Swiss Banking – Roadmap 2015

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September 2007
Swiss Banking – Roadmap 2015
Inhalt
Editorial
1
Zusammenfassung
2
Studienüberblick
4
Private Banking
8
Retail Banking
10
Anlagefonds
12
Pensionsgeschäft
14
Hedge Funds
16
Private Equity
18
Kapitalmarkt Schweiz
20
Commodity Trade Finance
22
Editorial
Sehr geehrte Damen und Herren
Der Finanzplatz Schweiz mit den Banken als führender Branche hat international einen
hohen Stellenwert, gehört in vielen Bereichen zu den Weltmarktführern und ist mit einem
Wertschöpfungsanteil von 15% die bedeutendste Branche in der Schweiz. Sie leistet damit
einen wesentlichen Beitrag zum Wohlstand und zur Lebensqualität unseres Landes. Damit
dies auch in Zukunft so bleibt, haben die Banken unter der Führung der Schweizerischen
Bankiervereinigung zukunftsträchtige Geschäftsbereiche genau analysiert und konkrete
Massnahmen abgeleitet, die für den weiteren Erfolg unabdingbar sind. Zusammen mit anderen Finanzplatzakteuren wie den Versicherungen, der Fondsindustrie und der Schweizer
Börse SWX werden diese Erkenntnisse in eine übergeordnete Finanzplatzstrategie 2015
einfliessen. Auf Grundlage dieser Zielsetzungen und Massnahmen sollen Diskussionen mit
Politikern und Behörden geführt werden, damit der Wertschöpfungsbeitrag des Finanzsektors auch in einigen Jahren hoch bleibt und die Schweiz im globalen Wettbewerb unter
den Finanzplätzen ihre führende Stellung punktuell weiter ausbauen kann.
Wir freuen uns, Ihnen in der vorliegenden Broschüre die wichtigsten Erkenntnisse aus der
Analyse für den Bankensektor zu überreichen.
Pierre G. Mirabaud
Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung
1
SBVg – Roadmap 2015
Zusammenfassung
2
Die Finanzwirtschaft ist mit einem Wertschöpfungsanteil von 15% die bedeutendste Branche in der Schweiz
und trägt entscheidend zum Wohlstand des Landes bei.
Gleichzeitig nimmt der Schweizer Finanzplatz als grösster grenzüberschreitender Vermögensverwalter weltweit die Spitzenposition ein. Dieser im Wesentlichen auf
einen effektiven Schutz der Privatsphäre (Bankkundengeheimnis) basierende Erfolg ist nicht garantiert und
muss immer wieder erarbeitet werden: Der Wettbewerb
in der globalen Finanzindustrie ist gross – sowohl auf
Unternehmensseite als auch insbesondere zwischen den
verschiedenen Finanzplätzen.
bereits sehr gute Position aufweisen, die weiter gestärkt
werden soll. Daraus ergeben sich die acht folgenden
Geschäftsfelder:
Damit der Schweizer Finanzplatz wettbewerbsfähig
bleibt und noch erfolgreicher werden kann, haben die
Banken in der Schweiz unter Führung der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) in einer umfassenden
Analyse Chancen und Risiken evaluiert und ein Zukunftskonzept für den Bankenplatz Schweiz erarbeitet.
Die resultierenden Zielsetzungen und Massnahmen
bilden die Grundlage für Diskussionen mit Politikern
und Behörden und wurden in der Intention erarbeitet,
einen konkreten Beitrag zur Förderung des Standortes
Finanzplatz Schweiz zu leisten. Diese Analyse soll durch
ähnliche Studien anderer Finanzplatz-Teilnehmer ergänzt werden und schliesslich in eine konsolidierte und
kohärente Finanzplatzstrategie einfliessen.
In einer breit angelegten Studie wurden diese acht Geschäftsfelder im Detail analysiert. Dabei wurden die
Entwicklungen im betroffenen Segment während der
zehn letzten Jahre mit den direkten Konkurrenten
des Finanzplatzes Schweiz (London, New York,
Luxemburg, Singapur oder Irland) verglichen. Diese
Standortbestimmung bildete die Ausgangslage für
die Konkretisierung der Zukunftsperspektiven und für
die Bestimmung des Handlungsbedarfs im jeweiligen
Geschäftsbereich, um die Wettbewerbsfähigkeit des
schweizerischen Bankensektors zu stärken. Aus diesen
Grundlagenarbeiten wurden insgesamt mehr als 70 institutionelle, regulatorische und steuerliche Massnahmen abgeleitet, von denen 20 nach einer sorgfältigen
Gewichtung als prioritär eingestuft wurden und Eingang in das vorliegende Positionspapier gefunden
haben. Kernelemente dieser Massnahmenvorschläge
Im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen Geschäftsfelder, die ein grosses Wachstumspotential oder eine
SBVg – Roadmap 2015
•
•
•
•
•
•
•
•
Private Banking,
Retail Banking,
Anlagefonds,
Pensionsgeschäft,
Hedge Funds,
Private Equity,
Kapitalmarkt Schweiz,
Commodity Trade Finance.
zur Realisierung des Wachstumspotentials des Finanzplatzes Schweiz sind
3
• Stärkung der Konkurrenzfähigkeit in Steuerbelangen,
• Stärkung der Konkurrenzfähigkeit durch eine sachgerechte Umsetzung internationaler Standards unter
Wahrung des Bankkundengeheimnisses,
• Förderung der Handlungskompetenz der Behörden
für Finanzplatzbelange,
• Förderung der Attraktivität der Schweiz für kollektive Kapitalanlagen,
• Verbesserung der Rahmenbedingungen für Trusts
und Stiftungen,
• Flexibilisierung der regulatorischen Rahmenbedingungen für das Pensionskassengeschäft.
Ein Schlüssel zum Erfolg ist dabei, dass eine bessere
Koordination der laufenden und zukünftigen Massnahmen mit den Behörden stattfindet. Zu diesem
Zweck sollen periodische Gespräche zwischen den
Spitzen der Verbände, der Behörden und natürlich auch
der Politik institutionalisiert werden.
Wir sind überzeugt, dass ein funktionierender und wettbewerbsfähiger Finanzplatz für jede Volkswirtschaft unerlässlich ist, weil er letztendlich dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger dient. Wir freuen uns deshalb, mit diesem
Positionspapier einen Beitrag zu einer vertieften Auseinandersetzung über die zukünftige Ausgestaltung eines
wichtigen Teils der Schweizer Volkswirtschaft zu leisten.
SBVg – Roadmap 2015
Studienüberblick
4
Zukünftiger Erfolg muss erarbeitet werden
Die Finanzwirtschaft ist mit einem Wertschöpfungsanteil
von 15% die bedeutendste Branche in der Schweiz und
trägt entscheidend zum Wohlstand des Landes bei. Dieser Erfolg ist nicht in Stein gemeisselt und muss
jeden Tag neu verdient werden. Der Finanzplatz Schweiz
ist international anerkannt und nimmt in einzelnen
Bereichen wie der Vermögensverwaltung gar eine
Spitzenposition ein. Die Konkurrenz in der globalen
Finanzindustrie ist gross und zeigt sich nicht bloss auf
Unternehmensseite, sondern auch zwischen den verschiedenen Finanzplätzen. In diesem Umfeld müssen sich
der Schweizer Finanzplatz und seine Protagonisten weltweit behaupten. Bereits heute werden viele Finanzdienstleistungen im Ausland eingekauft, wo dann auch
die Wertschöpfung erwirtschaftet wird. Der Wettbewerbsdruck auf den Schweizer Finanzplatz bleibt
hoch.
eine konsolidierte und kohärente Finanzplatz-Strategie
einfliessen.
Damit der Schweizer Finanzplatz wettbewerbsfähig
bleiben kann, besteht Handlungsbedarf. Die Banken
unter Führung der Schweizerischen Bankiervereinigung
(SBVg) haben deshalb in einer umfassenden Analyse
Chancen und Risiken evaluiert und das vorliegende
Positionspapier erarbeitet, das auf einer detaillierten
Studie basiert. Die daraus abgeleiteten Zielsetzungen
und Massnahmen sind als Diskussionsgrundlage für
Gespräche mit Politikern und Behörden gedacht. Die
Analyse soll durch ähnliche Studien anderer Finanzplatz-Teilnehmer ergänzt werden und schliesslich in
Institutionelle, regulatorische und steuerliche Rahmenbedingungen entscheiden über das Potential von Geschäftsbereichen. Wie man quasi über Nacht einen anfänglichen Vorsprung verspielt und Entwicklungshilfe
für andere Finanzplätze betreibt, hat in den letzten
Jahrzehnten die Abwanderung des Goldhandels oder
der Fondsproduktion aus der Schweiz gezeigt. Umgekehrt steht jüngst das Wachstum der strukturierten
Produkte für positive Entwicklungen. Marktanteile in
einer globalen Welt werden nur dann erhalten oder gar
gewonnen, wenn Wirtschaft, Gesetzgeber und Regula-
SBVg – Roadmap 2015
Finanzplatz Schweiz unter wachsendem Wettbewerbsdruck
Wachstum der realen Wertschöpfung der Finanzindustrie
IR
340
300
1980=100, 1990=100, 2000=100
Finanzplatz CH in den 80ern:
E 6,8% Wachstum p.a.
E Rang 2
LX
260
Finanzplatz CH in den 90ern:
E 3,9% Wachstum p.a.
E Rang 4
220
UK
CH
JP
FR
DE
US
IR
180
140
Finanzplatz CH seit 2000:
E 0,8% Wachstum p.a.
E Rang 6
IR
UK
US
CH
DE
JP
UK
FR
100
US
JP
CH DE
LX
FR
LX
60
1980
1989
1990
1999
2000
2006
Quelle: UBS, BAK Basel Economics
tor am gleichen Strick ziehen. Tatsächlich gibt es Beispiele dafür, dass gezielte Massnahmen zu einer überaus positiven Entwicklung des Finanzsektors führen
können (z.B. „Big Bang“ in London).
Im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen die acht Geschäftsfelder Private Banking, Retail Banking, Anlagefonds,
Pensionsgeschäft, Hedge Funds, Private Equity, Kapitalmarkt Schweiz sowie Commodity Trade Finance. Sie alle
weisen ein grosses Wachstumspotential oder eine bereits
sehr gute Position auf, die gehalten werden soll.1
Um die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz
steigern zu können, setzen sich die Banken gezielt dafür ein, dass neue Geschäftsmöglichkeiten erschlossen
und praktisch wahrgenommen werden können. Besonderes Augenmerk müssen die Schweizer Banken richten
auf
Mit diesem Papier will die Schweizerische Bankiervereinigung einen Beitrag zur Förderung des Standortes Finanzplatz Schweiz leisten: In der Vergangenheit wurden schon ähnliche Initiativen ergriffen, wie
z.B. die Studie der SBVg vom Februar 2003: „Swiss
Banking; ein Programm für die Zukunft“. Angesichts
der strategischen Bedeutung einer grundsätzlichen Finanzplatzförderung müssen die Rahmenbedingungen
präzis und grundsätzlich immer wieder analysiert werden: Das vorliegende Dokument ist Teil einer globalen
und integrierten Beobachtung der Entwicklungen der
Finanzmärkte in der Schweiz und im Ausland.
• die Wahrung der finanziellen Privatsphäre,
• eine hervorragende Beratungs- und Servicequalität,
• ein kompetitives Kosten-Ertrags-Verhältnis, bzw.
hohe Produktivität,
• Innovation und Technologie, insbesondere Weiterentwicklung unterschiedlicher Dienstleistungen,
• ein verantwortungsvolles Reputations- und Risikomanagement,
• eine generell hohe Standortqualität, die für international mobile und hochqualifizierte Arbeitskräfte
weiterhin eine „location of choice“ darstellt.
Kernelemente und Aspiration
Für den Finanzplatz sind strategisch gesehen gewisse
Kernelemente des staatlichen Rahmens unabdingbar. Sie
bilden die Grundlage für die weiteren Rahmenbedingungen, die „operativ“ jeweils aktuellen Anforderungen
anzupassen sind. Dazu gehört sicher das Bekenntnis
zum Schutz der finanziellen Privatsphäre, das auf einem
demokratischen Entscheid der Schweizer Bürgerinnen
und Bürger beruht. Zusätzliche Kernelemente sind:
• politische Stabilität,
• die Garantie einer stabilitätsorientierten Politik der
Nationalbank,
• eine moderne, leistungsfähige, zuverlässige und
unabhängige Finanzplatzinfrastruktur,
• eine solide und marktgerechte Aufsicht und eine
Regulierung, die sowohl Rechtssicherheit als auch
Level Playing Field im internationalen Bereich
gewährleistet,
• das Bestreben der Behörden, auf internationaler
Ebene die Gleichwertigkeit und gegenseitige
Anerkennung unserer Finanzmarktregulierung anzustreben sowie einen diskriminierungsfreien Marktzugang sicherzustellen,
• ein attraktives wirtschaftspolitisches Umfeld,
insbesondere steuerliche Rahmenbedingungen,
• eine zeitgemässe und praxisorientierte Ausbildung
auf allen Ebenen.
1
Die Zielsetzungen oder Aspirationen lassen sich
wie folgt zusammenfassen.
Der Schweizer Finanzplatz
• bleibt Weltmarktführer in der internationalen
Vermögensverwaltung. Der damit verbundene
Asset Pool ist für den Erfolg des ganzen Finanzplatzes zentral.
• bildet ein Zentrum für innovative neue Finanzinstrumente mit globaler Ausstrahlung. Die wohlhabende internationale Kundschaft erwartet
innovative Produkte mit grossem Diversifizierungspotential.
Zur Verwirklichung dieser Aspiration
• setzt der Schweizer Finanzplatz auf einen unabhängigen, hohen internationalen Standards
genügenden Rechtsrahmen, der es ermöglicht,
massgeschneidert und flexibel auf nationale und
internationale Bedürfnisse einzugehen.
• sucht der Schweizer Finanzplatz international
Marktzugangsbarrieren weiter zu vermindern,
um die Globalisierungschancen zu nutzen.
• unterstützt der Schweizer Finanzplatz die
Kooperation zwischen Aufsichtsbehörden und
die gegenseitige Anerkennung gleichwertiger
Regulierung und Aufsicht.
Auf eine detaillierte Überprüfung der Geschäftsfelder, in denen der Finanzplatz Schweiz kaum eine Chance
hat, einen im internationalen Massstab nennenswerten Cluster zu bilden, wurde verzichtet (vgl. nachstehende
Erläuterungen in S. 6f.).
SBVg – Roadmap 2015
5
Entscheidend für den Wohlstand in der Schweiz
Der Finanzplatz Schweiz hat für die gesamte Schweizer
Volkswirtschaft eine grosse Bedeutung. Er hat einen
Anteil an der Wertschöpfung von 15% und kommt für
16% aller direkten und indirekten Steuereinnahmen auf.
200 000 Personen oder gut 5% der gesamten Arbeitnehmer arbeiten in überdurchschnittlich gut bezahlten
Arbeitsplätzen. Die Produktivität des Finanzsektors ist
mit 337 000 CHF pro Mitarbeiter rund dreimal höher als
im schweizerischen Durchschnitt. Banken bilden 3600
oder 12% aller Lehrlinge aus. Die Banken in der Schweiz
vergeben jährlich Dienstleistungsaufträge im Wert von
mehreren Milliarden CHF an Dritte. Substantielle Beiträge fliessen in Ausbildung, Sponsoring oder gemeinnützige Stiftungen. Diese grossen volkswirtschaftlichen
Leistungen werden von der Schweizer Bevölkerung
anerkannt, erachten doch 90% den Beitrag zur Gesamtwirtschaft als wichtig. Ein funktionierender und wettbewerbsfähiger Finanzplatz ist für jede Volkswirtschaft unerlässlich. Marktnahe Kapitallokation für Investitionen,
Intermediation zwischen Sparern und Investoren oder
Plattform für den Zahlungsverkehr sind einige Stichworte.
Der Finanzsektor ist für die Binnen- und Aussenwirtschaft
der offenen Schweizer Volkswirtschaft unverzichtbar.
6
In- und Ausland von Bedeutung
Der Schweizer Finanzplatz unterstützt im Inland eine
effiziente Regulierung, die sich dadurch auszeichnet,
dass Regulierungsziele mit möglichst geringen Eingriffen in den Markt verfolgt werden. Die Richtlinien für
Finanzmarktregulierung des Eidgenössischen Finanzdepartements vom September 2005 sind zu begrüssen,
bedürfen aber noch der Umsetzung. Der Trend zur Überregulierung ist auch in der Schweiz nicht gebrochen.
Bezogen auf das Ausland setzen sich die Banken im
Rahmen der WTO für einen möglichst freien Marktzugang ein. Im Verhältnis mit der EU zeigt die Analyse
fast aller Geschäftsfelder, dass der mangelnde Zugang
zum EU-Binnenmarkt insbesondere beim Massengeschäft eine zentrale Bedeutung hat. Die SBVg hat die
Vor- und Nachteile eines Finanzdienstleistungsabkommens mit der EU analysiert und festgestellt, dass aus
heutiger Sicht die Nachteile überwiegen. So müsste die
Schweiz systematisch den Acquis communautaire übernehmen. Die mögliche Vereinbarung entspräche also
kaum dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung
der Rechtsetzung. Ferner sind die einzelnen EU-Staaten
in Fragen des Konsumentenschutzes sehr autonom. Ziel
hingegen ist der diskriminierungsfreie Marktzugang beruhend auf der gegenseitigen Anerkennung gleichwertiger (nicht gleicher) Regulierung und somit die Schaffung von konkreten Lösungen auf technischer Ebene.
SBVg – Roadmap 2015
Steuern, Regulierung und Aufsicht im Fokus
Gegenstand dieser umfassenden Untersuchung sind die
nationale und internationale Marktstruktur sowie die
regulatorischen, steuerlichen und aufsichtsrechtlichen
Rahmenbedingungen in der Schweiz und bei den
wichtigsten Wettbewerbern wie London, New York,
Luxemburg, Singapur oder Irland. Die acht erwähnten
Geschäftsfelder wurden ausgewählt und näher untersucht, weil sie besonderes Geschäftspotential bzw.
Relevanz für die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes erwarten lassen. Schwergewichtig wurden Massnahmen betrachtet, die in der Schweiz in der nächsten
Legislaturperiode angegangen bzw. umgesetzt werden
können. Von besonderer Bedeutung erweisen sich das
Vorhandensein oder günstige Entstehungsbedingungen
für Clusters, wo also verschiedene Finanzdienstleister
eine kritische Masse bilden für Know-how und Dienstleistungen, Spezialisten vorhanden sind und sich Zudienerbranchen etablieren können. Aus diesem Grund
wurde bewusst auf eine detaillierte Überprüfung von
Geschäftsfeldern verzichtet, in denen der Finanzplatz
Schweiz kaum eine Chance hat, einen im internationalen Massstab nennenswerten Cluster zu bilden.
Offensive und defensive Massnahmen
Bei den einzelnen Geschäftsfeldern wurden eine ganze
Reihe vorwiegend „offensiver“ Massnahmen identifiziert, also Massnahmen, die einer Verbesserung des jeweiligen Marktumfelds in der Schweiz dienen. Speziell
beim Geschäftsfeld Private Banking überwiegen dagegen „defensive“ Massnahmen, die verhindern sollen,
dass sich die Rahmenbedingungen verschlechtern.
Selbstverständlich sind gerade diese defensiven Massnahmen für das von der Wertschöpfung her mit Abstand bedeutendste Geschäft ganz zentral. Bei einigen
Geschäftsfeldern wie dem Retail Banking, Anlagefonds
oder dem Pensionskassengeschäft ist das internationale
Wachstum beim EU-Marktzugang und beim grenzüberschreitenden Geschäft beschränkt. Hier muss versucht werden, punktuelle Erleichterungen zu erzielen.
Schweizer Regulierung soll soweit möglich und sinnvoll
an Europäische angepasst und die Wettbewerbsfähigkeit
des Binnensektors gestärkt werden, sodass effiziente
Märkte entstehen können. Hohes Zukunftspotential
haben neuere Geschäftsfelder wie Private Equity oder
Hedge Funds, in denen zurzeit die Karten noch nicht
gänzlich verteilt sind und sich die regionalen Clusters
erst wirklich bilden. Die Schweiz als Finanzzentrum mit
globaler Ausstrahlung muss alles daran setzen, in diesen
Geschäftsfeldern eine führende Marktstellung zu erreichen. Nischenbereiche wie Trade Finance müssen weiterausgebaut werden. Eine der wichtigsten Bedingungen
für nachhaltigen Erfolg in allen Geschäftsbereichen ist
eine Weltklasseausbildung auf allen Stufen. Hier wurde
mit der Etablierung des Swiss Finance Institutes auf Universitätsstufe einiges getan. Ähnliche Anstrengungen
sind aber auch auf den anderen Stufen nötig.
Von eminenter Wichtigkeit und Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen ist,
dass eine bessere Koordination aller laufenden und zukünftigen Massnahmen mit den Behörden stattfindet.
Zu diesem Zweck sollen periodische Gespräche zwischen den Spitzen der Verbände, der Behörden und
natürlich auch der Politik institutionalisiert werden.
Die vorgeschlagenen Massnahmen zur Erreichung der
ambitiösen Zielsetzungen sowie ihre positiven Auswirkungen auf die einzelnen Geschäftsfelder sind in der
unten stehenden Übersicht zusammengefasst.
Massnahmenbündel
Auswirkungen für Geschäftsfelder
Stärkung der Konkurrenzfähigkeit in
Steuerbelangen
Erhöht die Attraktivität der Schweiz für Anlagefonds, Private
Equity und Hedge Funds. Stärkt die führende Rolle der
Schweiz im Private Banking. Wirkt sich positiv aus für
Retail-, Handelsfinanzierungs- und Kapitalmarktgeschäft.2
Stärkung der Konkurrenzfähigkeit durch
eine sachgerechte Umsetzung
internationaler Standards
Zweckmässige Umsetzung der 40+9 FATF-Empfehlungen
unter Wahrung des Bankkundengeheimnisses, klare Verfahren
bei Amts- und Rechtshilfe, glaubwürdige Insiderstrafbestimmungen und eine klare Haltung gegenüber der EU
sind essentiell für Private Banking, Retail-, Handelsfinanzierungs- und Kapitalmarktgeschäft.3
Förderung der Handlungskompetenz der
Behörden für Finanzplatzbelange
Verstärkung personeller Ressourcen und höhere Kooperationsbereitschaft bei Bewilligungs-, Steuer- und
Handelsregisterbehörden begünstigen insbesondere das
Anlagefonds-, Hedge-Funds- und Private-Equity-Geschäft.4
Förderung der Attraktivität der Schweiz für
kollektive Kapitalanlagen
Flexiblere Anlageregeln ermöglichen eine freie und risikobasierte Anlagestrategie für qualifizierte Anleger. Erleichterte
Registrierung begünstigen das Anlage- und das Hedge-FundsGeschäft. Mehr Rechtssicherheit bei der Unterscheidung
zwischen Retail- und qualifizierten Anlegern ist ein Standortvorteil für Private Equity.5
Verbesserung der Rahmenbedingungen
für Trusts und Stiftungen
Verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen in der Schweiz
und bei der Besteuerung ausländischer Trusts sind von
hoher Bedeutung für das Private Banking.6
Flexibilisierung der regulatorischen
Rahmenbedingungen für
das Pensionskassengeschäft
Eröffnet grössere Anlagespielräume, mehr Wahlfreiheit für
Anleger und neue Geschäftsmöglichkeiten für das Pensionsgeschäft in der Schweiz und aus der Schweiz heraus im
Ausland.7
vgl. Massnahmenvorschläge 1.3, 1.6, 2.1, 3.2, 5.1, 5.4, 6.1, 6.5, 7.1 und 8.3
vgl. Massnahmenvorschläge 1.2, 1.4, 2.2, 7.2, 8.1 und 8.2
4 vgl. Massnahmenvorschläge 1.5, 2.3, 3.3, 5.2, 6.2, 6.3 und 8.4
5 vgl. Massnahmenvorschläge 3.1, 3.4, 5.3 und 6.4
6 vgl. Massnahmenvorschlag 1.1
7 vgl. Massnahmenvorschläge 4.1, 4.2 und 4.3
2
3
SBVg – Roadmap 2015
7
1 Private Banking
Aspiration
gen rund 10-mal kleiner als die Schweiz, wächst aber
wesentlich schneller als der Finanzplatz Schweiz.
8
• Die Schweiz bleibt Weltmarktführer bei der
internationalen Vermögensverwaltung.
Hohe Wertschöpfung pro Arbeitsplatz
Private Banking stellt eine der Kernkompetenzen der
Banken in der Schweiz dar und ist insgesamt das bedeutendste Geschäftsfeld. Private Banking trägt rund die
Hälfte8 zum Wertschöpfungsanteil der Banken bei und
ist somit ein sehr wichtiger Pfeiler der schweizerischen
Volkswirtschaft. Nebst den beiden Grossbanken wird
Private Banking von 14 „reinen“ Privatbanken mit unbeschränkt haftenden Teilhabern, knapp 60 weiteren Privatbanken, einzelnen Kantonalbanken sowie 130 Auslandbanken betrieben. Ende 2006 betrug der Wert der
Wertschriften in den Kundendepots bei den Banken in
der Schweiz 5017 Mrd CHF.9 Davon entfallen rund
42% auf inländische und etwa 58 % auf ausländische
Kunden; institutionelle Anleger haben einen Anteil von
etwa 57%. Die Wertschöpfung pro Arbeitsplatz beträgt
etwa das Vierfache der durchschnittlichen Wertschöpfung eines Beschäftigten in der Schweiz. Mit einem Weltmarktanteil am grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft von rund 30% liegt die Schweiz mit
Abstand an der Spitze aller internationalen Finanzplätze.
Singapur, das grösste unter den aufstrebenden asiatischen
Finanzzentren, ist in Bezug auf die verwalteten Vermö8
SBVg – Roadmap 2015
Laufende Anpassung des Geschäftsmodells
Der Geschäftsbereich ist für die Schweiz vital. Die
Rahmenbedingungen im In- wie im Ausland sind von
grosser Bedeutung. Für die Banken stellen sich zwei
Herausforderungen. Einerseits müssen die Geschäftsmodelle laufend den Business-Trends angepasst werden.
Andererseits müssen die nationalen und internationalen
Regulierungen und steuerlichen Rahmenbedingungen
auf allen Ebenen permanent überwacht und im Hinblick auf die Erhaltung der weltweiten Marktführerschaft beeinflusst werden.
Die Globalisierung bietet sowohl Chancen als auch
Risiken. Positiv ist die Möglichkeit, dank verbessertem
Marktzugang das Onshore-Geschäft weltweit weiterauszubauen. Gleichzeitig wird der Wettbewerb unter
den Offshore-Zentren stärker, was z.B. zu einem verstärkten Druck auf den Buchungsstandort Schweiz
führt. Neue Wettbewerber wie Hedge Funds oder Private Equity beleben den Private-Banking-Markt und
dürften die Fragmentierung weitervorantreiben. Die
Wahl eines optimalen Geschäftsmodells wird immer
wichtiger. Kunden wünschen umfassende Finanzberatung sowie Performance und nicht bloss Anlagetipps.
Banking wird komplexer und stellt hohe Anforderungen an Bankmitarbeiter. Die Rekrutierung und das Er-
Der Wertschöpfungsanteil der Banken in der Schweiz beträgt rund 9,6% (Finanzwirtschaft insgesamt 15%), derjenige des Private Bankings 5%.
halten von hoch qualifizierten und leistungsfähigen Mitarbeitenden ist ein sehr kritischer Wachstumsfaktor.
Auf regulatorischer Ebene sind in der Schweiz in jüngster Zeit einige gesetzliche Verbesserungen eingeleitet
worden. Darunter fallen beispielsweise die erleichterte
internationale Amtshilfe bei der Börsenaufsicht, die
Ratifizierung des Haager Trust-Übereinkommens oder
die geplante integrierte Finanzmarktaufsicht (FINMA),
die international zur noch besseren Reputation des
Finanzplatzes beitragen kann.
Der auch international akzeptierte Schutz der Privatsphäre (Bankkundengeheimnis) bleibt für den Erfolg im
Private Banking wichtig. Mit der EU konnte das Bankkundengeheimnis in drei bilateralen Verträgen (Zinsbesteuerung, Betrugsabkommen und Schengen/Dublin)
langfristig vertraglich abgesichert werden. Demgegenüber ist davon auszugehen, dass der gegenseitige Informationsaustausch in Finanz- und Steuerfragen bei verschiedenen internationalen Organisationen weiter auf
der Agenda steht. Nationale Bestimmungen über den
Schutz der Privatsphäre in finanziellen Angelegenheiten
könnten ebenso infrage gestellt werden wie das Prinzip
der doppelten Strafbarkeit oder das Spezialitätsprinzip.
In einzelnen EU-Ländern gibt es nach wie vor regulatorische Hürden, die den grenzüberschreitenden Marktzugang für Banken mit Sitz ausserhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) massiv erschweren.
Global nimmt insbesondere die Tendenz zu internationaler Standardsetzung im aufsichtsrechtlichen Bereich
durch übergeordnete Gremien zu. Grundsätzlich ist das
sinnvoll, jedoch ist deren Legitimation nicht immer klar
ersichtlich, und auch die Position der Schweiz in diesen
Gremien bleibt oft intransparent.
Ferner muss in Regulierungsfragen das Benchmarking
mit dem Ausland besser werden. Dabei dürfen nicht
bloss die Regulierungen verglichen werden. Vielmehr
muss sich die Schweiz mehr an den Umsetzungen an
vergleichbaren Finanzplätzen orientieren, bevor sie
selber nach Perfektionierung strebt.
9
Massnahmen
Um die Entwicklung und das Wachstum des Private
Banking sicherzustellen, müssen die Rahmenbedingungen einfach und flexibel ausgestaltet sein
und eine hohe Rechtssicherheit aufweisen. Pragmatismus, also der Wille, Probleme konkret und
unbürokratisch zu lösen, haben wesentlich zum
heutigen Erfolg des Private Banking geführt. Diese
Eigenschaften müssen erhalten und weiter gefördert werden. Dazu sind folgende Massnahmen notwendig:
1.1 Verbesserung der Rahmenbedingungen für
ausländische Trusts und Stiftungen durch Anpassung des Zivil- und Steuerrechts.
1.2 Konsistente Haltung beim Zinsbesteuerungsabkommen Schweiz – EU im Sinne der Weiterführung des Koexistenzmodells.
1.3 Eliminierung der Umsatzabgabe. Dies sollte
vorzugsweise auf dem Weg eines „phasing
out“ geschehen, d.h., die Abgabe wird durch
jährliche sukzessive Satzsenkungen schrittweise aufgehoben (wie Massnahme 2.1).
1.4 Zweckmässige Umsetzung der 40+9 FATFEmpfehlungen unter Wahrung des Bankkundengeheimnisses (keine zusätzlichen Sorgfaltsund Überwachungspflichten im Handelsbereich
und bezüglich Rohstoff- und Handelsfinanzierungen, siehe Massnahmen 2.2 und 8.2).
1.5 Sicherstellung von klaren Prozessen und Prozeduren bei der Amts- und der Rechtshilfe
(Verhinderung von Fishing Expeditions und
von undifferenzierten Kontensperren, siehe
auch Massnahme 8.4).
1.6 Klare und international konkurrenzfähige
Regelung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Hedge-Funds- und Private-EquityFonds Manager in der Schweiz (wie Massnahme 5.1 und 6.1).
Ausschliesslich Wertschriftenbestände (ohne Liquiditäten und ohne Treuhandguthaben). Mitte des Jahres 2007
betrug der Wert der in der Schweiz verwalteten Vermögen fast 5400 Mrd. CHF.
SBVg – Roadmap 2015
9
2 Retail Banking
Aspiration
10
• Bereitstellung von im internationalen Vergleich
qualitativ erstrangigen und preislich kompetitiven
Dienstleistungen für Privat- und Firmenkunden.
Offener stark fragmentierter Markt
Unter dem Begriff „Retail Banking“ wird einerseits das
Massengeschäft verstanden, welches auf Personen mit
einem Nettovermögen von bis zu ca. 250 000 CHF als
Kundengruppe fokussiert. Angebotene Dienstleistungen
schliessen Privat- und Sparkonti, einfache strukturierte
Anlageprodukte, Hypotheken, Konsumkredite, Debitund Kreditkarten und Zahlungsverkehr ein. Andererseits gehören zum Retail Banking Finanzdienstleistungen für kleinere und mittelgrosse Unternehmen, wie z.B.
Zahlungsverkehr oder einfach strukturierte Finanzierungsformen. Mit Ausnahme der sich ausschliesslich auf
das Private Banking konzentrierenden Bankengruppen,
bieten sämtliche in der Schweiz tätigen Banken alle oder
einzelne dieser Dienstleistungen an. Mehr als bei anderen Finanzprodukten ist im Retail Banking nicht nur die
Produktion der Finanzdienstleistungen, sondern auch
deren Vertrieb von grosser Bedeutung. In der Schweiz ist
die Bankendichte sehr hoch und der Markt ist stark
konzentriert und kompetitiv. Aus regulatorischer Sicht
ist der Markt im Gegensatz zu einzelnen EU-Märkten
offen.
SBVg – Roadmap 2015
Der Markt für Konsumentenkredite ist in der Schweiz
noch jung und bietet im ansonsten gesättigten Retailmarkt das grösste Wachstumspotential. Der schweizerische Kreditkartenmarkt zeichnet sich durch Marksättigung, Profitabilität und erhöhte Konkurrenz durch
neue Anbieter aus. Das Leasinggeschäft gewinnt in verschiedenen Bereichen an Bedeutung. So besteht insbesondere beim Investitionsgüterleasing Marktpotential.
Die Leasingquote betrug in den Jahren 1999 – 2004
im Durchschnitt 9,7%, währenddem sich der Durchschnittswert in der EU auf fast 13% belief. Der Hypothekarmarkt weist in der Schweiz Wachstumsraten auf,
welche im Schnitt über dem BIP-Wachstum liegen. Der
schweizerische Markt ist der sechstgrösste in Europa.
Aus demographischen Gründen dürfte einer erhöhten
Nachfrage nach Eigentumswohnungen vor allem eine
abnehmende Nachfrage nach Einfamilienhäusern entgegenstehen. Der Bankkredit ist ein zentraler Teil der
Unternehmensfinanzierung. Die Kunden sind in den
letzten Jahren professioneller und anspruchsvoller geworden. Der Wettbewerb im Markt wird vor allem
über den Preis geführt. Mit dem in den 90er-Jahren eingeführten Kreditratingsystem nehmen die Schweizer
Banken eine führende Rolle in Europa ein.
Retail-Hub Schweiz keine strategische Option
Retail-Banking-Dienstleistungen werden immer mehr
zu „Commodities“. Sie folgen dem klassischen industriellen Entwicklungspfad, bei welchem die Preise mit
Massnahmen
Der Fokus der nachfolgenden Massnahmen liegt
auf der Marktperspektive, also dem Wettbewerb
und den Strukturen des schweizerischen Binnenmarktes.
der Reife des Marktes sinken. Kundenprozesse treten
mit hohen Wiederholungsraten auf, somit können
Kosteneinsparungen mittels Standardisierung realisiert
werden.
Die Überwachung und die Einhaltung von Gesetzen
verursachen hohe Compliance-Kosten. Stichworte hierzu sind Geldwäscherei-, Konsumkredit-, Börsen- oder
Datenschutzgesetz. Steuertechnisch sind hauptsächlich
die Steuern für Privatpersonen und Unternehmen von
Bedeutung wie insbesondere die Verrechnungssteuern
oder die im internationalen Vergleich anachronistische
Umsatzabgabe. Regulatorische Massnahmen im Ausland wie MiFID, die Einführung der Single Euro Payments Area (SEPA) oder der erschwerte Marktzugang
für Finanzdienstleistungen von der Schweiz in Drittstaaten haben ebenfalls Auswirkungen auf das Retail
Banking in der Schweiz. Aus Standortsicht bestehen
wegen differierenden regulatorischen Entwicklungen
zwischen der Schweiz und der EU Risiken. Neue Marktzutrittsbarrieren können entstehen. Ohne freien Marktzutritt ist die Errichtung eines Hubs in der Schweiz für
Retail-Banking-Dienstleistungen in Europa unattraktiv
und stellt somit keine strategische Priorität dar.
Im Vergleich zu anderen Bereichen des Finanzplatzes besteht beim Retail Banking kein allzu grosser
Handlungsbedarf hinsichtlich Regulierungen und
steuerlichen Aspekten. Aus der Marktperspektive
können positive Schlüsse gezogen werden. Der
Markt für Retail Banking ist offen und liberal. Folgende Massnahmen bleiben in diesem Geschäftsfeld notwendig:
2.1 Eliminierung der Umsatzabgabe. Dies sollte
vorzugsweise auf dem Weg eines „phasing
out“ geschehen, d.h., die Abgabe wird durch
jährliche sukzessive Satzsenkungen schrittweise aufgehoben (wie Massnahme 1.3).
2.2 Zweckmässige Umsetzung der 40+9 FATFEmpfehlungen unter Wahrung des Bankkundengeheimnisses (keine zusätzlichen Sorgfaltsund Überwachungspflichten im Handelsbereich und bezüglich Rohstoff- und Handelsfinanzierungen (wie Massnahmen 1.4 und
8.2).
2.3 Weiterentwicklung der jüngst eingeleiteten
Massnahmen und der Totalreform der Mehrwertsteuer, um dem übertriebenen Formalismus
in diesem Bereich zu begegnen. Verbesserung
des „MWST-Klimas“ zwischen Steuerpflichtigen
und Behörden in der Veranlagungs- und Verfahrenspraxis.
SBVg – Roadmap 2015
11
3 Anlagefonds
Aspiration
12
• Etablierung der Schweiz als einen der Top-3Produktionsstandorte für Anlagefonds in Europa.
• Bereitstellung von Produkten zur Abdeckung
eines breiten Anlagespektrums für Privat- und
Retailkunden.
Potential als Vetriebsstandort
Der Fondsmarkt Schweiz setzt sich aus dem Vertrieb
und der Produktion zusammen. Die Schweiz ist heute
aber einzig als Vertriebsstandort gut positioniert. Der
früher gewichtige Produktionsstandort Schweiz hat
gegenüber Luxemburg und Irland laufend an Terrain
verloren. Das verwaltete Vermögen durch in Luxemburg domizilierte Anlagefonds beträgt rund 3000 Mrd.
CHF (Irland rund 1200 Mrd. CHF), währenddem das
durch in der Schweiz domizilierte Anlagefonds verwaltete Vermögen sich auf 200 Mrd. CHF beläuft. Dieser „Niedergang“ lässt sich einerseits auf die zu wenig
flexiblen regulatorischen Rahmenbedingungen und
Steuerbelastungen zurückführen. Andererseits steht
auch der fehlende Marktzugang schweizerischer Fonds
in die EU-Mitgliedstaaten einem Wachstum des Produktionsstandorts Schweiz entgegen. Mit dem neuen
Kollektivanlagegesetz (KAG) soll der Produktionsstandort Schweiz in Zukunft gezielt gefördert werden.
Da gerade in diesem Bereich sich die internationalen
SBVg – Roadmap 2015
Rahmenbedingungen erfahrungsgemäss rasch ändern,
besteht weiterer Bedarf nach Anpassung der regulatorischen Voraussetzungen.
Kollektive Kapitalanlagen werden von verschiedenen
Investorenkreisen nachgefragt. Wurden strukturierte,
traditionelle Anlagefonds lange vor allem von Kleinsparern gezeichnet, so haben Produktinnovationen im Bereich alternativer Anlagen zu einer erheblichen Zunahme des institutionellen Fondsgeschäfts geführt. Im
Unterschied zu Publikumsfonds zeichnet es sich durch
ein beträchtliches Wachstumspotential aus, da ein interessantes Anlegersegment mit massgeschneiderten Speziallösungen bedient werden kann. In Bezug auf Arbeitsplätze ist die nachgelagerte Wertschöpfungskette von
Bedeutung. Während der gesamten Laufzeit von kollektiven Kapitalanlagen sind verschiedene Dienstleistungen wie Fondsadministration, Global Custody oder
Portfoliomanagement zu erbringen.
Passive Instrumente, wie z.B. Exchange-Traded-Funds
(ETF), weisen sehr niedrige Margen auf, wachsen aber
insgesamt stark und werden immer beliebter. Demgegenüber machen aktiv verwaltete, in traditionelle Anlageklassen investierte Fonds heute zwar immer noch
einen sehr grossen Teil des Marktes aus, weisen aber
kaum mehr Wachstum auf. Derartige Massenprodukte
werden aufgrund von Skaleneffekten am kostengünstigsten in den grossen „Hubs“ Luxemburg und Dublin
produziert. Ein weiteres interessantes Wachstumsseg-
ment sind die so genannten alternativen Instrumente,
die in der Regel höhere Renditen abwerfen als traditionelle Produkte. Sie sind aufgrund des höheren Aufwands
im Research- und Portfoliomanagement aber kostenintensiv, weisen dafür aber noch hohe Margen auf.
Ungünstige Rahmenbedingungen in allen Bereichen
Zwei Hauptfaktoren bestimmen in Zukunft die internationale Positionierung des Fondsplatzes Schweiz. Der
fehlende EU-Marktzugang dürfte sich negativ auf die
weitere Entwicklung des Produktionsstandorts Schweiz
auswirken. Ein Dienstleistungsabkommen auf der Basis
des Acquis communautaire mit der EU wird aber nicht
angestrebt, da die Nachteile aus heutiger Sicht überwiegen. Hingegen soll eine wechselseitige Produktzulassung
auf der Basis der Reziprozität geprüft werden. Demgegenüber wirkt sich das prosperierende Vermögensverwaltungsgeschäft positiv für den Vertriebsstandort
Schweiz aus.
Im Vergleich zu den Fondsstandorten Luxemburg oder
Dublin weist die Schweiz gewichtige regulatorische, institutionelle und steuerliche Nachteile auf.
So wurden beispielsweise im regulatorischen Bereich
bei der Detailausgestaltung der schweizerischen SICAV
im Vergleich zur luxemburgischen Regelung teilweise
höhere oder praxisfremde Anforderungen verankert.
Ähnliches gilt bei der Definition und dem Umgang mit
qualifizierten Anlegern. Negativ im institutionellen Bereich fallen die unzureichenden personellen Ressourcen
der Aufsichtsbehörde ins Gewicht. Dann ist auch die
Tendenz zu einem überspitzten Formalismus, einem
mangelnden Pragmatismus oder einer Inkonsistenz bei
Bewilligungsentscheiden wenig hilfreich für das zukünftige Wachstum. Das führt dazu, dass die Anlegerschutzpraxis und die höheren Schweizer Standards
Hindernisse für eine erfolgreiche Erschliessung neuer
Geschäftsbereiche sind.
Die ungünstigen steuerlichen Rahmenbedingungen
(Stempelsteuer), die Mitte der 80er-Jahre die Abwanderung des schweizerischen Fondsgeschäfts nach Luxemburg verursacht haben, sind zwar wieder entschärft
worden. Steuerliches Hauptproblem ist jedoch, dass die
Erträge aus schweizerischen Anlagefonds nach wie vor
der Verrechnungssteuer von 35% unterliegen, was
schweizerische Fonds gegenüber ausländischen grundsätzlich benachteiligt.
Massnahmen
Im Bereich Anlagefonds konzentrieren sich die
Massnahmen auf eine Verbesserung des Wachstumspotentials im Heimmarkt. Eine aggressive
Positionierung der Schweiz als internationaler Produktion-Hub ist angesichts der wenig kompetitiven
Rahmenbedingungen in regulatorischer, institutioneller und steuerlicher Hinsicht mittelfristig eine
grosse Herausforderung. Eine Repatriierung der
nach Luxemburg oder Dublin abgewanderten
Geschäftsfelder ist unwahrscheinlich. Es gilt aber,
aus vergangenen Fehlern zu lernen. Dazu stehen
folgende Massnahmen im Vordergrund:
3.1 Bei ausschliesslich qualifizierten Anlegern offenstehenden kollektiven Kapitalanlagen sollten die Anlageregeln flexibilisiert werden, um
eine möglichst freie Anlagestrategie gemäss
Grösse und Risikofähigkeit und -profil des
qualifizierten Anlegers zu ermöglichen.
3.2 Schaffung von verbesserten Rahmenbedingungen für kollektive Kapitalanlagen bei der Verrechnungssteuer (wie Massnahme 5.4 und 6.5).
3.3 Verstärkung der personellen Ressourcen der
Aufsichtsbehörde in quantitativer und qualitativer Hinsicht insbesondere für Anlagefonds
und Private Equity: Wichtig wäre u.a. ein gezielter Wissenstransfer (z.B. im Rahmen von
Secondments in der Finanzindustrie oder Ausbildung in bestimmten Fachthemen durch Experten von Finanzinstituten). Ausserdem sollten direkte konsultative Gespräche mit der
Bewilligungsbehörde institutionalisiert werden
(wie Massnahme 6.3).
3.4 Die Registrierung von Hedge Funds sollte erleichtert werden. Nach Luxemburger Vorbild
wäre die Einführung eines Verfahrens der
„Shelf registration“ erstrebenswert, die es vorgängig autorisierten Hedge-Funds-Administratoren erlauben würde, neue Fonds, die entlang
vordefinierter Leitlinien strukturiert wurden,
in kurzer Zeit aufzulegen (wie Massnahme 5.3).
SBVg – Roadmap 2015
13
4 Pensionsgeschäft
Aspiration
14
• Europaweit Marktanteile im überobligatorischen Teil gewinnen.
• Schweizer Kunden erhalten bestmöglichen Zugang zu einer breiten Palette von Anlageprodukten.
Exportschlager Drei-Säulen-System
Seit 1985 beruht das Schweizer Vorsorgesystem gesetzlich auf den drei Säulen staatliche Vorsorge mit Umlageverfahren (AHV), berufliche Altersvorsorge mit
Kapitaldeckungsverfahren und dem privaten freiwilligen Vorsorgeplan. International hat das Schweizer DreiSäulen-System Modellcharakter. Hauptstärken sind die
hohe Kapitaldeckung mit über 110% des BIP und die
breite Abdeckung. So beträgt das Zielrentenniveau aus
der 1. und der 2. Säule rund 60% des letzten Gehalts.
Auch die EU-Pensionskassenbranche wächst schnell. In
den nächsten zehn Jahren ist mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum der verwalteten Vermögen
von fast 7% zu rechnen. Sie werden sich bis 2015 auf
fast 9000 Mrd. EUR verdoppeln. Dieses Wachstum bietet der Finanzdienstleistungsbranche neue Geschäftsmöglichkeiten, zumal die regulatorischen Rahmenbedingungen laufend verbessert werden. Die (potentiellen)
Geschäftsmöglichkeiten (Fee-Pool) aus europäischen
SBVg – Roadmap 2015
Pensionskassen dürften bis ins Jahr 2015 jährlich um
7% auf über 24 Mrd. EUR anwachsen. Der geschätzte
Gebührenpool für die Schweizer Pensionskassenbranche belief sich 2005 auf 1 Mrd. EUR oder rund 8% des
europäischen Marktes.
Wachstumschancen im überobligatorischen Bereich
Trotz seiner Stärken weist das Schweizer Drei-SäulenSystem auch einige Schwächen auf. So behindern behördlich festgelegte Parameter eine effiziente Vermögensallokation. Weiter genügt die kantonal geregelte
Aufsicht nicht mehr modernen Governance-Prinzipien.
Ferner ist der Pensionskassenmarkt in der kleinräumigen Schweiz mit mehr als 8000 Vorsorgeeinrichtungen
zu fragmentiert. Schliesslich führt der fehlende Wettbewerb zu Ineffizienzen in der Leistungserbringung. Bevölkerungsalterung und Unterdeckung drängen auch
die europäischen Länder dazu, die regulatorischen Rahmenbedingungen für private Pensionskassen zu verbessern. Der Trend geht in Richtung Liberalisierung, um
die Investitions- und Risikomanagementmöglichkeiten
der Pensionskassen zu erweitern und die Beaufsichtigung zu verstärken. Ein grenzüberschreitender Markt
wird sich langsam etablieren. Irland und Luxemburg
haben bereits Massnahmen getroffen, um davon zu
profitieren. Ähnlich den Anlagefonds dürften auch im
europäischen Pensionskassenmarkt so genannte „Centres of Excellence“ entstehen mit günstigen regulatorischen Rahmenbedingungen. Die Bereitstellung von in-
tegralen-Management-Diensten, also der Abdeckung
der gesamten Wertschöpfungskette, ist die Zukunft.
„Centres of Excellence“ für Vorsorgemanagement werden aber nur dort entstehen, wo diese Nachfrage befriedigt werden kann. Die Schweiz läuft Gefahr, aufgrund von fehlendem Marktzugang oder von wenig
konkurrenzfähiger Regulierung vom wachsenden
grenzüberschreitenden Altersvorsorgegeschäft Europas
und von den sich daraus ergebenden Vorteilen ausgeschlossen zu werden.
Nötige Anpassungen in der beruflichen Altersvorsorge
in der Schweiz sollen immer im Hinblick auf eine Verbesserung der Wettbewerbsposition im entstehenden
gesamteuropäischen Pensionskassengeschäft angegangen werden. Hauptsächlich zwei gesetzliche Unterschiede zwischen der EU und der Schweiz schlagen negativ zu Buche. Zum einen verlässt sich die EU viel
stärker auf das Vorsichtsprinzip, das quantitative Beschränkungen bei der Asset-Allocation ersetzt. Zum
anderen führt die EU das Herkunftsprinzip in Bezug auf
die gegenseitige Anerkennung der Aufsicht in allen Mitgliedstaaten ein. Dieses System ist mit dem dezentralisierten Schweizer System nicht vereinbar, in welchem die Aufsicht bei den Kantonen liegt. Die
Standardisierung der regulatorischen Rahmenbedingungen (in allen Kantonen und der gesamten Versicherungs- und Pensionskassenbranche) für die ganze
2. Säule sollte zur Ermöglichung der Produktanerkennung deshalb so rasch als möglich umgesetzt werden.
Ein vollständiger Zugang zum wachsenden europäischen Pensionskassenmarkt für Schweizer Finanzinstitute ist nicht realisierbar. Dennoch sollten die regulatorischen Rahmenbedingungen für Pensionskassen
verbessert und an europäische Standards angepasst
werden. Speziell der weniger regulierte überobligatorische Teil bietet nach wie vor internationale Wachstumschancen.
Massnahmen
Wir schlagen einige Änderungen und Verbesserungen vor, die das Schweizer Vorsorgesystem stärken
und dazu beitragen könnten, die Lücke zu den sich
wandelnden regulatorischen Rahmenbedingungen
für Pensionskassen in Europa zu schliessen. Dazu
sind folgende Massnahmen notwendig:
4.1 Abkehr von behördlich festgesetzten Parametern bei der Asset Allocation und Hinwendung
zum Vorsichtsprinzip. Mehr Flexibilität bei
den Anlageregeln durch Anpassung von Vorgaben abhängig von der Grösse und der
Risikofähigkeit von Pensionskassen.
4.2 Erschliessung neuer Geschäftsmöglichkeiten
für das Pensionskassen-Pooling von der
Schweiz aus für Destinatäre in Europa und
weiteren Staaten. Insbesondere sind dazu die
steuerlich optimalen Rahmenbedingungen
sicherzustellen.
4.3 Unterscheidung zwischen dem obligatorischen
und nichtobligatorischen Teil der 2. Säule.
Ein Verzicht auf die Kapitalgarantie bei der
Freizügigkeitsleistung würde echte Wahlmöglichkeiten eröffnen und ein erster Schritt in
Richtung freier Wahl des obligatorischen Vorsorgeplans sein.
SBVg – Roadmap 2015
15
5 Hedge Funds
Aspiration
16
• Etablierung der Schweiz unter den Top-3-Standorten für Produktion und Distribution von
Hedge Funds in Europa.
Enormes Wachstumspotential vorhanden
Hedge Funds, also kollektive Anlagestrukturen mit im
allgemeinen flexiblen Anlagestrategien, die sich durch
eine geringe Korrelation zu traditionellen Anlageprodukten auszeichnen, und einem aktiven und komplexen
Anlageverhalten, haben in den letzten Jahren ein dynamisches Wachstum erfahren. Strukturell zu unterscheiden sind Single Hedge Funds (SHF), also Anlagevehikel,
die direkt am Markt investieren, und Funds of Funds
(FoF), die ihrerseits in verschiedene Single Hedge Funds
investieren. Das globale Hedge-Funds-Volumen wird
auf 1600 Mrd. USD geschätzt. Das in der Schweiz in
Hedge-Funds-Anlagen gebuchte Volumen dürfte rund
100 Mrd. USD ausmachen. Dabei sind mehr als 90% in
FoF investiert, die wiederum von rund 100 Gesellschaften verwaltet werden. Insgesamt sind in der Schweiz mehr
als 2000 Personen direkt und indirekt in dieser Branche
beschäftigt. Erste Clusters bilden sich in den Regionen
Genf/Lausanne, Zürich/Zug/Pfäffikon und um Lugano.
Der globale Hedge-Funds-Markt dürfte bis ins Jahr
2009 auf 2400 Mrd. USD anwachsen. Treiber sind das
SBVg – Roadmap 2015
Streben nach Risikodiversifikation breiter Anlegerklassen und das verstärkte Interesse institutioneller Investoren. Der relative Anteil Europas 2006 von 27% wird
2009 auf 35% ansteigen. Als Standort profitiert
die Schweiz noch sehr wenig von diesem zukunftsträchtigen Geschäft. In der Schweiz sind nur rund
150 Funds domiziliert, auf den Cayman Islands beispielsweise mehr als 7000. Und während in der Schweiz
ansässige Managementgesellschaften rund 8 Mrd. USD
an Vermögenswerten in SHF verwalten, liegt dieser
Wert für Grossbritannien bei rund 270 Mrd. USD.
Insbesondere die Ansiedlung von Administration und
Leitung von Funds sind für die Schweiz interessant.
Optimale Ausgangsposition durch steuerliche Fehler
gefährdet
Eine verstärkte Ansiedlung von Hedge Funds und ihren
Managern generiert volkswirtschaftlich neue, anspruchsvolle Arbeitsplätze mit entsprechendem Steueraufkommen und versorgt weitere Branchen (z.B. Rechtsberater,
Wirtschaftsprüfer, Analysten, Buchhalter, Due-Diligence-, IP- und Informatikspezialisten) mit Aufträgen. Die
Schweiz wäre als Standort wegen den hohen verwalteten Vermögen, der Professionalität der in den angrenzenden Bereichen arbeitenden Dienstleister und der
hohen Lebensqualität prädestiniert für einen grösseren
Marktanteil. Im Hinblick auf die regulatorischen
Rahmenbedingungen für Managementgesellschaften
zeichnet sich die Schweiz durch ein liberales Regime aus.
Auch die Kosten für qualifiziertes Personal und Dienstleistungen sind in der Schweiz im Vergleich mit anderen
Hedge-Funds-Domizilen wie Cayman Islands oder/und
Zentren für Managementgesellschaften wie London
oder New York absolut konkurrenzfähig.
Trotz dieser für den Finanzplatz Schweiz positiven
Argumente ist die Schweiz als Hedge-Funds-Domizil
oder Standort für SHF-Manager relativ unbedeutend.
Regulatorische, institutionelle und steuerliche Rahmenbedingungen wirken einer Ansiedlung speziell von SHF
entgegen. Bei den institutionellen Aspekten ist beispielsweise das im internationalen Vergleich unverhältnismässig lange Genehmigungsverfahren zu nennen.
Auf der Ebene der Advisor fällt einerseits die geringere
Dichte an gut ausgebildeten Mitarbeitern an den
Schweizer Bankenstandorten im Vergleich zu London
oder dem Grossraum New York ins Gewicht. Eine weitere Öffnung des Arbeitsmarktes für hoch qualifizierte
Mitarbeiter aus Nicht-EU-Ländern ist deshalb ein
Schlüsselfaktor für die Entwicklung des Geschäftsfeldes
Hedge Funds. Andererseits stellt die Besteuerung der
Fundsmanager ein grosses Hindernis dar. Kann diese
Frage nicht zweckmässig geregelt werden, bleibt die
durch das KAG vorgesehene Attraktivitätssteigerung
(Rechtsform der Kommanditgesellschaft für kollektive
Kapitalanlagen) toter Buchstabe.
Massnahmen
Der Vertrieb von Hedge Funds kann in der Wertschöpfungskette in der Schweiz insgesamt den grössten Beitrag leisten. Diesbezüglich ist die Schweiz
gut positioniert und sie tut gut daran, die Rahmenbedingungen attraktiv zu halten. Besonderes Aufholpotential und positive Spill-over-Effekte gehen
von Funds-Domizilierung und der Ansiedlung von
Managementgesellschaften aus. Die folgenden
Massnahmenbündel fokussieren sich somit auf
Massnahmen zur Ansiedlung von Hedge Funds
und Möglichkeiten, den Standort Schweiz für Hedge
Funds Advisors attraktiver zu machen. Dazu sind
folgende Massnahmen notwendig:
5.1
Klare und international konkurrenzfähige
Regelung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Hedge-Funds- und Private-EquityFonds-Manager in der Schweiz (wie Massnahme 1.6 und 6.1).
5.2
Gerade bei Hedge Funds ist es wichtig, dass
die entsprechenden offiziellen Stellen in der
Interaktion mit neuen und bestehenden
Marktteilnehmern kooperativ und konsistent in ihren Aktionen sind.
5.3
Die Registrierung von Hedge Funds sollte
erleichtert werden. Nach Luxemburger Vorbild wäre die Einführung eines Verfahrens
der „Shelf registration“ erstrebenswert, die
es vorgängig autorisierten Hedge-FundsAdministratoren erlauben würde, neue Funds,
die entlang vordefinierter Leitlinien strukturiert wurden, in kurzer Zeit aufzulegen (wie
Massnahme 3.4).
5.4
Schaffung von verbesserten Rahmenbedingungen für kollektive Kapitalanlagen bei der
Verrechnungssteuer (wie Massnahme 3.2 und
6.5).
SBVg – Roadmap 2015
17
6 Private Equity
Aspiration
18
• Verdoppelung des Marktvolumens in der Schweiz
in den nächsten 5 Jahren.
Grosses Wachstum
Private Equity ist eine Finanzierungsform, bei welcher
nichtbörsenkotierten Unternehmen in einer entscheidenden Entwicklungsphase Eigenkapital und/oder
Managementressourcen zugeführt werden. Dieses
Kapital wird für die Entwicklung neuer Produkte, die
Erschliessung neuer Märkte oder für Unternehmensakquisitionen eingesetzt. Es handelt sich meist um Eigenkapitalfinanzierungen, bei welchen der Kapitalgeber
das unternehmerische Risiko voll mitträgt. Zur Reduktion dieses Risikos werden dem Kapitalgeber verschiedene Kontroll- und Mitspracherechte im Unternehmen
eingeräumt. Ziel der Investition ist der spätere Gewinnbringende Verkauf der Unternehmensbeteiligung oder
ein Börsengang (IPO). Erfolgt die Investition in einer
sehr frühen Entwicklungsstufe, spricht man von Venture
Capital. Private Equity kann auch umgekehrt Mittel
eines „going private“ von kotierten Unternehmen sein.
Das weltweite Volumen des Private-Equity-Marktes
wird auf etwa 2500 Mrd. USD geschätzt. Die Anzahl
der Private-Equity-Fonds dürfte weltweit über 8000 betragen. Dominiert wird der Private-Equity-Markt mit
einem Anteil von 41% von den USA. Europa gewann
SBVg – Roadmap 2015
jedoch in den vergangenen Jahren rasch an Bedeutung
und verzeichnete 2005 bereits einen an Anteil von rund
39% am Weltmarkt. Der Private-Equity-Markt in der
Schweiz hingegen spielt auch im Vergleich zu den
europäischen Märkten eine absolut marginale Rolle.
Aus Investorensicht liegen die Vorteile von PrivateEquity-Investitionen im längerfristig attraktiven RenditeRisiko-Profil sowie in der vergleichsweise geringen Korrelation zu Aktienmärkten. Umgekehrt erfordern Anlagen
in Private Equity meist ein relativ grosses Anlagevolumen,
spezialisiertes Fachwissen bzw. professionelle Beratung
und einen mittel- bis langfristigen Anlagehorizont.
In der Schweiz spielen Direktinvestitionen auf dem
Private-Equity-Markt nach wie vor eine sehr wichtige
Rolle, tätigen doch Unternehmen fast zwei Drittel aller
Private-Equity-Investitionen. Schweizer Pensionskassen
haben ihre Investitionen in alternative Anlagen in den
vergangenen Jahren aber stetig erhöht.
Aufsichtspraxis und Steuern entscheidend für den
zukünftigen Erfolg
Vorteilhaft für die Schweiz als Standort dürften sich die geringen Unternehmenssteuern und die niedrigen Einkommenssteuern auswirken. Negativ zu Buche schlagen u.a.
die schlechten steuerlichen Anreize für F&E-Investitionen.
Die Stärken der Schweizer Finanzdienstleister im Bereich der alternativen Anlagen liegen in der Analyse,
der Auswahl und letztlich der Kombination bestehender Produkte im Rahmen der Strukturierung von Funds
of Funds (FoF).
Für die weitere Ansiedlung von Managementgesellschaften in der Schweiz spricht die hohe Lebensqualität
und die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz für hoch
qualifizierte Arbeitskräfte, wobei die Voraussetzungen
für die Beschäftigung von hoch qualifizierten Mitarbeitern aus Nicht-EU-Ländern flexibilisiert werden sollten.
Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor liegt im florierenden Vermögensverwaltungsgeschäft mit einer starken
Konzentration von Geldern.
Auf regulatorischer Ebene weist die Schweiz aber gewichtige Nachteile auf. So ist die mit 5 festgelegte Mindestanzahl von Kommanditären bei Managementgesellschaften im Vergleich zum Ausland zu hoch. Ein
grosses Problem ist auch die Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Handhabung der gesetzlichen Grundlagen
durch die Aufsichtsbehörde. Die Praxis der Aufsichtsbehörde wird zu einem wesentlichen Teil darüber
bestimmen, wie konkurrenzfähig die im Kollektivanlagegesetz etablierten neueren Investitionsformen
gegenüber den bewährten ausländischen Strukturen
sein werden.
Institutionell fallen primär die zu langen Bewilligungsverfahren sowie eine Tendenz zu überspitztem Formalismus ins Gewicht. Schliesslich ist auch grundsätzlich
das Gesetzgebungsverfahren im Vergleich mit anderen
Zentren zu aufwendig und oft besteht keine einheitliche Vorstellung zwischen Aufsichtsbehörde, Verwaltung, Revisoren, Anwälten oder der Finanzindustrie.
Mit Blick auf die Rahmenbedingungen in steuerlicher
Hinsicht ist die Frage der Besteuerung des so genannten „carried interest“ der Fondmanager von grosser
Bedeutung.
Massnahmen
Für den grossen Asset Pool der wohlhabenden
Kunden ist das Angebot an innovativen Produkten
von herausragender Bedeutung. Neben Hedge
Funds spielt dabei Private Equity eine besondere
Rolle. Dazu sind folgende Massnahmen notwendig:
6.1 Klare und international konkurrenzfähige
Regelung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Hedge-Funds- und Private-EquityFonds-Manager in der Schweiz (wie Massnahme 1.6 und 5.1).
6.2 Sicherstellung einer pragmatischen (Bewilligungs-) Praxis für Private Equity durch die
Handelsregisterämter und die EBK.
6.3 Verstärkung der personellen Ressourcen der
Aufsichtsbehörde in quantitativer und qualitativer Hinsicht insbesondere für Anlagefonds
und Private Equity: Wichtig wäre u.a. ein
gezielter Wissenstransfer (z.B. im Rahmen von
Secondments in der Finanzindustrie oder
Ausbildung in bestimmten Fachthemen durch
Experten von Finanzinstituten). Ausserdem
sollten direkte konsultative Gespräche mit der
Bewilligungsbehörde institutionalisiert werden
(wie Massnahme 3.3).
6.4 Rechtssicherheit bei der Differenzierung zwischen Retailanlegern und qualifizierten Anlegern.
6.5 Schaffung von verbesserten Rahmenbedingungen für kollektive Kapitalanlagen bei der Verrechnungssteuer (wie Massnahme 3.2 und 5.4).
SBVg – Roadmap 2015
19
7 Kapitalmarkt Schweiz
Aspiration
20
• Der Kapitalmarkt Schweiz soll ein attraktiver
Nischenanbieter für die Emission und den Handel von Unternehmenskapital sein.
• Positionierung als weltweit führender Standort
für Emission und Handel innovativer Anlageprodukte in allen Währungen.
• Erhalt des CHF als attraktive Emissionswährung und Diversifikationsmöglichkeit für internationale Emittenten.
Grosser Wettbewerb unter den Finanzplätzen
Im Geschäftsfeld Kapitalmarkt konzentriert sich die
Analyse auf den Bereich Emissionen und Handel. Die
Kapitalisierung der gesamten ausstehenden inländischen Unternehmensanleihen in der Schweiz gemessen
am BIP ist weniger als 40%. Dies liegt im Vergleich weit
unter dem Wert von rund 120% in den USA, aber auch
unter den Werten von Deutschland, Grossbritannien
oder Japan. Bezogen auf die Finanzintermediäre durchläuft der Markt eine Konsolidierungsphase, die sich dadurch manifestiert, dass die Anzahl der aktiven inländischen Investmentbanken in den vergangenen Jahren
zurückgegangen ist. Die Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs führt zu einer Verschärfung im
Wettbewerb zwischen einzelnen Kapitalmärkten. Die
Folge: Mittelgrosse Schweizer Unternehmen können sich
SBVg – Roadmap 2015
ihr Kapital auch ausserhalb des Heimmarktes beschaffen. Ferner beschleunigt die Konvergenz gesetzlicher
Rahmenbedingungen die Entwicklung eines paneuropäischen Kapitalmarktes und birgt das Risiko eines Bedeutungsverlustes des Schweizer Kapitalmarktes. Schliesslich
verliert der Frankenanleihenmarkt im internationalen
Kontext an Bedeutung. Im Aktienmarkt ist das IPOVolumen stark vom Marktumfeld abhängig. Nach dem
starken Anstieg Ende der 90er-Jahre und dem Rückgang
ab Mitte 2001 hat sich der Markt seit 2004 wieder positiver entwickelt. Der Schweizer Franken ist die fünftwichtigste konvertierbare Währung der Welt.
Sündenfälle: Emissionsabgabe, Doppelbesteuerung,
indirekte Teilliquidation
Optimale Finanzierung und Kapitalstruktur eines
Unternehmens werden wesentlich durch die fiskalischen
Rahmenbedingungen bestimmt. Entsprechend sind
Steuern zur Erklärung des Verhaltens von Unternehmen
auf dem Kapitalmarkt ein wichtiges Element. Die Emissionsabgabe und die Verrechnungssteuer wirken sich
nach wie vor nachteilig für Investoren und Emittenten
aus. Am Augenfälligsten wird der negative Effekt in der
gegenläufigen Entwicklung der Emissionsvolumen im
Ausland- und Inlandsegment des hiesigen Anleihenmarktes. Die Rekordvolumen, die in den Jahren 2005
und 2006 im Frankenkapitalmarkt emittiert wurden,
zeigen, dass das boomende Auslandsegment den Rückgang im Inlandsegment mehr als kompensiert. Weiter
21
signalisieren die Rekordvolumen, dass der Schweizer
Anleihenkapitalmarkt unter Ausblendung der Emissionsabgabe für Emittenten weiterhin attraktiv bleibt.
Die Schweiz hält als einziger westlicher Industriestaat
teilweise noch an einer weitgehend ungemilderten
Doppelbesteuerung von Aktiengesellschaften fest. Für
Schweizer Unternehmen bedeutet dies, dass sich die
Eigenkapitalfinanzierung im Vergleich zur Innenfinanzierung aus thesaurierten Gewinnen oder der Finanzierung über Bankkredite verteuert. Dies erweist sich
speziell für Jungunternehmen ohne Zugang zu den
internationalen Kapitalmärkten als nachteilig. Die latente Gefahr der Besteuerung von Kapitalgewinnen aufgrund des Vorliegens des Tatbestandes der indirekten
Teilliquidation, welche insbesondere wirtschaftlich
sinnvolle Nachfolgeregelungen erschwert hat, konnte
zwar in der Unternehmenssteuerreform auf den
1. Januar 2007 glücklicherweise gemildert werden.
Massnahmen
Diese Fakten und Trends unterstreichen die Wichtigkeit von Förderungsmassnahmen, die zum Ziel
haben, die Konkurrenzfähigkeit des Schweizer
Kapitalmarktes sicherzustellen. Es gilt auch zu prüfen, inwiefern Nischen gezielt auszubauen und
weiterzuentwickeln sind. Für die Attraktivität eines
Kapitalmarkts ist eine Vielzahl von Faktoren entscheidend. Direkt beeinflussbar sind aber nur
Steuern, Regulierungsdichte und Finanzmarktinfrastruktur, weshalb sich die abgeleiteten Massnahmen darauf konzentrieren. Dazu sind folgende
Massnahmen notwendig:
7.1 Abschaffung der Emissionsabgabe.
7.2 Sicherstellung der Gleichwertigkeit der schweizerischen Regulierung mit internationalen
Standards zwecks Gewährleistung der internationalen Reputation.
SBVg – Roadmap 2015
8 Commodity Trade Finance
Aspiration
22
• Die Position der Schweiz als führender Finanzplatz für Structured Commodity Trade Finance
ausbauen.
Die Schweiz ist noch gut positioniert . . .
Unter „Handelsfinanzierungen“ oder „Commodity
Trade Finance“ (CTF) sind kurzfristige, zweckgebundene Darlehen an weltweit tätige Handelsunternehmen
(„Händler“) zu verstehen. Sie werden meist zur Finanzierung einer spezifischen Geschäftstransaktion gewährt und ermöglichen es dem Händler, den Kaufpreis
der von ihm erworbenen und zur Ausfuhr bestimmten
Handelswaren (es handelt sich dabei hauptsächlich
um Rohstoffe und/oder Halbfabrikate, wie z.B. Erdöl,
Metalle oder Landwirtschaftserzeugnisse, jeweils in
grossen Mengen) unmittelbar bei deren Lieferung durch
seine Lieferanten zu begleichen sowie die damit direkt
im Zusammenhang stehenden Logistikkosten (Frachten, Versicherungsprämien, Lagerhaltungskosten, Währungs- und Preisabsicherungskosten usw.) zu bezahlen.
In aller Regel wird der Kaufpreis der Ware an den
Lieferanten zur Zahlung fällig, bevor der Erlös aus dem
Verkauf derselben an die Abnehmer vereinnahmt werden kann. Die Rolle der Banken besteht hauptsächlich
darin, die beim Händler entstehende Finanzierungslücke zu überbrücken und den Zahlungs- und Waren-
SBVg – Roadmap 2015
fluss durch den Einsatz geeigneter Instrumente (z.B.
Dokumentarakkreditive, Dokumentarinkasso, „Standby letters of credit“, Bankgarantien, usw.) abzuwickeln.
Handelsfinanzierungen sind praktisch ausnahmslos
grenzüberschreitender Natur. Die Beschaffungsmärkte
befinden sich meistens in Entwicklungs- bzw. Schwellenländern mit bedeutsamen Rohstoffvorkommen. Die
Händler sind grundsätzlich an keinen bestimmten
Standort gebunden und können folglich den für sie günstigsten (sei es in rechtlicher, reglementarischer, steuerlicher, politischer oder sonstiger Hinsicht) Standort
wählen.
Derzeit bietet CTF dem Schweizer Finanzplatz (namentlich in Genf und in Zug) gute Geschäftsmöglichkeiten.
Der Geschäftsbereich ist in den letzten Jahren stetig gewachsen und für die Händler wie auch für die Banken
und Dienstleistungsunternehmen rentabel.
. . . aber nicht ohne Downside-Risiken
Trotz der derzeit günstigen Standort- und Rahmenbedingungen in der Schweiz bestehen sowohl DownsideRisiken als auch weiteres Optimierungspotential:
So wurde das Kreditrisiko von den Banken, die das
Rohstoff- und das Handelsfinanzierungsgeschäft betreiben, schon immer als das wichtigste Risiko in ihrem
Geschäft wahrgenommen. Entsprechend beeinflussen
die Änderungen aus Basel II unweigerlich das Rohstoffund das Handelsfinanzierungsgeschäft. Nationale Besonderheiten in der Umsetzung von Basel II können zu
signifikanten Verzerrungen bei den Eigenmittelunterlegungskosten der einheimischen Banken im Vergleich
zur ausländischen Konkurrenz führen.
Ein wichtiger Aspekt für Handelsfinanzierungsgeschäfte, welche von der Schweiz aus abgewickelt werden,
sind die Besteuerungsregeln, welche auf kantonaler
Ebene für Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften gelten. Diese Regimes sind jüngst in die Kritik
der EU-Kommission geraten. Die Erhaltung von wettbewerbsfähigen Besteuerungsregimes für CTF-Holding,
Domizil- oder gemischte Gesellschaften ist deshalb
auch aus der Optik der Finanzwirtschaft wichtig.
Weiter sind Handelsunternehmungen nur den Bestimmungen des Geldwäschereigesetzes unterworfen, sofern
der Handel auf Rechnung von Drittparteien getätigt
wird sowie die Geschäfte über die Börse laufen. Der
klassische Rohstoffhandel, d.h. Kauf und Verkauf auf
eigene Rechnung, ist nicht Gegenstand der Gesetzgebung. Der Rohstoffhandel mit Derivaten wird hingegen
ab einer bestimmten Geschäftsgrösse kontrolliert. Rohstoffhändler sind in anderen Ländern kaum geregelt.
Handelshäuser in London und New York sind nicht
den Bestimmungen der nationalen Geldwäschereigesetzgebung unterworfen.
Dann kann internationale Rechtsshilfe in Strafsachen
resp. inländische Strafverfahren zu undifferenzierten,
lawinenartigen Kontosperren führen, die die Geschäftsaktivitäten einer Handelsgesellschaft vollumfänglich lahmlegen und letztlich zu deren Zahlungsunfähigkeit führen könnten. Es kommt regelmässig vor,
dass in der Schweiz ansässige Handelsunternehmen
durch solche Massnahmen daran gehindert werden,
ihre Lieferanten, Löhne, Mietzinsen, Steuern usw. zu
bezahlen und von der Bank nicht einmal über die
Kontosperre und deren Gründe informiert werden
dürfen.
Schliesslich können Zahlungen der Bank an Begünstigte von Akkreditiven und Bankgarantien durch einstweilige Verfügungen verboten werden. Die Gerichtspraxis ist von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich.
Häufig sind ein grosser Vertrauensverlust und ein Verlust an internationalem Ansehen die Folge.
23
Massnahmen
8.1 Der Basler Akkord (Basel II) sollte in der
Schweiz dahingehend fachlich interpretiert
bzw. angewendet werden, dass die Wahlfreiheit betreffend dem gewählten Ansatz erhalten
bleibt. Zudem sollte der Swiss Finish die
Eigenmittelkosten im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz nicht zusätzlich verteuern.
8.2 Zweckmässige Umsetzung der 40+9 FATFEmpfehlungen unter Wahrung des Bankkundengeheimnisses (keine zusätzlichen Sorgfaltsund Überwachungspflichten im Handelsbereich und bezüglich Rohstoff- und Handelsfinanzierungen, siehe Massnahmen 1.4 und
2.2).
8.3 Wettbewerbsfähige Besteuerungsregimes für
CTF-Holding-, Domizil- oder gemischte Gesellschaften.
8.4 Sicherstellung von klaren Prozessen und Prozeduren bei der Amts- und Rechtshilfe (Verhinderung von Fishing Expeditions und von
undifferenzierten Kontensperren, siehe auch
Massnahme 1.5).
SBVg – Roadmap 2015
Porträt Schweizerische Bankiervereinigung
Die Schweizerische Bankiervereinigung ist der Spitzenverband des Schweizer Finanzplatzes und
• vertritt die Interessen der Banken und Effektenhändler gegenüber Behörden in der Schweiz und im
Ausland;
• fördert das weltweite Image des Finanzplatzes
Schweiz;
• führt einen offenen Dialog mit einer kritischen
nationalen und internationalen Öffentlichkeit;
• entwickelt die Selbstregulierung in Absprache mit
der Aufsichtsbehörde weiter;
• fördert die Ausbildung sowohl des Nachwuchses als
auch der Bankkader;
• fördert die Information und den Erfahrungsaustausch zwischen Banken und Bankmitarbeitern
und -mitarbeiterinnen;
• koordiniert die Gemeinschaftswerke der Schweizer
Banken.
24
SBVg – Roadmap 2015
Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) wurde
1912 in Basel als Verein gegründet und zählt heute
363 Mitgliedsinstitute und ca. 11 300 Einzelmitglieder.
In der Geschäftsstelle sind 54 Mitarbeitende beschäftigt. In insgesamt 12 Kommissionen werden die wichtigsten Fragen und Themen bearbeitet. Kommissionsmitglieder sind nebst den Spezialisten der SBVg vor
allem Vertreter der verschiedenen Bankengruppen.
Hauptzielsetzung der SBVg sind die Beibehaltung und
die Förderung optimaler Rahmenbedingungen im Inund Ausland für den Finanzplatz Schweiz.
Impressum
Herausgeberin: Schweizerische Bankiervereinigung, Basel
Satz und Druck: Kreis Druck AG
Diese Broschüre ist in deutscher, englischer,
französischer und italienischer Sprache erhältlich.
Schweizerische Bankiervereinigung
Aeschenplatz 7
Postfach 4182
CH-4002 Basel
T +41 61 295 93 93
F +41 61 272 53 82
office @ sba.ch
www.swissbanking.org
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