STRATEGIE UND MANAGEMENT SCHAFFUNG VON MEHRWERT Den Planungsprozess objektivieren Im Planungs- und Budgetierungsprozess muss die Bankführung konkrete finanzielle Zielsetzungen auf Gruppen- und auf Geschäftsbereichsebene vorgeben. Dieser Zielsetzungsprozess ist oft durch subjektive Wahrnehmungen und ineffiziente Aushandlungsprozeduren bestimmt. THOMAS VETTIGER UND CHRISTIAN HIRZEL In einer finanzwirtschaftlichen Optik bedeutet Wertschaffung, für den Eigentümer eine risikogerechte Rendite zu erwirtschaften. Unabhängig davon, ob eine Bank an der Börse kotiert ist oder nicht, bildet der Marktwert des Instituts den Ausgangspunkt eines auf die Wertschaffung ausgerichteten Zielsetzungsprozesses. Bei börsenkotierten Gesellschaften ergibt sich der Marktwert des Eigenkapitals aus der Börsenkapitalisierung, wobei es diese Bewertungen genau zu analysieren und zu beurteilen gilt. Obschon verschiedenste Untersuchungen zeigen, tierten Planungsprozess Objektivität und Realismus zu bewahren. Hat man einen nachhaltigen Wert für die Bank identifiziert, ist dieser genauer zu analysieren. Der Marktwert eines Unternehmens kann in zwei grundsätzliche Komponenten unterteilt werden: 1. Wertanteil, welcher den Barwert der aktuellen Performance widerspiegelt. 2. Wertanteil, welcher den Barwert der künftigen Performanceverbesserungen reflektiert. Abb. 1. Value Map und Performance-Analyse in der Bankbranche (Durchschnitt 2000 bis 2004). 2.0 Der Wertanteil aus der aktuellen Performance repräsentiert den Wert M/B = 3.0 M/B = 2.0 Sarasin Julius Bär Vontobel 1.5 1 2 Credit Suisse 1.0 M/B = 1.0 GRKB DB 0.5 0.0 Morgan Stanley BLKB JPM VPB ML Zuger KB Bank Coop 3 Citigroup UBS LBB BSKB Goldman Sachs LUKB Valiant Lehmann Brothers 4 Bear Steams -0.5 Danske Bank Dr. Thomas Vettiger Managing Partner bei IFBC, Christian Hirzel, ist Manager bei IFBC. 28 NOVEMBER 2006 | SCHWEIZER Bank Quelle: IFBC, Datengrundlage Bloomberg Den Marktwert der Bank ermitteln und verstehen dass die Wertbildung an der Börse mittelfristig effizient ist, können in der kürzeren Frist doch Unter- und Überbewertungen im Vergleich zum intrinsischen Wert eines Unternehmens auftreten. Und gerade weil die Börse von Zeit zu Zeit Bewertungsdifferenzen offenbart, ist die intensive Auseinandersetzung mit dem Marktwert des Unternehmens eine zwingende Voraussetzung, um im wertorien- Wachstumserwartungen D ie Schaffung von Mehrwert für die Eigentümer muss oberstes Ziel eines Planungsund Budgetierungsprozesses sein. Werden in einer Bank wertschaffende Ziele definiert und in ihrer Höhe konkret bestimmt, lassen sich Objektivität, Effizienz und Effektivität von Planung und Budgetierung wirkungsvoll steigern. Die häufig den Planungsprozess dominierenden subjektiven Wahrnehmungen und Aushandlungsprozesse auf Gruppen- und Geschäftsbereichsebene büssen so an Bedeutung ein. -1.0 0.0 0.5 1.0 1.5 Derzeitige Performance 2.0 ABN Amro 2.5 3.0 STRATEGIE UND MANAGEMENT Das klare, statistische Ziel einer angemessenen Rendite für die Eigentümer verkürzt das Feilschen im Planungs- und Budgetierungsprozess. der Bank unter der Voraussetzung, dass die aktuelle Performance auch künftig erreicht werden kann. Im Sinne eines Ertragswertes wird folglich die aktuelle Performance kapitalisiert. Der Wertanteil der künftig erwarteten Performanceverbesserungen ergibt sich aus der Differenz zwischen dem nachhaltigen Marktwert und dem Wertanteil aus der aktuellen Performance. Er beschreibt den Mehrwert, den die Kapitalgeber für künftige Performanceverbesserungen zu zahlen bereit sind. Je grösser der Anteil dieser Wertkomponente am gesamten Markt- wert ausfällt, desto höher sind folglich die Erwartungen der Investoren an künftige Performancesteigerungen. Diese Aufteilung des Marktwertes ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Aber auch zwischen Unternehmen derselben Branche können erhebliche Differenzen auftreten, wie Abbildung 1 anhand ausgewählter Banken verdeutlicht. Dabei ist vor allem der Vergleich mit Banken aus ähnlichen Abb. 2: Kapitalmarktorientierte Economic-Profit-Ziele als Basis für Wertschaffung. Erwartungslücke vs. Total Shareholder Return Quelle: IFBC, Datengrundlage Bloomberg 140% 120% 100% Total Shareholder Return 80% 60% 40% 20% 0% Geschäftsbereichen (Private Banking, Investment Banking, Retail Banking, Universal Banking) von Interesse.1 Institute in Quadrant 1 zeichnen sich durch ein hohes aktuelles Performanceniveau und gleichzeitig hohe Erwartungen an die Performanceverbesserung aus. Sie verfügen über ein vergleichsweise hohes Markt-Buchwert-Verhältnis und sind auf der Ebene der betrieblichen Performance oft besser als ihre Vergleichsunternehmen. Banken in Quadrant 2 sehen sich vor allem mit hohen Erwartungen an die nachhaltige Performanceverbesserung konfrontiert. Diese Position ist mit gewissen Risiken behaftet, stellt sich doch in diesem Fall die Frage, wie lange der Markt die vergleichsweise tiefe aktuelle Performance akzeptiert. Ambitionierte, wertschaffende Zielsetzungen sind hier besonders notwendig zur Vermeidung einer baldigen negativen Kurskorrektur. Unternehmen in Quadrant 3 verfügen über eine unterdurchschnittliche betriebliche Performance. Gleichzeitig attestieren die Investoren diesen Instituten nur geringe Performanceverbesserungen in der Zukunft. Banken in Quadrant 4 sind durch ein hohes Performanceniveau, welches das oft hohe Markt-BuchwertVerhältnis bestimmt, charakterisiert. Im Vergleich zu anderen Banken werden von diesen Instituten geringere Performanceverbesserungen erwartet, verfügen sie doch bereits heute über ein entsprechend hohes Niveau. Wie in Abbildung 1 gezeigt, sind die Erwartungen an die künftige Performance einer Bank abhängig von der Zusammensetzung des Marktwertes. Um Wert zu schaffen, müssen folglich Institute mit hohen Erwartungen an das Performancewachstum ambitioniertere Ziele definieren als diejenigen Banken, welche bereits eine hohe betrieb- (20%) 1 (40%) 60%) (150%) (100%) (50%) 0% 50% 100% Erwartungslücke (Expectations Gap) 150% 200% Die vorgenommene Quadrantenbildung repräsentiert den Durchschnitt der Wachstumserwartungen bzw. der gegenwärtigen Performance der betrachteten Institute. SCHWEIZER Bank | NOVEMBER 2006 29 STRATEGIE UND MANAGEMENT liche Performance erreichen. Mit dem dargestellten Vorgehen zur Analyse des Unternehmenswertes lassen sich wertvolle Erkenntnisse für die wertorientierte Planung und Budgetierung gewinnen. Objektive Bestimmung wertorientierter Ziele Die Literatur zu möglichen betrieblichen Führungsgrössen ist vielfältig. Einigkeit besteht heute darüber, dass sich auf der Ebene der Gesamtbank oder einzelner Geschäftsbereiche das Economic-Profit-Konzept als wertorientierte Grösse besonders eignet. Der Economic Profit entspricht dem operativen Gewinn nach Abzug der Kosten für das investierte Kapital. Die Zusammensetzung des Marktwertes kann folglich auch über den Economic Profit einer Bank definiert werden. Der kapitalisierte Economic Profit zuzüglich das investierte Kapital entsprechen dem Heute besteht in der Literatur weit gehende Einigkeit darüber, dass sich das Economic-ProfitKonzept (operativer Gewinn minus Kosten für das investierte Kapital) als wertorientierte Grösse besonders eignet. Wertanteil der aktuellen Performance, und die Erwartungen an die Performancesteigerungen lassen sich als Barwert der künftigen EconomicProfit-Verbesserungen definieren. Welche Bedeutung hat dieser Zusammenhang nun für die Definition wertschaffender Zielsetzungen? Die Investoren haben Anrecht auf eine risikogerechte Rendite in der Höhe der Kapitalkosten. Damit der Unternehmenswert mindestens um diese risikogerechten Kapitalkosten ansteigt (dividendenadjustiert), muss der aktuelle Economic Profit auch im nächsten Jahr erwirtschaftet werden können. Zusätzlich sind die erwarteten Economic-Profit-Steigerungen objektiv vom Marktwert abzuleiten, wobei es zu berücksichtigen gilt, dass der Wertanteil der Wachstumserwartungen am Unternehmenswert nicht konstant bleiben muss. Die Frage zu der aktuellen Höhe und Benchmarkinganalysen sind detailliert zu verifizieren. Die im Unternehmenswert enthaltenen Informationen zur aktuellen und erwarteten Performance erlauben es der Bankführung, wertschaffende Zielsetzungen für die Gesamtbank und die Geschäftsbereiche vergleichsweise objektiv herzuleiten. Diese Economic-Profitbzw. Delta-Economic-Profit-Ziele STRATEGIE UND MANAGEMENT können in bereichsspezifische Werttreiber-Zielsetzungen überführt und damit weiter konkretisiert werden. So wird die stufengerechte Umsetzung einer wertorientierten Bankführung sichergestellt. Dass es sich hierbei um ein Konzept mit hoher empirischer Aussagekraft handelt, verdeutlicht Abbildung 2. Sie zeigt den direkten Zusammenhang zwischen dem Überoder Untertreffen der Erwartungen an den Economic Profit und der Entwicklung des Aktienkurses auf. Für den Zeitraum von 2000 bis 2004 wurden national und international tätige Bankinstitute aus verschiedenen Bereichen (Private, Retail, Investment und Universal Banking) untersucht. Für die einzelnen Unternehmen wurden die jährlichen Differenzen zwischen dem effektiv erreichten und dem erwarteten Economic Profit ermittelt. Diese Differenz wird als Erwartungslücke (Expectations Gap) ausgedrückt, wobei eine positive Lücke ein Übertreffen der Erwartungen und eine negative ein Unterschreiten der Erwartungen darstellt. Das Erfüllen bzw. Verfehlen der Erwartungen ist kursrelvant Die Gegenüberstellung von Expectations Gap und Aktienkursentwicklung (inklusive Dividendenzahlungen) zeigt einen hohen statistischen Zusammenhang. Damit wird deutlich, dass ein Erfüllen bzw. Verfehlen der objektiv hergeleiteten Erwartungen an die betriebliche Performance einen direkten Zusammenhang mit der Aktienkursentwicklung aufweist. Die Integration der objektiven und unabhängigen Kapitalmarkterwartungen in den bankbetrieblichen Planungsprozess scheint daher nicht nur möglich, sondern auch notwendig. Diese Forderung gilt nicht nur für die Gesamtbank, sondern auch für deren Geschäftsbereiche. – Insgesamt lässt sich feststellen, dass Benchmarkvergleiche und statistische Verfahren zur Analyse des Marktwertes gut einsetzbar sind. Die im Marktwert enthaltenen Informationen zur aktuellen Performance und zur erwarteten Performancesteigerung ermöglichen der Bankführung eine stark objektivierte Herleitung wertschaffender Zielsetzungen für die Gesamtbank und ihre Geschäftsbereiche. Diese Zielsetzungen können als Economic-Profit-Grössen ausgedrückt und konsistent auf die geschäftsbereichsspezifischen Werttreiber heruntergebrochen werden. So erhalten Verwaltungsrat und Geschäftsleitung ein Führungsinstrument, welches ihre Zielvorgaben in Verbindung zum Aktienkurs bringt und den bisherigen Aushandlungsmechanismus durch einen objektiveren, effizienteren Prozess ersetzt.