Abstracts 140 Jahre Endoskopie: Rück- und Ausblick Kiel 5. Juli 2008 Freiburg Osnabrück 12. April 2008 Samstag, 11. Oktober 2008 9.00 – 15.30 Uhr Essen 1. März 2008 Gießen 17. Mai 2008 Veranstaltungsort: Historisches Kaufhaus Freiburg Berlin 28. Juni 2008 Jena 27. September 2008 Bamberg 21. Juni 2008 Freiburg 11. Oktober 2008 Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. H. E. Blum, Freiburg Prof. Dr. M. Staritz, Villingen-Schwenningen Programm 9.00 Uhr Begrüßung Prof. Dr. H.E. Blum, Freiburg 9.05 Uhr 140 Jahre Endoskopie Prof. Dr. F. Kluge, Freiburg 1. Ösophagus – Magen Vorsitz: Prof. Dr. T. Sauerbruch, Bonn Prof. Dr. E. Walter, Donaueschingen 9.30 Uhr Färbeverfahren und Endomikroskopie Prof. Dr. M. Jung, Mainz 9.50 Uhr Endosonografie: Diagnostik und Therapie (ohne Abstract) Prof. Dr. T. Rösch, Berlin 10.10 Uhr Resektion oberflächlicher Neubildungen im Darmtrakt – aus Sicht der westlichen Welt Prof. Dr. H. Neuhaus, Düsseldorf 10.30 Uhr – 11.00 Uhr Kaffeepause 2. Biliopankreatisches System Vorsitz: Prof. Dr. J. Mössner, Leipzig Prof. Dr. H.P. Allgaier, Freiburg 11.00 Uhr Moderne Diagnostik: Cholangioskopie Dr. H. Schwacha, Freiburg 11.20 Uhr Intervention im biliopankreatischen System Prof. Dr. M. Staritz, Villingen-Schwenningen 11.40 Uhr Photodynamische Therapie (ohne Abstract) PD Dr. M.A. Ortner, Bern 1 3. Dünndarm Vorsitz: Prof. Dr. H.-J. Schulz, Berlin Prof. Dr. M. Langer, Freiburg 12.00 Uhr Kapselendoskopie (ohne Abstract) Prof. Dr. F. Hagenmüller, Hamburg 12.20 Uhr Enteroskopie Prof. Dr. C. Ell, Wiesbaden 12.40 Uhr MRT-Dünndarmdiagnostik Prof. Dr. A.O. Schäfer, Freiburg 13.00 Uhr – 14.00 Uhr Mittagspause mit Imbiss 4. Kolon Vorsitz: Prof. Dr. P. Frühmorgen, Ludwigsburg Prof. Dr. A. Ochs, Freiburg 14.00 Uhr Standard und Perspektiven Dr. D. Hartmann, Ludwigshafen 14.20 Uhr Virtuelle Endoskopie Prof. Dr. H.-J. Brambs, Ulm 14.40 Uhr Therapeutische Endoskopie – Was ist im Kolon möglich PD Dr. G.F. Kähler, Mannheim 15.00 Uhr STATE-OF-THE-ART-LECTURE Endoskopie – Rückblick und Ausblick Prof. Dr. M. Classen, München 15.30 Uhr Zusammenfassung Prof. Dr. M. Staritz, Villingen-Schwenningen Anschriften der Referenten und Vorsitzenden siehe Seiten 33–34 2 140 Jahre Endoskopie F. Kluge Freiburg Mein Vortrag ist dem Andenken von Herbert Falk (1924–2008) gewidmet. I. Geschichte der weltweit ersten Ösophago- und Gastroskopien in Freiburg 1868 Am 21. Juli 1868 hielt Kußmaul in der „Naturforschenden Gesellschaft in Freiburg“ einen Vortrag mit dem Titel „Über Magenspiegelung“. Eine Original-Tuschzeichnung der Ösophagusschleimhaut und die Endoskopieröhren (47 cm lang) existieren heute noch. Kußmaul und besonders sein Assistent Julius Müller führten viele Endoskopien durch und konstruierten erste Sonden, um z. B. Fremdkörper aus dem Ösophagus zu extrahieren. Eine zentrale Rolle für die praktische Erarbeitung der Gastroskopie spielten die Schaustellungen eines Schwertfressers oder Schwertschluckers im Freiburger Gasthaus „Wolfshöhle“. II. Weitere Entwicklungen der Endoskopie 1. Johann Mikulicz-Radecki (1850–1905) konnte mit einem starren Gastroskop mit einer Platinlampe als Erster am lebenden Patienten ein Magenkarzinom diagnostizieren und operieren (1883). 2. Rudolf Schindler (1888–1968) entwickelte sein halbflexibles Gastroskop, Standardinstrument für viele Jahre. Nach 400 selbst durchgeführten Gastroskopien legte er 1922 das erste „Lehrbuch und Atlas der Gastroskopie“ vor. In der Emigration gründete er in den USA die „American Society of Gastrointestinal Endoscopy“. 3. Basil Hirschowitz (*1925) gelang der Durchbruch mit dem Glasfiberendoskop (GIF), 1961 schrieb er im „Lancet“: „Das konventionelle Gastroskop ist in allen Punkten obsolet geworden.“ Kußmaul schuf mit seiner für Jahrzehnte wegweisenden „Magenarbeit“ den Kristallisationspunkt für das Fach Gastroenterologie. 3 III. Kußmauls Leben 1822 in Graben bei Karlsruhe geboren, 1902 in Heidelberg gestorben. 1850–1853 Landarzt in Kandern. 1863–1876 Professor für Innere Medizin in Freiburg. 1899 erschienen seine berühmten „Jugenderinnerungen eines alten Arztes“. Als Arzt wollte er die Erfahrung gewiss, die Wissenschaft genau und die Kunst sicher machen. Seine Klinik sah er in erster Linie als Krankenanstalt, in zweiter Linie als Lehranstalt und erst zuletzt als wissenschaftliche Institution an. IV. Kußmauls Prägungen – für heute 1. Unvoreingenommener Blick 2. Kritikfähigkeit als Mutter vorbildlichen Verhaltens 3. In der Wissenschaft gibt es keinen Autoritätsglauben Kußmauls ärztliches Bekenntnis, an seinem 80. Geburtstag formuliert, ist für jeden von uns Ärzten heute eine gültige Maxime: Klar denken, warm fühlen, ruhig handeln Literatur: Adolf Kussmaul, Über die Behandlung der Magenerweiterung durch eine neue Methode, mittelst der Magenpumpe. Deutsches Archiv für Klinische Medizin, 1869, Band 6, S. 455–500. Adolf Kußmaul, Jugenderinnerungen eines alten Arztes. Stuttgart, Bonz und Comp., 1899, 490 Seiten, viele Auflagen. Friedrich Kluge, Adolf Kußmaul 1822–1902, Arzt und Forscher – Lehrer der Heilkunst. Rombach-Verlag Freiburg 2002, 554 Seiten, über 100 Abbildungen. 4 Färbeverfahren und Endomikroskopie M. Jung Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie, St. Hildegardis-Krankenhaus, Mainz Die Weiterentwicklung des endoskopischen Bildes wird derzeit durch eine verbesserte Grundtechnologie (HDTV) und zusätzliche Bildmodulationen bestimmt. Die vertikale und horizontale Auflösung des digitalen Bildes ist doppelt so hoch wie bei Endoskopen der vorangegangenen Generation. Zusätzlich wird die Anzahl der Bildpunkte von 400.000 auf über 2 Millionen gesteigert. Unter den neuen Technologien bestimmen Modulationen der Bildeindringtiefe mit speziellen Filtern oder computermodulierte Farbgebung sowie die Endomikroskopie das derzeitige Spektrum. NBI (Narrow-Band-Imaging) hebt das kurzwellige Licht (blau-grün) hervor und blendet langwelliges Licht (rot-gelb) nahezu aus. Damit wird die Oberfläche der intestinalen Schleimhaut stärker hervorgehoben und insbesondere die Gefäßstruktur deutlicher dargestellt. Die Umschaltung vom nativen Bild auf diese Technik erfolgt am Endoskop durch einfachen Knopfdruck. NBI wird als Weiterentwicklung der konventionellen Chromoendoskopie angesehen. Die derzeitigen Daten weisen allerdings aus, dass die Sensitivität für Frühneoplasien im proximalen Verdauungstrakt (Barrett-Ösophagus) und im unteren Intestinum (Colitis ulcerosa) hinter den Erwartungen zurückbleibt. Bislang hat sich kein diagnostischer Vorteil der NBI-Technik gegenüber der konventionellen Vitalfärbung (Indigokarmin) gezeigt. Offen bleibt dagegen die Frage, ob die verbesserte Gefäßdarstellung als Tumorfrüherkennungszeichen herangezogen werden kann. Gefäße verändern sich in Tumorbereichen relativ rasch und könnten so als diagnostisches Kriterium dienen. Bislang existieren noch keine verlässlichen Studien, die Irregularitäten von Gefäßen als zusätzlichen Tumormarker ansehen. Prospektive Studien haben bislang nur einen diagnostischen Vorteil gegenüber konventioneller Endoskopie, nicht aber gegenüber der Chromoendoskopie gezeigt. 5 Weiterentwicklungen der bildgebenden Technik mit MBI (Multi-Band-Imaging), FICE (Fuji-Intelligent-Color-Enhancement) oder Optimal-Band-Imaging sind noch nicht ausreichend untersucht. Sie zeigen in bisherigen Studien vergleichbare Ergebnisse zur Chromoendoskopie. Der Vorteil dieser neuen farbmodulierten Bildtechnologien scheint eher in der Einfachheit der Darstellung (Umschalten am Endoskop) zu liegen, die das etwas zeitaufwendige Farbaufsprühen auf die Schleimhaut erspart. Endomikroskopie wird durch Endoskope realisiert, die eine Eindringtiefe durch die Schleimhaut bis zu 250 µm und eine laterale Auflösung < 1 µm ermöglichen. Dabei kann nach Kontrastmittelmarkierung mit Fluoreszin die Mukosa in Schwarz-WeißTechnik komplett durchscannt werden. Das histologische Ergebnis (Neoplasie, starke Entzündung) wird mit hoher Präzision vorausgesagt. Die diagnostische Genauigkeit beträgt – allerdings unizentrisch publiziert – bis zu 99% für Barrettassoziierte Neoplasien und kolorektale Tumoren. In der Diagnostik von gastrointestinalen Tumoren am Ösophagus wie am Magen ist der Fortschritt der Bildgebung durch das HDTV-Bild bestimmt. NBI und bildmodulatorische Verfahren zeigen gegenüber der herkömmlichen Chromoendoskopie vergleichbare diagnostische Schärfe. Konfokale Lasermikroskopie bleibt noch ein Ausnahmeverfahren. Es könnte für spezielle klinische Fragestellungen (Tumorzellmarkierung) Bedeutung erlangen, wird aber für die Routineendoskopie noch zurückhaltend beurteilt. Die aktuellen Verbesserungen des endoskopischen Bildes geben eine neue und detailreichere Einsicht auf die Mukosa des Verdauungstrakts. Die charakteristischen Frühveränderungen sind in Tumorklassifikationen beschrieben. Unerlässlich ist daher die Kenntnis der Paris-Klassifikation für Frühneoplasien am Verdauungstrakt. Für Neoplasien des Kolorektums kann zusätzlich die Pit-pattern-Klassifikation empfohlen werden. Literatur: Canto MI, Kalloo A. Chromoendoscopy for Barrett’s esophagus in the twenty-first century: to stain or not to stain? Gastrointest Endosc. 2006; 64: 200–5. 6 Jung M. Die Paris-Klassifikation – eine systematische Einteilung gastrointestinaler Frühneoplasien nach dem makroskopischen Erscheinungsbild. Endoskopie heute. 2007; 20: 2–8. Kara MA, Peters FP, Rosmolen WD, et al. High-resolution endoscopy plus chromoendoscopy or narrow-band imaging in Barrett’s esophagus: a prospective randomized crossover study. Endoscopy. 2005; 37: 929–36. Kiesslich R, Neurath MF. Endomicroscopy is born – do we still need the pathologist? Gastrointest Endosc. 2007; 66: 150–3. Pohl J, May A, Rabenstein T, Pech O, et al. Comparison of computed virtual chromoendoscopy and conventional chromoendoscopy with acetic acid for detection of neoplasia in Barrett’s esophagus. Endoscopy. 2007; 39: 594–8. Rey JF. Toward an endoscopic approach to assessment of pathology. Gastrointest Endosc. 2008; 67: 217–8. 7 Resektion oberflächlicher Neubildungen im Darmtrakt – aus Sicht der westlichen Welt H. Neuhaus Evangelisches Krankenhaus, Düsseldorf In der Lokalbehandlung des auf die Schleimhaut beschränkten Ösophagus- und Magenkarzinoms, der hochgradigen intraepithelialen Neoplasie bei Barrett- Ösophagus, Adenomen der Ampulla Vateri und flachen sowie kraterförmigen kolorektalen Adenomen hat sich die endoskopische Mukosaresektion (EMR) auf breiter Front durchgesetzt. Eine Vielzahl nicht kontrollierter klinischer Studien belegt, dass die unterschiedlichen Formen der EMR bei diesen Indikationen machbar und sicher sind. Bei Läsionen des oberen Gastrointestinaltrakts kommen in den westlichen Ländern zumeist die EMR-Kappe sowie das Ligieren mit anschließendem Durchtrennen zum Einsatz, wobei die klinischen Ergebnisse vergleichbar zu sein scheinen (1, 2). Die Wahl des Verfahrens hängt vom Ausmaß des Zielareals und der jeweiligen Erfahrung vor Ort ab. Mit der EMR lassen sich ausgedehnte Biopsien für die Diagnostik und das lokale Tumorstaging entnehmen. Für die meisten Patienten mit herdförmigen Läsionen kann eine vollständige lokale Remission erreicht werden. Bei Neubildungen im Frühstadium hat die EMR durchaus einen kurativen Ansatz, sofern im Resektat histologisch keine Tumorinfiltration in die Submukosa nachgewiesen werden kann. Das Risiko einer Lymphknotenmetastasierung ist bei Karzinomen der Mukosa sehr gering, steigt aber im Falle einer Beteiligung der Submukosa je nach Infiltrationstiefe und anatomischer Lokalisation an. In ausgewählten Fällen kann die EMR mit lokalen Ablationsverfahren wie der photodynamischen Therapie, Argonplasmakoagulation oder RF-Ablation kombiniert werden, um neoplastisches Restgewebe entlang der lateralen Resektionsränder oder metachrone Läsionen zu zerstören. In Anbetracht der Tatsache, dass die Behandlungsareale keinesfalls histologisch aufgearbeitet werden können, sollten ablative Verfahren nur begrenzt zum Einsatz kommen. Zur Früherkennung von Residuen, Rezidiven und metachronen Neubildungen sind Kontrollendoskopien zwingend erforderlich. Die Häufigkeit dieser Untersuchungen hängt von der anatomischen Lokalisation, Art der Neubildung und Vollständigkeit der Resektion ab. 8 Die überwiegende Mehrzahl der klinischen Studien, insbesondere des oberen Gastrointestinaltrakts, wurde in Japan durchgeführt. In den Ländern der westlichen Welt gibt es nur begrenzte Erfahrung mit diesem Verfahren, was durch Unterschiede in der Inzidenz der Neoplasien, ihrer Erfassungsraten wie auch der EMR-Optionen und durch die unterschiedliche Akzeptanz einer lokalen Behandlung als kurativer Ansatz bei Malignomen erklärt werden könnte. In Europa und Nordamerika nimmt die Zahl potenzieller EMR-Patienten zu, da das endoskopische Screening und der Einsatz hochauflösender Endoskope sowie moderner bildgebender Zusatzverfahren für den Nachweis neoplastischer Frühformen eine zunehmende Verbreitung findet. Diese Entwicklung ist insbesondere für Patienten mit Barrett-Ösophagus von Bedeutung, ein Krankheitsbild, das es in Japan kaum gibt, welches aber in den westlichen Ländern etwa 1% der Bevölkerung betrifft und mit einer Inzidenz von 0,1–0,5% pro Jahr für das Ösophaguskarzinom einhergeht. Schleimhautläsionen können mit unterschiedlichen EMR-Verfahren wirksam und mit einem sehr geringen Morbiditätsrisiko reseziert werden (1, 2). Sämtliche Verfahren sind durch das Resektionsausmaß limitiert, und große Tumoren müssen in mehreren Teilen abgetragen werden. Des Weiteren kann der Endoskopiker das Zielareal nicht präzise kontrollieren, was selbst bei kleinen Läsionen zu einer unvollständigen Abtragung bzw. zu einer unnötigen Resektion nicht befallener Schleimhaut führen könnte. Diese Einschränkungen könnten möglicherweise durch die endoskopische Submukosadissektion (ESD) überwunden werden, da dieses Verfahren die präzise Isolierung der vorgesehenen Schleimhautareale sowie die anschließende en-blocResektion ermöglicht (2). Das Verfahren wurde ursprünglich für die Abtragung ausgedehnter Neoplasien im Magen entwickelt (3). Neuere retrospektive Vergleichsuntersuchungen haben nachgewiesen, dass bei Magenläsionen im Frühstadium die ESD höhere en-bloc- und kurative Resektionsraten als die EMR aufweist (4, 5). Diese Überlegenheit könnte die niedrigeren Resttumor- und Rezidivraten erklären. Allerdings ist die ESD zeitaufwendiger als die EMR und geht auch mit einer höheren Komplikationsrate einher, beispielsweise Perforationen und Blutungen. Die Erfahrung des Endoskopikers wirkt sich auf das Ergebnis der ESD aus (6). Wegen der geringen Früherkennungsrate des Magenskarzinoms lässt sich in den Ländern der westlichen Welt die flache Lernkurve nur schwer überwinden. Bisher wurden nur Machbarkeitsstudien mit geringer Fallzahl veröffentlicht (7, 8). Wegen der hohen Inzidenz und der zunehmenden Anzahl erfasster Fälle könnte die ESD in der westlichen Welt bei der Resektion neoplastischer Frühstadien im Barrett-Ösophagus häufiger zum 9 Einsatz kommen. Neuere klinische Studien aus Japan haben nachgewiesen, dass das Plattenepithelfrühkarzinom des Ösophagus und auch das oberflächliche Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs mit der ESD sicher abgetragen werden kann (9, 10). Für die ESD sind mehrere technische Varianten und verschiedene Klingen vorgestellt worden, deren Ziel es ist, die Grenzen dieses anspruchsvollen Verfahrens zu sprengen. Ein Vergleich der Ergebnisse ist schwierig, da die Studien nicht randomisiert und zumeist retrospektiver Natur waren. Außerdem lässt sich aus ihnen auch nicht ableiten, welche Auswirkung die Erfahrung der spezialisierten Endoskopiker hatte. Im Vergleich zur EMR dauert die ESD signifikant länger. Neuere klinische Daten belegen, dass für die sichere und effiziente Durchführung des Verfahrens eine Erfahrung von 40 Fällen erforderlich ist, wobei sich die Verfahrensdauer mit zunehmend durchlaufener Lernkurve signifikant verkürzt (6). Doch selbst mit zunehmender Erfahrung ist die ESD zeitaufwendiger als die EMR, was in Anbetracht ihrer besseren Effizienz aber akzeptiert werden kann. Neue Varianten wie das Wasserstrahlsystem und der Einsatz von Hybridklingen sollte die ESD-Dauer verkürzen und ihre Sicherheit sowie Wirksamkeit steigern, da durch den Einsatz ein und desselben Instruments Zeit zwischen dem Anheben und Schneiden des Gewebes gespart wird (11, 12). Weitere sorgfältig konzipierte prospektive Studien mit obligater endoskopischer Nachkontrolle sind erforderlich, um die Resektion gut abgrenzbarer Neubildungen mittels EMR und ESD mit anderen nicht-operativen Verfahren sowie größeren chirurgischen Eingriffen vergleichen zu können. Japanische Zentren sollten mit spezialisierten Zentren in Ländern der westlichen Welt zusammenarbeiten, um Erfahrung und klinische Daten auszutauschen, Unterschiede im biologischen Verhalten neoplastischer Frühformen zu beurteilen, und um die optimalen Auswahlkriterien und das klinische Ergebnis der endoskopischen Lokalbehandlung von gastrointestinalen Neubildungen im Frühstadium zu vergleichen. Literatur: 1. 10 Larghi A, Waxman I. State of the art on endoscopic mucosal resection and endoscopic submucosal dissection. Gastrointest Endosc Clin N Am. 2007; 17: 441–69. 2. Soetikno R, Kaltenbach T, Yeh R, Gotoda T. Endoscopic mucosal resection for early cancers of the upper gastrointestinal tract. J Clin Oncol. 2005; 23: 4490–8. 3. Ono H, Kondo H, Gotoda T et al. Endoscopic mucosal resection for treatment of early gastric cancer. Gut. 2001; 48: 225–9. 4. Oka S, Tanaka S, Kaneko I, et al. Advantage of endoscopic submucosal dissection compared with EMR for early gastric cancer. Gastrointest Endosc. 2006; 64: 884–5. 5. Oda I, Saito D, Tada M, et al. A multicenter retrospective study of endoscopic resection for early gastric cancer. Gastric Cancer. 2006; 9: 262–70. 6. Rösch T, Sarbia M, Schumacher B et al. Attempted endoscopic en bloc resection of mucosal and submucosal tumors using insulated-tip knives: a pilot series. Endoscopy. 2004; 36: 788–801. 7. Neuhaus H, Costamagna G, Devière J et al. Endoscopic submucosal dissection (ESD) of early neoplastic gastric lesions using a new double channel endoscope (the “R-scope”). Endoscopy. 2006; 38: 1016–23. 8. Fujishiro M, Yahagi N, Kakushima N, et al. Endoscopic submucosal dissection of esophageal squamous cell neoplasms. Clin Gastroenterol Hepatol. 2006; 4: 688–94. 9. Yoshinaga S, Gotoda T, Kusano C, et al. Clinical impact of endoscopic Submucosal dissection for superficial adenocarcinoma located at the esophagogastric junction. Gastrointest Endosc. 2008; 67: 202–9. 10. Kähler GFBA, Sold MS, Post S, et al. Selective Tissue Elevation by Pressure Injection (STEP) Facilitates Endoscopic Mucosal Resection (EMR). Surg Technol Int. 2007; 16: 107–12. 11. Schumacher B, Neuhaus H, Enderle MD. Experimental use of new device for mucosectomy. Acta Endosc. 2007; 5: 673–8. Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Horst Neuhaus Innere Medizin Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf Kirchfeldstr. 40 40217 Düsseldorf Tel.: 02 11/9 19-16 05 Fax: 02 11/9 19-39 60 E-Mail: [email protected] 11 Moderne Diagnostik: Cholangioskopie H. Schwacha Abteilung für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Freiburg Die Cholangioskopie wird mit ultradünnen Endoskopen durchgeführt und ermöglicht die endoskopische Inspektion der Gallenwege. Die Cholangioskopie wurde zuerst als ergänzende diagnostische Maßnahme bei der intraoperativen Gallenwegsexploration eingesetzt. Später kam sie auch postoperativ bei der T-Drain-Trakt-Inspektion z. B. zum Nachweis verbliebener Steine zum Einsatz. Einen bedeutenden Wert hat die Cholangioskopie in der perkutan-transhepatischen Diagnostik und in der endoskopisch-retrograden Diagnostik von Erkrankungen der Gallenwege. Instrumente Für die perorale Cholangioskopie werden wiederverwendbare oder Instrumente mit Einmalkomponenten verwendet. Die peroralen Cholangioskope lassen sich heute in der Regel durch die Arbeitskanäle der therapeutischen Endoskope einbringen, sodass auf die früher verwendeten Mother-Babyskope mit besonders großem Arbeitskanal, aber auch großem Außendurchmesser, verzichtet werden kann. Die perorale Cholangioskopie wird in der Regel mit 2 Ärzten durchgeführt, kann mit neueren Endoskopen aber auch „aus einer Hand“ erfolgen. Die perkutan-transhepatische Cholangioskopie erfolgt mit 4–6 mm starken Endoskopen und Arbeitskanälen von 2–2,6 mm, sodass weitere Instrumente (Zangen, Körbe, EHL-Sonden u. a.) in das Endoskop eingeführt werden können. Videoendoskope für den perkutan-transhepatischen Einsatz sind verfügbar. Indikationen Die Cholangioskopie – peroral oder perkutan-transhepatisch – wird am häufigsten eingesetzt zur Differenzierung unklarer Befunde, z. B. Charakterisierung und histologische Sicherung von Strikturen, Bestimmung der Ausdehnung von Cholangiokarzinomen und zur Behandlung Choledochus- oder Hepatikussteinen. 12 von endoskopisch nicht extrahierbaren Ergebnisse Eine komplette Beseitigung von intrahepatischen Steinen auf peroralem Wege mittels intraduktaler Lithotripsie wird in 88–100% erreicht. Grenzen der peroralen Technik sind operativ bedingte Hindernisse, intrahepatische Angulationen oder impaktierte Steine, die ein perkutan-transhepatisches oder operatives Vorgehen erfordern. Der perkutane Einsatz der Cholangioskopie zur Behandlung von intrahepatischen Steinen erreicht eine Steinfreiheit in 80–85% der Patienten. In der Abklärung maligner biliärer Veränderungen spielt die Biopsie eine wesentliche Rolle. Diese werden aus Tumorgefäßen, knotigen oder flächenhaften Veränderungen, sowohl papillären als auch villösen Veränderungen entnommen. Die Sensitivität für die Detektion eines Cholangiokarzinoms ist bei polypoiden Veränderungen 100%, bei Strikturen 95%. Vergleichende Studien Die EHL-gestützte perorale Behandlung von endoskopisch nicht extrahierbaren Gallensteinen verglichen mit ESWL ergab eine Steinfreiheit von 74% vs. 79%. Zur Bestimmung der Tumorausdehnung von biliären Tumoren ist die Cholangioskopie der Cholangiografie überlegen. Die MRCP ist in der Diagnostik stenosierender Cholangiokarzinome der perkutanen Cholangioskopie vergleichbar (95%), bei diffus-sklerosierenden und polypoiden Tumorformen unterlegen (75%, 77%). Die Differenzierung von PSC-Stenosen gelingt mit der Cholangioskopie besser als mit der Cholangiografie. Grenzen Die Grenzen der Technik liegen in der Empfindlichkeit der Endoskope, der längeren Untersuchungszeit im Vergleich zur ERCP oder MRCP, ausreichender Erfahrung und in zusätzlichem Personal. Die perorale Cholangioskopie ist zusätzlich begrenzt durch den schmalen Außendurchmesser und daraus resultierende sehr schmale Arbeitskanäle. Die perkutan-transhepatische Cholangioskopie setzt einen über mehrere PTC-Eingriffe etablierten und stabilen bilio-kutanen Trakt voraus. Komplikationen der Cholangioskopie sind die Cholangitis, Hämobilie und das biliäre Leck (selten). Bei Verwendung von intraduktaler Lithotripsie mittels EHL oder Laser sind Gangläsionen möglich. 13 Intervention am biliopankreatischen System M. Staritz Schwarzwald-Baar Klinikum, Villingen-Schwenningen Die meisten und insbesondere die häufig benutzten Interventionen im oder am biliopankreatischen System sind als etabliert zu betrachten, werden aber doch weiterhin fast ausschließlich an Zentren durchgeführt. Zum Teil sind diese Verfahren mit diskussionswürdigen Komplikationen behaftet, z. T. gelten sie als belastend. Viele der damit behandelten Erkrankungen sind maligner Natur und befallen mit besonderer Häufung Menschen im fortgeschrittenen Lebensjahrzehnt. Im Vortrag gilt es zu klären, ob diese Verfahren mit guter Begründung auch im fortgeschrittenen Lebensjahrzehnt gewissermaßen in der Geriatrischen Gastroenterologie von hohem Nutzen sind und großzügige Anwendung erfahren können. Ein weiteres Anliegen des Vortrags besteht darin, Behandlungsverfahren, die erst in letzter Zeit besprochen wurden, kritisch darzustellen. Schlagworte wie EUS-geführte Hepatikogastrostomie, transgastrale Nekrosektomie bei nekrotisierender Pankreatitis, aber auch die Papillektomie bei Tumor der Papilla Vateri sind Verfahren, die bei begründeter Indikation kritisch evaluiert werden sollten. Bei der Besprechung dieser zum Teil sehr invasiven Endoskopie des Gastroenterologen sollte am Ende auch ein Blick in die Zukunft nicht fehlen und die Brücke zum Fachbereich der Abdominal- und Viszeralchirurgie geschlagen werden. NOTES heißt das Schlagwort, über dessen Inhalt und erste eigene Erfahrungen zu berichten ist. 14 Enteroskopie C. Ell Klinik für Innere Medizin II, HSK – Dr. Horst-Schmidt-Kliniken, Wiesbaden Die Dünndarmendoskopie hat sich in den letzten 10 Jahren revolutionär entwickelt. Bestand bis Ende des letzten Jahrhunderts lediglich die Möglichkeit einer PushEnteroskopie (PE), so kamen 2001 die Kapselendoskopie und 2003 die Push-andPull-Enteroskopie (PPE) im Doppelballonverfahren hinzu. Derzeit klopfen die PPE in Singleballontechnik und die Spiralenteroskopie ebenfalls am Tor zum Dünndarm an. Infolge der neuen Technologien, die eine komplette Inspektion des 4–6 cm langen Dünndarms ermöglichen, hat sich auch die Nomenklatur geändert. Neben der oberen und unteren gastrointestinalen Blutung hat sich der Begriff der mittleren gastrointestinalen Blutung (Ell und May; Endoscopy 2006) entwickelt. Darunter versteht man die Blutungsquellen, die durch die Gastroskopie und Koloskopie nicht eingesehen werden können, also im mittleren Gastrointestinaltrakt liegen. Mit der PPE in Doppelballontechnik kann bis zu 80% eine komplette Enteroskopie erreicht werden. Ob dies in ähnlicher Weise mit der PPE in Singleballontechnik oder mit der Spiralenteroskopie erreicht werden kann, bleibt abzuwarten. Die neuen Enteroskopieverfahren haben nicht nur die intraoperative Enteroskopie zurückgedrängt, sondern auch die nuklearmedizinischen Verfahren komplett ersetzt. Ebenso ist die konventionelle Röntgendünndarmdiagnostik entweder durch die endoskopischen Verfahren oder durch die MR-Enteroklyse bzw. CT-Angiografie zu ersetzen. 15 MRT-Dünndarmdiagnostik A.-O. Schäfer Röntgendiagnostik, Universitätsklinikum Freiburg Aufgrund ihrer exzellenten Weichteilauflösung und der permanenten technischen Verbesserungen ist die MRT heute in der Lage, Darmwandpathologien im Gefolge des Morbus Crohn sicher zu identifizieren und hat gegenüber anderen Verfahren den Vorteil, im Rahmen des gleichen Untersuchungsgangs extraluminale Komplikationen der Erkrankung, wie Fisteln und Abszesse, zu erkennen. Ferner werden Begleitphänomene wie die primär sklerosierende Cholangitis oder die Enteropathieassoziierte Spondylarthropathie ebenfalls sichtbar gemacht. Die MRT ist aufgrund des Fehlens ionisierender Strahlung auch insbesondere dazu geeignet bei der zumeist jungen Patientenpopulation den Verlauf der Erkrankung unter Therapie oder in der Therapiepause zu dokumentieren. Bei der MR-Diagnostik des M. Crohn kommen im Wesentlichen 2 unterschiedliche Untersuchungsstrategien zum Einsatz: 1. Das MR-Enteroklysma („MR-Sellink“) verfolgt den herkömmlichen, aus der konventionellen Diagnostik bekannten Weg der Applikation einer nasojejunalen Sonde. Durch die kontrollierte Gabe eines Distensionsmediums über eine Pumpe ist eine optimale Aufweitung aller Darmsegmente erzielbar mit dem Ergebnis, dass unter optimalen Bedingungen selbst frühe entzündliche Wandveränderungen nachgewiesen werden können. 2. Die komplett nicht-invasive Hydro-MRT wird von mehreren Arbeitsgruppen für Crohn-Patienten im Rahmen des Follow-up empfohlen und ist auch an unserer Klinik fester Bestandteil der klinischen Routine. Hierbei wird von den Patienten über einen definierten Zeitraum eine bestimmte Menge Distensionsmedium getrunken und danach ein entsprechendes Untersuchungsprotokoll durchgeführt. Die Frage ist, ob die Hydro-MRT nicht noch rascher als bisher durchgeführt werden kann mit der Absicht, den Patientenkomfort im Vergleich zur aktuellen Situation noch zu steigern. Dieser Frage sind wir nachgegangen und setzen für die Hydro-MRT eine neue Technik ein, wobei Teile der Untersuchung bei kontinuierlich bewegtem Patiententisch stattfinden, was die effektive Untersuchungszeit und wichtiger die Anzahl der vom Patienten geforderten Atemanhalteperioden deutlich reduziert. Die Moving-table MRT als innovatives Konzept in der Dünndarmdiagnostik bei M. Crohn 16 wurde von uns eingeführt, wobei erste Auswertungen laufender Studien vielversprechende Ergebnisse zeigen. Die Datenlage weist auf die hohe diagnostische Wertigkeit der MR-Sellink-Methode im Vergleich zum konventionellen Enteroklysma hin. Die starke Dünndarmdistension kann aber auch Veränderungen in Angrenzung an die Darmwand maskieren, wie kleine Schlingenabszesse oder feine Fisteln. Demgegenüber ist die Dünndarmdistension deutlich inkonstanter als optimal zu bezeichnen, sollte die Hydro-MRTTechnik eingesetzt werden. Bei zu rascher Magenfüllung kann eine Atonie den Weitertransport des Distensionsmediums verhindern. Der Stenosegrad veränderter Darmabschnitte kann nicht sicher beurteilt werden. Die Methode ist aber konzeptionell sehr robust und einfach anzuwenden und enthüllt in vielen Fällen auch eine Dickdarmbeteiligung, obwohl dafür keine spezielle Patientenvorbereitung erfolgt. Die entzündliche Aktivität des M. Crohn wird von verschiedenen Autoren an unterschiedlichen MR-Bildparametern evaluiert. Einerseits soll die Ödematisierung der Darmwand befallener Segmente in der T2-Gewichtung, andererseits die deutlich gesteigerte, einem speziellen Muster folgende Kontrastmittelaufnahme in die befallene Darmwand mit einer hohen entzündlichen Aktivität vergesellschaftet sein. Beide Parameter können helfen, entzündliche Aktivität von Fibrose zu differenzieren. Dies hat insofern therapeutische Konsequenz, als dass bei Nachweis einer floriden Entzündung eine aggressive medikamentöse Behandlung zur Besserung der Symptomatik einer chirurgischen Intervention der Vorzug gegeben wird, anders als bei der fixierten, relevanten, narbigen Stenose. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass im Management von Patienten mit M. Crohn die Dünndarmdiagnostik mittels MRT, ob als MR-Sellink oder als Hydro-MRT, einen hohen Stellenwert besitzt und traditionelle Untersuchungsverfahren in vielen Zentren bereits vollständig abgelöst hat. 17 Kolon – Standard und Perspektiven D. Hartmann Medizinische Klinik C, Klinikum Ludwigshafen Die Koloskopie ist heute die Methode der Wahl zur Diagnostik und endoskopischen Therapie von Erkrankungen des Kolons. Zu den Standards gehören die Verwendung von hochauflösenden Videoendoskopen, sowie eine optimale Vorbereitung des Patienten, um auch kleine Läsionen detektieren zu können. Die Koloskopie ist das zuverlässigste Verfahren zur Detektion kolorektaler Karzinome und Polypen, wenn sie mit hoher Qualität durchgeführt wird. Wichtige Qualitätsmerkmale beinhalten die Spiegelung bis zum Zoekum, sowie die sorgfältige Inspektion der Darmschleimhaut beim Rückzug. Studien haben gezeigt, dass die Polypendetektionsrate mit der Rückzugszeit nach Erreichen des Zoekums korreliert. Die Rückzugszeit sollte mindestens 6 Minuten betragen. Weitere Qualitätsmerkmale sind die primäre Erkennung von Polypen bei 20–50% (polyp detection rate), sowie übersehene Polypen bei weniger als 10% der Untersuchten (polyp miss rate). Bei Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) kann eine höhere Detektionsrate neoplastischer Läsionen durch die Chemoendoskopie mit Methylenblau oder Indigokarmin erreicht werden. In Studien an Patienten ohne CED fanden sich ebenfalls höhere Raten vorwiegend kleiner Adenome. Es ist jedoch bisher nicht geklärt, ob die Erkennung höherer Raten vorwiegend kleiner Veränderungen dem Patienten nutzen und den erhöhten Zeitaufwand rechtfertigen. Verfahren wie das Narrow-Band-Imaging (NBI) oder Fuji-Intelligent-Chromoendoscopy (FICE) stellen weitere Methoden zur Abgrenzung neoplastischer Läsionen dar. In unkontrollierten Studien war das NBI hilfreich in der Detektion flacher Adenome, der Detektion intraepithelialer Neoplasien bei Colitis ulcerosa, sowie der Dignitätsbeurteilung. Weitere Punkte der Qualitätssicherung sind ein optimiertes Polypenmanagement und vor allem die strukturierte Ausbildung junger Kollegen. Die Technik der Koloskopie sollte heute nicht mehr am Patienten, sondern zunächst in standardisierten Trainingskursen erlernt werden. Trotz aller Vorteile der Koloskopie ist die Akzeptanz der Vorsorgekoloskopie weiterhin zu gering. Ursache ist neben der mangelnden Aufklärung die Angst vor der Untersuchung. Ziel neuer, sogenannter „sanfter“ Methoden ist, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Zu diesen neuen Methoden gehören neu entwickelte 18 computerassistierte Endoskope, wie das NeoGuide-System. Es besteht aus einem computergesteuerten, teilweise automatisierten Koloskop mit 64 steuerbaren Segmenten und Infrarotsonden, die Schleifenbildung, Schmerzen und Komplikationen vermeiden helfen. Weitere vielversprechende Techniken sind: das CathCamSystem, ein Koloskop mit Führungsdraht, das ColonoSight-System mit neuartiger Einmalschutzhülle, die das Sightline-ColoneSight-Koloskop schützt und sich mit nach vorne schiebt, sowie das Invendo-Koloskopie-System, ein komplettes hydraulisches Einmalsystem. Eine weitere Innovation ist das Aero-O-Scope, ein sich aus eigener Kraft antreibendes und steuerndes Koloskopiesystem, dass sich dank CO2-Insufflation vorwärts bewegt und eine 360° Rundumsicht ermöglicht. Die vielversprechendste Methode zur nicht-invasiven Dickdarmuntersuchung stellt die Kolonkapsel dar. Dieses auf der Basis der Dünndarmkapsel weiterentwickelte System hat 2 Kameraköpfe und eine Batterieleistung bis zu 10 Stunden. Nach Erreichen des Dünndarms schaltet sich die Kapsel automatisch ab und beginnt die Aufzeichnung nach Erreichen des Kolons. Auch die virtuelle Koloskopie ist weiterentwickelt worden und scheint in der Vorsorge eine Alternative zur konventionellen Koloskopie darzustellen. Die CT-Koloskopie erreicht eine Sensitivität von 89% (Polypen 6–9 mm) und 94% (Polypen ≥ 10 mm) beziehungsweise eine Spezifität von 80% (Polypen 6–9 mm) und 96% (Polypen ≥ 10 mm). Eine Pilotstudie mit der Magnetresonanzkoloskopie zeigt vergleichbare Ergebnisse mit einer Sensitivität von 84% für 6–9 mm große Polypen und 100% für ≥ 10 mm große Polypen. Weitere Resultate wird die LUVIK-Studie bringen, eine Multizenterstudie, die gerade begonnen hat. 19 Virtuelle Endoskopie H.-J. Brambs Röntgendiagnostik, Universitätsklinikum Ulm Die CT-Kolonografie einschließlich der Möglichkeit, ein endoskopisches Bild zu simulieren (virtuelle Koloskopie), ist ein sich rasch entwickelndes Verfahren, das auf einer Dünnschicht-Spiral-CT beruht. Dabei wird ein volumetrischer Datensatz gewonnen, der eine zwei- und dreidimensionale Rekonstruktion der Oberfläche des Dickdarms erlaubt. Insbesondere die Einführung der Multidetektor-CTs hat die Qualität und Geschwindigkeit dieser Art der Untersuchung erheblich verbessert. Seit einigen Jahren werden auch Anstrengungen unternommen, die MRT als Grundlage einer Kolonografie zu verwenden, was insbesondere den Vorteil der fehlenden Strahlenexposition hat, aber bisher noch keine breite Anwendung fand. Technische und klinische Voraussetzungen Mithilfe einer konventionellen Workstation und der dynamischen Darstellung der Bilder werden in einem Interpretationsgang sowohl axiale, als auch koronare und sagittale Schnitte des Abdomens angefertigt und bei Bedarf virtuelle Simulationen eingespielt, die die Endoskopie imitieren. Einen besonderen Reiz gewinnt die Methode dadurch, dass nicht nur die innere Oberfläche des Darms, sondern auch die Wandbeschaffenheit des Darms sowie extraluminale Veränderungen dargestellt werden können. In einem Atemzug kann innerhalb von wenigen Sekunden das gesamte Abdomen in einer Auflösung von etwa 1 mm erfasst werden, sodass sich diese Methode auch hervorragend zum Staging von Tumoren eignet. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für dieses Verfahren ist eine sorgfältige Reinigung des Dickdarms, da Flüssigkeits- und Stuhlreste die Beurteilung erschweren oder gar einen Tumor bzw. einen Polyp vortäuschen können. Nach der Einführung einer rektalen Sonde wird das Kolon langsam mit Luft gefüllt, bis der Patient ein Spannungsgefühl angibt. Da die Luftinsufflation von vielen Patienten als der unangenehmste Teil der Untersuchung beurteilt wird, ist es ratsam, dem Patienten selbst die Luftfüllung zu überlassen. Die Dehnung des Dickdarms und die Toleranz der Luftinsufflation kann durch intravenöse Gabe spasmolytischer Substanzen gesteigert werden. Vor der eigentlichen CT-Untersuchung wird noch ein 20 Übersichtsbild für die Planung der Untersuchung angefertigt. Dabei kann das Ausmaß der Luftfüllung des Kolons nochmals abgeschätzt werden. In der Regel wird die Untersuchung in Rücken- und Bauchlage durchgeführt. Insbesondere, wenn Flüssigkeitsresiduen und Stuhl in einem ungenügend gereinigten Dickdarm vorliegen, kann durch die doppelte Positionierung die Aussage der Untersuchung verbessert werden. Vereinzelte Untersucher bevorzugen die zusätzliche Gabe von intravenösem Kontrastmittel, um entzündliche oder tumoröse Veränderungen der Darmwand besser beurteilen zu können und eine sicherere Differenzierung zwischen Stuhlresten und Polypen zu erreichen. Insbesondere die Sensitivität im Nachweis von mittelgroßen Polypen zwischen 5–9 mm kann dadurch signifikant von etwa 60% auf 75% verbessert werden. Bei Staging-Untersuchungen ist die intravenöse Kontrastmittelgabe zum Nachweis von Metastasen der Leber und der Lymphknoten ohnehin obligat. Indikationen Indikationen für die CT-Kolonografie sind die inkomplette Koloskopie, das Staging von Dickdarmtumoren und mit Einschränkungen die Screening-Untersuchung auf Polypen des Dickdarms. In etwa 5–15% der Untersuchungen bleibt eine konventionelle Koloskopie unvollständig, bedingt durch Schmerzen bei der Endoskopie, sehr starke Windungen des Dickdarms, durch postoperative Verwachsungen und durch entzündliche oder tumoröse Stenosierungen. Insbesondere vor operativen Eingriffen am Dickdarm ist eine komplette Untersuchung des Dickdarms empfehlenswert, da bis zu 9% der Patienten mit einem kolorektalen Tumor synchrone Karzinome und mehrere Polypen haben. Im Vergleich zu der bisher zu diesem Zweck empfohlenen Doppelkontrastuntersuchung des Kolons hat die CT-Kolonografie eine Reihe von Vorzügen und kann unmittelbar im Anschluss an eine unzureichende endoskopische Untersuchung angeschlossen werden. Mehrere Studien konnten belegen, dass die CT-Kolonografie eine geeignete Technik ist, um bei symptomatischen Patienten und bei Patienten mit erhöhtem Risikofaktor für Polypen kolorektale Tumoren zu entdecken. Nach intravenöser Kontrastmittelgabe erscheinen die Tumoren als hypervaskuläre Raumforderungen und können gut von anderen Ursachen einer Wandverdickung oder Lumeneinengung wie Divertikulitis oder Ischämie differenziert werden. 21 Frühere Studien zeigten eine unzureichende diagnostische Genauigkeit im Staging von kolorektalen Karzinomen, die um 50–60% lag und dadurch erklärt ist, dass in diesen Studien weder eine Darmreinigung durchgeführt wurde noch Spasmolytika verabreicht wurden. Mit zunehmend aktiveren chirurgischen Strategien beim Rezidiv von kolorektalen Tumoren bekommt der frühe Nachweis dieser Rezidive zunehmende Bedeutung. Während mittels Koloskopie eine Reihe von Lokalrezidiven nicht entdeckt werden können, da sie intramural, in der Serosa oder extraluminal liegen, können diese mit der Schnittbilddiagnostik sehr viel sicherer nachgewiesen werden. Die hohe Auflösung insbesondere der neueren Multidetektor-CTs macht die CT-Kolonografie auch für eine Vorsorgeuntersuchung tauglich, wobei im Wesentlichen die Patienten angesprochen werden, bei denen eine Endoskopie nicht möglich ist, die schlechte Erfahrungen mit der Endoskopie gemacht haben oder eine Endoskopie primär strikt ablehnen. Die CT-Kolonografie ist in dieser Hinsicht der Doppelkontrastuntersuchung deutlich überlegen und erreicht eine ähnlich hohe diagnostische Genauigkeit wie die Koloskopie. Eine Reihe von klinischen Studien haben die hohe diagnostische Wertigkeit der CTKolonografie beim Nachweis von Polypen gezeigt. Dabei wurden meist selektionierte Patientengruppen untersucht, sodass aus diesen Resultaten nur mit Zurückhaltung auf Screeningpopulationen geschlossen werden kann, bei denen die Prävalenz der Erkrankung eher niedrig ist. Lediglich in 1 Studie wurden die Ergebnisse bei asymptomatischen Patienten mit niedrigem Risiko mit Hochrisikopatienten verglichen. Die Sensitivität betrug 90% für Polypen mit einer Größe von 10 mm oder größer, 80% für Polypen mit einer Größe von 5–9,9 mm und 59% für Polypen kleiner als 5 mm. Sowohl beim direkten Polypenvergleich als auch im Patientenvergleich ergaben sich für beide Gruppen vergleichbare Resultate. Bei Betrachtung der publizierten Daten ist es wichtig, zwischen der Sensitivität im direkten Polypenvergleich und im Patientenvergleich zu differenzieren. Für den Patienten ist nicht der direkte Polypenvergleich entscheidend, sondern die Frage, ob die Notwendigkeit einer Koloskopie besteht oder nicht. Die 2 größten Serien zeigten bei Polypen mit einer Größe ab 1 cm eine Sensitivität von 100%, während die meisten Studien eine Sensitivität zwischen 75–100% erbrachten. Die Spezifität wird sehr unterschiedlich angegeben, ist im Durchschnitt aber noch verbesserungsbedürftig, zumal durch eine Steigerung der Spezifität die Kosteneffizienz verbessert werden könnte. 22 Akzeptanz Die Patientenakzeptanz ist gut und übertrifft die Akzeptanz der konventionellen Koloskopie, wobei neben den geringeren Beschwerden bei der CT-Kolonografie im Vergleich zur Koloskopie auch der Verzicht auf die Sedierung und die deutlich kürzere Untersuchungszeit eine Rolle spielen. Gegenargumente Mittlerweile ist das Verfahren hinreichend standardisiert, um screeningtauglich zu sein. Jedoch sind der apparative Aufwand und der Zeitbedarf sehr hoch, sodass ökonomische Aspekte gegen eine breite Anwendung sprechen. Ein weiteres gewichtiges Argument gegen die CT-Untersuchung ist die relativ hohe Strahlenbelastung, die zunehmend kritisch eingeschätzt wird. Es ist daher denkbar, dass in naher Zukunft die MR-Kolonografie die CT-Kolonografie ablöst. Bislang ist dieses Verfahren noch zu zeitaufwendig, umständlich und in der räumlichen Auflösung noch zu ungenau. Es werden aber aktuell Entwicklungen angestrengt, um diese Nachteile zu überwinden. 23 Therapeutische Endoskopie – Was ist im Kolon möglich? G. Kähler Sektion Endoskopie, Chirurgische Universitätsklinik Mannheim Die therapeutische Koloskopie des Kolorektums und des terminalen Ileums folgt den gleichen Regeln wie die Endoskopie des oberen Gastrointestinaltrakts. Die folgende Darstellung der wichtigsten interventionellen Methoden bezieht sich daher auf die Spezifika ihrer Anwendung im unteren Gastrointestinaltrakt. 1. Rekanalisierende Verfahren a. Dehnende Verfahren Dehnende Verfahren sind sinnvoll bei kurzstreckigen Narbenstenosen des Ileums (Morbus Crohn) oder bei Anastomosenstenosen. Je länger eine Stenose ist, umso unwahrscheinlicher ist der Langzeiterfolg einer endoskopischen Therapie; Stenosen von mehr als 8 cm Länge sollten nicht endoskopisch angegangen werden. (Für deren Längenbestimmung ist die Schnittbilddiagnostik oft zu ungenau). Ballondilatationen, die schrittweise bis zu einem Durchmesser von 20 mm unter Sicht vorgenommen werden können, haben den Vorteil einer radialen Kraftentfaltung, sind jedoch teuer. Im unteren Rektum kommen daher als Alternative die digitale Bougierung oder die Verwendung klassischer sterilisierbarer Hegar-Stifte infrage. Savary-Bougies sollten am Kolon nur unter Durchleuchtungskontrolle eingesetzt werden. b. Thermodestruktionsverfahren und Stents Thermodestruktionsverfahren, insbesondere die Laser-Vaporisation des stenosierenden Rektumkarzinoms haben in jüngster Zeit an Bedeutung verloren. Für die Palliation bieten sich unter bestimmten Voraussetzungen Metallgitterstents an. Ihre Anwendung im Kolorektum setzt einen Mindestabstand von 4 cm zwischen Tumorunterrand und Z-Linie voraus. Zur Vermeidung einer Stentdislokation werden nicht gecoverte Stents mit Durchmessern bis 30 mm eingesetzt, und die Patienten müssen dauerhaft Laxanzien einnehmen. Der Stellenwert des Stents in der Palliation liegt in der Vermeidung eines Anus praeter und hat im Vergleich zu einer operativen Resektion Vorteile besonders bei einer ferneren Lebenserwartung unter 6 Monaten. 24 Der Einsatz des Stents im Ileus zu dessen Dekompensation und Ermöglichung einer elektiven Operation (bridge to surgery) hat sich in Deutschland bislang nicht durchsetzen können. c. Dekompressionssonden und PEZ Die endoskopische Kolondekompression und Einbringung von Dekompressionssonden ist bei der Pseudoobstructio coli (Ogilvie-Syndrom) und im Rahmen der Intensivtherapie beim abdominellen Kompartment-Syndrom immer wieder Gegenstand kontroverser Diskussionen. Aufgrund der hohen Komplikationsrate der genannten Techniken ist die Indikation streng zu stellen; bei Erhöhung des intraabdominellen Drucks auf das Doppelte der Norm ist sie als ultima ratio der Laparostomie vorzuziehen. Besonders bei Betonung des rechten Hemicolons bietet sich als gefahrenarme und technisch einfache Bed-side-Methode die Anlage einer perkutanen endoskopischen Zökostomie analog der bewährten PEG-Technik an. 2. Blutstillung Die endoskopische Blutstillung im Kolorektum bedient sich der gleichen Verfahren wie im OGIT. Häufig ist jedoch die Blutungslokalisation, beispielsweise bei der Divertikelblutung, schwierig. Hilfreich zur Lokalisation einer Kolonblutung ist es, blutdrucksenkende Prämedikationen (Propofol) zu unterlassen und eine leistungsfähige Spülpumpe einzusetzen. Die in jüngster Zeit von einigen Autoren praktizierte Gummibandligatur bei Hämorrhoiden mit den für Ösophagusvarizen entwickelten Sets ist historisch insofern interessant, als damit die Barron-Ligatur nach dem Umweg über den Ösophagus (Stiegmann-Goff) an ihren Ursprungsort zurückkehrt. Aus Kostengründen ist sie jedoch als Standardverfahren zugunsten einer antegraden Gummibandligatur abzulehnen. 3. Fremdkörperextraktion Transanal eingeführte Fremdkörper, in der Regel infolge autoerotischer Unfälle, stellen die Endoskopie vor methodische Herausforderungen. Hier ist neben einer entspannenden Sedierung mitunter der ganze Einsatz des Instrumentariums bis hin zu geburtshilflichen Zangen erforderlich. Das Risiko einer Darmperforation wird dabei immer wieder unterschätzt. Ratsam ist in jedem Zweifelsfall eine Schnittbildgebung 25 nach der endoskopischen Therapie, weil eventuelle Wandläsionen nach der Insufflation besser gesichert bzw. ausgeschlossen werden können. 4. Resektionsverfahren a. Polypektomie Die endoskopische Polypektomie ist der Klassiker der interventionellen Endoskopie und kann als sicheres und effektives Verfahren in der Regel ambulant eingesetzt werden. Die prophylaktische Ligatur setzt das Vorhandensein eines ausreichend langen Polypenstiels voraus. Eine prophylaktische Unterspritzung ist nicht regelhaft erforderlich, eine gezielte Versorgung seltener Blutungen aus dem Polypenstiel meist kein Problem. b. Endoskopische Mukosaresektion Die Fähigkeit, auch flache und ausgedehnte adenoide Tumoren durch Mukosaresektion zu entfernen, hat sich durch zunehmende Erfahrungen in der therapeutischen Endoskopie und technische Hilfsmittel wie den Wasserstrahldissektor zur selektiven Anhebung der Submukosa (Selective TissueElevation by Pressure – STEP-Technik) sehr positiv entwickelt. Letztlich können heute praktisch alle mukosalen Tumoren des Kolorektums in entsprechend erfahrenen Endoskopie-Zentren endoskopisch entfernt werden. Eine elektive Resektion wegen Adenomen ist als Übertherapie abzulehnen. c. Onkologische Bewertung Folgende Kriterien müssen erfüllt sein, damit die endoskopische Resektion eines Adenokarzinoms im Kolorektum als kurativ angesehen werden kann: R0-Resektion L0 (keine mikrolymphangischen Gefäßeinbrüche) V0 (keine mikrovenösen Gefäßeinbrüche) G2 (gut bis mäßig differenziertes Karzinom) Infiltrationstiefe bis maximal 1000 µm in die Lamina submucosa 26 Ob der Einsatz der endoskopischen Submukosadissektion (als gezielte Umschneidung und Resektion des Tumors mit dem Nadelmesser) anstelle der EMR mit Schlinge analog zu den Erfahrungen japanischer Gastroenterologen mit dem Magenkarzinom auch am Kolon ausreichend sicher durchführbar und onkologisch profitabel ist, muss derzeit offen bleiben. Abb. 1: zirkumferenzielles Adenom des rektosigmoidalen Übergangs bei einer 86-jährigen Patientin Abb. 2: Z. n. Resektion (gleiche Patientin wie in Abb. 1) 27 Abb. 3: stenosierendes Rektumkarzinom nach Stentversorgung 28 STATE-OF-THE-ART-LECTURE Endoskopie – Rückblick und Ausblick M. Classen München Nichts hat die Gastroenterologie so sehr verändert wie die moderne Endoskopie, die vor genau 50 Jahren auf den Plan trat. Basil Hirschowitz, ein junger Assistent an der University of Minnesota, stellte nämlich beim Weltkongress für Gastroenterologie in Washington 1958 sein neues von ihm und dem jungen Physiker Larry Curtiss entwickeltes völlig flexibles Fiberglas-Endoskop vor. Erst 1963 kam das Fibergastroskop in Deutschland auf den Markt. Nach 1963 begann die sogenannte „goldene Ära der Endoskopie“, an der deutsche Endoskopiker, insbesondere L. Demling und seine Schüler, maßgeblichen Anteil hatten. In rascher Folge wurden völlig neue Methoden entwickelt (s. Tab. 1). Laparoskopische Operationen der Gallenwege 1985 benutzte Erich Mühe im Kreiskrankenhaus Böblingen erstmals sein „Galloskop“ für die weltweit erste laparoskopische Cholezystekomie. Seine Vorstellung der neuen Methode beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie im Jahre 1986 fand allerdings nur Häme und Unverständnis. Oft hörte er „small brain – small incision“ in Analogie zu dem alten Lehrsatz der Chirurgie „großer Chirurg – großer Schnitt“. Der zuständige Landrat erwog sogar die Relegation von Mühe als Chefarzt, untersagte ihm aber weitere laparoskopische Interventionen. E. Frimberger stellte 1996 die laparoskopische Cholezystotomie zur Entfernung von Gallensteinen und Polypen aus der gesunden Gallenblase vor. Neuentwicklungen der Endoskopie weisen in die Zukunft Fortschritte der jüngeren Vergangenheit betreffen sowohl die Technik der Endoskopie als auch die neuartige Anwendung von Licht für „Bioendoskopie“ und molekulares Imaging. Dünne Endoskope werden transnasal in den Magen eingeführt, andere gestatten die direkte Endoskopie von Pankreas und Gallengang. Der Dünndarm tritt aus der Dunkelheit hervor. 29 Die Videokapselendoskopie hat seit ihrer Einführung im Jahre 2001 eine stürmische Entwicklung durchgemacht. Erstmals kann nicht-invasiv der gesamte Dünndarm untersucht werden, scharfe Bilder erhellen die bisherige black box. Große Vorteile bietet die Kapsel bei der Lokalisierung akuter Blutungen, beim Morbus Crohn sowie bei Tumoren des Dünndarms. Das Doppel-Ballonendoskop kann peroral und peranal in Dünn- und Dickdarm eingeführt werden, es gestattet Eingriffe wie die Stillung von Blutungen, die Gewebsentnahme und die Tumorabtragung. Mit dem neueren Einballon-Endoskop gelingt es in etwa ¾ der Fälle den gesamten Dünndarm zu untersuchen. Die Vorsorgekoloskopie wird in Deutschland, anderen europäischen Ländern und in USA zur Früherkennung von Darmkrebs eingesetzt. Inwieweit die virtuellen – die CTund MR-gesteuerten Kolonografien – ein Zubringer oder ein Ersatz für die Koloskopie sein werden, ist noch nicht ausgemacht. Neue Koloskope verbessern Patientenkomfort und Steuerbarkeit. Die endoskopische Darstellung zellulärer und subzellulärer Strukturen durch detaillierte Darstellung der Oberfläche von Geweben und Zellen, aber auch von sub-/intrazellulären Strukturen werden jetzt mittels high definition endoscopy, narrow band imaging, Fuji intelligent color endoscopy, Autofluoreszenz, konfokaler Endomikroskopie u. a. angestrebt. Unter diesen Methoden befinden sich zweifellos Kandidaten für eine Feindiagnostik in der digestiven Onkologie der Zukunft. Therapeutische Endoskopie auch weiter eine Domäne der Gastroenterologen? Endoskopischer Ultraschall wird zunehmend therapeutisch eingesetzt, derzeit noch überwiegend bei der Drainage von Abszessen und bei Anastomosen. Bei ihrer Vorstellung hochgerühmte endoskopische Antirefluxmanipulationen – von der FDA durchgewinkt – haben den Test der Zeit nicht bestanden. Die Verkleinerung des His’schen Winkels durch endoskopische Vollwandnähte am Mageneingang hat indessen noch eine Chance sich zu bewähren. EMR (endoskopische Mukosaresektion) von P. Deyhle 1972 in Erlangen entdeckt, in Japan von H. Inoue, in Deutschland von N. Soehendra weiterentwickelt, hat sich zur Therapie umschriebener oberflächlicher Malignome und deren Vorstufen im oberen und unteren Verdauungstrakt bewährt. Die endoskopische Submukosadissektion (ESD) verlegt die Schnitttiefe in die Submukosa, die erhöhte Perforationsgefahr wird in Kauf genommen, da endoskopisches Clipping und neue Nahttechniken Perforationen verlässlich verschließen. 30 Die neue optische endoskopische Chirurgie wird von ihrem Protagonisten A. Kalloo als „flexible endoskopische Chirurgie“ beschrieben. Bei NOTES (natural orifice transluminal endoscopic surgery) wird ein Hohlorgan mit dem Endoskop perforiert (Magen, Kolon, Cervix uteri), um einen kontrollierten Zugang zur Bauchhöhle zu erreichen. Dort wird therapeutisch interveniert (A. Fritscher-Ravens). Die Gastroenterologen scheinen diese Methoden angesichts der Invasivität nur zögernd zu akzeptieren. Auf jeden Fall ist die enge Arbeitsgemeinschaft mit den Chirurgen eine conditio sine qua non. Schlussfolgerungen Hat die „endoskopische Revolution“ in der Gastroenterologie tatsächlich stattgefunden? Die Antwort ist ein eindeutiges ja. Von 1960 bis 2000 wurden weit mehr als 100 neue Krankheitsbilder des Verdauungstrakts, der Leber und des Stoffwechsels entschlüsselt oder deren Behandlung etabliert. Die Endoskopie mit ihren Hilfsverfahren spielte oft die entscheidende Rolle. Die Prävention von Darmkrebs unter Einschluss der Koloskopie senkt in den USA die Mortalität an dieser Erkrankung. Molekulare Endoskopie und funktionelles Imaging von Genen und Molekülen werden „molecular imaging and therapy“ zulassen. Robo sapiens – der Aufbau des Menschen aus Molekülen – wird bereits studiert. Der Endoskopiker der Zukunft wird die enge Zusammenarbeit mit Spezialisten auf diesen Gebieten suchen. Die Theragnostik könnte ein Megatrend der Endoskopie im 3. Jahrtausend werden. 31 der goldenen Ära der flexiblen Endoskopie (1957 – 1990) Ei Einige Höhepunkte der goldenen Ära der flexiblen Endoskopie (1957–1990) 1957 Fiberglasendoskop (B. Hirschowitz, L. Curtiss, H.M. Pollard) 1963 Fiberglas-Sigmoidoskop, -Koloskop (R. Turell) 1967 Sigmoidoskop (B.F. Overholt) 1965 Ösophagoskop (P. Lo Presti) 1968 Endoskopische Pankreasgangdarstellung (McCune et al.) 1970 Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatografie (ERCP) (J. Oi) 1971 Koloskopie (W.I. Wolff, H. Shinya) 1971 Polypektomie, Kolon, diathermisch, Schlinge (P. Deyhle, K. Seuberth, S. Jenny, L. Demling) (H. Shinya, W. Wolff) 1972 Strip Biopsy (P. Deyhle) 1973 Endoskopische Papillotomie/Sphinkterotomie (EPT, ES, EST) (M. Classen, L. Demling, K. Kawai) 1974/75 Clip zur Blutstillung etc. (H. Kuramata et al., T. Hyashi et al.) 1975/76 Mother-Baby-Endoskopie (T. Takekoshi, E. Tagaki, M. Nakamura et al.) 1976 Endoskopische Hämostase (Injektion) (N. Soehendra, B. Werner) 1978 Nasobiliäre Drainage (D. Wurbs) 1979 Plastik-Stent für Gallengang (N. Soehendra) 1979 Perkutan endoskopische Gastrostomie (M.W. Gauderer, J.L. Ponsky) 1980 Endoskopische Ultrasonografie (W. Strohm, M. Classen) 1980 Endoskopische Sklerotherapie (wiederentdeckt) 1982 Mechanische Lithotripsie von Gallengangssteinen (J.F. Riemann, K. Seuberth, L. Demling) 1983 Metall-Stent für Gallengang und Ösophagus (E. Frimberger) 1983 Elektronische Endoskopie (Videoendoskopie) 1988 Varizen-Ligatur (G.V. Stiegmann, J.S. Goff) Höhepunkte der goldenen Ära der flexiblen EndoskopieTab. 1 (E. Frimberger, M. Classen) 32 Anschriften der Referenten und Vorsitzenden Prof. Dr. H.-P. Allgaier Innere Medizin Evangelisches Diakoniekrankenhaus Wirthstr. 11 79110 Freiburg Prof. Dr. Dr. h.c. mult. H.E. Blum Innere Medizin II Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg Prof. Dr. H.-J. Brambs Röntgendiagnostik Universitätsklinikum Ulm Steinhövelstr. 9 89075 Ulm Prof. Dr. Dr. h.c. mult. M. Classen Unsöldstr. 5 80538 München Prof. Dr. C. Ell Innere Medizin II HSK Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken GmbH Ludwig-Erhard-Str. 100 65199 Wiesbaden Prof. Dr. P. Frühmorgen Königsberger Str. 51 71638 Ludwigsburg Prof. Dr. F. Hagenmüller Innere Medizin I Asklepios Klinik Altona Paul-Ehrlich-Str. 1 22763 Hamburg Dr. D. Hartmann Medizinische Klinik C Klinikum Ludwigshafen Bremserstr. 79 67063 Ludwigshafen Prof. Dr. M. Jung Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie Katholisches Klinikum Mainz St. Hildegardis-Krankenhaus Hildegardstr. 2 55131 Mainz PD Dr. G. Kähler Chirurgische Endoskopie Klinikum Mannheim Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68167 Mannheim Prof. Dr. F. Kluge Adolf-Keller-Weg 3 79111 Freiburg Prof. Dr. M. Langer Radiologie Universitätsklinikum Freiburg Robert-Koch-Str. 3 79106 Freiburg Prof. Dr. J. Mössner Medizinische Klinik II Universitätsklinikum Leipzig AöR Philipp-Rosenthal-Str. 27 04103 Leipzig Prof. Dr. H. Neuhaus Innere Medizin Evangelisches Krankenhaus Kirchfeldstr. 40 40217 Düsseldorf Prof. Dr. A. Ochs Innere Medizin Loretto-Krankenhaus Mercystr. 6–14 79100 Freiburg PD Dr. M.A. Ortner Endoskopie Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin Inselspital CH-3010 Bern Schweiz 33 Prof. Dr. T. Rösch Interdisziplinäre Endoskopie Charité – Universitätsmedizin Campus Virchow-Klinikum (CVK) Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Prof. Dr. T. Sauerbruch Medizinische Klinik I Universitätsklinikum Bonn Sigmund-Freud-Str. 25 53127 Bonn Prof. Dr. A.-O. Schäfer Röntgendiagnostik Universitätskliniksklinikum Freiburg Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg Prof. Dr. H.-J. Schulz Innere Medizin Sana-Klinikum Lichtenberg Oskar-Ziethen-Krankenhaus Fanningerstr. 32 10365 Berlin Dr. H. Schwacha Innere Medizin II Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg Prof. Dr. M. Staritz Innere Medizin I Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen GmbH Voehrenbacher Str. 25 78050 Villingen-Schwenningen Prof. Dr. E. Walter Innere Medizin Schwarzwald-Baar Klinikum Klinik Donaueschingen Sonnhaldenstr. 2 78166 Donaueschingen 34