Supraleiter haben gut Lachen

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Die Branche zeigt sich optimistisch: Pilotprojekte in Kraftwerken,
Stromnetzen und Generatoren demonstrieren Lösungen für Aufgaben
der Energiewende. V.l.n.r.: Dr. Bauer (THEVA), Dr. Bäcker (Deutsche
Nanoschicht), Dr. Aubele (Bruker EAS) und Prof. Holzapfel (IFW
Dresden)
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Fachtagung in Bonn sucht Killer-Applikation
12.03.2012
Supraleiter haben gut Lachen
Hochtemperatursupraleiter werden als Problemlöser wertvolle Beiträge
zur Energiewende leisten – dies war der Tenor auf der Fachtagung ZIEHL
III. Zum dritten Mal trafen sich Experten aus Anwendung, Forschung und
Industrie am 6. und 7. März in Bonn. Themenschwerpunkte der
diesjährigen Tagung waren Netztechnik und -schutz, Generatoren und
Motoren, sowie neue Materialentwicklungen. BINE Informationsdienst war
mit einem Stand im Ausstellungsbereich vertreten, auch um das neue
Forschungsportal www.eneff-industrie.info zu präsentieren.
Dr. Werner Prusseit, Präsident des
Industrieverbands. Supraleitung e.V. (ivSupra),
ehrt während der Tagung MinR Dr. Knut
Kübler, der maßgebliche Impulse in der
Forschungsförderung für die Supraleitung
gesetzt hat.
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Einführend stellte Dr. Knut Kübler (BMWi) die enormen
Herausforderungen vor, die sich aus den energiepolitischen Vorgaben bis
2050 ergeben. Das 6. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung
soll Weichen stellen, um das Zeitalter der Erneuerbaren und der
Energieeffizienz zu erreichen. Dabei bildet die
Hochtemperatur-Supraleitung einen strategisch wichtigen Förderbereich.
Vorteile und Kundennutzen supraleitender Systeme
Die begleitende Ausstellung stellte
Forschungsprojekte und Produkte vor. Im Bild
ein 24 kV HTS Kabel.
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Mit supraleitenden Kabeln, Fehlerstrombegrenzern, Generatoren,
Motoren und Heizern u.a. eröffnen sich wirtschaftlich und ökologisch neue
Perspektiven in der Industrie und in der Energietechnik. Vorträge
diskutierten die Fragestellung, wo die wirtschaftlich interessanten
Anwendungen liegen und in welchen Fällen die Vorteile auch höhere
Investitionskosten rechtfertigen. Ein aktueller Fokus liegt auf
Netztechnologien, die eine besonders wirtschaftliche Nutzung
regenerativer Energien erlauben und Netzerweiterungen effizienter und
ökologisch verträglicher machen.
So seien beispielsweise die maximalen Verluste von
Rund 150 Wissenschaftler diskutieren in Bonn
aktuelle Entwicklungen der Supraleitertechnik
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So seien beispielsweise die maximalen Verluste von
HTS-Mittelspannungskabeln deutlich geringer als die konventioneller
Kabel, das tatsächliche Verlustverhältnis hinge aber entscheidend vom
Auslastungsgrad ab. Weitere Vorträge konkretisierten solche
Zusammenhänge mit Fallbeispielen, so etwa einer Netzstudie für das
innerstädtische Verteilnetz in Essen.
Ein weiterer wichtiger Kundennutzen ist die Rohstoffeffizienz. Mit den
Supraleitern der zweiten Generation werden nicht nur große Mengen Seltener Erden eingespart, deren
Preissprünge jüngst für Aufsehen sorgen. Auch der Verbrauch andere Materialien wie Kupfer und Stahl reduziert
sich im Vergleich zu konventionellen Systemen.
Netztechnik und Netzschutz
Supraleitende Strombegrenzer schützen Kraftwerke und Stromnetze vor Kurzschlüssen mit bisher nicht
realisierbaren Schutzkonzepten. Sie haben das Potenzial einer „Killer-Applikation“ für das künftige Stromnetz. So
lassen sich beispielsweise Mittelspannungsnetze besser vermaschen, ohne dass die Kurzschlussleistung in den
Teilnetzen steigt. Komponenten wie Transformatoren werden gleichmäßiger ausgelastet und das Gesamtsystem
gewinnt Leistungsfähigkeit und Flexibilität. Dezentrale Stromerzeuger wie Windenergieanlagen können ohne
Umweg über das Hochspannungsnetz direkt in diese Spannungsebene einspeisen.
Stromerzeugung und -nutzung
Supraleiter ermöglichen den Bau besonders kompakter und leichter Generatoren und Motoren kombiniert mit
einem hohen Wirkungsgrad. Sehr große Windenergieanlagen profitieren davon besonders, denn das
Turmkopfgewicht beeinflusst die Dimensionierung weiterer Bauteile vom Turm bis hin zum Fundament. Aber auch
in Schiffen, wo Bauraum knapp und teuer ist, und Gewichtseinsparungen gleichbedeutend mit
Treibstoffeinsparung ist, sehen die Forscher interessante Einsatzmöglichkeiten. Vorgestellt wurden Konzepte und
Prototypen, die von kleinen hochdynamischen Industriemotoren bis hin zu großen Kraftwerksgeneratoren
reichen.
Betriebserfahrung, Zuverlässigkeit, Kryotechnik
Über die optimale Funktion und Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems entscheidet nicht alleine die Qualität und
die Kosten des Supraleiters. Sowohl die Kälteerzeugung als auch das Vakuumsystem spielen eine entscheidende
Rolle. In manchen Fällen dominieren diese Aufwendungen die Gesamtkosten. So waren Erfahrungen bei der
Evakuierung großer Kryosysteme ebenso ein wichtiges Thema, wie die Verfügbarkeit von
Tieftemperaturkühlgeräten verschiedener Leistungsklassen. Dr. Erik Marzahn von Nexans steuerte praktische
Erfahrungen aus dem Betrieb des weltweit längsten Supraleiterkabel bei: Die 600 m lange
138-kV-Stromverbindung wurde 2008 nahe New York in Betrieb genommen. Es besteht aus drei einphasigen
HTS-Kabeln der ersten Generation. Das System kann bei voller Auslastung bis zu 574 MVA Leistung übertragen
und bis zu 300.000 Haushalte mit Strom versorgen.
HTS-Materialien als Schlüssel zur Anwendung
Der letzte Themenblock widmete sich den Materialentwicklungen. Hochtemperatur-Supraleiter der zweiten
Generation basieren auf einer Schichtarchitektur: Auf ein metallisches Trägerband werden zunächst keramische
Pufferschichten und dann die eigentliche Supraleiterschicht (YBCO) abgeschieden. Hierzu werden
unterschiedliche physikalische und chemische Verfahren für die Produktion im großen Maßstab optimiert.
Physikalische Methoden wie Sputtern, Laserablation oder Elektronenstrahlverdampfung erzielen Schichten mit
höherer Performance. Mit der Elektronenstrahlbeschichtung gelang es der THEVA GmbH bereits, die
Stromdichte von 1000 A/mm² zu überschreiten. Da die physikalischen Verfahren im Hochvakuum ablaufen,
werden geringere Beschichtungsraten erreicht als bei chemischen Prozessen wie der chemischen Beschichtung
(Chemical Solution Deposition - CSD). Eine Mittelstellung nimmt die chemische Vakuumbeschichtung (Metal
Stromdichte von 1000 A/mm² zu überschreiten. Da die physikalischen Verfahren im Hochvakuum ablaufen,
werden geringere Beschichtungsraten erreicht als bei chemischen Prozessen wie der chemischen Beschichtung
(Chemical Solution Deposition - CSD). Eine Mittelstellung nimmt die chemische Vakuumbeschichtung (Metal
Organic Chemical Vapour Deposition - MOCVD) ein, die nur ein moderates Vakuum erfordert.
Weltweit arbeiten Hersteller an der Verbesserung der Stromtragefähigkeit, der Minimierung der
Wechselstromverluste und an einer höheren Toleranz gegenüber Magnetfeldern.
Diskutiert wurden auch neue eisenbasierte Pniktidsupraleiter. Die Forscher zeigten sich skeptisch: Bisher
scheinen noch keine signifikanten Vorteile gegenüber etablierten Technologien erkennbar zu sein und die
Drahtherstellung gestaltet sich schwierig. In zwei Jahren wollen sich die Forscher erneut zu ZIEHL IV
zusammenfinden.
Veranstalter
„ZIEHL“ wird vom Industrieverband Supraleitung (IVSupra), dem Karlsruhe Institute of Technology (KIT) und dem
Projektträger Jülich (PtJ) mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi)
veranstaltet.
Weitere Informationen vom BINE Informationsdienst zum Thema:
"Strom in Grenzen halten", ein BINE Interview mit Prof. Dr. Noe (KIT) und Dr. Bock (Nexans) zu
Strombegrenzern
Projektinfo 6/2010 "Hochtemperatur Supraleiter"
Projektinfo 12/2011 "Supraleitende Strombegrenzer im Kraftwerk"
(me)
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