Das Forum für fachliche Meinungsbildung SONDERDRUCK DM 3/2010, S. 24–26 Einphasige Implantatabformung mit Vinylsiloxanether DR. DIETMAR WENG Nachdruck — auch auszugsweise —, Vervielfältigung, Mikrokopie, Einspeicherung in elektronische Datenbanken und Übersetzung nur mit Genehmigung der Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, 50832 Köln, Postfach 40 02 65 DENTAL MAGAZIN 3/2010 [ 1 ] Abformung in der Implantologie REFLEKTIEREN & MOTIVIEREN Abb. 1: Blick in den Weichgewebetrichter nach Abnahme des Gingivaformers Abb. 2: Aufgeschraubter Übertragungspfosten für die offene Abformung direkt am Behandlungsstuhl perforiert und nach Anprobe im Patientenmund mit Haftlack (Identium Adhesive, Kettenbach) bestrichen. Der Löffel wurde mit einem für die einphasige Abformtechnik geeigneten Vinylsiloxanether (Identium Medium) befüllt, während der Übertragungspfosten und seine Durchtrittsstelle am Weichgewebe umspritzt wurden (Abb. 3). Nach Einbringen des befüllten Löffels in die Mundhöhle wurde der Löffel weiterhin manuell festgehalten und stabilisiert. Einer der Finger ruhte dabei auf der Verbindungsschraube, so dass nach der Aushärtung des Abdruckmaterials keine Suche nach dem Kopf der Verbindungsschraube erforderlich war (Abb. 4). Nach Ablauf der Verarbeitungszeit wurde die Verbindungsschraube wieder gelöst und der Abdruck aus dem Mund entnommen. Der Übertragungspfosten verblieb im Abdruck (Abb. 5 und 6). Im zahntechnischen Labor wurde nun ein Sägemodell mit abnehmbarer Gingivamaske erstellt und ein präparierbarer Titanpfosten für die Aufnahme einer zementierbaren Edelmetallkrone mit Vollverblendung beschliffen. Der Pfosten wurde mittels Einbringhilfe im Mund mit 15 Ncm verschraubt, der Schraubenzugangskanal mit einem Wattepellet und lichthärtendem Kunststoff verschlossen (Abb. 7). Anschließend wurde die Verblendkrone auf dem Pfosten zementiert und eine Woche nach Eingliederung kontrolliert (Abb. 8). Diskussion Drei Faktoren stehen bei der Durchführung einer Implantatabdrucknahme aus Sicht des Behandlers und des Patienten immer wieder im Vordergrund: die Qualität des erzielten Abdrucks, der Geschmack des Materials und die Einfachheit der Mundentnahme. DENTAL MAGAZIN 3/2010 Abb. 3: Applikation des einphasigen Vinylsiloxanethers Identium Medium im Mund Abb. 4: Kopf der Verbindungsschraube zwischen Übertragungspfosten und Implantat nach. Ablauf der Verarbeitungsphase Qualität Fließfähigkeit, Reißfestigkeit und Detailschärfe entscheiden über die Qualität des Abdrucks und sollten bei hochpräzisen und kostenintensiven Abformmaterialien als selbstverständlich vorausgesetzt werden können. Von Kompromissen ist abzuraten. Während bei der Abformung eines Einzelzahnimplantats die Darstellung einer subgingivalen Präparationsgrenze entfällt, muss häufiger ein Spaltraum zwischen Übertragungspfosten und anliegender Mukosa abgeformt werden. Immer dann, wenn nach der Implantatfreilegung statt eines definitiven Zahnersatzes eine (langzeit-)provisorische Versorgung angefertigt wird, können solche Spalträume entstehen, da das Durchtrittsprofil eines präfabrizierten Übertragungspfostens nicht mit dem Emergenzprofil des Provisoriums übereinstimmt. Auch wenn im Durchtrittsbereich unterschiedlich dimensionierte Heilungsdistanzhülsen, aber nur eine einzige Form des Standard-Übertragungspfostens zur Verfügung stehen, können solche Spalträume entstehen. Sofern diese dann nicht durch Individualisierung des Übertragungspfostens ausgeglichen werden, entscheiden die Fließfähigkeit, die Reißfestigkeit und die Detailschärfe des Abformmaterials über die Qualität des Abdrucks. Einen Abdruck aufgrund von Mängeln bei diesen Parametern wiederholen zu müssen, wäre für alle Beteiligten unangenehm. Geschmack Der Geschmack eines Abformmaterials ist dem Patienten einprägsam. Abgesehen davon, dass beim Abbinden entstehende Geruchs- und Geschmacksstoffe Schluckdrang, [ 3 ] REFLEKTIEREN & MOTIVIEREN Abformung in der Implantologie Mundentnahme Abb. 5: Im Abdruck verbliebener Übertragungspfosten nach der Mundentnahme Abb. 6: Das Abformmaterial aus Vinylsiloxanether hat den Übertragungspfosten exakt umflossen. Abb. 8: Zementierte Verblendmetallkrone eine Woche nach Eingliederung [Alle Bilder Weng] Würgereiz und Wohlbefinden des Patienten beeinflussen, artikulieren die meisten Patienten nach der Mundentnahme des Abdrucks Ausdrücke der Unzufriedenheit über das olfaktorisch und gustatorisch Erlebte. Der Autor hat über viele Jahre hinweg mit einem klassischen und sehr verbreiteten Polyether-Material bei Abformung gearbeitet. Meist wurde der Patient bereits vor und auch während des Abdrucks auf das bevorstehende sensorische Erlebnis vorbereitet. Entschuldigende Kommentare für den unangenehmen Geruch und Geschmack waren nach der Mundentnahme die Regel. Der im Fallbericht vorgestellte Vinylsiloxanether verhält sich geschmacks- und geruchsneutral und schnitt im Praxistest diesbezüglich im Vergleich zu einem Polyether ungleich vorteilhafter bei den Patienten ab. [ 4 ] Auch hinsichtlich der Entnahme des Abdrucks aus dem Mund nach Ablauf der Verarbeitungszeit zeigten sich deutliche Unterschiede zum klassischen Polyether. Bei letzterem war die Entnahme dahingehend erschwert, dass stets eine starke Haftung des Abformmaterials an den Oberflächen der Zähne festzustellen war. Dies erforderte starke, aber zugleich kontrolAbb. 7: Mit Drehmoment angelierte Abzugskräfte, zuminzogener individualisierter Titandest bis zu dem Zeitpunkt, da pfosten nach dem Verschluss des Schraubenzugangs. der Abdruck Luft gezogen hatte. Da normalerweise nach Ablauf der Verarbeitungszeit von Patientenseite eine zügige Mundentnahme erstrebenswert ist, wäre eine zeitlich voraussagbare und kräftemäßig reduzierte Entnahmefähigkeit des Abdruckmaterials hilfreich. Unnötige Zeit mit dem Abdruck im Mund, Schmerzen an den Weichgeweben durch Anwendung starker Abzugskräfte oder -hebel und unkontrolliertes, plötzliches Lösen des Abdruckmaterials von den Zähnen mit nachfolgendem Abspringen des Löffels an den Gegenkiefer könnten dadurch vermieden werden. Die Entnahmefähigkeit des Vinylsiloxanethers verlief im Vergleich zum Polyether deutlich einfacher, schneller und kontrollierter, und zwar in einem Maße, dass die Mundentnahme auch der zahnärztlichen Assistenz hätte anvertraut werden können. Fazit Sowohl das Behandlerteam als auch die Patienten stuften den Vinylsiloxanether im Vergleich zum klassischen Polyether in den vorgenannten Parametern als klinisch besser ein. Hinsichtlich seiner Eignung im labortechnischen Bereich sind bisher keine negativen Eigenschaften von Seiten der [] Zahntechniker berichtet worden. Dr. Dietmar Weng ist seit 2004 in einer Gemeinschaftspraxis mit den Schwerpunkten Implantologie und Parodontologie in Starnberg niedergelassen. Davor war er als Oberarzt in der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik an der Universität Würzburg tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte sind u. a. die chirurgische und prothetische Versorgung sowie die Weichgewebeästhetik. DENTAL MAGAZIN 3/2010