"G R U N D L A G E N D E R P H Y S I K III " Teil I: Wellen Vorlesung gehalten von 8% JkXdgX im WS 1996/97 Universität GH Essen 1 Inhalt Seite Grundlagen der Physik III, Teil I, Wellen KAPITEL A: Einleitung 1. Was sind Wellen? 6 2. Warum befaßt man sich mit Wellen? 6 3. Das räumlich- zeitliche Verhalten von Wellen 7 4. Die harmonische Welle 7 5. Überlagerung von Wellen 9 a) Einleitung 9 b) Fourierzerlegung 10 KAPITEL B: Eindimensionale Wellen 1. Wellen ohne Veränderung der Form 13 a) Einleitung 13 b) Eigenschaften von Kabeln 13 c) Wellengleichung 14 d) Wellenwiderstand eines Kabels 16 e) Computersimulation 17 f) Reflexion am Ende eines Kabels 18 g) Leistungsfluß 19 2. Wellen mit Veränderung der Form 20 a) Dispersion 20 b) Gruppengeschwindigkeit 20 3. Beispiele von Wellenleitern 22 a) Seilwelle 22 b) Elastische Longitudinalwelle in Festkörpern 23 c) Schallwelle 24 4. Stehende Wellen 25 a) Überlagerung entgegengesetzt laufender harmonischer Wellen 25 b) Eigenschwingungen 26 KAPITEL C: Wellen im homogenen Medium 1. Grundbegriffe 29 a) Strahlen - Wellenflächen 29 b) Raumwinkel 29 c) Intensität 30 d) Wellenvektor 31 2 e) Dreidimensionale Wellengleichung 32 f) Gruppengeschwindigkeit 32 2. Beispiel Schall 33 a) Beschreibungsgrößen 33 b) Wellengleichung für Schall im dreidimensionalen Raum 35 c) Resonatoren (Luftsäulen, Saiten, Eigenmoden im Raum) 36 d) Der Dopplereffekt 38 3. Elektromagnetische Wellen 39 a) Was sind elektromagnetische Wellen? 39 b) Wellengleichung 40 KAPITEL D: Wellen im inhomogenen Medium 1. Prinzipien der Wellenausbreitung 42 a) Huygenssches Prinzip 42 b) Satz von Malus 42 c) Fermatsches Prinzip 43 2. Brechung und Reflexion an ebenen Grenzflächen 43 a) Homogenes Medium 43 b) Reflexion 44 c) Brechung 44 d) Dispersion bei Brechung 46 3. Polarisation und Doppelbrechung 47 a) Einleitung 47 b) Streuung 48 c) Reflexion 48 d) Doppelbrechung 50 KAPITEL E: Strahlenoptik 1. Hohlspiegel 53 a) Brechung und Reflexion an gekrümmten Flächen 53 b) Exakte Abbildung von einem Punkt in einen zweiten 53 c) Kugelspiegel 54 d) Schmidt - Teleskop 55 2. Dünne Linsen a) Abbildungsgesetz 56 56 3 b) Schräger Einfall 58 c) Bildkonstruktion 59 3. Einfache optische Geräte 60 a) Das Auge 60 b) Die Lupe 61 c) Das Brennglas 62 d) Bemerkungen zur subjektiven Helligkeit von Lichtquellen 62 e) Das Fernrohr 64 f) Das Mikroskop 65 g) Der Kondensor 65 h) Das Schlierenverfahren 66 4. Abbildungstheorie, Hauptebenen 66 a) Die kollineare Abbildung 66 b) Brennpunkte 67 c) Abbildungsgesetz 67 d) Brennweiten 68 e) Hauptebenen 68 f) Bildkonstruktion 69 g) Ungleiche Brechungsindizes im Bild- und Gegenstandsraum 69 h) Knotenpunkte 70 i) Zusammengesetzte Systeme 71 j) Dicke Linsen 71 KAPITEL F: Wellenoptik 1. Interferenz 72 a) Einleitung 72 b) Überlagerung von zwei Wellen 73 c) Kohärenz 74 d) Klassische Interferenzversuche 75 e) Interferometer 77 f) Vielstrahlinterferenz 78 2. Fraunhoferbeugung 79 a) Einleitung 79 b) Fraunhoferbeugung am Spalt 80 c) Kreisblende 81 4 d) Auflösungsvermögen 82 e) N Spalte 83 f) Fraunhoferbeugung als Fouriertransformation 86 3. Fresnelbeugung 88 KAPITEL G: Anwendungen 1. Grundzüge der Spektroskopie 92 a) Einleitung 92 b) Aufbau eines Spektrografen 92 c) Die förderliche Spaltbreite 94 d) Anordnung der Lichtquelle 96 e) Beispiel für einen Laborspektrografen 96 f) Aufgaben der Spektroskopie 98 2. Holografie 101 a) Einleitung 101 b) Fresnelhologramm eines Punktes 101 c) Mehrere Punkte 101 d) Das Nebenband Hologramm 102 KAPITEL H: Wechselwirkung von Strahlung und Materie 1. Einleitung 104 2. Dipolstrahlung 104 3. Streuung an freien Elektronen 105 a) Polarisation 105 b) Spektrale Verteilung 105 4. Streuung an gebundenen Elektronen 106 a) Dispersionstheorie 106 b) Warum ist der Himmel blau? 107 5. Andere Streueffekte 107 6. Äußerer Photoeffekt 108 6 GRUNDLAGEN III, Teil I WELLEN KAPITEL A Einleitung 1. Was sind Wellen? Im weitesten Sinne verstehen wir unter einer Welle die Ausbreitung einer Störung einer physikalischen Größe im Raum. Die entsprechende Größe wäre bei Oberflächenwellen im Wasser die Position der Oberfläche, bei Schallwellen der Druck, bei elektromagnetischen Wellen das E- oder B-Feld. Als Modell eines Wellenleiters können wir uns nebeneinander hängende Pendel vorstellen, die durch elastische Federn miteinander gekoppelt sind. Stößt man ein Pendel an, so wird die Störung über die Kopplungsfedern an die Nachbarn übertragen. Mit der Störung der Gleichgewichtslage geht im allgemeinen ein Energietransport einher, wohingegen das Medium selbst im Mittel ruht. Die einzelnen Bestandteile eines Mediums können harmonische Schwingungen um eine Ruhelage ausführen, aber im Zeitmittel bleiben sie in Ruhe. Entscheidend für den Wellencharakter ist allerdings nicht das sinusförmige Verhalten, sondern das Ausbreiten der Störung. In diesem Sinne sind alle Signale Wellen. Ist die gestörte Größe eine Vektorgröße ξ, so gibt ihr Richtungsverhalten die Polarisation der Welle wieder. Es gibt longitudinale Wellen, wenn ξ parallel zur Ausbreitungsrichtung k liegt, transversale Wellen ( ξ⊥ k), elliptisch polarisierte Wellen ( ξ beschreibt eine Ellipse in einer Ebene senkrecht zu k) und Mischformen. 2. Warum befaßt man sich mit Wellen? Wellen eignen sich zur Informationsübermittlung. Der Mensch nutzt dies im täglichen Leben mit Hilfe von Schallwellen und Licht aus. Die gesamte Optik beruht auf Wellenphänomenen. Besonders seit es mit der Erfindung des Lasers möglich ist, fast ideal sinusförmige Wellen zu erzeugen, hat die Optik einen gewaltigen Aufschwung genommen. Aktuelle Themen sind die Bildverarbeitung und die optische Nachrichtenübermittlung. Alle Anwender der immer noch expandierenden Lasertechnik benötigen solide Grundkenntnisse der Wellenoptik. Licht ist eine elektromagnetische Welle. Die Störgröße ist also das elektrische bzw. magnetische Feld. Elektromagnetische Wellen spielen außer bei der Ausbreitung im freien Raum bei der Signalübertragung auf Leitungen eine Rolle. Die Kenntnis ihres Verhaltens ist daher bei allen Messungen schneller Vorgänge wichtig. Da die Ausbreitungseigenschaften von Wellen von den Parametern des Ausbreitungsmediums abhängen, eignen sich Wellen zur Diagnostik dieser Medien. Bekannt sind die Ultraschalluntersuchung im menschlichen Körper, die Erforschung des Erdinnern mit seismischen Wellen, weniger bekannt vielleicht Plasmawellen zur Diagnose von Plasmen oder Gravitationswellen zur Gewinnung on Information aus dem Weltraum. Mit der Energie, die eine Welle transportiert, kann man gezielt Körper beeinflussen, z.B. Plasmen heizen. Mit nichtlinearen Effekten kann man z.B. Gleichströme induzieren und vieles mehr. Eine der wichtigsten Anwendungen der Wellenphysik für Physiker liegt darin begründet, daß sie die Grundlage der Quantenmechanik ist, d.h. um die Welt aus ihren kleinsten Bausteinen heraus zu verstehen, ist es notwendig, sich mit dem Wellencharakter der Grundbausteine vertraut zu machen. 7 3. Das räumlich-zeitliche Verhalten von Wellen Abb. 1: Welle als Verschiebung eines Signals Wir betrachten ein Signal, das zu einem bestimmten Zeitpunkt im Raum durch eine Funktion y = f(z) beschrieben wird. Als Beispiel könnten wir uns denken y = ze-z. Nach einer Zeit t soll es nach rechts gewandert sein: y = f(z-z0), z.B.y = (z − z 0 )e −(z−z 0 ) Abb. 2: Räumlich- zeitliches Verhalten einer Welle Wandert es mit konstanter Geschwindigkeit v nach rechts (z0 = vt), so wird es dargestellt durch y = f(z-vt), eine linkslaufende Welle durch y = f(z+vt). Im z(t)-Diagramm durchläuft jede Phase (die Spitze, der Anfang...) eine Gerade der Steigung v. Bei einem Schnitt mit z1 = const gilt y = f(z1-vt), für t1 = const y = f(z-vt1). Die Formen im Zeit- und Ortsraum sind also bei einer rechtslaufenden Welle spiegelbildlich. 4. Die harmonische Welle Die harmonische Welle hat die Form einer Sinusfunktion, für t = 0 bedeutet dies y = y0sin(kz). Dies entspricht der Darstellung bei Schwingungen y = y0sin(ωt). Wir nennen y0 die Amplitude, kz die Phase. Durchlaufen wir die gesamte Periode von kz = 0 bis kz = 2π, so soll z von 0 bis λ variieren: kλ = 2π. k = 2π λ 8 Abb. 3: Größen zur Beschreibung einer Welle k nennt man die Wellenzahl. Sie ist das räumliche Pendant zur Kreisfrequenz mit ω = 2π/T = 2πν. Damit erhält eine rechtslaufende Welle die Gestalt y = y 0 sin k(z−vt) = y 0 sin 2π z − v t λ λ Für z = 0 erhält man das Zeitverhalten y = y0sin kvt. Daraus schließen wir, daß kv= ω da k = 2π/λ, folgt 2π v = 2π und damit λ =v, λ ⋅ ν =v λ T T Abb. 4: Zusammenhang von Wellenlänge, Schwingungszeit und Phasengeschwindigkeit einer Welle Stellen Sie sich vor, Sie wollten die Geschwindigkeit von Oberflächenwellen im Wasser messen. Sie könnten die zeitliche Periode T aus der Schwingung der Oberfläche an einem Ort, z.B. an einem Pfahl bestimmen, die räumliche Periode direkt ermitteln, z.B. durch die Entfernung eines Stockes, an dem die Oberflächenschwingung mit der am Pfahl in Phase ist. Da die Zeit, die ein Kamm braucht, um an die Position des Vorläufers zu kommen, T ist, wird die Geschwindigkeit v = λ/T, wie oben formal abgeleitet wurde. Wir stellen also eine harmonische, rechslaufende Welle dar als y = y 0 sin (kz − ωt) oder in der komplexen Schreibweise ∼ ∼ y=y 0 e i(kz−ωt) wobei der Realteil gemeint ist. 9 5. Überlagerung von Wellen a) Einleitung Typisch für eine Klasse von Wellen, die sogenannten linearen Wellen, ist die Tatsache, daß sie sich ungestört überlagern. Speist man z.B. in ein Kabel an entgegengesetzten Enden gleichzeitig Signale ein, so laufen sie aufeinander zu, überlagern sich in der Mitte zu einem Gesamtsignal und trennen sich wieder in einzelne Signale, ohne ihre Form zu ändern. Eindrucksvoll läßt sich dies mit einer numerischen Simulation zeigen. Abb. 5: Lineare Superposition von Wellen Die Überlagerungsmöglichkeit ist an die Linearität des Systems geknüpft. Ein typisch nichtlinearer Effekt wäre z.B. die Erwärmung des Wellenleiters durch Energieverluste und dadurch bedingte Änderung der Ausbreitungseigenschaften für Wellen unterschiedlicher Amplituden. Abb.6: Zerlegung einer Welle in Rechteckpulse Die Linearität von Wellen erlaubt es, komplizierte Wellenformen in einfachere Elementarbestandteile zu zerlegen. Häufig verwandte Zerlegungen sind die in Rechteckpulse y(x) = Σ a i rect(x − x i ) Abb. 7: Faltung eines Signals mit der Impulsantwort des Übertragers Kennt man die Impulsantwort eines Übertragers, so läßt sich die Antwort auf einen beliebigen Puls ermitteln, indem man diesen mit der Impulsantwort faltet. Im Grenzübergang unendlich schmaler Rechteckfunktionen werden diese zu Deltafunktionen. Die Zerlegung in 10 Stufenfunktionen läßt sich auf die in Rechteckfunktionen zurückführen, da zwei um ∆z versetzte Stufenfunktionen gleicher Stufenhöhe und umgekehrten Vorzeichens eine Rechteckfunktion ergeben. Die Zerlegung in gedämpfte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz führt zur LaplaceTransformation. Wir befassen uns in Folgendem nur mit der Fourierzerlegung. b) Fourierzerlegung (Jean Baptiste Fourier ,1768-1830) α) Fourierreihe Wenn die zu zerlegende Funktion f(t) = f(t+T) periodisch ist, kann man sie durch einen Ansatz f(t) = a0 +a1sinωt+a2sin2ωt+ ...+b1cosωt+b2cos2ωt+... ∞ ∞ = = = a 0 + Σ a n sin nωt+ Σ b n cos nωt (1) darstellen. Dabei ist ω = 2π/T. Um die Koeffizienten an und bn zu bestimmen, wählen wir aufgrund des Satzes von Euler sin ωt = 1 (e iωt − e −iωt ), cos ωt = 1 (e iωt + e −iωt ) 2 2i einen komplexen Ansatz f(t) = ∞ c n e inωt Σ =−∞ (2) Zur Berechnung von cm wird die Gleichung (2) mit e −imωt multipliziert und über eine Periode integriert. Dabei wird für n ≠ m T ∫0 c n e i(n−m)ωt dt = 0 da dies der Mittelwert einer periodischen Funktion ist. Für n = m wird der e-Faktor 1 T ∫ c n e i(n−m)ωt dt = Tc n T c n = 1 ∫ f(t)e −inωt dt T0 (3) Um auf die Entwicklungskoeffizienten in Gl. (1) zu kommen, wenden wir wieder den Satz von Euler an und beachten, daß c-n = cn*, cn = un+ ivn, c-n = un - ivn 11 un = (cn + cn*)/2 Dann ist nach Gl. (2) ∞ f(t) = c 0 + Σ c n e inωt + c n ∗ e −inωt ∞ = = c 0 + Σ (u n + iv n )e inωt + (u n − iv n )e −inωt = ∞ = c 0 + Σ 2u n cos nωt − 2iv n sin nωt = T a 0 = 1 ∫ f(t)dt, 2T 0 T b n = 1 ∫ f(t)cos nωtdt, T0 T a n = 1 ∫ f(t)sin nωtd T0 (4) Bei der Berechnung der Koeffizienten ist es vorteilhaft, die Symmetrieeigenschaften der Funktion f(t) auszunutzen. β) Das Fourierintegral Die Fourierreihe läßt sich nur bei periodischen Funktionen anwenden. Eine nichtperiodische Funktion f(t), die nur in einem begrenzten Intervall [0,t0 ] von Null verschieden ist, kann man in diesem Intervall durch eine Fourierreihe darstellen, indem man sie durch eine periodische Funktion f*(t) ersetzt, die aus einer Wiederholung von f(t) im Abstand t0 besteht (s. Abb.8). Abb. 8: Ergänzung einer nichtperiodischen Funktion f(t) zu einer periodischen f*(t) f*(t) wird durch die Fourierreihe streng dargestellt, f(t) nur in dem Intervall [0,t0]. Die Darstellung im gesamten Bereich verbessert sich, wenn man die Periodendauer vergrößert und wird über die gesamte t-Achse korrekt für T → ∞ . Dieser Grenzübergang führt zum Fourierintegral. Für eine Periodendauer T gilt nach Gl. 3 mit ω 0 = 2π/T. f(t) = ∞ c n e inω 0 t , c n = 1 Σ T n=−∞ T/2 − ∫ f(t)e −inω 0 t dt Da die Amplituden cn beim Grenzübergang gegen 0 gehen, führen wir neue Amplutuden ein: an = cnT f(t) = 1 T ∞ Σ n=−∞ T/2 ane inω 0 t mit a n = ∫ f(t)e −inω 0 t dt 12 Für den Grenzübergang T → ∞ ersetzt man nω0. durch ω, an durch a(ω) und 1/T durch ∆ω/2π. Der letzte Schritt ist möglich, da ∆ω = 2π∆ν = 2π n + 1 − n = 2π T T T Damit ergeben sich die Formeln für die Fouriertransformation f(t) = 1 2π ∞ ∫ a(ω)e −∞ ∞ iωt dω, a(ω) = ∫ f(t)e −iωt dt −∞ γ) Bedeutung der Fourierzerlegung Der Satz von Fourier sagt aus, daß man jede periodische Funktion in Grundwellen und ihre Oberwellen zerlegen kann. Die zu zerlegende Funktion braucht dabei nicht einmal stetig zu sein. Das Fourierintegral erlaubt die Zerlegung einer nichtperiodischen Funktion . a(ω) spielt dabei die Rolle einer frequenzabhängigen Amplitude. Die harmonischen Elementarwellen lassen sich im allgemeinen leichter behandeln als der ursprüngliche Wellenzug. Man denke z.B. an ein Signal, das in eine elektrische Schaltung eingespeist wird. Wenn das Wechselstromverhalten der Schaltung bekannt ist, und man möchte die Verzerrung eines Pulses durch die Schaltung ermitteln, zerlegt man ihn nach Fourier in sinusförmige Signale, bestimmt für jede Frequenz das Übertragungsverhalten und setzt den Ausgangsimpuls aus den Elementarwellen am Ausgang zusammen. Bei der akustischen Übertragung oder bei Meßschaltungen legt man dabei Wert auf eine möglichst naturgetreue Reproduktion des Eingangsimpulses. In anderen Situationen, z.B. bestimmten Fragestellungen der Bildverarbeitung, möchte man im Frequenzraum manipulieren, etwa um erhöhte Kontraste zu erzielen, oder wie bei der Frequenzvervielfachung von Laserstrahlung, um aus der bewußten Erzeugung von Oberwellen Strahlung höherer Frequenz zu bekommen. Die Zerlegung einer Welle gibt häufig Auskunft über die beteiligten Elementarprozesse, etwa bei Schwingungen von Maschinenteilen. Daher ist Frequenzanalyse ein wichtiges diagnostisches Intrument. Auch optische Spektroskopie, in gewissen Grenzen auch die Funktion des menschlichen Gehörs, kann man als Frequenzanalyse auffassen. 13 KAPITEL B Eindimensionale Wellen 1. Wellen ohne Veränderung der Form a) Einleitung Wichtige Eigenschaften von Wellen lassen sich an eindimensionalen Wellen erklären. Das sind Wellen, die durch nur eine Ortskoordinate beschrieben werden wie Wellen auf dünnen Wellenleitern, z.B. Kabeln, oder Wellen im dreidimensionalen Raum, bei denen man das Koordinatensystem so legen kann, daß alle Werte des Wellenfeldes nur von einer Ortsvariablen, die wir z nennen, abhängen. ∂ ∂ ∂ ≠ 0, = 0, =0 ∂z ∂x ∂y Als Beispiel für eindimensionale Wellenleiter betrachten wir Kabel. Die interessierenden Wellen sind dann die Spannungs- oder Stromsignale U(z,t), I(z,t), die sich auf einem Kabel ausbreiten. b) Eigenschaften von Kabeln Kabel verbinden einen Signalgeber mit einem Empfänger. Sie bestehen immer aus Hin- und Rückleiter. Die elektrischen Eigenschaften sind - wenn man von Verlusten absieht - durch Kapazität und Induktivität pro Länge (c,l) bestimmt. Da diese vom Aufbau des Kabels abhängen, muß ein Kabel, um definierte Bedingungen zu haben, gleichförmig (homogen) sein. Übliche Ausführungsformen von Kabeln sind doppeladrige Kabel, Koaxialkabel und Bandleiter. Abb. 9: Verschiedene Ausführungsformen von Kabeln. Für ein Bandleiterstückchen der Länge ∆z gilt ∆zbε r ε 0 ∆C = ε ε b ∆C = ;; r 0 d ∆z d ∆zdµ r µ 0 ∆L = µ µ d ; r 0 b ∆z b Für ein Koaxialkabel (Radius des Innenleiters ri, des Außenleiters ra) gilt: ∆C = 2πε r ε 0 ; ∆L = µ µ ln (r a /r i ) r 0 ∆z ln (r a /r i ) ∆z 2π ∆L = 14 c) Wellengleichung Als Modell für ein Kabel nehmen wir eine Verzögerungsleitung aus LC-Gliedern. Das kontinuierliche Kabel ist der Grenzfall für sehr kleinen Abstand der Glieder bei endlichem ∆L/∆z und ∆C/∆z Abb. 10: Ersatzschaltbild für ein homogenes Kabel | U/I Beziehung an L: dU = −∆L dI ⋅ 1 dt ∆z | U/I Beziehung an C: dI = −∆C dU ⋅ 1 dt ∆z ∂U ∂ = − ∆L dI ⋅ ∆z dt ∂z ∂z | (1) ∂I ∆C dU ∂ = ⋅ ∂z ∆z dt ∂t | ∂ 2 U ∆L ∆C ∂ 2 U = ∂ 2 ∆z ∆z ∂ 2 ∂2U ∂2U = ⋅ ⋅ 1 c ∂z 2 ∂t 2 1 = ∆L , ∆z c = ∆C ∆z (2) Dies ist die Wellengleichung für die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen auf Kabeln. Entsprechend erhalten wir für das Stromsignal die Wellengleichung ∂2I ∂2I = 1⋅c⋅ 2 2 ∂ ∂ Diese Wellengleichung hat die allgemeine Lösung: U = f(z-vt)+g(z+vt), wobei f und g beliebige Funktionen sind Beweis für U = f(z-vt): Setze z−vt = ϕ 15 • U= df dϕ df ⋅ = −v dϕ dt dϕ •• d2f df =v 2 2 U= d −v dt dϕ dϕ dU = df , dz dϕ 2 d2U = d f dz 2 dϕ 2 Einsetzen in die Wellengleichung: lcv 2 d2f d2f = dϕ 2 dϕ 2 Wir folgern: α)Die Wellen, die sich auf einem Wellenleiter ausbreiten, für die man eine Wellengleichung der Form (2) finden kann, haben eine beliebige Form. Diese wird durch die Anfangsbedingungen bestimmt, z.B. durch den zeitlichen Verlauf der Spannung an einem Ende des Kabels. Sie ändert sich bei der Wellenausbreitung nicht. Die Laufrichtung kann die positive oder negative z-Richtung sein. β)Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle ist v= 1 1c wobei 1 und c Induktivität und Kapazität des Kabels pro Länge sind. Bei anderen Wellenleitern erhält man eine gleichartige Wellengleichung. Die Konstante, die vor der Ortableitung steht und die Eigenschaften des Wellenleiters enthält, ergibt in jedem Fall v. Setzt man die Größen eines Bandleiters oder Koaxialkabels ein, so erhält man, da ε 0 µ 0 = 1/c 20 , c 0 = 3 ⋅ 10 8 m/s c0 v= εr ⋅ µr In fast allen Fällen ist µ r = 1 , daher gilt v= c0 εr In dieser Formel drückt sich die Tatsache aus, daß die Wellenleitung durch das Isolationsmaterial bestimmt ist und nicht durch die Eigenschaften der Leiter. γ) Kabel sind lineare Wellenleiter Hat man zwei Lösungen U1 und U2 , so ist U = U1+U2 auch eine Lösung, da 16 ∂2 ∂ 2 (U ∂2 ) + + = U U U2 1 2 1 ∂z 2 ∂z 2 ∂z 2 ∂2 ∂ 2 (U ∂2 ) + + = U U U2 1 2 1 ∂t 2 ∂t 2 ∂t 2 Dies ist die formale Begründung des Überlagerungssatzes. d) Der Wellenwiderstand eines Kabels Der Wellenwiderstand gibt den Zusammenhang zwischen Strom und Spannung in einer auf dem Kabel laufenden Welle an. Um ihn zu gewinnen, gehen wir von Gl. 1 aus. ∂U ∂I = −1 ∂z ∂t Wir nehmen an, eins der beiden Signale sei bekannt, z.B. U(z,t), das andere, hier I(z,t) soll berechnet werden. Da sowohl U wie I die Wellengleichung erfüllen sollen, müssen die Variablen z und t bei einer hinlaufenden Welle in der Kombination z-vt, bei einer rücklaufenden Welle als z+vt vorliegen. Zunächst wird eine hinlaufende Welle betrachtet U h = U h (z − vt), I h = I h (z − vt) Gl.1 wird mit ϕ = (z − vt) ∂U h ∂I = 1v h ∂ϕ ∂ϕ U h = 1vI h Uh = 1v = 1 1 = Ih 1c 1 c Uh = Zw Ih Zw heißt der Wellenwiderstand. Strom und Spannung einer Welle auf einem Kabel hängen miteinander zusammen wie beim Ohmschen Gesetz. Der relevante Widerstand ist der Wellenwiderstand des Kabels. Strom- und Spunnungspuls haben also bis auf diesen Faktor die gleiche Form. Für eine rücklaufende Welle leitet man in gleicher Weise ab Ur = −Z w Ir 17 wobei das negative Vorzeichen auch zwangslos aus der Symmetrie des Kabels folgt. Zwei Wellen mit gleicher Spannungsverteilung, die in entgegengesetzter Richtung laufen, unterscheiden sich also in der Stromrichtung. Bei der Überlagerung zweier identischer Wellen mit entgegengesetzter Laufrichtung löscht sich bei gleicher Polarität der Spannung der Strom aus, bei entgegengesetzter Polarität der Spannung löscht sich diese aus, aber der Strom überlagert sich konstruktiv. Ein Kabel, bei dem sich gerade zwei entgegenlaufende Pulse auslöschen, unterscheidet sich also sehr wohl von einem Kabel ohne Signal. Als Beispiel betrachten wir die Störung auf einer Überlandleitung durch einen Blitzeinschlag. In erster Näherung können wir die Leitung durch ein Kabel annähern. Der Blitz möge zu Zeit t=0 eine lokalisierte Spannungsverteilung hervorrufen. Abb. 11: Wirkung eines Blitzeinschlages auf eine Überlandleitung Der Strom sei zur Zeit t=0 überall Null. Um das weitere Geschehen zu beschreiben, gehen wir von dem Satz aus, daß alle dynamischen Vorgänge hier durch zwei entgegengesetzt laufende Wellen beschrieben werden können. Da zwei in entgegengesetzter Richtung laufende Wellen gleicher Form und gleicher Spannungsamplitude genau die hier vorliegenden Anfangsbedingungen herstellen, teilt sich also der ursprüngliche Puls auf in zwei mit gleicher Amplitude, die entgegengesetzt laufen. Dieser Mechanismus gestattet es, durch geziele Anfangsaufladung eines Kabels kurzzeitige Pulse gewünschter Form zu machen. (Kabelpulser) e) Computersimulation Um die Wellengleichung auf einem Computer zu simulieren, wählt man Spannungs- und Stromwerte an äquidistanten räumlichen und zeitlichen Stellen, z.B. erhält man für die Spannung ein rechteckiges Schema wie in Abb. 12. Bei t=0 kann man die Spannungen und Ströme als bekannt voraussetzen. Um die Anfangsbedingungen für Spannung und Strom bequem einarbeiten zu können, geht man am besten nicht von der Wellengleichung (2) aus, sondern von den gekoppetlen Gleichungen 1. Ordnung (1). ∂U ∂I = −1 ∂z ∂t ∂I ∂U = −c ∂z ∂t und ersetzt die Differentialgleichungen durch Differenzengleichungen, z.B. U i,k+1 − U i,k−1 I i+1,k − I i,k = −1 ∆t 2∆z 18 I i,k+1 − I i,k−1 U i+1,k − U i,k = −c ∆t 2∆z Mit diesen Gleichungen lassen sich die unbekannten Größen aus den bekannten am Rand errechnen. Abb. 12: Rechenschema für die Computersimulation der Wellenausbreitung f) Reflexion am Ende eines Kabels Am Ende eines Kabels kann die Energie u.U. nicht oder nur unvollständig weitergegeben werden. Hat man ursprünglich nur ein hinlaufendes Signal, so muß am Kabelende also ein rücklaufendes Signal erregt werden. Die Form des rücklaufenden Signals kann man berechnen, wenn man beachtet: Die Gesamtspannung U an jeder Stelle des Kabels ist aufzufassen als die Summe eines hin(Uh) und eines rücklaufenden Signals (Ur). Das gleiche gilt für den Strom. I = Ih + Ir U = Uh + Ur Uh = Zw I Ur = −Z w I Beispiele: α.Kurzschluß am Ende: Der Kurzschluß erzwingt, daß am Ende U = 0 gilt. D.h. es muß eine rücklaufende Welle angeregt werden, deren Spannung so ist, daß U = 0 für alle Zeiten bleibt. U h + U r = 0 → U r = −U h Die reflektierte Welle hat die gleiche Form, aber die umgekehrte Polarität wie die ursprüngliche. β. Offenes Ende: Ih = Uh U , Ir = − h → Ur = Uh Zw Zw Die reflektierte Welle hat die gleiche Form und Polarität wie die ursprüngliche. γ. Das Kabelende ist mit einem Ohmschen Widerstand der Größe R abgeschlossen. Aus den Gleichungen U/I = R, U = Uh + Ur , und I = Ih + Ir 19 folgt Uh + Ur =R Ih + Ir Uh = Zw Ih Ur = −Z w Ir Uh + Ur =R U h /Z w − U r /Z w UhZw + UrZw = UhR − UrR U h (R − Z w ) = U r (R + Z w ) Ur R − Zw = Uh R + Zw Abb. 13: Reflexion am Kabelende bei beliebigem Abschluß Hieraus ergeben sich die Sonderfälle von Beispiel 1 und 2 durch die Grenzübergänge R → ∞ und R→ 0 . Für R=Zw tritt keine Reflexion auf (Ur=0). Bei Übertragung kurzzeitiger Signale ist es daher wichtig, am Ende des Kabels einen Widerstand anzubringen, der die Größe des Wellenwiderstandes hat, um Reflexionen zu vermeiden. Das Kabel ist auf den Abschluß angepaßt. Ein Signalgenerator "sieht" am Eingang des Kabels einen ohmschen Widerstand von der Größe des Wellenwiderstandes. Die Energie wird optimal übertragen. Bei fehlerhaftem Abschluß hat man am Eingang des Kabels eine Gesamtspannung und einen Gesamtstrom, die sich aus der Summierung der Größen von hin- und rücklaufender Wellen ergeben. Die Eingangsimpedanz am Kabelanfang (z=0) Z ein = U ges U h (0) + U r (0) = I ges I h (0) + I r (0) ist dann also nicht der Wellenwiderstand. Ist eine Anpassung nicht möglich, kann man durch kontinuierliche Änderung des Wellenwiderstandes Reflexionen weitgehend vermeiden. Üblich ist eine Änderung nach einem Exponentialgesetz. g) Leistungsfluß Der Leistungsfluß an einer Stelle des Kabels ergibt sich durch Spannung und Strom an dieser Stelle P = U ⋅ I = ZwI2 20 Diese Formel erlaubt es, auch bei anderen Wellenleitern wie z.B. akustischen Wellenleitern, einen Wellenwiderstand zu definieren. 2. Wellen mit Veränderung der Form a) Dispersion Die Tatsache, daß Signale auf Kabeln - oder allgemeiner auf Wellenleitern, für die man eine Wellengleichung von der Form der Gleichung (2) aufstellen kann - während ihrer Ausbreitung die Form nicht ändern, ist eine Folge von der Frequenzunabhängigkeit der Wellengeschwindigkeit. Zerlegt man nämlich nach Fourier das Signal in Sinuswellen unterschiedlicher Frequenz, so ergibt ihre Überlagerung wieder den ursprünglichen Impuls, wenn diese sich mit gleicher Geschwindigkeit fortbewegen, etwa wie eine Schafherde die Form beibehält, wenn alle Schafe gleich schnell laufen. Hängt ihre Geschwindigkeit von der Frequenz ab, so erhält man nach einer bestimmten Laufzeit Phasenverschiebungen zwischen den einzelnen Teilwellen, und ihre Addition führt zu einer anderen Pulsform. Der Puls scheint zu zerfließen. Wir sagen dann, der Wellenleiter zeigt Dispersion. Dispersion ist eine Eigenschaft vieler Wellenleiter. Beispiele sind Wellenleiter, die aus diskreten Elementen bestehen. Da mit steigender Frequenz die Wellenlänge abnimmt, existiert eine charakteristische Frequenz, bei der die Wellenlänge gleich dem Abstand zweier Elemente ist. In dieser Umgebung ändern sich die Ausbreitungseigenschaften beträchtlich. Beispiele sind Kettenleiter, d.h. elektrische Schaltungen nach dem Bauplan des Ersatzschaltbildes eines Kabels (Abb.10) aus Spulen und Kondensatoren, Festkörper aufgrund ihrer atomaren Körnigkeit u.a.. Auch die meisten homogenen Wellenleiter zeigen Dispersion. Dazu gehören leitfähige Flüssigkeiten im Magnetfeld, die ein Beispiel zum nächsten Abschnitt beitragen. Kabel zeigen Dispersion, wenn man Verluste berücksichtigt. Verlustmechanismen können außerdem zu einer Änderung der Signalform beitragen, wenn die Dämpfung von der Frequenz abhängt. b) Gruppengeschwindigkeit Bei Impulsen interessiert man sich für die Geschwindigkeit eines charakteristischen Punktes, etwa des Maximus der Einhüllenden. Diese Geschwindigkeit nennt man die Gruppengeschwindigkeit vg . Sie kann sehr verschieden von der Geschwindigkeit der sinusförmigen Wellen sein, die im Puls dominieren. Abb. 14: Ausbreitung eines Wellenpaketes Die Geschwindigkeit einer sinusförmigen Welle nennt man Phasengeschwindigkeit vph. Information läßt sich mit Wellen nur übertragen, wenn sie moduliert werden. Für die Ausbreitung dieser Modulation ist die Gruppengeschwindigkeit maßgebend. Die Gruppengeschwindigkeit ist in Übereinstimmung mit der speziellen Relativitätstheorie immer kleiner als die Lichtgeschwindigkeit, während es eine ganze Reihe von Wellen gibt, deren Phasengeschwindigkeit größer als die Lichtgeschwindigkeit ist. Bei Wellenleitern ohne Dispersion ist Gruppen- und Phasengeschwindigkeit gleich. Zur Berechnung der Gruppengeschwindigkeit aus der Dispersionsbeziehung ω (k) betrachten wir zunächst eine Gruppe von zwei Wellen, die sich nur geringfügig in ω und k unterscheiden. 21 ω 1 − ω 2 = ∆ω << ω 1 , ω 2 ; k 1 − k 2 = ∆k << k 1 , k 2 y 1 = y 0 sin (k 1 z − ω 1 t), y 2 = y 0 sin (k 2 z − ω 2 t) Bei der Überlagerung beachten wir, daß sin α + sin β = 2 cos α+β α−β ⋅ sin 2 2 ω − ω2 ω + ω2 k −k k k y 1 + y 2 = 2y 0 cos 1 2 z − 1 t sin 1+ 2 z − 1 t 2 2 2 2 Da die beiden k und ω sehr benachbart sind, sind die Mittelwerte rechts im Sinus etwa gleich den einzelnen Werten k= ω + ω2 k1 + k2 ,ω = 1 2 2 ∆ω (kz − ωt) y 1 + y 2 = y 0 cos ∆k z − t sin 2 2 Der erste Faktor ist eine langsam veränderliche Amplitudenmodulation. Der zweite Faktor hat das Raum-Zeitverhalten der ursprünglichen Wellen. Die Geschwindigkeit, mit der die Amplitudenmodulation sich fortbewegt, ergibt sich aus der Bedingung, daß die Phase einen konstanten Wert, etwa Null hat ∆k z − ∆ω t = 0 → z =v = ∆ω t g ∆k 2 2 Bei einer Gruppe von Wellen, die sich aus Teilwellen in einem engen Frequenzgebiet zusammensetzen - einem sogenannten Wellenpaket - gilt das Gesagte für je zwei Teilwellen. Nach dem Überlagerungssatz bewegt sich dann die Einhüllende des gesamten Paketes mit der Gruppengeschwindigkeit vg = dω dk Für Wellen ohne Dispersion gilt ω =v ph , k ω dω = , k dk v g =v ph 22 3. Beispiele von Wellenleitern a) Seilwelle In den folgenden Beispielen versuchen wir für einige mechanische Systeme aus den Grundgleichungen, die das System bestimmen, eine Wellengleichung herzuleiten und die Phasengeschwindigkeit daraus abzulesen. Bei den mechanischen Systemen ist die Grundgleichung 2 F = m d s . Wir erhalten also eine Wellengleichung, wenn die Kraft sich als zweite Ableitung 2 der Auslenkung darstellen läßt: Bei der Seilwelle setzen wir eine an beiden Seiten fest eingespannte Saite voraus, die um einen kleinen Betrag s seitlich ausgelenkt wird. Durch die Auslenkung entsteht eine rücktreibende Kraft Fges auf jedes Massenelement. ∆m = ρ ⋅ A ⋅ ∆z Abb. 15: Kräfteverhältnisse an der Seilwelle In der Gleichgewichtslage ist die Gesamtkraft auf ∆m Fges = 0 , da die Seilspannungen in entgegengesetzten Richtungen wirken. Dies gilt nicht mehr, sobald das Seil gekrümmt wird. Die Gesamtkraft auf ∆m in y-Richtung ist dann dF y dF y ∆z = − ∆z F ges = F y (z) − F y (z + ∆z) = F y (z) + F y (z) − dz dz Fy läßt sich aus der Kurvenform berechnen, wenn man annimmt, daß die außen angelegte Zugkraft F0 in Richtung der Tangente der Kurve s(z) wirkt. F y = −F 0 sin α ≈ F 0 tan α = −F 0 ds dz F ges = F 0 ∆z ∂2s ∂ 2 Setzt man dies in die Bewegungsgleichung ein, erhält man die Wellengleichung ∂2s F0 ∂2s = ∂t 2 ρA ∂z 2 Es breiten sich dispersionsfreie Wellen aus mit der Geschwindigkeit: v= F0 ρA 23 b) Elastische Longitudinalwelle in Festkörpern Abb. 16: Zur Schallausbreitung Schichten, die senkrecht zu z stehen, sollen in Richtung z um s ausgelenkt werden. s hängt dabei von der Anfangsposition z ab. Die rücktreibende Kraft auf ein Massenelement ∆m = ∆z ⋅ A ⋅ ρ ergibt sich wie bei der Seilwelle zu F ges = − dF ∆z dz Fges weist allerdings in Richtung der z-Achse. Die rücktreibende Kraft wird durch eine Verzerrung des Volumenelementes A∆z erzeugt. Nach dem Hookschen Gesetz ist diese F = −EA ds dz Damit wird (E: Elastizitätsmodul) 2 F ges = EA d s2 ∆t dz und mit der Bewegungsgleichung 2 ges = ∆m d 2s dt erhält man die Wellengleichung ∂2s E = ∂t 2 ρ mit der Wellengeschwindigkeit v= E ρ ∂2s dz 2 24 c) Schallwelle Die Behandlung erfolgt analog zum vorigen Abschnitt. Der Unterschied besteht nur in der Form des Hookschen Gesetzes. Bei Schall in Gasen wird dies aus der Zustandsgleichung ρ ⋅ V = nRT gewonnen. Newton hat ursprünglich angenommen T = const. Es stellte sich heraus, daß sich eine korrekte Phasengeschwindigkeit ergibt, wenn man in der Schallwelle eine adiabatische Zustandsänderung voraussetzt, d.h. die Arbeit, die die Schallwelle erzeugt, erwärmt das Gas lokal. Die Wärme wird während einer Schwingung nicht abgeführt. Hierfür gilt: p ⋅ V κ = const κ = c p /c v (cp, cv: Wärmekapazitäten bei konstantem Druck, bzw. Volumen) Bildet man den Logarithmus und differenziert man die erhaltene Gleichung, ergibt sich: log p + κ ⋅ log V = const dp dV p +κ V =0 (1) dp = −κp ds dz Diese Gleichung ist identisch mit dem Hookeschen Gesetz, wenn man dort E durch κp ersetzt. Damit erhält man p v = κρ Akustischer Wellenwiderstand Die Schallwelle verhält sich analog zur Welle auf einem Kabel, wenn man U durch F, I durch ∂s ersetzt. Der Wellenwiderstand ∂s Z = U h /I h wird dann Z = F/ ∂t ∂t s h = f(z − vt) ds = ds dϕ = ds dz dϕ dz dϕ ds = ds dϕ = −v ds = −v ds dt dϕ dt dϕ dz Damit wird Z = −κpA ds dz −v ds ρ κpA = v = κp κp A = κpρ A Z = κpρ A Im Festkörper erhält man durch Ersetzung von κp durch E: Z= Eρ A. Schalldämmung erzeugt man häufig durch große Sprünge in der Dichte des schallleitenden Mediums. An der Sprungstelle wird der Schall reflektiert. Der Schalltrichter einer Trompete 25 kann als Maßnahme angesehen werden, einen möglichst stoßfreien Übergang vom Trompeteninnern zum Außenraum herzustellen und so die Schallleistung möglichst effektiv zu übertragen. Man muß allerdings bedenken, daß man, um Eigenschwingungen anregen zu können, eine Reflexion der Welle am Ausgang der Trompete benötigt (s. nächsten Abschnitt). Abb. 17: Akustischer Sumpf Häufig benötigt man sowohl in der Akustik wie in der Optik eine Anordnung, die wie ein idealer Abschluß wirkt. Im Physikerjargon spricht man von einem Sumpf. Dieser muß die Wellenenergie effektiv in Wärme umwandeln. Man erreicht dies am einfachsten durch Mehrfachreflexion an einer absorbierenden Oberfläche. In der Akustik verwendet man auch stark gedämpfte Helmholtzresonatoren. (Helmholtzresonatoren funktionieren wie zum Pfeifen angeblasene Flaschen, s. Kap. C/2,c). Abb. 18: Optischer Sumpf 4. Stehende Wellen a) Überlagerung entgegengesetzt laufender harmonischer Wellen Überlagert man eine hin- und eine rücklaufende harmonische Welle gleicher Frequenz, Wellenlänge und Amplitude, so gibt es Orte, an denen sich die Wellen zu allen Zeiten auslöschen (A), und andere, an denen sie sich zu einer Schwingung addieren (B). Wir beobachten dies an einem Wellenleiter, an dessen Ende eine sinusförmige Welle reflektiert wird. Mathematisch läßt sich die Form der entstehenden Bewegung mit dem Additionstheorem von Winkelfunktionen zeigen. Abb. 19: Die Überlagerung zweier Wellen mit entgegengesetzter Laufrichtung sin α + sin β = 2 cos α−β α+β sin 2 2 s 1 = y 0 sin (kz + ωt) s 2 = y 0 sin (kz − ωt) 26 s = s 1 + s 2 = 2y 0 cos ωt ⋅ sin kz Abb.20: Stehende Welle An einem bestimmten Ort z = z0 hat man eine Schwingung mit der Amplitude sin kz0. Die Amplitude ändert sich sinusförmig mit z. Innerhalb einer Halbwelle schwingen alle Punkte mit gleicher Phase. Zwischen benachbarten Halbwellen besteht ein Phasenunterschied von π/2. Die Amplitude ist Null bei kz = nπ. Diese Orte nennt man Knoten, die dazwischen liegenden Orte mit maximaler Amplitude Bäuche. Der Abstand zweier benachbarter Knoten ist λ/2. Breitet sich eine Welle in einem begrenzten Medium aus, z.B. eine Schallwelle im begrenzten Raum, so erhält man durch die Reflexionen an den Grenzen immer eine Überlagerung von hinund rücklaufenden Wellen. Bei idealer Reflexion wird sich am Ende je nach zu erfüllender Randbedingung entweder ein Bauch oder ein Knoten befinden. Z.B. erfordert ein Kabel mit Kurzschluß am Ende, daß hier U verschwindet. U hat hier also einen Knoten, während I einen Bauch hat. Bei einem Schalleiter oder einem Seil erfordert ein festes Ende, daß die Auslenkung s hier verschwindet, z.B. s = K ⋅ sin kz ⋅ cos ωt, wenn das Ende bei z = 0 liegt. Andererseits gilt, wie oben gezeigt dp = −κp ⋅ ds , d.h. dp = K cos kz cos ωt. dp hat daher an der Wand einen Bauch. dz Da das Ohr auf Druckschwankungen anspricht, hört man Musik in der Nähe von festen Wänden lauter. Abb. 21: Warum ist Schall in der Nähe von Wänden lauter ?. b) Eigenschwingungen Im allgemeinen werden sich die Wellen, die durch Reflexion an beiden Seiten eines Wellenleiters entstehen, auslöschen, da sich an jedem Ort Schwingungen mit statistischen Phasen überlagern. Nur wenn die Wellenlänge genau so lang ist, daß durch Reflexion an beiden Enden die gleiche Welle entsteht, werden stehende Wellen angeregt. Man kann diesen Sachverhalt auch so beschreiben: Auf einem Wellenleiter endlicher Länge lassen sich nur die stehenden Wellen anregen, die zu allen Zeiten die Randbedingungen erfüllen. Bei einer mechanischen Welle mit 27 festen Enden müssen sich z.B. an beiden Enden Knoten bezüglich der Auslenkung befinden. Bei der Grundschwingung sind dies die einzigen Knoten. Für sie gilt L = λ/2 und da v = λ/T = λ ⋅ ν, ν = v/L Man kann dies ausnutzen, indem man in einem bekannten Medium die Grundschwingung anregt und aus bekanntem v und L die Frequenz bestimmt. Dies ist eine übliche Meßmethode für Frequenzen im Mikrowellenbereich. Andererseits kann durch Messen der Frequenz und der Wellenleiterlänge v und über die Formeln für Phasengeschwindigkeiten Materialeigenschaften, z.B. aus v = E/ρ der Elastizitätsmodul E bestimmt werden. Eine der genauesten Methoden der Anbindung des Meters an die Lichtgeschwindigkeit besteht darin, in einem Hohlraumresonator bekannter Geometrie eine stehende elektromagnetische Welle anzuregen. Die Frequenz wird über ein Zeitnormal sehr genau bestimmt. Neben der Grundschwingung können sich Schwingungsformen (Moden) herausbilden, bei denen n weitere Knoten auf dem Wellenleiter liegen. Man nennt sie die n-te Oberschwingung. Für einenWellenleiter mit beiderseitig festen Enden ergeben sich folgende Möglichkeiten: Abb. 22 Die Frequenzen der Oberschwingungen sind ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz. Diese Situation ist z.B. für Saiten typisch. Auch bei beidseitig offenem Ende wie bei einer Trompete oder Flöte erhält man ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz, wohingegen bei einem Wellenleiter, der an einem Ende fest, am anderen offen ist, nur die ungeradzahligen Vielfachen der Grundfrequenz auftreten. Abb.23 28 Typische Vertreter sind die "gedackte", d.h. am Ende geschlossene Flöte und die Klarinette. Da die Physik der Atome durch eine Wellengleichung beschrieben wird, gibt es auch in Atomen Eigenschwingungen. Über die Beziehung W = hν ergeben sich diskrete Eigenzustände. 29 KAPITEL C Wellen im homogenen Medium 1. Grundbegriffe a) Strahlen-Wellenflächen Die im vorigen Kapitel für eindimensionale Wellen eingeführten Begriffe sind auch für die Behandlung von Wellen im dreidimensionalen Raum von grundlegender Bedeutung. Um die Ausbreitung im Raum behandeln zu können, sind noch einige zusätzliche Begriffe notwendig. Die Ausbreitungsrichtung beschreibt man in einem Wellenfeld zunächst über die Wellenflächen (=Wellenfronten), das sind Flächen, die Orte gleicher Phase miteinander verbinden. Bei zweidimensionalen Wellen reduzieren sich die Wellenflächen auf Linien, z.B. sind es bei einer punktförmigen Erregung durch einen Steinwurf an der Wasseroberfläche Kreise, im dreidimensionalen Raum Kugelflächen. Ist die Wellengeschwindigkeit nach allen Seiten gleich wie bei Schallwellen in einem Gas mit konstantem Druck, nennt man das Medium isotrop. Abb. 24: Wellenflächen in unterschiedlichen Medien Bei manchen Medien wie Kristallen oder Plasmen im Magnetfeld ist die Wellengeschwindigkeit stark von der Richtung abhängig, der Stoff ist anisotrop. Als Strahlen kann man dann Linien definieren, die senkrecht auf den Wellenflächen stehen. Im homogenen, isotropen Medium geben sie die Richtung der Ausbreitung an. Im allgemeinen unterscheiden sich die Richtungen von Wellennormalen und Ausbreitung der Energie. b) Raumwinkel Dadurch, daß sich eine von einer Punktquelle erregte Welle im Raum nach allen Seiten ausbreitet, verteilt sich mit wachsendem Abstand der Wellenfront von der Quelle die Energie auf eine immer größer werdende Fläche und die Amplitude nimmt ab. Ein Maß für die Intensität der Welle im Abstand r ist die Leistungsdichte S = P/A (P ist die Leistung der Quelle, A die betrachtete Fläche senkrecht zur Ausbreitungsrichtung). Bei einer Punktquelle ist S = P 2 ∼ 12 4πr r Dies ist der Grund dafür, daß die Intensität, die eine Quelle, z.B. ein Beleuchtungskörper im Abstand r erzeugt, mit dem Quadrat des Abstandes abnimmt. 30 Abb. 25: Intensität bei einer Punktquelle Für einen Kegel mit der Spitze in der Punktquelle geht A ∼ r 2 . Dies erkennt man an einer quadratischen Fläche. Da nach dem Strahlensatz 2 A1 a1 r1 a1 und = = r2 a2 A2 a2 Andere Flächen kann man in Quadrate zerlegen und erhält für sie so das gleiche Ergebnis. In einem Kegel ist also Ω = A2 r eine Konstante. Man nennt Ω den Raumwinkel des Kegels. Der Raumwinkel ist die Fläche, die ein Kegel aus der Einheitskugel um die Kegelspitze herausschneidet. Man kann den Raumwinkel als eine Verallgemeinerung des Winkels in der Ebene auffassen, wenn man diesen als die Bogenlänge definiert, die zwei Strahlen aus dem Einheitskreis herausschneiden. Wird vom Kegel der gesamte Raum umfaßt, ist der Raumwinkel, da die Kugelfläche 4πr 2 ist, Ω = 4π, der Halbraum hat entsprechend Ω = 2π usw. c) Intensität Die Leistungsdichte, die eine Quelle in einiger Entfernung erzeugt, wird um so größer, je kleiner der Raumwinkel ist, in den gestrahlt wird. Ein Lautsprecher mit einer Richtungsbündelung des Schalls erscheint dort, wo er hinstrahlt, lauter als ohne sie. Antennen, die eine große Reichweite erzielen sollen wie Kurzwellensender (z.B. die Deutsche Welle), müssen eine möglichst gute Richtwirkung haben. Die starke Wirkung von Lasern liegt auch daran, daß sie ihre Energie in einen extrem kleinen Raumwinkel bündeln. Man definiert daher als Intensität I = P (genauer I = dP ) AΩ dAdΩ Bezieht man die Intensität auf ein Frequenzintervall, spricht man von spektraler Strahlungsstärke I ν = dP dAdΩdν 31 d) Der Wellenvektor Im Eindimensionalen beschreiben wir ein sich in z-Richtung ausbreitendes Wellenfeld durch (1) s = s 0 sin (kz − ωt) Abb. 26: Wellenfläche für die Welle s=s0sin(kz-ωt) Die Phase ϕ = kz − ϕt ist für t = const konstant, wenn z konstant ist. Die Wellenflächen sind also durch z = const gegeben. Breitet sich eine ebene Welle in irgendeiner Richtung k/k aus, so ist eine Wellenfläche gegeben durch r ⋅ k = const, denn d = r ⋅ k ist die Projektion von r auf k k das Lot von der Quelle auf die Wellenfläche und wählt alle r aus, die das gleiche d als Projektion auf dieses Lot haben. Im allgemeinen Fall muß man also in Gl. (1) z durch d ersetzen Abb. 27: Zur Ableitung von Gleichung (2) s = s0sin(k⋅ r - ωt) (2) k nennt man den Wellenvektor. Er steht senkrecht auf der Wellenfläche und hat den Betrag |k| = k = 2π/λ. k kann man wie jeden Vektor zerlegen k = kxex + kyey + kzez mit k x = 2π/λ x , k y = 2π/λ y , k z = 2π/λ z . λ x , λ y und λ z sind die Wellenlängen, die man bei einer Beobachtung entlang der Koordinatenachsen registrieren würde. Abb. 28: Wellenlänge, die man in einer ebenen Welle entlang einer Koordinatenachse beobachtet λ x = λ/ cos ϑ 32 e) Die dreidimensionale Wellengleichung Die eindimensionale Wellengleichung lautet 2 ω2 ∂2s ∂2s 2∂ s = = v ∂t 2 ∂z 2 k 2 ∂z 2 Im Dreidimensionalen verallgemeinern wir ∂2s ω2 ∂2s ∂2s ∂2s ω2 2 = + + ∇ s = ∂t 2 k 2 ∂x 2 ∂y 2 ∂z 2 k 2 (3) ∂/∂x mit ∇ = ∂/∂y ∂/∂z Eine Welle der Form von Gl. (2) löst die Wellengleichung (3). Setzt man ϕ = (k ⋅ r − ωt) = (k x x + k y y + k z z − ωt) so erhält man durch Einsetzen von Gl.(2) in (3): ∂2s 2 2 2 ω2 ∂2s 2 (k x + k y + k z ) 2 = 2 ω ∂ϕ 2 ∂ϕ k Da k 2 = k 2x + k 2y + k 2z , ist diese Gleichung erfüllt. Die Verallgemeinerung in Form der Gl. 3 ist also sinnvoll. f) die Gruppengeschwindigkeit Da k Vektoreigenschaften besitzt, kann man für die einzelnen Komponenten die Gruppengeschwindigkeit ausrechnen. v gx = ∂ω/∂k x Der Vektor der Gruppengeschwindigkeit ist also v g = ∂ω/∂k x e x + ∂ω/∂k y e y + ∂ω/∂k z e z oder vg = ∇kω mit ∂/∂k x ∇ k = ∂/∂k y ∂/∂k z Die Energie einer Welle breitet sich in Richtung vg aus. Im allgemeinen unterscheiden sich die Richtungen von vg und k. 33 2. Beispiel Schall a) Beschreibungsgrößen Wir charakterisieren Schall durch Tonhöhe, Klangfarbe und Lautstärke. α) Tonhöhe Die Tonhöhe wird physikalisch durch die Frequenz bestimmt. ν = 440Hz ist heute Kammerton a. Tonintervalle sind Frequenzverhältnisse, dabei sind die natürlichen Intervalle Verhältnisse von ganzen Zahlen kleiner 7. Bezeichnung ν 1 /ν 2 2 Oktave 3/2 4/3 5/6 6/5 Quint Quart große Terz kleine Terz Das Verhältnis 7/6 ist verboten. Das Frequenzverhältnis 4:5:6 nennt man einen Dur-Dreiklang. Abb. 29: Die Grunddreiklänge In unserem Tonsystem gelten Töne im Frequenzabstand 2 als gleich. Die Tonleiter wird erzeugt, indem man auf einen Grundton den Dur-Dreiklang aufbaut, z.B. c, e, g und die beiden Dreiklänge im Quintabstand drüber und drunter hinzunimmt (g, h, d: Dominante; f, a, c: Subdominante). β) Die Klangfarbe Die Klangfarbe wird durch die Amplituden der Oberschwingungen bestimmt. Ein Flötenton ist arm an Oberschwingungen, solche Klänge empfindet man als weich; ein Trompetenton reich an Oberschwingungen, solche Klänge sind hart oder näselnd. Spracherkennungssysteme müssen aus dem Frequenzspektrum den gemeinten Buchstaben ermitteln. γ) Schallintensität Der physikalische Begriff für die Intensität einer Welle ist die Leistungsflußdichte S, das ist die Energie, die im Zeitintervall ∆t durch eine Fläche A, die senkrecht auf k steht, fließt, geteilt durch A: S= P A S nennt man Schallintensität. Die Energie, die durch A fließt, ist ulA = uv∆tA , wobei u die Energiedichte, v die Phasengeschwindigkeit ist. lA ist das Volumen, das die Energie enthält, die in der Zeit ∆t durch A fließt. Der Leistungsfluß läßt sich also aus der Energiedichte u und der Phasengeschwindigkeit berechnen 34 S = uv∆tA = uv ∆tA Bei Schallwellen gilt für einen Oszillator W ges = W kin + W pot = 1 mv 2s0 2 vs0 ist die Amplitude der Geschwindigkeit der Schwingung eines Teilchen, auch Schallschnelle genannt. N 12 mv 2s0 1 2 = ρv s0 u= 2 V Mit vs0= s0ω, wobei s0 die Amplitude der Auslenkung ist, folgt S = 1 vρs 20 ω 2 2 Möchte man z.B. auf einem Schallträger bei großen und kleinen Frequenzen gleiche Leistung erzeugen, muß man bei kleinen Frequenzen entsprechend größere Auslenkungen zulassen. Da dies i.a. unwirtschaftlich ist, geht man meist umgekehrt vor: Man speichert mit gleicher Amplitude und gleicht die zu kleinen Leistungen bei kleinen Frequenzen mit einem Entzerrerverstärker aus. Bei 1 kHz ist die minimale von einem gesunden menschlichen Ohr wahrnehmbare Schallintensität S 0 = 10 −12 W/m 2 . Die Schmerzgrenze liegt bei 10 W/m2. Man sagt, das menschliche Ohr hat einen Dynamikbereich von 13 Zehnerpotenzen. Um diese große Skala noch vernünftig einteilen zu können, rechnet man die Schallintensität in eine logarithmische Skala um. L = 10 log (S/S0) L ist der Schallpegel in Dezibel (dB). Der Dynamikbereich des Ohres umfaßt also 130 dB, eine CD ca. 80 dB. Man beachte, daß die Schallpegelskala nicht linear ist. Verdoppelt man z.B. eine Schallintensität S2 = 2 S1, so resultiert daraus ein Schallpegel L2 = 10 log (S2/S0) = 10 log(2 S1/S0) = 10 log(S1/S0)+10 log 2 Abb. 30: Die physiologische Bewertungsfunktion nach DIN 45633 Da 10 log 2 ≈ 3, erhöht sich der Schallpegel um 3 dB. Der auf diese Weise physikalisch definierte Schallpegel entspricht für Schall der Frequenz 1 kHz etwa dem Empfinden von Lautstärke. Bei anderen Frequenzen gibt er z.T. völlig abwegige Angaben. Z.B. ergibt sich eine Lautstärke außerhalb des Hörbereichs, d.h. bei Frequenzen unterhalb 15 Hz (Infraschall) oder oberhalb 20 kHz (Ultraschall). Um dies zu vermeiden, führt man über eine Bewertungsfunktion B(ν), die bei 1 kHz gleich 1 und außerhalb des Hörbereichs Null ist, den Begriff Lautstärke ein. 35 L* = B(ν)L Für verschiedene Zwecke gibt es unterschiedliche Bewertungsfunktionen. Man mißt nach ihnen die Lautstärke in dB(A), dB(B), dB(C). b) Die Wellengleichung für Schall im dreidimensionalen Raum Zur Ableitung der Wellengleichung geht man wie im eindimensionalen Fall vor mit dem Unterschied, daß jetzt die Kraft und die Auslenkung aus der Ruhelage Komponenten in allen drei Koordinatenrichtungen haben können. Die Bewegungsgleichung für ein Volumenelement Abb. 31: Kräfte auf ein Volumenelement in einem Schallfeld V = ∆x∆y∆z in einer Koordinatenrichtung ist dann • ∂F m v x = − x ∆x ∂x Da ρ = m/∆x∆y∆z und p = F x /∆y∆z, schreibt man ∂p • ρ vx = − ∂x ∂/∂x • Insgesamt also ρ v= −∇ (1) ∇p mit ∇ = ∂/∂y ∂/∂z Dies ist die aus der Gasdynamik bekannte Bewegungsgleichung. Wegen der adiabatischen Zustandsänderung haben wir dp ∆V , dp = − κp dV (2) = −κ p V dt V dt Die Volumenänderung ergibt sich aus den Längenänderungen Koordinatenrichtungen in Abb. 32: Zusammenhang von ∆s und ∆x dV = ds x ∆y∆z + ds y ∆x∆z + ds z ∆x∆y und da, wie an Abb. 32 abzulesen ∂s ∆s = x ∆x wird ∂x den drei 36 ∂s x ∂s y ∂s z + + V ∂x ∂y ∂z und die in Gleichuung (2) benötigte Größe 1 dV = ∂v x + ∂v y + ∂v z = ∇⋅v=divv ∂x ∂y ∂z V dt dp = −κp∇⋅v dt Nach Differenziation der letzten Gleichung nach der Zeit kann v aus Gl. (1) eingesetzt werden. Bei diesem wird der Vorfaktor κp/ρ als konstant angesehen. Bei einer strengeren Ableitung schreibt man p = p0 + ∆p und ρ = ρ 0 + ∆ρ , wobei p0 und ρ 0 konstant sind, und die gesamte Raum- und Zeitabhängigkeit in ∆p und ∆ρ steckt, die um den Faktor ε kleiner sind als p0 und ρ0. Läßt man Terme mit ε2 weg, ergibt sich obiges Ergebnis. dV = ∂ 2 p κp 2 = ρ∇ p ∂t 2 Man erhält also für den Druck die im Abschnitt 1) für Wellen im Raum geforderte Wellengleichung. Die Phasengeschwindigkeit ist wie im eindimensionalen Fall κp cs = ρ c) Resonatoren α) Luftsäulen Für eindimensionale Luftsäulen wie in Flöten oder Trompeten heißt die Bedingung für die Grundschwingung L = λ/2 . Die Frequenz wird damit κp (3) ν= v = v = 1 ρ λ 2L 2L Um p und ρ auf die Temperatur T zurückzuführen, gehen wir von dem allgemeinen Gasgesetz aus: pV = nRT, wobei n die Anzahl der Mole und R die Gaskonstante ist. p = nRT V nm 0 (m0 = Molgewicht) ρ= V p Daraus folgt ρ = RT m 0 Bei gleichbleibender Gasart hängt die Tonhöhe einer Flöte von der Gastemperatur ab. (Die Flöte selbst dehnt sich viel weniger aus als das Gas.) Bei einer Flötenlänge von L = 0,38 m erhält man ν = 330 H z ≈ 440H z . 0, 76 β) Saiten Die Eigenfrequenz für Saiten ergibt sich aus Formel (3), wenn man die Wellengeschwindigkeit einer Seilwelle einsetzt. F0 ν= 1 2L ρA 37 Abb. 33: Änderung der Klangfarbe durch Anzupfen der Saite an geeigneter Stelle Man kann den Ton, den eine Saite abgibt, durch Längenverkürzung, z.B. beim Greifen oder durch stärkeres Spannen erhöhen. Durch schwaches Berühren der Saite an einer Stelle, an der sich der Knoten einer Oberschwingung befindet, kann man diese Oberschwingung erregen. Man erhält die sogenannten Flageolettetöne. Die Klangfarbe des Tones wird sehr stark durch die Anzupf- bzw. Anstreichstelle der Saite beeinflußt. Bei Anzupfen in der Nähe des Steges erhält man hier eine starke Steigung in der Anfangsform der Saite, zu deren Darstellung ein hoher Anteil von Obertönen erforderlich ist. Der Ton wird härter. γ) Eigenmoden im Raum In einem dreidimensionalen Wellenleiter gibt es eine sehr viel größere Vielfalt von Eigenmoden als im linearen Fall. Die Berechnung ist im allgemeinen schwierig und erfordert eine Anpassung des Koordinatensystems an die Geometrie. Auf zweidimensionalen Gebilden kann man die Bewegungsformen durch aufgestreuten Sand sichtbar machen. Dieser sammelt sich bevorzugt in den Knotenlinien. Die möglichen Sandmuster nennt man die Chladnischen Klangfiguren. Im folgenden berechnen wir die Eigenmoden eines Gasvolumens, das von einem Quader der Kantenlängen a, b, c eingeschlossen ist. Abb. 34: Die Winkelkosinusse des Wellenvektors Die Resonanzbedingung für die x-Richtung lautet: λ nx x = a 2 λ x = λ/ cos α , λn also cos α = x 2a dabei ist nx die Anzahl der Knoten auf der x-Achse. Entsprechend erhält man für die anderen Richtungen λn y λn cos β = , cos γ = z 2c 2b Andererseits sind die Winkelkosinusse die Komponenten des Einheitsvektors, der senkrecht auf der Wellenfläche steht k = cos αe + cos βe + cos γe x y z k d.h. cos 2 α + cos 2 β + cos 2 γ = 1 38 n 2x n 2y n 2z 2 2 + 2 + 2 4λ = 1 a b c Alle ganzzahligen n, die diese Gleichung erfüllen, führen zu einer Eigenschwingung. Die größten Wellenlängen, bei denen noch eine Eigenschwingung angeregt werden kann, ist wie im linearen Fall λ = 2a , wenn a die längste Seite des Quaders ist (nx=1, ny= nz= 0). Es gibt Resonatoren, die sehr viel kleinere Ausmaße als die halbe Wellenlänge der angeregten Welle haben, die sogenannten Helmholtzresonatoren (Hermann v. Helmholtz 1821 - 1894) Abb. 35: Helmholzresonator Die Luft im Flaschenhals wird zu Schwingungen angeregt, wobei die rücktreibende Kraft von der Kompression im Flaschenbauch herrührt. Die rücktreibende Kraft berechnet sich wie oben ∆p p0 ∆V p 0 = −κ V , F=∆pA = −κ V 0 A∆V mit ∆V = A∆x erhält man die Schwingungsgleichung κp •• m x = − A2x V0 woraus sich mit m = ρA l die Frequenz berechnet ω= κp 0 A ρ 0 lV 0 Helmholtzresonatoren wurden ursprünglich von Helmholtz zur Herausfilterung von bestimmten Tönen aus einem Klang verwendet. Zu diesem Zweck wird an der Kugel, dem Hals gegenüber ein kleines Loch angebracht, das man ans Ohr führen kann, um zu hören, ob der Resonator angeregt wird. Es gibt heute eine Vielzahl von Anwendungen, z.B. bei der Schalldämmung, aber auch zur Schallverstärkung in der Baßreflexbox. d) Der Dopplereffekt (Christian Doppler, 1803 - 1853) Die Tatsache, daß bei einer Relativbewegung einer Quelle und eines Beobachters die wahrgenommene Frequenz gegenüber der Frequenz der Quelle verschoben ist, nennt man Dopplereffekt. Man kann ihn besonders leicht bei Schall beobachten, z.B. wenn ein Fahrzeug mit Martinshorn vorbeifährt: Bei Annäherung ist der Ton höher als bei Entfernung. Der Dopplereffekt tritt allerdings auch bei anderen Wellen, z.B. bei Licht, auf. Bei Schall unterscheidet sich der Effekt für die Situation, in der die Quelle ruht und der Beobachter sich bewegt, von der Situation, in der die Quelle sich bewegt und der Beobachter ruht. Abb. 36: Der Beobachter bewegt sich im Wellenfeld 39 Wenn die Quelle ruht, wird das Wellenfeld beschrieben durch s = s 0 sin (ωt − kz) Dadurch, daß der Beobachter sich in diesem Feld bewegt, sammelt er je nach Bewegungsrichtung mehr oder weniger Wellenberge pro Sekunde auf, als wenn er ruht. Formal setzt man z =v B t s = s 0 sin (ωt − kv B t) = s 0 sin ω t mit ω = ω − kv B ω − ω / ∆ω kv B v B ω = ω = ω = v ∆ν = v B v ν Wenn die Quelle sich bewegt, deponiert sie bei der Bewegung die Wellenberge an anderen Orten, als wenn sie ruht. Das Wellenfeld hat also eine andere Wellenlänge als bei ruhender Quelle. Die Modifikation der Wellenlänge ist gegeben durch ∆λ = v Q v ph λ Für kleine Relativgeschwindigkeiten ist die relative Frequenzänderung gleich der relativen Wellenlängenänderung. In diesem Fall kann man schreiben ∆ν = v rel v ph ν Die gleiche Formel gilt für Licht im nichtrelativistischen Fall v<<c0. Im allgemeinen ist eine relativistische Betrachtung erforderlich. Sie ergibt: ν/ = ν 1 − v/c 0 1 + v/c 0 Der Dopplereffekt wird zur Geschwindigkeitsmessung ausgenutzt. Sterne zeigen eine mit der Entfernung immer größer werdende Rotverschiebung ihrer Spektrallinien, woraus man auf eine Expansion des Weltalls schließt. Temperaturen in heißen Gasen mißt man über die Dopplerverbreiterung von Spektrallinien durch die statistische Bewegung der Teilchen. 3. Elektromagnetische Wellen a) Was sind elektromagnetische Wellen? Abb. 37: Feldgeometrie bei einem Bandleiter Speist man in den Eingang eines Kabels, z.B. eines Bandleiters, ein sinusförmiges Spannungssignal, so entsteht im Raum zwischen den Leitern ein magnetisches und elektrisches Feld, die senkrecht aufeinander stehen und sich wellenförmig mit der Geschwindigkeit c = c0/ εr ausbreiten. E und B sind senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Eine solche Welle nennt man elektromagnetisch. In der Wellengeschwindigkeit sind von den Daten des Kabels nur das εr des Isolationsmaterials, nicht die geometrischen Abmessungen enthalten. Sie sind also für die 40 Ausbreitung nicht wichtig. Ähnlich ist es bei Schallwellen, bei denen die Geschwindigkeit im freien Raum und im Rohr gleich sind. In der Tabelle sind die Wellenlängen und Frequenzen verschiedener elektromagnetischer Wellen dargestellt. Von der Physik her handelt es sich um gleichartige Vorgänge. b) Wellengleichung Daß eine Wellenausbreitung ohne die im Leiter fließenden Ströme möglich ist, erkennt man daran, daß sich aus den Maxwellgleichungen im Vakuum die Wellengleichung für elektromagnetische Wellen ableiten läßt. Wir benötigen: • - das Amperesche Gesetz mit j = 0: rotB = µ 0 ε 0 E • rotE = −B Wir eliminieren E, indem wir von der ersten Gleichung die Rotation bilden, die zweite nach der Zeit ableiten: - das Induktionsgesetz: ••⋅ rot rotB = −µ 0 ε 0 B rot rot kann vereinfacht werden. ∇(∇ × B) = V(∇ × B) − ∇ 2 B ∇ • B = 0 nach Maxwell, daher erhält man die Wellengleichung: •• ∇2B = µ0ε0 B Die Geschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen ergibt sich wie in allen diesen Fällen aus dem Vorfaktor des Terms mit der Ortsableitung 1 c0 = µ0ε0 Möchte man nicht mit den Formeln der Vektoranalysis jonglieren, kann man den eindimensionalen Fall betrachten. Wir legen das Koordinatenkreuz so, daß k = kez. Für ebene Wellen ist ∂ ∂ = = 0 . B möge in x-Richtung weisen. Dann ist dann ∂x ∂y ex 0 B 0 rotB = e y 0 0 = ∂B/∂z e z ∂/∂z 0 0 E weist also nach dem Ampereschen Gesetz in y-Richtung e x 0 0 −∂E/∂z rotE = e y 0 E = 0 e z ∂/∂z 0 0 Die Maxwellschen Gleichungen sind dann skalar. • ∂B ∂ = µ0ε0 E ∂z ∂z • ∂E ∂ − = −B ∂z ∂t Durch Elimination von E erhält man die Wellengleichung | | 41 •• ∂2B = µ ε B 0 0 ∂z 2 Die Geometrie der Welle ist in Abb. 38 wiedergegeben. E und B sind wie auf dem Kabel in Phase. Die Leistungsdichte ergibt sich aus dem Poyntingvektor: Abb. 38: Die Richtung von E und B in der elektromagnetischen Welle S = µ1 E × B 0 42 KAPITEL D Wellen in inhomogenen Medium 1. Prinzipien der Wellenausbreitung Ein Medium kann inhomogen sein, weil die Geschwindigkeit sich innerhalb des Raumes kontinuierlich ändert, weil Grenzflächen zwischen homogenen Medien mit verschiedenen Ausbreitungsgeschwindigkeiten liegen oder Hindernisse vorkommen. Im Prinzip ist eine exakte Berechnung mit Hilfe der Maxwellschen Theorie bei Berücksichtigung der entsprechenden Randbedingungen möglich. Um sich die Arbeit zu erleichtern, führt man gesonderte Prinzipien der Wellenausbreitung ein, von denen man je nach Bedarf das eine wie das andere benutzt. a) Das Huygensche Prinzip (Christian Huygens, 1629 - 1695) Abb. 39: Die Einhüllende von Elementarwellen Ist die Form einer Wellenfläche zur Zeit t bekannt, so berechnet man die Wellenfläche zur Zeit t+∆t, indem man die Einhüllende der Elementarwellen sucht, die auf der ursprünglichen Fläche gleichzeitig erregt werden und die Zeit ∆t gelaufen sind. Man zerlegt also die gesamte Störung des Mediums entlang der Wellenfront in eine Summe von punktförmigen Störungen. Die Elementarwellen haben im isotropen Medium die Form kleiner Kugeln mit Radius r = c∆t. Im anisotropen Medium können es Ellipsoide oder andere Oberflächen sein. b) Satz von Malus ((Etienne-Louis Malus, 1775 - 1812) Abb. 40: der Satz von Malus Hat man zwei Wellenflächen und zwei senkrecht dazu verlaufende Strahlen, so sind die Zeitdifferenzen bei der Wellenausbreitung von einer Wellenfläche zur nächsten auf allen Strahlen gleich groß. Insbesondere benötigen alle Strahlen, die von einem Punkt ausgehen und sich in einem anderen treffen, die gleiche Zeit. Um mit dem Satz von Malus rechnen zu können, schreibt man zweckmäßigerweise Zeitdifferenzen in Differenzen der optischen Wege um. Wegen t = l/v = ln/c0 sind Zeitdifferenzen den zurückgelegten optischen Wegdifferenzen proportional, wobei man definiert: Optischer Weg = ln, allgemein ∫ ndx , und entlang eines Strahls zu integrieren ist. Das Malussche Prinzip hat dann die Form 43 Abb. 41: Abbildung und optische Weglänge ∫ ndx = ∫ ndx Ein Medium, bei dem der optische Weg größer als im anderen ist, nennt man optisch dichter. c) Das Fermatsche Prinzip (Pierre de Fermat, 1601 - 1665) Abb. 42: Der schnellste Weg von A nach B Abb. 43: Der langsamste Weg von A nach B Ein Lichtstrahl läuft so von einem Punkt A zu einem anderen B, daß von allen möglichen Wegen zwischen A und B der genommen wird, der bezüglich der Zeit einen Extremwert hat. Möchten Sie z.B. von einem Punkt A zu einem anderen B laufen, wobei A in einem Gebiet liegt, in dem Sie schnell, B in dem Sie langsam laufen können, ist der geknickte Weg schneller als der geometrisch kürzeste. Ein Extremum mit der langsamsten Route ergäbe sich z.B. bei Reflexion an der Innenseite eines Ringes. 2. Brechung und Reflexion an ebenen Grenzflächen a) Homogenes Medium Abb. 44: Im homogenen Medium bleibt eine ebene Welle eben Nach dem Huygensschen Prinzip bleibt eine ebene Welle im homogenen Medium eine parallel dazu liegende ebene Welle. Es genügt also zu ihrer Konstruktion die Lage von drei Punkten (in der Zeichenprojektion benötigt man zwei Punkte). 44 b) Reflexion An Grenzflächen wird ähnlich wie bei Wellen auf Kabeln ein Teil (oder alle ) Energie reflektiert. Ein anderer Teil kann in das andere Medium übergehen. Hierbei ändert sich im allgemeinen die Richtung der Ausbreitung. Zur Konstruktion der neuen Wellenfläche nach ihrer Reflexion an einer Ebene konstruieren wir nach obenstehender Abbildung zwei Punkte der neuen Wellenfläche. Die alte Wellenfläche sei AB. Nach der Zeit BB'/c hat die Wellenfläche die Grenzfläche bei B' erreicht. Die Elementarwelle, die von A ausgeht, hat den Radius r = c∆t = BB = AA . Die neue Wellenfläche geht also durch B' und berührt die Elementarwelle bei A'. Es gilt also Abb. 45: Ableitung des Reflexionsgesetzes mit dem Huygenschen Prinzip AA' = BB' sin α = sin β α=β Einfalls- und Ausfallswinkel sind gleich. c)Brechung Abb. 46: Ableitung des Brechungsgesetzes nach dem Huygenschen Prinzip Hat die Welle im Medium I die Geschwindigkeit c1 und im Medium II c2<c1, ist die alte Wellenfläche wieder AB und die Zeit, um von B nach B' zu gelangen ∆t = BB'/c1. Der Radius der Elementarwelle um A ist jedoch kleiner, nämlich AA' = c2∆t. Es gilt sin α = BB /AB , sin β = AA /AB , also sin α BB / = sin β AA / 45 Da BB' = c1∆t und AA' = c2∆t, folgt das Snelliussche Brechungsgesetz sin α c 1 = sin β c 2 Mit der Definition des Brechungsindexes c c = n0 erhält man die übliche Form sin α 1 n 2 = sin α 2 n 1 Der Brechungsindex von Luft ist für viele Betrachtungen mit genügender Genauigkeit 1. Bei genaueren Analysen setzt man n = n0+∆n, wobei ∆n proportional zur Teilchendichte (Teilchenzahl pro Volumeneinheit) ist (s. Kap. H/4). In der Erdatmosphäre nimmt der Brechungsindex also nach außen hin ab und geht gegen 1 im Weltraum. Glassorten haben verschiedene Werte von n in der Nähe n = 1,5. Wasser hat ε ≈ 80 für Gleichfelder, aber n = 1,33 für Licht. Der große Unterschied im statischen und dynamischen εr ist eine Folge des Molekülaufbaus im Wasser. Beim Übergang vom optisch dichteren Medium mit großem n zum optisch dünneren Medium gibt es einen Grenzwinkel αg für den Einfallswinkel, bei dem der Ausfallswinkel 90° ist. sin α g n 2 =n 1 1 Abb. 47: Der Grenzwinkel der Totalreflexion Bei noch größerem Einfallswinkel ist Brechung nicht mehr möglich. Alle Energie wird reflektiert. Diesen Vorgang nennt man Totalreflexion. Man wendet ihn zur Herstellung von Spiegeln an. Bringt man in die Nähe der spiegelnden Fläche von der Seite des dünneren Mediums her eine zweite Grenzfläche, z.B. bei Totalreflexion in einem Prisma ein zweites Prisma, so bemerkt man, daß die Welle durch den Luftspalt hindurchkommt und in die zweite Glasplatte eintritt. Der Grund liegt daran, daß bei der Totalreflexion eine gewisse elektrische Energie im Außenraum vorhanden ist, dort aber normalerweise nicht abgestrahlt wird, da der Poytingvektor in Richtung der Grenzfläche zeigt. Die Abstrahlung wird erst durch die zweite Glasplatte Abb. 48: Frustrierte Totalreflexion ermöglicht. Diesen Vorgang nennt man frustrierte Totalreflexion. Man kann sie z.B. zur Modulation von Licht verwenden. Das Analogon in der Quantenphysik ist der Tunneleffekt. 46 Abb. 49: Lichtleiter In Lichtleitern verhindert man das seitliche Austreten von Licht dadurch, daß man sie mit einem Medium umgibt, das einen kleineren Brechungsindex besitzt als der Lichtleiter selbst. Ein anderes Beispiel für Totalreflexion ist die Fata Morgana. d) Dispersion bei Brechung Da der Brechungsindex von der Wellenlänge abhängt, erhält man für unterschiedliche Wellenlängen unterschiedliche Ablenkungen bei Brechung. Bei Licht ist z.B. normalerweise der Brechungsindex für lange Wellenlängen kleiner als für kurze. Diesen Tatbestand kann man mit der klassischen Dispersionstheorie verstehen (s. Kap. H/4). Daher wird rotes Licht weniger abgelenkt als blaues. Abb. 50: Normale und anomale Dispersion Die einfachste Anordnung, um dies sichtbar zu machen, ist das Prisma, d.h. zwei um einen Winkel geneigte Ebenen. Tritt ein Strahl unter einem Winkel α in eine Glasplatte mit parallelen Oberflächen, so tritt er wegen der Symmetrie des Strahlenganges unter dem gleichen Winkel wieder aus. Er erfährt eine Parallelverschiebung. Abb. 51: Durchgang von Licht durch eine planparallele Platte Sind beide Oberflächen wie beim Prisma geneigt, so erfährt der Strahl insgesamt eine Ablenkung, die mit zunehmender Neigung der beiden Flächen anwächst. Die Ablenkung erfolgt von der brechenden Kante, d.h. der Schnittlinie der Oberflächen, weg. Im Wellenbild erfährt eine ebene Welle im Prisma eine Verzögerung, die am breiten Ende des Prismas stärker ist als an Abb. 52: Ablenkung von Licht durch ein Prisma 47 der Spitze. Sie ist nach dem Durchgang durch das Prisma wieder eben, aber gegenüber der ursprünglichen Richtung geneigt. Beim Durchgang durch ein Prisma wird also rotes Licht weniger abgelenkt als blaues. Dieses Verhalten wird im Prismenspektrographen zur Frequenzanalyse ausgenutzt. Der Regenbogen entsteht durch Strahlen, die zweimal an einer Tropfenoberfläche gebrochen und einmal totalreflektiert werden. Wegen der Symmetrie um die Achse SonneAuge ist der Regenbogen rund. Abb. 53: Ablenkung durch eine planparallele Platte mit seitlich veränderlichem Brechungsindex Im inhomogenen Medium wie der Erdatmosphäre erhält man gekrümmte Strahlen. Ändert sich der Brechungsindex senkrecht zur Ausbreitungsrichtung, so erhält man ähnlich wie beim Prisma eine Kippung der Wellenfront und damit eine Strahlablenkung. 3. Polarisation und Doppelbrechung a) Einleitung Mit den im vorigen Abschnitt entwickelten Ideen läßt sich die Brechung und Reflexion von Licht beim Übergang zwischen zwei Medien mit ebener Grenzfläche, soweit man sich für die Richtungen interessiert, beschreiben. Über die Intensitäten des reflektierten und transmittierten Strahles wurden keine Aussagen gemacht. Die Intensitäten hängen von der Polarisation des einfallenden Lichtes ab. Im folgenden befassen wir uns daher mit dem Einfluß der Polarisation auf Reflexion und Transmission. Wie wir in Abschn. D/1 gesehen hatten, sind elektromagnetische Wellen bezüglich E und B transversal. Dies war keineswegs von Anfang an klar. Transversalwellen erfordern im klassischen Bild starke Scherkräfte, die verdünnte Medien nicht aufbringen. Man vermutete daher, daß das Medium, in dem sich Lichtwellen ausbreiten und das man sich wie ein verdünntes Gas vorstellte, nur Longitudinalwellen transportieren könne. Da natürliches Licht aus einem Gemisch von Wellen mit allen möglichen Polarisationsrichtungen besteht, fällt die Asymmetrie bezüglich der Ausbreitungsrichtung zunächst nicht auf Abb. 54: Natürliches Licht ist unpolarisiert Es gibt allerdings einige Effekte, die von der Polarisationsrichtung abhängen. Dies sind im wesentlichen Streuung, Brechung und Doppelbrechung. Solche Effekte kann man zur Erzeugung von polarisiertem Licht aus natürlichem ausnutzen. 48 b) Streuung Abb. 55: Polarisation bei Streuung an Elektronen Fällt eine elektromagnetische Welle auf freie oder gebundene Elektronen, so werden diese zu Schwingungen von der Frequenz der Welle angeregt und strahlen ihrerseits als Dipol Wellen aus. Die größte Amplitude der Streuwelle findet man senkrecht zur Dipolachse, da hier B und E die korrekte Richtung für eine elektromagnetische Welle besitzen. In Achsenrichtung ist E longitudinal. Daher findet in dieser Richtung keine Wellenanregung statt. Abb. 56: Abstrahlcharakteristik eines Dipols - Die Polarisationsrichtung der gestreuten Welle erhält man, indem man die Richtung von E im Dipol auf eine Ebene senkrecht zum betrachteten Strahl projiziert. Mit dieser Konstruktion erkennt man aus Abb. 55, daß auch bei Einstrahlung mit natürlichem Licht das Streulicht polarisiert ist. Z.B. ist das Himmelslicht, das durch Streuung von Sonnenlicht an den Molekülen der Atmosphäre entsteht, polarisiert. Diese Tatsache kann man ausnutzen, um bei bedecktem Himmel den Stand der Sonne zu ermitteln, was die Bienen angeblich zur Navigation ausnutzen. c) Reflexion Abb. 57: Polarisation und Einfallsebene Bei der Reflexion von Licht an einem Isolator wie Glas oder Kunststoff verhält sich ein Strahl, der parallel zur Einfallsebene polarisiert ist, unterschiedlich zu einem senkrecht dazu polarisierten. Die Einfallsebene ist dabei durch den Strahl und das Einfallslot definiert. Um zu ermitteln, was beim Übergang etwa von Luft zu Glas passiert, betrachten wir Abb. 58. Die reflektierte Welle kann als die von den Glasmolekülen gestreute Welle aufgefaßt werden. Bei Polarisation parallel zur Einfallsebene gibt es einen Winkel αB, bei dem die nach dem Reflexionsgesetz zu erwartende Welle in Richtung der strahlenden Dipole liegt. Unter diesen Verhältnissen kann keine reflektierte Welle entstehen. Die Bedingung hierfür lautet α+β = 90°. Nach Snellius gilt außerdem: 49 Abb. 58: Der reflektierte Strahl wird von den Dipolen im Medium emittiert sin α B =n sin β B tan α B = n αB heißt der Brewsterwinkel (David Brewster, 1781 - 1868) Man kann den Brewsterwinkel ausnutzen, um Reflexe, z.B. an Laserentladungsröhren oder Lichtsümpfen zu vermeiden. Durch Hintereinanderschaltung von vielen im Brewsterwinkel angeordneten Glasplatten kann man auch ein transmittierendes Polarisationsfilter herstellen. Der Vorteil gegenüber anderen Techniken ist der einfache und robuste Aufbau. Das Reflexions- und Transmissionsverhalten einer elektromagnetischen Welle an der Grenzfläche zweier Medien mit unterschiedlichen εr kann mit der elektromagnetischen Theorie berechnet werden. Dafür setzt man für den einfallenden (Index e), reflektierten (Index r) und transmittierten (Index t) Anteil ebene Wellen voraus, die an der Grenzfläche den Stetigkeitsbedingungen genügen. E //1 = E //2 , ε 1 E ⊥1 = ε 2 E ⊥2 (Der Index bzw. ⊥ bezieht sich auf die Einfallsebene, 1 und 2 auf die beiden Medien.) Man erhält die sogenannten Fresnelschen Formeln (Augustin Jean Fresnel, 1788 - 1827) 2 cos α sin β E //r tan (α − β) E //t , = = E //e tan (α + β) E //e sin (α + β)cos (α − β) E ⊥r sin (α − β) E ⊥t 2 cos α sin β , = = E ⊥e sin (α + β) E ⊥e sin (α + β) Abb. 59: Reflexionskoeffizient für unterschiedliche Polarisationsrichtungen Das Verhältnis der Intensitäten r erhält man durch Quadrierung. In Abb. 59 ist der Reflexionskoeffizient für Polarisation senkrecht und parallel zur Einfallsebene dargestellt. Für α = 0 und α = 90° erhält man für beide Fälle den gleichen Wert. Aus den Fresnelschen Formeln leitetman für α = 0 ab: 50 E ⊥r E //r α − β α/β − 1 n 2 /n 1 − 1 n 2 − n 1 = = = = = E ⊥e E //e α + β α/β + 1 n 2 /n 1 + 1 n 2 + n 1 Der Reflexionskoeffizient ist dann n − n1 2 r(0) = 2 n +n Für Luft-Glas-Übergänge erhält man mit n = 1,5 r(0) = 0,04. Der Brewsterwinkel liegt vor, wenn bei E''r der Nenner unendlich wird. Dies ist der Fall für α + β = 90°, wie aus der anschaulichen Betrachtung ermittelt wurde. d) Doppelbrechung Durchdringt ein Lichtstrahl bestimmte Kristalle, z.B. Kalzit (CaCO3) senkrecht zu einer seiner Kristallflächen, so wird er in zwei Strahlen aufgespalten, die senkrecht zueinander polarisiert sind. Einer der Strahlen befolgt das Brechungsgesetz. Man nennt ihn den ordentlichen Strahl, der andere befolgt es nicht. Er heißt außerordentlich. Man kann die neue Wellenfront des außerordentlichen Strahls nach einer Zeit ∆t korrekt konstruieren, wenn man Ellipsoide als Elementarwellen annimmt. Der ordentliche Strahl hat wie im isotropen Medium Kugeln als Elementarwellen. Zeichnet man diese Elementarwellen für eine Zeiteinheit, so erhält man 1 oder 2 Richtungen, in denen sich Kugel und Ellipsoid schneiden. In diesen Richtungen ist also die Geschwindigkeit von ordentlichem und außerordentlichem Strahl gleich. Man nennt sie optische Achsen. Es gibt also Kristalle mit einer oder zwei optischen Achsen. Wir betrachten im folgenden einachsige Kristalle. Abb. 60: optisch positive und negative Kristalle Die Achse ist hier zugleich die Symmetrieachse. Die Ellipsoide sind axialsymmetrisch. Wenn vo>ve nennt man den Kristall optisch positiv, wenn vo<ve nennt man den Kristall optisch negativ. Der Hauptschnitt ist die Ebene, die den Strahl und die optische Achse enthält. Der ordentliche Strahl ist senkrecht zum Hauptschnitt polarisiert, der außerordentliche parallel zum Hauptschnitt. Strahlt man senkrecht zur optischen Achse und senkrecht zur Oberfläche ein, so gehen beide Strahlen ungebrochen durch die Oberfläche. Sie laufen allerdings mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Werden sie mit gleicher Phase eingestrahlt, was man am besten durch Aufspaltung eines Strahls in zwei senkrecht zueinander Abb. 61: Einstrahlung senkrecht zur optischen Achse 51 polarisierte erreicht, so haben sie nach Durchlaufen einer Strecke im Kristall einen Phasenunterschied. Bei einem Phasenunterschied von 90° kann man auf diese Weise zirkularpolarisiertes Licht herstellen oder analysieren. Einen solchen Kristall nennt man λ/4-Plättchen. Abb. 62: Erzeugung von zirkularpolarisiertem Licht Im Eingang sei E x = E 0 sin ωt E y = E 0 sin ωt Dann ist am Ende des Stabes: E x = E 0 sin ωt E y = E 0 cos ωt Der E-Vektor beschreibt einen Kreis. Abb. 63: Einstrahlung parallel zur optischen Achse Bei Einstrahlung parallel zur optischen Achse (senkrecht zur Oberfläche) sind beide Strahlen gleich schnell. Die Doppelbrechung macht sich nicht bemerkbar. Abb. 64: Drehung der Polarisationsebene Bei einigen Stoffen hat man dann eine Drehung der Polarisationsebene. Außer bei Kristallen wie Quarz tritt dies bei einigen Lösungen wie Zucker, Terpentin auf. Rechtsdrehend nennt man einen Stoff, bei dem sich für einen Beobachter, der entgegen Strahlrichtung sieht, die Polarisationsebene im Uhrzeigersinn dreht. Der Drehwinkel ist der Länge des durchstrahlten Mediums bei Lösungen außerdem der Konzentration proportional α = K(λ)l ⋅ n. Abb. 65: Lyot Filter 52 Die Tatsache, daß die spezifische Rotation K(λ) von der Wellenlänge abhängt, nennt man Rotationsdispersion. Man kann sie zur Konstruktion eines Frequenzfilters ausnutzen (s.Abb.65). Ein solches Lyot-Filter ist für hohe Belastungen geeignet. (B. Lyot, 1897 - 1952) Bei einigen Stoffen kann man durch Anlegen einer elektrischen Spannung eine künstliche Doppelbrechung erzeugen. Dazu gehören Nitrobenzol und KDP. Solche Medien eignen sich zum Bau optischer Schalter, d.h. um Licht definiert durchzulassen oder zu sperren. Durch Anlegen eines Magnetfeldes, z.B. an Glas, erzeugt man eine Drehung der Polarisationsebene, d.h. künstliche optische Aktivität. Dieser sogenannte Faraday-Effekt dient als optisches Ventil, d.h. um nur eine Laufrichtung von Licht zu gestatten. (Michael Faraday, 1791 - 1867) Abb. 66: Faradayrotator als optisches Ventil Man dreht die Polarisationsebene um 45° und stellt zwei Polarisatoren so auf, daß sie freien Durchgang des Lichtes gestatten. Bei umgekehrter Laufrichtung dreht sich die Polarisationsebene mit gleicher Schraubenrichtung bezüglich k. Dadurch trifft die Welle mit 90° gegenüber dem am Anfang aufgestellten Polarisator verdrehter Polarisationsrichtung auf und wird nicht durchgelassen. Abb. 67: Nicolsches Prisma Doppelbrechung kann man ausnutzen, um aus natürlichem Licht linear polarisiertes herzustellen. Das klassische Instrument dazu ist das Nicolsche Prisma (Abb.67) (William Nicol, 1768 1851). Man schneidet einen Kalzit-Kristall in einem bestimmten Schnitt in zwei Hälften, die man mit einem Material von kleinerem Brechungsindex als Kalzit zusammenklebt (Kanadabalsam). Die Winkel richtet man so ein, daß einer der Strahlen an der Klebstelle totalreflektiert wird. Eine etwas bequemer zu handhabende Abart ist das Glan-Thompson-Prisma (Paul Glan, 1846 - 1898, Sylvanus Phillips Thompson, 1851-1916) (Abb. 68). Abb. 68: Glan-Thompson-Prisma 53 KAPITEL E Strahlenoptik 1. Hohlspiegel a) Brechung und Reflexion an gekrümmten Oberflächen Abb. 69: Abbildung durch eine gekrümmte Oberfläche Brechungs- und Reflexionsgesetz gelten auch für beliebig gekrümmte Oberflächen, wenn man diese in der Umgebung des Auftreffpunktes durch ihre Tangentialebene ersetzt. Im folgenden betrachten wir den Strahlenverlauf in der Einfallsebene. Die Oberfläche wird in ihr durch die Schnittkurve f(x) dargestellt, und Reflexion erfolgt an der Tangente. Für ein Bündel von Strahlen ergibt sich ein neuer Effekt, wenn sich die Steigung über den Bündelquerschnitt ändert. Dann werden alle Strahlen, die von einem Punkt ausgehen, unterschiedlich abgelenkt und treffen sich für ein genügend schmales Bündel in einem anderen Punkt, dem sogenannten Bildpunkt. Zur Konstruktion des reflektierten, bzw. gebrochenen Strahls benötigt man die lineare Näherung der Taylorentwicklung ∆y dy = , (y − y 0 ) = y / (x o )(x − x 0 ) ∆x dx Zur Beschreibung der Lage des Bildpunktes die quadratische Näherung (y − y 0 ) = y / (x 0 )∆x + 1 y // (x 0 )∆x 2 2 Die höheren Glieder der Taylorentwicklung sind für die Abbildungsfehler verantwortlich. b) Exakte Abbildung von einem Punkt in einen zweiten Abb. 70: Der elliptische Spiegel bildet streng einen Punkt in einen anderen ab Die Kurve, die alle Strahlen, die von einem Punkt G ausgehen, in einem zweiten Punkt B sammelt, ist die Ellipse. G und B nennt man die Brennpunkte. Im Raum ist die entsprechende Fläche das Rotationsellipsoid, das durch Rotation der Ellipse um die Achse entsteht, die die 54 Brennpunkte verbindet. Für den Sonderfall, daß einer der beiden Punkte ins Unendliche rückt, degeneriert die Ellipse zur Parabel. Der zweite Punkt ist der Brennpunkt der Parabel und sein Abstand zum Scheitel der Parabel die Brennweite f. Elliptische Spiegel werden in blitzlampengepumpten Lasern verwendet. Blitzlampe und Lasermedium befinden sich in den beiden Brennlinien des zylindrischen Spiegels mit elliptischem Querschnitt. c) Kugelspiegel Abb. 71: Kugel- und Parabolspiegel mit gleicher Brennweite In manchen Abbildungsproblemen benötigt man tatsächlich eine exakte Punkt-zu-Punkt-Abbildung, wie z.B. in der Astronomie. Oft kann man Ungenauigkeiten hinnehmen zugunsten der Flexibilität. Hier sind oft Kugelspiegel günstiger. Abb. 72: Die Brennweite eines Kugelspiegels für achsennahe Strahlen Bei einem Kreis gilt (s. Abb. 72) MF = FA, so daß MFA ein gleichschenkliges Dreieck ist. Für achsenparallele Strahlen, die achsennah verlaufen, ist FA ≈ R/2 (R: Kugelradius). Daher treffen sich alle achsennahen Strahlen im Brennpunkt F. Die Brennweite ist gleich dem halben Kugelradius f = R/2 Da man eine beliebige Kurve in der Umgebung eines Punktes S bis zur 2. Ordnung durch den Krümmungskreis approximieren kann, gilt obige Formel auch für anders geformte Flächen, wenn man unter R den Krümmungsradius der Kurve versteht. Abb. 73: Die Katakaustik 55 Für achsenferne Strahlen ist FS<R/2, z.B. für α = 60° ist FS = 0. Die Tatsache, daß sich achsenferne Strahlen nicht in F schneiden, nennt man sphärische Aberration. Die Einhüllende aller Strahlen, die von einer entfernten Lichtquelle ausgehen und an einem Kreis reflektiert werden, ist die sogenannte Katakaustik, die man als Reflexion in Tassen beobachten kann. Die sphärische Aberration hat im Strahlenbild die Ursache, daß der Kreis für achsenferne Strahlen zu weit geneigt ist. Korrigiert man diese Neigung, erhält man eine Parabel, für die der ursprüngliche Kreis der Krümmungskreis im Scheitel ist. Für achsennahe Strahlen verhalten sich Kreis, Ellipse und Parabel gleich. d) Schmidt - Teleskop Abb. 74: Symmetrie beim Kugelspiegel Ein Kugelspiegel ist symmetrisch um seinen Mittelpunkt M. Daher werden Lichtbündel, die durch den Mittelpunkt gehen und verschieden geneigt sind, mit gleicher Qualität abgebildet. Z.B. erscheinen Sterne, die mit einem Kugelspiegel aufgenommen werden, über das ganze Gesichtsfeld etwa gleich scharf. Bei einem Parabolspiegel vergrößern sich die Linsenfehler mit steigender Neigung drastisch, da hier die Symmetrie um den Mittelpunkt fehlt. Sterne erscheinen in den Randbezirken wie Kometen. Man nennt diesen Fehler daher Koma. Abb. 75: Schmidt-Teleskop Eine Möglichkeit zur Korrektur der sphärischen Aberration ohne Verlust der Zentralsymmetrie bildet das Schmidt - Teleskop. Der Hauptspiegel ist kugelförmig. Zur Korrektur der sphärischen Aberration wird im Kugelmittelpunkt eine Linse mit speziellem Profil angebracht, deren optische Dicke zum Rand hin zunimmt, so daß die Wellenfronten in geeigneter Weise verformt werden, um exakt den Fokus zu treffen. Das Katzenauge besteht aus einem Glaskörper mit zwei Kugelflächen, die einen gemeinsamen Mittelpunkt haben. Parallele Strahlenbündel werden auf eine verspiegelte Kugelfläche Abb. 76: Katzenauge 56 fokussiert. Dadurch werden Strahlen in die Einfallsrichtung zurückreflektiert. Eine andere Möglichkeit zur Konstruktion eines Katzenauges besteht in der Reflexion an den drei Flächen einer Würfelecke. 2. Dünne Linsen a) Abbildungsgesetz Für flexible Laboraufbauten werden am häufigsten dünne Linsen mit kugelförmigen Oberflächen eingesetzt. Die Abbildung wird nach dem vorher Gesagten nie exakt, sondern nur in einer gewissen Näherung möglich sein. Wir nehmen an, daß die Krümmungsradien groß gegen den Linsenradius sind. Im Strahlenbild kann man sich die Linse im Querschnitt aus Prismen mit unterschiedlichen Prismenwinkeln zusammengesetzt denken. Bei einer Sammellinse wählt man die Prismenwinkel so, daß ein paralleles Strahlenbündel in einem Punkt gesammelt wird. Bei Zerstreuungslinsen scheinen sie von einem Punkt zu kommen. Abb. 77: Die Wirkung einer Linse im Strahlenbild Im Wellenbild werden dadurch, daß das Licht im Linsenkörper langsamer läuft als in der Luft, ebene Wellenflächen zu Kugelflächen verformt. Der Brennpunkt liegt im Mittelpunkt der Kugelflächen. Abb. 78: Wirkung einer Linse im Wellenbild Zur Herleitung des Abbildungsgesetzes gehen wir vom Satz von Malus aus. Wir betrachten zunächst nur drei Strahlen: Einen, der durch die Linsenmitte geht und zwei, die den Rand berühren. Da wir uns auf die Näherung beschränken, in der eine gekrümmte Fläche genügend genau durch den Krümmungskreis approximiert wird, benötigen wir drei Punkte, um eine Wellenfläche zu spezifizieren. Wegen der Symmetrie um die Achse benötigen wir sogar nur zwei Punkte. Wir vergleichen daher die optischen Weglängen von Strahl (1) und (2) in Abb. 79: Abb. 79: Die Ableitung des Abbildungsgesetzes mit dem Prinzip von Malus 57 L 1 = GSB = g 2 + h 2 + b 2 + h 2 = g 1 + (h/g) + b 1 + (h/b) 2 2 ≈ g 1 + 1 (h/g) + b 1 + 1 (h/b) 2 2 2 2 L 2 = GMB = g + b − (d 1 + d 2 ) + n(d 1 + d 2 ) = g + b + (n − 1)(d 1 + d 2 ) Aus der Bedingung L1 = L2 ergibt sich dann 1 + 1 = (n − 1) d 1 + d 2 2 g b 2 Abb. 80: Der Zusammenhang von Krümmungsradius, Linsendicke und Linsengröße Der Zusammenhang von R, h und d ergibt sich nach nebenstehender Abbildung bei Betrachtung des rechtwinkligen Dreiecks R2 = (R - d)2 + h2 R2 = R2 - 2Rd + d2 + h2 Für wenig gekrümmte Oberflächen kann man d2 gegenüber h2 vernachlässigen 2d = 1 2 R Damit erhalten wir die endgültige Form des Abbildungsgesetzes 1+1=1 (1) g b f mit 1 = (n − 1) 1 + 1 (2) R1 R2 f Da wir annehmen, daß alle Kurven durch ihre quadratische Approximation genügend genau dargestellt werden, gilt die Aussage für alle Strahlen, die durch die Linse gehen. (1) ist das Abbildungsgesetz für dünne Linsen. Es gibt unterschiedliche Vorzeichenkonventionen. Oben haben wir die Konvention benutzt, bei der alle gegenstandsseitigen Lagen nach links, alle bildseitigen nach rechts positiv zählen. Diese Konvention ist für Sammellinsen bequem, da dann alle Entfernungen positiv sind. Für kompliziertere Systeme ist es bequemer, ein Koordinatenkreuz in die Mitte der Linse zu legen und alle Positionen rechts als positiv, links als negativ zu zählen. Krümmungsradien werden vom Mittelpunkt an gemessen. Dann hat die Abbildungsgleichung (1) die Form: 58 − 1a + 1/ = 1/ a f und für die Linsen 1 = (n − 1) 1 − 1 R1 R2 f/ Zerstreuungslinsen haben negative bildseitige Brennweiten f'. Für g → ∞ ergibt sich b = f. f ist also die früher definierte Brennweite. Je näher der Gegenstand an die Linse rückt, desto weiter entfernt sich sein Bild. Bei g = 2 f wird b = 2 f. Gegenstand und Bild sind gleich weit von der Linse entfernt und haben den kleinsten gegenseitigen Abstand. Die Brennweite ist an beiden Seiten der Linse gleich. Größere Brechungsindizes erlauben Linsen mit weniger gekrümmter Oberfläche. Da es zur Ableitung dieses Gesetzes nur auf die Verzögerung der Wellenfront auf der Achse ankam, und diese durch n und die Gesamtdicke der Linse gegeben ist, kommt es in dieser Näherung nicht darauf an, wie die Krümmungsradien auf beide Flächen verteilt sind. Zerteilt man die bikonvexe Linse durch einen ebenen Schnitt in zwei plankonvexe und nennt man (n-1)/R die Brechkraft einer der Linsen, so erkennt man, daß sich die Brechkräfte dünner Linsen, die nahe zusammenliegen, addieren. 1= 1+1 f f1 f2 1/f mißt man in Dioptrie = m-1. b) Schräger Einfall Bei einer schräg zur Achse einfallenden Welle ändert sich in der Ebene, die in Abb. 81 die Zeichenebene ist, das Verhältnis 2d/h2, da h kleiner wird. In der anderen Ebene ändert sich dieses Verhältnis schwach. Abb. 81: Ein Strahl geht schräg durch eine Sammellinse D.h. die Brennweite in der Zeichenebene wird etwas kürzer als die in einer senkrecht dazu stehenden Ebene. h* = h · cos α, d* = d/cos α Abb. 82: Der Winkel α Da für kleine Winkel cos α ≈ 1 − α 2 /2 , erhält man 1 ∼ 2d ∼ 1 ∼ 1 + 3α 2 2 f h 2 cos 3 α Solange α so klein ist, daß man α2 vernachlässigen kann, ändert sich nichts. In dieser Näherung ist sin a ≈ tan a und ein ausgedehnter Gegenstand in einer Ebene senkrecht zur Achse der 59 Gegenstandsebene wird in eine ebenfalls senkrecht zur Achse stehenden Bildebene abgebildet. Bei starker Neigung erhält man in der Zeichenebene von Abb. 83 eine stärkere Brechkraft als senkrecht dazu. Abb. 83: Astigmatismus Wie aus Abb. 83 abzulesen ist, wird ein Punkt in zwei senkrecht zueinander stehende Linien abgebildet. Diesen Fehler nennt man Astigmatismus. Er tritt auch bei Einfall parallel zur optischen Achse auf, wenn die Linse in zwei senkrecht aufeinander stehenden Ebenen unterschiedliche Krümmungsradien aufweist. c) Bildkonstruktion Wir setzen voraus, daß die Linse alle Punkte der Gegenstandsebene in die Bildebene abbildet. Daher genügt es, das Bild eines Punktes des Gegenstandes zu konstruieren. Zur Konstruktion des Strahlenganges nutzen wir folgende Regeln aus: Abb. 84: Bildkonstruktion bei dünnen Linsen α) Strahlen gehen geradlinig durch die Mitte der Linse. In der Mitte verhält sich die Linse wie eine dünne planparallele Platte. β) Strahlen, die parallel zur Achse einfallen, schneiden die Achse im Brennpunkt. Parallel zur Achse vom Gegenstand her einfallende Strahlen treffen den bildseitigen Brennpunkt und umgekehrt. Ein schräg zur Achse laufendes Bündel von parallelen Strahlen sammelt sich in der Brennebene. γ) Zerstreuungslinsen haben negative Brennweiten Hat man mit dieser Konstruktion einen Bildpunkt B zu einem Gegenstandspunkt G gefunden, so gehen nach Voraussetzung alle Strahlen, die von G ausgehen und die Linse treffen, durch B. Es ist also nicht notwendig, daß ein Konstruktionsstrahl durch die Öffnung einer tatsächlich vorliegenden Linse geht. Man kann sich die reale Linse durch eine mit größerer Öffnung ersetzt denken, bei der die Brennpunkte an der gleichen Stelle liegen. Die Größe der Öffnung ändert an den Abbildungseigenschaften im Strahlenbild nichts. Man zeichnet zunächst 2 Strahlen, die von einem Punkt des Gegenstandes ausgehen und parallel zur Achse durch den gegenstandsseitigen Brennpunkt Fg oder durch die Linsenmitte laufen. Die Strahlen werden bis zur unendlich dünnen und unendlich ausgedehnt gedachten Linse gezeichnet. Die gebrochenen Strahlen ergeben sich nach obigen Regeln. Ihr Schnittpunkt ist der Bildpunkt, in dem sich alle übrigen von dem betrachteten Punkt ausgehenden Strahlen treffen. Wenn sich die gebrochenen Strahlen an der Bildseite nicht treffen, muß man sie nach rückwärts verlängern. Solche verlängerten Strahlen nennt man virtuell und ihren Schnittpunkt ein 60 virtuelles Bild. Ein virtuelles Bild läßt sich nicht mit einem Schirm auffangen, aber das Auge sieht dort ein Bild, wo die ins Auge fallenden Strahlen sich treffen. Beispiel: Strahlengang einer Lupe Abb. 85: Beispiel für ein virtuelles Bild: Strahlengang einer Lupe Beispiel Zerstreuungslinse, f < 0 Abb. 86: Beispiel für eine virtuelle Abbildung mit einer Zerstreuungslinse Windschiefe Strahlen konstruiert man, indem man sie durch Brenn- oder Mittelpunktstrahlen zu einem Parallelstrahlenbündel ergänzt und ausnutzt, daß dieses sich in der Brennebene sammelt. Abb. 87: Konstruktion des Strahlenverlaufes bei windschiefen Strahlen 3. Einfache optische Geräte a) Das Auge Abb. 88: Querschnitt durch ein menschliches Auge Das Auge gehört eigentlich nicht zu den einfachen optischen Geräten, aber wir müssen einige seiner Grundfunktionen kennen, um die Arbeitsweise einfacher optischer Geräte zu verstehen. Das Auge arbeitet wie eine Kamera. Die Linsenwirkung wird durch die Hornhaut, die in ihrer Brennweite verstellbare Linse und den Glaskörper, der das Augeninnere ausfüllt, bewirkt, wobei den Hauptanteil die Hornhaut erzielt. Der Gegenstand wird auf der Netzhaut abgebildet, die die Funktion eines zweidimensionalen Detektorarrays hat und einen Teil der Bildverarbeitung leistet. Die Detektoren sind in der Lage, einzelne Photonen nachzuweisen. Die einfallende 61 Lichtleistung wird über die Pupillenöffnung reguliert. Beim Fotoapparat würde man f/r die Blendenzahl nennen. Die einfallende Leistung ist proportional zu (r/f)2. Das Auge kann 15 Zehnerpotenzen an Lichtintensität überbrücken. Die Regulierung der Empfindlichkeit heißt Adaption, die Regulierung der Brennweite Akkommodation Abb. 89: Korrektur von Fehlsichtigkeit Wir beschreiben die Funktion des Auges in erster Näherung als eine Kamera mit Zoomlinse. Wenn die Brennweite zu lang für das Auge ist, spricht man von Weitsichtigkeit. Dieser Fehler kann durch Erhöhen der Brechkraft, d.h. durch eine zusätzliche Sammellinse korrigiert werden. Im Alter ist dies generell erforderlich, da der Akkommodationsbereich der Linse nachläßt. Im umgekehrten Fall benötigt man eine Zerstreuungslinse. Abb. 90: Verbesserung Lochblende der Schärfe durch eine Eine gewisse Verbesserung der Schärfe läßt sich schon durch eine Verkleinerung der Blendenöffnung erreichen, etwa durch ein gelochtes Papier, das vor das Auge gehalten wird. Das Scheibchen auf der Retina, das durch Abbildung einer Punktquelle entsteht, wird dadurch kleiner. Aus gleichem Grund erhöht sich die Tiefenschärfe einer Kamera durch Verkleinerung der Blendenöffnung. Das einfachste abbildende System, das z.B. in Frequenzbereichen verwendet wird, in denen es keine Linsen gibt, ist die Lochkamera. Von einem optischen Instrument erwarten wir, daß es eine Vergrößerung bewirkt oder daß es die Helligkeit verbessert. Daneben gibt es Geräte, den Kontrast zu verbessern oder Meßvorgänge ausführen zu können. Abb. 91: Der Sehwinkel α Die Vergrößerung ist v= αm , wobei αo und αm die Sehwinkel ohne und mit Instrument sind. 0 b) Die Lupe Die Lupe ist eine Sammellinse, die man vor das Auge hält, um nahe Gegenstände zu vergrößern. Um den Sehwinkel α zu konstruieren, zeichnen wir zu einem vom Gegenstand ausgehenden Mittelpunktstrahl einen Parallelstrahl, der durch den Mittelpunkt der Augenlinse geht. 62 Abb. 92: Wirkungsweise einer Lupe Man sieht, daß in Abb. 92 keine Vergrößerung des Sehwinkels vorkommt. Der eigentliche Nutzen der Lupe besteht nicht in einer Vergrößerung, sondern darin, daß man mit Lupe näher an einen Gegenstand kommen kann als ohne Lupe. Als Vergrößerung definiert man daher das Verhältnis von Sehwinkel, unter dem der Gegenstand ohne Lupe erscheint, wenn er sich in der kleinsten Entfernung vom Auge befindet, die ein bequemes Betrachten zuläßt, zu Sehwinkel ohne Lupe. Diese Entfernung legt man auf s = 25 cm fest und nennt sie die Weite deutlichen Sehens. c) Das Brennglas Abb. 93: Brennglas Mit einem Brennglas soll die Leistungsdichte S, z.B. der Sonnenstrahlung, erhöht werden. Dies kann z.B. bei der Konstruktion eines Sonnenkraftwerkes nützlich sein. Bei der Berechnung von S muß man beachten, daß das Bild der Sonne auf dem Schirm eine endliche Ausdehnung ρ = αf hat. α = 0, 25 = 4 ⋅ 10 −3 rad ist der Winkelradius der Sonne. Das Bild der Sonne kann größer sein als die Linse selbst, d.h. die Leistungsdichte in der Fokalebene kann geringer sein als auf der Linsenfläche. Die Gesamtleistung P0 auf Schirm und Linse sind gleich. Das Verhältnis der Leistungsdichten ist dann 2 P P SS = 02 / 02 = ρr = r fα S L πρ πr 2 Bei einem guten Brennglas muß also die Apertur r/f möglichst groß sein. Beispiel (wie Archimedes die feindlichen Schiffe vor Syrakus zerstörte): α 2α = 0, 5 0 (Sonne), α rad = π ≈ 1 , 2α rad = 8 ⋅ 10 −3 grad 180 60 f = 100 m, 2 ρ = f2a = 0, 8m d) Bemerkung zur subjektiven Helligkeit von Lichtquellen Wie sich die empfundene Helligkeit einer Lichtquelle mit ihrer Entfernung vom Auge ändert, hängt davon ab, ob es sich um eine punktförmige oder flächenhafte Lichtquelle handelt. Dabei definieren wir eine punktförmige Lichtquelle als eine solche, deren Bild im Auge so klein ist, daß jeweils nur ein Detektor anspricht. Werden mehrere Detektoren erregt, nennen wir die 63 Lichtquelle flächenhaft. Die Helligkeitsempfindung wird durch die Energie pro Detektor bestimmt. Abb. 94: Die Helligkeit von Punktstrahlern Wenn P0 die nach allen Seiten (isotrop) ausgestrahlte Leistung der Punktquelle ist, gelangt in die Linse P = P0 Ω 4π 2 2 wobei Ω = πr /g der Raumwinkel ist, unter dem die Linse von der Lichtquelle her erscheint. 2 P 1 = P 0 πr 2 g 4π 2 P 2 = P 0 πr 2 g 4π Daraus folgt P1/P2 = (g2/g1)2. Die im Auge registrierte Leistung nimmt mit dem Quadrat der Entfernung der Punktquelle vom Auge ab. Da die gesamte Leistung von einem einzelnen Detektor aufgenommen wird, nimmt die Helligkeit ab. Dies ist der Grund, warum weiter entfernte Sterne dunkler erscheinen als nähere. Bei Flächenstrahlern wird mit größerer Entfernung das Bild kleiner, d.h. die geringere Leistung, die das Auge aufgrund der größeren Entfernung aufnimmt, verteilt sich auf eine kleinere Fläche S 2 P 2 /A 2 P 2 A 1 = = ⋅ S 1 P 1 /A 1 P 1 A 2 A1 y1 2 g2 2 = = g 1 A2 y2 Abb. 95: Die Helligkeit bei Flächenstrahlern P2 g1 2 = g 2 P Es folgt S2/S1 = 1. Flächenstrahler erscheinen unabhängig von ihrer Entfernung gleich hell. Dies beobachtet man etwa bei Neonleuchten in einem Flur. 64 e) Das Fernrohr Ein teleskopisches System ist ein Linsensystem, das ein Bündel von parallelen Strahlen wieder in ein Bündel von parallelen Strahlen überführt. Ein solches System wird außer für Fernrohre zur Strahlaufweitung und in Laserresonatoren verwendet. Wir betrachten das Keplersche und das Galileische Fernrohr (Johannes Kepler, 1571 - 1630; Galileo Galilei, 1514 - 1642). Beide bestehen aus einer langbrennweitigen Objektivlinse und einer kurzbrennweitigen Okularlinse, wobei bildseitiger Brennpunkt des Objektivs und gegenstandsseitiger Brennpunkt des Okulars zusammenfallen. Beim Keplerschen Fernrohr ist die Brennweite des Okulars positiv, beim Galileischen negativ. Im übrigen ist der Aufbau analog. Abb. 96: Strahlengang des Keplerschen Fernrohres Beim Keplerschen Fernrohr entsteht in der Fokalebene ein reelles Bild, das mit dem Okular angesehen wird. Die Vergrößerung ergibt sich aus einer geometrischen Betrachtung der Mittelpunktstrahlen durch Objektiv und Okular. α tan α 2 h h f 1 = / = v= α 2 = 1 tan α 1 f 2 f 1 f2 Die Vergrößerung wird also umso stärker, je länger die Brennweite von Objektiv und je kleiner die von Okular ist. Neben der Vergrößerung spielt die Lichtausbeute (Dämmerungsfaktor) und der Gesichtfeldwinkel für die Qualität eines Fernrohres eine Rolle. Abb. 97: Strahlengang beim Galilei Fernrohr Beim Galileischen Fernrohr bleibt die Behandlung der Vergrößerung gleich, und es ergibt sich wie beim Keplerfernrohr f1 v= f2 Das Bild ist hier im Gegensatz zum Keplerfernrohr aufrecht, die Länge des Teleskopes ist bei gleichen Brennweiten kleiner. Ein wesentlicher Nachteil besteht darin, daß der Gesichtsfeldwinkel kleiner ist. 65 f) Das Mikroskop Abb. 98: Strahlengang des Mikroskops Das kurzbrennweitige Objektiv bildet den Gegenstand, der sich knapp außerhalb der Brennweite f1 befindet, in ein reelles, vergrößertes Zwischenbild im Abstand l vom Objektiv ab, das mit dem Okular als Lupe betrachtet wird. Um die Vergrößerung zu bestimmen, muß die Größe von Gegenstand und Bild wie bei der Lupe im Abstand der deutlichen Sehweite s verglichen werden. Die Vergrößerung des Objektivs ist v1 = l/f1 , des Okulars v2 = s/f2. Die Gesamtvergrößerung ist das Produkt lges = v1 · v2 = ls/f1f2. Die Vergrößerung wird umso größer, je größer l und je kleiner f1 und f2 sind. g) Der Kondensor Eine Kondensorlinse wird in der Nähe des abzubildenden Gegenstandes aufgestellt, um die Intensität des Bildes zu erhöhen, indem sie die Lichtquelle in die eigentliche Abbildungslinse abbildet. Abb. 99: Kondensor Der Kondensor beeinträchtigt die Abbildung selbst praktisch nicht. Die Abbildungseigenschaften des Kondensors brauchen daher nicht besonders gut zu sein. Wichtig ist seine große Apertur. Ein Strahlengang wie in Abb. 99 wird Hand-in-Hand Abbildung genannt. 66 h) Das Schlierenverfahren Abb. 100: Schlierenaufbau Der Schlierenaufbau dient dazu, Punkte, an denen Licht abgelenkt wird, sichtbar zu machen, z.B. in Flammen. Der Aufbau ist wieder eine Hand-in-Hand Abbildung, wobei die Schlierenblende dafür sorgt, daß nicht abgelenktes Licht nicht auf den Schirm gelangt. Wird Licht im Objekt abgelenkt, so geht es an der Schlierenblende vorbei. Die Bildpunkte der Stellen des Objektes, die eine Ablenkung hervorrufen, erscheinen auf dem Schirm hell. Abb. 101: Foucaultsche Messerschneidenmethode Ein Spezialfall des Schlierenaufbaus ist die Foucaultsche Messerschneidenmethode zur Überprüfung und Justierung von Hohlspiegeln. 4. Abbildungstheorie, Hauptebenen a) Die kollineare Abbildung Die Abbildungstheorie für dünne Linsen ist ein Sonderfall einer allgemeineren Abbildungstheorie. Abb. 102: Koordinaten bei der kollinearen Abbildung Die allgemeinste Abbildung, die Punkte in Punkte, Gerade in Gerade und Ebenen in Ebenen aus einem kartesischen Raum (ξ, η, ζ) in einen anderen (ξ , η , ζ ) abbildet, ist die kollineare Abbildung. a1ξ + b1η + c1ζ + d1 a0ξ + b0η + c0ζ + d0 a2ξ + b2η + c2ζ + d2 η/ = a0ξ + b0η + c0ζ + d0 a3ξ + b3η + c3ζ + d3 ζ/ = a0ξ + b0η + c0ζ + d0 Diese Transformationen bilden eine Gruppe, in der eine Abbildung ein Element ist, die Hintereinanderausführung die Verknüpfung. Man kann also zwei hintereinander ausgeführte Abbildungen durch eine einzige mit gleichen Grundeigenschaften ersetzen. ξ/ = 67 Zur Beschreibung Abbildungen: optischer Abbildungen interessieren nur weiter eingeschränkte α) Die Systeme sollen axial symmetrisch sein, d.h. die Abbildungsgesetze für die variablen η und ζ sollen identisch sein. β) Punkte, die sich vor der Abbildung an der Achse spiegeln, sollen Spiegelpunkte bleiben, d.h. aus −η = η s soll folgen -η = η s , ξ = ξ s . Durch Einsetzen dieser Bedingungen in die allgemeinen Transformationsgleichungen stellt man fest, daß die allgemeinste Transformation, die dies leistet, die Form hat: ξ/ = a1ξ + d1 / b2η ,η = a0ξ + d0 a0ξ + d0 (1) Der Koordinatenursprung der beiden Systeme liegt also auf der Achse. Die ξ -Position ist noch beliebig. Alle Größen zählen positiv nach rechts. b) Brennpunkte Eine solche Abbildung hat in jedem der beiden Räume einen Brennpunkt. Läßt man ξ → ∞ a gehen, wird ξ / = ξ /F / , mit ξ /F / = a 1 , bildseitiger Brennpunkt. 0 d Andererseits wird für ξ / → ∞, ξ = ξ F , mit ξ F = − a 0 gegenstandsseitiger Brennpunkt. 0 c) Abbildungsgesetz Bisher wurde über die Koordinatenursprünge der beiden benutzten Systeme keine Aussage gemacht. Als ausgezeichnete Punkte bieten sich die Brennpunkte an. Wir transformieren daher die Abbildungsgleichungen (1) auf die Brennpunkte: d (2) x = ξ − ξF = ξ + a0 0 a x / = ξ / − ξ /F / = ξ / − a 1 0 Einsetzen in Gl. 1 ergibt: a (x − d 0 /a 0 ) + d 1 a x/ + a1 = 1 0 a 0 (x − d 0 /a 0 ) + d 0 a 1 x − a 1 d 0 /a 0 + d 1 a0x a 1 d 1 − a 1 d 0 /a o =a + a0x 0 = Es folgt das Newtonsche Abbildungsgesetz xx / = d1a0 − a1d0 a 20 Aus der üblichen Abbildungsgleichung findet man durch Transformation auf die Brennpunkte 68 xx / = ff / d) Brennweiten Abb.103: Geometrie bei der Abbildung mit rationalen Vorzeichen Die Brennweiten f und f' legen wir so fest, daß sich das Newtonsche Abbildungsgesetz ergibt, und daß die Lateralvergrößerung korrekt beschrieben wird. Bei dünnen Linsen gilt: f y/ x/ y = − f/ = − x (3) (y' <0, x', f', y > 0) Bei der kollinearen Abbildung haben wir nach Gl. 1: y/ η/ b2 b2 y = η = a0ξ + d0 = a0x (s. Gl.2) Durch Vergleich mit Gl. 3 ergibt sich b f = − a2 0 aus der Newtonschen Abbildungsgleichung f = d1a0 − a1d0 a0b2 e) Hauptebenen Als Hauptpunkte definieren wir nun die Achsenpunkte, bei denen die Lateralvergrößerung 1 wird, als Hauptebenen die Ebenen, die senkrecht zur Achse stehen und diese in den Hauptpunkten schneiden. Die Lage der Hauptebenen folgt dann aus Gl. 3 mit y'/y = 1. x'H = -f'' xH = -f 69 Abb. 104: Hauptebenen In der jetzt adaptierten Vorzeichenkonvention werden alle Größen vom Brennpunkt an nach rechts positiv gerechnet. Bei positiven Brennweiten hat man dann die Geometrie von Abb. 104. f) Bildkonstruktion Abb.105: Bildkonstruktion mit Hauptebenen Die Bildkonstruktion verläuft dann völlig analog zu der bei dünnen Linsen mit dem einzigen Unterschied, daß man die ausgezeichneten Strahlen nicht bis zur Linsenebene zeichnet, sondern bis zur Hauptebene und den Auftreffpunkt 1 : 1 auf die zweite Hauptebene überträgt. Zeichnerisch findet man die Hauptebenen, indem man einen parallel zur Achse einfallenden Strahl durch das gesamte Linsensystem verfolgt. Dort, wo er die Achse schneidet, ist der Brennpunkt, wo er den einfallenden Strahl schneidet, ist die Hauptebene der dem Einfallsraum abgewandten Seite. Abb. 106: Konstruktion der Hauptebene g) Ungleiche Brechungsindizes im Bild- und Gegenstandsraum Im allgemeinen unterscheiden sich gegenstands- und bildseitige Brennweite. Bei Linsensystemen oder gekrümmten Grenzflächen zwischen zwei Medien ist dies der Fall, wenn die Brechungsindizes rechts und links verschieden sind. Wir zeigen dies an einer dünnen Linse, die wie früher mit dem Satz von Malus behandelt wird. Abb. 107: Geometrie für den allgemeineren Fall der Abbildung ng g2 + h2 + nb b2 + h2 = ngg + nbb + l 70 (l = (n - ng)dg + (n - nb)db) ngg(1 - h2/2g2) + nbb(1 + h2/2g2) = ngg +nbb + l ng nb g + b = const Die Brennweiten erhält man für g bzw. b → ∞ ng n = const, b = const fg fb Es folgt: ng nb = fg fb Die Brennweiten verhalten sich wie die Brechungsindizes. h) Knotenpunkte Bei der Bildkonstruktion bei einem System mit zwei Hauptebenen kann auch der Mittelpunktstrahl benutzt werden, wenn rechts und links die Brennweiten gleich sind: Man zeichnet einen Strahl bis zum Hauptpunkt, versetzt ihn zum konjugierten Hauptpunkt mit gleicher Neigung u gegen die Achse. Im allgemeinen Fall mit unterschiedlichen Brennweiten geht dies nicht. Die Orte, an denen die Neigung des Strahls gegen die Achse für Strahl und konjugierten Strahl gleich sind, die sogenannten Knotenpunkte, fallen im allgemeinen nicht mit den Hauptpunkten zusammen. Abb. 108: Knotenpunkte Def.: Knotenpunkte sind die Achsenpunkte mit u = u' f tan u = -x' tan u' xK' = -f, xK = -f' Der Knotenpunkt K hat den Abstand f' von F, K' den Abstand f von F'. Für n = n' unterscheiden sich Knotenpunkte und Hauptpunkte nicht. 71 i) Zusammengesetzte Systeme Mit den im vorigen Abschnitt dargelegten Methoden läßt sich die Lage der Haupt- und Brennpunkte finden, wenn die der einzelnen Komponenten, die ein System bilden, bekannt sind. Eine Konstruktionszeichnung zeigt Abb. 109. Abb. 109: Konstruktion der Lage der Brennpunkte und Hauptebenen −− Dabei ist F 2 P ein Hilfsstrahl, parallel zum ursprünglichen F'1R, um den weiteren Verlauf des einfallenden Strahls hinter der zweiten Linse zu konstruieren. Der Zeichnung entnimmt man h = z f/ f/ h = −z l f/ (f2´, h, l, f1' > 0 ; z, f' < 0) f 1/ = − l/ , / f f f/= −f 1/ f 2/ l Mit l = d − f 1/ − f 2 = d − f 1/ − f 2/ erhält man 1 = 1 + 1 − d f / f 1/ f 2/ f 1/ f 2/ Für d → 0 ergibt sich die bekannte Addition der Brechkräfte. j) Dicke Linsen Mit dem obigen Formalismus läßt sich die Lage der Brennpunkte und Hauptebenen bei dicken Linsen berechnen. Man behandelt zunächst eine kugelförmige Oberfläche eines Glaskörpers in der Näherung dünner Linsen. Sie hat nur eine Hauptebene und zwei unterschiedliche Brennweiten. Die dicke Linse betrachtet man als System zweier solcher Kugelflächen. Abb. 110 zeigt für einige typische Linsenformen die Lage der Hauptebenen. Abb. 110: Die Hauptebenen können bei dicken Linsen auch außerhalb der Linse liegen 72 KAPITEL F Wellenoptik 1. Interferenz a) Einleitung Werden zwei sinusförmige Wellen überlagert, so gibt es Stellen im Raum, an denen sie sich auslöschen. Dies ist der Fall, wenn der Phasenunterschied ein ungeradzahliges Vielfaches von π beträgt. ϕ = (2n + 1)π . Man sagt, der Gangunterschied ist (2n + 1)λ/2 . An Stellen, bei denen der Phasenunterschied ϕ = 2nπ ist, verstärken sich beide Wellen. Die Phasendifferenz ϕ ist proportional zum Unterschied der durchlaufenden Wege, dem sogenannten Gangunterschied g. Im allgemeinen Fall, bei dem die Strahlen Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes durchlaufen, ist g = l1n1 - l2n2. Da bei einem Gangunterschied λ die Phasendifferenz 2 π ist, gilt für den Zusammenhang von ϕ und g: ϕ g = 2π λ Eine Überlagerung von endlich vielen Wellen nennt man Interferenz, n die Ordnung der Interferenz. Benötigt man zur Beschreibung der Überlagerung unendlich viele Wellen, z.B. alle Elementarwellen in einer Blendenöffnung, so spricht man von Beugung. Um eine Intensitätsverteilung einer Interferenz- oder Beugungsfigur zu berechnen, geht man auf die Zeigerdarstellung von Schwingungen zurück. Abb. 111: Zeigerdarstellung einer Schwingung In komplexer Schreibweise stellt man eine Schwingung dar als ∼ ∼ ∼ ∼ E=E 0 e iωt = E 0 e iϕ e iωt = E 0 e i(ωt+ϕ) Dies ist nach dem Satz von Euler: ∼ ∼ E = E 0 [cos (ωt + ϕ) + i sin (ωt + ϕ)] Von der komplexen Darstellung kommt man also zur Schwingung, indem man den Realteil bildet. Der Betrag der komplexen Amplitude ist die Amplitude der Schwingung, das Argument ist die Anfangsphase, d.h. die Phase zur Zeit t=0. Die Überlagerung zweier Wellen gleicher Frequenz kann man daher durch die Addition der zugehörigen komplexen Amplituden darstellen. Grafisch wird sie durch die Addition der entsprechenden Zeiger veranschaulicht. Zeiger werden dabei wie Vektoren addiert. Die Winkel zwischen den Richtungen der Zeiger geben die Phasendifferenzen an, die Längen die Amplituden. 73 b) Überlagerung von zwei Wellen Wir möchten die Interferenzfigur berechnen, die zwei punktförmige (im Zweidimensionalen linienförmige) Quellen, die harmonische Wellen gleicher Phase aussenden, auf einem weit entferten Schirm erzeugen. Abb. 112: Interferenz am Doppelspalt Eine Realisierungsmöglichkeit zeigt obige Abbildung. Zwei parallele Spalte werden von einer Lichtquelle bestrahlt. Die Linse sammelt parallele Strahlen auf dem Schirm. D.h. von den Spalten ausgehende parallele Strahlen interferieren. Für gerade hindurch gehendes Licht (α=0) sind die Wege beider Strahlen gleich lang. Die Wellen überlagern sich konstruktiv. Für zwei parallele Strahlen, die um einen Winkel α geneigt sind, unterscheiden sich die Wege. Nach dem Satz von Malus sind die Wege von der Lichtquelle gerechnet bis zu einer Wellenfront gleich. Der Gangunterschied ist also nach Abb. 112 g = a sinα und der erzeugte Phasenunterschied ϕ g = , ϕ = 2π a sin α λ 2π λ Für g = n · λ mit n = 0, 1, 2, ... interferieren die Strahlen konstruktiv, für g = (2n+1)λ/2 destruktiv. Die Intensitätsverteilung ergibt sich aus dem Zeigerdiagramm von Abb. 113 Abb. 113: Zeigeraddition von Schwingungen E res = 2E cos ϕ/2 = 2E cos πa sin α λ Die Intensität I ∼ E 2 74 I = I 0 cos 2 πa sin α λ I0 ist die Intensität bei α = 0. Der Intensitätsverlauf ist also für kleine α eine cos2-Funktion. Abb. 114: Intensitätsverteilung bei Interferenz zweier punktförmiger Lichtquellen Die Abhängigkeit von der Ortskoordinate x auf dem Schirm erhält man aus der in Abb. 114 abzulesenden Beziehung x = α · f. Dunkelheit liegt vor, wenn g in Abb. 112 gleich λ/2 ist. πa sin α = π , d.h. sin α = λ/2 d d a λ 2 Der Abstand der Streifen wird also um so größer je kleiner der Abstand der Quellen und je größer die Wellenlänge ist. Damit überhaupt Streifen erzeugt werden, muß allerdings nach obiger Konstruktion die Wellenlänge kleiner als der Spaltabstand sein. c) Kohärenz Natürliches Licht ist nicht sinusförmig, da aufgrund des Emissionsmechanismus die Phase fluktuiert. Überlagert man nacheinander jeweils zwei Wellen, wobei die Phase von mal zu mal statistisch verändert wird, so verschwindet im Zeitmittel der cosϕ -Term aus dem Kosinussatz. E 2res = E 21 + E 22 + 2E 1 E 2 cos ϕ Für 2 Wellen gleicher Intensität erhält man 〈E 2res 〉 = 2E 2 , I res = 2I Bei mehreren Quellen addieren sich also die Intensitäten. Bei der Überlagerung von N Wellen mit zufälliger Phase ergibt sich in der komplexen Ebene das Bild des "random walk", den etwa ein Betrunkener gehen würde, wenn er nach jedem Schritt der Weite S seine Richtung Abb. 115: Überlagerung von n Wellen mit statistischer Phase unvorsehbar ändert. Er entfernt sich von seinem Ausgangspunkt um L2 = NS2, d.h. L = N Bei einer festen Phase ϕ = 0 ergäbe sich statt dessen Eres = E1+E2, Eres2 = 4E2, Ires = N2I. 75 Abb. 116: Kohärenz Der Energiesatz bleibt dadurch gewahrt, daß die Energie im Raum nicht gleichmäßig verteilt ist. Wellen verhalten sich bei der Überlagerung also sehr unterschiedlich, je nachdem, ob man konstante Phasendifferenzen angeben kann oder nicht. Wir sagen, eine Welle ist kohärent, wenn man für bestimmte Zeit- und Ortsdifferenzen Phasendifferenzen angeben kann. Sinusförmige unendlich ausgedehnte Wellen sind kohärent. Das natürliche Licht ist nur für ein begrenztes Raum-Zeitintervall kohärent, z.B. wenn die Lichtquelle eine geringe Ausdehnung hat und ihr Licht in großer Entfernung beobachtet wird. Laser haben eine wesentlich bessere Kohärenz. Abb. 117: Formale Definition der Kohärenzlänge Einen quantitativen Ausdruck für die Güte der Kohärenz liefert die Autokorrelationsfunktion F( ξ ) = ∫ f(x)f(x − ξ)dx ∫ f 2 (x)dx d) Klassische Interferenzversuche Historisch waren Interferenzversuche von Bedeutung, da sie den uralten Streit über die Natur des Lichtes zugunsten von Wellen zu entscheiden schienen Die ersten Interferenzversuche wurden mit natürlichem Licht gemacht. Wegen der schlechten räumlichen und zeitlichen Kohärenz muß von einer möglichst punktförmigen Quelle ausgegangen werden, deren Licht aufgespalten wird, so daß es von zwei virtuellen Quellen herzukommen scheint. Abb. 118: Interferenzversuch von Th. Young Abb. 119: Das Fresnelsche Biprisma 76 Die klassischen Anordnungen sind der Doppelspaltversuch nach Young, (Th. Young 1773 -1829).das Biprisma nach Fresnel, der Doppelspiegel nach Fresnel und die Interferenz an dünnen Schichten wie man sie bei Ölflimen auf Wasseroberflächen beobachten kann. Abb. 120: Der Fresnelsche Doppelspiegel Bei dünnen Schichten wird die Interferenz des Lichtes, das an der Ober- und Unterseite des Filmes reflektiert wird, ausgenutzt (Abb. 121). Die Formeln werden besonders einfach, wenn man als Variable neben der Wellenlänge des benutzten Lichtes λ und der optischen Weglänge der Schicht n · d den Neigungswinkel der Strahlen in der Schicht α einführt. Dieser Läßt sich dann leicht mit Hilfe des Snelliusschen Brechungsgesetzes auf den Einfallswinkel zurückführen. Der Gangunterschied zwischen Strahl (1) Punkt B und (2) Punkt C in Abb. 121 ist g12 = nd cos α, der gesamte Gangunterschied zwischen Strahl (1) und (3) g13 = 2 nd cosα. Abb.121: Interferenz an einer dünnen Schicht Die Intensität der Interferenzfigur ist daher von α, d, λ abhängig. Entsprechend gibt es Interferenzstreifen gleicher Neigung oder gleicher Dicke. Bei weißem Licht werden bestimmte Wellenlängen verstärkt, andere abgeschwächt. Es entsteht eine farbige Interferenzerscheinung. Interferenzstreifen gleicher Dicke sind z.B. die Newtonschen Ringe, die auftreten, wenn eine gewölbte Fläche eines durchsichtigen Materials, z.B. eine Linse mit einer ebenen Fläche einer Glasplatte einen Luftspalt bildet. Man kann sie z.B. verwenden, um die Güte solcher Flächen zu überprüfen. Streifen gleicher Neigung beobachtet man durch Beleuchten einer dünnen Platte, z.B. aus Glimmer, mit einer punktförmigen Lichtquelle. Da Auslöschung bzw. Verstärkung bei einem bestimmten Einfallswinkel auftreten und die Anordnung symmetrisch um das Lot der Lichtquelle auf die Schicht ist, beobachtet man Kreise. Weit außerhalb des Zentrums entsteht ein System paralleler Streifen. 77 Abb. 122: Warum beobachtet man Interferenzringe? e) Interferometer Abb. 123: Das Michelson Interferometer Die Interferenz an planparallelen Platten nutzt man in Interferometern zu Meßzwecken aus. In vielen Fällen geht es um die Bestimmung des Brechungsindexes n in einer Probe über den optischen Weg ng (g = Gangunterschied). Da n-1 in Gasen der Teilchenzahl proportional ist, lassen sich Teilchendichten bestimmen, bei Kenntnis des Druckes p = n* · kT Temperaturen, z.B. in Flammen (n*: Teilchen pro Volumen). Um dies bequem durchführen zu können, spaltet man den Strahl mit einem Strahlteiler, z.B. einer teilverspiegelten Platte in zwei Strahlen auf wie beim Michelsoninterferometer (Abb. 123) und beim Mach-Zehnder Interferometer (Abb. 124) Abb. 124: Das Mach-Zehnder Interferometer Das Michelsoninterferometer ist berühmt, da hiermit Michelson versucht hat, die Relativgeschwindigkeit des Lichtes gegen den damals vermuteten Äther zu messen. Der negative Ausgang des Experimentes hat Anstoß zur Entwicklung der speziellen Relativitätstheorie gegeben. Da kleinste Verrückungen sich als Streifenverschiebungen bemerkbar machen, muß der Aufbau mechanisch und thermisch sehr stabil sein. Die Empfindlichkeit wird durch steile Flanken in der Intensitätsverteilung erhöht, die man durch Interferenz vieler Strahlen erzeugt. Bei Verändern der benutzten Wellenlänge verändert sich die Lage der Streifen. Man kann ein Interferometer daher als Frequenzanalysator, d.h. Spektrometer benutzen. Die einfachste Anordnung ist eine an beiden Flächen teilverspiegelte Platte mit außerordentlich ebenen Oberflächen, 78 Abb. 125: Das Fabry Pérot Interferometer ein sogenanntes Fabry Pérot Interferometer oder Etalon (Charles Fabry 1867 - 1945, Jean Baptiste Pérot 1863 - 1925) f) Vielstrahlinterferenz Wir betrachten die Interferenz von N Wellen gleicher Amplitude und gleicher gegenseitiger Phasendifferenz ϕ wie sie etwa von einer Anordnung von N sehr schmalen Spalten mit gegenseitigem Abstand a, die mit parallelem Licht bestrahlt werden, realisiert werden kann. Abb. 126: Vielstrahlinterferenz an N Spalten Die Phasendifferenz ergibt sich nach Abb. 126 zu ϕ a sin α , ϕ = 2πa sin α = 2π λ λ Abb. 127: Zeigerdiagramm für vier Wellen Das Zeigerdiagramm zeigt Abb. 127, dabei ist R eine Hilfsgröße, Die Figur ist bezüglich des Mittelpunktes M symmetrisch in dem Sinne, daß jeder Sektor aus dem vorhergehenden durch Drehung um ϕ hervorgeht. E = R sin ϕ/2 Die Feldstärke bei konstruktiver Überlagerung aller N Strahlen ist E 0 = NE = 2NR sin ϕ/2 79 Die resultierende Feldstärke erhält man aus dem rechtwinkligen Dreieck MAB E res = 2R sin Nϕ/2 und die Intensitätsverteilung durch Dividieren und Quadrieren: E res = sin (Nϕ/2) E0 N sin ϕ/2 2 2 Abb. 128: Intensitätsverteilung bei Interferenz von 4 Strahlen mit gleicher gegenseitiger Phasendifferenz Abb. 128 zeigt die Intensitätsverteilung in der Interferenzfigur für 4 Strahlen. Die Zeigerdiagramme zu ausgezeichneten Phasenverschiebungen sind angedeutet. Die Intensitätsverteilung ergibt 0, wenn Zähler 0 und Nenner ≠ 0 ist. Dies ist für Nϕ/2 = πk und ϕ/2 ≠ πk / der Fall, wobei k und k' ganze Zahlen sind. Für Zähler und Nenner Null geht der Grenzwert gegen 1. Dies ergibt die Hauptmaxima bei ϕ = 0 und ϕ = 2π . Je mehr Strahlen interferieren, desto mehr Nullstellen liegen zwischen ϕ = 0 und ϕ = 2π , d.h. umso schmaler werden die Hauptmaxima. Daß die Empfindlichkeit, mit der I auf eine Änderung der gegenseitigen Phasendifferenz reagiert mit N wächst, erkennt man am besten am Zeigerdiagramm: Bei der Addition vieler Zeiger mit gegenseitiger Phasenverschiebung ϕ ändert sich die Länge des resultierenden Zeigers viel stärker bei einer Anregung von ϕ als bei der Addition von 2 Zeigern. Da bei den Nebenmaxima der Zähler etwa 1 ist, geht ihre Höhe mit 1/N2, d.h. die Nebenmaxima werden mit zunehmender Anzahl der interferierenden Strahle kleiner. Man verwendet Anordnungen mit vielen parallelen Spalten als sogenannte Beugungsgitter zur Spektroskopie. 2. Fraunhoferbeugung (Joseph Fraunhofer 1787 - 1826) a) Einleitung Beugung ist die Abweichung von geradlinigen Strahlen hinter Hindernissen wie Blenden. Mathematisch bestimmt man sie, indem man die Blende in Flächenelemente ∆ A unterteilt und den Flächenelementen Lichtquellen zuordnet, die im allgemeinen unterschiedliche Phasenlagen und Amplituden am Ort ihrer Überlagerung aufweisen. Die Intensitätsverteilung ergibt sich nach dem Grenzübergang ∆A→ 0. Am einfachsten ist die Beugung im parallelen Licht zu behandeln (Abb. 129). Man nennt sie Fraunhoferbeugung. Befindet sich Lichtquelle oder Schirm oder beides im Endlichen, spricht man von Fresnelbeugung. 80 Abb. 129: Fraunhofer- und Fresnelbeugung b) Fraunhoferbeugung am Spalt Abb. 130: Fraunhoferbeugung am Spalt Da es sich um Fraunhoferbeugung handeln soll, interferieren alle Strahlen, die den Spalt in gleicher Richtung verlassen. Durch Unterteilen des Spaltes in N Streifen gleicher Breite erhält man wie bei der N-Strahl Interferenz als Zeigerdiagramm einen Polygonenzug. Im Grenzübergang ∆A → 0 wird aus dem Polygonenzug ein Kreisbogen. Die Neigung zwischen den Tangenten am Anfang und Ende des Kreisbogens ist durch den Phasenunterschied zwischen den Randstrahlen gegeben. g = b sin α ϕ g = 2π λ ϕ = b2π sin α λ Der gleiche Winkel tritt an der Spitze des Sektors auf, daher erhält man für die resultierende Feldstärke E r = 2R sin ϕ/2 E 0 = Rϕ Ir Er sin ϕ/2 = = ϕ/2 I0 E0 2 2 In Abhängigkeit von α ergibt sich eine Kurve wie in Abb. 131 (sinc-Funktion). 81 Abb. 131: Intensitätsfunktion für Beugung am Spalt Die erste Dunkelheit liegt bei α = αd πb sin α = π d λ sin α d = λ b Abb. 132: Anschauliche Herleitung der ersten dunkelen Zone Anschaulich kommt man zu diesem Ergebnis, indem man die Teilspalte in 2 Gruppen anordnet und jedem Spalt aus der Gruppe (1) einen zweiten aus der Gruppe (2) zuordnet, der eine halbe Spaltbreite entfernt ist. Dann interferieren die beiden Mitglieder eines Paars destruktiv, wenn der Phasenunterschied ihrer Erregung auf dem Schirm π ist. c) Kreisblende Bei einer Kreisblende bildet man wegen der Symmetrie am besten ringförmige Elementarflächen. Da diese unterschiedliche Größe haben, kommt man mit der für Spalte verwendeten Konstruktion nicht weiter. Man bildet die Summe ∼ E= Σ e iϕ ∆A , die zu einem Integral führt, das durch die Besselfunktion erster Ordnung J 1 (ϕ/2) dargestellt werden kann. Abb. 133: Geeignetes Flächenelement bei einer Kreisblende 82 sin ϕ/2 Statt I ∼ , erhält man I 0 ϕ/2 2 I ∼ J 1 (ϕ/2) I 0 ϕ/2 2 Die dunklen Ringe liegen bei den Nullstellen dieser Besselfunktion: ϕ/2 = 1, 22π; 2, 233π; 3, 238π Die Größe der Beugungsfigur läßt sich abschätzen, indem man den Mittelwert bildet aus der Größe der Beugungsfigur des um- und inbeschriebenen Quadrats, wobei man diese mit der von Spalte gleicher Öffnung gleich setzt: Abb. 134: Abschätzung der Größe der Beugungsfigur an einer Kreisblende durch das Ergebnis für den Spalt sin α 1 = aλ = λ 1 D λ sin α 2 = a = λ 2 D/ 2 (D = a1 = 2r) Mittelwert: sin α = 0.6 λr d) Das Auflösungsvermögen Durch die Beugung einer Welle am Rand einer Linse wird selbst bei Abwesenheit aller Linsenfehler ein Punkt in ein Scheibchen abgebildet. Zwei Punkte, die so nahe nebeneinander liegen, daß ihre Beugungsscheibchen sich überlappen, lassen sich nicht mehr trennen. Da die Größe des Beugungsscheibchens proportional λ/r ist, wird das Auflösungsvermögen um so besser, je kleiner λ und je größer r ist. Für Radioteleskope, die mit sehr großen Wellenlängen arbeiten, benötigt man große Öffnungen. Abb. 135: Beugung an der Pupille Beim Auge mit einem Blendenradius von r ≈ 2 ⋅ 10 −3 m ergibt sich für 83 λ = 5 ⋅ 10 −7 m . −7 α min ≈ λ = 5 ⋅ 10 −3 ≈ 10 −4 2r ⋅ Abb. 136: Die Größe des Beugungsscheibchens auf der Retina Dies ist ein Abstand von 1 cm in der Entfernung 100 m. Das Auge ist so aufgebaut, daß der Abstand der Detektoren auf der Retina dem durch die Optik bestimmten Auflösungsvermögen entspricht. Beim Mikroskop begrenzt die Blendenöffnung des Objektivs das Auflösungsvermögen. Die minimal auflösbare Winkeldifferenz ist sin α d = 0, 6 λ R Daraus ergibt sich die kleinste auflösbare Struktur zu a min = 0, 6 λ R f a min = 0, 6 λf R Maßgeblich ist also die maximale Apertur des Objektivs. Da diese in der Größenordnung von 1 liegt, kann man Strukturen bis herab etwa zur Größe der Wellenlänge auflösen. Zu einem sehr ähnlichen Ergebnis für das Auflösungsvermögen kommt man mit einer fourieroptischen Betrachtung des Abbildungsverhaltens des Mikroskopes (s. Abschnitt f) in diesem Kapitel). e) N Spalte α) 2 Spalte Abb. 137: Spalte endlicher Breite Wir betrachten jetzt im Gegensatz zum vorigen Abschnitt Spalte endlicher Breite. Die Feldstärke an einer Stelle des Schirmes, d.h. bei einem bestimmten α, ergibt sich aus der Summe 84 der Feldstärken, die von jedem Spalt einzeln erzeugt werden. Die Beugungsfigur eines Spaltes E 1 sin ϕ/2 πb sin α ist = mit ϕ/2 = λ E0 ϕ/2 Abb. 138: Zeigerdiagramm für zwei Spalte endlicher Breite Die Beugungsfigur beider Spalte ergibt sich aus der Überlagerung der Resultierenden der Einzelspalte E r = 2E cos ϑ/2 (E = E 1 = E 2 ) πa sin α mit ϑ = λ 2 Die Intensitätsverteilung der Beugungsfigur eines Doppelspaltes wird also insgesamt I = sin ϕ/2 (cos ϑ/2) 2 ϕ/2 I 2 Abb. 140: Die Intensitätsverteilung der Beugungsfigur zweier Spalte endlicher Breite Der zweite Term beschreibt die feine Struktur. Sie ist identisch mit dem Interferenzbild von zwei punktförmigen Lichtquellen. Die Beugung an den Einzelspalten moduliert diese Verteilung β) N Spalte Durch die Addition der Erregung von N Spalten erhält man wie bei N punktförmigen Lichtquellen E N sin Nϑ/2 = E 0 N sin ϑ/2 mit ϑ/2 = πa sin α λ Die Einhüllende bleibt wie beim Einzelspalt 85 sin ϕ/2 ϕ/2 Die Gesamtverteilung ist also I N sin ϕ/2 sin Nϑ/2 = I 0 ϕ/2 N sin (ϑ/2) 2 2 Abb. 141 Beugungsfigur bei Vielstrahlinterferenz Die feine Struktur wird durch die Beugung an der Begrenzung der gesamten Spaltanordnung erzeugt, die grobe Struktur durch Beugung am Einzelspalt. Durch Manipulation am Einzelspalt, z.B. durch spezielle Formgebung der Rillen eines Gitters kann man die Einhüllende verändern, so daß z.B. die größte Intensität in eine vorgegebene Beugungsordnung fällt, oder daß eine bestimmte Anzahl von Beugungsordnungen gleiche Intensität haben, alle anderen wegfallen. γ) Winkeldispersion und Auflösung eines Gitters Gitter werden in der Spektroskopie zur Frequenzanalyse eingesetzt. Wichtige Größen, die in dα diesem Zusammenhang interessieren, sind die Winkeldispersion und das Auflösungsverdλ mögen λ , wobei ∆λ min die kleinste Wellenlängendifferez ist, die man noch gerade trennen ∆λ kann. Abb. 142: Die Winkeldispersion eines Gitters Die Winkeldispersion ermitteln wir aus Abb. 142, wobei wir zulassen, daß ein Gangunterschied von n0 Wellenlängen zwischen zwei benachbarten Wellen auftritt. n0 heißt die Beugungsordnung. Ein Intensitätsmaximum erscheint unter dem Winkel ∗ sin α max = naλ Durch Differentiation erhält man n ∗0 cos αdα = a dλ 86 n ∗0 (1) dα = a cos α dλ Für ein Gitter mit 1200 Strich pro mm bei senkrechtem Einfall (α = 0) erster Beugungsordnung (n = 1) und einer Brennweite des abbildenden Systems von 0,5 m erhält man typischerweise dλ/dx = 16nm/mm . Das Auflösungsvermögen wird durch die Breite der feinsten Struktur in der Beugungsfigur gegeben. Ihre Intensitätsverteilung ist I(α) ∼ sin (Nϑ/2) mit ϑ/2 = πa sin α λ Das Argument im Sinus wird damit x = Nπa sin α λ Bei kleinen Veränderungen der Richtung dx = Nπa cos αdα λ Eine Nullstelle liegt vor bei dx = π λ dα = d.h. Na cos α Aus (1) und (2) ergibt sich das Auflösungsvermögen (2) λ = n∗N 0 ∆λ Man erkennt, daß für das Auflösungsvermögen neben der Beugungsordnung die Gesamtzahl der Striche maßgebend ist. Ein Spektrograf kann also nur dann sein maximales Auflösungsvermögen bringen, wenn sein Gitter voll ausgeleuchtet ist. f) Fraunhoferbeugung als Fouriertransformation Zur Berechnung der Beugungsfigur betrachten wir einen etwas allgemeineren Fall: In einer Ebene, die durch die Koordinate ξ beschrieben wird, sei eine Feldstärkeverteilung E (ξ) vorgegeben. Bei Vorliegen eines Spaltes wäre E(ξ) eine Rechteckverteilung, die innerhalb der Spaltöffnung einen konstanten Wert annimmt, außerhalb verschwindet. Die Öffnung werde in Streifen gleicher Breite ∆ξ unterteilt. Abb. 143: Nochmal Beugung am Spalt Die resultierende Feldstärke für alle Strahlen, die die Öffnung unter einem gewissen Winkel α verlassen, ist dann 87 ∼ E r = ∆ξ(E 0 e iϕ 0 + E 1 e iϕ 1 + E 2 e iϕ 2 + ...) wobei der Phasenwinkel ϕ n durch den Gangunterschied zwischen dem Strahl Nr. 0 und dem an der Stelle ξ gegeben ist ϕ g(ξ) = aus und g(ξ) = ξ sin α folgt λ 2π 2πξ ξ ϕ= sin α ∼ 2πα λ λ E(α) = ∆ξ Σ E n e i(ξ/λ)2πα = λ Σ E(s)e is2πα ∆s mit s = ξ/λ. Nach dem Grenzübergang ∆s → 0 erkennt man, daß E(α) die Fouriertransformierte von E(s) ist. Beispiele: Die Verteilung von E über einem Spalt ist eine Rechteckfunktion E(s) ~Rect(s/b). Die Fouriertransformierte einer Rechteckverteilung ist E(x) ∼ sinxkx , wie wir früher mit der geometrischen Methode ermittelt haben. Ein Gitter mit sinusförmiger Amplitudenverteilung E(s)~sin ks hat eine einzige Frequenz. Die Fouriertransformierte ist daher eine δ -Funktion E(x) ∼ δ(x − x 0 ) Ein solches Gitter beugt das Licht nur in eine bestimmte Richtung. Die Beugung an einer zweidimensionalen Struktur führt also zu einer zweidimensionalen Fouriertransformation dieser Struktur. Man nutzt diese Eigenschaft bei der Bildverarbeitung aus, um durch Manipulationen im Fourierraum Verbesserungen der Darstellung zu erzielen. So kann man durch Blenden in der Fourierebene höhere Fourierkomponenten herausfiltern und so das Bild glätten. Hinzfügen von lokalen Phasenverschiebungen kann den Kontrast verbessern usw.. Als Beispiel betrachten wir die Abbildung beim Mikroskop nach Abbé (Ernst Abbé 1890-1905) Abb. 144: Auflösungsvermögen des Mikroskopes nach Abbé Da wir uns nach Fourier jedes Objekt als Überlageruung von sinusförmigen Amplitudenverteilungen mit unterschiedlichen Raumfrequenzen vorstellen können, betrachten wir speziell ein gitterförmiges Objekt. Nach Abb. 144 erzeugt das Objektiv hiervon ein vergrößertes Bild B. Andererseits führt die Beugung an dem Gitter zu einer Beugungsfigur in der Fourierebene. Diese besteht aus den Beugungsmaxima. Im Rahmen der Wellenoptik kann man das Bild B nun auch als Interferenzfigur der Sekundärquellen in der Fourierebene auffassen. Man erkennt, 88 daß ein solches Interferenzmuster nur dann erzeugt werden kann, wenn mindestens neben dem Hauptmaximum ein Nebenmaximum in das Objektiv fällt, d.h. λf R λ α min = f → α min = R in größenordnungsmäßiger Übereinstimmung mit unserem früheren Ergebnis. 3. Fresnelbeugung Fresnelbeugung liegt vor, wenn mindestens eins der beiden - Lichtquelle oder Beobachter - eine endliche Entfernung zur beugenden Struktur hat. Gegenüber der Fraunhoferbeugung wird die Rechnung im wesentlichen durch zwei Tatsachen erschwert: Abb. 145: Zur Geometrie beim Kirchhoffschen Beugungsintegral Es treten bei den einzelnen Flächenelementen unterschiedliche Winkel zwischen Flächennormalen und Abstrahlrichtung auf. Die Fläche hat eine gewisse Richtcharakteristik, die wir mit θ(ϑ) bezeichnen. Dadurch, daß die einzelnen Strahlen unterschiedlich lang sind, ist die Lichtintensität der Elementarwellen am Ort der Beugungsfigur unterschiedlich. Man geht von kugelförmigen Elementarwellen aus mit I~1/r2 und setzt daher den Ortsfaktor für die Feldstärke ~1/r. Die Beugungsfigur ergibt sich dann nach Kirchhoff (Gustav Kirchhoff 1824-1887) durch Integration über die gesamte beugende Öffnung E res = E 0 ∫ ∫ 1r θ(ϑ)e i ϕ (ξ, η) dξdη Dieses Integral nennt man das Kirchhoffsche Beugungsintegral. Eine genauere Herleitung ergibt sich aus der Beugungstheorie. Nach Fresnel kann man die Ausbreitung von Licht von einer punktförmigen Quelle zum Beobachtungspunkt P so beschreiben: Wir betrachten eine Wellenfront, die bis zu einer Entfernung g fortgeschritten ist. Die Interferenz der Erregungen, die von den Flächenelementen dA auf dieser Wellenfläche ausgehen, ergeben die Gesamterregung in P. Um diese leichter behandeln zu können, unterteilen wir die Wellenfront in ringförmige Zonen. Im folgenden betrachten wir die Einfachheit halber einen Fall mit unendlich entfernter Quelle q → ∞ . Die Breite der Zonen wird so gewählt, daß sich für Licht, das von ihren Begrenzungen ausgeht, ein Phasenunterschied von genau λ/2 ergibt. 89 Abb. 146: Ausbreitung von Licht nach Fresnel Abb. 147: Konstruktion der Fresnelschen Zonen d.h. rn = rn-1+λ/2 r1 = r0+λ/2 r2 = r0+2λ/2 · · · rn = r0+nλ/2 Der Radius für die innere Begrenzung der nten Zone Rn ist dann R 2n = r 2n − r 20 = (r 0 + nλ/2) 2 − r 20 = nr 0 λ wenn man den um λ/r0 kleineren Term n2λ2/4 vernachlässigt. Der Flächeninhalt einer Zone ist ∆A = π R 2n − R 2n−1 = πr 0 λ und damit für alle Zonen gleich. Durch die Faktoren θ(ϑ) und 1/r erhält man für das Zeigerdiagramm kleine Abweichungen vom Kreis, d.h. eine Spirale (Abb. 148). Zeichnet man die Erregung durch das Licht, das durch die Mitte der Figur tritt bei A, so ist der Beitrag des äußeren Randes der Fresnelzone Nr. 0 bei B, da hier ein Gangunterschied von λ/2 gegenüber dem Zentrum besteht. Die Zone Nr. 1 macht einen negativen Beitrag, da ihre Erregung am Rand eine Phasendifferenz von π gegenüber der am Rand der nullten Zone hat. Man erreicht den Punkt C. Die Beiträge der äußeren Zonen werden immer kleiner. Die 90 Abb. 148: Das Zeigerdiagramm bei Fresnelbeugung Gesamtfeldstärke konvergiert gegen einen Wert, der etwa halb so groß wie die Erregung der mittleren Zone ist. E res = E 0 − E 1 + E 2 − E 3 + ... E E0 E0 E E + − E 1 + 2 + 2 − E 3 + 4 + ... 2 2 2 2 2 Die Zusammenfassung ist so vorgenommen worden, daß sämtliche eckigen Klammern verschwinden, da der Mittelwert der Erregungen von zwei Zonen den Wert der Erregung der dazwischenliegenden Zone ergibt. = E res ≈ E 0 /2 Eine Lochkamera kann man jetzt als eine Vorrichtung betrachten, die die Intensität verstärkt. Die Größe des Loches muß dem Radius der nullten Fresnelschen Zone entsprechen. R1 = r0λ Die Feldstärke im Bild ist dann doppelt so groß wie ohne Loch, die Intensität 4 mal so groß. Abb. 149: Wirkungsweise der Fresnelschen Zonenplatte Blendet man alle Zonen mit negativem Beitrag aus, so erhält man die sogenannte Fresnelsche Zonenplatte. Sie hat Abbildungseigenschaften wie eine Linse und wird als solche eingesetzt, wenn Linsen nicht herstellbar sind wie im Röntgenbereich. Als Unterschied zu Linsen ergeben sich aufgrund der verschiedenen Beugungsordnungen mehrere Brennweiten. Um die Fresnelbeugung an Spalten und dergleichen zu beschreiben, unterteilt man die sekundäre Wellenfront in gerade Streifen, wobei die Bedingung für die Berandung gleich bleibt r n = r n−1 λ/2 Abb. 150: Fresnelbeugung an einer Halbebene 91 Abb. 151: Die Cornu-Spirale Das Zeigerdiagramm ist die sogenannte Cornu-Spirale. Beginnt man in dem Fußpunkt des Lotes vom Beobachtungspunkt P auf die Fläche, startet man im Zeigerdiagramm bei A. Die Beiträge der rechten Hälfte der Ebene liegen auf dem rechten Ast der Spirale und konvergieren bei der hier durchgeführten Normierung gegen den Punkt (1,1), die Beiträge der linken Hälfte gegen (-1,-1). Der Beitrag der abgedeckten Zonen wird im Punkt S abgeschnitten. Für Beobachtungsorte im Öffnungsbereich der Blende ist S auf dem linken Ast, die Spitze von Er im Konvergenzpunkt des rechten Astes. Er hat Maxima und Minima. Für den Schattenbereich ist S ebenfalls auf dem rechten Ast. Er ändert sich monoton. An der Schattengrenze A erhält man die Hälfte der Feldstärke, die man ohne Blende erreicht. Die Intensität ist also 1/4. Abb. 152: Intensitätsverteilung für Fresnelbeugung an einer Halbebene 92 KAPITEL G Anwendungen 1. Grundzüge der Spektroskopie a) Einleitung Die Spektroskopie befaßt sich mit der Frequenzanalyse von Licht. Die hohe Präzision (λ/∆λ ∼ 10 6 ) , zu der diese Methode im vorigen Jahrhundert entwickelt worden ist, hat die sehr genaue Ausmessung der von Atomen und Molekülen ausgesandten Frequenzen geführt und damit den Weg zur modernen Quantenmechanik geebnet. Heute interessiert neben der genauen Lage von Spektrallinien die Intensitätsverteilung und die Gesamtintensität, die ein Atom innerhalb einer Spektrallinie emittiert. Zur Messung dieser Größen dient ein Spektrograf. Im folgenden wird der Aufbau von Spektrografen erläutert. b) Aufbau eines Spektrografen Abb. 153: Das dispersive Element im Spektrografen Die zentrale Komponente eines Spektrografen ist das dispersive Element, das Licht mit unterschiedlichen Frequenzen verschieden stark ablenkt. Dies kann ein Prisma sein, in dem man die Abhängigkeit des Brechungsindexes von der Wellenlänge ausnutzt, oder eine Anordnung zur Vielstrahlinterferenz wie ein Beugungsgitter oder ein Fabry-Pérot Etalon. Abb. 154: Spektrograf ohne Optik wie bei Newton Benutzt man wie Newton (Isaac Newton 1643-1727) ein Prisma (oder Gitter) ohne weitere Abbildungsoptik, so ist für große Lochdurchmesser der Eingangsblende das Auflösungsvermögen durch die Lochgröße bestimmt. Verringert man den Lochdurchmesser, so bestimmt ab einer bestimmten Lochgröße der Winkeldurchmesser der Lichtquelle, bei Newton der Sonne, den Fleckdurchmesser. Dies kann durch Einfügen einer Linse, die die Eingangsblende auf dem Schirm abbildet, verbessert werden. Um ohne Verlust des Auflösungsvermögens mehr Licht zur Verfügung zu haben, verwendet man statt der Kreisblende einen Spalt senkrecht zur Dispersionsrichtung. Das Bild des Spaltes bestimmt die Form der Spektrallinie. Bei großen Öffnungen kann das Bild des Spaltes in eine gekrümmte Linie verzerrt werden. Eine weitere Verbesserung ist dadurch möglich, daß alle Strahlen einer Wellenlänge das Prisma oder das Gitter parallel durchlaufen. Da die Ablenkung vom Einfallswinkel abhängt, würden bei divergierenden Strahlenbündel unterschiedliche Ablenkungen auftreten. Man 93 verwendet also eine Kollimatorlinse, die die vom Spalt ausgehenden Strahlen parallel macht und eine Kameralinse, die die Strahlen auf einem Schirm oder Detektor sammelt. Abb. 155: Aufbau eines Spektrografen In den einfachsten Anordnungen, den sogenannten Spektroskopen, benutzt man das Auge, das man auf die Schirmebene fokussiert, als Detektor. Zur Aufnahme eines spektralen Bereiches verwendet man Photoplatten, die dann photometrisch ausgewertet werden müssen oder Diodenzeilen. Photoplatten enthalten auch heute noch am meisten Information. Empfindliche Detektoren mit einer großen internen Verstärkung sind Photomultiplier. Abb. 156: Aufbau eines Photomultipliers In ihnen löst man durch den äußeren Photoeffekt an einer metallischen Oberfläche Elektronen aus, beschleunigt sie und läßt sie auf weitere Metallflächen auftreffen, wo das Signal über die Auslösung von Sekundärelektronen verstärkt wird. Für unterschiedliche spektrale Bereiche stehen spezielle Detektoren zur Verfügung. Bei der Benutzung eines einzelnen Detektors wird vor diesem ein zweiter Spalt, der Austrittsspalt, angebracht. Der Spektralapparat arbeitet als Monochromator. Zur Untersuchung des Intensitätsverlaufs über die Wellenlänge wird das Spektrum über den Spalt geführt. Gitterspektrografen haben gegenüber Prismaspektrografen zwei wesentliche Vorteile: Die Dispersion ist verhältnismäßig schwach von der Wellenlänge abhängig, und man benötigt keine Linsen, die aufgrund ihrer spektralen Durchlässigkeitsbereiche den zugänglichen Spektralbereich begrenzen. Glas ist unterhalb 380 nm undurchlässig, Quarz unterhalb 200 nm. In diesem Bereich absorbiert auch die Luft, so daß Spektrografen evakuiert werden müssen. Abb. 157: Gitterspektrograf in Rowland Aufstellung Bringt man die Gitterstriche auf einem Hohlspiegel an, benötigt man überhaupt keine abbildenden Komponenten neben dem Gitter. Die klassische Gittermontierung für diesen Fall ist die Paschen-Runge Aufstellung. Hier montiert man Gitter und die beiden Spalte auf einem 94 Kreis, dem sogenannten Rowlandkreis, dessen Durchmesser gleich dem Radius des Krümmungskreises des Gitters ist. Abb. 158: Spektrograf in Wadsworth Aufstellung In der Wadsworth-Aufstellung hat man einen weiteren Hohlspiegel zur Abbildung des Eintrittsspaltes auf dem Austrittsspalt. Eine häufig im Laborbetrieb benutzte Gitteranordnung ist die Ebert-Aufstellung, in der ein Plangitter mit zwei Hohlspiegeln als Kollimator und Kamera benutzt werden (H. Ebert 1891). Zur Verstellung der Wellenlänge wird das Gitter verdreht. Abb. 159: Spektrograf in Ebert Aufstellung c) Die förderliche Spaltbreite Das Auflösungsvermögen eines Spektrografen ist bei großen Breiten des Eintrittsspaltes durch die Breite des Bildes des Eintrittspaltes in der Detektorebene bestimmt. Üblicherweise hat man eine 1:1 Abbildung und die Breiten von Spalt und Spaltbild sind gleich (S). Bei kleinen Breiten des Eintrittsspaltes, kurz Spaltbreite genannt, überwiegt die Breite der Beugungsfigur durch die im vorigen Kapitel behandelte Vielstrahlinterferenz. Für S → 0 erhält man das maximale Auflösungsvermögen eines Gitterspektrografen. Dieses ist durch die Breite der Feinstruktur in der Beugungsfigur des Gitters gegeben. Abb. 160: Beugung am Gitter E = sin Nϑ/2 mit ϑ = πa sin α λ E0 2 Nϑ/2 95 Die erste Dunkelheit erreicht man für Nϑ/2 = π, d.h. wegen ϑ d a sin α d = λ 2π sin α d = aλ = λ N h Das maximale Auflösungsvermögen ist also durch die Beugung an der Gitterbegrenzung (h) bestimmt. Für die Breite in der Detektorebene ergibt sich also mit sin α d ≈ x f erhält man Abb. 161: Zusammenhang zwischen Winkelausdehnung und wahrer Ausdehnung des Spaltbildes x = λ , x = fλ f h h Die Spaltbreite, bei der das Bild des Spaltes genauso breit ist wie die Beugungsfigur, nennt man die förderliche Spaltbreite. fλ Sf = h Es ist nicht sinnvoll, S<Sf zu wählen, da ohne Verbesserung der Auflösung Intensität verlorengeht. Ähnlich wie bei der Abbéschen Abbildungstheorie des Mikroskopes kann man auch die Beugungsfigur, die der Spalt in der Gitterebene erzeugt, betrachten. Abb. 162: Die Beugungsfigur des Spaltes Diese sollte nicht größer als das Gitter sein. h/2 = λ S f 2fλ h Man erkennt, daß größenordnungsmäßig die gleiche förderliche Spaltbreite herauskommt. Die förderliche Spaltbreite bestimmt man experimentell, indem man den Spalt mit monochromatischem Licht beleuchtet und die Spektrallinie in Abhängigkeit von der Spaltbreite registriert. Bei großen Spaltbreiten entspricht die Intensitätsverteilung dem Schatten des Spaltes. Bei S= 96 Abb. 163: Experimentelle Bestimmung der förderlichen Spaltbreite schmaler werdendem Spalt wird das Bild entsprechend schmaler und die Gesamtintensität nimmt linear mit S ab. Erreicht man die förderliche Spaltbreite, kann das Bild nicht mehr schmaler werden. Die Gesamtintensität nimmt überproportional ab. Die förderliche Spaltbreite liegt etwa im Knick der Kurve I(s). d) Anordnung der Lichtquelle Die zu untersuchende Probe kann die Lichtquelle sein wie bei Sternen, Flammen oder Plasmen - man betreibt dann Emissionsspektroskopie - oder ein absorbierendes Medium bei Absorptionsspektroskopie. Abb. 164: Ausleuchtung des Gitters Die Lichtquelle muß, um das Auflösungsvermögen des Gitters auszunutzen, das Gitter voll ausleuchten. Dies ist kaum möglich, wenn man sie ohne Abbildungsoptik vor den Eintrittsspalt stellt, da dieser einen kleinen Raumwinkel ausblendet. Man bildet daher im allgemeinen die Lichtquelle auf dem Eintrittsspalt ab. In der Laserspektroskopie durchstrahlt man eine Probe mit einer Lichtquelle, die eine sehr genau definierte Wellenlänge aufweist und variiert die Wellenlänge der Quelle. e) Beispiel für einen Laborspektrografen Um eine Vorstellung von der erforderlichen Justiergenauigkeit zu haben, betrachten wir ein Zahlenbeispiel für einen kleinen Laborspektrografen: Abb. 165: Dispersion und Auflösungsvermögen eines Laborspektrografen f = 0,5 m, Anzahl der Striche pro Längeneinheit: N/b = 1200 Striche pro mm = 1, 2 ⋅ 10 6 m −1 , Breite des Gitters b = 5 ⋅ 10 −2 m . Die Dispersion ergibt sich nach den Ausführungen im vorigen Kapitel zu: dλ = dx , dλ = dx a = dx b a f Nf f für dx = 1 mm erhält man 97 1 = 1, 6nm/mm 1, 2 ⋅ 10 6 ⋅ 0, 5 Das Auflösungsvermögen λ = Nn = 50 ⋅ 1, 2 ⋅ 10 3 = 6 ⋅ 10 4 ∆x dλ = 10 −3 o −7 ∆x = 5 ⋅ 10 4 ≈ 10 −11 = 10 −2 nm = 0.1 A ⋅ Die förderliche Spaltbreite wird fλ 0, 5 ⋅ 5 ⋅ 10 −7 = 0, 5 ⋅ 10 −5 = 5µm S= = b ⋅ −2 Abb. 166: Auswirkung einer Dejustierung Nach der geometrischen Optik würde bei einer Fehljustierung des Fokus der Kameralinse um 50 µm eine Linienbreite von der Größe der förderlichen Spaltbreite entstehen. Eine Fehljustierung von dieser Größenordnung kann man im allgemeinen nicht zulassen. Der Fokus sollte daher besser als auf 50 µ genau justiert sein. Temperaturänderungen, aber auch rauhe Behandlung des Spektrografen können seine vorteilhaften Eigenschaften verderben. Es ist daher häufig erforderlich, Laborspektrografen nachzujustieren. Geprüft werden sollte: a) Wird die Mitte des Eintrittsspaltes für alle Spektralbereiche in die Mitte des Austrittsspaltes abgebildet? b) Sind Eintritts- und Austrittsspalt parallel zueinander und parallel zu den Gitterstrichen? g) Stimmt der Fokus? Abb.167: Justierung des Fokus mit der Foucaultschen Messerschneidenmethode Diesen überprüft man am besten mit der Foucaultschen Messerschneidemethode: Man bestrahlt den Eintrittsspalt mit monochromatischem Licht und beobachtet die Ausleuchtung des Gitters, indem man mit dem Auge an den Austrittsspalt geht. Bei Verdrehen der Wellenlängenskala, z.B. von rot nach blau, sollte das Gitter etwa gleichzeitig auf der gesamten Fläche in der Farbe der betrachteten Spektrallinie aufleuchten. Bei Fehljustierung scheint ein begrenztes Gebiet von Helligkeit seitlich über das Gitter zu laufen, wie in Abb. 167 erläutert. 98 f) Aufgaben der Spektroskopie α) Bestimmung der Wellenlänge Die einfachste Messung mit einem Spektrografen ist die Bestimmung der Wellenlänge. Dies ist im Prinzip über die Geometrie, d.h. die Strichzahl des Gitters, die Brennweiten, Einfallsund Ausfallswinkel möglich. In der Praxis vergleicht man heute die Lage der unbekannten Linien mit denen von genau vermessenen Referenzlinien. Ein sehr genau vermessenes Spektrum mit einer großen Anzahl von Linien ist das des Eisenbogens. Die genaue Vermessung der Atomlinien, z.B. der Serien des Wasserstoffspektrums, hat zur Entwicklung der Atomtheorie und damit der Quantentheorie geführt. Durch ständige Verbesserung der Meßgenauigkeit war es möglich, Effekte zu beobachten, für deren Erklärung die klassische Quantenmechanik nicht mehr ausreicht, sondern relativistische Effekte (Dirac Theorie/Paul Adrien Maurice Dirac 1902-) und die Quantenfeldtheorie herangezogen werden müssen. Über die Bestimmung der Wellenlänge ist die qualitative Analyse einer Substanz möglich. Man nimmt ein Spektrum der unbekannten Substanz auf und vergleicht mit bekannten Spektren. Auf diese Weise wurde das Helium im Spektrum der Sonne durch Bunsen (Robert Bunsen 1811-1899) und Kirchhoff entdeckt. Für Alkali- und Erdalkalimetalle ist das Spektrum, das die Probe in einer Flamme abgibt, die einfachste Nachweismethode. Da das Spektrum der meisten Moleküle im infraroten Spektralbereich liegt, analysiert man in der Chemie Substanzen mit Absorptionsspektroskopie im Infraroten. Das Molekülspektrum läßt Rückschlüsse auf Massen, Abstände und Kopplungskonstanten im Molekül zu. β) Bestimmung von Intensitäten Die Gesamtintensität einer Spektrallinie ist proportional zu der von ihr eingeschlossenen Fläche Abb. 168: Die Gesamtintensität einer Spektrallinie ∞ I ges = ∫ I(λ)dλ Die Messung dieser Größe erfordert die Bestimmung der Energie, die in einer gewissen Zeit ausgestrahlt wird, also Kalorimetrie. In der Praxis vergleicht man mit "Normalstrahlern", d.h. Körpern, deren ausgestrahlte Intensität bekannt ist. Ein theoretisch gut vorhersagbares Spektrum liefert ein Hohlraum bekannter Temperatur. Sekundäre Normale sind Kohlebogen und Wolframbandlampe. Abb. 169: Konzentrationsbestimmung durch Interpolation 99 Ein in der Industrie häufig verwandtes Verfahren zur quantitativen Analyse besteht darin, daß man Proben mit bekannten Konzentrationen ni des zu untersuchenden Stoffes anfertigt und die Intensität einer Spektrallinie unter definierten Bedingungen ausmißt. Die Konzentration in der Probe nx ergibt sich dann durch Interpolation. Man beachte, daß unter bestimmten Umständen, z.B. bei der Hohlraumstrahlung, die ausgestrahlte Intensität nicht von der Konzentration der strahlenden Atome abhängt. Abb. 170: Übergangswahrscheinlichkeiten im Atom Unter gewissen Voraussetzungen ist auch eine absolute quantitative Analyse möglich. Die Anzahl der spontanen Übergänge zwischen zwei Niveaus wird durch die Einsteingleichung gegeben (Albert Einstein 1879-1955) dN 2 = A 21 N 2 , dt wobei N2 die Anzahl der Teilchen im oberen Niveau und A21 der Koeffizient für spontane Emission für den Übergang von Niveau 2 nach 1 ist, den wir als bekannt voraussetzen. Pro Übergang wird die Energie hν abgestrahlt, d.h. die gesamte Strahlungsleistung ist I ges = A 21 N 2 hν . Aus Iges kann also sofort N2 ermittelt werden. Mit Hilfe der Boltzmann-Formel (Ludwig n Boltzmann 1844-1906) n 2 = e −E 2 /kT kann man bei Vorliegen von thermischem Gleichgewicht 0 auf die Anzahl der Teilchen im Grundzustand n0 schließen, und diese ist über das Ionisationsgleichgewicht mit der Ionen- bzw. Elektronenzahl ni, ne verknüpft. n i n e n 2e n 0 = n 0 = S(T) Außerdem ist p = ngeskT, d.h. bei Vorliegen des thermischen Gleichgewichtes lassen sich aus der Linienintensität Teilchenkonzentrationen und Temperatur bestimmen. γ) Linienprofile Die Linienprofile enthalten weitere Information, die zur Diagnostik ausgenutzt werden kann. In der Praxis treten häufig mehrere Mechanismen gleichzeitig auf, so daß das Problem darin besteht, diese zu trennen. Im folgenden nehmen wir an, daß die Effekte isoliert werden können. Die Teilchen in einem heißen Gas haben eine Geschwindigkeitsverteilung. Wegen des Dopplereffektes spiegelt sich diese im Linienprofil wider. D.h., wenn die Dopplerverbreiterung überwiegt, ist die Breite der Linie ein Maß für die Temperatur des Gases. Setzt man im Dopplereffekt für v<c die mittlere thermische Geschwindigkeit ein v = ∆λ D mit 1 mv 2 = kT c λ 2 100 so erkennt man, daß die typische Breite der Linie ∆λ D proportional zu T ist. Abb. 171: Stoßverbreiterung einer Spektrallinie Durch Stöße eines leuchtenden Atoms mit Störteilchen wird ein ohne Störungen sinusförmiger Wellenzug in kurzzeitige sinusförmige Stücke zerhackt, dessen Fourieranalyse eine Frequenzverteilung mit endlicher Breite ∆λ s ergibt. ∆λ s ist proportional zur Störteilchenkonzentration, die also über die Linienbreite gemessen werden kann. Benötigt man in der Spektroskopie eine Lichtquelle mit schmaler Linienbreite, etwa zur Bestimmung des Apparateprofils, so achtet man darauf, daß Verbreiterungsmechanismen keine Rolle spielen. Zur Vermeidung des Dopplereffektes muß das leuchtende Gas möglichst kalt sein und große Atommassen aufweisen, zur Vermeidung von Stoßverbreiterung sollte es möglichst verdünnt sein. 101 2. Holografie a) Einleitung In der Holografie geht es darum, durch ein Wiedergabemedium wie eine Photoplatte oder einen Bildschirm, ein Wellenfeld zu erzeugen, das bezüglich Amplitude und Phase dem vom Objekt ursprünglich ausgestrahlten Wellenfeld möglichst genau entspricht. Dies erlaubt einen weitgehend naturgetreuen Eindruck durch die Wiedergabe, insbesondere ein dreidimensionales Erscheinungsbild. Das erste Hologramm eines ausgedehnten Körpers wurde von Dennis Gabor (1900-1979) im Zusammenhang mit seinen Untersuchungen zur Elektronenmikroskopie hergestellt. b) Fresnelhologramm eines Punktes Abb. 172: Der Zusammenhang von Hologramm und Zonenplatte Im Grunde kann man die Fresnelsche Zonenplatte als das Hologramm eines Punktes auffassen. Bestrahlt man ein punktförmiges Streuzentrum mit einer ebenen Welle, so ergibt die Überlagerung der ursprünglichen ebenen Welle und der vom Objekt ausgehenden Kugelwelle ein System von Kreisringen, die denen der Fresnelschen Zonenplatte entsprechen: Es entsteht eine konstruktive Überlagerung an Stellen, bei denen der Gangunterschied zwischen r und r0 gerade n ⋅ λ ist, dazwischen hat man Auslöschung. Belichtet man mit dieser Intensitätsverteilung eine Photoplatte, erhält man eine Anordnung, die einer gewöhnlichen Fresnelschen Zonenplatte sehr ähnlich ist. Der einzige Unterschied besteht darin, daß die radiale Verteilung der Schwärzung auf der Platte sinusförmig ist statt rechteckig wie bei der Fresnelschen Zonenplatte. Die Wirkung ist ähnlich: Bestrahlt man sie mit parallelem Licht, wird dieses in einem Punkt gesammelt. Außerdem entsteht eine zweite Kugelwelle, die von einem Punkt herzukommen scheint, der vor dem Hologramm liegt, da, wo ursprünglich das Streuzentrum war. Die beiden Punkte kann man als eine reelle und eine virtuelle Rekonstruktion des ursprünglichen Objektes auffassen. reelles Abb.173: Fresnelhologramm und virtuelles Bild beim c) Mehrere Punkte Kann man ein lineares Verhalten des gesamten Prozesses voraussetzen, so erzeugt ein Objekt aus mehreren Punkten ein Hologramm, das aus der ungestörten Überlagerung der 102 Punkthologramme entsteht. Bei der Rekonstruktion erhält man ein Wellenfeld, das von den einzelnen Bildpunkten herzukommen scheint und somit das ursprüngliche Objekt treu wiedergibt. Abb. 174: Die Schwärzungskurve Die Voraussetzung der Linearität der Anordnung ist nicht ganz unproblematisch. Die Schwärzung einer Photoplatte, die man als Transmissionskoeffizient der belichteten Platte definieren kann, ist in keiner Weise linear von der Belichtung, die die Schwärzung hervorgerufen hat, abhängig. Daher gilt Linearität nur in einem engen Bereich um eine Anfangsschwärzung. d) Das Nebenbandhologramm Das oben besprochene Hologramm hat den Nachteil, daß reelles und virtuelles Hologramm auf einer Linie liegen und sich damit stören. Dies kann man vermeiden, indem man die Referenzwelle seitlich einstrahlt. Abb. 175: Nebenband Hologramm Bei der Rekonstruktion entstehen die beiden Bilder in unterschiedlichen Richtungen. Die Zeiger der Referenz- und der Objektwelle auf der Photoplatte bei ihrer Belichtung sind: Referenzwelle: Objektwelle: ∼ ∼ E r = A r e −iαx ∼ ∼ E 0 = A 0 e −iδ(x) , wobei δ(x) die durch das Objekt erzeugte Phasenverschiebung ist. 103 Die Intensität auf der Platte wird dann: ∼ ∼ I(x) = E ⋅ E ∗ = (A r e −iαx + A 0 e −iδ )(A r e iαx + A 0 e iδ ) = A 2r + A 20 + A r A 0 (e −i(αx−δ) + e i(αx+δ) ) = A 2r + A 20 + 2A r A 0 cos (αx − δ) ________________________ Der unterstrichene Term enthält die Amplitude und die Phase als Information. Stört das Objekt die Referenzwelle nicht, erhält man ein streifenförmiges Muster 2 A rA0cos αx. Die Störung durch das Objekt erzeugt eine Streifenverschiebung. Bei der Rekonstruktion bleibt in der geeigneten Richtung ein Term 2A r A 0 e −iδ(x) übrig, der im wesentlichen die Objektwelle wiedergibt. Abb. 176: Muster des Nebenbandhologramms auf der Photoplatte 104 KAPITEL H Wechselwirkung von Strahlung mit Materie 1. Einleitung In der Elektrodynamik wird der Einfluß der Materie auf die Strahlung mit Hilfe der Stoffkonstanten ε r und µ r berücksichtigt, wobei in der Optik häufig µ r = 1 gilt. Hiermit ist es z.B. möglich, Polarisations- und Intensitätsverhältnisse beim Übergang von Strahlung von einem zum anderen Medium vollständig zu beschreiben. Dies leisten die Fresnelschen Formeln, die aus der Maxwellschen Theorie bei Berücksichtigung der Randbedingungen folgen. Möchte man Aussagen über ε r selbst bekommen, muß man zu einer mikroskopischen Betrachtung übergehen, d.h. untersuchen, wie die Atome und Moleküle in einem Medium auf die Strahlung reagieren. Wir wissen, daß die Dynamik der Elektronen in einem Atom durch eine Wellengleichung beschrieben wird und daß diese im Atom zu Eigenzuständen führt, die diskrete Energien aufweisen. Daher sind auch bei der Emission und Absorption nur bestimmte Energiesprünge ∆E = hν möglich. Diese Energiesprünge widersprechen der klassischen Mechanik, so daß man im allgemeinen aus einer klassischen Betrachtung der Wechselwirkung von Strahlung mit Materie falsche Aussagen erhält. Wir behandeln das Problem trotzdem klassisch, da einige Ergebnisse, z.B. aus der Streutheorie, qualitativ richtig sind und da wir bei den falschen Vorhersagen besser verstehen, warum die Einführung der Quantenmechanik notwendig war. Klassisch hat man es entweder mit freien oder gebundenen Elektronen zu tun, die durch die einfallende Welle zu Schwingungen angeregt werden und ihrerseits als Dipole strahlen. Wir rekapitulieren daher im folgenden einige Grundtatsachen der Dipolstrahlung. Für eine genauere Darstellung verweisen wir auf die Elektrodynamik. 2. Dipolstrahlung Abb. 177: B und E im Nahfeld eines Dipols Ein Dipol mit sinusförmigem Zeitverhalten p = ex = ex 0 sin ωt hat im Nahfeld, d.h. für Laufzeiten der Welle, die klein gegen ihre Schwingungsperiode sind, das Feld eines ruhenden Dipols und B steht senkrecht zu E und zum Radiusvektor r. Die Feldstärke geht mit 1/r3. Im Fernfeld hat man ein Feld einer elektromagnetischen Welle, d.h. E ⊥ B, r; B⊥ r . Abb. 178: E und B im Fernfeld 105 E in der Welle entspricht der Projektion des ursprünglichen Feldes auf die Ebene senkrecht zu . E ϑ = E 0 sin ϑ, I = I 0 sin 2 ϑ Die Abstrahlcharakteristik eines Dipols geht daher mit sin 2 ϑ. 3. Streuung an freien Elektronen a) Polarisation Abb. 179: Polarisationsverhältnisse bei Streuung an Elektronen Auch bei Streuung an gebundenen Elektronen ergeben sich die Polarisationsverhältnisse aus dem Dipolbild (Abb. 179). b) Spektrale Verteilung Man muß beachten, daß bei einer konstanten Elektronendichte keine Streuung möglich ist. Dadurch, daß sich im Streulicht Wellen mit allen möglichen Phasen überlagern, würde die resultierende Intensität Null sein. Gestreut wird also immer an Fluktuationen. Sind diese Fluktuationen inkohärent, so spiegelt sich in der spektralen Verteilung des Streulichtes die Verteilungsfunktion der Elektronen wieder, und man mißt über die Breite die Temperatur der Elektronen: ∆ω H ∼ T e Abb. 180: Linienprofil bei inkohärenter Streuung an freien Elektronen Die Gesamtintensität ist ein Maß für die Dichte der Elektronen ∫ ∞ I(λ)dλ ∼ n e Wenn die Fluktuationen der Elektronendichte durch Wellenphänomene im Elektronengas korreliert sind, spricht man von kohärenter Streuung. Das Spektrum spiegelt die charakteristischen Frequenzen der Fluktuationen wider. 106 Abb. 181: Linienprofil des Streulichtes bei kohärenter Streuung 4. Streuung an gebundenen Elektronen a) Dispersionstheorie Der Brechungsindex n kann in einer mikroskopischen Theorie über die Polarisierbarkeit der Atome und Moleküle des Mediums berechnet werden. n2 = εr = 1 + χ χ ist hierin die Suszeptibilität, d.h. die Polarisierbarkeit aller Teilchen in einem Volumen χ = Nα α ist die Polarisierbarkeit eines Atoms p = ex = αε 0 E p ist das Dipolment eines Atoms. Zur Berechnung von α gehen wir vom gedämpften harmonischen Oszillator aus. Die Bewegungsgleichung im Wellenfeld lautet: •• • e E e iω x +ω 20 x + γ x= m 0 ω 20 enthält die rücktreibende Kraft und γ die Dämpfung. Man löst wie bei der erzwungenen Schwingung mit dem Ansatz • •• x = x 0 e iωt , x= iωx, x= −ω 2 x −ω 2 + ω 2 + iγω x = e E 0 0 m 2 χ = Nα = εNem 2 1 2 0 −ω + ω + iγω 0 Der korrekte, aus der Quantenmechanik folgende Ausdruck unterscheidet sich hiervon dadurch, daß im Atom mehrere Frequenzen ω i vorliegen, über die man summieren muß. Der Beitrag jeder Teilschwingung zu χ wird durch die Oszillatorenstärke fij charakterisiert, wobei man von Übergängen zwischen den Niveaus i und j ausgeht. Nje2 χ= ε m 0 f ij Σ −ω 2 + ω 2 + iγω Aus n 2 = 1 + χ ergibt sich der komplexe Brechungsindex ∼ n = n r + in i Für den Fall kleiner Dämpfung kann man ni durch ein Lorentzprofil annähern 1 1 (ω = γ/2) n ∼ i 1 + 2∆ω γ 2 1 + ( ω∆ωH ) 2 H 107 nr − 1 ∼ ∆ω 1 + ( ω∆ωH ) 2 Abb. 182: Real- und Imaginärteil des Brechungsindex Der Imaginärteil spiegelt die Form einer Absorptionslinie wider, während der Realteil den üblichen Brechungsindex angibt. Man erkennt, daß im Bereich der Absorption dn < 0 ist und dadω mit anomale Dispersion vorliegt. Außerhalb ist dn > 0 und dort liegen die Gebiete normaler dω Dispersion. Z.B. liegen bei durchsichtigen Medien wie Glas Absorptionsstellen im Ultravioletten und Infraroten. Im Sichtbaren zeigt das Material daher normale Dispersion. b) Warum ist der Himmel blau? Die Streuung von Licht an gebundenen Elektronen nennt man Rayleigh-Streuung. Sauerstoffmoleküle haben Resonanzstellen im Ultravioletten. Da die Feldstärke des Strahlungsfeldes eines Dipols mit der Amplitude der Dipolschwingung geht und diese durch das Verhalten einer erzwungenen Schwingung bestimmt ist, gilt E0 E st = 2 1 + ( ω∆ωH ) Abb. 183: Streuung an Luftmolekülen ω H ist die Halbwertsbreite der Resonanz. I E0 ∆ω Für ω >> 1 wird E st = ,I= 0 4 2 H ∆ω ∆ω ( ωH ) ( ωH ) c , ist ∆λ = ∆ω und damit I ∼ 1 . Da λ = ω st ωH λ ∆λ 4 Bei Rayleighstreuung geht die Intensität mit der vierten Potenz der Wellenlänge. Daher wird blaues Licht viel stärker gestreut als rotes, und der Himmel scheint bei seitlicher Beleuchtung blau, bei Durchstrahlung rot. 5. Andere Streueffekte 108 Strahlt man genau mit einer Resonanzwellenlänge ein, erhält man Streulicht durch Resonanzfluoreszenz. Resonanzfluoreszenz eignet sich zum empfindlichen ortsaufgelösten Nachweis von Stoffen. Die Streuung an dem Gitter eines Kristalls, die wegen der kleinen Abstände Röntgenlicht erfordert, heißt Bragg-Streuung. Sie wird zur Untersuchung von Kristallen und zur spektralen Zerlegung von Röntgenlicht eingesetzt. Mie-Streuung findet an Teilchen statt, die deutlich größer als die Wellenlänge der Streustrahlung ist. Comptonstreuung ist Streuung an freien Elektronen im Festkörper mit Photonenenergien von der Größenordnung der Energie der Ruhemasse des Elektrons mc2. Bei Comptonstreuung wird Energie auf ein Elektron übertragen und die Frequenz der Strahlung erniedrigt. Der Comptoneffekt ist klassisch nicht erklärbar, aber quantenmechanisch quantitativ beschreibbar. 6. Äußerer Photoeffekt Durch energiereiche Strahlung können Elektronen aus einer Oberfläche ausgelöst werden. Im klassischen Bild wird die Energie der einfallenden Strahlung, die proportional zum Quadrat der Amplitude ist, verwendet, um die Austrittsarbeit Φ 0 zu überwinden. Der Rest wird in der kinetischen Energie der Elektronen gefunden, d.h. man erwartet Abb. 184: Elektronen werden durch Licht aus einer Metalloberfläche ausgelöst kE 20 = Φ 0 + 1 mv 2 2 Beobachtet wird hν = Φ 0 + 1 mv 2 2 Man deutet dies nach Einstein mit der Annahme, daß Licht aus Quanten der Energie hν besteht.