„Wo nämlich Gott erkannt wird, da wird auch Menschlichkeit gepflegt“ 1 Reformierte Gemeinden zwischen Genf und Goch 1. Die Schweizer Reformatoren Zwingli und Calvin Johannes Calvin hatte einen besonderen Blick für geordnete Verhältnisse im bürgerlichen Leben, in einer Stadt, in einem Staat und eben auch in einer christlichen Gemeinde. Politik und Religion sind für ihn keine getrennten Welten, die man jeweils sich selbst überlassen könnte. Vielmehr soll der Glaube sich innerhalb eines Gemeinwesens niederschlagen in einer ent-­‐ sprechenden Ordnung und in einem entsprechenden Verhalten auf beiden Seiten, bei den Regierenden und den Regierten. Darum wendet er in seinem Kommentar zum Propheten Jeremia die negative prophetische Kritik am Verhalten des judäischen Königs Jojakim, der „sein Herz auf nichts richtete als auf Gewinn, Blutvergießen, Unterdrückung und Erpressung“ (Jer 22, 17) ins Positive und sagt: Wirkliche Gotteserkenntnis erweist sich in Hu-­‐ manität; der christliche Glaube drängt immer auch nach menschlicher Rea-­‐ lisierung, oder – mit den Worten des niederländischen Europapolitikers Max Kohnstamm – er drängt in die Verwirklichung als „love in structures“. Wo Gott erkannt wird, da wird auch Humanität gepflegt, denn Gotteser-­‐ kenntnis kann niemals ohne Auswirkung und Ausprägung im menschlichen Zusammenleben und in politischen Strukturen bleiben. Das ist auch ein mögliches Motto des reformierten Aufbruchs zwischen Zü-­‐ rich und Genf. Zwingli hatte sich in Zürich auch unter dem Einfluss vorre-­‐ formatorischer Reformimpulse (Erasmus von Rotterdam) sehr praktisch und sehr politisch für eine neue Stadtgesellschaft stark gemacht. Vor allem die elende Tradition des Reislaufens, des Söldnerdienstes für fremde Mäch-­‐ te, einschließlich des Vatikans, war dem ehemaligen Militärgeistlichen mit grausamer Fronterfahrung (Schlacht von Marignano, 1515) ein Dorn im Auge. Als er 1519 als „Dompfarrer“ an das Zürcher Münster kam, hat er ganz im Einvernehmen mit dem bereits weitgehend reformwilligen Rat der Stadt gegen das Reislaufen gepredigt und im ständigen Gespräch – Disputa-­‐ tionen – mit den Bewohnern von Stadt und Land bereits viele weitere Ver-­‐ änderungen angeregt (Schließung von Klöstern, Eheschließung von Pries-­‐ tern, „Fastenbruch“, Entfernung der Heiligenbilder....). Als Zürich daraufhin 1 „Ubi ergo cognoscitur Deus, etiam colitur humanitas“ Calvin, Auslegung zu Jer. 22, 16 1 auch das Reislaufen verboten hatte, hatte Zwingli alle Agenturen für die Vermittlung von Schweizer Söldnern gegen sich. Er schilderte deren Vertre-­‐ ter so: „Sie sind den Metzgern gleich, die das Vieh nach Konstanz treiben. Sie treiben das Vieh hinaus, nehmen das Geld dafür und kommen ohne das Vieh wieder heim“. – Durch das Verbot des Reislaufens wurden nun aber auch die vielen ehemaligen Söldner arbeitslos. Zwingli musste sie mit einem neuen protestantischen Arbeitsethos dazu bringen, zu Hause Felder zu bestellen und sich wirtschaftlich zu Hause zu engagieren. Zwingli sagte: „Die Arbeit ist ein gut göttlich Ding“, sodass „wer arbeitet, äußerlich Gott mehr gleicht als sonst irgend etwas in der Welt“. Und dieses zwinglianische Arbeitsethos nimmt Calvin in seinem Psalmenkommentar (zu Ps 30, 5) in seinen Worten auf: „Es gibt nichts, wodurch wir Gott mehr gleichen, als durch Wohltätigkeit.“ Aus diesen Anfängen einer „republikanischen Reformation“ entstand in Zü-­‐ rich ein neuer reformierter Stadtstaat, der dringend nach verbündeten Städten suchen musste.2 In Paris hatte sich 1533 der mit dem jungen Juristen Calvin befreundete Rektor der Universität, Nikolaus Cop, durch seine akademische Antrittsrede in Lebensgefahr gebracht. Er hatte eindeutig lutherische Töne angeschlagen („Gesetz und Evangelium“) und die gelehrten Theologen angegriffen „Die verdorbenen Sophisten streiten immer über Bagatellen; aber sie behandeln nie den Glauben, die Liebe Gottes und die guten Werke. Ich bitte Euch, die Ihr hier anwesend seid, diese Ketzereien, ja Gotteslästerungen, nicht länger gut-­‐ mütig zu ertragen.“3 Ein Sturm der Entrüstung brach los und Nicolaus Cop entkam den Häschern nur knapp. Und Calvin, der angeblich diese ketzeri-­‐ sche Rektoratsrede geschrieben hatte, musste ebenso aus Paris fliehen und landete auf diversen Irrwegen schließlich im Juli 1536 in Genf. – Genf hatte gerade 8 Jahre vorher nach langem Ringen die Herrschaft der Herzöge von Savoyen abgeschüttelt; und erst drei Jahre zuvor (1533) hat-­‐ ten die Genfer auch den kirchlichen Vertreter der alten Herrschaftsstruktu-­‐ ren, den Bischof Pierre de la Baume, aus der Stadt vertrieben; und im Janu-­‐ ar 1536 haben savoyischen Truppen die Stadt belagert, um die Bürger wie-­‐ der unter die alte Herrschaft zu zwingen. Da gründeten die Genfer mitten im Kampf ihre selbständige Stadtrepublik; auf ihrer eigenen neuen Münze hieß es: „Post tenebras lux: Nach der Finsternis das Licht“. Die Messe wurde abgeschafft, der evangelische Glaube wurde offiziell zur Religion der Stadt Genf erhoben. Aber niemand schien bis dahin in Genf genau zu wissen, was das denn war, „die evangelische Religion“. 2 S. Widmer, 1484-­‐ZWINGLI-­‐1984, hg. vom Kirchenrat der ev-­‐ref. Landeskirche des Kan-­‐ tons Zürich, TVZ 1984 3 Willem F. Dankbaar, Calvin. Sein Leben und sein Werk, Neukirchen 19662, S. 19 2 Da kam der durchreisende Calvin gerade recht. Ihm ging der Ruf eines juris-­‐ tischen und theologischen Gelehrten voraus: „Ihr seid der gegebene Mann, das Volk zu unterrichten und die Gemeinde zu organisieren.“ Calvin weigerte sich, dort zu bleiben, er müsse noch studieren. Da brüllt ihn der Genfer Ge-­‐ sprächspartner (Farel) an: „Du bist allein um deine Ruhe besorgt? Dann er-­‐ kläre ich dir im Namen des allmächtigen Gottes: Dein Studium ist ein Vor-­‐ wand! Wenn du dich weigerst, dich mit uns dieser Arbeit zu widmen, so soll dich Gott verfluchen; denn dann suchst du dich selbst und nicht Christus!“ – Calvin zittert und gibt der Stimme Gottes in diesen Worten nach und wird so zum Genfer Reformator. Seine erste große Arbeit ist organisatorischer Art. Er legt dem Rat der Stadt seine „Artikel, betreffend die Organisation der Kirche und des Gottesdienstes in Genf“4 vor. Darin wird jedem Bürger ein Bekenntnis abverlangt; andern-­‐ falls sollte er die Stadt verlassen, denn Gottes Ehre verlangt Ehrlichkeit und Ordnung unter seinen Menschen. Nun hat die reformierte Stadt Zürich eine große Verbündete in der reformierten Stadt Genf. Die beiden Säulen der Schweizer Reformation, die Städter Zwingli in Zürich und Calvin in Genf sind aus völlig anderem Holz geschnitzt als Luther. Lu-­‐ ther war Mönch, der aus innerem Antrieb zu Gott Zuflucht suchte und die äußere Ordnung den Fürsten überließ. Zwingli und Calvin kamen aus re-­‐ publikanischer Verpflichtung zur Reformation und haben bei der Gestal-­‐ tung der sozialen, politischen und kirchlichen Verhältnisse von Anfang an selber mit angepackt, ohne auf fürstliche oder kirchliche Obrigkeiten rech-­‐ nen zu können. – Dieser republikanische Geschmack hat die reformierte Theologie-­‐ und Kirchengeschichte immer mitbestimmt. Und dieser Ge-­‐ schmack hat die reformierte Theologie auch so attraktiv gemacht für viele Landesteile im Deutschland des 16. Jahrhunderts, in denen noch immer fürstliche und fürstbischöfliche Willkür herrschte, bzw. die sich von den starken Rekatholisierungswellen5 des 16. und des 17. Jahrhunderts be-­‐ droht fühlten. 2. Protestanten am Niederrhein Im 16. Jahrhundert bedrückte die „Gegenreformation“ ganz besonders die Gemeinden am Niederrhein, der mehr als andere Teile des Landes beeinflusst war vom Freiheitskampf der Niederländer (1568-1648) gegen den spanischen Herzog Alba. Zwar waren schon seit 1544 wallonische Flüchtlinge aus Frankreich nach Aachen, Köln und Wesel gekommen und 1553 hatten sich schon englische Protestanten vor den Verfolgungen der „bloody Mary“ nach Wesel geflüchtet, 4 Articles concernant l’organisation de l’Eglise et du Culte (16. 1. 1537) OS I, 369-­‐377 5 Seit etwa 1545 (Trienter Konzil) bis mindestens 1648 (Ende des 3ojährigen Krieges) 3 aber als Herzog Alba 1567 seine grausame Herrschaft über die Niederlande antrat, ergossen sich noch viel größere Flüchtlingsströme aus den Niederlanden an den Niederrhein. Sie waren reformierte „Lumpen“ (Geusen) und mussten lernen, sich in der mehr oder weniger feindlichen Umwelt von Katholiken und Lutheranern zu bewegen, und das heißt zumeist auch, sich zu verbergen. In Köln entstanden vor 1609 neben einer lutherischen vier reformierte „heimliche Gemeinden“.6 Drei dieser heimlichen reformierten Gemeinden in Köln pflegten eine intensive regelmäßige Zusammenarbeit und waren streng darauf bedacht, „zur Ehre Gottes“ ein geordnetes Gemeindeleben und ein vorbildliches Privatleben der einzelnen Mitglieder zu gewährleisten. In beinahe jedem Protokoll der „Beikomste“, wie sie ihre gemeinsamen Sitzungen nannten, wird u. a. streng über das Tanzen einzelner Gemeindemitglieder geurteilt und Strafen werden angedroht oder ausgesprochen, um Besserung zu garantieren. Der noch heute gepflegte Geusenfriedhof 7 in Köln-Lindenthal ist ein stumm beredtes Zeugnis dieser reformierten Stadtgeschichte. Protestanten durften – ebenso wie Fremde und Verbrecher – bis in die Zeit der Franzosen (1829) nicht auf einem Kölner Friedhof bestattet werden, sondern sie mussten außerhalb auf freiem Feld begraben sein. Für sie hatte man schon im Mittelalter sog. Elendsfriedhöfe eingerichtet. Auf Drängen des päpstlichen Nuntius Franz von Vercely wurden aber selbst diese Elendsfriedhöfe für die toten Protestanten gesperrt. Da haben die drei heimlichen Gemeinden schließlich in den 70er Jahren gemeinsam draußen vor dem Weyertor einen Friedhof ausschließlich für Protestanten erbaut. Da damals in Köln die meisten reformierte Protestanten aus den Niederlanden waren, wurde der Friedhof bald „Geusenfriedhof“ (Lumpenfriedhof) genannt; und so heißt er bis heute. Die liegenden Grabsteine des Geusenfriedhofs sind als reformierte Grabsteine deutlich erkennbar; sie tragen zum Zeichen der reformierten Bilderfeindlichkeit keine Kreuze, nur den Namen und die Lebensdaten des Toten und ggfls. noch das Familienwappen, das allerdings zuweilen von Öllampen oder Fackeln, Sanduhr oder Totenkopf als Sinnbildern der Vergänglichkeit umgeben ist. Das eigentliche Kampfgebiet der Gegenreformation ist bis ca. 1600 der Niederrhein. Hierher dringen die spanischen Truppen aus den Niederlanden vor mit dem Ziel, den Protestantismus auszurotten. Hierher orientieren sich auch die Jesuiten8, deren „eigentlicher Beruf“ seit Gregor VIII. die Leitung der Gegenre 6 In Köln sind um diese Zeit 4 reformierte „Heimliche Gemeinden“ bekannt: zwei niederländische, eine deutsche und eine wallonische Gemeinde (die zweite niederländische, die niederländische Schifferge-­‐ meinde, kam allerdings erst später hinzu und sie hat offenbar die direkte Zusammenarbeit mit den refor-­‐ mierten Gemeinden Kölns nicht in gleicher Weise gepflegt wie die drei anderen Gemeinden; die Protokolle der drei heimlichen reformierten Gemeinden zu Köln 1602-­‐1621 berichten nur von der engen Kooperati-­‐ on zwischen der hochdeutschen, der brabantischen und der walonischen Gemeinde, vgl. das Manuskript der Beikomst-­‐Protokolle, bearbeitet von Pfr. i. R. Rudolf Löhr, Köln 1973). 7 Der Friedhof wird erstmals im Jahr 1576 urkundlich erwähnt 8 Ordensgründung 1540 4 formation ist.9 Und es gelingt ihnen an verschiedenen Orten, die protestantischen Gemeinden wieder in den Untergrund zu drängen. Diese werden, wie sie sich selbst nennen, zu „Gemeinden unter dem Kreuz“; und viele entwickeln dabei einen trotzigen Stolz auf ihr reformatorisches Erbe. Ein Kirchensiegel von 1611 trägt die Inschrift „“coepi, succubi, surrexi“ (ich habe angefangen, bin untergegangen und wieder auferstanden).10 Die reformierte Gemeinde Kaldenkirchen ist ein exemplarischer Fall für die „Gemeinden unter dem Kreuz“11. Sie konnte die ersten etwa 100 Jahre nur existieren, weil niederländische Gemeinden aus dem nahegelegenen Maas-Raum zwischen Venlo und Roermond sie personell und finanziell kräftig unterstützten. Die Predigtsprache war in Kaldenkirchen – wie in anderen reformierten Gemeinden am Niederrhein (z. B. Goch) – offenbar holländisch; die Architektur der reformierten (Hof-) Kirchen12 war holländisch und das Gemeindeleben war jahrzehntelang auch geprägt von den holländischen Flüchtlingen, die hier „unter dem Kreuz“ eine prekäre Zuflucht vor den spanischen Truppen fanden. Die Reformierten waren ein Fremdkörper am Niederrhein. Die Protokollbücher berichten von Angriffen auf die Gottesdienstbesucher, die mit Schmutz und Steinen beworfen wurden, von Benachteiligungen vor Gericht und von Zerstörung ihrer Kirchen.13 Die reformierten Gemeinden in unserem Land haben aus dieser geschichtlichen Erfahrung heraus oft einen kämpferischen und zuweilen etwas störrischen Geist entwickelt. 3. Reformiertes Kirchenverständnis: streng und zugleich pragmatisch Aus der Schweizer Erfahrung hatten die Reformierten von Anfang an gelernt, jede Ortsgemeinde weitestgehend selbständig zu organisieren. Maßgebliche Gemeindeleitung ist das örtliche Presbyterium, dem keine höhere kirchliche Autorität übergeordnet ist. Eine hierarchisch aufgebaute Kirche, die etwa auf einen Bischof oder gar einen Fürsten angewiesen wäre, wäre viel zu anfällig für menschliche Schwächen und für organisatorische Gegenmaßnahmen. Die dezentrale, presbyteriale Struktur erlaubt keinem Einzelnen, sich zum Meister über die anderen aufzuschwingen, und sie verhindert den Zugriff auf die ganze Kirche über irgendeine alles bestimmende zentrale Behörde oder Person. 9 Müller, KG II, 2, S. 276 10 Siegel der Gemeinde Münstereifel, Rosenkranz, Abriss, S. 32 11 „Das Ehrenprädikat ‚Gemeinde unter dem Kreuz’ ist in Kaldenkirchen in besonders hohem Grade ange-­‐ bracht“, Leo Peters, Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes, 1970, S. 133 12 Diese Kirchen wurden besonders unauffällig mit (Hinter-­‐) Höfen in die Häuserzeilen eingereiht; sie hatten keinen Turm, um die katholische Nachbarschaft nicht zu provozieren. Ein Beispiel ist die Kal-­‐ denkirchener reformierte Kirche, die heute allerdings mit Turm und Glasfenstern und einem Altartisch statt des ursprünglich Abendmahlstisches verändert ist. 13 Leo Peters, „Gemeinde unter dem Kreuz“ und „terra hospitalis“, in: Monatshefte für Evangelische Kir-­‐ chengeschichte des Rheinlandes, 1970, S-­‐128-­‐143 5 Bereits auf ihrem „Weseler Konvent“ vom 3. 11. 1568 hatten die drei Flüchtlingsgruppen aus Wesel, Emden und London darüber beraten, wie sie die presbyteriale Ordnung für ihren Gemeindeaufbau in Deutschland nutzen könnten. Und bereits die erste reformierte Synode, d. i. die beratende Versammlung gleichberechtigter presbyteriale Gemeindevertretungen, in Bedburg vom 3. 7. 1571 schuf sich ein Ordnungsprinzip für die reformierten Gemeinden in Deutschland und teilte die deutsche Provinz in vier „Klassen“14 auf: Pfalz, Emden, Köln und Wesel. – Aus dieser reformierten Grundstruktur von lokaler Gemeinde/Presbyterium – über die Klasse / Kreissynode – zur Provinzialsynode / Landeskirche ist die in unserer EKiR heute geltende presbyterial-synodale Kirchenordnung entstanden. Ihr Grundprinzip ist die Annahme, dass die Ortsgemeinde mit ihrem Presbyterium bereits ganz und gar Kirche ist und vom Grundsatz her keiner weiteren Hierarchie (Bischof, Kurie, Papst) bedarf. Von hier aus ist unschwer zu verstehen, warum der Kern des kirchlichen Widerstands im „Dritten Reich“ gerade im reformierten Barmen-Gemarke entstehen konnte, und warum die reformierte Kirche bis heute die einzige deutsche Kirche ist, die neben den klassischen altkirchlichen und den späteren reformierten Bekenntnissen auch die Barmer Erklärung von 1934 ohne jede Einschränkung als eine ihrer Bekenntnisschriften anerkennt15. – Die EKiR dagegen konnte sich in ihrer KO nur dazu durchringen, zu formulieren: „Sie bejaht die Theologische Erklärung der Deutschen Evangelischen Kirche von Barmen als eine schriftgemäße, für den Dienst der Kirche verbindliche Bezeugung des Evangeliums“.16 Zum reformierten Pragmatismus gehört auch die Fähigkeit der einzelnen Gemeinden, ggfls. überlebensnotwendige Kompromisse einzugehen, ohne die eigene Substanz aufzugeben. So haben die Gemeinden Duisburg, Wesel und Goch z. B. auf das ambivalente Verbot des reformierten Gottesdienstes durch die klevische Regierung in der Kirchenordnung des Herzogs Johann von Jülich-KleveBerg vom 11. 1. 1532 damit geantwortet, dass sie die Messe beibehielten, aber einen evangelischen Predigtgottesdienst anfügten und es dem Einzelnen dann überließen, ob er oder sie an beidem oder nur an einem von beidem teilnehmen wollten.17 4. Reformierter Gemeindeaufbau und reformierte Disziplin 14 franz. „Colloques“ = Kolloquien, Podiumsgespräche. Bis heute sprechen die reformierten Gemeinden von „Klassen“, wo die rheinische KO von „Synoden“ spricht. 15 Kirchenverfassung der Evangelisch-reformierten Kirche, I, §1, Abs. (4): (4) Als Urkunden des Bekenntnisstandes der Evangelisch-reformierten Kirche gelten die altkirchlichen Bekenntnisse (Apostolicum, NicaenoConstantinopolitanum, Athanasianum), der Heidelberger Katechismus und die Theologische Erklärung von Barmen vom 31. Mai 1934. In diesen Bekenntnisschriften sieht die Evangelisch-reformierte Kirche – vorbehaltlich weiterführender schriftgemäßer Glaubenserkenntnis - maßgebliche Zeugnisse für ihre kirchliche Verantwortung. 16 Grundartikel I, Abs. 6 17 Rosenkranz, S. 12 und S. 29 und Ev. Kirchenkreis Niederberg, Hg., 400 Jahre Bergische Synode, 1989, S. 21. 6 Calvin hatte in Genf vier gleichberechtigte Ämter der Gemeinden eingerichtet: Pastor, Doktor, Ältester/Presbyter und Diakon entsprechend den vier wichtigsten Funktionen in der Kirche: Predigt, Lehre/Schule, Leitung und Diakonie. Alle vier gleich wichtigen Aufgaben sollen von jeder reformierten Gemeinde an jedem Ort erfüllt werden. So sollte zugleich die Kirche reformiert und das Leben aller einzelnen Mitglieder erneuert werden (reformatio doctrinae et reformatio vitae: Reformation der Lehre und des Lebens), damit Gottes Ehre sich gleicherweise am Äußeren wie am Inneren des kirchlichen Lebens ablesen lasse. Mit dieser geregelten Gemeindeleitung wurde nun das kirchliche Leben in ein strenges disziplinarisches Korsett gefügt, das – da ortsnah installiert – überall auch im täglichen Leben des Einzelnen zu spüren war. Die Protokolle der drei reformierten Gemeinden in Köln zeigen, dass nahezu jede Sitzung des Beikomst auch mit disziplinarischen Fragen befasst war (vor allem die Teilnahme an öffentlichen Festen und an Tanzveranstaltungen wurde immer wieder gerügt). Aber ebenso gehörten die Fragen nach der regelmäßigen Predigt, dem Unterricht und der Wohltätigkeit zu jeder Sitzung. Calvins vier kirchliche Ämter wurden so zum Maßstab der alltäglichen Gemeindepraxis. Die Bedeutung des Schulwesens in jeder reformierten Gemeinde spiegelt sich bis heute in jener schweizerischen Redensart: Wenn du ein Dorf siehst, wo die Kirche alles dominiert, so weißt du, es ist ein katholisches Dorf; wenn aber die Schule das größte Gebäude ist, so kannst du sicher sein, es ist ein reformiertes Dorf. – Noch deutlicher kennzeichnet der Kirchhof der Reformierten die Unterschiede: „Das merkwürdigste Bild ... zeigen die Kirchhöfe der weiland rein reformierten Dörfer... Ergreifend spricht zu uns die Armut der Lebenden und das Vergessensein der Toten. Wenn es hoch kommt, steht ein kleines, aus zwei Latten zusammengefügtes Kreuz in der Naturfarbe des Tannenholzes auf dem Grabhügel. Häufig ist nur der Name des Verstorbenen darauf zu lesen, öfter nur die Anfangsbuchstaben und noch öfter gar nichts.“ – Calvin wollte über seinem Grab weder Gebete noch Gesänge, weder Predigt noch Grabstein haben; und den Pastoren war es nach Calvin sogar verboten, sich an einer Bestattung auch nur zu beteiligen.18 18 W. H. Riehl, hier zit. nach: A. Reiss/S. Witt, Hg., Calvinismus. Die Reformierten in Deutschland und Euro-­‐ pa, Dresden 2009, S. 362 7 19 19 Der völlig schmuck-­‐ und symbolfreie Grabstein des reformierten Theologen Karl Barth auf dem Baseler Friedhof am Hörnli 8 Zur Erneuerung des Lebens gehört natürlich auch ein Blick auf den Hof und hinter die Gardinen. Simon Schama hat in seinem Buch „Überfluss und schöner Schein. Zur Kultur der Niederlande im Goldenen Zeitalter, München 1988“ ein eigenes Kapitel überschrieben mit „Sauberkeit und Frömmigkeit“. Darin zeigt er, wie Staubwedel und Kehrbesen geradezu semi-religiöse Symbole geworden sind. In schwäbischen Orten mit reformiert-pietistischen Gemeinden gab es die Einrichtung einer „moralischen Kehrwoche“; hier schienen die sauberen Gassen mit der sauberen Gesinnung der Anwohner zu korrespondieren. Und am Niederrhein soll der Blick auf den Misthaufen angeblich schon Auskunft gegeben haben über die Konfession des Bauern. Um alles Ausschweifende im Gemeindeleben zu unterbinden, hat Zwingli sogar die Orgeln aus der Kirche verbannt. Sie galten ihm als „des Tüfels Sackpfyffen“. Und im Gottesdienst übte man nur noch den Psalmengesang. Das ging so weit, dass die Reformierten gar keine anderen als die Psalmengesänge mehr kannten, sodass die „zürcherischen Bauern in der französischen Revolution unter den Freiheitsbäumen, die den Kult der Vernunft verkündeten“, Psalmenlieder sangen, weil sie nichts anderes mehr singen konnten20. Dass man in Nordwestdeutschland sagt „Frisia non cantat“ ist neben möglichen Mentalitätsmerkmalen sicher auch diesem reformierten Einfluss zu verdanken. In gewisser Weise ist es der reformierten Gemeinde mit ihrer Kirchendisziplin gelungen, viele Menschen bis ins Unterbewusste hinein zu prägen. Diese tiefe Prägung zeigt sich immer dann besonders auffällig, wenn eine andere religiöse Prägung auf reformierte Tradition trifft. Noch vor einigen Jahren geschah es im bergischen Land, dass ein neuer Pfarrer die Konfirmanden beim ersten Abendmahl knien lassen wollte. Daraufhin haben die reformiert geprägten Eltern die Konfirmation ihrer Kinder schlicht verweigert.21 In einer anderen reformiert geprägten rheinischen Gemeinde im hessischen Kreis Wetzlar trat ein lutherisch geprägter Pfarrer seinen Dienst an. Seine Frau fand die schmucklose Kirche zu traurig und schenkte der Gemeinde gleich am Anfang ein Fenster mit dem Bild des guten Hirten. Daraufhin entschied das Presbyterium: „Dann gehen wir nicht mehr zum Gottesdienst!“ Ähnlich erging es einem lutherischen Pfarrer, der sich ein abgestuftes „Kultivierungsprogramm“ für die reformierten Gemeindeglieder erdacht hatte: zunächst stellte er zwei Kerzen neben der Bibel auf den Altar; in der zweiten Stufe installierte er ein Kreuz mit dem Crucifixus in der Kirche; die letzte Eskalation war die Einführung von Rotwein beim Abendmahl. Die Reaktion der reformierten Gemeinde war ebenso eindeutig wie schroff: „So nicht!“ „Mit diesem Pastor nicht mehr!“ 20 ebd. S. 363 21 ebd. S. 358 9 Die reformierte Gemeindepraxis konnte tatsächlich auch zu einer reformierten Prägung des Einzelnen bis auf die seelische Ebene seiner spontanen Reaktionen führen. 5. Reformierte Theologie Diese z. T. äußerst rigide Disziplin der Reformierten hängt an dem Gedanken, dass alles, was wir tun, zur alleinigen Ehre Gottes geschehen soll; damit wird jede menschliche Fehlleistung zugleich ein Angriff auf die Ehre Gottes und wird entsprechend radikaler sanktioniert. Diese reformierte Strenge im alltäglichen Leben steht in einer merkwürdigen Spannung zur theologischen Systematik der Freiheit, die ein völlig anderes Alltagsbild erwarten lassen könnte. Die reformierte Theologie ist ja ein großartiger Entwurf der menschlichen Freiheit. Vergleichen wir allein den kleinen Katechismus Luthers (LK) mit dem Heidelberger Katechismus der Reformierten (HK). Während Luther so beginnt: „Das erste Hauptstück: Die Zehn Gebote. Das erste Gebot. Ich bin der Herr, dein Gott; du sollst nicht andere Götter haben neben mir“22, heißt die erste Frage im HK, die dann die ganze restliche Systematik des HK überstrahlt: „Was ist dein einiger Trost im Leben und im Sterben? – Dass ich mit Leib und Seele, beides, im Leben und im Sterben, nicht mein sondern meines Heilands Jesu Christi eigen bin ...“ Hier wird also offenbar mit besonderem Akzent die klassische lutherische Reihenfolge von „Gesetz und Evangelium“ ausdrücklich umgekehrt, indem über allem, auch über den Geboten, das Votum der Befreiung des Menschen aus aller Trostlosigkeit und Furchtsamkeit strahlt; die Reihenfolge heißt also umgekehrt: „Evangelium und Gesetz“. Und das Leben beginnt nicht mit der planmäßigen Erniedrigung des Menschen durch das Gesetz23, sondern mit der planmäßigen Befreiung von jeder Furcht. Und dieser Befreiung folgt dann erst die Befolgung der Gebote als Ausdruck für „Des Menschen Dankbarkeit“ (HK 3. Hauptteil), nicht etwa als Ergebnis seiner vorherigen Demütigung durch „mosaische“ Vorschriften. Zu dieser Umkehrung der Reihenfolge kommt die völlig andere Gewichtung des sog. Alten Testaments. Mit dem NT ist das AT bei Luther zumindest abgewertet: „Darumb / wo nu Christus kompt / da höret das Gesetz auff ... / So hören auch die Zehen gebot auff ... / Moses ampt höret drinnen auff...“24 Und Luther übersetzt konsequent einlinig: „Christus ist des Gesetzes Ende“ (Röm. 10, 4), 22 Der Aufbau des LK: Das erste Hauptstück: Die Zehn Gebote – Das zweite Hauptstück: Der Glaube (Das Glaubensbekenntnis) – Das dritte Hauptstück: Das Vaterunser – Das vierte Hauptstück: Das Sakrament der heiligen Taufe – Das fünfte Hauptstück: Das Sakrament des Altars oder das heilige Abendmahl 23 „...lex solum posita est...ut per peccatum revelatum humiliaret et ad Christum urgeret“ (das Gesetz ist nur dazu gegeben..., dass es durch das Aufdecken der Sünde (den Menschen) erniedrigt), Luther WA II, 528, 1ff 24 Luther Vorrede zum Alten Testament, Biblia / das ist / die gantze Heilige Schrifft Deudsch, AD XXXIIII, 10 wo im griechischen Text des Paulus steht „τελος γαρ νοµου Χριστος“25. Der Sinn des AT erschöpft sich bei Luther einzig darin, „allein sunde erkennen und nach Christo seuffzen, welchs auch das eigentlich ampt Mose und des Gesetzes art ist.“ Dagegen wird im reformierten HK die Taufe mit positivem Rückbezug auf die Hebräische Bibel ganz analog zur Beschneidung, „an welcher Statt im Neuen Testament die Taufe ist eingesetzt“ (HK, Fr. 74) verstanden. Sie ist nach reformiertem Verständnis das Bundeszeichen, durch welches wir neben den “Alten“, das sind die Juden, „in den Bund Gottes und seine Gemeinde gehören“. Das heißt, dass die reformierte Theologie schon im 16. Jahrhundert das Verhältnis von Christen und Juden ganz anders beschreibt als große Teile der lutherischen Tradition. Auch im Verständnis des Abendmahls setzt der HK eigene Akzente. Während LK sofort mit absoluten Ist-Sätzen beginnt: „Das fünfte Hauptstück: Das Sakrament des Altars oder das heilige Abendmahl. ... Es ist der wahre Leib und Blut unseres Herrn Jesu Christi, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken ... eingesetzt“, eröffnet der HK Mit der Frage: „Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und versichert ...?“ Der HK lässt zwischen dem Verständnis einer „manducatio oralis“ (physischen Aufnahme von Leib und Blut Christi) und dem einer „manducatio spiritualis“ (spirituellen Aufnahme von Leib und Blut Christi) einen Interpretationsspielraum, den der LK auf jeden Fall ausschließen will. 6. „Reformierte Politik“ In der reformierten Theologie spielt seit Zwingli der Gedanke des Bundes, den Gott zuerst Israel und dann auch allen Menschen anbietet, eine besondere Rolle. Das spiegelt sich auch in den Fragen 54 und 74 des HK wider.26 Damit bekommt reformierte Theologie von Anfang an einen universalen Zug. Von Anfang an ist die gesamte Menschheit über alle ethnischen, konfessionellen und biologischen Grenzen hinweg avisiert. Die sog. Föderaltheologie zielt auf eine Kirchen- und Weltgeschichte, in der wir uns dem Reich Gottes in der einen Welt durch eine immer weiter ausgeführte Bundesgeschichte annähern können. „Die Begründung der Staatsgewalt aus dem Bund der freien Bürger sieht im Gemeinwesen eine geschaffene Anlage der Menschen und eine Vorwegnahme der ‚himmlischen Bürgerschaft’ im Reiche Gottes.“27 – Mit der Auswanderung der 25 „telos gar nomou Christos“. Telos heißt aber ebenso „Ziel, Erfüllung, Vollendung“. Und die reformierte Zürcher Übersetzung sagt darum sehr viel sensibler: „Ziel (Hervorhebung:mm) und Ende des Gesetzes nämlich ist Christus“. Mit gleichem Recht ließe sich aber auch einfach übersetzen: „Ziel des Gesetzes ist Christus“. 26 Fr. 54: „Was glaubst du von der heiligen allgemeinen christlichen Kirche?“ – Fr. 74: „Soll man die jungen Kinder taufen?“ -­‐ Vgl. Karl Barth KD IV,1, S. 57-­‐70 27 Jürgen Moltmann, Covenant oder Leviathan?, in: J.M., Gott im Projekt der modernen Welt, Gütersloh 1997, S. 43 11 britischen Puritaner nach Amerika gelangte der reformierte Bundesgedanke in die amerikanische Revolution und imprägnierte damit die westlichen Demokratien der Neuzeit. „Demokratie hat keine Monumente. Sie prägt keine Medaillen. Sie trägt nicht das Haupt eines Mannes auf ihren Münzen. Ihr wahres Wesen ist der Bildersturm“. 28 Die reformierte Bundestheologie ist einer der Paten der neuzeitlichen Demokratie. Reformierte Impulse stehen auch am Anfang der ökumenischen Entwicklung. Der älteste organisierte christliche Weltbund ist der 1875 gegründete Reformierte Weltbund (RWB), der 1877 seine erste Vollversammlung in Edinburgh hielt und der 1948 wegen der Konstitution des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) nach Genf verlegt wurde. 1951 formuliert der Weltbund sein Selbstverständnis im Blick auf die Ökumene: „Die reformierte Tradition ... ist ... ihrem Wesen nach ökumenisch, d. h. sie ist dem Streben nach christlicher Einheit ... verpflichtet.“29 Dem RWB verdankt der ÖRK seit seiner Gründung starke Impulse. Zur „Politik der Reformierten“ gehört bei uns auch das hervorragende Engagement gegen die atomarer Rüstung in den 70 und 80er Jahren. Das Moderamen des RB hat 1982 mit seiner Erklärung „Das Bekenntnis zu Jesus Christus und die Friedensverantwortung der Kirche“ den Widerstand gegen den atomaren Rüstungswettlauf entscheidend mit beeinflusst.30 Im gleichen Jahr beginnt mit der Weltversammlung des ÖRK in Vancouver der Konziliare Prozess Gestalt anzunehmen. Die Idee von weltweiten Bundesschlüssen und Netzwerkbildungen zum Erreichen bestimmter universaler Veränderungen wird darin immer weiter entwickelt. Ging es anfangs um die Frage der atomaren Bedrohung, kamen später weitere weltbedrohliche Aspekte hinzu. Der Konziliare Prozess für „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ versuchte die für die ganze Menschheit zukunftsrelevanten Themen zu bündeln. Das Ende des südafrikanischen Apartheidsregimes ist durch den Konziliaren Prozess auf jeden Fall beschleunigt worden. In Deutschland sind all diese Impulse gar nicht zu trennen von den Ereignissen und Erkenntnissen, die sich um die Entstehung der Barmer Erklärung von 1934 (BE) drehen. Sie ist sozusagen der gedankliche, wenn auch nicht von allen anerkannt verbindliche, Referenzpunkt für alle politischen Stellungnahmen der evangelischen Kirchen in Deutschland nach dem „Dritten Reich“ geworden. Die BE ist im Mai 1934 auf der Grundlage einer im Januar 1934 von der reformier 28 John Quincy Adams, 4. Präsident der USA, hier zit. nach Moltmann, ebd., S. 48 29 Harold E. Fey, Konfessionelle Weltbünde und ökumenische Bewegung, in: H. E. Fey, Hg., Geschichte der ökumenischen Bewegung 1948-­‐1968, Theologie der Ökumene, Bd. 13, Göttingen 1974, S. 188 30 R. Wischnath, Das Christusbekenntnis und die Stellung der Christen zu den Massenvernichtungsmitteln. Zur Auseinandersetzung um die Erklärung des Moderamens des Reformierten Bundes, Beih. Zu Heft 7/Juli 1983 der „Junge Kirche“ 12 ten Synode in Barmen beschlossenen Erklärung entstanden. Ihr federführender Autor ist der reformierte Theologe Karl Barth. – Die BE verbindet wesentliche Elemente der reformierten Tradition: • Kritische Konzentration auf das allein verbindlich Wort der Bibel • Gedankliche Ausrichtung aller Aussagen am Kriterium der Ehre Gottes • Zurückweisung jeder hierarchischen Bevormundung der (und in der) Kirche • Bewährung der so gewonnenen Freiheit in direkter politischer Stellungnahme, wo es um die Bedrohung des Menschen und der Humanität geht. So ist die BE zu einer Station der Freiheit geworden, die uns allen aufgegeben ist als ein Weg, auf dem Gotteserkenntnis und Menschenliebe auf einander verweisen wie Systole und Diastole, die beiden Phasen unserer Herztätigkeit. 13