Emotionale Störung im Kindesalter und

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VORLESUNGSREIHE
KJP
WS 2012/2013
Ulm, 15. November 2012
Prof. Dr. med. Andrea G. Ludolph
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie
Universitätsklinikum Ulm
Emotionale Störungen des Kindesalters
und
Depression
Prof. Dr. med. Andrea G. Ludolph
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie
Universitätsklinikum Ulm
Verhaltens- und emotionale Störungen
mit Beginn in der Kindheit und Jugend
F93.- Emotionale Störungen des Kindesalters
Diese stellen in erster Linie Verstärkungen
normaler Entwicklungstrends dar und weniger
eigenständige, qualitativ abnorme Phänomene.
Die Entwicklungsbezogenheit ist das
diagnostische Schlüsselmerkmal für die
Unterscheidung der emotionalen Störungen mit
Beginn in der Kindheit (F93.-) von den
neurotischen Störungen (F40-F48).
Exkl.: Wenn mit einer Störung des Sozialverhaltens verbunden (F92.-)
Verhaltens- und emotionale Störungen
mit Beginn in der Kindheit und Jugend
F93.0 Emotionale Störung mit Trennungsangst
des Kindesalters
Eine Störung mit Trennungsangst soll nur dann
diagnostiziert werden, wenn die Furcht vor Trennung den
Kern der Angst darstellt und wenn eine solche Angst
erstmals während der frühen Kindheit auftrat. Sie
unterscheidet sich von normaler Trennungsangst durch
eine unübliche Ausprägung, eine abnorme Dauer
über die typische Altersstufe hinaus und durch deutliche
Probleme in sozialen Funktionen.
Exkl.:
Affektive Störungen (F30-F39)
Neurotische Störungen (F40-F48)
Phobische Störung des Kindesalters (F93.1)
Störung mit sozialer Überempfindlichkeit des Kindesalters
(F93.2)
Verhaltens- und emotionale Störungen
mit Beginn in der Kindheit und Jugend
F93.1 Phobische Störung des Kindesalters
Es handelt sich um Befürchtungen in der
Kindheit, die eine deutliche Spezifität für die
entsprechenden Entwicklungsphasen aufweisen
und in einem gewissen Ausmaß bei der
Mehrzahl der Kinder auftreten, hier aber in einer
besonderen Ausprägung. Andere in der Kindheit
auftretende Befürchtungen, die nicht normaler
Bestandteil der psychosozialen Entwicklung
sind, wie z.B. die Agoraphobie sind
unter der entsprechenden Kategorie in Abschnitt
F40-F48 zu klassifizieren.
Exkl.: Generalisierte Angststörung (F41.1)
Verhaltens- und emotionale Störungen
mit Beginn in der Kindheit und Jugend
F93.2 Störung mit sozialer Ängstlichkeit des
Kindesalters
Bei dieser Störung besteht ein Misstrauen
gegenüber Fremden und soziale Besorgnis oder
Angst in neuen, fremden oder sozial
bedrohlichen Situationen.
Diese Kategorie sollte nur verwendet
werden, wenn solche Ängste in der frühen
Kindheit auftreten und sie ungewöhnlich stark
ausgeprägt sind und zu deutlichen Problemen
in der sozialen Funktionsfähigkeit führen.
Inkl.: Vermeidende Störung in der Kindheit und Jugend
Verhaltens- und emotionale Störungen
mit Beginn in der Kindheit und Jugend
F93.3 Emotionale Störung mit Geschwisterrivalität
Die Mehrzahl junger Kinder zeigt gewöhnlich ein
gewisses Ausmaß emotionaler Störungen nach
der Geburt eines unmittelbar nachfolgenden
jüngeren Geschwisters. Eine emotionale Störung
Mit Geschwisterrivalität soll nur dann diagnostiziert werden, wenn sowohl das Ausmaß als
auch die Dauer der Störung übermäßig ausgeprägt sind und mit Störungen der sozialen
Interaktionen einhergehen.
Inkl.: Geschwistereifersucht
Verhaltens- und emotionale Störungen
mit Beginn in der Kindheit und Jugend
F93.8
Sonstige emotionale Störungen des Kindesalters
Inkl.: Identitätsstörung
Störung mit Überängstlichkeit
Exkl.: Störung der Geschlechtsidentität
des Kindesalters (F64.2)
F93.9 Emotionale Störung des Kindesalters,
nicht näher bezeichnet
Emotionale Dysregulation =
Beeinträchtigte Affektive Regulation =
Erhöhte Irritabilität, emotionale Labilität
Disruptive Mood Dysregulation Disorder
DMDD
Disruptive Mood Dysregulation Disorder
DMDD
Temper dysregulation disorder
with dysphoria
Zurzeit vorgesehene DSM 5 Kriterien
A. The disorder is characterized by severe recurrent
temper outbursts that are grossly out of proportion in intensity or
duration to the situation.
1. The temper outbursts are manifest verbally and/or behaviorally,
such as in the form of verbal rages or physical aggression towards
people or property.
2. The temper outbursts are inconsistent with developmental level.
B. Frequency: The temper outbursts occur, on average, three or
more times per week.
C. Mood between temper outbursts:
1. Nearly every day, most of the day, the mood between temper
outbursts is persistently irritable or angry.
2. The irritable or angry mood is observable by others
(e.g., parents, teachers, peers).
Zurzeit vorgesehene DSM 5 Kriterien
D. Duration: Criteria A-C have been present for 12 or more months.
Throughout that time, the person has not had 3 or more consecutive
months when they were without the symptoms of Criteria A-C.
E. Criterion A or C is present in at least two settings
(at home, at school, or with peers) and must be severe in at least
in one setting.
F. The diagnosis should not be made for the first time before
age 6 or after age 18.
G. The onset of Criteria A through E is before age 10 years.
Zurzeit vorgesehene DSM 5 Kriterien
H. There has never been a distinct period lasting more than one day
during which abnormally elevated or expansive mood was present
most of the day, and the abnormally elevated or expansive mood
was accompanied by the onset, or worsening, of three of the
“B” criteria of mania (i.e., grandiosity or inflated self-esteem,
decreased need for sleep, pressured speech, flight of ideas,
distractibility, increase in goal directed activity, or
excessive involvement in activities with a high potential for painful
Consequences).
Abnormally elevated mood should be differentiated from
developmentally appropriate mood elevation, such as occurs in the
context of a highly positive event or its anticipation.
Zurzeit vorgesehene DSM 5 Kriterien
I. The behaviors do not occur exclusively during an episode of
Major Depressive Disorder and are not better accounted for by
another mental disorder
(e.g., Autism Spectrum Disorder,
Posttraumatic Stress Disorder,
Separation Anxiety Disorder, Dysthymic Disorder).
(Note: This diagnosis cannot co-exist with Oppositional Defiant
Disorder (ODD) or Bipolar Disorder, though it can co-exist with
Attention Deficit/Hyperactivity Disorder, Conduct Disorder, and
Substance Use Disorders. Individuals meeting criteria for both
DMDD and ODD should only be given the diagnosis of DMDD.
If an individual has ever experienced a manic or hypomanic episode,
the diagnosis of DMDD should not be assigned.)
The symptoms are not due to the effects of a drug or to a general
medical or neurological condition.
Very Common Symptoms of
Childhood Bipolar Disorder
Separation anxiety, Social anxiety
Rages & explosive temper tantrums (lasting up to several hours)
Marked irritability
Oppositional behavior
Frequent mood swings
Distractibility
Hyperactivity, Impulsivity
Restlessness/ fidgetiness
Silliness, goofiness, giddiness
Racing thoughts
Aggressive behavior
Grandiosity
Carbohydrate cravings
Risk-taking behaviors
Depressed mood, Lethargy
Low self-esteem
Difficulty getting up in the morning
Oversensitivity to emotional or environmental triggers
Common Symptoms of
Childhood Bipolar Disorder & Comorbidities
Bed-wetting (especially in boys)
Night terrors
Rapid or pressured speech
Obsessional behavior
Excessive daydreaming
Compulsive behavior
Motor & vocal tics
Learning disabilities
Poor short-term memory
Lack of organization
Fascination with gore or morbid topics
Hypersexuality
Manipulative behavior
Bossiness
Lying
Suicidal thoughts
Destruction of property
Paranoia (Verfolgungswahn)
Halluzinationen & Delusionen (Wahnvorstellungen)
Bipolare Störung im ICD 10
Affektive Störungen
(F30-F39)
Diese Gruppe enthält Störungen deren
Hauptsymptome in einer Veränderung der Stimmung
oder der Affektivität entweder zur Depression - mit oder
ohne begleitende(r) Angst - oder zur gehobenen
Stimmung bestehen. Dieser Stimmungswechsel wird
meist von einer Veränderung des allgemeinen
Aktivitätsniveaus begleitet. Die meisten anderen
Symptome beruhen hierauf oder sind im Zusammenhang
mit dem Stimmungs- und Aktivitätswechsel leicht zu v
erstehen. Die meisten dieser Störungen neigen zu
Rückfällen. Der Beginn der einzelnen Episoden ist oft
mit belastenden Ereignissen oder Situationen in
Zusammenhang zu bringen.
F30 Manische Episode
F30.0 Hypomanie
anhaltende, leicht gehobene Stimmung, gesteigerten Antrieb und
Aktivität und in der Regel auch ein auffallendes Gefühl von
Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit.
Gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit, übermäßige Vertraulichkeit,
gesteigerte Libido und vermindertes Schlafbedürfnis sind häufig
vorhanden, aber nicht in dem Ausmaß, dass sie zu einem Abbruch
der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung führen.
Reizbarkeit, Selbstüberschätzung und flegelhaftes Verhalten
können an die Stelle der häufigen euphorischen Geselligkeit treten.
Die Störungen der Stimmung und des Verhaltens werden nicht v
on Halluzinationen oder Wahn begleitet.
F30 Manische Episode
F30.1 Manie ohne psychotische Symptome
Die Stimmung ist situationsinadäquat gehoben und kann zwischen
sorgloser Heiterkeit und fast unkontrollierbarer Erregung schwanken.
Die gehobene Stimmung ist mit vermehrtem Antrieb verbunden,
dies führt zu Überaktivität, Rededrang und vermindertem
Schlafbedürfnis. Die Aufmerksamkeit kann nicht mehr aufrechterhalten
werden, es kommt oft zu starker Ablenkbarkeit.
Die Selbsteinschätzung ist mit Größenideen oder übertriebenem
Optimismus häufig weit überhöht. Der Verlust normaler sozialer
Hemmungen kann zu einem leichtsinnigen, rücksichtslosen oder
in Bezug auf die Umstände unpassenden und
persönlichkeitsfremden Verhalten führen.
F30.2 Manie mit psychotischen Symptomen
Zusätzlich zu dem unter F30.1 beschriebenen klinischen Bild
treten Wahn (zumeist Größenwahn) oder Halluzinationen
(zumeist Stimmen, die unmittelbar zum Betroffenen sprechen) auf.
F31 Bipolare affektive Störung
Hierbei handelt es sich um eine Störung, die durch
wenigstens zwei Episoden charakterisiert ist, in denen
Stimmung und Aktivitätsniveau des Betroffenen
deutlich gestört sind. Diese Störung besteht einmal in
gehobener Stimmung, vermehrtem Antrieb und Aktivität
(Hypomanie oder Manie), dann wieder in einer
Stimmungssenkung und vermindertem Antrieb und
Aktivität (Depression). Wiederholte hypomanische
oder manische Episoden sind ebenfalls als
bipolar zu klassifizieren.
Bipolare Störung im ICD 10
Severe affective and behavioural dysregulation is associated
with significant psychosocial adversity and impairment.
Jucksch V,
BACKGROUND:
Recently, a highly heritable behavioral phenotype of simultaneous
deviance on the Anxious/Depressed, Attention Problems, and
Aggressive Behavior syndrome scales has been identified on the
Child Behavior Checklist (CBCL-Dysregulation Profile, CBCL-DP).
This study aims to investigate psychosocial adversity and impairment
of the CBCL-DP.
METHODS:
A total of 9024 patients aged 4-18 years were assessed using the
CBCL, and the axes V and VI of ICD-10.
J Child Psychol Psychiatry. 2011 Jun;52(6):686-95.
Severe affective and behavioural dysregulation is associated
with significant psychosocial adversity and impairment.
Jucksch V
RESULTS:
ANOVA revealed significant differences regarding
psychosocial adversity and
impairment between patients with CBCL-DP phenotype and the
clinical control group,
patients with attention problems, and patients with attention problems
and additional anxious/depressed symptoms as assessed by the CBCL.
Patients with CBCL-DP showed significant
psychosocial adversity and impairment. However, in most cases
patients with aggressive behavior showed equal psychosocial a
dversity as patients with CBCL-DP.
CONCLUSIONS:
Findings suggest the CBCL-DP phenotype to be associated with
significant psychosocial adversity and impairment either as a cause
or an effect of the syndrome.
J Child Psychol Psychiatry. 2011 Jun;52(6):686-95.
TAKE HOME Message
Bipolare Störung im Kindesalter ist selten!
Diagnosen:
- Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens
= ADHS + SSV
- Hk SSV plus emotionale Störung
- ADHS „plus“
- ADHS und Affektregulationsstörung
- ADHS und emotionale Labilität
- Langzeitprognose: psychosoziale Beeinträchtigung
ist erheblich!
Aber: diese Kinder zeigen keine bipolare Störung im
Erwachsenenalter
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Andrea G. Ludolph
e-mail: [email protected]
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