Symposium Photovoltaische Solarenergie, Staffelstein , März 2001 Seite 1 GEBÄUDEENERGIEKONZEPTE MIT PHOTOVOLTAIK Karsten Voss, Klaus Kiefer, Christian Reise Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE Oltmannsstr. 5, 79100 Freiburg email: [email protected] KURZFASSUNG: Nur wenige der an Gebäuden realisierten Solarstromanlagen entstehen heute als Teil von integralen Gebäude- und Energiekonzepten. Damit wurde bisher die Chance vertan, Solarstromanlagen nicht nur als Gestaltungsmerkmal oder ökologisches Bekenntnis, sondern auch als Bestandteil einer Strategie der Nachhaltigkeit im Bauwesen zu etablieren. Der drastisch reduzierte Energieverbrauch im Neubausektor steigert den Stellenwert der solaren Energiebeiträge. CO2-Minderung durch weitere Energieeinsparmassnahmen kann durchaus teurer werden als der durchdachte Einsatz der Photovoltaik. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Förderung durch das ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG). Mit dem EEG wird richtigerweise nicht die Installation von Solarstromanlagen gefördert, sondern deren Stromerzeugung. Dies verschiebt das Augenmerk von gestalterisch dominierten Anwendungen zu solchen mit hohen Erträgen. ENERGIEKONZEPTE FÜR GEBÄUDE Energiekonzepte zielen darauf ab, durch geeignete Kombinationen von baulichen und anlagentechnischen Maßnahmen den externen Energiebezug eines Gebäudes zu senken. Mehrkosten für Energiesparmaßnahmen (Wärmedämmung, tageslichtabhängige Kunstlichtsteuerung in Büros, etc.) oder die Nutzung der Solarenergie (Tageslichtnutzung, Solarkollektoren, Solarstromanlagen) werden idealerweise durch Minderkosten ausgeglichen. Beispiele für Minderkosten beim Bau von energieeffizienten Wohngebäuden sind der Verzicht auf eine Wärmeverteilung per Heizkörper zugunsten optimierter Wärmedämmung und einer Heizung über die Zuluft (Passivhaus). Für Bürogebäude schafft der Verzicht auf eine aktive Klimatisierung den finanziellen Spielraum für eine Optimierung des Gebäudes hinsichtlich Sonnenschutz und passiver Kühlung. Während bei Wohngebäuden der Wärmebedarf für Heizung und Warmwasser im Vordergrund steht, ist bei Bürogebäuden vor allem die elektrische Energie für die technische Gebäudeausrüstung (Beleuchtung, Lüftung, Klimakälte) und die Ausstattung der Arbeitsplätze (Computer, Kommunikationstechnik) für den externen Energiebezug maßgeblich, Bild 1 /1/. Wegen des hohen Primärenergieaufwands bei der Stromerzeugung kommt der Senkung des Strombezugs z.B. für Kunstlicht um 10 kWh/m²a einer Heizenergieeinsparung von etwa 30 kWh/m²a gleich. 300 Primärenergiekennzahl in kWh/m²a Strom, Geräte 250 Strom, TGA 230 250 50 W ärm e 200 100 150 125 6 100 50 0 125 125 25 90 60 50 15 25 standard optimiert Wohngebäude 75 40 standard optimiert Bürogebäude Bild 1: Der Primärenergiebedarf von Neubauten gemäß heutigem Standard verglichen mit einer energieoptimierten Variante. Beim Stromverbrauch eingeschlossen sind neben der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) auch die jeweils nutzungsspezifischen Verbraucher wie Haushaltsgeräte und Arbeitsplatzausstattung. Symposium Photovoltaische Solarenergie, Staffelstein , März 2001 Seite 2 WAS LEISTEN SOLARSTROMANLAGEN WAS KOSTEN SOLARSTROMANLAGEN Optimale Anlagen erreichen einen Jahresertrag zwischen 800 kWh/kW p (Norddeutschland) und 900 kWh/kW p (Süddeutschland) /2/. Damit werden heute pro Kilowatt (kW p) 2.400 bis 2.700 kWh Primärenergie substituiert. Pro kW p werden je nach Modulwirkungsgrad bei kristallinem Silizium eine Modulfläche von 8 bis 10 m² benötigt; bei Einsatz von amorphem Silizium ist die Fläche etwa doppelt so groß /3/. Glas/Glas- oder Isolierglasmodule für gleichzeitige Tageslichtnutzung benötigen wegen der meist geringeren Dichte der Zellenbelegung entsprechend größere Flächen. Die Systemkosten von kleinen Solarstromanlagen mit Standardmodulen liegen heute bei etwa 15.000 DM/kW p brutto; bei Großanlagen sinken die Preise auf 12.000 DM/kW p. Anlagen mit PV-Dachziegeln sind um 20% bis 30% teurer. Module als Überkopfverglasungen oder als Bestandteil von Funktionsisolierglas führen zu höheren Kosten, wobei je nach Anwendung eine Kostengutschrift durch die Übernahme von baulichen Funktionen berücksichtigt werden kann (Witterungsschutz, Sonnenschutz, Wärmeschutz, etc.) /4/. Im Idealfall (!) einer Großanlage mit Standardmodulen liegen die Kosten pro substituierter Primärenergie damit bei knapp 40 Pf/kWh1. Unter Berücksichtigung der 20 Jahre garantierten Vergütung gemäß EEG sinken die Kosten auf knapp 10 Pf/kWh, sind günstiger als solarthermische Großanlagen /5/ und in besonderen Fällen konkurrenzfähig zu Energiesparmaßnahmen an Gebäuden. Der Ertrag ist in erster Linie abhängig von der empfangenen Solarstrahlung und damit von der Orientierung der Empfangsfläche, Bild 2. Der Bereich mit mehr als 90% der maximal möglichen Einstrahlung erlaubt eine Vielfalt von energetisch wie gestalterisch überzeugenden Anwendungen. Fassaden empfangen selbst bei Südorientierung nicht mehr als 70% der Einstrahlung; dazu treten höhere Reflexionsverluste und städtebaulich bedingt häufiger Verschattung als auf Dachflächen auf, so dass meist nur noch etwa 60% des optimalen Ertrags erreicht werden. Bestandteil von Energiekonzepten sind solche Anlagen daher selten. Diese EPS-Grafik wurde nicht gespeichert mit einer enthaltenen Vorschau. Diese EPS-Grafik wird an einen PostScript-Drucker gedruckt, aber nicht Bild 2: Relative Jahressumme der Einstrahlung auf Flächen unterschiedlicher Orientierung und Neigung. Basis der Berechnung ist das Testreferenzjahr Würzburg mit einer Globalstrahlungssumme von 1.280 kWh/m²a (= 100 %). Die Verteilung ist repräsentativ für Standorte in Mitteleuropa und kann mit der jeweiligen Globalstrahlungssumme des Standortes skaliert werden. DIE HERSTELLUNGSENERGIE Die Primärenergie für die Herstellung von Solarstromanlagen liegt heute für Standardmodule mit kristallinem Siliziumzellen im Bereich von 8.000 bis 11.000 kWh/kW p /6/. Betrachten wir wieder eine optimal orientierte Anlage (!), liegt damit die Energieamortisationszeit bei etwa 3 bis 5 Jahren. Bei Einsatz von amorphem Silizium genügen etwa 5.000 kWh/kW p Herstellungsenergie, so dass Amortisationszeiten von unter 2 Jahren erreicht werden können. Eine diesbezügliche Bewertung neuer Zellentechnologien steht noch aus. In allen Fällen ist zu beachten, dass die Herstellungsenergie keine Materialeigenschaft ist, sondern sich mit Änderungen in den Fertigungsprozessen und der Auslastung der Fabrikation ändern kann. Wie 1 Nutzungsdauer 25 Jahre, 2% Wartungs- / Instandhaltungs-/ Versicherungskosten , 4% Realzins, keine Fördermittel, keine Vergütung, Anlagenjahresstromertrag 900 kWh/kW p, Primärenergiefaktor für Strom 3 Symposium Photovoltaische Solarenergie, Staffelstein , März 2001 schon bei der Kostenanalyse spricht auch die gesamtenergetische Betrachtung für die Errichtung von Solarstromanlagen mit einem möglichst hohem Ertrag. Während sich die energetische Amortisationszeit von Energieeinsparmaßnahmen und thermischen Solaranlagen aufgrund der energetischen „Systemgrenze Gebäude“ mit sinkendem Bedarf verlängert, ist die Amortisationszeit von PV-Anlagen durch die Netzkopplung davon unabhängig. Solarstromanlagen sind daher im Vorteil gegenüber solarthermischen Anlagen mit saisonalen Speichern (Nullheizenergiehaus). Seite 3 dert dies Mehrinvestitionen in eine Solarstromanlage in Höhe von 180 DM/m² (11 W p/m²), bezogen auf die Wohnfläche. Die Erweiterung auf die Deckung des Stromverbrauchs eines (Effizienz-) Haushalts vergrößert die Anlage bei zusätzlichen Kosten von 280 DM/m² (Nullenergiehaus, 19 W p/m²). Bei fehlenden Investitionsmitteln für eine Solarstromanlage ist der Bezug von „Solarstrom“ aus dem Netz die kostengünstige Alternative. Bild 4 zeigt für den Fall eines Nullenergiehauses den zeitlichen Verlauf von Stromerzeugung und bedarf. WOHNBAUTEN Solarstromanlagen kommen heute vor allem bei Einfamilienhäusern zum Einsatz. Typische Anlagengrößen liegen zwischen 1 und 2 kW p. Ausgehend vom Primärenergiebedarf eines 150 m² großen Hauses in der Standardvariante nach Bild 1 (=34.500 kWh/a) erwirtschaftet die Eigenstromerzeugung unter optimalen Bedingungen zwischen 8% und 16 % des Primärenergiebedarfs. In der optimierten Variante (=13.500 kWh/a) sind es beachtliche 20% bis 40 %. Die 1999 fertiggestellte Reihenhauszeile in Neuenburg demonstriert anhand von 7 Gebäuden den Stand der Technik in Bezug auf energiesparendes Bauen mit der Sonne, Bild 3. Diese Solar-Passivhäuser werden monoenergetisch, d.h. ausschließlich mit Strom versorgt. Auf der Basis eines extrem geringen Wärmebedarfs von unter 12 kWh/m²a (Passivhaus) decken je Haus eine thermische Solaranlage und ein sogenanntes Lüftungs-Kompaktgerät mit integrierter Kleinstwärmepumpe den Wärmebedarf /7/. Im Mittel aller Gebäude lag der gemessene Stromeinsatz der Haustechnik für Heizung, Lüftung und Warmwasser im ersten Jahr bei 10,7 kWh/m²a oder umgerechnet 32 kWh/m²a Primärenergie. Wäre das Ziel ein 100%iger Ausgleich des Energiebedarfs der technischen Gebäudeausrüstung durch die solare Eigenerzeugung, erfor- Bild 3: Reihenhauszeile in Neuenburg (Architektur: Grenz, Darmstadt u. Hansen, Freiburg, Energieversorgungskonzept und Monitoring: Fraunhofer ISE, Projektförderung Monitoring: Stiftung Energieforschung Baden-Württemberg und Energie BadenWürttemberg EnBW). Stromverbrauch/-erzeugung, kumulierte kWh 2500 PV-Ertrag, 2,8 kW p Haushaltsverbrauch 2000 1500 1000 PV-Ertrag, 1,8 kW p TGA-Verbrauch 500 0 Jahresverlauf Bild 4: Szenario für Energiebedarf und Energieerzeugung im Jahresverlauf eines 150 m² großen „Nullenergiehauses“ auf der Basis der Gebäude in Neuenburg: Stromverbrauch Haustechnik: 10,7 kWh/m²a = 1.600 kWh/a, Stromverbrauch (Effizienz-)Haushalt: 2.500 kWh/a Symposium Photovoltaische Solarenergie, Staffelstein , März 2001 Bild 5 zeigt das Konzept des Nullenergiehauses, umgesetzt mit einer ganz anderen Wärmeversorgungstechnik, als Typenhaus eines Fertighausherstellers. Architekt Rolf Disch baut derzeit in Freiburg eine ganze Solarsiedlung und nennt die Gebäude aufgrund der noch größer dimensionierten Solarstromanlagen „Plusenergiehäuser“, Bild 6 /8/. Bei Gebäuden heutigen Standards gemäß Bild 1 und ohne Effizienzhaushalt verursachen entsprechend ausgelegte Solarstromanlagen beachtliche Mehrkosten von 550 bzw. 1.300 DM pro m² Wohnfläche2. Bild 5: „Nullenergiehaus“ in Emmendingen als Typenhaus des Fertighausherstellers Hebel Haus. Die 27 m² große Solarstromanlage auf dem Dach hat eine Leistung von 3 kW p. Die Wärmeversorgung basiert auf einem Gas-Brennwertkessel in Kombination mit einer 8 m² großen thermischen Solaranlage. (Architektur: Seifert & Stöckmann, Frankfurt, Energiekonzept und Monitoring: Fraunhofer ISE) Bild 6: Die ersten Gebäude der Solarsiedlung, Freiburg. Die Solarstromanlagen belegen die gesamte Dachfläche und sind damit je nach Haustyp unterschiedlich groß. (Architektur und Konzept: R. Disch, Freiburg) 2 Angaben jeweils ohne / mit Deckung des Haushaltsstromverbrauch Seite 4 Der Geschosswohnungsbau bietet aufgrund der kompakteren Bauweise ideale Randbedingungen für niedrigen Wärmebedarf bei niedrigen Baukosten. Vorteilhaft für thermische wie photovoltaische Solarenergienutzung sind die mit der Anlagengröße abnehmenden, spezifischen Systemkosten. Demgegenüber steigen die Kosten von lüftungstechnischen Gemeinschaftsanlagen zur Energieeinsparung durch erhöhte Anforderungen an Schallund Brandschutz. Mit dem Gebäude der Baugruppe „Wohnen und Arbeiten“ im Freiburger Neubaugebiet Vauban wurde 1999 erstmalig ein Passivhaus im Geschosswohnungsbau realisiert, Bild 7 /9/. Die 50 m² große Solarstromanlage in Form von Glas/Glas-Modulen übernimmt gleichzeitig die Funktion als Regendach des Laubengangs, der aus wärmetechnischen Gründen als äußere Erschließung des Gebäudes fungiert. Die Kostengutschrift durch die gleichzeitige Funktion als Glasdach reduziert die Kosten der Solarstromanlage um 20%, so dass pro m² Wohnfläche nur 45 DM Kostensteigerung auftrat. Damit erwirtschaftet die Anlage etwa 15 % des Stromverbrauchs der (Effizienz-) Haushalte. Bild 7: Solarstromanlage über dem Laubengang beim Mehrfamilienhaus „Wohnen & Arbeiten“ Vauban, Freiburg. Neben einer 50 m² großen Solarstromanlage besitzt das Gebäude eine 45 m² solarthermische Anlage und ein kleines Blockheizkraftwerk. (Architektur: M. Gies, Freiburg, Energiekonzept und Monitoring: Fraunhofer ISE, Projektförderung: Deutsche Bundesstiftung Umwelt). Symposium Photovoltaische Solarenergie, Staffelstein , März 2001 VERWALTUNGSBAUTEN Die Planung von Solarstromanlagen bei Büro- und Verwaltungsgebäuden wird besonders häufig durch gestalterische Aspekte dominiert, da es u.a. Aufgabe ist, Innovationskraft, Zukunftsorientiertheit und Umweltweltengagement eines Unternehmens zu demonstrieren. Im Rahmen von Energiekonzepten kann die Chance genutzt werden, Solarstromanlagen in ein ganzheitlich überzeugendes Maßnahmenpaket einzubinden. Dazu Vorbilder zu schaffen ist u.a. die Aufgabenstellung des Förderprogramms „solaroptimiertes Bauen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft BMWi. Mit bis zu 25 Demonstrationsgebäuden soll gezeigt werden, wie es gelingt, den Primärenergieeinsatz für die technische Gebäudeausrüstung (Heizung, Lüftung, Klimatisierung, Beleuchtung, ohne nutzungsspezifische Geräte) auf unter 100 kWh/m²a zu senken. Einige der bereits realisierten Projekte setzen dabei als Teil der Energiekonzepte auch Solarstromanlagen ein /1/ 3. Gegenstand der Förderung sind ausschließlich die Planungsmehrkosten und das Monitoring. Als Unterscheidungsmerkmal zu früheren Programmen erfolgt keine investive Förderung von baulichen Mehrkosten. Damit soll der Anreiz erhalten bleiben, Mehrkosten, z.B. durch Solarstromanlagen, im Rahmen von Energiekonzepten durch Minderkosten im Sinne einer Verlagerung von Planungsschwerpunkten auszugleichen. Das auf diesem Weg derzeit vorbildlichste Beispiel des Förderprogramms ist das Bürogebäude der Fa. Lamparter in Weilheim, Bild 8. Durch eine konsequente Strategie der Energieeinsparung ist der elektrische Energieeinsatz mit knapp 15 kWh/m²a so gering, dass bei 1.000 m² Nettogrundfläche der Ertrag der 67 m² großen Solarstromanlage (8 kW p) 45% 3 Dokumentation zum Förderprogramm, den Förderbedingungen und über die z.Z. geförderten Projekte im Internet unter: www.solarbau.de. Projektanträge sind noch möglich. Seite 5 des Bedarfs entspricht; betrachtet man den Primärenergiebezug inkl. Heizung sind es immer noch 40%, Bild 9. Bild 8: Bürogebäude der Hans Lamparter GbR, Weilheim. Die Solarstromanlagen befinden sich aufgeständert auf dem Pultdach und als baulicher Abschluss der Attika. (Architektur: Werkgemeinschaft Maier-Weinbrenner-Single, Nürtingen, Energiekonzept und Simulation: Fraunhofer ISE, Monitoring: Fachhochschule für Technik, Stuttgart, Förderung: BMWi). Primärenergie in kWh/m²a 75 50 sonstige TGA Summe 53 kWh/m²a Netzstrom Kunstlicht 25 Photovoltaik Lüftung Solarkollektor Erdgas Heizung 0 Bedarf D e c kung Bild 9: Energiebedarf und Energieversorgung für das Gebäude in Weilheim auf der Basis der Hochrechnung erster Messergebnisse aus dem Jahr 2000. Die Bezugsfläche beträgt 1.000 m². (Quelle: Fachhochschule für Technik, Stuttgart) Das dazu realisierte Maßnahmenpaket umfasst in erster Linie entwerferische und bauphysikalische Qualitäten. Darüber hinaus sind es die effiziente Beleuchtung mit tageslichtabhängiger Regelung und der Ersatz der aktiven Klimatisierung durch eine passive Kühlung (Nachtlüftung, Luft/Erdregister), die bei hohem Nutzungskomfort nur wenig Energie benötigen. Die Kosten der Solarstromanlage betragen Symposium Photovoltaische Solarenergie, Staffelstein , März 2001 Seite 6 etwa 5% der Bauwerkskosten von knapp 2.000 DM/mNGF², brutto. Weiteres Projektbeispiel ist der derzeit kurz vor seiner Fertigstellung stehende Neubau des Fraunhofer ISE in Freiburg. Das (solare) Energiekonzept führt unter Berücksichtigung der PV-Anlagen für die 2.300 m² Büroflächen zu einer Halbierung des externen Primärenergiebezugs gegenüber einer konventionellen Planung, Bild 10. Mit der Auslegung von 1 m² Photovoltaik pro 10 m² Büroarbeitsplatz wird nach dem Motto „Licht aus Licht“ der Stromverbrauch der Bürobeleuchtung solar gedeckt. Von den unterschiedlichen Solarstromanlagen mit in Summe 21 kW p (230 m²) erforderte die 78 m² große Anlage im Dach eines Atriums (Bild 11) eine besonders intensive Abstimmung mit dem Tageslichtkonzept und der passiven Kühlung, Bild 12 /10/. Da in unserem Klima während der Hälfte der Zeit kein direktes Sonnenlicht zur Verfügung steht, ist kritisch zu prüfen, ob durch die Schwächung des Lichteinfalls kein erhöhter Energiebedarf für Kunstlicht besteht. Statischer Sonnenschutz eignet sich daher vor allem für Anwendungen mit einem Überangebot an Tageslicht im Raum. Primärenergie in kWh/m²a 150 125 100 Kunstlicht Lüftung Kühlung 75 50 Heizung Summe 85 kWh/m²a Kunstlicht Photovoltaik Lüftung 25 Heizung fossile Energie 0 konventionelle Bauweise Neubau Fraunhofer ISE Bedarf Deckung Bild 10: Energiebedarf und Energieversorgung für die Büros im Neubau des Fraunhofer ISE auf der Basis von Simulationsrechnungen. Die Bezugsfläche beträt 2.300 m² (Nettogrundfläche des Gesamtgebäudes: 14.000 m²). Durch allein passive Kühlung (Nachtlüftung) entfällt ein Energiebedarf für Kältemaschinen. Bild 11: 5 kW p Solarstromanlage als Bestandteil der Dachverglasung des zentralen Atriums am Neubau des Fraunhofer ISE, Freiburg (Architektur: Dissing + Weitling, Kopenhagen, Energiekonzept und Simulation: Fraunhofer ISE, Förderung: BMWi) N PV Glas Tageslicht - o + Raumklima + o - Stromertrag + o - Bild 12: Zusammenfassende Bewertung von Tageslichtangebot und Wärmebelastung im Atrium gegenüber dem Energieertrag der Solarstromanlage nach Bild 11 bei unterschiedlicher Neigung der Dach-Sheds. Die Bewertung ist das Ergebnis objektbezogener Simulationsrechnungen. GEWERBEBAUTEN Bekanntestes Beispiel ist die 1998 fertiggestellte „Solarfabrik“, Bild 13. Zielsetzung war die „Nullemissionsfabrik“ für die Produktion von Modulen mit zugelieferten Solarzellen. Der nach der energetischen Optimierung des Gebäudes verbleibende Energiebedarf wird ausschließlich aus erneuerbarer Energie gedeckt /11/. Basis dafür sind ein mit Pflanzenöl betriebenes Blockheizkraftwerk (45 kW el, 65 kW th), Solarstromanlagen unterschiedlicher Bauart mit insgesamt 56 kW p elektrischer Spitzenleistung und ein mit Rapsöl betriebener 220 kW Heizkessel. Die Verbrauchszahlen im Betrieb lagen 1999 bei rund 96 kWh/m²a Heizwärme und 62 kWh/m²a Strom, beides vollständig regenerativ gedeckt (Bezugsfläche: 3442 mNGF² ). Die Solarstromanlagen decken etwa 23% des Stromverbrauchs oder 15% des gesamten Primärenergiebezugs. Verglichen mit den zuvor dokumentierten Ge- Symposium Photovoltaische Solarenergie, Staffelstein , März 2001 bäuden ist der Wärmebedarf hoch. Ursächlich dafür ist u.a. die Glashalle und deren Nutzungskonzept (Bewirtung, Besprechung, Veranstaltungen, etc.). Bild 13: Verwaltungs- und Produktionsgebäude der Solarfabrik, Freiburg (Architektur: Rolf & Hotz, Freiburg, Energiekonzept: W. Stahl, Freiburg) FAZIT Anders als bei Solaranlagen von EVU´s, ist es bei Gebäudeenergiekonzepten zweckmäßig, wenngleich nicht üblich, den erwarteten Ertrag einer Solaranlage in Relation zum Energiebedarf im Gebäude zu betrachten. Solaranlagen erfüllen dann die Funktion von Indikatoren für Energieeffizienz in dem ihr Flächenbedarf den Energiebedarf baulich darstellbar macht (Benchmarking). Ihre Kosten können den Kosten für Energieeinsparmaßnahmen im Rahmen eines least cost planning gegenübergestellt werden. Planungspraxis, Regelwerke (WschVo, Energieeinsparverordnung), fehlende gesetzliche Grenzwerte für den elektrischen Energiebedarf von technischen Anlagen und die Honorarordnung der Planer (HOAI) behindern derzeit eine ganzheitliche Betrachtung zum Energieverbrauch von Gebäuden. Anspruch von Energiekonzepten ist die gewerkeübergreifende Bearbeitung energetischer Fragestellungen im Kontext von Architektur, Technik, Ökonomie und Nachhaltigkeit. Solarstromanlagen als Teil von Energiekon- Seite 7 zepten können, anders als im Bestand, bei energieeffizienten Gebäuden mit vertretbaren Investitionskosten einen großen Teil des Primärenergiebezugs in der Bilanz ausgleichen. Sie haben daher eine große Zukunft. Damit dies ökonomisch interessant (EEG) und ökologisch vertretbar (Herstellungsenergie) ist, ist ein hoher Anlagenertrag und damit eine günstige Ausrichtung zur Sonne wichtigstes Kriterium. Nicht immer erfüllt das gestalterisch Wünschenswerte dieses Kriterium. Dies bestätigt einerseits die offenbar geschätzte Ästhetik der Produkte, führt aber andererseits oft zu energetisch fragwürdigen Anlagen. Aufgabe ist daher die Suche nach einer Architektur mit gelungener Synthese von Bauwerk und Technik im Kontext der Nachhaltigkeit im Bauwesen. LITERATUR /1/ Energieeffizienz und Solarenergienutzung im Nichtwohnungsbau - SolarBau:MONITOR Journal 2000, Fraunhofer ISE, 2000, Bezug: Fachinformationszentrum BINE, Bonn /2/ Gesicherte Stromerträge von netzgekoppelten Photovoltaik-Anlagen, 15. Symposium Photovoltaische Solarenergie, Staffelstein, 2000 /3/ Herstellerangaben nach Eigenrecherche, Fraunhofer ISE, 2000 /4/ Marktübersicht Module in Photon Special netzgekoppelte Solarstromanlagen, 2000 /5/ Erfahrungen mit Solaranlagen zur Brauchwassererwärmung im Programm Solarthermie 2000, Peuser, F. A., Croy, R., 8. Symp. Thermische Solarenergie, Staffelstein, 1998 /6/ Kumulierter Energieaufwand und Aspekte zur Umweltverträglichkeit von Photovoltaik-Anlagen, Hagedorn, G., in „Photovoltaik-Anlagen“, Seminarband Herausgeber, Fraunhofer ISE und OTTI-Technologiekolleg, 1997 /7/ Lüftungs-Kompaktgeräte – Messergebnisse, Erfahrungen, Hersteller, Bühring, A., Russ, Chr., 5. Passivhaustagung, Böblingen, 2001 /8/ Die Solarsiedlung Freiburg, Internet: www.solarsiedlung.de /9/ Bauen mit der Sonne – Pilotprojekte im Geschosswohnungsbau, Voss, K., Ufheil, M., Bundesbaublatt, H. 3, 1999 /10/ Ein Haus für die Sonne, Voss, K. Herkel, S. Gerber, A. Wienold, J., Bundesbaublatt, H. 1, 1999 /11/ Die Solarfabrik – Mit neuer Energie in die Zukunft, Projektbroschüre, 1999 und persönliche Mitteilungen, Stahl, W., 2000