Medizinprodukte eHealth Grundlagen | MiG | Reinhard Busse, Prof. Dr. med. MPH FFPH Block I II III IV Datum Inhalt der Lehrveranstaltung Dozent 19.10.2016 Einführung in das Gesundheitswesen (1) Busse 26.10.2016 Einführung in das Gesundheitswesen (2) Busse 02.11.2016 Status quo und digitale Ansätze im Gesundheitswesen Stephani 09.11.2016 IT Grundlagen Zarnekow 16.11.2016 Informationsmanagement & Compliance Hahn 23.11.2016 IT Sicherheits- & Risikomanagement Zarnekow 30.11.2016 Telematikinfrastruktur Stephani 07.12.2016 Medizinprodukte Busse 14.12.2016 Praxisbeispiel Krankenhaus IT Stephani Frank 04.01.2016 Telemonitoring & Telemedizin Busse Patientus 11.01.2016 Krankenhaus IT intern & Kommunikation extern Busse Iserloh 18.1.2016 mHealth – Trends & Enabler Hahn 25.01.2016 Sensorik Hahn Hilbel 01.02.2016 mHealth / mHealth in Entwicklungsländern Hahn Opoku 08.02.2016 Klausurvorbereitung Hahn / Stephani 22.02.2016 Klausur eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 2 Gastvortrag Knöppler Agenda • Definition und Abgrenzung zu Arzneimitteln • Inverkehrbringung • Marktzulassung • Klassifizierungselemente • Problemfeld medizinische Apps • Neue Medizinprodukteverodnung • Erstattung eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 3 Definition Medizinprodukte (§3 MPG) „Medizinprodukte sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, […] einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen, c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder d) der Empfängnisregelung zu dienen bestimmt sind […] und die – im Gegensatz zu Arzneimitteln – ihre Hauptwirkung nicht auf pharmakologischem, immunologischem oder metabolischem Wege hervorbringen.“ eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 4 Abgrenzung Medizinprodukte - Arzneimittel eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 5 Software als Medizinprodukt • Ist ein Medizinprodukt, wenn es einen therapeutischen oder diagnostischen Anwendungsbereich gibt • z.B. Entscheidungs-Unterstützungssoftware, medizinische App zur Berechnung der Medikations-Dosierung für einen Patienten • Ist kein Medizinprodukt, wenn es ein reines Informationssystem darstellt • z.B. Krankenhausinformationssystem zum Management/Verwaltung des Krankenhauses, Software für allgemeine Zwecke, Fitness- oder Wellnessprodukte Entscheidend ist die medizinische Zweckbestimmung eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 6 Modularer Ansatz Krankenhausinformationssystem Patientenverwaltungssystem Administrative ITsysteme Kein MP Kein MP Medizinische ITsysteme MP Quelle: MEDDEV-Leitfaden für Software eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 7 Medizinische Zweckbestimmung • Die Zweckbestimmung wird definiert aus der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien, die vom Hersteller angegeben werden • Hinweise wie „Nicht zur Befundung geeignet“ oder „Das ist kein Medizinprodukt“ werden nicht berücksichtig bzw. befreien den Hersteller nicht von der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben für ein Medizinprodukt eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 8 Inverkehrbringung von Medizinprodukten • Voraussetzung für das Inverkehrbringen (Marktzulassung): CE-Kennzeichnung • Anbringung der CE-Kennzeichnung erfordert: Erfüllung der grundlegenden Anforderungen durch Anwendung von Normen Durchführung vorgeschriebener Konformitätsbewertungsverfahren • verbindliche RL für MP beschränken sich auf die Nennung sog. grundlegender Anforderungen der zutreffenden RL: 90/385/EWG (aktive implantierbare Medizinprodukte) 98/79/EWG (In-vitro-Diagnostika) 93/42/EWG (sonstige Medizinprodukte) • detaillierte technische Spezifikationen sind durch privatwirtschaftliche Normenorganisationen ausgearbeitet (auf diese Normen wird im Gesetz verwiesen) • Vorteil: Technische Ausführungsanforderungen sind schneller an den technischen Fortschritt anpassbar eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 9 In-vitro-Diagnostikum (IVD) ist jedes Medizinprodukt, das als Reagenz, Reagenzprodukt, Kalibriermaterial, Kontrollmaterial, Kit, Instrument, Apparat, Gerät oder System — einzeln oder in Voraussetzung für das Inverkehrbringen (Marktzulassung): Verbindung miteinander — nach der vom Hersteller CE-Kennzeichnung Ein „Aktives Medizinprodukt“ ist ein festgelegten Zweckbestimmung zur In-vitroMedizinprodukt, dessen Betrieb von einer Untersuchung von aus dem Körper stammenden Stromquelle oder einer anderen Energiequelle Proben, einschließlich Blut- und Gewebespenden, Anbringung der CE-Kennzeichnung erfordert: (mit Ausnahme der direkt vom menschlichen verwendet wird und ausschließlich oder Körper Erfüllung grundlegenden Anforderungen durch Anwendung von Normen oderder durch die Schwerkraft erzeugten hauptsächlich dazu dient, Informationen zu liefern: Energie) abhängig ist. Konformitätsbewertungsverfahren Durchführung vorgeschriebener - über physiologische oder pathologische Zustände oder angeboreneAnforderungen Anomalien oderder verbindliche RL für MP beschränken sich auf die Nennung sog.- über grundlegender - zur Prüfung auf Unbedenklichkeit und zutreffenden RL: Verträglichkeit bei den potentiellen Empfängern 90/385/EWG (aktive implantierbare Medizinprodukte) oder -zur Überwachung therapeutischer Maßnahmen. 98/79/EWG (In-vitro-Diagnostika) Inverkehrbringung von Medizinprodukten • • • 93/42/EWG (sonstige Medizinprodukte) • CAVE: In-vivo-Diagnostika (z.B. Kontrastmittel) fallen in Deutschland unter das Arzneimittelgesetz! detaillierte technische Spezifikationen sind durch privatwirtschaftliche Normenorganisationen ausgearbeitet (auf diese Normen wird im Gesetz verwiesen) • Vorteil: Technische Ausführungsanforderungen sind schneller an den technischen Fortschritt anpassbar eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 10 Inverkehrbringung von Medizinprodukten • Art des Konformitätsbewertungsverfahren sowie den Umfang der Beteiligung einer unabhängigen Prüf- und Zertifizierungsstelle (Benannte Stelle) ist vom potenziellen (Gesundheits-)Risiko der Produkte – nicht von ihrer Wirksamkeit – abhängig (Logik des Binnenmarktes!) • aktive implantierbare Medizinprodukte (90/385/EWG): keine weitere Unterscheidung nach Risikogesichtspunkten • MP nach RL 93/42/EWG: Produktdifferenzierung nach festgelegten Kriterien in Klassen • In-vitro-Diagnostika (98/79/EG): Einteilung in Gruppen • Konformitätsbewertungsverfahren sowie deren Durchführung sind in der dt. Verordnung über Medizinprodukte (MPV) geregelt. Diese verweist auf entsprechende Anhänge der europäischen Richtlinien. eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 11 Marktzulassung von Medizinprodukten • • • einheitliches Zulassungsverfahren in Europa wird jeweils von „Benannten Stellen“ (Zertifizierungsstellen) durchgeführt • in Deutschland derzeit 10, z. B. TÜV, BerlinCert (an der TUB) • in der EU insgesamt ca. 50 (in vielen Ländern nur 1 oder gar keine) Benennende Behörden der Benannten Stellen in Dtl: Benennung und Überwachung der Zertifizierungsstellen • ZLG - Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten: nichtaktive Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika • ZLS - Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik: aktive Medizinprodukte Ziel: Risiko für den Verbraucher bzw. den Patienten zu minimieren • Hersteller muss Produktsicherheit und medizinisch-technische Leistungsfähigkeit nachweisen • Zulassung basiert auf Überprüfung der Qualität und der Qualitätssicherungsmaßnahmen eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 12 Klassifizierung von Medizinprodukten nach RL 93/42/EWG • Wozu? zur Abschätzung des potentiellen Risikos • Wie? durch die Einteilung in Risikoklassen (I, IIa, IIb, III) • Wonach? Anwendung der 18 Regeln im Anhang IX der Richtlinie (93/42/EWG) unter Berücksichtigung aller Charakteristika des MP Zweckbestimmung Angewandte Technologie (aktiv, nicht aktiv ...) Anwendungsart, -dauer (<1h, <30d, >30d), -ort eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 13 I Produkte mit niedrigem Risiko, die meisten nicht-invasiven Produkte und wiederverwendbare chirurgische Instrumente IIa nicht aktive Produkte mit mittlerem Risiko, invasive und nichtinvasive Produkte für kurzzeitige Benutzung IIb aktive Produkte mit mittlerem Risiko, die Substanzen oder Energie mit potentiellem Risiko emittieren, und Produkte für längere Nutzung III Produkte mit hohem Risiko und solche, die mit dem Gefäßsystem oder dem zentralen Nervensystem in Kontakt kommen eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 14 Zunehmendes Gefährdungspotenzial des Medizinproduktes Klassen von Medizinprodukte nach Richtlinie 93/42/EWG Klassen von Medizinprodukte nach Richtlinie 93/42/EWG eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 15 Zulassung nach Produktklassen nach RL 93/42/EWG Klassifizierung der Medizinprodukte gem. Anhang IX Medizinprodukte-RL Klassen I, IIa, IIb, III I, IIa EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang VII IIb, III EG-Baumusterprüfung gemäß Anhang III I I1, IIa, IIb, III EG-Prüfung gemäß Anhang IV I1, IIa, IIb, III EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang V (Qualitätssicherung der Produktion) I1, IIa, IIb EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang VI (Qualitätssicherung der Produkte) IIa, IIb, III EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang II vollständiges Qualitätssicherungssystem eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 16 IIa, IIb ohne Prüfung der Produktauslegung (Abschnitt 4) III mit Prüfung der Produktauslegung (Abschnitt 4) CE Beteiligung einer benannten Stelle nicht erforderlich CE + Kennnummer der benannten Stelle Beteiligung einer benannten Stelle erforderlich Umfang der Beteiligung ist abhängig vom Risikograd des Medizinproduktes Klassifizierungsregeln Nicht invasive Produkte Invasive Produkte Zusätzliche Regeln für aktive Produkte Besondere Regeln Regel 1-4 Regel 5-8 Regel 9-12 Regel 13-18 eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 17 Wesentliche Klassifizierungsmerkmale von nicht-invasiven Medizinprodukten Regel 1: alle nicht invasiven Produkte, für die keine andere Regel zutrifft: Klasse I Regel 2: Produkte zur Durchleitung von Blut oder zur Aufbewahrung von Blut etc., oder Einsatz mit Produkten der Klasse IIa oder höher: Klasse IIa Regel 3: Produkte zur Veränderung der biologischen und chemischen Zusammensetzung des Blutes, wenn in den Körper perfundiert: Klasse IIb Regel 4: Produkte, die in Berührung mit verletzter Haut kommen als mechanische Barriere: Klasse IIa • mit Beeinflussung der Mikroumgebung einer Wunde: Klasse IIa • bei Durchtrennung der Dermis: Klasse IIb eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 18 Wesentliche Klassifizierungsmerkmale von invasiven Medizinprodukten I Regel 5: Produkte (außer chirurgisch-invasiven) für • vorübergehende Anwendung: Klasse I • kurzzeitige Anwendung und bei Verwendung zusammen mit aktiven Produkten der Klasse IIa oder höher: Klasse IIb Regel 6: • Wiederverwendbare chirurgische Instrumente: Klasse I • chirurgisch-invasive Produkte für die vorübergehende Anwendung: Klasse IIa • Produkte zur Energieabgabe (ionisierende Strahlung): Klasse IIb • Produkte mit biologischer Wirkung: Klasse IIb • Produkte zur Verabreichung von Arzneimitteln mit potentieller Gefährdung: Klasse IIb • Produkte, die resorbiert werden: Klasse IIb • Produkte für den Einsatz am Herzen oder am zentralen Kreislaufsystem: Klasse III eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 19 Wesentliche Klassifizierungsmerkmale von invasiven Medizinprodukten II Regel 7: • Chirurgisch-invasive Produkte für kurzzeitige Anwendung: Klasse IIa • Produkte zur Energieabgabe (ionisierende Strahlung) und zur Abgabe von Arzneimitteln: Klasse IIb • Produkte für den Einsatz am Herzen oder am zentralen Kreislaufsystem: Klasse III • Produkte in Kontakt mit dem zentralen Nervensystem: Klasse III • Produkte mit biologischer Wirkung oder Resorption: Klasse III Regel 8: • Produkte zur Implantierung in Zähne: Klasse IIa • alle implantierbaren Produkte und chirurgisch-invasiven Produkte zur langzeitigen Anwendung, wenn keine andere Regel zutrifft: Klasse IIb • Produkte für den Einsatz am Herzen oder am zentralen Kreislaufsystem: Klasse III • Produkte in Kontakt mit dem zentralen Nervensystem: Klasse III • Produkte mit biologischer Wirkung oder Resorption: Klasse III • Produkte zur Abgabe von Arzneimitteln: Klasse III eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 20 Zusatzregeln für aktive (energiebetriebene) Produkte – Hierzu gehört auch stand-alone Software Regel 9 (aktive therapeutische Produkte, um „biologische Funktionen oder Strukturen im Zusammenhang mit der Behandlung oder Linderung einer Krankheit, Verwundung oder Behinderung zu erhalten, zu verändern, zu ersetzen oder wiederherzustellen“): • grundsätzlich :Klasse IIa • bei potentieller Gefährdung: Klasse Iib • zur Leistungssteuerung oder Leistungskontrolle von aktiven therapeutischen Produkten: Klasse IIb Regel 10 (aktive diagnostische Produkte, um „eine direkte Diagnose oder Kontrolle von vitalen Körperfunktionen zu ermöglichen“): • grundsätzlich: Klasse IIa • mit potentieller Gefährdung (z. B. Änderung der Herzfunktion, der Atmung oder der Aktivität des zentralen Nervensystems): Klasse IIb • zur Aussendung ionisierender Strahlung und Produkte zur Steuerung oder Kontrolle solcher Produkte: Klasse IIb eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 21 Zusatzregeln für aktive (energiebetriebene) Produkte – Hierzu gehört auch stand-alone Software Regel 11 (aktiven Produkte zur Abgabe von Arzneimitteln, Körperflüssigkeiten und anderen Stoffen an den Körper oder/und für deren Entfernung): • grundsätzlich: Klasse IIa • bei potentieller Gefährdung: Klasse Iib Regel 12: alle anderen aktiven Produkte: Klasse I Grundsätzlich gilt für Software die Auffangregel 12, und somit die Risikoklasse I Außer: die Software ist dazu bestimmt, direkte Diagnose oder Kontrolle von vitalen Körperfunktion zu ermöglichen oder für die radiologische Diagnostik/Therapie bestimmt (dann Klasse IIa oder IIb) eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 22 Besondere Regeln Regel 13: Produkte zu deren Bestandteil ein Stoff gehört, der bei gesonderter Verwendung als Arzneimittel angesehen werden kann: Klasse III Regel 14: • Produkte zur Empfängnisverhütung und zum Schutz vor der Übertragung sexuell übertragbaren Krankheiten: IIb • Produkte zur Empfängnisverhütung und zum Schutz vor der Übertragung sexuell übertragbaren Krankheiten ,wenn diese implantiert werden oder wenn es sich um invasive Produkte zur langzeitigen Anwendung handelt: Klasse III Regel 15: • Produkte speziell zur Desinfektion von Produkten: Klasse IIa • Produkte zur Desinfektion, Reinigung, Spülung und zum Hydratisieren von Kontaktlinsen: Klasse IIb Regel 16: Nicht-aktive Produkte zur Aufzeichnung von Röntgendiagnosebildern: Klasse IIa (neu: digitaler Röntgenbildempfänger: IIb) Regel 17: Produkte, die unter Verwendung von tierischen Geweben oder Folgeerzeugnissen hergestellt werden: Klasse III Regel 18: Blutbeutel: Klasse IIb eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 23 Beispiel: Benannte Stellen eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 24 Problem: Medizinische Apps • Markt unterscheidet sich vom konventionellen MP-Markt: • Hersteller: häufig branchenfremd, schnellere Herstellung • Zielgruppe: bisher überwiegend Gesunde (teilweise mit Risikofaktoren), Nutzergruppe und -umgebung unklarer • Angebotsform: Internet, Appstores, häufig kostenlos / niedrigpreisig • Release-Zyklus: meist weniger als 1 Jahr bzw. laufend • Plattformen: vielfältiger • Risikoklassifizierung: nicht immer eindeutig Quelle: Knöppler: Transfer von digital Health Anwendungen 2016 eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 25 Ist das bestehende Zulassungsverfahren passend für die digitalen Angebote? Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfARM) geht grundsätzlich davon aus, dass die Regelungen des Medizinproduktegesetzes (MPG) ausreichend sind, um den Markt für medizinische Apps zu regulieren eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 26 Neue Medizinprodukte-Verordnung soll mehr Klarheit bringen • Neue „MDR“ (medical devices regulation) soll Anfang 2017 EU-weit veröffentlich werden • u.a. klarere Regeln für Software • Software zur Vorhersage/Prognose von Krankheiten wird als MP gezählt • Neue Regel 10a: Software, die Informationen bereitstellt um Entscheidungen zur Diagnose und Therapie zu beeinflussen, fällt in die Klasse IIa (oder höher sofern sie indirekt oder direkt einen größeren Schaden verursachen kann) • Software, die dazu gedacht ist, physiologische Prozesse zu überwachen, fällt in Klasse IIa, es sein denn, dass Veränderungen von Vitalparametern zur unmittelbaren Gefahr für den Patienten werden können dann ist die Software in Klasse IIb einzuordnen. Quelle: https://www.johner-institut.de • Jede andere Software fällt in Klasse I eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 27 Zertifizierung bedeutet nicht automatisch Kostenübernahme durch die GKV! 1. Marktzugang von Medizinprodukten 2. Erstattung von Medizinprodukten eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 28 Erweiterung des Dreiecks (für Medizinprodukte) Zahler (GKV) Beitrag/Steuern Vergütung für Produkt und/oder Dienstleistung Regulierer med. Leistungserbringer (z.B. Krankenhaus) Patient Zuzahlungen Hilfsmitteldistributeur (z.B. Sanitätshaus) eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 29 Hersteller Medizinprodukte nach Vergütungsgesichtspunkte Medizinprodukte Kategorie I Hilfsmittel Kategorie II Implantate & EndoProthesen i.d.R. Standardprodukte, die einem individuellen Patienten verschrieben und gegeben werden (z.B. Inkontinenzunterlagen, Rollstühle) – Produkt, nicht Dienstleistung steht im Mittelpunkt Medizinprodukte, die einem individuellen Patienten implantiert oder angepasst werden (z.B. GelenkEndoprothesen, Stents, Herzschrittmacher) – zumeist steht die Dienstleistung im Vordergrund eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 30 Kategorie III “Medizintechnik zur Arzt-Unterstützung” Technische Geräte, die Ärzte bei Diagnostik und Behandlung unterstützen (Röntgen, Endoskope); Finanzierung in zwei Stufen: • IIIa: Investition • IIIb: Refinanzierung über Dienstleistungen Erweiterung des Dreiecks (für Medizinprodukte) Zahler (GKV) II Beitrag/Steuern Vergütung für Produkt und/oder Dienstleistung II Patient Zuzahlungen III b III b med. Leistungserbringer (z.B. Krankenhaus) (Investition) I III a I II Hilfsmitteldistributeur (z.B. Sanitätshaus) Hersteller I NB: I, II, IIIa und IIIb beziehen sich auf die Kategorien in der vorherigen Abbildung eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 31 Kategorie I: Hilfsmittel − Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 SGB V Versorgung mit • Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln die im Einzelfall erforderlich sind, um • den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 32 Kategorie I: Hilfsmittel − Begrenzung der Versorgung mit Hilfsmitteln § 33 Abs. 1 Satz 5: Wahl von Hilfsmitteln / zusätzlichen Leistungen durch den Versicherten, die das Maß des Notwendigen übersteigen Mehrkosten / höhere Folgekosten trägt der Versicherte § 33 Abs. 2, 3, 4: Begrenzung bei Sehhilfen / Kontaktlinsen Details regelt die HilfsM-RL § 33 Abs. 5: Krankenkasse kann Hilfsmittel leihweise überlassen § 33 Abs. 6: Verträge nach § 127 Abs. 1 zwischen Krankenkassen und Leistungserbringer über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Versorgung der Versicherten i.d.R. nur durch Vertragspartner § 33 Abs. 7 & § 36: Begrenzung des Leistungsumfangs durch vertraglich vereinbarte Preise oder Festbeträge § 33 Abs. 8 i.V.m. § 61 S. 1: Zuzahlungen 10%, max. € 10,- je Indikation und Monat § 34 Abs. 4: Ausschluss durch Verordnung des BMG („geringer oder umstrittener therapeutischer Nutzen“) eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 33 Kategorie I: Hilfsmittel − Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit von Hilfsmitteln G-BA regelt Grundlagen für die Verordnung von Hilfsmitteln in der Hilfsmittel-Richtlinie (§ 92 SGB V) GKV Spitzenverband erstellt systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis (HMV), legt soweit erforderlich besondere Qualitätsanforderungen für Hilfsmittel fest und führt das HMV regelmäßig fort (§ 139 SGB V, Abs. 1 & 2) Hersteller stellt Antrag zur Aufnahme des Hilfsmittels an GKV Spitzenverband - Nachweis von: Funktionstauglichkeit und Sicherheit, Erfüllung der Qualitäts-anforderungen, soweit erforderlich den medizinischen Nutzen ( für MP i.S.d. §3 Abs. 1 MPG gilt der Nachweis der Funktionstauglichkeit und Sicherheit mit der CE-Kennzeichnung als grundsätzlich erbracht) (§ 139 SGB V, Abs. 3 & 4) GKV Spitzenverband entscheidet über die Aufnahme eines Hilfsmittels ins HMV (teilweise prüft der Medizinische Dienst) (§ 139 SGB V, Abs. 3) GKV Spitzenverband bestimmt Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden, legt die Einzelheiten der Versorgung fest und setzt einheitliche Festbeträge fest (§ 36 SGB V) eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 34 Kategorie I: Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis: Produktgruppen Titel Nr. der Produktgruppe Nr. der Produktgruppe Titel Absauggeräte 01 Krankenfahrzeuge 18 Adaptationshilfen 02 Krankenpflegeartikel 19 Applikationshilfen 03 Lagerungshilfen 20 Badehilfen 04 Messgeräte für Körperzustände/ -funktionen 21 Bandagen 05 Mobilitätshilfen 22 Bestrahlungsgeräte 06 Orthesen 23 Blindenhilfsmittel 07 Prothesen 24 Einlagen 08 Sehhilfen 25 Elektrostimulationsgeräte 09 Sitzhilfen 26 Gehhilfen 10 Sprechhilfen 27 Hilfsmittel gegen Dekubitus 11 Stehhilfen 28 Hilfsmittel für Kehlkopflose 12 Stomaartikel 29 Hörhilfen 13 Schienen 30 Inhalations-/ Atemtherapiegeräte 14 Schuhe 31 Inkontinenzhilfen 15 Therapeutische Bewegungsgeräte 32 Kommunikationshilfen 16 Toilettenhilfen 33 Kompressionstherapie 17 Verschiedenes 99 eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 35 35 eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 36 Kategorie I: Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis: Produktgruppe 16 „Kommunikationshilfen“ Medizinprodukte nach Vergütungsgesichtspunkte Medizinprodukte Kategorie I Hilfsmittel Kategorie II Implantate & EndoProthesen i.d.R. Standardprodukte, die einem individuellen Patienten verschrieben und gegeben werden (z.B. Inkontinenzunterlagen, Rollstühle) – Produkt, nicht Dienstleistung steht im Mittelpunkt Medizinprodukte, die einem individuellen Patienten implantiert oder angepasst werden (z.B. GelenkEndoprothesen, Stents, Herzschrittmacher) – zumeist steht die Dienstleistung im Vordergrund eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 37 Kategorie III “Medizintechnik zur Arzt-Unterstützung” Technische Geräte, die Ärzte bei Diagnostik und Behandlung unterstützen (Röntgen, Endoskope); Finanzierung in zwei Stufen: • IIIa: Investition • IIIb: Refinanzierung über Dienstleistungen III Medizintechnik zur Arzt-Unterstützung (im Krankenhaus) Wirtschaftsgut Verbrauchsgut Anlagegut Errichtung und Erstausstattung Wiederbeschaffung ND ≥ 3 Jahre Investitionskostenfinanzierung über staatliche Fördermittel eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 38 ND < 3 Jahre (Gebrauchsgut) Betriebskostenfinanzierung über das deutsche Fallpauschalensystem (G- DRG) Noch mehr Interesse an Gesundheit? https://www.facebook.com/mig.tuberlin https://twitter.com/tubhealth eHealth Grundlagen/ VL 8 / Medizinprodukte Seite 39