-1- Outsourcing-Projekte erfolgreich managen – Senkung der Logistikkosten durch Distributions-Outsourcing Dr. Frank Wißkirchen Erschienen in: Projektmanagement, 1/1995, S. 12-20 Inhalt: Distributions-Outsourcing und seine Ziele Vorbereitende Maßnahmen Konzeption des Distributions-Outsourcing Anforderung an den Externen Dienstleister Ermittlung der Kosten Realisierungsphasen beim Distributions-Outsourcing Effiziente Projektorganisation -2Zusammenfassung Ungebrochen ist bisher der Trend in den Unternehmen, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren und ganze Leistungsbereiche, wie z.B. die Datenverarbeitung, die Hausdruckerei, den Wachdienst, die Gebäudereinigung oder umfangreiche Funktionen der Logistik unter dem Begriff "Outsourcing" an Externe Dienstleister auszugliedern. Leistungen, die andere besser oder billiger erbringen, werden ausgelagert, um sich auf die eigenen Stärken in der Wertschöpfungskette (Kernkompetenzen) zu konzentrieren. Da es sich bei Outsourcing-Projekten um strategische Entscheidungen mit Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen handelt, bedarf es einer detaillierten Projektplanung und -durchführung, um eine erfolgreiche Realisierung des Outsourcing zu gewährleisten. Der vorliegende Beitrag beschreibt für den Bereich der Distributionslogistik die Vorgehensweise für ein erfolgreiches Outsourcing. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Outsourcing-Konzept sowie dessen Realisierung in fünf Schritten. Grundlage hierfür sind die Erfahrungen aus der Beratung einer Vielzahl von OutsourcingProjekten. -3Distributions-Outsourcing und seine Ziele In der Logistik ist die Fremdvergabe bestimmter Aktivitäten nichts Neues; im Rahmen von Make-or-Buy-Entscheidungen werden schon seit langem logistische Teilleistungen von Speditionen oder Transportunternehmen erbracht, die diese meist in Form standardisierter Problemlösungen anbieten. Im Vergleich zum Make-or-Buy unterscheidet sich Outsourcing1 jedoch durch die Auslagerung umfangreicher Logistik(teil)funktionen, die erst durch die Ausweitung der Produktpalette der Externen (Logistik-)Dienstleister (EDL) ermöglicht wurde. Die Lösung individueller logistischer Probleme durch den Dienstleister auf der einen sowie die beim Auftraggeber verbleibende Verantwortung für Planung und Controlling der ausgelagerten Funktionen auf der anderen Seite unterscheiden ebenfalls das Outsourcing von Make-or-Buy-Entscheidungen. Zur Beantwortung der Frage, was ausgelagert werden soll, muß die gesamte Prozeßkette der Logistik analysiert werden. Grundsätzlich ist ein Outsourcing für alle (Teil-)Funktionen der Logistik denkbar.2 Hierzu zählen die Bereiche der Beschaffung, der Lagerhaltung und, wie in diesem Beispiel, der Distribution oder selektiv die zu diesen Bereichen gehörenden Teilfunktionen (Abbildung 1). Im Rahmen einer Ausweitung ihrer Leistungen, bieten Logistik-Dienstleister mittlerweile auch Lösungen im Bereich der Entsorgungslogistik an. Nicht auszulagern sind hingegen jene logistischen Funktionen, die eindeutig als Wettbewerbsvorteil am Markt anerkannt sind. Abbildung 1: Distributions-Outsourcing innerhalb der Logistikkette Wesentliches Ziel von Outsourcing-Projekten in der Logistik ist die Reduzierung der Logistikkosten. Darüber hinaus werden jedoch meist weitere positive Effekte durch die Auslagerung von Logistikfunktionen angestrebt: Konzentration auf das Kerngeschäft, Vereinfachung der Abläufe (Komplexitätsreduzierung), Vermeidung -4von Auslastungsschwankungen, Variabilisierung fixer Kosten, Freisetzung von Ressourcen für rentablere Investitionen, Vermeidung von Investitionen, Steigerung des Kunden-Service bzw. der Lieferqualität, Nutzung externen Know-hows sowie die Gewinnung von Logistikkennzahlen durch die Einführung eines Leistungscontrollings (Erhöhung der Kostentransparenz). Obwohl über die mit Outsourcing verbundenen positiven Effekte weitgehend Einigung besteht, ist die Durchführung von Outsourcing-Projekten in der Praxis aufgrund der ihnen entgegenstehenden Schwierigkeiten und Widerstände häufig zum Scheitern verurteilt. Hierzu zählen z.B. die sich aus der Querschnittsfunktion der Logistik ergebende hohe Zahl an betroffenen Funktionsbereichen im Unternehmen, mangelnde Akzeptanz bei Betriebsrat und betroffenen Mitarbeitern, ungenügende Aussagefähigkeit der Kostenrechnungs- und Controllingsysteme über die Höhe der eigenen Logistikkosten als Voraussetzung für einen Wirtschaftlichkeitsvergleich mit Logistik-Dienstleister, Unkenntnis des Marktes für Logistik-Dienstleistungen oder unzureichende Quantifizierung der auszulagernden Leistungen als Voraussetzung für einen detaillierten Outsourcing-Vertrag. Daraus leitet sich zwingend ab, daß Outsourcing-Entscheidungen grundsätzlich auf höchster Unternehmensebene zu treffen sind sowie neben vorbereitenden Maßnahmen eines detaillierten Konzeptes als Voraussetzung für die erfolgreiche Realisierung bedürfen. Vorbereitende Maßnahmen Ist die Entscheidung für ein Outsourcing gefallen, sind in der Vorbereitungsphase einige wesentliche Punkte zu berücksichtigen, bevor mit Konzepterstellung und Realisierung des Outsourcing begonnen werden kann. Hierzu zählt die Einbeziehung des Betriebsrates sowie der betroffenen Mitarbeiter zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, die vor allem dann dringend zu empfehlen ist, wenn mit dem Outsourcing ein Personalabbau verbunden ist. Wenngleich dieses Ziel in der bisherigen Outsourcing-Praxis der Logistik eher eine untergeordnete Rolle spielt, hat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Frühjahr 1994 zu diesem Thema für erhebliche Verunsicherung gesorgt.3 Als weitere Maßnahme ist ein Projektteam zu bilden, dessen Zusammensetzung die Querschnittsfunktion der Logistik im Unternehmen zu berücksichtigen hat. Die Teammitglieder setzen sich zusammen aus Führungskräften der auszulagernden Bereiche, aus dem Controlling, der Einkaufsabteilung und der Rechtsabteilung. Die strategische Bedeutung von Outsourcing für das Unternehmen macht es erforderlich, -5daß die Projektleitung durch ein Mitglied der Unternehmensführung übernommen wird. Ferner ist vor Projektbeginn die Entscheidung zu treffen, ob das Projektteam um externe Berater erweitert werden soll, was bei umfangreichen OutsourcingProjekten und wiederum aufgrund der strategischen Bedeutung zu empfehlen ist. Für die Lösung der bei einem Outsourcing-Projekt häufig auftretenden internen Probleme zwischen Management, Mitarbeitern und der Organisation (Abbildung 2) erscheint eine objektive Unterstützung durch Dritte sinnvoll. Neben der Erfahrung in der Projektmoderation sowie in der Konzeption und Realisierung von OutsourcingProjekten, unterstützen outsourcingerfahrene externe Berater das Projektteam vor allem durch die notwendige Kenntnis der Branche der potentiellen externen Dienstleister. Abbildung 2: Unternehmensinterne Probleme bei Outsourcing Sind diese vorbereitenden Maßnahmen abgeschlossen, muß für eine erfolgreiche Durchführung des Outsourcings ein detailliertes Konzept erstellt werden. Konzeption des Distributions-Outsourcing Das Konzept für ein Distributions-Outsourcing enthält folgende Kernelemente: -6• Ausgangssituation • Zielsetzung Distributionsanforderungen der Kunden Warenströme und Destinationen Lagererfordernisse und Lagermengen • • • • • • Ablauf- und Organisationsstrukturen Anforderungen an den externen Dienstleister Kosten Als erste Maßnahme ist eine eingehende Analyse der logistischen Ausgangssituation des Unternehmens erforderlich. Hierzu zählt vor allem die Erfassung der Distributionskette vom Fertigwarenlager über Außen-/Grenzläger bzw. Direktvertrieb zum Kunden mit den dazugehörenden Mengen, sowie Kennzahlen zur gegenwärtigen Leistungserbringung (Lieferfähigkeit, -qualität, -treue, -zeiten). Im vorliegenden Beispiel erfolgte die Distribution des Unternehmens zum Kunden durch mehrere Spediteure sowohl direkt als auch indirekt über Zwischenläger. Wegen der Destinationen der Warenströme in die Länder Mitteleuropas werden für die indirekte Distribution sowohl Außen- als auch Grenzläger genutzt. Auf der Grundlage der Analyse der Ausgangssituation wird die Formulierung der mit dem Outsourcing zu erreichenden Zielsetzung abgeleitet, wobei die einzelnen Ziele zu operationalisieren sind. Wie in Abbildung 3 deutlich wird, wird als Ziel des Distributions-Outsourcing eine zukünftige Situation angestrebt, bei der Kostensenkungspotentiale im Transport- und Lagerbereich durch eine Konzentration der Spediteure und der Läger freigesetzt werden. Ferner wird eine größere Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Abläufe in den betroffenen Bereichen angestrebt. -7- Abbildung 3: Ausgangssituation und Zielsetzung Die Distributionsanforderungen der Kunden, die Warenströme und Destinationen sowie die Lagererfordernisse und Lagermengen sind in Form quantifizierter Mengenstrukturen/Größenordnungen in das Konzept aufzunehmen. Die in den letzten Jahren gestiegenen Kundenanforderungen z.B. bei Lieferzeiten und Liefertermine (z.B. just in time), gilt es möglichst genau zu erfassen, um in der Durchführung des Outsourcings konkrete Leistungsanforderungen an die EDL formulieren zu können (Abbildung 4). Geschäftsbereich1 Produktgruppe A Bevorratung RW Rohstoffe Bestandsziele Gewünschte Lieferzeiten Definition Liefertermin Soll-Liefertreue Produkt- Geschäfts- Mitteleuropa Italien Spanien/ gruppe B bereich 2 (D, F, A) 1 - 2 Wo 2 - 4 Wo Portugal 4 Wo < 1 Wo 2 - 4 Wo Reduktion Niveau halten Reduktion Reduktion Niveau halten < 7 Tage 7 - 14 Tage 7 - 14 Tage 10 - 14 Tage tagesgenau wochengenau gem. Absprache tagesgenau wochen- bis tagesgenau 95 % bis 97 % tages-/ wochengenau > 95 % Abbildung 4: Distributionsanforderungen der Kunden Für die Ermittlung der Warenströme und Destinationen kommt es darauf an, daß die einzelnen Sendungen nach Mengen, Mengenstaffelung und Destinationen quantifiziert werden. Für die Ermittlung der Lagermengen und -erfordernisse sind -8durchschnittliche Lagermenge, durchschnittlicher Lagerumschlag und Lagerfläche in das Konzept aufzunehmen. Die Erfassung der Ablauf- und Organisationsstruktur der auszulagernden Distributionsfunktionen dient der späteren Anpassung zwischen Unternehmen und EDL unter Berücksichtigung der Schnittstellen. Anforderungen an den Externen Dienstleister Neben den bisher spezifizierten Merkmalen des Outsourcing-Konzepts kommt den Anforderungen an den externen Dienstleister besondere Bedeutung zu. Hierbei handelt es sich um: − die vom EDL zu übernehmenden Funktionen − Systemanforderungen − Anforderungsprofil mit: ♦ Flächennetz ♦ EDV ♦ notwendiges Know-how ♦ Lager/Umschlag Die vom externen Dienstleister zu übernehmenden Funktionen sind das Ergebnis der Funktionsteilung zwischen eigenem Unternehmen und EDL, die auf dem Prinzip der klaren Verantwortungsbegrenzung und der gegenseitigen Information basiert. Dabei werden vor allem Aufgaben der Logistikplanung und des -controlling weiterhin vom Unternehmen wahrgenommen, wie Abbildung 5 für das Beispiel des Distributions-Outsourcing deutlich macht. -9Funktionen Unternehmen Funktionen EDL • Bestandsbuchung • Einlagerung • Bestandscontrolling • • Aviso an Spediteur Lieferscheindruck − Unternehmen Logo − neutral • Auslieferung • Verzollung • Bestandsführung (Lager vor Ort) • Rückmeldungen − Einlagerung − Auslagerung − Ablieferung • Disposition Transportmittel − ab Unternehmen − ab Lager • Beseitigung Transportschäden − − − − Versandvorschau (Fertigstellungstermine) Destination Sofortauslieferung direkt ab Werk Zwischenlagerung und Lieferung ab Lager • Abrufweitergabe/Lieferscheinanstoß • Lieferleistungs-Controlling • Fakturierung • Warenbereitstellung • Waren-/Zollinformationen Abbildung 5: Funktionsteilung zwischen Unternehmen und EDL Die bisher ermittelten Mengenstrukturen der auszulagernden Leistungsbereiche und die vom EDL zu übernehmenden Funktionen, bilden die Grundlage für das Anforderungsprofil des zukünftigen EDL. Zu den allgemeinen Kriterien des Anforderungsprofils zählen z.B. flächendeckender Service, Full-Service, Individuallösungen, leistungsfähige EDV, Qualität, Lieferzeit, Kosten, Zuverlässigkeit, Branchen Know-how. Neben Überlegungen, welche Daten im einzelnen mit dem EDL im Datentransfer ausgetauscht werden sollen, sind die Systemanforderungen an die Outsourcing-Partner zu spezifizieren. Ermittlung der Kosten Die Ermittlung der Kosten schließt die Konzeptphase ab. Hierzu zählen die eigenen Distributionskosten sowie die mit dem Outsourcing anfallenden Kosten. Dabei sind Informationen über die Höhe der eigenen Distributionskosten, aufgrund der Querschnittsfunktion der Logistik, mit den traditionellen Kostenrechnungssystemen meist nicht zu erhalten. Da es darauf ankommt, die Kosten der Distribution über alle an der Leistungserstellung beteiligten Abteilungen zu erfassen, ist der Einsatz einer Prozeßkostenrechnung erforderlich. Die so ermittelten Kosten für das vorliegende Beispiel zeigt die Übersicht in Abbildung 6, die gleichzeitig die Grundlage für den späteren Kostenvergleich ist. - 10 - Kostenart Transport Zollgebühren Waggonvorlaufkosten Palettentauschkosten Summe Transport Lagerkosten Umschlagkosten XY AG 1993 Angebot 1 Angebot 2 Angebot 3 5,1 in Transportkosten enthalten in Transportkosten enthalten in Transportkosten enthalten 5,1 1,5 in Lagerkosten enthalten Summe Lager 1,5 Auftragsbearbeitung 0,3 Summe in Mio DM 6,9 Abbildung 6: Distributionskosten des Unternehmens in Mio DM Neben den Kosten der Distribution sind noch die Kosten für das Outsourcing-Projekt selbst abzuschätzen. Zu diesen sogenannten Transaktionskosten zählen zum einen Kosten der Umstellung, wie z.B. für die Informationsbeschaffung oder die Vertragsgestaltung, aber auch laufende Kosten für das Leistungscontrolling oder zur Beseitigung eventuell auftretender Schnittstellenprobleme.4 Diese Kosten schmälern das zu erwartende Kostensenkungspotential, wobei jedoch davon auszugehen ist, daß je umfangreicher das Outsourcing-Projekt konzipiert ist, umso länger der Vertragszeitraum ist, auf den diese Kosten zu verteilen sind. Nach der Ermittlung der Kosten für das Distributions-Outsourcing kann nun die Umsetzung des Konzepts folgen. Realisierungsphasen beim Distributions-Outsourcing Das Outsourcing-Konzepts kann nach dem in Abbildung 7 dargestellten Vorgehen in fünf Schritten erfolgreich umgesetzt werden. - 11 - Abbildung 7: Vorgehensweise bei der Realisierung von Outsourcing Mit der Ausschreibung fordert das Unternehmen potentielle EDL auf, ein Angebot zu erstellen, das Angaben zu Unternehmensprofil, vorgeschlagene Distributionslösung, Distributionskennzahlen, Kosten, Referenzen und Anforderungen an das eigene Unternehmen für die Realisierung enthalten soll (Abbildung 8). - 12 Unternehmen Distributionslösung • Unternehmensgröße (abgewickeltes Volumen • orientiert an den vorgegebenen Strukturund Abwicklungsprinzipien • Europäische Abdeckung und Präsenz (eigene Niederlassungen, Partnerunternehmen, Kooperationen) • Anzahl und Standorte der Schwerpunktläger • Liniennetz (Destinationen, Häufigkeit) • Manipulationsmöglichkeiten und technische Infrastruktur • Abwicklungsmöglichkeiten (Europa, Übersee, Zoll) • vorgesehene Funktionsabdeckung (wer, wo, was, mit welchen Mitteln?) • Infrastruktur zur Lagerung und Manipulation • Ggf. regionale Teillösungen mit dem Hinweis, ob Flächendeckung • EDV-Infrastruktur − durch Unternehmen herbeigeführt werden muß − über Kooperationspartner des EDL erfolgt Distributionskennzahlen • Kosten Distributionszeiten je Land bei • − Direktlieferung ab Werk − Lieferung ab Schwerpunktlager Transportkosten (nach Land und Mengeneinheit) • Lagerkosten (Nach Woche und Mengeneinheit) • Umschlag (Direkt/indirekt nach Mengeneinheit) • Dienstleistungskosten • dabei garantierte Liefertreue • Erfahrungswert Transportschadensquote • benötigte Vorlaufzeit für Transportmitteldisposition ab Werk Referenzen • bereits praktizierte Outsourcing-Lösungen in der Distribution − − − Anforderungen an Unternehmen • Unternehmen/Branche Flächenabdeckung Funktionsabdeckung evt. zusätzliche Voraussetzungen, die seitens des Unternehmens für das Funktionieren der vorgeschlagenen Lösung zu erfüllen wären Infrastruktur, EDV, Informationstransfer, etc.) Abbildung 8: Details der Ausschreibung Wenn die Angebote der EDL vorliegen, erfolgt eine Vorauswahl der in die engere Wahl kommenden Dienstleister. Bei einer kleinen Anzahl von Angeboten können diese sofort hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit den Leistungsmerkmalen der Ausschreibung bewertet werden. Grundsätzlich, zumindest aber bei einer größeren Anzahl von Angeboten, ist es empfehlenswert, eine Vorauswahl schon anhand der allgemeinen Kriterien des Anforderungsprofils vorzunehmen. Dienstleister kommen nur dann in die engere Wahl, wenn sie diese besser, zumindest aber gleich gut wie das eigene Unternehmen erfüllen. Die Checkliste der Abbildung 9 ermöglicht eine schnelle Vorauswahl anhand dieser Kriterien. - 13 - Kriterien Die Anforderungen erfüllt der EDL im Vergleich zum eigenen Unternehmen schlechter gleich besser ### Lieferzeit Service Qualität EDV Full-Service Individuallösung Branchen Know-how Flächendeckender Service Exakte Kostenkalkulation Zuverlässigkeit Kosten Abbildung 9: Checkliste zur Vorauswahl potentieller Dienstleister Für die weiter zu verfolgenden Angebote werden zusätzliche Gespräche für Detaillierungen erforderlich sein. Aufgrund des derzeitigen Wandels der Branche der Speditionen/Logistikdienstleister und der damit einhergehenden Übernahmen und Kooperationen ist bei der Vorauswahl auch die Stellung der potentiellen Dienstleister im Markt zu berücksichtigen. In einem endgültigen Kostenvergleich nach den Detailgesprächen werden die prozentualen Abweichungen der einzelnen Kosten vom niedrigsten Angebot ermittelt. Dadurch werden die Unterschiede in den einzelnen Kostenarten besonders deutlich. Das Ergebnis zeigt Abbildung 10. - 14 Kostenart Unternehmen Angebot 1 Angebot 2 Angebot 3 (Abweichung in %) (Abweichung (Abweichung (Abweichung in %) in %) in %) Transport +2,4 0 +4,3 Zollgebühren +51,6 0 +94,3 Waggonvorlaufkosten +12,5 +48,6 0 Palettentauschkosten +9,8 +12,0 0 0 +0,2 +1,9 Lagerkosten +428,3 0 +245,3 Umschlagkosten +29,1 0 +319,2 Transport gesamt +4,7 Lager gesamt +514,3 +219,6 0 +289,6 Auftragsbearbeitung +21,0 +128,3 +7,9 0 Gesamtabweichung +31,2 +9,8 0 +13,8 in % Abbildung 10: Endgültiger Kostenvergleich in % der Abweichungen Die endgültige Auswahl des EDL erfolgt durch einen Angebotsvergleich der relevanten Kriterien. Hierzu zählen neben dem Kostenvergleich auch der Vergleich zusätzlicher, zum Teil qualitativer Kriterien, wie z.B. Flexibilität, Betreuung oder Speditions-Controlling. Dabei sind alle Kriterien auf einer Punkteskala zu bewerten und mit einem Gewichtungsfaktor zu multiplizieren (Beispiel: Kosten 0,7, Betreuung 0,05, Speditions-Controlling 0,1, Flexibilität 0,15). Schließlich wird die Auswahl für denjenigen EDL getroffen, der das höchste Ergebnis erzielt (Abbildung 11). Unternehmen Kriterien Angebot 1 Angebot 2 Angebot 3 Beurt. Erg. Beurt. Erg. Beurt. Erg. Beurt. Erg. Kosten 2 1,4 3 2,1 5 3,5 4 2,8 Betreuung 4 0,2 5 0,25 5 0,25 4 0,2 Sped.-Controll. 2 0,2 5 0,5 5 0,5 4 0,4 Flexibilität 5 0,75 4 0,6 5 0,75 4 0,6 Summe Erfüllung in % 2,55 3,45 5,00 4,00 51 69 100 80 Abbildung 11: Endgültige Beurteilung relevanter Kriterien - 15 Erst nachdem ausführliche Detailgespräche geführt, die endgültigen Angebote abgegeben und Kostenvergleiche durchgeführt sind, kann nach der Endverhandlung der Vertragsabschluß erfolgen. Da nicht alle zukünftigen Gestaltungselemente und Risiken bei Vertragsabschluß bekannt sind, besteht das Vertragswerk aus mehreren Teilen. Neben den Grundvereinbarungen sind weitere Regelungen in Zusatzvereinbarungen und Anlagen zu treffen. Dabei stellt das Vertragswerk hauptsächlich die Grundlage zur gemeinsamen Durchführung eines Projekts dar, und nicht ein Instrument zur Durchsetzung von Ansprüchen. Da ein detaillierter Vertrag eine der entscheidenden Voraussetzungen für ein reibungsloses Funktionieren des Outsourcing ist, enthält Abbildung 12 eine Checkliste zu den wesentlichen Vertragsinhalten des Distributions-Outsourcing.5 - 16 Ziele der Zusammenarbeit − Zufriedenheit der Kunden durch Einhaltung der Soll-Liefertreue − Reduzierung der Bestandsziele − Reduzierung der Lieferzeiten bei Einhaltung der Liefertermine − permanente Senkung der Gesamtprozeßkosten − langfristige Produktivitätssteigerungen und Senkung der Stückkosten Art der Zusammenarbeit bezüglich... − Unterstützung des EDL bei logistischer Technologie- und Verfahrensentwicklung − Planung, Disposition, Terminierung − Qualifizierungsprozeß des EDL Festlegung der Vertragsdauer − Definition der Mindestlaufzeit − Aussagen zu Verlängerungskonditionen (z.B. automatisch um x Jahre) − Kündigungsfristen, abhängig vom Leistungsumfang (1-2 Jahre) Qualität − Definition und Einigungsbestätigung über Umfang gemäß ISO 9000ff − spezielle Rechte und Pflichten von Unternehmen und EDL, z.B. Offenlegung Qualitätssicherungssystem, Rechte zur Durchführung von QS-Audits − Garantie- und Serviceregelungen − geforderte Zertifikate (ISO 9000ff, ÖkoZertifikat) Gewährleistung − Festlegen des Umfangs der Gewährleistung entsprechend dem Leistungsumfang und vereinbarten Zusatzleistungen − Dauer der Gewährleistungsverpflichtung − Behandlung von Mängeln bzw. System für Mängelbeseitigung − allfälliger Ausschluß der Gewährleistung − Regelung des Vorgehens bei Haftpflichtfällen Auftragsabwicklung − genaue Festlegung von Leistungsumfang, Standards, mögliche Optionen − Festlegung möglicher Zusatzleistungen − Bedarfsgrob- und -feinplanung durch Unternehmen − Festlegung des Verhaltens bei Wegfall oder Neueinführung von Leistungen − Regelungen zu Auslagerung, Anlieferung, Transport der Waren − Maßnahmen bei Abweichungen Preise − jährliche Vereinbarungen − standardisierte Verbilligungszyklen − Volumenbonus-Regelung aufgrund realisierter economies of scale Zahlungsmodalitäten − Zahlungsfristen − Anzahlungen − Rückvergütungen Daten- und Informationsaustausch − Definition von Schnittstellen − EDL-Leistungscontrolling − Verantwortlichkeit für Datenanlage und bewirtschaftung Vertraulichkeit − Festlegung des Geltungsbereichs der Vertraulichkeit und der Geheimhaltung (Daten, Technologien, Verfahren) Patente und Eigentumsrechte − Festlegung pro Partner − Verwendung von gemeinsam erarbeitetem Know-how Übertragungsrechte − der Vereinbarung im Gesamten − von Leistungselementen an vorgelagerte Dienstleister Verhalten im Streitfall − außergerichtliche Schlichtungsansätze − Benennung eines Schiedsgerichts − Gerichtsstand Anhang − Flow Charts von standardisierten Distributionsabläufen − zu verwendende Standarddokumente Abbildung 12: Checkliste zum Inhalt des Outsourcing-Vertrags In der nächsten Phase der Realisierung sind zusammen mit den Mitarbeitern der ausgewählten Spedition die internen Voraussetzungen in Organisation, EDV und Controlling zu schaffen, um einen reibungslosen Übergang der Leistung zu gewährleisten. Dabei beschränkt sich die Zusammenarbeit nicht nur auf die Datenkommunikation, sondern es spielen auch organisatorische und menschliche Beziehungen eine wesentliche Rolle. - 17 Die in der Analyse der Ausgangssituation erfaßte Ablauf- und Aufbauorganisation ist an die Strukturen des EDL anzupassen, um eine effiziente Arbeitsteilung zu erreichen. Hier gilt es vor allem, auftretende Schnittstellenprobleme zu lösen. Schon hier bietet sich sinnvollerweise an, daß in gemischten Teams aus Mitarbeitern des Unternehmens und des EDL die zukünftige Arbeitsweise im Detail festgelegt wird. Der EDV-Verbund mit dem EDL stellt eine wichtige Voraussetzung für eine reibungslose Zusammenarbeit dar. Neben Überlegungen, welche Daten im einzelnen mit dem EDL im Datentransfer ausgetauscht werden sollen, sind die in der Konzeptphase spezifizierten aufeinander abzustimmen. Systemanforderungen der Outsourcing-Partner Schließlich sind die Voraussetzungen zu schaffen, die es einem Unternehmen ermöglichen, die vertragsgerechte Leistungserbringung des EDL zu überwachen. Hierzu ist ein EDL-Leistungscontrolling zu entwickeln, das die Leistungen des EDL transparent macht und darüber hinaus die Beobachtung der Wettbewerbssituation zuläßt und eine Erweiterung des EDL-Einsatzes ermöglicht.6 Die Elemente eines Leistungscontrollings umfassen: • • Ansprechpartner für Probleme / Anfragen Überwachung der vertragsgerechten Leistungserbringung − − − − Termine / Status der Waren ordnungsgemäße Belieferung an Bedarfsträger Bestandsentwicklung physische Kontrolle vor Ort Überwachung der Abwicklung − Rechnungskontrolle auf Vertragskonformität Beobachtung der Wettbewerbssituation − Vergleichsangebote Speditionen − • laufende Kontrolle des vereinbarten Tarifindexes − Industrievergleich Erweiterungsmöglichkeiten der Aufträge − z.B. zusätzliche Funktionen − • z.B. Wareneingangsabwicklung − z.B. neue EDV-Systeme Aktualisierung Verträge und Handbücher − • Das EDL-Leistungscontrolling ist der Schlüssel für eine effiziente Partnerschaft mit externen Dienstleistern. Ferner soll mit dieser Maßnahme einer zu starken - 18 Abhängigkeit vom EDL vorgebeugt werden, die immer wieder als Argument für das Risiko eines Outsourcing-Projektes angeführt wird.7 Eine Auswahl von Kriterien für das EDL-Leistungscontrolling für das Distributions-Outsourcing zeigt Abbildung 13. Abbildung 13: EDL-Leistungscontrolling Mit dem Übergang der auszulagernden logistischen Funktionen auf den EDL ist das Outsourcing-Projekt abgeschlossen. Um Anlaufschwierigkeiten zu vermeiden, empfiehlt sich ein sukzessiver Übergang auf die externe Abwicklung. Häufig erfolgt in der Praxis auch zuerst der Übergang von Teilleistungen im Rahmen eines Pilotprojektes, das auch zuerst regional begrenzt sein kann und danach ausgeweitet wird. Gleichzeitig werden durch einen erfolgreichen Übergang negative Einflüsse auf Umsatz oder Öffentlichkeitsbild der Unternehmung vermieden, die die Folge von logistischen Leistungsdefiziten während der Auslagerung sein können. Effiziente Projektorganisation Um das Outsourcing-Projekt erfolgreich zu realisieren, ist eine effiziente Projektorganisation erforderlich. Neben der Bildung eines Projektteams ist die Einhaltung eines vorher festgelegten Zeitplanes erforderlich, um das Projekt nicht im Sande verlaufen zu lassen, insbesondere, wenn die beschriebenen Widerstände auftreten. Als Anhalt für die Dauer der einzelnen Phasen und Maßnahmen zeigt Abbildung 14 einen Zeitplan, der sich in vielen Outsourcing-Projekten bewährt hat. - 19 - Abbildung 14: Zeitplan des Outsourcing-Projekts Erfahrungsgemäß ist in der Praxis unter Einsatz motivierter Projektteams und mit Unterstützung externer Berater ein Übergang auf die externe Abwicklung innerhalb von 6 Monaten möglich. 1 Zusammengesetzt aus den Begriffen "outside" und "ressourcing" bezeichnet Outsourcing die Inanspruchnahme fremder Ressourcen für die eigene Leistungserbringung in den unterschiedlichsten Funktionsbereichen. 2 Vgl. Wißkirchen, F., Outsourcing-Konzepte - Neue Wege in der Logistikkostensenkung, in: Logistik Heute, 6/1994, S. 33-35. 3 Vgl. Wißkirchen, F., Überprüfen der Arbeitsverhältnisse bringt Sicherheit, in: Logistik Heute, 9/1994, S. 76-80 4 Vgl. Bretzke, W.-R, Outcontracting logistischer Leistungen, in: Zeitschrift für Logistik, 1/1993, S. 11. 5 Vgl. W. Heim, Outsourcing - wettbewerbsfähiger durch optimale Nutzung der Potentiale von Zulieferern, in: io Management Zeitschrift, 7-8/1994, S. 30. 6 Vgl. Wißkirchen, F., Outsourcing-Konzepte - Neue Wege in der Logistikkostensenkung, in: Logistik heute, 6/1994, S. 34. 7 Vgl. z.B. Rupper, P., Outsourcing in der Logistik - eine Antwort auf dynamische Märkte, in: Logistik im Unternehmen, 5-6/1994, S. 82-83.