischer Subunternehmer
in diesem Fall nicht eintritt.
4.8
Zeitarbeit
Die in dem Richtlinienentwurf vorgesehene Garantie der Grundsätze Equal Pay und
Equal Treatment durch die Mitgliedstaaten ist nicht erforderlich und sorgt für erhebliche
Rechtsunsicherheit.
Sie darf jedenfalls nicht dazu führen, dass die Abweichungsmöglichkeit in Bezug auf
das Arbeitsentgelt (Art. 5 Abs. 2 der Leiharbeitsrichtlinie) entfällt. Auch bei einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung muss es weiterhin möglich sein, dass ein
für das überlassende Unternehmen und dessen entsandte Zeitarbeiter einschlägiger
Tarifvertrag eine Abweichung vom Equal Pay – auch im Einsatzland – ermöglicht.
Außerdem darf es kein Verbot der Entsendung von bereits grenzüberschreitend überlassenen Zeitarbeitskräften geben. Eventuelle Missbrauchsversuche werden durch das
bestehende Recht bereits unterbunden. Hierfür bestehen die Zeitarbeitsrichtlinie, die
Vorgaben der Entsenderichtlinie zur Geltung der Mindestarbeitsbedingungen und der
Überlassungsbedingungen für Zeitarbeiter sowie die nationalen Rechtsvorschriften.
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