Ökonomische, rechtliche und organisatorische Grundlagen der Haushaltführung des Bundes Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Eidgenössisches Finanzdepartement EFD Eidgenössische Finanzverwaltung EFV Impressum Redaktion Eidg. Finanzverwaltung EFV, Januar 2012 Internet: www.efv.admin.ch Kontakt: [email protected] Einleitung Die «Grundlagen der Haushaltführung des Bundes» richten sich in erster Linie an die Mitglieder der Finanzkommissionen bzw. der Finanzdelegation der eidg. Räte, aber auch an alle anderen interessierten Kreise. Die «Grundlagen» sind als Nachschlagewerk gedacht und sollen den Einstieg in die ökonomischen, rechtlichen und organisatorischen Fragestellungen rund um den Bundeshaushalt erleichtern. Die vorliegende Ausgabe wurde im Hinblick auf die neue Legislaturperiode 2011–2015 auf den aktuellen Stand gebracht. Inhaltsübersicht 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze 15 2 Rechtliche Grundlagen 27 3 Übergeordnete Instrumente der Finanzpolitik (Finanzordnung) 31 4 Rechnungsmodell 43 5 Haushaltführung 57 6 Einnahmen 67 7 Ausgaben und Aufwände 81 8 Sonderrechnungen 103 9 Geldbeschaffung, Vermögens- und Schuldenbewirtschaftung 111 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» 117 Anhang 127 Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.3.1 1.3.2 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze Finanzpolitik im Dienste wirtschafts- und sozialpolitischer Zielsetzungen Allokationsziele Verteilungsziele Stabilisierungsziele Nachgeordnete fiskalische Zielsetzung und Grenzen der Kreditfinanzierung Finanzleitbild des Bundesrates Zielvorgaben Grundsätze Finanzpolitische Kennziffern Kennziffern des Bundes Kennzahlen der öffentlichen Haushalte 15 15 16 17 17 18 20 20 20 21 22 24 2 2.1 2.2 Rechtliche Grundlagen Bundesverfassung Gesetze und Verordnungen 27 27 27 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 Übergeordnete Instrumente der Finanzpolitik (Finanzordnung) Gesamtsteuerung durch die Schuldenbremse Motivation und Ziel Funktionsweise Erfolgsbilanz Grundsätze der Besteuerung Föderalismus und Finanzausgleich Föderale Struktur der Schweiz Finanzausgleich und Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen Erste Erfahrungen mit dem neuen Finanzausgleich 31 32 32 33 34 37 38 38 38 41 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.3 4.3.1 4.3.2 Rechnungsmodell Rechnungswesen im öffentlichen Sektor Aufgaben und Zweck des Rechnungswesens Internationale Rechnungslegungsstandards IPSAS Aufbau des Rechnungsmodells des Bundes Erfolgsrechnung Investitionsrechnung Bilanz Finanzierungs- und Mittelflussrechnung Kredit- und Kontensicht Kreditsicht Kontensicht 43 43 43 43 45 46 46 47 47 48 48 48 Inhaltsverzeichnis 4.4 4.4.1 4.4.2 4.5 Duale Haushaltsteuerung Finanzpolitische Gesamtsteuerung auf Bundesebene Finanzielle Führung auf Ebene der Verwaltungseinheiten Finanzberichterstattung 51 51 51 54 5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.3 Haushaltführung Instrumente der Haushaltführung Legislaturplanung Mehrjährige Finanzplanung Voranschlag Staatsrechnung Hochrechnung Grundsätze Allgemeine Grundsätze der Haushaltführung Grundsätze der Budgetierung Grundsätze der Rechnungslegung Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze Verhältnis zu IPSAS Ablauf der Budgetierung und Finanzplanung 57 57 57 59 59 60 60 60 60 61 61 62 63 65 6 6.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 6.3.6 6.3.7 6.3.8 Einnahmen Struktur Einnahmenprognosen Grundlagen Top-down-Plausibilitätsprüfung der Einnahmenschätzung Qualität der Einnahmenschätzungen Fiskaleinnahmen und ihre wichtigsten Bestimmungsgrössen Direkte Bundessteuer Verrechnungssteuer Stempelabgaben Mehrwertsteuer Tabaksteuer Mineralölsteuer Schwerverkehrsabgabe Zölle 67 67 68 68 69 69 71 71 73 75 76 77 78 79 80 7 7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 Ausgaben und Aufwände Gliederung Gliederungsarten Institutionelle Sicht Funktionale Sicht Kontensicht 81 81 81 82 82 83 Inhaltsverzeichnis 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.3 7.3.1 7.3.2 7.4 7.4.1 7.4.2 7.5 7.5.1 7.5.2 7.5.3 Ausgabenbindungen im Bundeshaushalt Ausgaben mit starker Bindung Ausgaben mit schwacher Bindung Auswirkungen von Ausgabenbindungen Instrumente der Ausgabensteuerung Instrumente zur kurz- und mittelfristigen Haushaltsteuerung Instrumente zur mittel- bis langfristigen Haushaltsteuerung Kreditarten im Überblick Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen Voranschlagskredite Subventionen des Bundes Subventionsbegriff Überprüfung der Bundessubventionen Sonderfall Subventionen in Form von Steuervergünstigungen 86 86 88 88 89 89 92 96 96 97 99 99 101 101 8 8.1 8.1.1 8.1.2 8.2 8.2.1 8.2.2 8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3 8.4 8.4.1 8.4.2 8.4.3 Sonderrechnungen Fonds für die Eisenbahngrossprojekte (FinöV-Fonds) Rechtsgrundlage, Struktur und Kompetenzen Funktionsweise des Fonds Infrastrukturfonds Rechtsgrundlage, Struktur und Kompetenzen Funktionsweise des Infrastrukturfonds Bereich der Eidgenössischen Technischen Hochschulen Struktur und Führung des ETH-Bereichs Finanzielle Steuerung des ETH-Bereichs Rechnung des ETH-Bereichs Eidgenössische Alkoholverwaltung Allgemeines Rechnung der EAV Totalrevision der Alkoholgesetzgebung 103 103 103 104 105 105 106 107 107 107 107 108 108 108 109 9 9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.3 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.3 9.4 Geldbeschaffung, Vermögens- und Schuldenbewirtschaftung Mittelbeschaffung Anleihen Geldmarkt-Buchforderungen Geldmarktkredite Tresorerieanlagen Liquide Mittel Kurzfristige Anlagen Wertschriften Schuldenbewirtschaftung und Risikosteuerung Devisenbewirtschaftung 111 111 111 112 113 113 113 113 113 114 115 Inhaltsverzeichnis 10 10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.3 10.3.1 10.3.2 10.3.3 10.3.4 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget (FLAG) Definition und Ziele FLAG-Instrumente Weiterentwicklung der Verwaltungsführung Corporate Governance des Bundes Aufgabentypologie Leitsätze und Steuerungsmodell Rollenverteilung Parlamentarische Oberaufsicht Risikosituation und Risikomanagement Umgang mit Risiken Instrumente und Massnahmen des Risikomanagements Risikosituation des Bundes Offenlegung der Risiken Anhang Aufgaben und Organisation der Eidgenössischen Finanzverwaltung 117 117 117 118 119 120 120 121 122 123 123 124 124 125 125 127 127 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze 1.1 Finanzpolitik im Dienste wirtschaftsund sozialpolitischer Zielsetzungen Die Finanzpolitik umfasst alle Massnahmen, die das Budget einer Gebietskörperschaft (z.B. Bund, Kanton, Gemeinde) betreffen. Durch Art und Höhe von Erträgen/Einnahmen und Aufwänden/ Ausgaben können verschiedene Ziele verfolgt werden. politischen Ziele abgeleitet, die sich wiederum in verschiedene Ziele – Allokation, Verteilung, Stabilisierung – unterteilen lassen (siehe Schema). Finanzpolitik ist also kein Selbstzweck, denn sie steht letztlich im Dienste dieser wirtschafts- und sozialpolitischen Zielsetzungen. Oberstes Ziel des Bundes ist die Förderung der gemeinsamen Wohlfahrt des Landes. Eine Konkretisierung erfährt dieses oberste Ziel zunächst durch die gesellschaftspolitischen Ziele wie Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit, Friede und Fortschritt. Aus diesen übergeordneten gesellschaftlichen Zielen werden die wirtschafts- und sozial- Mehrere wirtschaftspolitische Ziele nebeneinander zu verfolgen, kann jedoch zu Interessenkonflikten führen, denn es können nicht alle Ziele gleichzeitig und vollständig erreicht werden. Die Wirtschaftspolitik kann gewisse Zielkonflikte mildern, indem sie es vermeidet, mit einem einzigen Instrument mehrere Ziele gleichzeitig zu verfol- Wirtschafts- und sozialpolitischer Ziele Gesellschaftspolitische Ziele (Freiheit, Gleichheit, Sicherheit, Frieden, Fortschritt) Wirtschafts- und sozialpolitische Ziele Allokation Verteilung Stabilisierung Ressourcen sollten so eingesetzt und verwendet werden, dass es den Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger bestmöglich entspricht. Gerechte Verteilung von Steuerlast sowie Einkommen und Vermögen. Steuerung der Ausgaben und Einnahmen soll die Ausschläge des Wirtschaftsablaufs dämpfen. Die Schuldenbremse als verbindliche finanzpolitische Regel 15 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze gen. Deshalb sind beispielsweise allokations- und verteilungspolitische Massnahmen möglichst klar zu trennen. • Öffentliche Güter (Kollektivgüter): Diese Güter zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Inanspruchnahme ihre Verfügbarkeit nicht beeinträchtigt (Nicht-Rivalität im Konsum) und dass sie allen zugänglich sind, ohne dass die, die sie nutzen, diskriminiert werden können (fehlendes Ausschlussprinzip). Diese beiden Grundsätze erschweren eine Preisfestsetzung, die sowohl die Herstellungskosten als auch die Benutzerzufriedenheit abbildet. In einem solchen Fall muss der Staat als Anbieter von Gütern und Dienstleistungen auftreten, weil nur er über die notwendigen Zwangsmittel verfügt, um die zur Aufgabenerfüllung notwendigen finanziellen Mittel zu beschaffen (Steuerfinanzierung). Typische Kollektivgüter sind die Landesverteidigung (7,7 % der Gesamtausgaben 2009), Justiz, Polizei und Feuerwehr (3,2 %), aber auch die Beziehungen zum Ausland (1,4 %). Teilweise Kollektivgutcharakter weisen auch die Aufwendungen für Strassen, für die Umwelt und Raumordnung sowie für die Landwirtschaft (Landschaftspflege) auf. • Meritorische Güter: Im Gegensatz zu den öffentlichen Gütern ist bei den meritorischen Gütern das Ausschlussprinzip anwendbar. Grundsätzlich funktioniert also der Markt. Im Lichte gesellschaftlicher Werthaltungen wird aber die über den freien Markt erzielbare Versorgung der Bevölkerung als ungenügend beurteilt. So käme beispielsweise im Bildungsbereich auch bei staatlicher Abstinenz ein gewisses Angebot zustande. Gesellschaftspolitisch ist es aber wünschenswert, dass alle Kinder eine Schule besuchen können und auch müssen (Chancengleichheit im Beruf). In solchen Situationen muss deshalb der Staat intervenieren und das Marktangebot ergänzen. Beispiele für meritorische Güter sind Bildung und Forschung (17,4% der Gesamtausgaben) und das Gesundheitswesen (6,1%). • Externe Kosten: Kosten werden als extern bezeichnet, wenn sie von den verursachenden Privatpersonen oder -unternehmen nicht Die Verfolgung allokations-, verteilungs- und stabilitätspolitischer Zielsetzungen ist fast immer mit Ausgaben verbunden, zu deren Finanzierung Einnahmen beschafft werden müssen. Darin besteht die fiskalische Zielsetzung: Die Einnahmen sind auf effiziente und kostengünstige Weise zu beschaffen, die Mittel sind sparsam zu verwenden und die Marktprozesse sind so wenig wie möglich zu verzerren. Diese fiskalische Zielsetzung leitet sich also aus den übrigen wirtschaftspolitischen Zielen ab. m Folgenden sollen die drei erwähnten wirtschaftspolitischen Ziele sowie deren Bezug zur Finanzpolitik, sodann das daraus abgeleitete fiskalische Ziel und schliesslich die Grenzen der Kreditfinanzierung eingehend dargelegt werden. I 1.1.1 Allokation Unter Allokation versteht man den Einsatz und die Verwendung knapper Ressourcen (Produktionsfaktoren und Güter) in den Produktions- und Verbrauchsprozessen. Gemäss Allokationsziel sollen die Ressourcen so eingesetzt und verwendet werden, dass die bereitgestellten Güter und Dienstleistungen bestmöglich den Präferenzen der Bürger entsprechen. Aus dieser Warte betrachtet ist die Marktwirtschaft das effizienteste Wirtschaftssystem. Wo immer möglich sind deshalb Marktlösungen zu suchen. Unter bestimmten Bedingungen kommt es aber zu Marktversagen, und es braucht allokationspolitische Eingriffe des Staates, die auf deren Korrektur abzielen. In der ökonomischen Wissenschaft unterscheidet man drei Arten von Marktversagen, die eine fiskalische Intervention des Staates rechtfertigen können. Zwei davon betreffen die Arten von Gütern (öffentliche Güter bzw. Kollektivgüter und meritorische Güter) und das dritte betrifft die externen Kosten: 16 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze selber übernommen werden. Ohne staatliche Gegenmassnahmen müssen diese Kosten von der Allgemeinheit getragen werden (Beispiel: Überdüngung von Seen durch die landwirtschaftliche Produktion, Luftverschmutzung durch den Privatverkehr). Da die betreffenden Aktivitäten von den «Verursachern» als günstig empfunden werden, haben sie stärker zugenommen, als es für eine volkswirtschaftlich optimale und effiziente Güterversorgung notwendig wäre. Mit Lenkungsabgaben kann der Staat die externen Kosten senken, indem er sie teilweise oder vollumfänglich den Verursachern anlastet («Verursacherprinzip»). Beispiel für eine solche Lenkungsabgabe ist die CO2Abgabe auf Brennstoffen. Sie wird seit dem 1. Januar 2008 erhoben. Sie soll die Anreize so verändern, dass die mit dem Verbrauch fossiler Brennstoffe verbundenen externen Effekte eingedämmt werden. Der grösste Teil dieser Einnahmen des Bundes werden an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurückverteilt. Die Existenz von Marktversagen allein ist jedoch keine hinreichende Legitimation für staatliche Eingriffe. Offen bleibt nämlich, ob und allenfalls wie dieses Marktversagen mit staatlichen Eingriffen tatsächlich korrigiert werden kann. Da staatliche Eingriffe nie kostenlos sind («Staatsversagen»), müssen die negativen Folgen von Marktunvollkommenheiten und staatlichen Eingriffen gegeneinander aufgewogen werden. 1.1.2 Verteilungsziele Das Verteilungsziel beinhaltet eine Veränderung der Voraussetzungen und Ergebnisse der Verteilung, die sich durch den Markt ergibt. Die Entscheidung darüber, welche Verteilung gesellschaftlich als «gerecht» gelten soll, ist ein Werturteil, das nur auf politischem Weg gefällt werden kann. Aufgabe der Finanzpolitik ist es, auf die Kosten alternativer Verteilungslösungen hinzuweisen und die effizientesten Instrumente zur Erreichung konkreter Verteilungsziele vorzuschlagen. Der Staat kann durch die Gestaltung seiner Einnahmen und Ausgaben die auf dem freien Markt zustande gekommene Einkommens- und Vermögensverteilung beeinflussen. Bei den Einnahmen muss dabei in erster Linie unterschieden werden zwischen den direkten Steuern, denen normalerweise ein progressiver Tarif zugrunde liegt, und den indirekten Steuern, die den einzelnen Steuerzahler ungeachtet seiner Einkommensund Vermögensverhältnisse nach dem Konsum der besteuerten Güter und Dienstleistungen belasten. Die direkten Steuern wirken insgesamt nivellierend auf die Einkommensverteilung. Im Gegensatz zu den direkten Steuern belastet eine Konsumsteuer die unteren Einkommensschichten prozentual stärker, weil die Konsumneigung (Anteil der Konsumausgaben am Einkommen) in der Regel mit sinkendem Einkommen steigt. Diese «regressive» Eigenschaft der indirekten Steuern wird allerdings dadurch leicht gemildert, dass die Güter des lebensnotwendigen Bedarfs teilweise von der Steuer befreit oder mit niedrigeren Sätzen belegt werden. Empirische Untersuchungen zeigen, dass von der Ausgabenseite der öffentlichen Haushalte ein grösserer Umverteilungseffekt ausgeht als von der Einnahmenseite. Die grösste Umverteilungswirkung haben die Ausgaben im Bereich der sozialen Wohlfahrt. 1.1.3 Stabilisierungsziele Stabilisierungsziele beinhalten die Glättung von Konjunktur- und Wachstumsschwankungen und die volle Auslastung des volkswirtschaftlichen Produktionspotentials. Grundsätzlich steuert der Staat seine Ausgaben und Einnahmen derart, dass die Ausschläge des Wirtschaftsablaufs gedämpft oder zumindest nicht verstärkt werden. Konjunkturschwankungen sind Schwankungen im Auslastungsgrad der Produktionskapazitäten: Steigt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weniger stark als das Produktionspotential, so kommt es zu einer Unterauslastung der Kapazitäten, also der Produktionsfaktoren (Arbeitskräfte, Kapital). Die Wirtschaft befindet sich in einer Phase der 17 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze Konjunkturabschwächung oder sogar der Rezession. Steigt hingegen die Nachfrage stärker als das Angebot, so bewirkt dies eine Überbeanspruchung der Kapazitäten, was tendenziell zu Inflation und zu einer Konjunkturüberhitzung führt. Nach Möglichkeit soll sich der Staat antizyklisch verhalten, also weder ein rezessionsbedingtes Defizit durch Steuererhöhungen oder Sparprogramme bekämpfen. Ebenso wenig soll er die in einer Hochkonjunktur erzielten Einnahmenüberschüsse für Steuersenkungen oder Mehrausgaben verwenden. Die konjunkturellen Schwankungen üben einen grossen Einfluss auf den Bundeshaushalt aus. Verschiedene Fiskaleinnahmen sind eng an die Wirtschaftsentwicklung gekoppelt, so dass sie in der Rezession zurückgehen und in wirtschaftlich guten Zeiten stark zunehmen. Gleichzeitig kann festgestellt werden, dass bestimmte Ausgaben in rezessiven Phasen höher sind als in Phasen der Konjunkturüberhitzung. Mitverfolgen konnte man dies bisher vor allem bei den Darlehen an die Arbeitslosenversicherung. Durch diesen Automatismus verhält sich der Bund ohne weiteres Dazutun antizyklisch. Er glättet damit die konjunkturellen Schwankungen, weil er in der Rezession nachfragestützende Defizite ausweist (deficit spending) und im Boom einer überbordenden Nachfrage entgegenwirkt, indem er mit den Einnahmenüberschüssen Reserven anlegt. Eine solche passive antizyklische Ausrichtung der Finanzpolitik gilt als vorteilhaft, weil sich zu starke Schwankungen im Auslastungsgrad der Produktionskapazitäten negativ auf das längerfristige Wachstumspotential der Wirtschaft auswirken können. Um sicherzustellen, dass diese Ausrichtung der Finanzpolitik sich auch konkret im Voranschlag niederschlägt, hat der Bundesrat das Instrument der «Schuldenbremse» (vgl. Ziff. 3.1) geschaffen. 1.1.4 Nachgeordnete fiskalische Zielsetzung und Grenzen der Kreditfinanzierung Die fiskalische Zielsetzung resultiert aus der Verfolgung der oben beschriebenen wirtschafts- 18 und sozialpolitischen Ziele. Wie bereits erwähnt, beruht die fiskalische Zielsetzung darauf, auf effiziente und kostengünstige Weise Einnahmen zu beschaffen, diese sparsam zu verwenden und die Marktprozesse so wenig wie möglich zu verzerren. Auf die Frage, inwieweit die staatlichen Ausgaben über die laufenden Einnahmen finanziert werden müssen und in welchem Umfang sich der Staat zur Finanzierung seiner Aufgaben verschulden darf, gibt die ökonomische Theorie keine abschliessende Antwort. Einigkeit herrscht unter Fachleuten jedoch darüber, dass eine zu hohe Verschuldung schädlich sein kann, wie sich gerade in der gegenwärtigen Schuldenkrise im europäischen Raum zeigt. Dies aus folgenden Gründen: • Primärsaldo und Verschuldungsspirale: Der Primärsaldo entspricht dem Saldo der Finanzierungsrechnung nach Abzug der Zinsausgaben. Damit kann der Einfluss früherer Defizite beziehungsweise der bestehenden Staatsschulden ausgeschaltet werden. Ist der Primärsaldo ausgeglichen, entspricht das Defizit (und damit die Zunahme der nominellen Verschuldung) dem Ausmass der Zinszahlung – die prozentuale Zunahme der nominellen Verschuldung entspricht also dem durchschnittlichen Zinssatz. Entspricht dieser durchschnittliche Zinssatz für die Staatsschulden der Wachstumsrate des BIP, führt ein ausgeglichener Primärsaldo folglich zu einer Stabilisierung der Verschuldungsquote, weil Nenner (BIP) und Zähler (nominelle Verschuldung) der Verschuldungsquote um den gleichen Prozentsatz zunehmen. Liegt das prozentuale Wirtschaftswachstum hingegen unter dem Zinssatz für die Staatsschulden, kann nur ein positiver Primärsaldo ein Ansteigen der Verschuldungsquote verhindern. • Zinsenlast: Kurzfristig ist auf Bundesebene ein grosser Teil der Ausgaben gesetzlich oder vertraglich gebunden. Gleichzeitig sind rund drei Fünftel der Bundeseinnahmen (direkte Bundessteuer, Mehrwertsteuer) in der Verfassung 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze verankert. Der kurzfristige finanzpolitische Handlungsspielraum ist also sehr beschränkt. Je höher nun die Zinsenlast ist (Anteil der Passivzinsen an den Gesamteinnahmen), desto kleiner wird der ohnehin nicht sehr grosse Handlungsspielraum, was die politische Prioritätensetzung erschwert. Mittelfristig führt der Anstieg der Zinsenlast zur Verdrängung anderer Ausgaben. • Crowding Out: Darunter versteht man das Verdrängen privater Finanzierungsbedürfnisse vom Kapitalmarkt durch den staatlichen Kapitalbedarf. Wenn etwa die Kapitalnachfrage der Unternehmen im Wirtschaftsaufschwung kräftig zunimmt und diese verstärkte Nachfrage mit einem hohen Kreditbedarf der öffentlichen Hand zusammenfällt, ist es nur noch ein kleiner Schritt zu zinstreibenden Effekten mit negativen Folgen für die private Investitionstätigkeit. Vor diesem Hintergrund ist eine generelle Zurückhaltung gegenüber staatlicher Kreditfinanzierung angezeigt. Diese Art der Finanzierung sollte sich auf die folgenden beiden Situationen beschränken: • Konjunkturelle Defizite: Man unterscheidet zwischen einem konjunkturellen und einem strukturellen Defizit. In Rezessionszeiten ist das Wachstum der öffentlichen Einnahmen rückläufig oder sogar negativ, während gewisse Ausgaben sehr stark zunehmen. Diese Reaktion der öffentlichen Finanzen auf die Konjunkturlage, die von den Ökonomen als «automatische Stabilisierung» bezeichnet wird, ist für die Wirtschaft wünschenswert, denn sie mildert die sozialen und makroökonomischen Auswirkungen einer Rezession. Man spricht von konjunkturellen und tolerierbaren Defiziten, solange sie mit Einnahmen- überschüssen aus wirtschaftlich florierenden Zeiten kompensiert werden können. Strukturelle Ungleichgewichte hingegen schaden sowohl der Wirtschaft als auch den Finanzen. Sie halten auch in Zeiten normaler Konjunktur an und führen dazu, dass die Einnahmen abgesehen von konjunkturellen und ausserordentlichen Zusatzeinnahmen nicht mehr ausreichen, um die Ausgaben zu finanzieren. Die Schuldenbremse (siehe Ziff. 3.1) erlaubt dem Bund die Verschuldungsfinanzierung ausschliesslich im Falle eines konjunkturellen Defizits. • Volkswirtschaftlich rentable Investitionen: Investitionen, die volkswirtschaftlich rentabel sind beziehungsweise über ein höheres Wirtschaftswachstum zukünftig neue Steuersubstanz schaffen, können grundsätzlich verschuldensfinanziert werden. Das heisst, ihre Finanzierung kann zeitlich ebenfalls in die Zukunft verlagert werden. Dies gilt jedoch nicht für Ersatzinvestitionen, weil sie nicht dazu beitragen, das Wirtschaftswachstum zu erhöhen, sondern bloss, es auf konstantem Niveau zu halten. Man kann die Mindestforderung aufstellen, wonach die Ausgaben für den öffentlichen Konsum sowie der jährliche Abschreibungsbedarf aus ordentlichen Einnahmen finanziert werden müssen. Die Investitionen des Bundes unterliegen erfahrungsgemäss keinen grossen Schwankungen, weshalb die jährlichen Abschreibungen und Wertberichtigungen nicht stark von den jährlichen Investitionsausgaben abweichen – eine Kreditfinanzierung ist deshalb nicht angezeigt. Ausserdem ist der volkswirtschaftliche Investitionsbegriff sehr schwammig und eine sachgerechte Abgrenzung zu den laufenden Ausgaben lässt daher grossen Ermessensspielraum offen, weshalb dieses Kriterium zurückhaltend angewandt werden sollte. 19 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze 1.2 Finanzleitbild Das 1999 vom Bundesrat verabschiedete Finanzleitbild bestimmt Ziele, Grundsätze und Instrumente für die Finanzpolitik des Bundes. Es formuliert finanzpolitische Strategien, welche etablierte finanzwissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen und als Wegweiser für eine zukunftsgerichtete, moderne Finanzpolitik dienen, die neuen Herausforderungen begegnet. Diese Leitplanken dienen der Steuerung finanzpolitischer Alltagsentscheide und liefern eine konzeptionelle Basis für zukunftsweisende Weichenstellungen. Das Finanzleitbild schafft Transparenz darüber, ob und wie einzelne Beschlüsse mit den finanzpolitischen Grundsätzen übereinstimmen und verdeutlicht damit den Preis für populäre Insellösungen. Insgesamt ermöglicht das Finanzleitbild die Führung einer transparenten, nachhaltigen und wachstumsfreundlichen Finanzpolitik. Die künftige Finanz- und insbesondere Steuerpolitik wird dadurch berechenbarer. Das Finanzleitbild ist ein Führungsinstrument des Bundesrates. Es hat richtungsweisenden Charakter für die finanzpolitischen Entscheide von Exekutive und Verwaltung, nimmt aber sachpolitische Zielsetzungen des Bundes nicht vorweg. Die Zuständigkeiten des Parlaments und die Volksrechte bleiben unangetastet. Verbindlich sind jeweils die einzelnen konkreten Beschlüsse der zuständigen Organe. 1.2.1 Zielvorgaben Das Finanzleitbild orientiert sich an zwei Oberzielen der Finanzpolitik des Bundes. Oberstes Ziel der Finanzpolitik ist es, für Stabilität zu sorgen, das Wirtschaftswachstum zu begünstigen und damit Beschäftigung, Wohlfahrt und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Dieses erste Oberziel umfasst folgende Unterziele: • Einnahmen- und Ausgabenpolitik sind wachstumsfreundlich auszugestalten. 20 • Steuer-, Fiskal- und Staatsquoten sollen zu den tiefsten in der OECD gehören; bei Vergleichen ist dem Entwicklungsstand der Volkswirtschaften Rechnung zu tragen. • Die Finanzpolitik darf den wirtschaftlichen Strukturwandel nicht behindern. • Die Finanzpolitik sorgt für Stabilität und fördert den gesellschaftlichen Grundkonsens. Das zweite Oberziel bezweckt die Erhaltung gesunder öffentlicher Finanzen, damit die gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Ziele dauerhaft erfüllt werden können. Das bedingt die Realisierung folgender Unterziele: • Das Bundesbudget ist mittelfristig, das heisst über einen Konjunkturzyklus, auszugleichen; strukturelle Defizite sind zu vermeiden. • Die Verschuldungsquote des Bundes ist auf ein nachhaltiges Mass zu senken. 1.2.2 Grundsätze Im Finanzleitbild werden die Zielvorgaben um einige Grundsätze ergänzt. Vorab steht der Grundsatz der Transparenz: Finanzpolitische Informationen sollen von möglichst hoher Qualität sein. Ihre Darstellung erfolgt in einer offenen, für die Bürgerinnen und Bürger verständlichen Form. Unter den Grundsätzen der Ausgabenpolitik postuliert der Bundesrat unter anderem: • Alle Staatsausgaben (bzw. -aufgaben) müssen periodisch auf ihre Notwendigkeit hin überprüft werden. • Dem Staat übertragene Aufgaben sind wirtschaftlich und zielwirksam zu erfüllen. 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze • • Für neue Ausgabenprogramme ist die Frage der Finanzierung sorgfältig zu klären. Mehrausgaben für neue Aufgaben sind vorrangig durch Einsparungen in bisherigen Aufgabenbereichen aufzufangen. Subventionen sind –– möglichst in Form von Subjekthilfen und nicht als Objekthilfen zu gewähren. Streusubventionen sind zu vermeiden; –– –– nicht an den Kosten zu orientieren, sondern am Erfüllungsgrad der vorgegebenen Ziele; zeitlich zu befristen. Finanzhilfen sind vorzugsweise in der Form zeitlich befristeter Anschub- und Überbrückungshilfen auszugestalten. Bei Abgeltungen ist soweit wie möglich eine Befristung der staatlichen Aufgabe vorzusehen. Als Grundsätze der Besteuerung gelten insbesondere: • Die Steuerlast ist gerecht auf die Steuerpflichtigen zu verteilen. Dazu müssen Steuern den in der Verfassung verankerten Prinzipien der Allgemeinheit, Gleichmässigkeit und Verhältnismässigkeit (Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) genügen. • Steuern sind so zu gestalten, dass die dem Steuerpflichtigen aufgebürdete Last möglichst gering und die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Aktivität möglichst klein ist. Wo aus staatlichen Leistungen ein zurechenbarer individueller Nutzen entsteht, ist stets eine vollständige oder teilweise Finanzierung durch verursachergerechte Gebühren und Beträge zu prüfen. • Das Steuersystem ist so zu gestalten, dass die Standortattraktivität der Schweiz erhalten und gestärkt werden kann. Hohe Steuern und hohe Grenzsteuersätze sind möglichst zu ver- meiden. Indirekte Steuern sind stärker zu gewichten. • Das Abgabesystem trägt zur langfristigen Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen bei. • Steuern sind so zu gestalten, dass sie stabilisierend auf die Konjunkturentwicklung und Beschäftigungslage wirken (Prinzip der konjunkturpolitischen Wirksamkeit). Schliesslich hält der Bundesrat als Grundsatz der Haushaltsstabilisierung fest, dass Haushaltssanierungen vorrangig über eine Kürzung der Ausgaben erfolgen müssen. Investitionen in Human- und Realkapital dürfen dabei nicht stärker gekürzt werden als die übrigen Ausgaben. 1.3 Finanzpolitische Kennziffern Für die Beurteilung der Entwicklung des Bundeshaushalts und der öffentlichen Haushalte gibt es eine Reihe von finanzpolitischen Kennziffern, die in der finanz- und wirtschaftspolitischen Diskussion häufig verwendet werden. Entscheidend für die Beurteilung der Finanzlage ist dabei nicht nur der aktuelle Wert, sondern auch dessen Entwicklung über einen bestimmten Zeitraum. Allerdings erlauben die Kennzahlen weder eine Beurteilung der Qualität und Effizienz der staatlichen Leistung, noch geben sie Auskunft über das Ausmass der Regulierungseingriffe eines Staates bzw. über die Abgrenzung zwischen Staat und Markt. Diese Einschränkungen müssen vor allem bei internationalen Vergleichen berücksichtigt werden. Grundlage für die Berechnung der nachfolgenden Kennziffern ist – in Anlehnung an die Statistiken der OECD – das Zahlenwerk der Finanzierungsrechnung, wobei ausserordentliche Transaktionen nicht berücksichtigt werden. Die nachstehenden Kennziffern werden im Verhältnis zum nominellen BIP berechnet. Das BIP ist ein Mass für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirt- 21 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze schaft. Es misst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen zu aktuellen Preisen, soweit diese nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen verwendet werden – also die so genannte Wertschöpfung. Die Veränderung der jeweiligen Quoten ist somit immer auch zu einem Teil auf die Veränderung des nominellen BIP zurückzuführen. Auf der Webseite der Eidgenössischen Finanzverwaltung (www.efv.admin.ch) werden Zahlenreihen für den Bund veröffentlicht und periodisch aktualisiert. Am selben Ort liegen auch Zahlen für den internationalen Vergleich sowie weitere Informationen zu den Berechnungsmethoden vor. 1.3.1 Kennziffern des Bundes Die Kennzahlen umfassen nur die Kernverwaltung d.h. «das Stammhaus Bund», erfolgt also ohne Zahlen der obligatorischen Sozialversicherungen, der Sonderrechnungen (ETH-Bereich, Alkohol­verwaltung, FinöV-Fonds, Infrastrukturfonds). Ausgabenquote Die Ausgabenquote entspricht dem Verhältnis zwischen den ordentlichen Ausgaben und dem nominellen Bruttoinlandprodukt (BIP). Die Ausgabenquote ist daher ein grober Indikator für das Ausmass der Tätigkeiten des Bundes im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft. In der ersten Hälfte der 90er Jahre hat die Ausgabenquote einen starken Anstieg erfahren. Im Jahre 1997 lag sie mit 11,5 Prozent knapp 2 Prozentpunkte über dem Stand von 1990. Die zahlreichen Sparbemühungen führten in den folgenden Jahren zu einer Stabilisierung dieser Kennzahl und seit 2003 zu einem Rückgang, mit einem Tiefpunkt von 22 10,4 Prozent in den Jahren 2007 und 2008. Der Anstieg im Jahre 2009 ist auf das rückläufige BIP in diesem Jahr sowie auf die Stabilisierungsmassnahmen zurückzuführen. Für die neue Legislatur wird davon ausgegangen, dass die Ausgabenquote nach dem erwarteten Anstieg 2011/2012 (verursacht durch die befristete Zusatzfinanzierung an die IV) auf diesem Niveau bleibt. Steuerquote Die Steuerquote setzt die ordentlichen Fiskaleinnahmen ins Verhältnis zum BIP und gibt einen Eindruck über die relative Belastung von Bevölkerung und Wirtschaft. Darin nicht berücksichtigt ist der Bundesanteil am Reingewinn der Alkoholverwaltung. Dieser entsteht zwar aus der Besteuerung von Alkohol, fliesst dem Stammhaus Bund jedoch als Einnahmen aus Regalien zu. Die Steuerquote hat in den 90er-Jahren in ähnlichem Masse zugenommen wie die Ausgabenquote. Nach der Jahrtausendwende hat sie sich während mehreren Jahren bei etwa 10,0 Prozent eingependelt. Seit Mitte dieses Jahrzehnts ist die Kennzahl wieder leicht angestiegen, was in konjunkturellen Aufschwungphasen üblich ist. In den Legislaturfinanzplanjahren wird sich die Steuerquote in etwa auf erwartetem Niveau für 2011 stabilisieren. Defizit-/Überschussquote Die Defizit-/Überschussquote zeigt den ordentlichen Saldo der Finanzierungsrechnung in Prozenten des BIP. Von 1991 bis 2005 präsentierte der Bundeshaushalt mit Ausnahme des Jahres 2000 ausschliesslich Ausgabenüberschüsse. Dank den Entlastungsprogrammen zur Umsetzung der Schuldenbremse und der Wirtschaftsentwicklung konnte die Defizitserie mit dem Rechnungsabschluss 2006 beendet werden. 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze Schuldenquote Die Schuldenquote umfasst, in Anlehnung an die Maastricht-Kriterien der EU, als Bruttogrösse im Zähler die laufenden Verpflichtungen sowie die kurz- und langfristigen Finanzverbindlichkeiten. Im Nenner steht wiederum das nominelle BIP. Die Schuldenquote hat sich seit Beginn der 90er Jahre mit 11,6 Prozent bis zum Höhepunkt im Jahr 2003 mit 28,3 Prozent weit mehr als verdoppelt. Dank der deutlichen Einnahmenüberschüsse der Jahre 2006–2010 konnte diese Entwicklung umgekehrt werden. Für die neue Legislatur wird mit einem weiteren Rückgang der Schuldenquote gerechnet. Auf diesem Weg sind die Zwischenhalte in den Jahren 2012 und 2015 jeweils auf eine starke Zunahme der Tresoreriemittel zurückzuführen, welche wegen fällig werdenden Anleihensrückzahlungen entsteht. Kennzahlen des Bundes in % nom. BIP Ausgabenquote Steuerquote R 1990 R 1995 R 2000 R 2005 R 2010 S 2011 VA 2012 LFP 2013 LFP 2014 LFP 2015 9,6 10,8 11,2 11,1 10,8 11,0 11,2 11,1 11,0 11,0 8,7 8,6 11,0 10,2 10,6 10,5 10,5 10,4 10,3 10,3 Defizit-/Überschussquote +0,3 -0,9 +0,9 -0,0 +0,7 +0,5 +0,0 -0,1 -0,0 -0,0 Schuldenquote brutto 11,6 22,0 25,6 28,1 20,2 19,6 19,5 19,5 18,6 18,4 Schulden und Schuldenquote des Bundes 2000–2015 Schulden und Schuldenquote des Bundes 2000–2015 2011: Schätzung (S) 2011: Schätzung (S) Mrd. % 140 35 120 30 100 25 80 20 60 15 40 10 20 5 0 0 00 01 02 03 Bruttoschulden in Mrd. 04 05 06 07 08 Schuldenquote in % des BIP 09 10 11 12 13 14 15 S VA LFP LFP LFP 23 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze 1.3.2 Kennzahlen der öffentlichen Haushalte Die oben dargestellten Kennzahlen des Bundes eignen sich nicht für internationale Vergleiche, da die Beschränkung auf eine Staatsebene je nach Zentralisierungsgrad eines Landes ein verzerrtes Bild abgeben kann. Aussagekräftiger sind Vergleiche anhand der von der Finanzstatistik ausgewiesenen Kennzahlen der öffentlichen Haushalte (Bund, Kantone, Gemeinden und öffentliche Sozialversicherungen 1). Am meisten verwendet werden fünf Aggregate, welche jeweils im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt (BIP) dargestellt werden. Die Kennzahlen werden nach den Standards des Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgewiesen. Die Quoten basieren auf dem revidierten BIP gemäss europäischem System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG 95). Defizit-/Überschussquote Die Defizit-/Überschussquote ist als Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte im Verhältnis zum BIP definiert. Die Defizit-/Überschussquote der öffentlichen Haushalte ist seit den 90er-Jahren starken konjunkturellen Schwankungen unterworfen, konnte aber in der jüngsten Vergangenheit auf einem positiven Niveau stabilisiert werden. Auf Grund des Einbruchs des Wirtschaftswachstums ist sie 2009 zwar stark zurückgegangen, blieb aber dank den guten Vorjahren mit insgesamt 0,5 Prozent des BIP positiv. In den Folgejahren erholen sich die Saldi wiederum, sinken im Zuge der nachlassenden Konjunktur bis 2012 aber voraussichtlich wieder auf 0,6 Prozent des BIP. Fiskalquote Die Fiskalquote gemäss IWF stellt die Steuereinnahmen und Sozialversicherungsabgaben im Verhältnis zum BIP dar. Sie umfasst sämtliche Steuern sowie die obligatorischen Sozialversicherungsbeiträge an AHV, IV, EO, ALV und für 1Die öffentlichen Sozialversicherungen umfassen AHV, IV, EO, ALV, die Familienzulagen in der Landwirtschaft und die Mutterschaftsversicherung Genf. 24 die Familienzulagen in der Landwirtschaft. Die Beiträge an Krankenkassen, Unfallversicherungen und Pensionskassen werden trotz Obligatorium nicht berücksichtigt, da diese Unternehmungen nicht zum Sektor Staat gehören. Die Fiskalquote verharrte in den vergangenen Jahren auf einem Niveau von knapp 30,0 Prozent. Sie blieb auch während der Wirtschaftskrise 2009 relativ stabil, jedoch sorgte das sinkende BIP (-1,9 %) für einen Anstieg der Quote, welcher sich auch in den Folgejahren fortsetzt. 2011 schliesslich dürfte die Fiskalquote erstmals seit dem Jahr 2000 wieder auf über 30,0 Prozent des BIP ansteigen. Staatsquote Die Staatsquote entspricht dem Verhältnis zwischen den Gesamtausgaben der öffentlichen Haushalte und dem BIP. Dabei wird der gesamte Aufwand (laufender Aufwand plus Nettozugang an Sachvermögen) berücksichtigt. Nach einem starken Anstieg in den 90er-Jahren konnte die Staatsquote seit 2003 kontinuierlich gesenkt werden. Sie betrug 2008 noch 32,6 Prozent des BIP. Danach hat die Rezession jedoch in allen öffentlichen Haushalten Mehrausgaben nach sich gezogen. Als Folge des gleichzeitig sinkenden BIP ist die Staatsquote dadurch um 1,8 Prozentpunkte angestiegen. Bis 2012 wird sie sich voraussichtlich weiter ausdehnen und für den Gesamtstaat 34,9 Prozent betragen. Schuldenquote Die Schuldenquote ist das Verhältnis zwischen den Bruttoschulden der öffentlichen Haushalte und dem BIP. Diese Kennzahl stützt sich auf die Definition des neuen Harmonisierten Rechnungsmodells der Kantone (HRM2). Sie stellt zudem eine Annäherung an die Bruttoschuldenquote gemäss den Maastricht-Kriterien der EU dar. Die Bruttoschulden setzen sich gemäss HRM2 aus den laufenden Verpflichtungen, den kurzfristigen Schulden, den mittel- und langfristigen Schulden sowie den Verpflichtungen für Sonderrechnungen zusammen. 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze Die Schuldenquote verzeichnete in den letzten Jahren einen sinkenden Trend, und reduzierte sich bis 2009 auf 39,0 Prozent. Damit sank sie erstmals seit 1992 wieder unter 40,0 Prozent des BIP. Insbesondere die Schuldenbremse des Bundes sorgt für einen kontinuierlichen Schuldenabbau. Aber auch in den anderen Sektoren wird mit einer weiteren Reduktion der Schulden gerechnet. Die Quote für den gesamten Staatssektor dürfte also auch in den kommenden Jahren weiter sinken und bis 2012 auf 35,7 Prozent des BIP fallen. Fremdkapitalquote Die Fremdkapitalquote stellt die Bruttoschulden gemäss der Definition des IWF in Prozent des BIP dar. Sie umfasst mehr Bilanzpositionen (z.B. Rückstellungen) als die Maastricht-Schuld: Das Fremdkapital setzt sich aus nahezu allen Positionen der Passiven der Bilanz zusammen. Die IWF-Standards fordern zudem die Bewertung der Verpflichtungen nach ihrem Marktwert. Insbesondere Obligationen und andere auf Märkten gehandelte Schuldpapiere erreichen dadurch in den vergangenen Jahren einen viel höheren Bestand im Vergleich zum Nominalwert. Dank der hohen Überschüsse der Vorjahre ging auch die Fremdkapitalquote in der jüngeren Vergangenheit kontinuierlich zurück. Im Jahr 2009 ist wiederum ein leichter Anstieg festzustellen, der auf die höheren Marktwerte der Bruttoschulden zurückzuführen ist. Die Fremdkapitalquote wird sich in den darauf folgenden Jahren – wie die Maastricht-Schuldenquote – weiter reduzieren. Sie sinkt erstmals seit 1993 wieder unter 50,0 Prozent und beträgt 2012 voraussichtlich noch 47,5 Prozent des BIP. Kennzahlen der öffentlichen Haushalte der Schweiz in % BIP 1990 1995 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Defizit-/ Überschussquote -0,1 -2,0 2,4 -0,6 1,0 1,4 1,9 0,5 0,4 0,8 0,6 Fiskalquote 25,5 27,6 30,0 29,0 28,9 28,7 29,3 29,7 29,8 30,1 30,2 Staatsquote 31,5 37,1 35,2 37,5 35,7 34,6 32,6 34,4 34,5 34,6 34,9 Schuldenquote 31,7 48,5 52,2 52,5 47,0 43,4 40,8 39,0 38,4 36,4 35,7 Fremdkapitalquote 38,2 56,4 61,3 72,5 64,6 57,7 52,6 53,1 50,5 48,3 47,5 Hinweise: - 2010 – 2012: Schätzung - Schuldenquote: Bruttoschulden in Anlehnung an die Maastrichtkriterien - Fremdkapitalquote: Schulden nach IWF-Standards 25 1 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze Die Modelle der Finanzstatistik im Überblick Die Statistik der öffentlichen Finanzen der Schweiz, kurz Finanzstatistik genannt, gibt einen Gesamtüberblick über die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage der öffentlichen Haushalte: Bund, Kantone, Gemeinden und öffentliche Sozialversicherungen. Zusammen bilden sie den Wirtschaftssektor Staat. Dessen Definition entspricht den methodologischen Anforderungen, wie sie im Handbuch des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Finanzstatistik, das «Government Finance Statistics Manual 2001» (GFSM2001), festgehalten werden. Sie ist mit derjenigen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung identisch. Die öffentlichen Unternehmungen werden nicht in der Finanzstatistik erfasst. Basisdaten der Finanzstatistik sind die Finanzbuchhaltungen der öffentlichen Haushalte und der von ihnen kontrollierten Institutionen (Körperschaften, Anstalten, Sonderrechnungen und Fonds usw.). Um den verschiedenen Ansprüchen gerecht zu werden, erfolgt der Ausweis der Ergebnisse und der daraus abgeleiteten Kennziffern nach zwei Modellen. Das FS-Modell dient der nationalen Vergleichbarkeit und baut grundsätzlich auf dem neuen Harmonisierten Rechnungslegungsmodell der Kantone HRM2 auf. Für internationale Vergleiche werden diese Daten in das GFS-Modell, das dem Finanzstatistikstandard des IWF (GFSM2001) folgt, umgeschlüsselt und statistisch bearbeitet. Dazu zählen z.B. Bewertungskorrekturen oder die Zubuchung von Ansprüchen des Staates gegenüber der Nationalbank in der Bilanz. Diese Daten fliessen wiederum in das ESVG-Modell (Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen) und die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) der Schweiz ein, welche auf der gleichen methodologischen Grundlage wie die Finanzstatistik aufbaut. Übersicht zu den publizierten Modellen der Finanzstatistik FS-Modell GFS-Modell Grundlage Nationale Rechnungslegungsstandards des Bundes (NRM) und der Kantone (HRM2) Internationale Finanzstatistikstandards des IWF (GFSM2001) Ziel Nationale Vergleichbarkeit der öffentlichen Haushalte (und zusätzlich internationaler Vergleich der Schuldenquote in Anlehnung an die Definition von Maastricht) Internationale Vergleichbarkeit des Wirtschaftssektors Staat und der Kennzahlen: Fiskalquote, Staatsquote, Defizit-/Überschussquote und Fremdkapitalquote. Umfang der Auswertungen Nebst dem Wirtschaftssektor Staat und seiner Teilsektoren (Bund, Kantone und Konkordate, Gemeinden, Sozialversicherungen) auch bis auf Stufe einzelner Haushalte (Bund, Kantone einzeln, Kantone und ihre Gemeinden, Städte und Kantonshauptorte, Sozialversicherungshaushalte) Nur auf Stufe Wirtschaftssektor Staat und seinen Teilsektoren (Bund, Kantone und Konkordate, Gemeinden, Sozialversicherungen) 26 2 Rechtliche Grundlagen 2.1 Bundesverfassung In der Bundesverfassung (BV; SR 101) sind für die Führung des Bundeshaushalts in erster Linie die folgenden Bestimmungen massgebend: • • • • • Berücksichtigung der Konjunkturlage: Nach Artikel 100 Absatz 4 BV soll der Bund bei seiner Einnahmen- und Ausgabenpolitik die Konjunkturlage berücksichtigen. Schuldenbremse: Artikel 126 BV verpflichtet den Bund, seine Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht zu halten (Abs. 1). Zu diesem Zweck richtet sich der im Voranschlag zu bewilligende Höchstbetrag der Gesamtausgaben – unter Berücksichtigung der Wirtschaftslage – nach den geschätzten Einnahmen (Abs. 2). Wird der Höchstbetrag überschritten, so sind die Mehrausgaben in den Folgejahren zu kompensieren (Abs. 4). Absolutes Mehr: Artikel 159 Absatz 3 Buchstaben b und c BV legen fest, dass bestimmte Gesetzesvorlagen und Finanzbeschlüsse die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte benötigen (Ausgabenbremse; ausserordentlicher Zahlungsbedarf). Finanz- und Kredithoheit des Parlamentes: Nach Artikel 167 BV ist die Bundesversammlung zuständig für die Festsetzung des jährlichen Voranschlages und für die Abnahme der Staatsrechnung. Das Finanz- und Kreditrecht ist deshalb geprägt durch die weitgehenden Kompetenzen des Parlaments und seiner Finanzkommissionen. 2.2 Gesetze und Verordnungen Parlamentsgesetz Zahlreiche Vorschriften mit Bedeutung für den Haushaltbereich finden sich im Bundesgesetz vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10). Sie betreffen insbesondere: • Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zum Erlass von Kreditbeschlüssen in Form einfacher Bundesbeschlüsse (Art. 25 ParlG); • die Oberaufsicht der Bundesversammlung über den Finanzhaushalt (Art. 26 Abs. 2 ParlG) sowie die Aufgaben der Finanzkommissionen und der Finanzdelegation (Art. 50 f. und 54 f. ParlG); • die Differenzregelung zwischen den Räten beim Voranschlag und bei den Nachtragskrediten (Art. 94 ParlG); • die Behandlung von Eingaben zum Finanzgebaren des Bundesrates durch die Finanzkommissionen (Art. 129 ParlG); • die Erläuterungen des Bundesrates in Botschaften zu Erlassentwürfen über das Abstimmen von Aufgaben und Finanzen sowie die personellen und finanziellen Auswi­rkungen von Erlassen (Art. 141 Abs. 2 Bst. e und f ParlG); • die Unterbreitung des Voranschlags und seiner Nachträge, der Staatsrechnung sowie des Finanzplans durch den Bundesrat (Art. 142 f. ParlG); Kompetenzen des Bundesrates: Nach Artikel 183 BV erarbeitet der Bundesrat den Finanzplan, entwirft den Voranschlag und erstellt die Staatsrechnung. Zudem sorgt er für eine ordnungsgemässe Haushaltführung. 27 2 Rechtliche Grundlagen • den Legislaturfinanzplan und dessen sachliche und zeitliche Verknüpfung mit den Zielen und Massnahmen der Legislaturplanung (Art. 146 Abs. 4 ParlG); • die laufende und regelmässige Orientierung der Finanzdelegation über die Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Mitberichte (Art. 154 Abs. 3 ParlG). die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (zur Sonderstellung dieser Institutionen vgl. Art. 142 Abs. 2 f. ParlG); dem Gesetz grundsätzlich nicht unterstellt sind Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung mit eigenem Rechnungskreis (u.a. ETHBereich, Swissmedic, Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Eidgenössische Alkoholverwaltung und PUBLICA); Finanzhaushaltgesetz Der Grunderlass für die Haushaltführung im Bund ist das Bundesgesetz vom 7.10.2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (FHG; SR 611.0). • verlangt von Bundesversammlung, Bundesrat und Verwaltung, die Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht zu halten (Art. 12 Abs. 1 FHG); Näheren Aufschluss über die Leitgedanken der gesetzlichen Ordnung gibt die Botschaft des Bundesrates vom 24.11.2004 zur Totalrevision des FHG (BBl 2005 5) im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Rechnungsmodells (NRM). Das Instrument der Kreditsperre ist seit dem 1.1.2008 ebenfalls im FHG verankert (vgl. Art. 37a und 37b). • sieht die Führung des Bundeshaushalts nach Finanzierungs- und Erfolgssicht vor (Art. 12 Abs. 2 FHG) • statuiert die Grundsätze der Gesetzmässigkeit, der Dringlichkeit sowie der Sparsamkeit und verlangt, dass die Mittel wirksam und wirtschaftlich eingesetzt werden (Art. 12 Abs. 4 FHG); • überträgt dem Finanzdepartement die Aufgabe, die Verwaltung der Bundesfinanzen zu leiten und für den Überblick über den gesamten Finanzhaushalt des Bundes zu sorgen (Art. 58 Abs. 1 FHG); • macht die Verwaltungseinheiten verantwortlich für die sorgfältige, wirtschaftliche und sparsame Verwendung der anvertrauten Kredite oder Vermögenswerte (Art. 57 Abs. 1 FHG). Das Finanzhaushaltgesetz • gilt uneingeschränkt für die zentrale Bundesverwaltung (Departemente einschliesslich Generalsekretariate, Bundeskanzlei, Ämter und Gruppen) und jene Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine eigene Rechnung führen. Ebenfalls dem Gesetz unterstellt sind die Bundesversammlung (einschliesslich ihrer Parlamentsdienste), die eidgenössischen Gerichte, die Eidgenössische Finanzkontrolle, die Bundesanwaltschaft und 28 2 Rechtliche Grundlagen Finanzhaushaltverordnung Die Ausführungsbestimmungen zum FHG sind in der Finanzhaushaltverordnung vom 5.4.2006 (FHV; SR 611.01) enthalten. In dieser Verordnung hat der Bundesrat gestützt auf Artikel 63 Absatz 2 FHG namentlich den Kontenrahmen und die Kontierungsgrundsätze sowie die Abschreibungsmethoden und -sätze bestimmt; zudem hat er die Unterarten der Voranschlags- und Verpflichtungskredite umschrieben. Schliesslich wird in Artikel 53 FHV festgelegt, dass sich die Rechnungslegung nach den International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) richtet. Die Abweichungen von IPSAS sowie die ergänzenden Standards sind im Anhang 2 zur FHV aufgeführt. Von besonderer Bedeutung sind die Vorschriften in Artikel 16 und 24 f. FHV über das Verfahren bei der Bewilligung von Zusatz- und Nachtragskrediten. Im Falle der Dringlichkeit beschliesst der Bundesrat nach Artikel 28 Absatz 1 und Artikel 34 Absatz 1 FHG mit vorgängiger Zustimmung der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte. • Verordnung der Bundesversammlung vom 18.6.2004 über die Verpflichtungskreditbegehren für Grundstücke und Bauten (SR 611.051) • Bundesgesetz vom 5.10.1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz, SuG; SR 616.1) Weitere Rechtsgrundlagen Folgende Rechtsgrundlagen sind für die Haushaltführung ebenfalls relevant: 29 3 Übergeordnete Instrumente der Finanz­politik (Finanzordnung) Artikel 126 bis 135 der Bundesverfassung regeln in den Grundsätzen die Finanzen des Bundes. Diese so genannte Finanzordnung besteht aus drei Teilen: Finanzordnung des Bundes Art. 126–135 und Art. 196 Ziff. 13–15 BV Haushaltführung (Art. 126 BV) Grundsätze der Besteuerung (Art. 127–134 und 196 Ziff. 13–15 BV) Finanz- und Lastenausgleich (Art. 135 BV) • Ausgleich der Finanzierungsrechnung über einen Konjunkturzyklus • Allgemeine Grundsätze •A llgemeine Grundsätze • Rechtsgrundlagen für die vom Bund erhobenen Steuern •R egelung des Beitrags der Kantone am Ressourcenausgleich • Verankerung der Schuldenbremse • (formelle) Harmonisierung der direkten Steuern • Übergangsbestimmung zur Befristung der direkten Bundessteuer und der Mehrwertsteuer Jede dieser drei «Säulen» der Bundesfinanzen ist in der jüngeren Vergangenheit revidiert worden: Die Bestimmungen zur Schuldenbremse wurden 2001 von Volk und Ständen gutgeheissen, diejenigen zum Finanzausgleich im Rahmen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) gleichzeitig wie die neue Finanzordnung (mit aktualisierten Bestimmungen zur Besteuerung) im Jahr 2004. Die Schuldenbremse ist das zentrale Instrument zur Gesamtsteuerung des Bundeshaushalts. Sie wird im nachfolgenden Abschnitt 3.1 im Detail erläutert. Obwohl sich nur dieser Teil der Finanz­ ordnung explizit der Haushaltführung widmet, sind auch die Grundsätze der Besteuerung (vgl. Ziff. 3.2) und die Bestimmungen zum Finanz- und Lastenausgleich (vgl. Ziff. 3.3) im Hinblick auf die Steuerung des Bundeshaushalts von Bedeutung. 31 3 Übergeordnete Instrumente 3.1 Gesamtsteuerung durch die Schuldenbremse 3.1.1 Motivation und Ziel In der Schweiz wurde im Jahre 2003 auf Bundesebene der Übergang von einer diskretionären zu einer regelgebundenen Finanzpolitik vollzogen. Die Erfahrungen mit der Schuldenbremse sind durchwegs positiv. Das schweizerische Regelwerk stösst auch international auf reges Interesse. Der Übergang zur regelgebundenen Finanzpolitik in der Schweiz rechtfertigte sich durch zwei Asymmetrien in der Vergangenheit: • • Erstens liegen auf Bundesebene die Kompetenzen zur Erhöhung der Einnahmen und jene zur Erhöhung der Ausgaben nicht auf derselben politischen Ebene. Eine Erhöhung der wichtigsten Steuern (direkte Bundessteuer und Mehrwertsteuer) benötigt eine Verfassungsänderung und damit die Zustimmung von Volk und Ständen, während eine Aufstockung der Ausgaben durch das Parlament in der Regel mittels einfacher Mehrheit beschlossen werden kann. Dies führte in der Vergangenheit tendenziell zu Haushaltsdefiziten und einer entsprechenden Schuldenfinanzierung. Die Schuldenbremse legt deshalb verbindlich fest, dass die Ausgaben sich nach den Einnahmen richten müssen. Zweitens fehlte die Bereitschaft zur finanziellen Zurückhaltung während eines Wirtschaftsaufschwungs als Gegenstück zu den Defiziten in Rezessionsphasen. Vielmehr war gerade dann der Druck hoch, mit den konjunkturbedingten Mehreinnahmen neue Aufgaben zu finanzieren, ohne auf bestehende zu verzichten. 32 Die Konsequenz waren eine defizitäre Schlagseite und eine Erhöhung der Schulden. Die Schuldenbremse legt deshalb verbindlich fest, dass ein konjunkturell bedingter Überschuss im Aufschwung nicht für die Finanzierung von Ausgaben verwendet werden kann. Ziel der Schuldenbremse ist der Budgetausgleich in der mittleren Frist (d.h. über einen Konjunkturzyklus hinweg) und damit die Stabilisierung der nominellen (Brutto-)Verschuldung. In der kürzeren Frist sind, je nach Konjunkturlage, Defizite zulässig oder Überschüsse notwendig, damit der in der Bundesverfassung geforderten Konjunkturverträglichkeit (Art. 100 BV) Rechnung getragen werden kann. Diese Eigenschaft trägt zu einer «passiv antizyklischen» Finanzpolitik bei und zielt dabei auf eine möglichst stetige Entwicklung der Ausgaben und damit auf die Planbarkeit der staatlichen Aufgabenerfüllung ab. Die Ausgaben sollen nicht im konjunkturellen Aufschwung erhöht und in einer Rezessionsphase wieder eingespart werden. Die Verfassungsbestimmungen zur Schuldenbremse wurden 2001 in einer Abstimmung mit einer Mehrheit von 85 Prozent gutgeheissen. Die Schuldenbremse gilt in der Schweiz jedoch nur für den Bundeshaushalt. Die Kantone und Gemeinden sind in ihrer Finanzpolitik autonom. Die Mehrzahl der Kantone kennt eigene Ausprägungen einer Defizit- oder Verschuldungsbegrenzung. Weit verbreitet ist zudem das kantonale Finanzreferendum, welches bei neuen staatlichen Ausgaben einen Volksentscheid ermöglicht. 3 Übergeordnete Instrumente 3.1.2 Funktionsweise Die Schuldenbremse ist eine einfache Ausgabenregel. Sie limitiert die Ausgaben über einen Konjunkturzyklus hinweg auf die Höhe der Einnahmen und sichert damit einen ausgeglichenen Bundeshaushalt. Konkretisiert wird er im FHG durch folgende Formel: Ausgabenplafond = Ausgabenplafond = geschätztegeschätzte EinnahmenEinnahmen x Konjunkturfaktor x Konjunkturfaktor Die Schuldenbremse setzt die Höchstausgaben aufgrund der um einen Konjunkturfaktor korrigierten Einnahmen fest. Der Konjunkturfaktor ist eine Masszahl für die jeweilige Konjunkturlage. Er entspricht dem Quotienten aus dem Trend des realen Bruttoinlandproduktes und dem effektiven realen Bruttoinlandprodukt des entsprechenden Jahres: Trend-BIP Trend-BIP Konjunkturfaktor = Konjunkturfaktor = BIP BIP Dieser Faktor bereinigt die Einnahmen um die geschätzten konjunkturellen Einflüsse. Mit anderen Worten: In Zeiten der gesamtwirtschaftlichen Überauslastung müssen die Ausgaben niedriger sein als die Einnahmen (Konjunkturfaktor < 1), dagegen dürfen sie im Abschwung höher ausfallen (Konjunkturfaktor > 1). Im ersten Fall muss ein «konjunktureller Überschuss» erwirtschaftet werden, im zweiten wird ein «konjunkturelles Defizit» toleriert. Für ausserordentliche Situationen ist eine Ausnahmeregelung vorgesehen. Damit wird sichergestellt, dass die staatliche Handlungsfähigkeit auch in besonderen Umständen erhalten bleibt. Die Schweizer Schuldenbremse lässt für aussergewöhnliche und nicht steuerbare Ausgaben, aber auch für rein verbuchungsbedingte Zahlungsspitzen, einen gewissen Spielraum zu. Bei solchem ausserordentlichen Zahlungsbedarf kann der Ausgabenplafond entsprechend erhöht werden. Erforderlich ist dazu allerdings ein qualifiziertes Mehr im Parlament; zudem müssen ausserordentliche Ausgaben mittelfristig wieder Stetiger Ausgabenpfad und konjunkturabhängige Einnahmen Franken Konjunktureller Überschuss Konjunkturelles Defizit Einnahmen Ausgaben Zeit 33 3 Übergeordnete Instrumente kompensiert werden (durch ausserordentliche Einnahmen und/oder Unterschreitungen des Ausgabenplafonds). Die Vorgaben der Schuldenbremse werden mit dem Voranschlag festgelegt. Bei Vorliegen der Rechnungsergebnisse werden die Vorgaben aufgrund definitiver Werte überprüft und die Abweichungen von der Regel festgehalten. In der Schuldenbremse stellt das so genannte «Ausgleichskonto» gewissermassen das Gedächtnis der Regelabweichungen dar. In dieser Statistik werden sämtliche Über- und Unterschreitungen der höchstzulässigen Ausgaben aufgezeichnet und aufsummiert. Dieses Instrument dient insbesondere der Transparenz und ermöglicht jederzeit eine Überprüfung der Regelanwendung. Bei Überschreitungen der höchstzulässigen Ausgaben sind abgestufte Sanktionen vorgesehen. Grundsätzlich müssen Fehlbeträge im «Ausgleichskonto» in den Folgejahren kompensiert werden. Überschreitet ein Fehlbetrag den Grenzwert von 6 Prozent der Ausgaben, so kommt eine verschärfte Sanktion zum Einsatz. Das Gesetz schreibt in diesem Fall einen verbindlichen Zeitplan vor (drei Jahre), um den Fehlbetrag wieder unter den Grenzwert zurück zu führen. 34 3.1.3 Erfolgsbilanz Die Erfahrungen mit der Schuldenbremse sind durchwegs positiv. Gemessen an der Entwicklung der massgeblichen finanzpolitischen Kennzahlen hat die regelgebundene Finanzpolitik die Erwartungen erfüllt. So verbesserte sich die Lage des ordentlichen Haushaltes in den Jahren 2003 bis 2010 von einem Defizit von 2,8 Milliarden (0,6 % des BIP) zu einem Überschuss von 3,6 Milliarden (0,7 % des BIP). Die Ausgabenquote sank in der gleichen Periode von 11,4 Prozent auf 10,8 Prozent des BIP, während die Schuldenquote sich von 28,3 Prozent auf 20,2 Prozent reduzierte. Der Abbau der Bundesschuld hat zu substanziellen Entlastungen bei den Zinszahlungen geführt und damit neuen Spielraum für andere Ausgaben bewirkt. Die Schuldenbremse hat seit ihrer Einführung im Jahr 2003 drei Bewährungsproben bestanden: • Erstens befand sich der Bundeshaushalt zum Zeitpunkt der Einführung der Schuldenbremse entgegen den Erwartungen nicht im Gleichgewicht, sondern wies eine beträchtliche strukturelle Finanzierungslücke auf. Dank den bindenden Vorgaben der Fiskalregel, die für die Startphase mit einem Defizitabbaupfad 3 Übergeordnete Instrumente ergänzt wurde, ist es dem Bundesrat und Parlament gelungen, rasch und konsequent Entlastungsprogramme umzusetzen. Diese erlaubten, die Ausgaben permanent um rund 5 Milliarden zu senken, womit die strukturellen Defizite zwischen 2003 und 2005 eliminiert werden konnten. • Zweitens hat die Schuldenbremse verhindert, dass die hohen Steuereinnahmen der wirtschaftlich starken Jahre vor 2009 für Mehrausgaben verwendet wurden. Stattdessen konnten Überschüsse erwirtschaftet und Schulden abgebaut werden. Damit stellte die Schuldenbremse ihre disziplinierende Wirkung im Konjunkturaufschwung unter Beweis. • Drittens hat sich die Schuldenbremse in der Finanz- und Wirtschaftskrise auch als schlechtwettertauglich erwiesen. Dank der Ausnahmeregelung war es möglich, die Eigenkapitalbasis der UBS temporär zu stärken, ohne dadurch die ordentliche Aufgabenerfüllung des Bundes zu gefährden. Die konjunkturverträgliche Ausgestaltung der Regel hat zudem in der Rezession verhindert, dass in der Krise Ausgaben gekürzt werden mussten. Darüber hinaus hat sie Spielraum für massvolle Stabilisierungsmassnahmen gelassen. Die Schuldenbremse ist jedoch kein finanzpolitisches Allerheilmittel. Sie erleichtert zwar die kürzerfristige Steuerung des Bundeshaushaltes und kann den Schuldenanstieg zum Stillstand bringen und damit die Finanzlage stabilisieren. Sie setzt indessen nur eine Obergrenze für die Staatsausgaben, sagt aber nichts darüber aus, wofür die staatlichen Mittel einzusetzen sind. Damit sichert sie in keiner Weise die längerfristige Budgetqualität. Diese ist nur durch eine regelmässige Prüfung der Aufgaben zu erreichen. Die grossen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Demografie, erfordern zudem grundlegende, strukturelle Reformen. Ohne diese werden wichtige ungebundene Ausgaben aus dem Budget verdrängt. 35 3 Übergeordnete Instrumente Stand des Ausgleichskontos Mithilfe des Ausgleichskontos wird die Einhaltung der Schuldenbremse in der Vergangenheit kontrolliert. Beim Ausgleichskonto handelt es sich allerdings nicht um ein Konto im buchhalterischen Sinn und auch nicht um einen Fonds mit einem verfügbaren Mittelbestand. Es wird als Statistik ausserhalb der Staatsrechnung geführt. In den letzten Jahren hat der Bundeshaushalt durchgehend strukturelle Überschüsse geschrieben. Das Mindestziel der Schuldenbremse – der dauerhafte Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben – wurde damit klar übertroffen. Dies spiegelt sich im Stand des Ausgleichskontos von 15,6 Milliarden am Ende des Rechnungsjahres 2010. Die Gutschriften auf das Ausgleichskonto lassen sich allgemein in drei ursächliche Komponenten aufteilen. So kann zunächst ein in der Staatsrechnung ausgewiesener struktureller Überschuss bereits zum Zeitpunkt der Budgetierung geplant gewesen und damit das Ergebnis eines bewussten finanzpolitischen Entscheides sein. Ein struktureller Überschuss kann aber auch unerwartet beim Budgetvollzug entstehen; solche Abweichungen können durch Unterschätzungen der konjunkturbereinigten Einnahmen oder durch Überschätzungen der Ausgaben entstehen. Untersucht man den Stand des Ausgleichskontos per Ende 2010, dann zeigt sich, dass nur ein kleiner Teil der Gutschriften (0,4 Mrd. oder 2,7 %) auf budgetierte strukturelle Überschüsse zurückzuführen ist. Der weitaus grössere Teil des aktuellen Kontostandes (15,2 Mrd. bzw. 97,3 %) wird durch ungeplante, d.h. erst in der Rechnung festgestellte, strukturelle Überschüsse erklärt. Davon entfällt mit rund 12 Milliarden (77,1 %) der grössere Teil auf die Unterschätzung der konjunkturbereinigten Einnahmen. Die Überschätzung der Ausgaben schliesslich schlägt mit 3,2 Milliarden (20,2 %) im Ausgleichskonto zu Buche. Die Zunahme des Ausgleichskontos widerspiegelt sich mit umgekehrten Vorzeichen im Schuldenstand: Beliefen sich die Bruttoschulden per 1.1.2007 noch auf 125,2 Milliarden, konnten sie in den folgenden vier Jahren um 14,6 Milliarden auf knapp 111 Milliarden gesenkt werden. Somit zeigt sich, dass der Stand der Verschuldung das Pendant zum Saldo des Ausgleichskontos darstellt: Eine im Ausgleichskonto ausgewiesene Übererfüllung der Schuldenbremse (welche im Sinne einer Mindestvorgabe die Stabilisierung der nominellen Verschuldung verlangt) impliziert eine Senkung der Bruttoschulden in vergleichbarem Ausmass. Schätzfehler sind im Budgetierungsprozess unvermeidlich. Dies trifft auf die Einnahmen und Ausgaben des Bundes sowie das Bruttoinlandprodukt und damit den Konjunkturfaktor zu. Aus diesem Grund wurde mit der Schuldenbremse auch das Instrument des Ausgleichskontos geschaffen. Gutschriften und Belastungen sollen sich über die Zeit in etwa die Waage halten. Eine Belastung oder Gutschrift des Ausgleichskontos ist in der Konzeption der Schuldenbremse vorgesehen und stellt deshalb nichts Aussergewöhnliches dar. Zu vermeiden sind dagegen systematische Abweichungen bei den Schätzungen, welche zu einer einseitigen, immerwährenden Belastung oder Gutschrift des Ausgleichskontos führen. 36 3 Übergeordnete Instrumente 3.2 Grundsätze der Besteuerung Neben den allgemeinen Grundsätzen der Be­steue­ rung in Artikel 127 BV enthält der zweite Teil der Finanzordnung eine Aufzählung der Steuern, die der Bund zu erheben befugt ist. Dazu gehören: • die direkte Bundessteuer (Art. 128 BV) • die Mehrwertsteuer (Art. 130 BV) • die Verbrauchssteuern auf Tabak und Tabakwaren; gebrannten Wassern; Bier; Automobilen und ihren Bestandteilen; Erdöl, anderen Mineralölen, Erdgas und den aus ihrer Verarbeitung gewonnenen Produkten sowie auf Treibstoffen (Art. 131 BV) • die Stempelsteuer und die Verrechnungssteuer (Art. 132 BV) • die Zölle (Art. 133 BV). Der Ertrag aus diesen Steuern umfasst rund 95 Prozent der gesamten Fiskaleinnahmen des Bundes. Für die übrigen Fiskaleinnahmen wird die Kompetenz des Bundes, entsprechende Abgaben zu erheben, entweder direkt bei den jeweiligen Politikbereichen in der Bundesverfassung (z.B. Nationalstrassenabgabe, Schwerverkehrsabgabe) oder auf Gesetzesstufe (z.B. CO2‑Abgabe, Spielbankenabgabe) geregelt. Was die Bundesgesetzgebung als Gegenstand der Mehrwertsteuer, der besonderen Verbrauchssteuern, der Stempelsteuer und der Verrechnungssteuer bezeichnet oder für steuerfrei erklärt, dürfen die Kantone und Gemeinden nicht mit gleichartigen Steuern belasten (Art. 134 BV). Ebenso verfügt nur der Bund über die Kompetenz, Zölle und andere Abgaben auf dem grenzüberschreitenden Warenverkehr zu erheben (Art. 133 BV). Kein Ausschluss kantonaler und kommunaler Besteuerung besteht hingegen bei den direkten Steuern auf dem Einkommen der natürlichen Personen und dem Reinertrag der juristischen Personen. Vielmehr hat hier der Bund bei der Festsetzung der Tarife auf die Belastung durch die direkten Steuern der Kantone und Gemeinden Rücksicht zu nehmen. Die Verfassung sieht weiter vor, dass die Steuer von den Kantonen veranlagt und eingezogen wird, die Kantone zugleich aber Anspruch auf einen Teil des Steuer­ ertrags haben (vgl. Art. 128 BV). Gleichzeitig ist der Bund ermächtigt, Grundsätze über die Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden festzulegen (Art. 129 BV). Die Harmonisierung erstreckt sich auf Steuerpflicht, Gegenstand und zeitliche Bemessung der Steuern sowie Verfahrensrecht und Steuerstrafrecht. Von der Harmonisierung ausgenommen bleiben insbesondere die Steuertarife, die Steuersätze und die Steuerfreibeträge. Für die wichtigsten Einnahmenquellen – die direkte Bundessteuer und die Mehrwertsteuer – werden in der Verfassung Höchstsätze festgesetzt. Eine Erhöhung dieser Sätze bedarf somit immer der Zustimmung von Volk und Ständen. Damit werden der Möglichkeit, Ungleichgewichte im Bundeshaushalt durch Steueranhebungen zu beseitigen, deutliche Grenzen gesetzt. Die Schuldenbremse, welche die Ausgaben des Bundes in einen verbindlichen Konnex zu den Einnahmen stellt, überträgt diese Limitierung auch auf die Ausgabenseite. Für die Kantone und Gemeinden ist die Einschränkung der steuerlichen Möglichkeiten des Bundes ebenfalls von Bedeutung, da der Bund bei der direkten Bundessteuer mit ihnen um das gleiche Steuersubstrat konkurriert. Darüber hinaus ist die Kompetenz des Bundes zur Erhebung der direkten Bundessteuer und der Mehrwertsteuer seit jeher befristet. Die Befugnis des Bundes zur Erhebung dieser beiden Hauptsteuern wurde letztmals mit der am 1.1.2007 in Kraft gesetzten Revision der Finanzordnung des Bundes bis Ende 2020 verlängert (Art. 196 Ziff. 13 und 14 BV). Aufgrund der Befristung ist 37 3 Übergeordnete Instrumente der Bund angehalten, die Einnahmenseite seines Haushaltes in regelmässigen Abständen grundsätzlich zu überdenken sowie Volk und Stände über die Grundlagen der Bundesfinanzordnung entscheiden zu lassen. 3.3 Föderalismus und Finanzausgleich 3.3.1 Föderale Struktur der Schweiz Föderalismus ermöglicht, Verschiedenartigkeit in einer Einheit zu leben. Für die Schweiz, mit mehreren Sprachen und grossen topographischen Unterschieden, ist er eine wichtige Voraussetzung für das Zusammenleben. Aus ökonomischer Sicht spricht für eine föderalistische Struktur die Tatsache, dass die Effizienz der staatlichen Aufgabenerfüllung erhöht werden kann. Einerseits kann die teils dezentrale Bereitstellung staatlicher Leistungen den örtlichen Bedürfnissen besser Rechnung tragen. Andererseits werden die Gebietskörperschaften im Wettbewerb um Steuerzahler zum haushälterischen Umgang mit ihren finanziellen Mitteln angehalten. Das 20. Jahrhundert brachte eine zunehmende, immer weniger durchschaubare Aufgaben- und Finanzierungsverflechtung zwischen Bund und Kantonen sowie ein kritisches regionales Wohlstandsgefälle mit sich. Die Verfassungsreform von 1999 hat mit einer Neukonzeption des Zusammenspiels zwischen Bund und Kantonen (kooperativer Föderalismus) einen ersten Schritt zu einer umfassenden Föderalismusreform realisiert. Der Bund muss die Kantone konsultieren, falls ihre Interessen oder Zuständigkeiten betroffen sind (Art. 45, 46 und 55 BV). Der Grundsatz der Subsidiarität, wonach der Bund nur dann tätig werden kann, wenn ausdrücklich eine Kompetenz in der Verfassung erwähnt ist (Kompetenzvermutung zugunsten der Kantone) wurde in Artikel 42 Absatz 1 der 38 Bundesverfassung in abstrakter Weise umschrieben: «Der Bund erfüllt die Aufgaben, die ihm die Bundesverfassung zuweist». 3.3.2 Finanzausgleich und Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) wurde das Subsidiaritätsprinzip als staatspolitische Maxime explizit in der Verfassung verankert. Der neue Artikel 5a BV lautet: «Bei der Zuweisung und Erfüllung staatlicher Aufgaben ist der Grundsatz der Subsidiarität zu beachten». Damit sollte auch dokumentiert werden, dass das Subsidiaritätsprinzip nicht nur für das Verhältnis Bund – Kantone gilt, sondern auch für das Verhältnis Kantone – Gemeinden sowie zwischen Staat und Gesellschaft im Allgemeinen. Mit der auf den 1.1.2008 in Kraft gesetzten NFA wurde der zweite Schritt der Föderalismusreform in der Schweiz vollzogen. Damit wurden die Voraussetzungen für eine Erneuerung des Bundesstaates, eine erhöhte Wirkungskraft des Föderalismus und eine effiziente und bürgernahe Aufgabenerfüllung geschaffen. Mit der NFA wurde eine Verbesserung der Effizienz, Effektivität und Anreizstruktur des föderalen Systems der Schweiz angestrebt. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die Aufgaben, Kompetenzen und Finanzströme zwischen Bund und Kantonen so weit wie möglich und sinnvoll entflochten. Durch ein vollständig neu konzipiertes Ausgleichssystem wurden Fehlanreize des alten Finanzausgleichs beseitigt. Im Vordergrund stand dabei der Ersatz der zweckgebundenen Finanzkraftzuschläge durch zweckfreie Beiträge, wodurch die Eigenständigkeit und Eigenverantwortung der Kantone gestärkt und ihr Mittel­ einsatz stärker den Bedürfnissen der regionalen Bevölkerung angepasst wurden. Der Vollzug von Bundesaufgaben durch die Kantone erfolgt neu mittels Programmvereinbarungen und Pauschalbeiträgen zielgerichteter. Des Weiteren werden durch eine stärkere Regelung der interkantonalen 3 Übergeordnete Instrumente Zusammenarbeit bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben Grössenvorteile besser ausgeschöpft und unerwünschte räumliche externe Effekte (sog. Spillovers) reduziert. Das Konzept der NFA beruhte demzufolge auf vier Pfeilern. Entflechtung der Aufgaben Mit der NFA wurde ein gutes Drittel der bisher rund 40 Verbundaufgaben entflochten. Sieben gingen in die alleinige Verantwortung des Bundes über (insb. die individuellen Leistungen der AHV und der IV, die Nationalstrassen sowie Beschaffung und Unterhalt der persönlichen militärischen Ausrüstung und des Armeematerials). Für 10 Aufgabenbereiche sind neu die Kantone allein verantwortlich (insb. für die kollektiven IVLeistungen, die Sonderschulung, die Verkehrs­ trennungsmassnahmen ausserhalb von Agglomerationen und die Niveauübergänge). Neue Zusammenarbeits- und Finanzierungsformen bei gemeinsamen Aufgaben Zahlreiche Aufgaben werden auch weiterhin von Bund und Kantonen gemeinsam erbracht. Statt Einzelobjekte nach aufwandorientierten Kriterien zu subventionieren, kommen jedoch vermehrt Mehrjahresprogramme mit Zielvereinbarungen sowie Global- und Pauschalbeiträge zum Tragen. Dabei ist der Bund für die strategische Führung zuständig, während die Kantone die operative Verantwortung übernehmen. Ein verstärktes Controlling sorgt für die Qualitätssicherung. Die Finanzkraftzuschläge entfallen; sie werden durch Zahlungen ersetzt, die im Rahmen des Finanzausgleichssystems zweckfrei an die Kantone fliessen. Interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich Aufgrund der wachsenden Mobilität von Unternehmen, Arbeitskräften und Wohnbevölkerung decken sich die wirtschaftlichen und sozialen Lebensräume immer weniger mit den Kantonsgrenzen. Dadurch besteht die Gefahr, dass bei der staatlichen Aufgabenerfüllung Grössenvorteile nicht genügend stark genutzt werden oder Spillovers entstehen (z.B. im Kulturbereich oder beim Agglomerationsverkehr). Die NFA brachte denn auch eine stärkere Institutionalisierung der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich. Auf der Basis der interkantonalen Rahmenvereinbarung (IRV) schliessen die Kantone Verträge über den gegenseitigen Bezug oder die gemeinsame Produktion von staatlichen Leistungen ab. Dem Bund kommt hier lediglich eine Schiedsrichterrolle zu: Auf Antrag interessierter Kantone kann er in den neun in der Bundesverfassung abschliessend aufgezählten Aufgabenbereichen nicht kooperationswillige Kantone zur Zusammenarbeit mit Lastenausgleich verpflichten. Neues Ausgleichssystem Mit der NFA entfielen im neuen Finanzausgleich sämtliche indirekten Ausgleichselemente, so namentlich die Finanzkraftzuschläge, aber auch die Finanzkraftabstufung der Kantonsanteile an Bundeseinnahmen und am Nationalbankgewinn. Dafür wurde die Ausgleichsmasse des Finanzausgleichs deutlich aufgestockt. Neu besteht dieser nur noch aus zweckfreien Mitteln, wobei zwischen dem Ressourcenausgleich (Umverteilung von finanziellen Ressourcen) und dem Lastenausgleich (Beitrag für Sonderlasten) unterschieden wird. Grundlage für den Ressourcenausgleich ist der Ressourcenindex. Er widerspiegelt das Ressourcenpotenzial der Kantone, d.h. die fiskalisch ausschöpfbare Wertschöpfung. Der Ressourcenausgleich wird gemeinsam vom Bund (vertikaler Ressourcenausgleich) und von den ressourcenstarken Kantonen (horizontaler Ressourcenausgleich) finanziert. Der Lastenausgleich besteht aus einem geografisch-topografischen und einem soziodemografischen Lastenausgleich und wird vollständig vom Bund getragen. Während der geografisch-topografische Lastenausgleich die durch eine dünne Besiedlung und die topografischen Verhältnisse bedingten Sonderlasten der peripheren Kantone abgilt, kommt der sozio­ demografische Lastenausgleich hauptsächlich den urbanen Kantonen zugute. Er entschädigt diese für Sonderlasten, welche aufgrund der Bevölkerungsstruktur oder der Zentrumsfunktion der Kernstädte entstehen. Das neue Ausgleichssystem 39 3 Übergeordnete Instrumente ist schematisch in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Bei den darin enthaltenen Beträgen der einzelnen Ausgleichselemente handelt es sich um die Finanzausgleichszahlen des Jahres 2011. Grundsätzlich werden durch den Finanzausgleich die ressourcenschwachen Kantone stärker entlastet und die ressourcenstarken Kantone stärker belastet als im alten System. Der Übergang führte jedoch auch in einigen ressourcenschwachen Kantonen zu einer Belastung oder einer nur geringfügigen Entlastung. Diesen Kantonen wird zur Überbrückung der damit verbundenen finanziellen Folgen ein befristeter Härteausgleich gewährt. Der Härteausgleich beträgt insgesamt 366 Millionen. Er wird zu zwei Drittel vom Bund und zu einem Drittel von den Kantonen finanziert. Er bleibt während acht Jahren konstant und reduziert sich anschliessend jährlich um 5 Prozent des Anfangsbetrags, wobei das Parlament alle vier Jahre über die vollständige oder teilweise Abschaffung des Härteausgleichs befinden kann. Die Nettowirkung des Übergangs nach Härteausgleich führte somit zu einer Belastung des Bundes resp. Entlastung der Kantone im Umfang des Bundesanteils an der Finanzierung des Härteausgleichs. Dieser Anteil beträgt 244 Millionen. Von den Effizienz- und Effektivitätsgewinnen der NFA profitieren Bund und Kantone gleichermassen. Durch die Aufgabenentflechtung können bei zahlreichen staatlichen Leistungen Doppelspurigkeiten abgebaut, Kompetenzen gebündelt und Fehlanreize beseitigt werden. Insbesondere der Wegfall von zweckgebundenen, objektbezogenen Subventionen führt dazu, dass die Kantone die Erbringung von staatlichen Leistungen weniger auf den Bezug von Bundesgeldern, sondern stärker auf die Bedürfnisse ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ausrichten. Das Grundkonzept des neuen Ausgleichssystems (Finanzströme 2011 in Mio.) Bund 2100 705 Lastenausgleich Geografischtopografisch 244 Ressourcenausgleich Soziodemografisch Vertikal Horizontal Härteausgleich Vertikal 1533 352 352 Kantone Kantone mit überdurchschnittlichen Strukturkosten 3999 Ressourcenschwache Kantone 40 Ressourcenstarke Kantone Horizontal 122 3 Übergeordnete Instrumente 3.3.3 Erste Erfahrungen mit dem neuen Finanzausgleich Finanzpolitisch ist – angesichts des Volumens der Finanzströme zwischen Bund und Kantonen – die NFA für den Bund von grosser Bedeutung. Die Transparenz der Finanzströme wird markant erhöht und die Steuerbarkeit deutlich verbessert. Allokationsziele und (regionale) Verteilungsziele werden neu mit unabhängigen Instrumenten verfolgt. Die Steuerung erfolgt für die Dotation der Ausgleichsgefässe über die Festlegung von einigen wenigen Grössen und es werden vermehrt Mehrjahresprogramme mit Zielvereinbarungen sowie Global- und Pauschalbeiträge eingesetzt. Zur längerfristigen Sicherstellung der Wirksamkeit der neuen Ausgleichsinstrumente hat der Bundesrat der Bundesversammlung alle vier Jahre einen Bericht über den Vollzug und die Wirksamkeit des neuen Systems vorzulegen. Der Bericht soll Aufschluss über die Erreichung der Ziele des Finanzausgleichs in der vergangenen Periode geben und die möglichen Massnahmen (z.B. Anpassung der Dotation des Ressourcenund Lastenausgleichs) für die kommende Periode darlegen. Der erste Wirksamkeitsbericht umfasste die Periode 2008–2011 und wurde im November 2010 publiziert. Die Kernaussagen des ersten Wirksamkeitsberichts lauten wie folgt: • Anstieg der Disparitäten beim Ressourcenpotenzial: Seit der Einführung 2008 ist beim Ressourcenindex ein Anstieg sowohl der Standardabweichung als auch der Spannweite zwischen dem ressourcenstärksten und dem ressourcenschwächsten Kanton zu verzeichnen. Bei der Interpretation ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Bemessungsjahre des letzten Referenzjahres 2011 (2005–07) weiterhin die Situation vor dem Übergang zur NFA widerspiegeln. Ausserdem machte sich die Finanzund Wirtschaftskrise erst ansatzweise bemerkbar, weshalb sich der Anstieg der Disparitäten als eine nicht überraschende Folge der guten Konjunktur interpretieren lässt. Die Disparitäten konnten jedoch durch den Ressourcenausgleich zumindest teilweise abgefedert werden. • Erhalt der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit: Der Steuerausschöpfungsindex 2011 bestätigt den Trend, wonach die steuerliche Ausschöpfung des Ressourcenpotenzials in der Berichtsperiode insgesamt abgenommen hat. Insbesondere konnten auch ressourcenstarke Kantone ihre Steuerbelastung senken. Analog zu den Disparitäten beim Ressourcenpotenzial ist jedoch auch hier zu beachten, dass die Bemessungsjahre (2005–07) die Situation vor dem Übergang zur NFA widerspiegeln. • Mindestausstattung mit finanziellen Ressourcen: Die anzustrebende Zielgrösse, wonach jeder Kanton zusammen mit dem Ressourcenund Härteausgleich pro Einwohner über eigene Ressourcen in der Höhe von 85 Prozent des Schweizer Durchschnitts verfügen soll, konnte in den Referenzjahren 2010 und 2011 knapp nicht erreicht werden. Trotzdem werden die Beiträge des Ressourcenausgleichs in der ersten Vierjahresperiode im Hinblick auf die minimale Ausstattung mit finanziellen Ressourcen als angemessen betrachtet. • Stabilität beim Lastenausgleich: Die Sonderlasten der Kantone verändern sich seit Einführung kaum. Deshalb bleiben die Ausgleichszahlungen des Lastenausgleichs weiterhin stabil. • Belastung der ressourcenstarken Kantone: Seit Einführung des neuen Finanzausgleichs verzeichnen einige ressourcenstarke Kantone eine Zunahme ihrer Ausgleichszahlungen pro Einwohner. In Prozent des ÜberschussRessourcenpotenzials sind jedoch die Beiträge 2011 im Vergleich zu den Vorjahren gesunken. Das bedeutet, dass die Ausgleichszahlungen im Verhältnis zu jenem Teil des Ressourcenpotenzials pro Einwohner, der über dem Schweizer Durchschnitt liegt, auch zwischen 2010 und 2011 kleiner geworden sind. Der zweite Wirksamkeitsbericht, der gegen Ende 2014 erscheinen wird, wird zusätzlich zum Finanzausgleich im engeren Sinn auch Aussagen 41 3 Übergeordnete Instrumente zu den Wirkungen der neuen Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen enthalten, insbesondere zu den vorgenommenen Entflechtungen und zum neuen Instrument der Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen – Aussagen, die im ersten Wirksamkeitsbericht angesichts der damals noch sehr schmalen Datenbasis noch nicht genügend fundiert möglich waren. 42 4 Rechnungsmodell 4.1 Rechnungswesen im öffentlichen Sektor 4.1.1 Aufgaben und Zweck des Rechnungswesens Die Aufgaben des Rechnungswesens lassen sich im Wesentlichen in vier Bereiche gliedern: • Dokumentation: Zeitlich und sachlich geordnete Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle anhand von Belegen, die Auswirkungen auf die Vermögenswerte, das Eigen- und Fremdkapital sowie das Ergebnis haben. • Rechenschaftslegung und Information: Periodische (jährliche) Berichterstattung gegenüber Eignern bzw. Parlament, Öffentlichkeit, Gläubiger usw. über die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage. • Kontrolle: Überwachung der Wirtschaftlichkeit der betrieblichen Prozesse – im öffentlichen Sektor insbesondere die wirtschaftliche Mittelverwendung – sowie die Gewährleistung der Zahlungsfähigkeit. • Disposition: Bereitstellung von Zahlenmaterial als Grundlage für Planung und unternehmerische Entscheidungen, z.B. über Investitionen oder die betriebliche Führung. Während die Aufgaben im privatwirtschaftlichen und im öffentlichen Rechnungswesen grundsätzlich die gleichen sind, ist die Zweckbestimmung unterschiedlich. Im privatwirtschaftlichen Rechnungswesen steht die Abbildung formaler Ziele wie Gewinn, Umsatz, Rentabilität oder Marktanteile im Vordergrund. Im Gegensatz zur erwerbswirtschaftlichen Sichtweise dominieren im primär steuerfinanzierten öffentlichen Haushalt Sachziele (öffentliche Aufgaben, öffentliche Interessen usw.) und auf finanzieller Ebene der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben. Dies gilt insbesondere für den Bund mit seinen hohen Transferausgaben und verhältnismässig geringen Eigenausgaben. 4.1.2 Internationale Rechnungslegungsstandards (IPSAS) Seit Beginn seiner Arbeit 1997 hat das International Public Sector Accounting Standards Board (IPSASB) insgesamt 31 IPSAS nach dem Konzept der Periodenabgrenzung (Accrual Basis) veröffentlicht. Diese IPSAS werden entweder direkt von Einheiten des öffentlichen Sektors angewendet oder aber als Grundlage für die Entwicklung nationaler Standards verwendet. Zu den Anwendern gehören mittlerweile fast alle internationalen Regierungsorganisationen, u.a. die EU und die UN, aber auch rund ein Viertel aller Nationalstaaten sowie eine noch grössere Zahl von Einheiten auf den unteren Staatsebenen. Die Konzepte für die Entwicklung der IPSAS entsprechen weitgehend jenen der zugrunde liegenden International Financial Reporting Standards (IFRS), die im privaten Sektor zur Anwendung gelangen. Einige IPSAS wurden spezifisch für nur in öffentlichen Haushalten vorkommende Sachverhalte entwickelt: z.B. die Rechnungslegung für Erträge aus Transaktionen ohne zurechenbare Gegenleistungen (Steuern, Transfers) oder die Darstellung von Budgetinformationen. Die Mehrzahl der IPSAS basiert aber auf den IFRS, mit kleineren Anpassungen an die wirtschaftlichen Sachverhalte und Begriffe des öffentlichen Sektors. Das Finanzhaushaltgesetz legt fest, dass sich die Rechnungslegung nach allgemein anerkannten Standards richtet (Art. 48 Abs. 1 FHG). In der Finanzhaushaltverordnung (FHV) werden die IPSAS als relevanter Standard festgelegt (Art. 53 FHV). 43 4 Rechnungsmodell Demnach übernimmt der Bund die IPSAS jedoch nicht integral, sondern kann in gut begründeten Fällen von diesen Vorgaben abweichen oder ergänzende Standards festlegen, soweit die IPSAS keine Regelung enthalten. Gut begründete Fälle sind insbesondere jene Bundesspezifika, für deren Berücksichtigung die IPSAS keinen Spielraum zulassen. Die Abweichungen und Ergänzungen werden im Anhang 2 FHV (resp. Anhang 3 für die Konsolidierte Rechnung Bund) festgehalten. Die Begründungen dazu sowie die Auswirkungen werden im Anhang zur Jahresrechnung offen gelegt (siehe Ziff. 5.2.5; Verhältnis zu IPSAS). Harmonisiertes Rechnungsmodell für die Kantone und Gemeinden HRM2 Die Finanzdirektorenkonferenz (FDK) hat 1981 Empfehlungen für ein harmonisiertes Rechnungsmodell von Kantonen und Gemeinden (HRM1) auf Basis des Accrual Accounting publiziert. Diese wurden 2008 umfassend überarbeitet (HRM2), wobei auch hier die IPSAS die Grundlage bilden. Im Gegensatz zum Rechnungsmodell des Bundes (NRM) sind aber grössere Abweichungen davon zulässig. Neben den Anforderungen an die heutige Rechnungslegung dient das HRM2 insbesondere auch nachstehenden Zielen: • Koordinierte Finanzpolitik: Die Vergleichbarkeit der öffentlichen Rechnungen vereinfacht eine koordinierte Finanzpolitik auf Kantons- und Gemeindeebene, da die Grundelemente der Rechnungslegung einheitlich definiert sind. • Finanzausgleich: Der interkantonale und der interkommunale Finanzausgleich benötigen für die Berechnungsgrundlagen vergleichbare Daten. • Transparenz: Unterschiede in der Finanzpolitik sollen transparent sein. Wenn die Rechnungen sich nicht entsprechen, ist ein Vergleich schwierig. • Finanzstatistik: Das HRM2 ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erstellung der Finanzstatistik, da vergleichbare Finanzvorfälle identisch erfasst werden. Das HRM2 soll in den kommenden Jahren in allen Kantonen und Gemeinden eingeführt werden. 44 4 Rechnungsmodell 4.2 Aufbau des Rechnungsmodells des Bundes Das Rechnungsmodell des Bundes beleuchtet die finanziellen Vorgänge und Verhältnisse aus doppelter Perspektive (duale Steuerung): aus der Erfolgs- und aus der Finanzierungssicht. Die duale Sichtweise führt zu einer Entflechtung der operativen Verwaltungs- und Betriebsführung von der strategisch-politischen Steuerung. Zentrales Element der Rechnungsdarstellung bildet die Übernahme des in der Privatwirtschaft gebräuchlichen Rechnungsaufbaus mit Erfolgsrechnung, Bilanz, Finanzierungs- und Mittelflussrechnung sowie Eigenkapitalnachweis und Anhang. Als weiteres Element wird die Investitionsrechnung dargestellt. Für die finanzpolitische Gesamtsteuerung gemäss Vorgaben der Schuldenbremse bildet die Finanzierungsrechnung das zentrale Steuerungsinstrument. Die Verwaltungsund Betriebsführung orientiert sich dagegen – analog zu privatwirtschaftlichen Unternehmungen – an der Erfolgssicht. Grundbausteine des Rechnungsmodells des Bundes Verwaltungseinheiten Buchführung in Vorsystemen – Personal – Debitoren – Kreditoren – Finanzanlagen – Sachanlagen – ... Bund (Zentrale Bundesverwaltung) Erfolgsrechnung Erfolgsrechnung ordentlicher operativer Ertrag ordentlicher operativer Ertrag ordentlicher operativer Aufwand ordentlicher operativer Aufwand ordentliches operatives Ergebnis ordentliches operatives Ergebnis Finanzergebnis Finanzergebnis ordentliches Ergebnis ordentliches Ergebnis ausserordentliches Ergebnis ausserordentliches Ergebnis Jahresergebnis Jahresergebnis Investitionsrechnung Investitionsrechnung ordentliches Investitionsergebnis ordentliches Investitionsergebnis ausserordentliches Investitionsergebnis ausserordentliches Investitionsergebnis Netto-Investitionen Netto-Investitionen Finanzierungs- und Mittelflussrechnung Finanzierungsrechnung ordentliche Ausgaben der Erfolgsrechnung ordentliche Einnahmen der Erfolgsrechnung ordentliche Investitionsausgaben ordentliche Investitionseinnahmen Finanzierungsergebnis aus ordentlichen Transaktionen Finanzierungsergebnis aus ausserordentlichen Transaktionen Finanzierungsergebnis insgesamt Mittelflussrechnung Mittelfluss aus Geschäftstätigkeit Mittelfluss aus Finanzanlagen Mittelfluss aus Fremdfinanzierung Bilanz Bilanz Veränderung «Fonds Bund» (Veränderung Mittelbestand) 45 4 Rechnungsmodell 4.2.1 Erfolgsrechnung Die Erfolgsrechnung zeigt den periodisierten Wertverzehr und -zuwachs sowie das Jahresergebnis. Sie wird nach kaufmännischen Grundsätzen geführt, beinhaltet also neben den Geldflüssen auch rein buchhalterische Tatbestände: • Aufwand und Ertrag werden zeitlich auf die Rechnungsperiode abgegrenzt («accrual accounting»). Dabei gilt das so genannte Realisationsprinzip: Die relevanten Finanzvorfälle werden zum Zeitpunkt des Entstehens der Verpflichtungen und Forderungen erfasst (Sollverbuchung) und nicht zum Zeitpunkt der Zahlungen (Ein- oder Ausgang) • In der Erfolgsrechnung werden auch Buchungen erfasst, die keinen Geldfluss auslösen. Beispiele für solche Ereignisse sind Abschreibungen oder die Bildung von Rückstellungen. Der Abschluss der Erfolgsrechnung wird in drei Stufen erstellt: • In der ersten Stufe wird das operative Ergebnis ohne Finanzergebnis ausgewiesen. • Die zweite Stufe zeigt das ordentliche Ergebnis aus den ordentlichen Erträgen und ordentlichen Aufwänden (inkl. Finanzertrag und -aufwand). • In der dritten Stufe werden im Jahresergebnis zusätzlich zu den ordentlichen auch die ausserordentlichen Finanzvorfälle gemäss Definition der Schuldenbremse erfasst. Die Erfolgsrechnung ist auf allen Stufen der Bundesverwaltung nach diesem Schema gegliedert. Unterschiede bestehen bei der Detaillierung, die auf den spezifischen Informationsbedarf der verschiedenen Führungsstufen abgestimmt ist: • Auf Stufe Gesamtbund dient die Erfolgsrechnung zur finanziellen Analyse der Verwaltungstätigkeit sowie zur Ermittlung des 46 Jahresergebnisses. Sie gibt einen verdichteten und konsolidierten Überblick über den Geschäftsgang. • Auf Stufe Verwaltungseinheit und Departement ist die Erfolgsrechnung eine wesentliche Grundlage für die finanzielle Führung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Kostentransparenz wird hier gross geschrieben. Die Gliederung ist deshalb auf dieser Stufe feiner und sie schliesst die Positionen für Leistungsbezüge von anderen Verwaltungseinheiten ein. Somit macht die Erfolgsrechnung sichtbar, wie viel die Aufgabenerfüllung einer Verwaltungseinheit bzw. eines Departements kostet. • Schliesslich ist die Erfolgsrechnung auch die Grundlage für die Erstellung von Budget und Finanzplan, die das Parlament mit dem Instrument der Kreditsprechung für jede Verwaltungseinheit bestimmt. 4.2.2 Investitionsrechnung Die Investitionsrechnung gibt einerseits Auskunft über die getätigten Ausgaben für den Erwerb oder die Schaffung von Vermögenswerten (Sachanlagen, Darlehen, Beteiligungen, Investitionsbeiträge), welche zur Aufgabenerfüllung notwendig sind und über mehrere Perioden genutzt werden (Verwaltungsvermögen). Andererseits werden die Einnahmen aus Veräusserung bzw. Rückzahlung dieser Vermögenswerte ausgewiesen. Der Saldo zeigt den Netto-Geldfluss, der sich aus den ordentlichen Investitionen ergibt. Ausserordentliche Investitionseinnahmen und -ausgaben werden für die Steuerung nach den Vorgaben der Schuldenbremse speziell ausgewiesen. Die Investitionsrechnung ist eine Besonderheit des öffentlichen Rechnungswesens. Investitionen sind – zusammen mit den Positionen der Erfolgsrechnung – für die Kreditsprechung der eidg. Räte wichtig. Sie müssen daher primär auf Stufe Verwaltungseinheit aber auch auf Stufe Gesamtbund transparent abgebildet werden. 4 Rechnungsmodell 4.2.3 Bilanz Die Bilanz gibt Auskunft über die Vermögensund Kapitalstruktur des Bundes. Sie zeigt damit die Mittelherkunft und Mittelverwendung. Die Erstellung der Bilanz erfolgt sowohl auf Stufe Gesamtbund als auch auf Stufe Verwaltungseinheit. Die Aktiven und Passiven werden nach Fristigkeiten gegliedert. den Hintergrund. Die FMFR weist deshalb nur finanzierungswirksame Vorgänge aus, d. h. rein buchmässige Tatbestände wie Abschreibungen oder die Bildung von Rückstellungen bleiben unberücksichtigt. Sie ist in eine Finanzierungsrechnung und in eine Mittelflussrechnung untergliedert, wobei letztere nur für die Rechnung erstellt wird. Bei den Aktiven wird die finanzhaushaltrechtlich wichtige Unterteilung in das Finanz- und das Verwaltungsvermögen vorgenommen. Die Unterscheidung macht sichtbar, welche Positionen der Geld- und Kapitalanlage dienen (Finanzvermögen) und welche Aktiven der Bund für die Erfüllung seiner Aufgaben benötigt (Verwaltungsvermögen). Die Verwaltung des Finanzvermögens erfolgt nach kaufmännischen Grundsätzen und liegt in der Kompetenz von Bundesrat und Verwaltung. Demgegenüber bedarf der Einsatz von Mitteln für die Aufgabenerfüllung der Zustimmung des Parlamentes im Rahmen des Kreditbewilligungsverfahrens. • Finanzierungsrechnung: Die Zahlungsströme aus der Erfolgsrechnung sowie die Ausgaben und Einnahmen der Investitionsrechnung bilden das Finanzierungsergebnis, welches für die Einhaltung der Schuldenbremse und somit für die Planung relevant ist. Damit die Steuerung im Sinne der Schuldenbremse erfolgen kann, wird zwischen ordentlichem und ausserordentlichem Finanzierungsergebnis unterschieden. • Mittelflussrechnung: Zusätzlich zum Finanzierungsergebnis (Mittelfluss aus Geschäftstätigkeit) werden der Mittelfluss aus Finanzanlagen und der Mittelfluss aus Fremdfinanzierung ausgewiesen. Diese umfassen Transaktionen der Bundestresorerie, wie die Aufnahme von Fremdmittel oder die Anlage von Finanzvermögen sowie andere direkt über die Bilanz abgewickelte Finanzvorfälle. Die Passiven beinhalten die Gesamtheit der Verbindlichkeiten und der eigenen Mittel. Sie umfassen das Fremdkapital (Kreditoren, Anleihen, Rechnungsabgrenzungen, Rückstellungen usw.) sowie das Eigenkapital (Bilanzfehlbetrag, zweckgebundene Fonds, Spezialfonds, Reserven usw.). 4.2.4 Finanzierungs- und Mittelflussrechnung Die Finanzierungs- und Mittelflussrechnung (FMFR) ist das zentrale Informations- und Kontrollinstrument für die Gesamtsteuerung des Bundeshaushalts nach finanzpolitischen Gesichtspunkten. Wichtigstes Ziel ist der Ausgleich von Ausgaben und Einnahmen über einen Konjunkturzyklus. Betriebswirtschaftliche Fragen zum effizienten Mitteleinsatz, über welche die Erfolgsrechnung Aufschluss gibt, treten hier in Die FMFR zeigt somit, aus welchen Quellen die Mittel stammen, die dem Bund zugeflossen sind (Mittelherkunft) und gibt Auskunft darüber, für welche Zwecke diese verwendet wurden (Mittelverwendung). Die Veränderung des «Fonds Bund» zeigt, in welchem Mass sich die liquiden Mittel gesamthaft verändert haben. Eine Zunahme des Fonds bedeutet, dass dem Bund mehr Geld zugeflossen ist, als er ausgegeben hat, eine Abnahme das Gegenteil. 47 4 Rechnungsmodell 4.3 Kredit- und Kontensicht Die Bundesversammlung genehmigt das Budget in der Form von Krediten. Dies begründet die Kreditsicht. Die Kredite folgen politischen Prioritäten und können von der Artengliederung des Kontenrahmens und somit der Kontensicht abweichen. Abweichungen ergeben sich beispielsweise dann, wenn die Kreditbildung nach Einzelmassnahmen erfolgt (Vorhaben oder Projekte). In diesen Fällen können einem Kredit mehrere Kontenarten zugeordnet sein. 4.3.1 Kreditsicht Die Rechnung der Verwaltungseinheiten umfasst alle Positionen der Erfolgs- und der Investitionsrechnung. Institutionell ist sie nach Departementen und Verwaltungseinheiten gegliedert und nach der Kreditsicht aufgebaut. Sie zeigt die Voranschlagskredite mit den Aufwänden und Investitionsausgaben sowie die Erträge und Investitionseinnahmen. Gestützt darauf befindet das Parlament im Rahmen der Budgetierung über die Kreditsprechung und gibt so die finanziellen Leitplanken für den Vollzug vor. Es sind drei formal verschiedene Kreditanteile zu unterscheiden: • Ein Kredit kann sich auf einen bestimmten Kreditanteil beschränken oder eine Kombination aus den drei Kreditanteilen beinhalten. In der Finanzberichterstattung weisen die Verwaltungseinheiten die jeweiligen Anteile in den Begründungen zu den einzelnen Kreditpositionen aus. 4.3.2 Kontensicht Der Kontenrahmen ist ein systematisches Verzeichnis aller Konten für die Buchführung. Er dient als Richtlinie für die Aufstellung der untergeordneten Kontenpläne, welche die Finanzvorfälle den einzelnen Konten zuweisen. Damit wird die Erfassung, die Aufbereitung und die Darstellung der Finanzdaten nach einheitlichem System sichergestellt. Im Rechnungsmodell Bund werden drei Ebenen unterschieden: • • Die finanzierungswirksamen Positionen (fw), welche mit einer Ausgabe oder Einnahme verbunden sind und in die Finanzierungs- und Mittelflussrechnung eingehen (z.B. Personal-, Betriebs- oder Investitionsausgaben). • Die nicht-finanzierungswirksamen Positionen (nf), welche reine Buchbeträge ohne Geldfluss darstellen (z.B. Abschreibungen oder Rückstellungen). 48 Die Positionen für bundesinterne Leistungsbezüge (LV), die im Budget der Leistungsbezüger kreditwirksam eingestellt werden, jedoch nur indirekt beim Leistungserbringer zu finanzierungswirksamen Ausgaben führen. Der Kontenrahmen Bund umfasst die Kontengruppen auf oberster Gliederungsstufe (vgl. nachstehende Abbildung). Er beinhaltet je zwei Kontenklassen in der Bilanz (Aktiven, Passiven), in der Erfolgsrechnung (Aufwand, Ertrag) und in der Investitionsrechnung (Investitionsausgaben und Investitionseinnahmen). Der Kontenrahmen Bund ist mit dem Kontenrahmen des «Harmonisierten Rechnungsmodells für die Kantone und Gemeinden HRM2» abgeglichen. 4 Rechnungsmodell • • Der Stammhauskontenplan befindet sich eine Ebene tiefer. Er markiert die unterste Detaillierungsstufe für die Finanzberichterstattung und ist gleichzeitig die tiefste gemeinsame Konten­ ebene für alle Verwaltungseinheiten. Aus dem Stammhauskontenplan werden die Kontenpläne der Verwaltungseinheiten abgeleitet. Der Kontenplan der Verwaltungseinheit fächert den Stammhauskontenplan weiter auf. Dabei spielen die spezifischen Aufgaben der Verwaltungseinheit eine wichtige Rolle. Auf der untersten Ebene wird auf Stufe Sachkonto der einzelne Finanzvorgang erfasst. Die Kontenpläne der Verwaltungseinheiten sind auf dieser Ebene nicht mehr deckungsgleich. Für die Finanzierungs- und Mittelflussrechnung sind keine Konten notwendig, da ihre Informationen direkt aus der Bilanz, der Erfolgs- und der Investitionsrechnung abgeleitet werden. 49 4 Rechnungsmodell Kontenrahmen Bund Erfolgsrechnung Bilanz 1 Aktiven 2 Passiven 3 Aufwand 4 Ertrag 40 Fiskalertrag 10 Finanzvermögen 20 Fremdkapital 30 Personalaufwand 100 Flüssige Mittel und kurzfristige Geld­ anlagen 200 Laufende Verbindlichkeiten 31 Sach- und Betriebs­ aufwand 41 Regalien und Konzessionen 201 Kurzfristige Finanz­ verbindlichkeiten 32 Rüstungsaufwand 42 Entgelte 101 Forderungen 102 Kurzfristige Finanzanlagen 204 Passive Rechnungs­ abgrenzung 33 Abschreibungen auf Verwaltungsver­ mögen 43 Verschiedener Ertrag 104 Aktive Rechnungs­ abgrenzung 205 Kurzfristige Rückstellungen 34 Finanzaufwand 107 Langfristige Finanzanlagen 206 Langfristige Finanz­ verbindlich­keiten 45 Entnahme aus zweckgebundenen Fonds im Fremdkapital 109 Forderungen gegen­über zweck­ gebundenen Fonds im Fremdkapital 207 Verpflichtungen gegenüber Sonder­ rechnungen 208 Langfristige Rückstellungen 209 Verbindlichkeiten gegenüber zweck­ gebundenen Fonds im Fremdkapital 14 Verwaltungs­ vermögen 140 Sachanlagen 141 Vorräte 142 Immaterielle Anlagen 29 Eigenkapital 290 Zweckgebundene Fonds im Eigen­ kapital 291 Spezialfonds 144 Darlehen 292 Reserven aus Globalbudget 145 Beteiligungen 295 Restatement­reserve 296 Neubewertungs­ reserven 298 Übriges Eigenkapital 299 Bilanzfehlbetrag 50 35 Einlage in zweckgebundene Fonds im Fremdkapital 36 Transferaufwand 44 Finanzertrag 48 Ausserordentlicher Ertrag 38 Ausserordentlicher Aufwand Investitionsrechnung 5 Investitions­ ausgaben 6 Investitions­ einnahmen 50 Sachanlagen und Vorräte 60 Veräusserung Sachanlagen 52 Immaterielle Anlagen 62 Veräusserung immaterielle Anlagen 54 Darlehen 55 Beteiligungen 56 Investitionsbeiträge 58 Ausserordentliche Investitionsausgaben 59 Übertrag an Bilanz 64 Rückzahlung Darlehen 65 Veräusserung Beteiligungen 66 Rückzahlung Investitionsbeiträge 68 Ausserordentliche Investitions­ einnahmen 69 Übertrag an Bilanz 4 Rechnungsmodell 4.4 Duale Haushaltsteuerung Der Bundeshaushalt wird nach dem Prinzip der dualen Steuerung geführt. Für die finanzielle Führung des gesamten Bundeshaushalts gemäss Schuldenbremse und nach finanzpolitischen Kriterien ist die Finanzierungsrechnung von zentraler Bedeutung. Anderseits werden die Verwaltungseinheiten über die Erfolgs- und die Investitionsrechnung sowie über die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) geführt. Die betriebswirtschaftliche Sicht steht hier im Vordergrund. 4.4.1 Finanzpolitische Gesamtsteuerung auf Bundesebene Zu den obersten Zielen der Finanzpolitik gehört, dass der Bund die Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht hält. Dieser Grundsatz ist in der Verfassung verankert (Art. 126 Abs. 1 BV). Das Instrument der Schuldenbremse legt dabei – aufgrund der erwarteten Einnahmen und der konjunkturellen Entwicklung – die maximal zulässigen Ausgaben des Bundes fest. Die Finanzierungsrechnung ist somit das zentrale Instrument zur Haushaltsteuerung, auch mit Blick auf zwei weitere Argumente: • Zum einen ist der Bundeshaushalt ein klassischer Transferhaushalt, in dem die Subventionen und Beiträge an andere Haushalte einen Grossteil des Budgets beanspruchen. Umgekehrt sind die Ausgaben für den eigenen Funktionsbereich verhältnismässig klein. • Zum zweiten gehen gesamtwirtschaftliche Analysen der Finanzpolitik und ihrer Auswirkungen sowie stabilitätspolitische Überlegungen meist von der Finanzierungssicht aus. Aus dieser Perspektive ist es unerheblich, ob Geldabflüsse als laufende Ausgaben oder als Investitionen erfolgen: sie werden für die finanzpolitische Steuerung des Bundeshaushalts grundsätzlich gleich behandelt. 4.4.2 Finanzielle Führung auf Ebene der Verwaltungseinheiten Im Gegensatz zur Steuerung auf Bundesebene stehen bei den Verwaltungseinheiten die Erfolgsrechnung und somit die betriebswirtschaftliche Sichtweise im Vordergrund. Indes spielen auch auf dieser Stufe finanzpolitische Überlegungen und die Finanzierungssicht eine wesentliche Rolle. Um die finanzierungswirksamen Ausgaben gemäss Schuldenbremse sichtbar zu machen und steuern zu können, müssen die Investitionsausgaben und -einnahmen einer Verwaltungseinheit daher separat ausgewiesen und bewilligt werden. Zusätzlich sind auch finanzierungswirksame Anteile innerhalb der Aufwand- und Ertragsposition offen zu legen. Dies erfolgt im Rahmen der Begründungen zu den einzelnen Kreditbegehren und Ertragsschätzungen. Auf Stufe Verwaltungseinheit zeigt sich das Prinzip der dualen Steuerung besonders gut: Zum einen werden hier die finanzpolitischen Strategien und Ziele von Parlament und Bundesrat im Budget konkretisiert. Zum andern soll die Verwaltungseinheit so gesteuert werden, dass die Budgetvorgaben und die daran gekoppelten sachpolitischen Ziele effizient umgesetzt werden. Der Mitteleinsatz und die daraus erzielten Wirkungen sollen ein möglichst günstiges Verhältnis ergeben. Mit einer Reihe von Massnahmen wird die Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes und der Handlungsspielraum der Amtsleitungen erhöht und die Führung in die finanzielle Verantwortung eingebunden. Dies geschieht mit der weitgehenden Dezentralisierung der Kredite auf die Bedarfsstellen sowie der bundesinternen Leistungsverrechnung (LV). Basis dafür ist eine auf die spezifischen Bedürfnisse der verschiedenen Verwaltungseinheiten zugeschnittene Kosten- und Leistungsrechnung (KLR). 51 4 Rechnungsmodell Kosten- und Leistungsrechnung Die KLR ist das Hauptinstrument des betrieblichen Rechnungswesens. Sie verknüpft systematisch Informationen der Kostenseite mit solchen der Ergebnisseite. Damit ist jede Verwaltungseinheit in der Lage, die Kosten und die Erlöse für ihre Aufgaben, Leistungen und Projekte zu ermitteln. Dies bildet nicht nur eine wichtige Voraussetzung für das Kostenbewusstsein und das Kostenmanagement, sondern fördert auch die Transparenz über die Mittelverwendung und verbessert zugleich die Entscheidgrundlagen des Parlaments in der Ausübung der Budgethoheit. Nicht alle Verwaltungseinheiten weisen denselben Informationsbedarf auf. Je nach Aufgabenstellung sind sie schwächer oder stärker in die politische Führung eingebunden, arbeiten sie mit mehr oder weniger betrieblicher Autonomie, können ihre Leistungen besser oder schlechter als Produkte abgegrenzt werden. Die unterschiedlichen Anforderungen werden mit drei KLR-Typen berücksichtigt: • Der Basis-Typ ist als Minimalstandard einzuhalten. Er ist für jene Verwaltungseinheiten ausreichend, die vor allem über gesetzliche Aufgaben und politische Aufträge geführt werden und die nur wenig betriebliche Autonomie aufweisen. Meist können ihre Leistungen nicht als klar umrissene Produkte abgegrenzt werden, die Steuerung über Leistungsziele ist kaum möglich. Dies ist namentlich bei Einheiten mit Stabs- und Koordinationsfunktion, beispielsweise bei den Generalsekretariaten, der Fall. • Die einfache Kosten- und Leistungsrechnung eignet sich für Verwaltungseinheiten, die über ein gewisses Mass an betrieblicher Autonomie verfügen und damit weitgehend selbständig bestimmen, wie die Leistungsziele erreicht werden. Voraussetzung für dieses leistungsorientierte Steuerungsmodell ist ein hoher Anteil an abgrenzbaren und messbaren Leistungen. Das Prinzip der dualen Steuerung Steuerung Prinzip der dualen Akteure Instrument Parlament, Finanzdelegation, Bundesrat finanzpolitische Gesamtsteuerung – Schuldenbremse – Prioritätenbildung Bundesaufgaben Budget, Finanzplan, Legislaturfinanzplan, Finanzierungs- und Mittelflussrechnung, Staatsrechnung Departement Departementsvorstehende und Generalsekretariate Abstimmung und Koordination: finanzpolitische Gesamtsteuerung – betriebswirtschaftlich orientierte Verwaltungsführung Budget, Finanzplan, Legislaturfinanzplan, Erfolgsrechnung und Finanzierungsrechnung sowie weitere Elemente der Jahresrechnung Verwaltungseinheiten Amtsleitung und Amtscontrolling, Linie betriebswirtschaftlich orientierte Verwaltungsführung Kosten- und Leistungsrechnung, Jahresrechnung Management-Rationalität Bund Prinzip Politische Rationalität 52 Funktion 4 Rechnungsmodell • Die ausgebaute Kosten- und Leistungsrechnung ist für jene Verwaltungseinheiten vorgesehen, die eine grosse betriebliche Autonomie aufweisen und mehrheitlich verrechenbare Leistungen für die Bundesverwaltung oder kommerzielle Leistungen am Markt erbringen. Die KLR bildet hier die Grundlage für die Preiskalkulation der zu erbringenden Leistungen. Die Departemente bestimmen im Einvernehmen mit der Finanzverwaltung, welchen KLR-Standard die Verwaltungseinheiten führen. Bundesinterne Leistungsverrechnung Zur Steigerung der Kostentransparenz und des effizienten Mitteleinsatzes wird der bundesinterne Leistungsaustausch kreditrelevant verrechnet. Die Leistungsverrechnung erfolgt grundsätzlich auf der Basis der vollen Kosten ohne Gewinnoder Risikozuschlag. Um den administrativen Aufwand gering zu halten, werden nur Leistungen verrechnet, welche die folgenden Kriterien erfüllen: • Wesentlichkeit: Das verrechenbare Leistungsvolumen ist betragsmässig wesentlich. • Beeinflussbarkeit: Der Leistungsbezüger hat die Möglichkeit, Menge sowie Qualität und damit die Kosten seines Leistungsbezugs zu beeinflussen, d.h. zu steuern. • Kommerzieller Charakter: Verrechenbar sind Leistungen, die der Leistungsbezüger grundsätzlich auch ausserhalb der Bundesverwaltung beziehen könnte. Dies ermöglicht einen direkten Vergleich mit Dritten und erhöht den Kostendruck beim Leistungserbringer. Die verrechenbaren Leistungen sind in einem Leistungsbereichskatalog aufgeführt. Verrechnet werden insbesondere Leistungen aus den Bereichen Informatik, Unterbringung sowie Logistik. 53 4 Rechnungsmodell 4.5 Finanzberichterstattung Ziel der Finanzberichterstattung ist es, die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage des Bundes übersichtlich, verständlich und tatsachengetreu abzubilden. In Anlehnung an die neuere Praxis der Privatwirtschaft soll eine gläserne Rechnung präsentiert werden, die alle bedeutenden Sachverhalte offen legt. Damit will der Bund den Aufsichtsorganen, den Anspruchsgruppen sowie weiteren interessierten Personenkreisen ermöglichen, die finanzielle Lage umfassend zu verstehen und unabhängig zu beurteilen. einem modular aufgebauten System von Berichten Rechnung, das den einzelnen Anspruchsgruppen gestattet, sich effizient und stufengerecht zu informieren: Die in deutscher, französischer und italienischer Sprache aufgelegten Finanzberichte erlauben den Mitgliedern des Parlaments, den parlamentarischen Kommissionen, der Regierung und ihrer Verwaltung, den Medien und der Öffentlichkeit, rasch einen ersten Überblick zu gewinnen und bei Bedarf auf weiterführende Informationen zuzugreifen. Nicht alle Adressaten benötigen dieselben Informationen in derselben Dichte. Dem unterschiedlichen Informationsbedarf trägt der Bund mit Die Berichterstattung erfolgt in mehreren Gefässen: Hauptprodukte sind der Voranschlag und die Staatsrechnung, hinzu kommen als weitere Teile Gefässe der Finanzberichterstattung Voranschlag Staatsrechnung Voranschlag Bund (Bände 1–3) Bundesrechnung (Bände 1–3) Bericht zum Voranschlag (Band 1) Bericht zur Bundesrechnung (Band 1) • Zahlen im Überblick • Kommentar zum Voranschlag • Voranschlag – Finanzierungsrechnung – Erfolgsrechnung – Investitionsrechnung – Anhang • Kennzahlen • Entwurf Bundesbeschluss • Zahlen im Überblick • Kommentar zur Jahresrechnung • Jahresrechnung – Finanzierungs- und Mittelflussrechnung – Erfolgsrechnung – Bilanz – Investitionsrechnung – Eigenkapitalnachweis – Anhang • Kennzahlen • Entwurf Bundesbeschluss Voranschlag der Verwaltungseinheiten (Band 2A,2B) Zusatzerläuterungen und Statistik (Band 3) Rechnung der Verwaltungseinheiten (Band 2A,2B) Zusatzerläuterungen und Statistik (Band 3) Voranschlag Sonderrechnungen (Band 4) Finanzplan (Band 5) Sonderrechnungen (Band 4) Bundesfinanzen in Kürze Nachtrag I und II zum Voranschlag Bericht der Eidg. Finanzkontrolle Botschaft Konsolidierte Rechnung Bund Finanzbericht 54 4 Rechnungsmodell die Sonderrechnungen, der Finanzplan sowie die Berichte zu den Nachtragskrediten. Die Berichterstattung zur Staatsrechnung wird ergänzt mit dem Bericht der Eidg. Finanzkontrolle sowie der Broschüre «Bundesfinanzen in Kürze». Mit der Rechnung 2009 wurde den eidgenössischen Räten erstmals auch eine Konsolidierte Rechnung zur Kenntnisnahme unterbreitet. Bewertungsgrundsätze erweitert. Ebenso werden nicht bilanzierungsfähige Vorgänge wie Eventualverpflichtungen und -forderungen oder Ereignisse nach dem Bilanzstichtag abgebildet. Band 2 zeigt (ebenfalls in gesonderten Teilen für Zahlen und Begründungen) die Rechnungen der Verwaltungseinheiten und gibt Rechenschaft über die Beanspruchung der mit dem Voranschlag bewilligten Kredite mit detaillierter Begründung der Abweichungen. Band 3 gibt wie in der Berichterstattung zum Voranschlag zusätzliche Erläuterungen zu aktuellen Fragen und Entwicklungen der Staatsrechnung und liefert detaillierte finanzstatistische Informationen mit Vergleichen auf der Zeitachse. Im Rahmen der Finanzberichterstattung veröffentlicht der Bund derzeit folgende Produkte: • • Der Voranschlag informiert in Band 1 in konzentrierter Form über die Finanz- und Ertragslage des Bundes. Wichtig ist der Anhang – er liefert wesentliche Zusatzinformationen für die Beurteilung des Zahlenwerks. In Band 2 werden alle Informationen im Zusammenhang mit der Kreditsprechung ausgewiesen, unter anderem die Voranschlagskredite und Ertragspositionen sowie die Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen. Die Positionen zur kreditwirksamen Leistungsverrechnung werden vollständig ausgewiesen und nicht eliminiert. Zur besseren Handhabung wird dieser Band in zwei Teilbände unterteilt; Band 2A enthält die Zahlen, Band 2B die Begründungen. Band 3 geht im Teil «Zusatzerläuterungen» vertiefend auf einzelne Einnahmen- und Ausgabenpositionen ein, stellt Sensitivitätsanalysen für unterschiedliche Konjunkturszenarien dar und erläutert Querschnittsfunktionen (Personal, Informations- und Kommunikationstechnologien, Bundestresorerie) sowie die FLAG-Steuerung. Der Statistikteil zeigt detaillierte Finanzinformationen im Mehrjahresvergleich. Die Staatsrechnung entspricht im Aufbau grundsätzlich dem Voranschlag. Hinzu kommt in Band 1 die Darstellung der Bilanz und des Eigenkapitalnachweises sowie die damit verbundenen Offenlegungspflichten. Namentlich wird die Finanzierungsrechnung um den Mittelfluss aus Veränderungen des Finanzvermö­gens und des Fremdkapitals und der Anhang um die detaillierte Darstellung der Bilanzierungs- und • Die ausserhalb der Bundesrechnung geführten Sonderrechnungen werden sowohl für den Voranschlag als auch die Staatsrechnung in einem separaten Band 4 zusammengefasst. Zurzeit sind dies die Sonderrechnungen für den Fonds für die Eisenbahngrossprojekte, den Infrastrukturfonds, den ETH-Bereich und die Eid­ ge­nössische Alkoholverwaltung. Voranschlag und Jahresrechnung werden von allen vier Institutionen nach kaufmännischen Grundsätzen und betriebswirtschaftlichen Standards erstellt. • Für das Rechnungsjahr 2009 wurde erstmals eine Konsolidierte Rechnung Bund erstellt. Sie wird den eidgenössischen Räten zur Kenntnisnahme unterbreitet. Die konsolidier­te Rechnung vermittelt einen Überblick über die Vermögens-, die Finanz- und die Ertragslage der von der Aufgabenerfüllung her der Verwaltungsebene Bund zurechenbaren Ein­hei­ten und Organisationen. Der Konsolidierungs­kreis umfasst das Stammhaus Bund (in der Bundesrechnung erfasste Verwaltungseinheiten), Verwaltungseinheiten und Fonds mit Sonderrechnungen sowie Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung mit eigener Rechnung (z.B. Finanzmarktaufsicht und Swissmedic). Die grossen Unternehmen, an denen der Bund eine Kapitalmehrheit hält, werden in der konsolidierten Rechnung mit ihrem anteili- 55 4 Rechnungsmodell gen Eigenkapital (Equity-Wert) eingestellt und nicht vollständig in die Konsolidierung aufgenommen (z.B. Post, SBB und Swisscom). • • Der Bericht zum mehrjährigen Finanzplan enthält Ausführungen zur Entwicklung des Haushalts in den Finanzplanjahren. Der eigentliche Berichtsteil ist auf die wesentlichen Aussagen reduziert, weitergehende Informationen gibt der Anhang zum Bericht. Auf der Grundlage des Aufgabenportfolios werden hier standardisierte Übersichten für jede der 44 Aufgaben der funktionalen Gliederung sowie der wichtigsten Einnahmenpositionen abgebildet. Sach- und Finanzplanung werden damit enger verknüpft und können in der politischen Steuerung optimal abgestimmt werden. Die Botschaft zu den Nachträgen beinhaltet den Kommentar zu den Nachtragskrediten, den Zahlenteil mit den Begründungen sowie Erläuterungen zum Nachtragsverfahren. • Die Broschüre Bundesfinanzen in Kürze erscheint jährlich zusammen mit dem Bericht zur Bundesrechnung. Sie richtet sich in erster Linie an die Medien und die Öffentlichkeit, die sich kurz und bündig über die finanzielle Lage des Bundes informieren wollen. Primär wird ein Vergleich zum Vorjahresabschluss vorgenommen. Schliesslich finden die Daten der Bundesrechnung auch Eingang in die Finanzstatistik. Die Finanzstatistik stellt die Ausweise der Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage der öffentlichen Haushalte (Bund, Kantone, Gemeinden und öffentliche Sozialversicherungen) auf eine vergleichbare Grundlage (siehe Ziff. 1.3.2). Die folgende Übersicht über die Publikationen zu Haushaltszahlen auf Bundesebene zeigt die Unterschiede zwischen der Bundesrechnung, der konsolidierten Rechnung und der Finanzstatistik. Publikationen zu Haushaltszahlen auf Bundesebene Publikationen zu Haushaltszahlen auf Bundesebene (ohne Kantone, Gemeinden und Sozialversicherungen) (ohne Kantone, Gemeinden und Sozialversicherungen) Finanzstatistik Staatsrechnung und übriger staatlicher Sektor, konsolidiert Staatsrechnung/ Voranschlag nicht konsolidiert Bundesrechnung/Bundesbudget Zentrale Bundesverwaltung (entspricht dem Geltungsbereich der Schuldenbremse) Sonderrechnungen vom Parlament zu genehmigende Rechnungen – Fonds für Eisenbahngrossprojekte – Infrastrukturfonds – Bereich der Eidg. Technischen Hochschulen – Eidg. Alkoholverwaltung – Eidg. Hochschulinstitut für Berufsbildung – Pro Helvetia – Nationalfonds – Schweiz Tourismus 56 Konsolidierte Rechnung Staatsrechnung sowie dezentrale Einheiten der Bundesverwaltung mit eigener Rechnung (vom Parlament nicht zu genehmigen) – Eidg. Finanzmarktaufsicht – Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat – Eidg. Institut für Geistiges Eigentum – Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde – Schweizerische Exportrisikoversicherung – Schweizerisches Nationalmuseum – Swissmedic – Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit 5 Haushaltführung 5.1 Instrumente der Haushaltführung Für die Haushaltführung verfügen Bundesrat und Parlament über folgende Instrumente: • • • • • Legislaturplanung mit Aufgaben- und Ressourcenplanung (Personal, Finanzen); Langfristperspektiven und Entwicklungsszenarien; mehrjährige Finanzplanung; Voranschlag; Staatsrechnung. 5.1.1 Legislaturplanung Gemäss Artikel 146 ParlG hat der Bundesrat zu Beginn der Legislaturperiode der Bundesversammlung eine Botschaft über die Legislaturplanung und den Entwurf zu einem einfachen Bundesbeschluss über die Legislaturplanung zu unterbreiten. Die Legislaturplanung bildet für die nächsten vier Jahre die längerfristig geplante Politik der Regierung ab: In der neuen Legislatur wird die bisherige politische Strategie zwar überprüft, aber im Wesentlichen wird auf dem Bestehenden weitergebaut, Vorhaben der vergangenen Legislaturperiode werden umgesetzt, und über die neu geplanten Geschäfte wird teilweise erst in der übernächsten Periode abgestimmt: Die heute geplante Politik wirkt sich in solchen Fällen frühestens in einigen Jahren aus. In diesem Sinne Legislatur- und Legislaturfinanzplanung Legislaturfinanzplan 2012 2013 2014 2015 Legislaturperiode 2011–2015 ist die Strategie des Bundesrates, wie sie in den politischen Leitlinien und den Zielen zum Ausdruck kommt, über die neue Legislatur hinaus gültig. Der einfache Bundesbeschluss definiert die politischen Leitlinien und Ziele der Legislaturplanung und ordnet diesen die geplanten Erlasse der Bundesversammlung und weitere Massnahmen zu, welche zur Zielerreichung erforderlich sind. Dabei geht es nicht nur um neue Ausgaben, sondern auch um eine kritische Überprüfung des Bestehenden mit entsprechenden Redimensionierungsvorschlägen (Aufgabenüberprüfung). In der Botschaft über die Legislaturplanung werden den Zielen Indikatoren zugeordnet, mit denen die Zielerreichung überprüft werden kann. Die Botschaft enthält auch eine Lageanalyse, die sich auf Indikatoren abstützt. Zudem gibt die Botschaft einen Überblick über alle Erlassentwürfe, die der Bundesrat während der Legislaturperiode der Bundesverwaltung vorzulegen plant (Gesetzgebungsprogramm). Die beiden Räte beraten gemäss Artikel 147 Absatz 1 ParlG die Legislaturplanung in zwei aufeinander folgenden Sessionen. Zusammen mit der Botschaft wird der Legislaturfinanzplan (Finanzplan der Legislaturperiode) vorgelegt. Er setzt den Finanzbedarf für die Legislaturperiode fest und zeigt auf, wie dieser gedeckt werden soll. Der Legislaturfinanzplan erstreckt sich auf die dem ersten Voranschlag der neuen Legislatur folgenden drei Jahre. Im Gegensatz zum normalen Finanzplan, der Teil der Finanzberichterstattung zum Voranschlag ist, wird der Legislaturfinanzplan als Beilage zur Botschaft über die Legislaturplanung publiziert. Die Ziele und Massnahmen der Legislaturplanung und der Legislaturfinanzplan werden sachlich und zeitlich miteinander verknüpft. 57 5 Haushaltführung Langfristperspektiven und Entwicklungsszenarien Die Finanzpolitik muss sich vermehrt mit den Herausforderungen der Zukunft beschäftigen. Das Budget und der Finanzplan des Bundes berücksichtigen langfristige Entwicklungen nicht, wozu insbesondere die Demografie gehört. Aus diesem Grunde benötigt der Bund ein Instrument, das eine langfristige Optik ermöglicht. Dieses Instrument, die Entwicklungsszenarien, ist in der Finanzhaushaltverordnung verankert (Art. 8 FHV, SR 611.01). So erstellt der Bundesrat mindestens alle vier Jahre längerfristige Entwicklungsszenarien für bestimmte Aufgabenbereiche, die über den Zeithorizont der Finanzplanung hinausgreifen. Diese werden aufgrund der längerfristigen Entwicklung der Finanzen aller drei Staatsebenen sowie der Sozialversicherungen erarbeitet. Sie zeigen Entwicklungstendenzen mit ihren finanziellen Folgen sowie mögliche Steuerungs- und Korrekturmassnahmen auf. Als Grundlage für die Erarbeitung dieser Entwicklungsszenarien dient der Bericht «Langfristperspektiven der öffentlichen Finanzen der Schweiz». Dieser zeigt die Haushaltsentwicklung der drei Staatsebenen und der Sozialversicherungen (AHV, IV, EO, ALV) für die nächsten 50 Jahre auf. Die erste Ausgabe dieses Berichts hat die Eidgenössische Finanzverwaltung im Mai 2008 vorgelegt. Die Entwicklungsszenarien dienen dazu, Entwicklungstendenzen mit ihren finanziellen Folgen in spezifischen Aufgabengebieten des Staates über den Finanzplanhorizont hinaus aufzuzeigen und Politik-Optionen (Steuerungs- und Korrekturmassnahmen) zu diskutieren. Sie bilden damit ein «politiknäheres» Instrument als der Bericht «Langfristperspektiven». Die ersten Entwicklungsszenarien wurden im Rahmen der Legislaturfinanzplanung 2009–2011 für das Gesundheitswesen erarbeitet. Die Entwicklungsszenarien zeigen, dass aufgrund der Alterung der Bevölkerung deutliche finanzielle Zusatzlasten insbesondere im Bereich der Langzeitpflege der über 65-Jährigen entstehen dürften. Danach steigen die öffentlichen Ausgaben für die Langzeitpflege von 0,5 Prozent des BIP im Jahr 2005 bis ins Jahr 2050 um rund 0,5 bis 1,0 Prozentpunkte. Im übrigen Gesundheitswesen wirken nicht-demografische Effekte wie der medizinisch-technische Fortschritt stärker kostentreibend als die Alterung der Bevölkerung. Insgesamt ist im Bereich ohne Langzeitpflege eine Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte von ein bis zwei Prozentpunkten des BIP zu erwarten, gegenüber 4,4 Prozent des BIP im Jahr 2005. Die Entwicklungsszenarien zeigen zudem, dass der Gesundheitszustand der Bevölkerung ein wichtiger Faktor für die Ausgabenentwicklung im Gesundheitswesen ist. 58 5 Haushaltführung Eine wichtige Rolle spielen dabei die mehrjährigen Finanzbeschlüsse. Dabei handelt es sich finanzrechtlich um Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die – einzeln oder im Verbund – Höchstbeiträge an Bundesmitteln für einen bestimmten Zeitraum oder Zweck festlegen. Die mehrjährigen Finanzbeschlüsse werden periodisch – in Abstimmung mit der Legislaturplanung – alle vier Jahre erneuert (vgl. Ziff. 7.3.2). 5.1.3 Voranschlag Der Voranschlag wird im Parlamentsgesetz (Art. 142) sowie im Finanzhaushaltgesetz (Art. 29–34) geregelt. Der Bundesrat legt jedes Jahr die Ziele fest, die mit dem Voranschlag zu erreichen sind, und erlässt Weisungen für die Aufstellung des Voranschlags. Er informiert darüber die Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte. Die Jahresziele sollen mindestens: 5.1.2 Mehrjährige Finanzplanung Der Finanzplan wird im Parlamentsgesetz (Art. 143), im Finanzhauhaltgesetz (Art. 19) sowie in der Finanzhauhaltverordnung (Art. 4–7) geregelt. a. die Einhaltung der Schuldenbremse (Art. 13– 18 FHG) gewährleisten; Der Finanzplan setzt aufgrund der Prioritätenordnung der Richtlinien den künftigen Finanzierungsbedarf der staatlichen Ausgaben fest und zeigt, wie er zu decken ist. Naturgemäss wird dieser Zweck im Rahmen der rollenden Planung auch mit den jährlichen Finanzplänen verfolgt. Hauptaufgabe der Finanzplanung ist es, den politischen Behörden finanzielle Engpässe möglichst frühzeitig anzuzeigen, damit zeitgerecht Massnahmen geprüft und durchgesetzt werden können. Die Finanzplanung soll die Voraussetzungen für schuldenbremskonforme Budgets schaffen und den finanzpolitischen Vorgaben der Bundesversammlung Rechnung tragen. Der Voranschlag kann wie folgt charakterisiert werden: Der Finanzplan wird jährlich erstellt und gibt die vorgesehenen Ausgaben und prognostizierten Einnahmen der drei Jahre wieder, die auf die Budgetperiode folgen. Budget (Voranschlag) und Finanzplan decken damit eine Periode von vier Jahren ab. Es handelt sich um eine rollende Planung. Die Zahlen des Finanzplans sind notgedrungen weniger präzise als die des Voranschlags. b. den finanzpolitischen Vorgaben der Bundesversammlung Rechnung tragen. • Er enthält die Zusammenstellung von Aufwänden und Investitionsausgaben sowie Erträgen und Investitionseinnahmen für ein Jahr gegliedert nach –– –– –– Verwaltungseinheiten, Aufwand- und Ertragsarten sowie Ausgaben- und Einnahmenarten im Investitionsbereich. • Der vom Eidg. Finanzdepartement vorbereitete Budgetentwurf wird vom Bundesrat verabschiedet und anschliessend von der Bundesversammlung beraten, gegebenenfalls modifiziert und definitiv verabschiedet. • Mit dem Bundesbeschluss des Parlaments werden Aufwände und Investitionsausgaben (rechtsverbindlich) bewilligt. • Er enthält die Schätzung der Erträge und Investitionseinnahmen. 59 5 Haushaltführung Die Kredite werden auf Grund sorgfältiger Schätzung des voraussichtlichen Bedarfs festgesetzt. Enthält der Voranschlag für einen Aufwand oder eine Investitionsausgabe keinen oder keinen ausreichenden Kredit, so ist ein Nachtragskredit zu beantragen (siehe Ziff. 7.4.2). Im Anschluss an die Orientierung der Finanzkommissionen informiert das Eidg. Finanzdepartement auch die Öffentlichkeit über die Hochrechnung. 5.2 5.1.4 Staatsrechnung Die Staatsrechnung wird im Parlamentsgesetz (Art. 142) sowie im Finanzhaushaltgesetz (Art. 4–11) geregelt. Die Staatsrechnung folgt in Aufbau und Gliederung dem Voranschlag. Hinzu kommt die Darstellung der Bilanz und der damit verbundenen Offenlegungspflichten. Die Staatsrechnung besteht aus der Bundesrechnung und aus den Sonderrechnungen. Die Sonderrechnungen werden den eidgenössischen Räten aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen unterbreitet. Die Notwendigkeit einer separaten Darstellung ergibt sich aus Parlamentsbeschlüssen oder aus der besonderen Art der Leistungen bzw. Finanzierung (vgl. Ziff. 8). Der Bundesrat stellt die Staatsrechnung auf und unterbreitet sie der Bundesversammlung jährlich zwei Monate vor Beginn der Sommersession. 5.1.5 Hochrechnung Gemäss Parlamentsgesetz ist der Bundesrat verpflichtet, jeweils per 30.6. und per 30.9. eine Hochrechnung über das voraussichtliche Jahresergebnis zu erstellen und die Finanzkommissionen davon in Kenntnis zu setzen. Die Hochrechnung wird nur in Bezug auf die finanzierungswirksamen Positionen vorgenommen. Bei den Einnahmen werden die Schätzungen aufgrund der im Jahr bereits erfolgten Eingänge und gegebenenfalls neuer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen aktualisiert. Bei den Ausgaben werden die absehbaren Abweichungen vom Budget (Kreditreste, Nachträge) ausgewiesen. 60 Grundsätze 5.2.1 Allgemeine Grundsätze der Haushaltführung Bundesrat und Verwaltung führen den Bundeshaushalt nach den Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, der Dringlichkeit und der Sparsamkeit. Sie sorgen für einen wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel. • Gesetzmässigkeit: Über öffentliche Mittel darf nicht nach freiem Ermessen verfügt werden. Jede Budgetposition bedarf einer rechtlichen Grundlage. Ausgaben dürfen nur für Aufgaben des Staates, nur durch gesetzlich vorgesehene Behörden und nur im gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren getätigt werden. • Dringlichkeit: Öffentliche Mittel sind immer geringer als die Bedürfnisse. Es gilt deshalb Prioritäten zu setzen. Wichtiges und zeitlich Unaufschiebbares hat Vorrang, Wünschbares muss warten. • Sparsamkeit: Die Exekutive ist verpflichtet, die öffentlichen Mittel massvoll einzusetzen. Vermeidbare Ausgaben sind zu verhindern. • Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit: Während es bei der Wirksamkeit darum geht, dass die erzielten Ergebnisse den beabsichtigten Wirkungen (dem gewünschten Output) entsprechen («Werden die richtigen Dinge gemacht?»), zielt die Wirtschaftlichkeit auf ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen Ergebnis und eingesetzten Mitteln ab («Werden die Dinge richtig gemacht?»). 5 Haushaltführung 5.2.2 Grundsätze der Budgetierung Budgetierungsgrundsätze sind nötig, damit das Parlament, seine Kommissionen sowie die Regierung und die Verwaltung ihre Entscheidungsund Steuerungsfunktion ausüben können. Sie gelten für den Voranschlag, die Nachträge sowie sinngemäss für die Rechnung: • • • • Bruttodarstellung: Aufwände und Erträge sowie Investitionsausgaben und -einnahmen sind getrennt voneinander ohne gegenseitige Verrechnung auszuweisen. Die EFV kann im Einvernehmen mit der Eidgenössischen Finanzkontrolle in Einzelfällen Ausnahmen anordnen. Vollständigkeit: Im Voranschlag sind alle mutmasslichen Aufwände und Erträge sowie Investitionsausgaben und Investitionseinnahmen aufzuführen. Diese dürfen nicht direkt über Bilanzpositionen wie Rückstellungen und Spezialfinanzierungen abgerechnet werden. Jährlichkeit: Das Voranschlagsjahr entspricht dem Kalenderjahr. Nicht beanspruchte Kredite verfallen am Ende des Voranschlagsjahres. Spezifikation: Aufwände und Erträge sowie Investitionsausgaben und Investitionseinnahmen werden nach Verwaltungseinheiten, nach der Artengliederung des Kontenrahmens und, soweit zweckmässig, nach Massnahmen und Verwendungszweck unterteilt. Ein Kredit darf nur für den Zweck verwendet werden, der bei der Bewilligung festgelegt wurde. Sind mehrere Verwaltungseinheiten an der Finanzierung eines Vorhabens beteiligt, so ist eine federführende Verwaltungseinheit zu bezeichnen, die das Gesamtbudget offenlegt. 5.2.3 Grundsätze der Rechnungslegung Zweck der Rechnungslegungsgrundsätze ist die Sicherstellung, dass die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend dargestellt wird («true and fair view»). Sie gelten sinngemäss für den Voranschlag und die Nachträge: • Wesentlichkeit: Sämtliche Informationen werden offen gelegt, die für eine umfassende Beurteilung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von Bedeutung sind. • Verständlichkeit: Die Informationen müssen klar und nachvollziehbar sein. • Stetigkeit: Die Grundsätze der Budgetierung, Buchführung und Rechnungslegung sollen soweit als möglich über einen längeren Zeitraum unverändert bleiben. • Bruttodarstellung: Der Budgetgrundsatz der Bruttodarstellung ist sinngemäss anzuwenden. Die Grundsätze der Rechnungslegung bilden die Grundlage für weiterführende Bestimmungen wie beispielsweise für die Buchführung, die Bilanzierung oder die Bewertung. 61 5 Haushaltführung 5.2.4 Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze konkretisieren die Grundsätze der Rechnungslegung. voraussichtlich zu einem Mittelabfluss führen. Eine Passivierungsgrenze gibt es nur bei den Rückstellungen. Diese beträgt 500 000 Franken. Die Bilanzierungsgrundsätze regeln, ob ein Sachverhalt als Verpflichtung (Passivierung) oder als Vermögen (Aktivierung) in der Bilanz aufzunehmen ist. Für die Bilanzierung gelten namentlich die folgenden Grundsätze: Die Bewertungsgrundsätze geben vor, zu welchem Wert die Bilanzpositionen auszuweisen sind. Sie schliessen somit die Vorgaben zu Abschreibungen und Wertberichtigungen ein. Die Bewertung erfolgt nach folgenden Grundsätzen: • • Auf der Aktivseite werden Vermögenswerte bilanziert, wenn sie einen wirtschaftlichen Nutzen hervorbringen oder der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe («service potential») dienen, wenn ihr Wert zuverlässig ermittelt werden kann und wenn sie einen Mindestwert erreichen (Aktivierungsgrenze). Bei Immobilien und bei immateriellen Anlagen beträgt dieser Wert 100 000 Franken, bei den übrigen Sachanlagen wie z.B. Fahrzeugen 5000 Franken. Als Passiven werden gegenwärtige Verpflichtungen (inkl. Rückstellungen) bilanziert, die 62 • Die Bewertung des Finanzvermögens erfolgt zum Marktwert («at fair value»), im Falle des Verwaltungsvermögens zu Anschaffungsbzw. Herstellkosten («at cost») abzüglich Abschreibungen oder zum tieferen Verkehrswert. • Die Verbindlichkeiten werden zu Nominalwerten bewertet. Rückstellungsbeträge sind bestmöglich zu schätzen («best estimate»). • Es gilt der Grundsatz der Einzelbewertung: Die Bewertung erfolgt individuell pro Objekt und Tatbestand. 5 Haushaltführung 5.2.5 Verhältnis zu IPSAS Die Rechnungslegung des Bundes richtet sich nach den IPSAS (International Public Sector Accounting Standards, Art. 53 Abs. 1 FHV). Der Bund übernimmt diese Standards nicht integral, sondern weicht in gut begründeten Fällen von diesen Vorgaben ab. Abweichungen von den IPSAS (FHV, SR 611.01, Anhang 2) Nr. IPSAS Nr. Abweichung 1 Grundsatz der Periodengerechtigkeit (Accrual Accounting). 1.1 Anzahlungen für Waren, Dienst­leistungen und Rüstungsmaterial werden zum Zahlungszeitpunkt erfolgswirksam verbucht (Cash Accounting). 1.2 Das Entgelt des Bundes für die Erhebung des EU-Steuerrück­behalts wird nach dem Cash-Prinzip verbucht. 2 Fonds zur Mittelflussrechnung umfasst Geld und geldnahe Mittel. 2.1 Fonds umfasst zusätzlich Forderungen und laufende Verpflichtungen. 2 Dreistufiger Ausweis der Mittelfluss­rechnung: Geschäftstätigkeit, Investi­tionstätigkeit, Finanzierungstätigkeit. 2.2 Keine separate Stufe zur Geschäfts- und Investitionstätigkeit, separater Ausweis der ausserordentlichen Finanzvorfälle (Art. 7 FHG). 15 Finanzinstrumente: Offenlegung und Darstellung. 15 Nettodarstellung: Agio und Disa­gio werden bei der Fremdfinanzie­rung miteinander verrechnet und als Aufwand oder Aufwandminde­rung verbucht. 17 Aktivierungsvoraussetzung: Wirt­schaftlicher Nutzen bzw. Nutzen­potenzial für die öffentliche Auf­gabenerbringung (Service Poten­tial). 17 Rüstungs- und Zivilschutzmaterial wird nicht aktiviert. 18 Segmentberichterstattung erfolgt nach dem Grundsatz der Perio­dengerechtigkeit (Accrual Ac­counting). 18.1 Angaben zu den Aufgabengebie­ten basieren auf der Finanzie­rungssicht. 18 Pro Segment werden Ergebnisse sowie anteilige Aktiven und Ver­pflichtungen ausgewiesen. 18.2 Verzicht des Ausweises der Bilanzwerte nach Departementen und nach Aufgabengebieten. 63 5 Haushaltführung Nr. IPSAS Nr. Abweichung 23 Erträge aus Transaktionen ohne zurechenbare Gegenleistung. 23.1 Die Erträge aus der direkten Bundessteuer werden zum Zeit­punkt der Ablieferung der Bun­desanteile durch die Kantone verbucht (Cash Accounting). 23.2 Die Erträge aus der Wehrpflichter­satzabgabe werden zum Zeitpunkt der Ablieferung durch die Kantone verbucht (Cash Accounting). 25 Die Verpflichtungen für Vorsor­geleistungen sowie für andere langfristig fällige Leistungen für Arbeitnehmende werden im Anhang der Jahresrechnung unter den Eventualverbindlichkeiten ausgewiesen (Verzicht auf eine Bilanzierung). 25 Leistungen zugunsten der Arbeit­nehmenden. Soweit die IPSAS keine Regelung enthalten, werden ergänzende Standards angewendet: Ergänzende Standards (FHV, SR 611.01, Anhang 2) Gegenstand Standard Bewertung der Finanzinstrumente im Allgemeinen Richtlinien der Eidgenössischen Bankenkommission zu den Rechnungslegungsvorschriften der Art. 23–27 BankV vom 14.12.1994 (RRV-EBK) 25.3.2004 Strategische Positionen im Bereich der derivativen Finanzinstrumente Ziffer 23b RRV-EBK 31.12.1996 Bewertung der immateriellen Anlagen International Accounting Standards (IAS) 38, Immaterielle Vermögenswerte 31.3.2004 64 Stand 5.3 Ablauf der Budgetierung und Finanzplanung Der Ablauf der Budgetierung lässt sich in fünf Phasen unterteilen, die nachfolgend beschrieben werden (vgl. Schema). Jan Feb Vorbereitung Entscheide: Bundesrat ( Parlament Mrz Budgetierung Apr Mai Juni Budgetbereinigung Juli Aug Erarbeitung Botschaft Sep Okt Nov Dez Parlamentarische Beratung Grundsatzentscheide) Phase 1: Vorbereitung Budgetprozess (ca. 15.12.–15.2.) Zu Beginn des Budget- und Finanzplanungsprozesses findet eine finanzpolitische Standortbestimmung im Januar statt. In einem ersten Schritt werden die volkswirtschaftlichen Referenzwerte (insb. Annahmen über das Wirtschaftswachstum und die Teuerung) für das Budget des kommenden Jahres und die drei darauf folgenden Finanzplanjahre festgelegt. Für das Budget richten sie sich nach der Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes. Für den Finanzplan wird ein plausibles Wirtschaftsszenario erarbeitet. Auf dieser Basis werden die Einnahmen und Ausgaben des vorjährigen Finanzplans aktualisiert. Die Festlegung finanzpolitischer Ziele basiert auf Schätzungen der Einnahmen und einer Aktualisierung der Ausgaben auf der Basis des vorliegenden Finanzplans. Aufgrund der Anforderungen der Schuldenbremse werden die zulässigen Ausgabenplafonds berechnet. Zur Durchsetzung dieser Ziele verabschiedet der Bundesrat seine Weisungen zur Erarbeitung von Budget und Finanzplan. Diese gehen zusammen mit den technischen Budgetweisungen der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) und des Eidgenössischen Personalamtes (EPA) an die Departemente. Phase 2: Budgetierung und Eingaben (ca. 15.2.–30.4.) Die Budgetierung und Finanzplanung erfolgt nach den Vorgaben der Departemente dezentral bei den Verwaltungseinheiten. Sämtliche Kreditbegehren sind an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu messen. Zusätzlich müssen die Verwaltungseinheiten Begründungen zu den einzelnen Kredit- und Ertragspositionen erstellen. Diese Begründungen gehen an Bundesrat und Parlament und werden im Voranschlag der Verwaltungseinheiten (Band 2B der Finanzberichterstattung) veröffentlicht. Bis Ende April erfolgen die Eingaben (Zahlen und Begründungen) der Departemente an die Eidgenössische Finanzverwaltung. Phase 3: Budgetbereinigung (ca. 1.5.–30.6.) In einer ersten Phase der Bereinigung werden die Kreditbegehren und Einnahmenschätzungen mit den Verwaltungseinheiten besprochen. Die Generalsekretariate der Departemente werden dabei für die Prioritätensetzung und die Umsetzung substantieller Kürzungen beigezogen. Anfangs Juni legt der Bundesrat die Bereinigungsstrategie fest gestützt auf überprüfte volkswirtschaftliche Eckwerte (Teuerung, Wirtschaftswachstum, 65 5 Haushaltführung Zinssätze). Der Bundesrat verabschiedet das bereinigte Zahlenwerk von Voranschlag und Finanzplan vor den Sommerferien. Phase 4: Erarbeitung und Verabschiedung der Budgetbotschaft (ca. 1.7.–31.8.) Die Eidgenössische Finanzverwaltung erarbeitet aufgrund dieses Bundesratsentscheids die Botschaft zum Voranschlag und den Bericht zum Finanzplan. Sie werden nach den Sommerferien vom Bundesrat verabschiedet und werden gemäss Artikel 29 FHG bis Ende August an das Parlament weitergeleitet (siehe auch Ziff. 4.5). Phase 5: Parlamentarische Beratung (ca. 1.9.–20.12.) Die Vorberatungen für Budget und Finanzplan finden in den jeweiligen Finanzkommissionen der eidg. Räte statt. Die Finanzkommissionen erarbeiten dabei die Anträge ans Ratsplenum. Das Budget muss während den Beratungen der eidg. Räte in der Wintersession genehmigt werden. Nach Verabschiedung des Budgets erfolgt die technische Aufbereitung der Bundesbeschlüsse. Sonderfall Legislaturfinanzplan Beim Ablauf der Finanzplanungsarbeiten ist zu unterscheiden zwischen: • der Erstellung des Legislaturfinanzplanes und • seiner jährlichen Überarbeitung während der Legislaturperiode. Während die Arbeiten am Legislaturfinanzplan zeitlich und sachlich eng mit den Regierungsrichtlinien verknüpft sind und durch einen spezifischen Ablauf gekennzeichnet sind, erfolgt die jährliche Überarbeitung parallel zur Budgetierung. Nachstehend wird deshalb nur eine kurze Übersicht zur Ausarbeitung eines neuen Legislaturfinanzplanes gegeben. 66 In einer ersten Phase wird der Legislaturfinanzplan – wie die jährliche Überarbeitung – parallel zum neuen Budget erarbeitet. Die Weisungen des Bundesrates enthalten sowohl die Vorgaben für das Budget als auch die Planungsrichtlinien. Die Departementseingaben umfassen die Budget- und die Finanzplanzahlen. Und in den Verhandlungen zwischen EFV und den Verwaltungseinheiten werden Voranschlag und auch Finanzplanzahlen bereinigt. Anfangs Juni wird der Bundesrat im Rahmen des ersten Budgetantrags über den Stand der Planungszahlen orientiert. Er überprüft die finanzpolitischen Zielvorgaben und beauftragt das Eidgenössische Finanzdepartement, die nötigen Korrekturmassnahmen vorzunehmen. Weitere Anpassungen am Legislaturfinanzplan ergeben sich aus den Arbeiten zur Legislaturplanung, die rund ein Jahr vor der Verabschiedung der Botschaft durch den Bundesrat beginnen. Der Bundesrat beschliesst Mitte Jahr über die Strategie der Legislaturplanung (Leitlinien und Ziele) und im Herbst über die Massnahmen im Rahmen der Aussprache über den ersten Botschaftsentwurf. Sobald die konkreten Vorschläge für die Massnahmen der Legislaturplanung vorliegen, wird der Legislaturfinanzplan einer Aktualisierung unterzogen und dem Bundesrat gleichzeitig mit dem Entwurf zur Botschaft über die Legislaturplanung unterbreitet. Ziel dieses Prozesses ist es, die finanziellen Konsequenzen der geplanten Aufgabenerfüllung mit den Zielen der Haushaltspolitik in Einklang zu bringen. Anschliessend erfolgt die Erarbeitung des Berichts über den Legislaturfinanzplan. Die Botschaft über die Legislaturplanung inkl. Bericht zum Legislaturfinanzplan und Gesetzgebungsprogramm wird vom Bundesrat anfangs Jahr genehmigt und anschliessend den eidg. Räten zur Beratung vorgelegt. 6 Einnahmen 6.1 Struktur Im Jahr 2010 erreichten die ordentlichen Einnahmen des Bundes 62,8 Milliarden. Die nachfolgende Grafik zeigt die einzelnen Einnahmengruppen. Die Struktur der verschiedenen Einnahmenkategorien ist insgesamt relativ stabil, wobei langsame Verschiebungen zugunsten der direkten Bundessteuer und zulasten der Verbrauchssteuern zu beobachten sind. Fiskaleinnahmen sind die grösste Kategorie; sie belaufen sich auf 58,1 Milliarden oder 92,6 Prozent der Gesamteinnahmen. Rund zwei Fünftel stammen aus direkten Steuern (Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer) und drei Fünftel aus indirekten Steuern (Mehrwertsteuer, Stempelabgaben etc.). Die nichtfiskalischen Einnahmen im Umfang von 4,6 Milliarden umfassen namentlich Gewinnablieferungen von Unternehmen mit Bundesbeteiligung (insbesondere Swisscom, Die Post) sowie Gebühren und Darlehensrückzahlungen. In der Finanzberichterstattung des Bundes werden neben den Einnahmen aus der Finanzierungsrechnung auch die Erträge aus der Erfolgsrechnung ausgewiesen. Im Gegensatz zur Aufwandseite sind die Unterschiede zwischen Erträgen und Einnahmen nicht sehr bedeutsam. Bei den Fiskaleinnahmen gibt es zwischen Erfolgsund Finanzierungssicht keine Unterschiede. Bei den nichtfiskalischen Einnahmen bestehen vor allem Abweichungen bei den Investitionseinnahmen, welche in der Investitionsrechnung (und damit auch in der Finanzierungsrechnung) erscheinen, nicht jedoch in der Erfolgsrechnung. Betragsmässig fallen (ordentliche) Investitionseinnahmen beim Bund allerdings kaum ins Gewicht (rund 200 Mio. pro Jahr). Struktur der Bundeseinnahmen 2010 Ordentliche Einnahmen R 2010: 62 833 Mio. Direkte Bundessteuer 17 886 Mio., 28,5 % Mehrwertsteuer 20 672 Mio., 32,9 % Indirekte Steuern 35 547 Mio., 56,6 % Direkte Steuern 22 609 Mio., 36 % Nichtfiskalische Einnahmen 4 677 Mio., 7,4 % Verrechnungssteuer 4 723 Mio., 7,5 % Nichtfiskalische Einnahmen 4 677 Mio., 7,4 % Übrige Fiskaleinnahmen 4 530 Mio., 7,2 % Mineralölsteuer 5 134 Mio., 8,2 % Stempelabgaben 2 855 Mio., 4,6 % Tabaksteuer 2 356 Mio., 3,7 % 67 6 Einnahmen 6.2 Einnahmenprognosen 6.2.1 Grundlagen Mit Einführung der Schuldenbremse im Jahr 2003 haben die Einnahmenschätzungen im Budgetprozess des Bundes eine erhöhte Bedeutung erhalten. Die Ausgaben des Bundes richten sich seither nach den konjunkturell bereinigten Einnahmen des entsprechenden Jahres. Zusammen mit den Konjunkturprognosen sind die Einnahmenschätzungen somit zentral für die ausgabenseitigen Vorgaben. Im Nachhinein festgestellte Fehler bei den Einnahmenschätzungen werden – soweit sie nicht auf Fehler bei der Konjunkturprognose zurückzuführen sind – auf dem Ausgleichskonto festgehalten: Werden die Einnahmen unterschätzt, führt dies zu einer Gutschrift auf dem Ausgleichskonto. Im umgekehrten Fall wird das Ausgleichskonto hingegen belastet. Gemäss dem Konzept der Schuldenbremse sollten sich die Gutschriften und Belastungen des Ausgleichskontos die Waage halten. Dies bedingt allerdings, dass sich die Prognosefehler der Einnahmen (und auch der Ausgaben) im Zeitablauf kompensieren. Nur so kann eine permanente Äufnung von Überschüssen oder Defiziten im Ausgleichskonto verhindert werden. Wie jede Voraussage zukünftiger Ereignisse ist die Veranschlagung der Einnahmen und Ausgaben mit Unsicherheiten behaftet. Im Interesse einer kohärenten Finanzplanung gilt es, die unvermeidlichen Abweichungen zwischen Plan- und Rechnungszahlen in möglichst engen Grenzen zu halten. Dabei stellt sich das Prognoseproblem bei den Einnahmen schärfer als bei den Ausgaben. Das liegt in der unterschiedlichen Natur der beiden Grössen. 68 Bei der Voraussage der Bundeseinnahmen sind folgende besondere Schwierigkeiten zu meistern, die ausgabenseitig wenig oder nicht ins Gewicht fallen: Die budgetierten Einnahmen stellen eigentliche Erwartungsgrössen dar. Ihre Bestimmungsgründe liegen meist ausserhalb des Einflussbereiches von Bundesrat und Verwaltung. Sie sind damit weder bei der Budgetierung und Finanzplanung noch beim Budgetvollzug steuerbar. Ausgaben hingegen sind das Ergebnis staatlichen Handelns. Bundesrat und Parlament legen sie als verbindliche Vorgabe fest, zum Beispiel in Form rechtlicher Erlasse oder mehrjähriger Sachplanungen. In der Regel werden die gewährten Kredite nicht voll ausgeschöpft, so dass die Ausgaben in der Rechnung niedriger ausfallen als im Voranschlag. Daneben gibt es aber auch Ausgabenkomponenten, die gar nicht oder zumindest nicht kurzfristig beeinflussbar sind, wie zum Beispiel die Ausgaben für Passivzinsen, Kantonsanteile an Bundeseinnahmen oder Transfers an die Sozialversicherungen (diese hängen v.a. von den prognostizierten Ausgaben der AHV und IV, aber auch von den Eingängen der entsprechend zweckgebundenen Einnahmen ab). Die für die Einnahmenschätzung verwendeten Modelle sind im Laufe der Jahre wesentlich verfeinert worden und haben sich bei ihrer Anwendung auf Vergangenheitszahlen als recht zuverlässig erwiesen. So konnten die Abweichungen zwischen Voranschlag und Rechnung in den letzten zwanzig Jahren in den meisten Fällen auf einige hundert Millionen oder wenige Prozent beschränkt werden. Die grosse Ausnahme stellt die Prognose der Verrechnungssteuer dar, welche auf äusserst volatilen Zahlen beruht. 6 Einnahmen Die Prognose der wirtschaftlichen Bestimmungsgrössen ist das eigentliche Hauptproblem jeder Einnahmenschätzung. Um die Konsistenz der Planungsannahmen zu sichern, bedarf es einer Prognose des Wirtschaftsverlaufes für einen Zeitraum von bis zu 1½ Jahren bei der Budgetierung, beziehungsweise von 4½ Jahren bei der Finanzplanung – die Planung erfolgt gut ein halbes Jahr vor Beginn des Voranschlagsjahres. Wie die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, kann sich das Verhalten der gesamtwirtschaftlichen Grössen innert kurzer Zeit grundlegend ändern. Die Qualität der Einnahmenschätzungen hängen somit zum Grossteil von der Qualität der verfügbaren Wirtschaftsprognosen ab. Für die Finanzplanung über das Voranschlagsjahr hinaus ist die Verwaltung auch auf interne Schätzungen angewiesen, denn Konjunkturprognosen betreffen kaum mehr als die folgenden zwei Jahre. Diese mittelfristigen Prognosen sind mit einer grossen Unsicherheit behaftet. 6.2.2 Top-down-Plausibilitätsprüfung der Einnahmenschätzung Der Zusammenzug der Schätzung der einzelnen Einnahmenkomponenten ergibt eine Schätzung der Gesamteinnahmen. Diese Schätzung wird somit in einem Bottom-up Verfahren erstellt. Die Finanzverwaltung plausibilisiert diese Schätzung allerdings auch durch Top-down Ansätze. Dazu müssen zunächst die Auswirkungen von gesetzlichen Massnahmen wie etwa Steuererhöhungen bereinigt werden. Diese Bereinigung ermöglicht einen direkten Vergleich mit dem Verlauf von volkswirtschaftlichen Indikatoren, zum Beispiel mit dem BIP. Dabei kann überprüft werden, ob und wie konjunkturelle Schwankungen in den Einnahmenschätzungen zum Ausdruck kommen. Die Überprüfung kann auf verschiedene Arten erfolgen. Eine ausführliche Top-Down Schätzung kann durch die Verwendung eines makroökonomischen Modells erfolgen. Dieses unterscheidet auch einzelne Einnahmenkomponenten und setzt diese in Relation zu verschiedenen volkswirtschaftlichen Bestimmungsgrössen. Eine einfache Plausibilisierungsgrösse stellt auch die Aufkommenselastizität der Bundeseinnahmen dar. Dabei handelt es sich um eine Zahl, welche ausdrückt, um wieviel Prozent sich die Bundeseinnahmen verändern, wenn sich das nominelle BIP um ein Prozent verändert. Eine Elastizität von zwei bedeutet zum Beispiel, dass die Einnahmen doppelt so stark wachsen wie das BIP. In einzelnen Jahren kann dieses Verhältnis stark schwanken, weil nicht alle Änderungen der Einnahmen auf die BIP-Konjunktur zurückgeführt werden können. Bei der Prognose wird eine BIP-Elastizität von eins als realistisch erachtet, signifikante Abweichungen davon müssten zumindest begründet werden können. 6.2.3 Qualität der Einnahmenschätzungen Die Qualität der Einnahmenschätzungen des Bundes lässt sich grundsätzlich nicht an der Budgetgenauigkeit eines einzelnen Jahres festmachen. Wie bereits erwähnt, sind die Einnahmenschätzungen mit zahlreichen Unsicherheiten verbunden, die sich meistens dem Einflussbereich von Bundesrat und Verwaltung entziehen. Diese Unsicherheiten können zu hohen Abweichungen zwischen den effektiv realisierten und den im Voranschlag budgetierten Einnahmen führen. Jährliche Budgetabweichungen in der Höhe von mehreren hundert Millionen sind daher eher die Regel als die Ausnahme. Von entscheidender Bedeutung ist allerdings, dass sich diese Budgetabweichungen im Zeitablauf ausgleichen. Dies setzt voraus, dass die budgetierten Einnahmen eine erwartungstreue Schätzung für die tatsächlich realisierten Einnahmen darstellen. Mit anderen Worten muss sichergestellt werden, dass die Einnahmen des Bundes weder systematisch über- noch unterschätzt werden. Um ein differenziertes und umfassendes Urteil über die Einnahmenschätzungen zu fällen, sollte deren Qualität daher über einen längeren Zeitraum untersucht werden. 69 6 Einnahmen Die nachfolgende Grafik veranschaulicht die Fehler bei der Prognose der ordentlichen Einnahmen des Bundes im Verlauf der letzten Dekade. Die Prognosefehler sind in Prozent des Voranschlagswertes ausgedrückt, um einen unverzerrten Vergleich über die Zeit zu ermöglichen. Ein positiver Prognosefehler bedeutet, dass die Einnahmen unterschätzt worden sind bzw. dass die effektiven Einnahmen den Budgetwert übertroffen haben. Ein negativer Prognosefehler entspricht demgegenüber einer Überschätzung der Einnahmen. Im Jahr 2003 findet sich – mit einem negativen Prognosefehler von 7,3 Prozent – die grösste Überschätzung der ordentlichen Einnahmen. Hingegen wurden die Einnahmen im Jahr 2008 mit einem positiven Prognosefehler von 10,2 Prozent am stärksten unterschätzt. Prognosefehler im Detail Um die Qualität der Einnahmenschätzung über einen längeren Zeitraum zu veranschaulichen kann auf den durchschnittlichen absoluten Prognosefehler als einfaches Mass abgestellt werden. In den letzten zehn Jahren beträgt dieser für die ordentlichen Einnahmen des Bundes 4,6 Prozent. Somit werden die Einnahmen jedes Jahr durchschnittlich um 4,6 Prozent des Voranschlagswertes über- oder unterschätzt. Hinter dieser Zahl verbergen sich allerdings grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Einnahmenkategorien. Von den grossen Fiskaleinnahmen waren in den vergangenen zehn Jahren die Schätzungen der Mehrwertsteuereinnahmen am genausten: Hier wurden die Einnahmen durchschnittlich nur um 2,2 Prozent des Voranschlagswertes über- oder unterschätzt. Dicht dahinter folgen die Schätzungen der Mineralölsteuereinnahmen mit einem durchschnittlichen absoluten Prognosefehler von 2,6 Prozent. Während die Genauigkeit der Einnahmenschätzungen der direkten Bundessteuer (5,0 %) im Vergleich zu den Gesamteinnahmen nur wenig schlechter ausfällt, sind bei den Stempelabgaben (10 %) und insbesondere bei der Verrechnungssteuer deutliche Ausreisser zu beobachten (48,2 %). Sie widerspiegeln die starke Volatilität dieser Einnahmen: Die Stempelabgaben unterliegen den Turbulenzen der Güte der Einnahmenschätzungen Prognosefehler der ordentlichen Einnahmen in % der Einnahmen resp. des nom. BIP gemäss VA 12 9 6 3 0 -3 Prognosefehler Einnahmen -6 Rezessionsphasen -9 Prognosefehler nom. BIP -12 01 70 02 03 04 05 06 07 08 09 10 6 Einnahmen Aktienmärkte und den hohen Fluktuationen der Emissionsvolumen. Der Verrechnungssteuerertrag weist seit vielen Jahren grosse unvorhergesehene Schwankungen auf, was eine genaue Prognose unmöglich macht. Zur Verdeutlichung: Der Ertrag dieser Steuer stieg von 4,2 Milliarden im Jahr 2007 auf 6,5 Milliarden im Jahr 2008 (+53 %), um im folgenden Jahr auf 4,4 Milliarden zurückzufallen, was natürlich den Prognosefehler wesentlich beeinflusst hat. Prognosefehler 2001–2010: konjunkturelles Muster Die blau hinterlegten Flächen in der oben stehenden Grafik markieren die Jahre, in denen sich die Schweizer Volkswirtschaft in einer Rezession befand. Als Rezession wird in diesem Zusammenhang eine Phase definiert, in der sich die Schweiz in einer gesamtwirtschaftlichen Unterauslastung befand und die Wachstumsrate des realen Bruttoinlandprodukts unter ihrem langfristigen Potenzial lag. Mit dieser Darstellung lässt sich ein Muster in der Entwicklung der Prognosefehler erkennen: So werden die Bundeseinnahmen während eines wirtschaftlichen Abschwungs tendenziell überschätzt (negativer Prognosefehler) und in der nachfolgenden Aufschwungsphase eher unterschätzt (positiver Prognosefehler). Über einen Konjunkturzyklus hinweg dürften sich diese Schätzfehler gegenseitig aufwiegen. Dies war auch in den vergangenen zehn Jahren annähernd der Fall. So summieren sich die negativen und positiven Prognosefehler bei den ordentlichen Einnahmen auf lediglich rund 10 Milliarden auf. Dies entspricht, bezogen auf die insgesamt vereinnahmten ordentlichen Einnahmen des Bundes in dieser Zeitperiode (rund 544 Mrd.), einem durchschnittlichen Prognosefehler von 1,7 Prozent. Mit anderen Worten wurden die ordentlichen Einnahmen seit 2001 durchschnittlich um 1,7 Prozent zu tief geschätzt. Allerdings ist dieser Mittelwert statistisch gesehen nicht signifikant von null verschieden, d.h. die Einnahmen wurden weder systematisch über- noch unterschätzt. Abhängigkeit von Wirtschaftsprognosen In der Grafik sind ebenfalls die Fehler bei der Prognose des nominalen Bruttoinlandproduktes abgetragen (graue Vierecke). Dieser berechnet sich als prozentuale Differenz zwischen dem zum Zeitpunkt der Budgetierung erwarteten nominalen BIP (Niveau in Mrd.) und dem tatsächlich realisierten nominalen BIP gemäss der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung des Bundesamtes für Statistik (2010: vorläufige Schätzung des SECO). Hier zeigt sich wie stark die Güte der Einnahmenschätzungen von den Wirtschaftsprognosen abhängt. 6.3 Fiskaleinnahmen und ihre wichtigsten Bestimmungsgrössen Im Folgenden werden die wichtigsten Einnahmenquellen des Bundes mit ihren Bestimmungsgrössen und den abgeleiteten Schätzverfahren dargelegt. 6.3.1 Direkte Bundessteuer Der Ertrag der direkten Bundessteuer stammt zu mehr als der Hälfte aus der Belastung der Einkommen der natürlichen Personen (Einkommenssteuer); der verbleibende Anteil entstammt aus der fiskalischen Belastung des Ertrages von juristischen Personen (Gewinn- oder Unternehmenssteuer). Als Bestimmungsgrösse für die Schätzbasis der Einkommenssteuer dient das Einkommen der Haushalte. Dieses setzt sich zusammen aus Arbeitnehmereinkommen, Geschäftseinkommen der Selbstständigen und Vermögenseinkommen. Die Gewinnsteuer hängt von der Entwicklung des steuerbaren Unternehmungsgewinns ab. Für diese Steuerbasis gibt es keine zuverlässigen Prognosen, was die Einnahmenschätzung deutlich erschwert. Die Gewinnsteuer wird massgeblich durch wenige ertragsstarke Unternehmen getragen. 71 6 Einnahmen Bei den natürlichen Personen gilt ein progressiver Steuertarif mit einem Durchschnittssteuersatz von höchstens 11,5 Prozent und einem maximalen Grenzsteuersatz von 13,2 Prozent. Bei den juristischen Personen kommt ein Proportionalsatz von 8,5 Prozent auf dem Reinertrag zur Anwendung. Für den Ertragsverlauf ist nicht nur die Veränderung des primären Einkommens der privaten Haushalte insgesamt, sondern die Verteilung des Einkommenszuwachses und die Entwicklung bei den mittleren und höheren Einkommen massgebend, weil einige wenige Prozent der Steuerpflichtigen mit hohen Einkommen mehr als die Hälfte der Steuern der natürlichen Personen aufbringen. Der Steuerertrag wächst infolge der progressiven Ausgestaltung des Steuertarifes der natürlichen Personen wesentlich stärker als das primäre Einkommen in der entsprechenden Bemessungsperiode. Das Verhältnis zwischen der prozentualen Veränderung des Steuerertrages und der prozentualen Veränderung des Einkommens in der vergleichbaren Periode, die so genannte Elastizität, ist allerdings nicht konstant. So nimmt der Steuerertrag aufgrund der erwähnten Progression im Steuersystem je nach Verteilung des Einkommenszuwachses auf die verschiedenen Tarifstufen stärker oder schwächer zu. Darüber hinaus gibt es noch weitere Faktoren, welche die Erträge der direkten Bundessteuer beeinflussen und nicht direkt mit der Einkommensentwicklung im Zusammenhang stehen. Dazu gehören beispielsweise Änderungen der Steuertarife oder der Abzüge. In den letzten Jahren schwankte die Elastizität in etwa zwischen 1,1 und 2,4. Die Gewinnbesteuerung erfolgt zwar proportional, die grosse Schwankungsbreite der Unternehmensgewinne führt aber auch da zu einer überproportionalen Abbildung von konjunkturellen Entwicklungen. Die Bundesverfassung verlangt, dass bei der direkten Bundessteuer die kalte Progression d. h. die teuerungsbedingte Verlagerung hin zu höheren Steuersätzen, periodisch ausgeglichen wird. 72 National- und Ständerat hatten 2009 entschieden, dass die kalte Progression künftig jährlich auszugleichen ist. Massgebend ist der Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise am 30.6. vor Beginn des Steuerjahres. Bis zur Gesetzesänderung von 2009 hatte der Bundesrat die Anpassung vorzunehmen, sobald sich der Landesindex der Konsumentenpreise seit der letzten Anpassung um 7 Prozent erhöht hat. Deshalb erfolgte bis dann der Ausgleich in der Regel erst nach mehreren Jahren. Durch das Veranlagungs- und Bezugssystem entstehen bei der direkten Bundessteuer Verzögerungen zwischen der Entstehung eines steuerbaren Einkommens oder Unternehmensgewinns und der Sichtbarkeit der darauf geschuldeten Steuer in den Bundeseinnahmen: • Bei den natürlichen Personen wird die Steuerschuld aus einer Steuerperiode erst im Folgejahr fällig (Hauptfälligkeitsjahr). Die Steuerrechnung beruht zu diesem Zeitpunkt allerdings mangels entsprechender Informationen noch auf einer provisorischen Veranlagung, meist aufgrund des vorgängig versteuerten Einkommens. Die Steuerpflichtigen können aber der Steuerbehörde Änderungen in ihrer Einkommenssituation frühzeitig melden, damit dies bei der provisorischen Veranlagung berücksichtigt wird. Das Veranlagungs- und Bezugsverfahren führt zu einer effektiven Verzögerung von mindestens ein bis zwei Jahren zwischen Erwirtschaftung eines Einkommens durch den Steuerpflichtigen und der Verbuchung einer daraus entstehenden Einnahme durch den Bund. Die definitive Veranlagung liegt auch bei der Fälligkeit der Steuerschuld des darauf folgenden Steuerjahres nicht in jedem Fall vor; Zahlungen können sich daher auch über mehrere Jahre erstrecken. Für die Schätzung der Steuern auf dem Einkommen natürlicher Personen werden jeweils Annahmen über die zeitliche Verteilung der geschuldeten Steuern einer Steuerperiode auf die Folgejahre erstellt. Diese Annahmen beruhen 6 Einnahmen auf Erfahrungswerten. In den letzten Jahren ist allerdings eine Tendenz in Richtung einer Verkürzung der beschriebenen Verzögerung bei der Veranlagung zu beobachten. Eine wichtige Ursache hierfür ist die Einführung des ratenweisen Vorausbezugs der direkten Bundessteuer durch verschiedene Kantone. Dadurch erhalten die Steuerpflichtigen die Möglichkeit, ihre Steuerrechnung für ein bestimmtes Steuerjahr bereits im selben Kalenderjahr zu begleichen. • Bei den juristischen Personen ist der Ablauf vom Prinzip her identisch, allerdings wird bei diesen mit einer unterschiedlichen zeitlichen Verteilung gerechnet: ein Grossteil der Veränderung der Unternehmensgewinne schlägt sich oftmals bereits im Folgejahr auf die Bundeseinnahmen nieder. 6.3.2 Verrechnungssteuer Der Ertrag der Verrechnungssteuer ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Rückbehalt auf beweglichem Kapitalvermögen (Eingänge) und den auf Antrag der Steuerpflichtigen gewährten Rückerstattungen. Eingänge Die Verrechnungssteuer wird auf dem Ertrag aus beweglichem Kapitalvermögen erhoben, das von Personen mit Domizil im In- oder Ausland bei Schweizer Schuldnern in Schweizer Franken oder ausländischer Währung angelegt ist. Die Eingänge stammen vorwiegend aus folgenden Anlagen: • Anleihensobligationen und Kassenobligationen; • Aktien, GmbH- und Genossenschaftsanteile; • Kundenguthaben bei inländischen Banken (Sichtguthaben, Festgelder, Spar- und Depositeneinlagen); • Anteile an Anlagefonds. Verschiedene makroökonomische Faktoren wie Konjunkturentwicklung, Finanzmarktzyklus, Zinssätze der verschiedenen Anlagearten, Wirtschaftspolitik und Erwartungen der Finanzmärkte haben einen erheblichen Einfluss auf die Höhe der Eingänge. Die Portfolioumschichtungen werden namentlich beeinflusst von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung und im Besonderen von den Erwartungen der Wirtschaftssubjekte. Der Anteil der einzelnen Finanzprodukte an den Eingängen schwankt von Jahr zu Jahr erheblich. Massgebend für die Entwicklung der Steuereingänge ist dennoch vor allem das Volumen der Dividendenausschüttungen. 2010 entfielen knapp 75 Prozent der gesamten Eingänge auf Dividendenausschüttungen. Die Eingänge aus Dividendenausschüttungen sind stark konjunkturabhängig. Ihre Entwicklung unterliegt ausserdem in hohem Masse der Dividendenpolitik der Gesellschaften. Einzelne Grossunternehmen nahmen in jüngerer Vergangenheit beispielsweise anstelle der ordentlichen Dividendenausschüttung eine Nominalwertreduktion der Aktien vor, die nicht verrechnungssteuerpflichtig ist. Seit 2011 können die Gesellschaften zudem die neue Möglichkeit nutzen, nicht steuerpflichtige Rückerstattungen offener Kapitaleinlagen vorzunehmen (im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II eingeführtes Kapitaleinlageprinzip). Dagegen haben die Rückkaufprogramme einiger Grossunternehmen zu erheblichen Eingängen geführt, die jedoch normalerweise im selben Jahr ihrer Verbuchung zur vollständigen Rückzahlung gelangen. Die übrigen Eingänge hängen in erster Linie vom Volumen der neuen Anleihensobligationen und der in Anlagefonds investierten Gelder sowie von der Höhe der Kundenguthaben bei den Banken ab. Die Entwicklung der Zinssätze spielt dabei für die Umschichtung der Portefeuilles eine wichtige Rolle und schlägt sich schnell auf die gesamte Verzinsung der Guthaben nieder, was zu erheblichen Schwankungen bei den Verrechnungssteuereingängen führen kann. 73 6 Einnahmen Rückerstattungen Massgebend für die Rückerstattungen sind: • der Zeitpunkt der Antragstellung auf Rückerstattung. • der Steuersatz (Steuerhinterziehung). • der Ausländeranteil am beweglichen inländischen Kapitalvermögen. • die Doppelbesteuerungsabkommen. Die Rückerstattungsanträge der Verrechnungssteuer können mit einer mehr oder weniger grossen Verzögerung eingereicht werden, im Allgemeinen frühestens nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die steuerbare Leistung fällig geworden ist. Das gilt insbesondere für Rückerstattungen an natürliche Personen, für welche die Kantone eine Abrechnung erstellen. Juristische Personen, die Anspruch auf eine Rückerstattung von mindestens 4000 Franken haben, erhalten auf Antrag hin bereits im Fälligkeitsjahr die Rückerstattung von drei Vierteln des mutmasslichen Betrags, in Form von vierteljährlichen Vorauszahlungen. Zudem können seit 2001 die innerhalb eines Schweizer Konzerns ausgeschütteten Dividenden Gegenstand einer Meldung sein. In solchen Fällen wird die Verrechnungssteuer weder abgezogen noch anschliessend vollumfänglich zurückerstattet. Durch diese Änderung konnten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Verrechnungssteuer ausgeräumt werden. Seit Juli 2005 gilt diese Regelung auch für Dividenden, die von einer Schweizer Filiale an eine Muttergesellschaft mit Domizil in einem Land der Europäischen Union ausgeschüttet werden. Schliesslich können Personen mit Domizil im Ausland bei Vorliegen eines internationalen Abkom- 74 mens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, unmittelbar nach Abzug der Steuer einen Antrag auf Rückerstattung stellen. Aufgrund der Bestimmungen des geltenden Abkommens haben sie Anspruch auf eine vollumfängliche oder teilweise Rückerstattung des Steuerabzugs. Ertragsprognose der Verrechnungssteuer Die Verrechnungssteuer ist von einer hohen Volatilität geprägt. Beeinflusst wird sie nicht nur von den zyklischen Schwankungen, sondern auch von einmaligen Faktoren gesetzlicher oder rechnerischer Natur oder aufgrund anderer, kaum quantifizierbarer und von Natur aus unvorhersehbarer Sonderfaktoren. Der Ertrag schwankte somit zwischen 2,6 Milliarden im Jahr 2004 und einem Rekordbetrag von 6,2 Milliarden im Jahr 2008 aufgrund der verzögerten Auswirkung der günstigen Konjunktur. 2010 belief sich der Verrechnungssteuerertrag auf 4,7 Milliarden. Die grossen jährlichen Schwankungen bei den Eingängen und die Unmöglichkeit, den Zeitpunkt der Rückerstattungsgesuche sowie deren Umfang vorauszusehen, erschweren die Schätzung des Verrechnungssteuerertrags. Ausserdem ist es generell nicht möglich, den Einfluss zukünftiger Sonderfaktoren, die meistens von Natur aus unvorhersehbar sind, zu quantifizieren. Aus diesen Gründen wird im Budget seit 2005 jeweils anstelle einer Punktschätzung ein langjähriger Durchschnittsbetrag eingesetzt. Für den Voranschlag 2012 und den neuen Legislaturfinanzplan wurde die Schätzmethode wie jedes Jahr einer Neuüberprüfung unterzogen. Angesichts der jüngsten Ergebnisse wird die Prognose neu mit einer exponentiellen Glättungsmethode vorgenommen. Diese Methode gewichtet die jüngsten Ergebnisse stärker als die weiter zurückliegenden. Konkret ist eine Schätzung, die mit Hilfe einer solchen Glättungstechnik erstellt wird, reaktiver als eine Schätzung, die auf einem arithmetischen Mittel oder einem mobilen Durchschnitt beruht. Sie eignet sich deshalb besser für die Schätzung 6 Einnahmen zukünftiger Entwicklungen einer Einnahme, deren Ertragsniveau manchmal brüsken Schwankungen oder sogar plötzlichen Trendwenden unterliegt. Der Entscheid, sich auf eine Schätzung, die einem langjährigen Durchschnitt entspricht, sowie auf eine Glättungsmethode abzustützen, wird auch den Anforderungen der Schuldenbremse gerecht (vgl. Ziff. 3.1). Die Anforderungen der Fiskalregel haben es für die Berechnung des zulässigen Ausgabenplafonds notwendig gemacht, sich auf den durchschnittlichen Verrechnungssteuerertrag abzustützen, um zu verhindern, dass sich die erheblichen Schwankungen dieser Steuer auf den Ausgabenplafond niederschlagen. Der Bundesrat schlägt im Rahmen der Massnahmen zur Stärkung des schweizerischen Kapitalmarkts vor, bei der Verrechnungssteuer auf Erträgen von Obligationen und Geldmarktpapieren vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip überzugehen. Auf diese Weise würden die Zinserträge ausländischer Obligationen, die von natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz gehalten werden, ebenfalls verrechnungssteuerpflichtig. Demgegenüber könnten in- und ausländische Investoren, die weder der Einkommens- noch der Gewinnsteuer in der Schweiz unterstehen (bspw. die institutionellen Anleger), von der Steuer befreit werden. 6.3.3 Stempelabgaben Es werden drei Arten von Stempelabgaben unterschieden: • Emissionsabgaben auf inländischen Wertpapieren, namentlich Aktien, Obligationen und Geldmarktpapieren (Anteil am Gesamtertrag im Jahr 2010: ca. 25 %). • Die Umsatzabgabe auf in- und ausländischen Wertpapieren (ca. 50 %). • Der Prämienquittungsstempel auf bestimmten Versicherungen (ca. 20 %). In den letzten fünfzehn Jahren war die Stempelabgabe Gegenstand mehrerer gesetzlicher Anpassungen, die dazu dienten, den Schweizer Finanzplatz gegenüber der ausländischen Konkurrenz zu stärken. Die Massnahmen beinhalten insbesondere die Befreiung von der Umsatzabgabe für einen Teil der institutionellen Anleger (vor allem die ausländischen institutionellen Anleger und die in- und ausländischen Anlagefonds). Ferner umfassen sie auch die Aufhebung der Umsatzabgabe für den Handel mit Schweizer Wertpapieren (Bluechips) an ausländischen Börsen. Im Gegenzug gelten seit dem 1. Juli 2001 inländische institutionelle Anleger als Effektenhändler und sind damit steuerpflichtig. 2005 wurden mit der Erhöhung der Freigrenze bei der Emissionsabgabe steuerliche Entlastungen auf der Emission von Aktien und GmbH-Anteilen verabschiedet. Die Emission von Fremdkapital (Anleihensobligationen, Kassenobligationen, Geldmarktpapiere) soll von der Emissionsabgabe befreit werden. Diese Abgabebefreiung ist vom Parlament in der Herbstsession 2011 im Rahmen der neuen Grossbankenregelung «too big to fail» zur Stärkung des schweizerischen Kapitalmarkts gutgeheissen worden. Ausschlaggebende Faktoren Für die Ertragsschätzung der Stempelabgaben sind folgende Bestimmungsgrössen massgebend: • Emissionsabgabe –– Emission und Erhöhung des Nominalwerts der Beteiligungsrechte in der Form von Aktien von Aktiengesellschaften, Anteilscheinen von GmbH und Genossenschaftsscheinen, Genussscheinen, Anteilscheinen an Schweizer Gesellschaften oder Handelsunternehmen mit öffentlich-rechtlichem Status; –– Ausgabe von Obligationen (Anleihensobligationen) und von Kassenobligationen 75 6 Einnahmen (Abgabebefreiung im Laufe von 2012 vorgesehen); • –– Ausgabe von Geldmarktpapieren (Abgabebefreiung im Laufe von 2012 vorgesehen); –– Emission von Aktien und anderen Beteiligungsrechten (Neugründungen, Kapitalerhöhungen, Fusionen). Umsatzabgabe –– • politischen Ereignissen ab. Dieser schwankt somit erheblich, so dass sich der Ertrag aus den Stempelabgaben als sehr volatil erweist. Da Prognosen über die Börsentendenz und das Ausmass der steuerpflichtigen Geschäfte nicht möglich sind, wird für die Erstellung des Voranschlags und des Finanzplans auf eine allgemeine Trendprognose zurückgegriffen, die sich auf bestimmte Annahmen bezüglich der Konjunktur und des finanziellen Umfelds abstützt. Volumen der entgeltlichen Übertragung von in- und ausländischen Wertpapieren durch inländische Wertpapierhändler (das heisst Banken nach Bankengesetz, Anlageberater und gewerbliche Vermögensverwalter, Schweizer Holdinggesellschaften); –– Börsentendenz (Wertpapierkurse); –– Dollarkurs, Eurokurs. Die Emissionsabgabe hängt ebenfalls von der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung und somit von den Neugründungen und Restrukturierungen von Unternehmen ab sowie genereller vom Finanzbedarf der Unternehmen. Auch die Entwicklung der Zinssätze und die Erwartungen der Finanzmärkte spielen hinsichtlich der Begebung und der Laufzeit neuer Anleihen eine Rolle. Der Ertrag der Emissionsabgabe unterliegt vor allem im Bereich der Beteiligungsrechte ebenfalls starken Schwankungen. Die Schätzung ist deshalb mit hoher Unsicherheit behaftet. Prämienquittungsstempel –– Umfang der steuerpflichtigen Versicherungsleistungen (Haftpflicht- und Kaskoversicherung für Motorfahrzeuge); –– Volumen der rückkaufsfähigen Lebensversicherungen gegen Einmalprämie; –– Prämiensätze. Die Erträge aus den Stempelabgaben beliefen sich im Jahr 2010 auf annähernd 2,9 Milliarden. Etwa die Hälfte des Gesamtertrags entfällt auf die Umsatzabgabe. Die Geschäfte mit ausländischen Wertpapieren machen mehr als zwei Drittel dieser Einnahmenkategorie aus, der Rest entfällt auf den Handel mit inländischen Wertpapieren. Der Umfang der steuerpflichtigen Geschäfte hängt im Wesentlichen von der Eigendynamik der Börsenmärkte, den Renditeerwartungen, den Schwankungen der Zinssätze und Wechselkurse sowie der wirtschaftlichen Entwicklung und den 76 Der Ertrag aus dem Prämienquittungsstempel hingegen weist nur geringfügige jährliche Schwankungen auf. Seine Schätzung beruht deshalb auf den letzten bekannten Ergebnissen. 6.3.4 Mehrwertsteuer Steuerbasis der Mehrwertsteuer ist die inländische Wertschöpfung. Exporte sind demnach von der Steuerpflicht ausgenommen. Abrechnungspflichtig sind grundsätzlich selbständige Leistungserbringer, die einen Umsatz von jährlich mehr als 100 000 Franken aus steuerbaren Leistungen erzielen. Die Mehrwertsteuer ist eine so genannte Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug. Dies bedeutet, dass zwar auf dem gesamten steuerpflichtigen Umsatz die Mehrwertsteuer erhoben wird (Brutto-Steuer); der Steuerpflichtige kann dann aber von dieser Brutto-Steuer die auf den bezogenen Vorleistungen bezahlte Steuer abziehen (Vorsteuerabzug). Abzuliefern hat der Steuerpflichtige nur 6 Einnahmen den Nettobetrag, also die Differenz zwischen der Steuer auf dem Umsatz und dem Vorsteuerabzug. Ergibt sich ein Überschuss zu Gunsten des Steuerpflichtigen, zum Beispiel weil er einen grossen Teil seiner Produktion exportiert, so wird ihm dieser Betrag gutgeschrieben. Nicht alle Leistungen werden gleich hoch besteuert. Für die meisten Lieferungen von Gegenständen und für nahezu alle Dienstleistungen gilt der Normalsatz von 8,0 Prozent. Waren des täglichen Bedarfs werden nur mit dem reduzierten Satz von 2,5 Prozent belastet. Beherbergungsleistungen unterliegen dem Sondersatz von 3,8 Prozent. Eine Reihe von Leistungen sind von der Mehrwertsteuer ausgenommen, so namentlich in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Bildung, Kultur, Geld- und Kapitalverkehr, Versicherungen, Vermietung von Wohnungen und Verkauf von Liegenschaften. Wer solche Leistungen erbringt, hat kein Anrecht auf Vorsteuerabzug. Es besteht aber die Möglichkeit, gewisse ausgenommene Leistungen zu versteuern (Option). In diesem Fall gilt das Anrecht auf Vorsteuerabzug. Die Inlandumsätze werden grundsätzlich quartalsweise abgerechnet. Nach Ablauf eines Quartals hat der Steuerpflichtige 60 Tage Zeit, über das Quartal abzurechnen und die geschuldete Steuer zu zahlen. Die Besteuerung der Warenimporte erfolgt laufend, sobald die Ware die Grenze überschreitet. Dem grössten Teil der Importeure wird hierauf eine 60-tägige Zahlungsfrist zur Begleichung der Steuerschuld eingeräumt. Steuerpflichtige mit regelmässig sehr hohen Vorsteuerüberschüssen können monatlich abrechnen, wobei dem Bund wiederum 60 Tage Zeit bleiben, diese Forderungen zu begleichen. Schliesslich haben kleine und mittlere steuerpflichtige Unternehmen die Möglichkeit, die geschuldete Steuer mit Hilfe von Saldosteuersätzen zu ermitteln. Diese Saldosteuersätze variieren in Abhängigkeit der von den Steuerpflichtigen ausgeübten Tätigkeiten. Sie werden so festgelegt, dass sich mit deren Anwendung die Ermittlung der Vorsteuer erübrigt, der Verwaltungsaufwand kann dadurch stark reduziert werden. Unternehmen, die Saldosteuersätze benutzen, müssen nur halb- statt vierteljährlich abrechnen. Ausgangslage für die Einnahmenschätzungen bilden jeweils die Einnahmen des laufenden Jahres. Diese werden entsprechend den prognostizierten BIP-Zuwachsraten auf die Folgejahre hochgerechnet. Damit hängt die Schätzung der Mehrwertsteuer direkt mit den Konjunkturprognosen zusammen. Eine Änderung der Konjunkturprognose wirkt sich proportional auf den geschätzten Steuerertrag aus. Die Mehrwertsteuereinnahmen werden konsequent nach dem Forderungsprinzip verbucht, d.h. als Einnahmen gelten die gemäss den Abrechnungen geschuldeten Steuern. Davon muss erfahrungsgemäss ein Teil abgeschrieben werden – es entstehen Debitorenverluste, welche als Aufwandsposition separat verbucht werden. Ein Teil der Mehrwertsteuer ist zweckgebunden (rund 23 % der Einnahmen) zugunsten von AHV und IV sowie für die Krankenversicherung (individuelle Prämienverbilligung) und den Fonds für Eisenbahngrossprojekte (FinöV-Fonds). Die zweckgebundenen Anteile enthalten ebenfalls Debitorenverluste – proportional zu ihrem Anteil an der Mehrwertsteuer. Die Ausbezahlung der Anteile, z.B. des Mehrwertsteuerprozents an die AHV, erfolgt nach Abzug der Debitorenverluste, da diese nicht für die Finanzierung von Aufgaben zur Verfügung stehen. 6.3.5 Tabaksteuer Der Tabaksteuer unterliegen die im Inland gewerbsmässig hergestellten, verbrauchsfertigen sowie die eingeführten, verbrauchsfertigen Tabakfabrikate und Ersatzprodukte. Für im Inland hergestellte Tabakfabrikate ist der Hersteller steuerpflichtig. Die Steuerschuld entsteht, sobald die Produkte für die Abgabe an den Verbraucher fertig verpackt sind. Für eingeführte Tabakfabrikate ist der Zollschuldner steuerpflichtig, und die Steu- 77 6 Einnahmen erschuld entsteht im Zeitpunkt der Überführung der Produkte in den zollrechtlich freien Verkehr. Die massgeblichen Faktoren für die Zigarettenverkäufe und somit für die Einnahmen aus der Tabaksteuer sind • das Preisniveau, • die Wahrnehmung der Bevölkerung über die Schädlichkeit des Rauchens für die Gesundheit und die Massnahmen der öffentlichen Gesundheit zur Verringerung des Tabakmissbrauchs sowie • Die massgeblichen Faktoren für die Entwicklung der Einnahmen aus der Mineralölsteuer lauten wie folgt: • Der Motorfahrzeugbestand wuchs in den vergangenen Jahren stetig. So betrug die Zunahme im vergangenen Jahrzehnt rund 1,7 Prozent pro Jahr, wobei die Anzahl der Personenwagen im Durchschnitt um 1,5 Prozent pro Jahr zulegte. • Mit dem Fahrzeugbestand nahm auch die Anzahl der zurückgelegten Kilometer zu. Der Durchschnitt pro Fahrzeug war bei den Personenwagen allerdings in den vergangenen Jahren leicht rückläufig. • Der durchschnittliche Verbrauch neuer Fahrzeuge ist im Allgemeinen geringer als derjenige der alten Fahrzeuge derselben Kategorie. Der durchschnittliche Treibstoffverbrauch sinkt seit längerem kontinuierlich. Im Jahr 2010 ist der durchschnittliche Verbrauch auf 6,62 l/100 km zurückgegangen und die CO2-Emissionen sind im Mittel auf 161 Gramm gesunken. • Die Preisunterschiede im Vergleich zu den Nachbarländern beeinflussen den Benzintourismus in den Grenzgebieten. • Ein Konjunkturaufschwung(-abschwung) bringt tendenziell einen (Minder-)Mehrverbrauch an Treibstoff. die Preisunterschiede im Vergleich zu den Nachbarländern (Tourismus, Grenzverkehr). Seit einigen Jahren ist die Zigarettenproduktion für den inländischen Markt leicht rückläufig und der Anstieg der Einnahmen ist hauptsächlich den sukzessiven Erhöhungen der Tabaksteuer zuzuschreiben. Der Ertrag ist von ungefähr 1650 Millionen im Jahr 2000 auf etwa 2356 Millionen im Jahr 2010 angestiegen. Für die Schätzung der zukünftigen Erträge geht man davon aus, dass die Zigarettenverkäufe weiterhin schrittweise um zweieinhalb Prozent pro Jahr zurückgehen werden. Die Tabaksteuer leistet einen Beitrag an die Finanzierung des Bundesbeitrages an die AHV/IV. 6.3.6 Mineralölsteuer Die Mineralölsteuer ist eine Verbrauchssteuer und umfasst • eine Mineralölsteuer auf Erdöl, anderen Mineralölen, Erdgas und den bei ihrer Verarbeitung gewonnenen Produkten sowie auf Treibstoffen; • einen Mineralölsteuerzuschlag auf Treibstoffen; • eine Mineralölsteuer auf Brennstoffen und anderen Mineralölprodukten. 78 Die Einnahmen aus der Mineralölsteuer betrugen 2010 5,1 Milliarden, dies entspricht 8,2 % der Bundeseinnahmen. Davon entfallen 3,1 Milliarden auf die Mineralölsteuer (Anteil Brennstoffe: 20 Mio.) und 2,1 Milliarden auf den Mineralölsteuerzuschlag. Die Hälfte der Mineralölsteuer und der gesamte Mineralölsteuerzuschlag sind für Aufgaben im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr zweckgebunden. Der Rest des Reinertrags ist für allgemeine Aufwendungen des Bundeshaushaltes bestimmt. Die Spezialfinanzierung Luftverkehr wird seit 2011 separat ge- 6 Einnahmen führt. Ein wichtiger zusätzlicher Einflussfaktor ist die am 18.3.2011 vom Parlament beschlossene Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen (SR 641.71). Diese Änderung sieht vor, die CO2-Emissionen von in der Schweiz neu immatrikulierten Personenwagen an den EU-Vorschriften zu orientieren und bis 2015 auf 130 g/km zu senken. Damit wird sich der Rückgang des durchschnittlichen Verbrauchs deutlich akzentuieren. Für die Jahre 2012–2015 wird deshalb davon ausgegangen, dass die Einnahmen aus der Mineralölsteuer leicht zurückgehen werden. 6.3.7 Schwerverkehrsabgabe Der Bund erhebt seit dem 1.1.2001 für die Benützung der dem allgemeinen Verkehr geöffneten Strassen auf in- und ausländischen Motorfahrzeugen und Anhängern mit einem Gesamtgewicht von je über 3,5 Tonnen eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Die LSVA ersetzte die seit 1985 bestehende pauschale Schwerverkehrsabgabe. Die Abgabe bemisst sich nach dem höchstzulässigen Gesamtgewicht des Fahrzeugs sowie den gefahrenen Kilometern. Der Tarif wird zudem aufgrund der EURO-Schadstoffklassen abgestuft. Bei einer Fahrt von 300 Kilometern beispielsweise beträgt die Abgabe rund 270 Franken für ein Fahrzeug der Emissionsklasse EURO 5 und einem Gewicht von 40 Tonnen. Auf bestimmten Fahrzeugarten wird die Abgabe pauschal erhoben. Dazu gehören insbesondere die schweren Fahrzeuge für den Personentransport (z.B. Reisecars). Gewisse Fahrzeuge sind vollständig von der Abgabe befreit (z.B. Militär, Polizei, Feuerwehr, Ambulanzen). Für die Ertragsschätzung sind folgende Bestimmungsgrössen massgebend: • • • Entwicklung des Schwerverkehrs Entwicklung des Fahrzeugparks Tarifänderungen Der Ertrag der LSVA hat sich seit deren Einführung im Jahr 2001 mehr als verdoppelt. Zurückzuführen ist dieser deutliche Anstieg auf die Zunahme des Schwerverkehrs sowie Tariferhöhungen. Die der Abgabe unterliegende Verkehrsleistung, gemessen in Bruttotonnenkilometern, hat sich zwischen 2001 und 2010 um durchschnittlich 2,3 Prozent pro Jahr erhöht. Im gleichen Zeitraum hat das reale BIP im Schnitt um 1,7 Prozent zugelegt. Die LSVA-Tarife wurden seit der Einführung der Abgabe zweimal erhöht. Die erste, umfangreiche Anpassung wurde im Jahr 2005 vorgenommen, zeitgleich mit der Bewilligung der 40 TonnenFahrzeuge, die zweite im Jahr 2008. In beiden Jahren erfolgte zusammen mit der Tarifanpassung jeweils auch eine Neuzuordnung der EUROFahrzeugklassen in die drei Abgabekategorien. Eine weitere Anpassung ist für 2012 vorgesehen. Sie wird unter anderem einen Rabatt für Fahrzeuge, die mit Partikelfiltern nachgerüstet werden sowie eine Berücksichtigung der Teuerung beinhalten. Die Anpassung an die Teuerung ist nach Artikel 42 des Landverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der EU vorgesehen. Eine einnahmenmindernde Wirkung ergibt sich aus dem Erneuerungsprozess hin zu weniger um­­welt­belastenden und da­mit weniger stark besteuerten Fahrzeugen. Allein zwischen 2006 und 2010 ist der Anteil der Fahrzeuge der Schadstoffklassen EURO 4 und höher am Total der Bruttotonnenkilometer von knapp 10 Prozent auf über 60 Prozent angestiegen. Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen, so dass sich in absehbarer Zeit – sofern keine Abklassierung vorgenommen wird – praktisch alle Fahrzeuge in der günstigsten Abgabekategorie befinden werden. In den kommenden Jahren wird angesichts der Annahmen zu Konjunktur und Teuerung sowie der Umstellung des Fahrzeugparks ein durchschnittlicher Anstieg des Ertrags um 1,0 Prozent pro Jahr erwartet. Der Ertrag ist zweckgebunden. Nach Abzug der Debitorenverluste sowie der Entschädigung der Kantone für 79 6 Einnahmen den Vollzug der LSVA und die polizeilichen Kontrollen wird ein Drittel den Kantonen und zwei Drittel dem Bund zugewiesen. Der Bundesanteil floss bis 2010 vollständig in den FinöV-Fonds. Seit 2011 verbleibt ein Teil im allgemeinen Haushalt und wird – wie in Artikel 85 Absatz 2 der Bundesverfassung vorgesehen – zur Deckung der vom Strassenverkehr verursachten (externen) Kosten verwendet und den für den Bundesbeitrag an die individuelle Prämienverbilligung bestimmten Mitteln zugewiesen. Der dadurch im ordentlichen Haushalt entstandene Spielraum erlaubt es, die finanziellen Mittel für den Substanzerhalt und Betrieb der Bahninfrastruktur zu erhöhen. 6.3.8 Zölle Eingeführte Waren müssen nach geltendem Zolltarif verzollt werden. Vorbehalten bleiben Ausnahmen, welche eine teilweise oder vollständige Befreiung vorsehen, die sich aus Freihandelsabkommen, besonderen Bestimmungen in Gesetzen sowie Verordnungen des Bundesrats ergeben. Auf der Einfuhr von Automobilen sowie Treibstoffen und anderen mineralölhaltigen Produkten werden keine Einfuhrzölle, sondern interne Verbrauchssteuern erhoben. Soweit nicht durch Gesetz oder besondere Vorschriften etwas anderes verfügt wird, bestimmt sich der Zollbetrag nach Art, Menge und Beschaffenheit der Ware im Zeitpunkt, in dem sie unter Zollkontrolle gestellt worden ist. Der Zollbetrag trägt der Preisentwicklung der Ware nicht Rechnung. Die Zölle sind deshalb bei steigendem Preisniveau fortschreitender Erosion ausgesetzt. Die Schätzung für Voranschlag und Finanzplan orientiert sich an den Ergebnissen der letzten Jahre sowie der Einnahmenentwicklung in den ersten Monaten des laufenden Jahres. Weiter 80 werden auch die Auswirkungen von Zollabbauübereinkommen und anderer Freihandelsabkommen berücksichtigt. Ebenfalls herbeigezogen werden die Erwartungen über die Wirtschaftsentwicklung. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt allerdings, dass die Zolleinnahmen nur mässig auf die konjunkturelle Entwicklung reagieren. Der Ertrag aus den Einfuhrzöllen beträgt etwas mehr als eine Milliarde und ist seit Jahren relativ stabil. Für die kommenden Jahre werden leicht rückläufige Erträge erwartet. Diese Entwicklung ist auf den Rückgang der Einnahmen im Agrarbereich zurückzuführen, der nur teilweise durch den Anstieg der Erträge aus Industriezöllen kompensiert wird. Erhebliche Ausfälle würden sich bei einem allfälligen Freihandelsabkommen mit der EU im Agrar- und Lebensmittelbereich ergeben. Während fünf Jahren, d.h. bis auf Waren aus der EU keine Agrarzölle mehr erhoben werden, würden die Zolleinnahmen jährlich um rund 100 Millionen zurückgehen. Im Hinblick auf ein solches Freihandelsabkommen mit der EU oder eines möglichen Abschlusses der Doha-Runde der WTO haben die eidg. Räte mit Bundesbeschluss vom 18.6.2010 eine Änderung des Landwirtschaftsgesetzes vorgenommen. Die Zolleinnahmen auf importierten Landwirtschaftsprodukten und Lebensmitteln der Jahre 2009– 2016 sollen im Rahmen einer Spezialfinanzierung für die Umsetzung von Begleitmassnahmen reserviert werden (Stand Ende 2010: 1,2 Mrd.). Mit den Begleitmassnahmen gilt es, die Landwirtschaftsbetriebe beim Übergang in die neue Marktsituation zu unterstützen und die nötigen Umstellungen sozialverträglich zu gestalten. 7 Ausgaben und Aufwände 7.1 Gliederung 7.1.1 Gliederungsarten Der Ressourcenverbrauch des Bundes kann nach drei unterschiedlichen Gesichtspunkten gegliedert werden: • • • Institutionelle Sicht (nach Organisationsstruktur) Funktionale Sicht (nach Aufgabengebieten) Kontensicht (nach Kostenarten) Der Bund verfügt über ein duales Rechnungsmodell: Während die Finanzierungsrechnung auf die finanzpolitische Gesamtsteuerung ausgerichtet ist, dient die Erfolgsrechnung der Verwaltungsund Betriebsführung. Entsprechend erfolgt die funktionale Gliederung in der Finanzierungssicht, d.h. sie teilt die Ausgaben (finanzierungswirksamer Aufwand und Investitionen) auf die Aufgabengebiete auf, weil sie die ausgabenpolitischen Prioritäten zum Ausdruck bringen. Die institutionelle Sicht und die Kontensicht hingegen erfolgen aus der Perspektive der Erfolgsrechnung, da hier die betriebliche Führung im Fokus steht. Dabei werden bei der institutionellen Sicht auch die Aufwände aus der bundesinternen Leistungsverrechnung (LV) eingerechnet, während diese in der Kontensicht wegfallen, da sie sich über den gesamten Bundeshaushalt durch entsprechende LV-Erträge aufheben. Die drei verschiedenen Gliederungsarten stehen in einem komplementären Verhältnis zueinander; entsprechend werden alle drei in der Finanzberichterstattung dargestellt. Entwicklung der Aufgabenstruktur 1990–2015 Anteile in % 100 9 9 10 9 Übrige Aufgabengebiete 5 5 4 5 Beziehungen zum Ausland – Internationale Zusammenarbeit 14 14 14 13 Verkehr 8 10 11 Bildung und Forschung 10 8 7 Landesverteidigung 6 5 Landwirtschaft und Ernährung 31 34 Soziale Wohlfahrt 16 17 16 Finanzen und Steuern 2000 2010 2015 75 9 50 19 8 8 30 25 22 14 0 1990 81 7 Ausgaben und Aufwände und 44 Aufgaben. In Anhang 4 des Berichts zum Finanzplan werden die Strategien und Ziele sowie die wichtigsten finanziellen und inhaltlichen Änderungen innerhalb der 44 Aufgaben kommentiert. 7.1.2 Institutionelle Sicht Die institutionelle Sicht bildet die Aufwände des Bundes gegliedert nach Departementen und Verwaltungseinheiten ab. Damit gibt sie Auskunft darüber, in welchem Departement bzw. in welcher Verwaltungseinheit welche Mittel eingestellt sind. Sie bildet die Basis für die Kreditsprechung durch das Parlament (vgl. Voranschlag, Bd. 2A). Die Kommentierung und Begründung der einzelnen Kredite erfolgt ebenfalls in dieser Sicht (Bd. 2B). Da sich die verschiedenen Verwaltungseinheiten hinsichtlich ihrer Aufgaben und Tätigkeiten deutlich voneinander unterscheiden, können sie nur beschränkt miteinander verglichen werden. Ein Blick auf die Entwicklung der Ausgaben nach Aufgabengebieten zeigt, dass zwischen 1990 und 2015 vor allem die Aufgabengebiete mit einem hohen Anteil an gebundenen Ausgaben (Soziale Wohlfahrt/Finanzen und Steuern) stark wachsen. Betrug deren Anteil zu Beginn der 1990er Jahre noch gut 35 Prozent, so lag er im Jahr 2000 bereits bei 46 Prozent und dürfte bis 2015 knapp die Hälfte der Ausgaben ausmachen, mit weiter steigender Tendenz. Diese Entwicklung geht zur Hauptsache zulasten der Agrar- und Verteidigungsausgaben, deren Anteil an den Gesamtausgaben im gleichen Zeitraum etwa um die Hälfte (von 26,5 auf 12,4 %) zurück geht. Der Anteil der anderen Aufgabengebiete am Ge- 7.1.3 Funktionale Sicht Die Gliederung nach Aufgabengebieten gibt Aufschluss darüber, wofür der Bund seine Mittel verwendet. Der Bundeshaushalt gliedert sich in der funktionalen Sichtweise in 13 Aufgabengebiete Ausgaben nach Aufgabengengebieten 2011–2015 VA 2011 VA 2012 LFP 2015 Ø ∆ in % 2011–15 Total ordentliche Ausgaben 63,1 64,1 69,4 2,7 Soziale Wohlfahrt 20,4 21,0 23,2 3,3 Finanzen und Steuern 10,1 10,3 11,0 2,0 Verkehr 8,1 8,5 9,2 2,3 Bildung und Forschung 6,3 6,7 7,3 3,8 Landesverteidigung 4,9 4,7 4,9 1,7 Landwirtschaft und Ernährung 3,7 3,7 3,7 0,2 Beziehungen zum Ausland – Internationale Zusammenarbeit 3,5 3,2 3,8 6,0 Übrige Aufgabengebiete 6,0 6,1 6,3 1,2 Mrd. CHF Hinweise: –Wachstumsrate 2011–15 unter Ausklammerung verzerrender Effekte: u.a. Auslagerung der SIFEM AG (Beziehungen zum Ausland); Kreditreste Armee; Neuer Netzbeschluss NEB (Nationalstrassen); Rückerstattung CO2-Abgabe; Indirekte Presseförderung (Kultur und Freizeit). – VA 2012 und LFP 2015: Zahlen gemäss Botschaft des Bundesrates zum VA 2012 bzw. Planungsstand LFP November 2011. 82 7 Ausgaben und Aufwände samthaushalt bleibt im Betrachtungszeitraum nahezu unverändert (38 %). Nichts destotrotz hat sich die Prioritätenordnung leicht verschoben: Während die Anteile für Bildung und Forschung und für die Internationalen Beziehungen zwischen 1990 und 2015 deutlich wachsen, geht der Anteil der Verkehrsausgaben am Gesamthaushalt im gleichen Zeitraum leicht zurück. Für die Legislaturperiode 2011–2015 ist von einem durchschnittlichen jährlichen Ausgabenwachstum von 2,7 Prozent auszugehen. Obwohl die Aufgabengebiete Soziale Wohlfahrt und Finanzen und Steuern mit 2,9 Prozent nach wie vor überdurchschnittlich wachsen, ist von einem verlangsamten Wachstum dieser beiden Aufgabengebiete auszugehen (1990–2010: 4,8 %). Ihr Anteil an den Gesamtausgaben steigt um gut einen halben Prozentpunkt auf 49,0 Prozent. Diese verlangsamte Entwicklung ist in erster Linie auf Reformen in der Sozialen Wohlfahrt (Invalidenversicherung) sowie auf die Stabilisierung der Schuldenlast (Schuldenbremse) zurückzuführen. Die übrigen Aufgabengebiete wachsen in der gleichen Periode mit durchschnittlich 2,4 Prozent, wobei dieses Wachs- tum primär auf die stark steigenden Ausgaben für die Internationalen Beziehungen (+6 %, v.a. Entwicklungszusammenarbeit) sowie für Bildung und Forschung zurückzuführen ist. Mit einem Wachstum von durchschnittlich 2,3 Prozent ist auch im Verkehrsbereich von einem deutlichen Anstieg der real verfügbaren Mittel auszugehen. 7.1.4 Kontensicht Die Kontensicht gibt Auskunft darüber, wie der Bund seine Aufgaben erfüllt. Zu unterscheiden sind dabei grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Der Bund kann seine Aufgaben selbst erfüllen (Eigenaufwand, rund 20 % des Haushaltes). Dies geschieht vor allem in jenen Bereichen, in denen zentralstaatliche Aufgaben zu erfüllen sind (bspw. Landesverteidigung, Aussenpolitik, Zoll). In anderen Aufgabengebieten delegiert der Bund die Erfüllung seiner Aufgaben ganz oder teilweise an Dritte und stellt diesen die dafür nötigen Mittel in Form von Subventionen zur Verfügung (Transferaufwand). Rund drei Viertel des gesamten Aufwands (48 Mrd.) sind dieser Kategorie zuzuordnen, so dass der Bundeshaushalt weitgehend ein Transferhaushalt ist. Der Anteil Aufwand nach Kontengruppen im Voranschlag 2012 Total ordentlicher Aufwand VA 2012: 63,8 Mrd. Finanzaufwand 2,8 Mrd., 4 % Eigenaufwand 12,8 Mrd., 20 % Transferaufwand 48,2 Mrd., 76 % 83 7 Ausgaben und Aufwände des Finanzaufwands am Gesamtaufwand beträgt schliesslich 4 Prozent (2,7 Mrd.). Eigenaufwand Der Eigenaufwand des Bundes umfasst den Personalaufwand, den Sach- und Betriebsaufwand, den Rüstungsaufwand, die Aufwendungen für den Bau und den Unterhalt der Nationalstrassen sowie die Abschreibungen auf dem Verwaltungsvermögen. Seit der Jahrtausendwende ist der Anteil dieser Aufwandart am Gesamthaushalt in etwa gleich geblieben (rund 20 %). Dies ist im Wesentlichen auf zwei gegenläufige Entwicklungen zurückzuführen: Während der Rüstungsaufwand in diesem Zeitraum einen Rückgang von 50 Prozent zu verzeichnen hatte, führte die Übertragung der Nationalstrassen auf den Bund ab 2008 zu einem deutlichen Anstieg des Eigenaufwands. Gut 40 Prozent des Eigenaufwands entfallen auf den Personalaufwand. Darin enthalten sind neben den Löhnen für die Angestellten (VA 2012: rund 33 300 Vollzeitäquivalente) die Arbeitgeberbeiträge und -leistungen (AHV, IV, EO, 2. Säule, etc.) sowie die Ausgaben für die Weiterbildung des Bundespersonals. Der Sach- und Betriebsaufwand umfasst rund einen Drittel des Eigenaufwands des Bundes. Darin enthalten sind u.a. der Unterhalt der bundeseigenen Liegenschaften, die Informatik, der Beratungsaufwand, der Betriebsaufwand der Armee sowie der Bau und Unterhalt der Nationalstrassen. Knapp ein Fünftel des Eigenaufwandes entfällt auf Abschreibungen. Diese widerspiegeln den Wertverzehr von Investitionen des Bundes im Eigenbereich. Über die Hälfte des Abschreibungsaufwands fällt bei den Nationalstrassen an. Eigenaufwand im Voranschlag 2012 Total ordentlicher Eigenaufwand VA 2012: 12,8 Mrd. Rüstungsaufwand 1,0 Mrd., 8 % Sach- und Betriebsaufwand 4,3 Mrd., 34 % Abschreibungen Verwalt.verm. 2,2 Mrd., 17 % Personalaufwand 5,3 Mrd., 41 % 84 7 Ausgaben und Aufwände Transferaufwand Im Transferaufwand sind sämtliche Beiträge des Bundes an Dritte zusammengefasst. Im Voranschlag 2012 fallen 48 Milliarden resp. 76 Prozent des ordentlichen Aufwands in diese Aufwandkategorie. Zu unterscheiden sind namentlich: • Beiträge an Sozialversicherungen: Ein Drittel des Transferaufwands wird für die Finanzierung der Sozialversicherungen (Beiträge an AHV/IV/ALV sowie die individuelle Prämienverbilligung) verwendet. • Beiträge an Dritte: Rund 30 Prozent des Transferaufwandes gehen an Kantone, private Organisationen sowie Privatpersonen. In dieser Zahl enthalten sind insbesondere auch die Bundesbeiträge an die Finanzausgleichsgefässe (Ressourcen- und Lastenausgleich, Härteausgleich) sowie die Beiträge an internationale Organisationen. • Anteile Dritter an Bundeserträgen: Bei diesen Transferzahlungen handelt es sich um Steuern und Abgaben oder Teile davon, die direkt an die Kantone (z.B. Anteil an der direkten Bundessteuer), die AHV (z.B. Anteil an der Mehrwertsteuer) oder die Bevölkerung (z.B. Rückverteilung CO2-Abgabe) weitergegeben werden. Die Höhe dieser Ausgaben ist einnahmenabhängig und beläuft sich im Voranschlag 2012 auf 8,9 Milliarden (18 % der Transferausgaben). • Wertberichtigungen: Die Wertberichtigungen werden auf Investitionsbeiträgen sowie Darlehen und Beteiligungen vorgenommen. Die Investitionsbeiträge werden in der Erfolgsrechnung jeweils im laufenden Jahr zu 100 Prozent wertberichtigt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang in erster Linie die Investitionsbeiträge bei der Infrastruktur (FinöV, SBB, Infrastrukturfonds). Transferaufwand im Voranschlag 2012 Total ordentlicher Transferaufwand VA 2012: 48,2 Mrd. Wertberichtigungen 4,7 Mrd., 10 % Anteile Dritter an Bundeserträgen 8,9 Mrd., 18 % Beiträge an Sozialversicherungen 15,7 Mrd., 34 % Entschädigungen an Gemeinwesen 1,0 Mrd., 2 % Entschädigungen an eigene Institutionen 3,1 Mrd., 6 % Beiträge an Dritte 14,9 Mrd., 31 % 85 7 Ausgaben und Aufwände • Beiträge an eigene Institutionen: In dieser Kontengruppe werden zur Hauptsache die Zahlungen an die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) sowie an die Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) zusammengefasst. Deren Anteil am gesamten Transferaufwand beläuft sich auf 6 Prozent. • Entschädigungen an Gemeinwesen: Übernehmen Kantone oder Gemeinden Bundesaufgaben (v.a. im Asylbereich), so werden diese vom Bund dafür entschädigt. Finanzaufwand Der Finanzaufwand umfasst den Zinsaufwand – insb. für Anleihen und Geldmarktbuchforderungen – sowie den Kapitalbeschaffungsaufwand. Der Finanzaufwand ist abhängig von der Höhe der Bundesschuld und dem allgemeinen Zinsniveau. Während der Anteil des Finanzaufwandes an den Gesamtausgaben des Bundes 2008 noch 7 Prozent betrug, ist er seither auf 4 Prozent zurückgegangen. 7.2 Ausgabenbindungen im Bundeshaushalt Das Parlament verfügt über das verfassungsmässig garantierte Recht, die Höhe der Bundesausgaben im Rahmen des Voranschlags jedes Jahr neu festzulegen (Budgethoheit). In der Ausübung dieses Rechts sieht sich das Parlament jedoch mit dem Problem konfrontiert, dass ein beachtlicher Teil der Ausgaben aufgrund bestehender Ausgabenbindungen kurzfristig nicht beeinflusst werden kann. Je grösser der Anteil dieser Ausgaben ist, desto kleiner sind die finanzpolitischen Handlungsspielräume, die dem Parlament zur Gestaltung des Budgets zur Verfügung stehen. Ausgabenbindungen entstehen immer dann, wenn Verfassung oder Gesetze konkrete Zweckbindungen für Einnahmen (bspw. Kantonsanteile an der direkten Bundessteuer) oder fixe Beträge 86 resp. Ausgabenquoten für einzelne Subventionen vorsehen (z.B. Beiträge an Sozialversicherungen). Weitere Ausgabenbindungen ergeben sich aus vertraglichen Verpflichtungen, welche die Eidgenossenschaft eingeht (z.B. Beiträge an internat. Organisationen). Nicht beeinflusst werden können schliesslich auch Ausgaben, deren Entwicklung an exogene Einflussfaktoren gekoppelt ist (z.B. Debitorenverluste). 7.2.1 Ausgaben mit starker Bindung Eine Analyse der bestehenden Ausgabenbindungen zeigt, dass gut 55 Prozent der Bundesausgaben (rund 35 Mrd.) stark gebunden sind. Ein Grossteil dieser Ausgaben (rund 90 %) entfällt auf die beiden Aufgabengebiete Soziale Wohlfahrt und Finanzen und Steuern. Soziale Wohlfahrt Die Ausgabenbindungen im Bereich der Sozialen Wohlfahrt ergeben sich aus gesetzlich verankerten Bundesbeiträgen an einzelne Sozialversicherungen resp. Kantone (Asylbereich) sowie aus diversen Zweckbindungen von Bundeseinnahmen: • Bundesbeiträge an die Sozialversicherungen (15,3 Mrd.): Die Höhe dieser Ausgaben ist in den gesetzlichen Grundlagen der Sozialwerke festgelegt und richtet sich zur Hauptsache nach den Ausgaben der betreffenden Versicherungen. Aus diesem Grund kann die Höhe der Bundesbeiträge nur im Rahmen von Systemreformen beeinflusst werden. Der Bund entrichtet folgende Beiträge an die Sozialversicherungen: Beitrag an die AHV (19,55 % der Gesamtausgaben), Beitrag an die IV (37,7 % der Gesamtausgaben der Versicherung), Ergänzungsleistungen AHV/IV (5/8 der Kosten im Bereich Existenzsicherung), Individuelle Prämienverbilligung (7,5 % der Bruttokosten der oblig. Krankenpflegeversicherung), Familienzulagen in der Landwirtschaft (2/3 der nicht gedeckten Kosten), ALV (Spezialfall: 0,15 % der versicherten Lohnsumme). 7 Ausgaben und Aufwände • Zweckbindungen von Bundeseinnahmen (VA 2012: 3,8 Mrd.): Mehrwertsteuerprozent zugunsten der AHV, Spielbankenabgabe für die AHV, Mehrwertsteuerzuschlag für die IV. • Beiträge des Bundes an die Kosten der Kantone im Asylbereich (0,9 Mrd.): Diese richten sich nach der Anzahl der Asylgesuche sowie der Anzahl Asylsuchender und anerkannter Flüchtlinge. • Finanzausgleich (3,1 Mrd.): Die Höhe der Bundesbeiträge an die Ausgleichsgefässe (Ressourcenausgleich, Lastenausgleich, Härteausgleich) wird von der Bundesversammlung jeweils für die Dauer von vier Jahren festgelegt. Die Anpassung der Beiträge erfolgt ab dem zweiten Jahr aufgrund einer festgeschriebenen Berechnungsmethode und kann damit seitens des Parlaments nicht mehr beeinflusst werden. • Schuldenverwaltung (inkl. Geldbeschaffung, 2,9 Mrd.): Die Höhe dieser Ausgaben ist abhängig vom Finanzbedarf des Bundes sowie der Zinsentwicklung an den Finanzmärkten und ist somit ebenfalls nur indirekt beeinflussbar. Eine substanzielle Reduktion des Finanzaufwandes kann nur über einen dauerhaften Abbau der Bundesschulden herbeigeführt werden. • Debitorenverluste (0,2 Mrd.): Diese entstehen in erster Linie bei der Mehrwertsteuer, der LSVA sowie beim Zoll; ihr Umfang ist nicht beeinflussbar. Finanzen und Steuern Bei den Ausgaben für das Aufgabengebiet Finanzen und Steuern können vier Kostenblöcke unterschieden werden: • Kantonsanteile an Bundeseinnahmen (4,2 Mrd.): Direkte Bundessteuer (17 % des Bruttoertrags), Verrechnungssteuer (10 % des Reinertrags), LSVA (1/3 des Reinertrags), Wehrpflichtersatzabgabe (20 % Budgetprovision). Ausgabenbindungen im Bundeshaushalt – Anteile am Gesamthaushalt Starke Bindung 55,3 % Finanzen und Steuern Kantonsanteile Schuldenverwaltung Finanzausgleich 16,1 % 6,8 % 4,5 % 4,8 % Soziale Wohlfahrt AHV IV EL zu AHV / IV Krankenversicherung Diverse 32,1 % 16,1 % 7,6 % 2,2 % 3,5 % 2,7 % Schwache Bindung 44,7 % Personalaufwand 7,6 % Sach- und Betriebsaufwand Betriebsaufwand der Armee Unterhalt u. Betrieb Nationalstrassen Übriger Eigenaufwand 5,5 % 2,4 % 0,7 % 2,4 % Einzelne Aufgabengebiete Beziehungen zum Ausland Bildung und Forschung Landesverteidigung Verkehr 31,6 % 2,5 % 8,7 % 2,3 % 9,9 % Pflichtbeiträge an internationale Organisationen 2,3 % Landwirtschaft 5,4 % Durchlaufposten Behörden und Gerichte 4,3 % 0,5 % Übrige Aufgabengebiete 2,8 % 87 7 Ausgaben und Aufwände Übrige Ausgaben mit starker Bindung Stark gebundene Ausgaben finden sich neben den beiden erwähnten Aufgabengebieten ferner in folgenden Bereichen: • Durchlaufposten (2,8 Mrd.): Als Durchlaufposten werden Steuern und Abgaben oder Teile davon bezeichnet, die direkt an Dritte weitergeleitet werden und dem Bund damit nicht zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen. Nebst den bereits erwähnten Durchlaufposten im Bereich der Sozialen Wohlfahrt und der Finanzen und Steuern sind dieser Kategorie folgende Ausgaben zuzuordnen: Kantonsanteil von 10 Prozent an den Mineralölsteuereinnahmen, Einlage in den FinöV-Fonds (2/3 des Reinertrags der LSVA, Mineralölsteueranteile für die Finanzierung der NEAT, MWST-Promille), CO2- und VOC- Lenkungsabgaben (Rückverteilung der Einnahmen an Bevölkerung und Wirtschaft). • Pflichtbeiträge an internationale Organisationen (1,5 Mrd.): Die Höhe dieser Beiträge richtet sich nach den Beteiligungsschlüsseln der jeweiligen Organisationen. Da bei der Berechnung der Mitgliederbeiträge in der Regel auf exogene Faktoren (bspw. BIP, Bevölkerungsgrösse) abgestellt wird, können die Pflichtbeiträge an internationale Organisationen kaum beeinflusst werden; eine gewisse Flexibilität besteht einzig bei den freiwilligen Beiträgen. • Ausgaben für Behörden und Gerichte (0,3 Mrd.): Mit Rücksicht auf die Gewaltentrennung kann der Bundesrat auf die Ausgaben der Legislative und der Bundesgerichte keinen Einfluss nehmen. 7.2.2 Ausgaben mit schwacher Bindung Rund 45 Prozent der Bundesausgaben (29 Mrd.) weisen eine schwache Bindung auf. Dazu zählen vorab die Ausgaben im Eigenbereich der Verwaltung, namentlich die Personalausgaben sowie die Sach- und Betriebsausgaben. 88 Ausgaben im Eigenbereich Mit Blick auf die arbeitsrechtlichen Verpflichtungen des Bundes können im Personalbereich kurzfristig keine substanziellen Entlastungen (Stellenabbau) vorgenommen werden. Eine Reduktion der Beschäftigtenzahl muss von strukturellen Reformen der Verwaltung oder von einem konkreten Aufgabenverzicht begleitet werden; solche Massnahmen sind allerdings nur mittelbis langfristig umsetzbar. Kurzfristige Kürzungen sind hingegen möglich bei den Ausgaben für die Weiterbildung, für die familienergänzende Kinderbetreuung sowie – je nach Preisentwicklung – bei den im Finanzplan eingestellten Mitteln für Lohnmassnahmen (insb. Teuerungsausgleich). Von den Sach- und Betriebsausgaben entfallen über die Hälfte auf die Armee und die Nationalstrassen (Betrieb und Unterhalt), so dass diese Bereiche stark zu Kürzungen der Sach- und Betriebsausgaben beitragen müssen. Übrige Ausgaben mit schwacher Bindung Der grösste Teil der Ausgaben mit schwacher Bindung findet sich in jenen Aufgabengebieten, die entweder dem Eigenbereich der Verwaltung zuzuordnen sind oder aber über wichtige mehrjährige Finanzbeschlüsse gesteuert werden. Letztere werden im Regelfall alle vier Jahre angepasst und geben Bundesrat und Parlament somit periodisch die Möglichkeit, finanzpolitische Prioritäten zu setzen (vgl. dazu Ziff. 7.3.2). Umgekehrt ist der Spielraum für Anpassungen oder Umpriorisierungen während der Laufzeit dieser Beschlüsse eher gering. 7.2.3 Auswirkungen von Ausgabenbindungen Da gut die Hälfte der Bundesausgaben stark gebunden ist, stehen für finanzpolitische Priorisierungen oder Kürzungen kurz- bis mittelfristig lediglich 45 Prozent des Haushalts zur Verfügung. Dieser Anteil steigt, je mehr der Planungshorizont von Reformen in die Zukunft ausgedehnt wird. 7 Ausgaben und Aufwände Seit 1990 hat der Anteil der stark gebundenen Ausgaben stetig zugenommen (vgl. Ziff 7.1.3.) und beträgt mittlerweile über 50 Prozent. Damit hat sich der Spielraum für kurzfristige finanzpolitische Priorisierungen (Kürzungen, Aufstockungen, Übernahme neuer Aufgaben) in den letzten 25 Jahren eingeengt. Ein Blick auf den Legislaturfinanzplan 2013–15 zeigt jedoch, dass der Anteil der stark gebundenen Ausgaben (insb. soziale Wohlfahrt sowie Finanzen und Steuern) in den kommenden Jahren nahezu stabil gehalten werden kann. Um dieses Ziel langfristig zu erreichen und einer weiteren Verdrängung der ungebundenen Ausgaben vorzubeugen, werden auch in den kommenden Jahren finanzpolitische Priorisierungen und strukturelle Reformen, namentlich im Sozialversicherungsbereich, nötig sein (vgl. dazu Ziff. 7.3.1). Die Problematik der starken Bindung der Bundesausgaben manifestiert sich schliesslich auch in der Anwendung von Fiskalregeln: Sind zur Einhaltung der Schuldenbremse bspw. Kürzungen in Form von allgemeinen Abbauvorgaben oder Kreditsperren nötig, können die stark gebundenen Ausgabenteile in der kurzen Frist nicht mit einbezogen werden. Dies führt zwangsläufig zu überproportionalen Kürzungen im restlichen, weniger stark gebundenen Teil des Bundeshaushalts. Davon betroffen sind in erster Linie wachstumsfördernde Bereiche wie Bildung und Forschung oder Infrastruktur sowie Aufgabengebiete wie die Landesverteidigung oder die Landwirtschaft. Bund nur schwer einseitig aus der gemeinsamen Aufgabenerfüllung zurückziehen kann, ist die Flexibilität bei den im Verbundbereich anfallenden Ausgaben von rund 4,5 Milliarden ebenfalls relativ gering. 7.3 Instrumente der Ausgabensteuerung Seit Einführung der Schuldenbremse verfügt die Schweiz auf Bundesebene über ein finanzpolitisches Steuerungsinstrument, das den strukturellen Ausgleich des Bundeshaushalts auf mittlere Frist gewährleistet. Unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung gibt die Schuldenbremse vor, in welchem Rahmen sich die Ausgaben des Bundes entwickeln sollen (vgl. dazu Ziff. 3.1). Dabei lässt sie allerdings offen, wie die vorhandenen Mittel verwendet und strukturelle Defizite ausgeglichen werden sollen. Die Aufgabe der Haushaltsteuerung verbleibt somit bei Bundesrat und Parlament, welchen zu diesem Zweck verschiedene Instrumente zur Verfügung stehen. Während die kurz- bis mittelfristig wirkenden Instrumente in erster Linie auf die rasche Beseitigung von Defiziten ausgerichtet sind, stehen bei den längerfristig wirkenden Instrumenten eher qualitative Verbesserungen der Haushaltslage im Vordergrund. Strukturelle Fehlentwicklungen wie etwa die Verdrängung der schwach gebundenen Ausgaben durch stark gebundene Ausgaben sollen dabei korrigiert und unklare finanzpolitische Prioritätenordnungen beseitigt werden. 7.3.1 Bei der Analyse der Ausgabenbindungen muss im Weiteren auch dem föderalen Staatsaufbau der Schweiz Rechnung getragen werden. Dieser führt dazu, dass Bund und Kantone in vielen Bereichen gemeinsam für die Aufgabenerfüllung verantwortlich sind. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Aufgabengebiete Bildung und Forschung (Finanzierung kant. Universitäten und Fachhochschulen, Berufsbildung), Verkehr (Abgeltung regionaler Personenverkehr, Hauptstrassen), Umweltschutz und Raumordnung sowie Gesundheit. Da sich der Instrumente zur kurz- und mittelfristigen Haushaltsteuerung Die kurz- bis mittelfristig wirkenden Instrumente zur Haushaltsteuerung kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn bei der Erarbeitung des Voranschlags innert kurzer Zeit strukturelle Haushaltsdefizite beseitigt werden müssen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich auf der Einnahmenseite strukturelle Abwärtskorrekturen abzeichnen, oder wenn neue Projekte oder Aufgaben innerhalb des Ausgabenplafonds finanziert werden müssen. Bundesrat und Parlament stehen in diesen Fällen drei vergleichsweise rasch 89 7 Ausgaben und Aufwände wirkende Instrumente zur Verfügung, die je nach Umfang und Dringlichkeit der jeweils nötigen Entlastungen eingesetzt werden können. Kreditsperre Zeigt sich bei der Bereinigung des Voranschlags, dass kurzfristig Defizite von bis zu 500 Millionen ausgeglichen werden müssen, so hat der Bundesrat die Möglichkeit, die mit dem Voranschlag beantragten Kredite teilweise zu sperren. Bei dieser Massnahme handelt es sich allerdings lediglich um eine bedingte Kürzung. Die gesperrten Kredite werden zwar teilweise (zu einem gewissen Prozentsatz) blockiert, können im Rahmen des Budgetvollzugs durch den Bundesrat aber auch wieder freigegeben werden. Auch das Parlament kann im Rahmen des Bundesbeschlusses über den Voranschlag Kredite nach Artikel 37a FHG sperren. Der Bundesrat hat dabei die Möglichkeit, solche Sperren im Falle einer schweren Rezession oder bei Vorliegen von gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen aufzuheben (Art. 37b FHG). Im Falle einer Rezession bedarf es dazu jedoch der Zustimmung der Bundesversammlung. Die Sperrung von Zahlungskrediten wird einzig im Voranschlagsjahr vorgenommen. Es können jedoch auch Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen einer Sperre unterworfen werden. Grundsätzlich werden dabei alle Kredite gesperrt, der Bundesrat kann im Rahmen der Budgetbotschaft jedoch gezielt Ausnahmen beantragen. So wurden bis heute im Rahmen von Ausnahmeregelungen die stark gebundenen Voranschlagskredite regelmässig von der Sperre ausgenommen (vgl. Ziff. 7.2). Der Bundesrat beantragt ferner grundsätzlich keine Kreditsperren auf den Voranschlägen der Bundesversammlung, der eidgenössischen Gerichte sowie der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Eine Kreditsperre für diese Verwaltungseinheiten wäre direkt durch das Parlament zu beschliessen. 90 Die Höhe des Sperrsatzes kann individuell und in Abhängigkeit des gewünschten Entlastungsziels oder weiterer finanzpolitischer Zielsetzungen festgelegt werden. Im Normalfall ermöglichen Kreditsperren Entlastungen in der Höhe von 200 bis 450 Millionen, was einer Sperre von 1 bis 2 Prozent entspricht. Sperrsätze über 2 Prozent sind ohne Korrekturen an der Aufgabenerfüllung und entsprechenden gesetzlichen Änderungen kaum umsetzbar. Seit 1997 wird die Kreditsperre zur kurzfristigen Haushaltsteuerung in regelmässigen Abständen eingesetzt; sie bildet heute ein wichtiges und allgemein akzeptiertes Instrument der regelgebundenen Finanzpolitik. Kreditsperren kommen ferner auch dann zum Einsatz, wenn die Rechtsgrundlage für voraussehbare Aufwände oder Investitionsvorhaben zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Voranschlags noch fehlt (Art. 32 Abs. 2 FHG). Zudem sieht das Finanzhaushaltgesetz für den Bundesrat die Möglichkeit vor, bewilligte Voranschlags- und Verpflichtungskredite zu sperren, um einen Fehlbetrag auf dem Ausgleichskonto gemäss Schuldenbremse abzubauen und rückwirkend Überschreitungen des Ausgabenplafonds gemäss Schuldenbremse auszugleichen (Art. 18 Abs. 2 FHG). Der Bundesrat hat bis heute jedoch noch nie von diesem Instrument Gebrauch gemacht. Budgetkürzungen Belaufen sich die strukturellen Defizite im Voranschlag und Finanzplan auf 500 bis 700 Millionen, können die nötigen Bereinigungen mittels Budgetkürzungen vorgenommen werden. Zu diesem Zweck wird im Rahmen der Budgetweisungen für jedes Departement festgelegt, in welchem Umfang sich dieses an der Haushaltsentlastung zu beteiligen hat. Da bei der Berechnung dieser Vorgaben die schwach gebundenen Ausgaben jeweils stärker gewichtet werden, tragen die Departemente mit einem hohen Anteil solcher Ausgaben überproportional stark zur angestrebten Entlastung bei. 7 Ausgaben und Aufwände Dem Parlament werden Kürzungen im Rahmen der Voranschlagsbotschaft unterbreitet. Dies bedeutet, dass Anpassungen von Gesetzen im Normalfall nicht möglich sind. Theoretisch ist es jedoch denkbar, dass dem Parlament parallel zum Voranschlag eine Botschaft mit Gesetzesänderungen unterbreitet wird, die von diesem im Dringlichkeitsverfahren zu behandeln wäre. Einem solchen Vorgehen sind allerdings sowohl zeitlich als auch inhaltlich enge Grenzen gesetzt. Das Mittel der Budgetkürzung kommt eher selten zum Einsatz. Es wird vor allem dann angewandt, wenn die im Rahmen der Budgetbereinigung notwendigen Entlastungen nicht über eine Kreditsperre erreicht werden können und die Erarbeitung eines eigentlichen Entlastungsprogramms (mit eigenständiger Botschaft) mit Blick auf die zur Verfügung stehende Zeit und die Höhe des Defizits weder möglich noch sinnvoll erscheint. Für die Umsetzung von Budgetkürzungen ist eine Vorlaufzeit von einigen Monaten nötig. Sparprogramme Spar- oder Entlastungsprogramme müssen dann erarbeitet werden, wenn die nötigen Entlastungen nicht mit den übrigen Instrumenten der kurz- oder mittelfristigen Haushaltsteuerung erzielt werden können. Dies ist der Fall, wenn die strukturellen Defizite im Voranschlag und Finanzplan 700–800 Millionen übersteigen und deren Beseitigung nur noch über die Sistierung von Subventionsbestimmungen, die Kürzung von Beitragssätzen oder die Erstreckung von Terminen erreicht werden kann. Solche Massnahmen erfordern im Regelfall jedoch die Anpassung von Spezialgesetzen und können dem Parlament deshalb nicht im Rahmen der Botschaft über den Voranschlag unterbreitet werden. Bei der Erarbeitung von Sparprogrammen sind gewisse Grundprinzipien zu beachten: Zunächst gilt es sicherzustellen, dass die Opfersymmetrie gewährleistet ist. Gelingt dies nicht, so droht ein Sparprogramm am Widerstand der überdurchschnittlich stark betroffenen Interessengruppen zu scheitern. Solche Bemühungen um die innere Ausgewogenheit von Entlastungsprogrammen werden zwar gelegentlich als «Rasenmähermethode» kritisiert, lassen sich mit Blick auf die äusseren Rahmenbedingungen jedoch rechtfertigen: Sparprogramme entstehen zumeist innert weniger Monate und bieten deshalb kaum die Gelegenheit, grundlegende Reformen anzugehen. Ebenso wenig eignen sie sich, früher beschlossene Prioritäten der Finanzpolitik grundsätzlich in Frage zu stellen. Nebst der grundsätzlichen Gleichbehandlung der verschiedenen Aufgabengebiete ist ferner stets darauf zu achten, dass auch der Eigenbereich der Verwaltung (Personal, Sach- und Betriebsausgaben) in die Strategie zur Haushaltssanierung einbezogen wird. Auf diese Weise wird die Gleichbehandlung des Transferund des Eigenbereichs sichergestellt. Schliesslich wurde bislang stets Wert darauf gelegt, nebst den schwach gebundenen Ausgaben soweit möglich auch die stark gebundenen Ausgaben in die Sparbemühungen einzuschliessen. Grundlegende und komplexe Systemkorrekturen wie bspw. eine Reform der Altersversicherung, sind im Rahmen eines Sparprogramms – auch aus demokratiepolitischen Gründen – allerdings nicht möglich. Da für Sparprogramme zumeist auch Spezialgesetze angepasst werden müssen, handelt es sich bei diesen Vorlagen in der Regel um Mantelerlasse, in welche die angestrebten Gesetzesänderungen integriert werden. Einen Sonderfall bildet dabei das Bundesgesetz über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushalts (SR 611.010), in welchem dem Parlament zusätzlich zu der geplanten Änderung von Spezialgesetzen auch die sog. Sparaufträge zur Genehmigung unterbreitet werden. In solchen Sparaufträgen werden all jene Massnahmen zusammengefasst, deren Umsetzung grundsätzlich auch ohne Gesetzesänderungen möglich wären (insb. Massnahmen im Eigenbereich). 91 7 Ausgaben und Aufwände Die Bündelung sämtlicher Massnahmen in einer Vorlage bietet dabei mehrere Vorteile: • Sie erhöht die Transparenz der getroffenen Massnahmen, was insbesondere für die von den geplanten Kürzungen betroffenen Leistungsempfänger wichtig ist. • Die innere Ausgewogenheit der Vorlage wird deutlich gemacht. • Ein mittels Gesetz beschlossenes Programm verfügt über eine höhere politische Legitimität und Verbindlichkeit. Für die Umsetzung eines Sparprogramms ist eine Vorlaufzeit von mindestens neun Monaten notwendig, da im Regelfall eine Vernehmlassung durchzuführen ist. In den letzten zehn Jahren wurden mit den Entlastungsprogrammen 2003 und 2004 und dem Konsolidierungsprogramm 2012–2013 (KOP 12/13) insgesamt drei Entlastungsprogramme aufgelegt. Währendem die ersten beiden Vorlagen vollumfänglich umgesetzt wurden, wurde ein kleiner Teil des KOP 12/13 aufgrund der überraschend guten Einnahmenentwicklung 2010 ausgesetzt. Schwachpunkte In vielen Fällen stellen Sparprogramme, Budgetkürzungen oder Kreditsperren die einzige Möglichkeit dar, strukturelle Ungleichgewichte des Haushalts kurzfristig auszugleichen. Solch kurzfristig wirkende Massnahmen sind aber auch mit erheblichen Nachteilen verbunden. Befindet sich der Haushalt im Ungleichgewicht, so genügt es mittel- bis langfristig nicht, Beiträge des Bundes zu kürzen resp. deren Wachstum vorübergehend etwas einzudämmen. Weit wichtiger ist in solchen Fällen eine generelle Überprüfung des staatlichen Leistungsangebots, was angesichts der jeweils herrschenden Zeitknappheit jedoch oft nicht möglich ist. 92 Der grösste Nachteil von kurzfristig wirkenden Entlastungsmassnahmen besteht in der systematischen Ungleichbehandlung von gebundenen und ungebundenen Ausgaben. Da erstere ausser im Rahmen von Sparprogrammen zumeist ganz von Kürzungen ausgenommen bleiben, konzentrieren sich die Konsolidierungsbemühungen somit oft auf die weniger stark gebundenen Ausgabenteile. Dies hat zur Folge, dass der an sich unerwünschten Verdrängung der ungebundenen Ausgaben durch gebundene Ausgaben gar noch Vorschub geleistet wird. Es besteht die Gefahr, dass Investitionen in für das Wachstum und die Beschäftigung wichtige Aufgabengebiete (z.B. Bildung und Forschung, Verkehrsinfrastruktur) übermässig stark beschnitten werden. 7.3.2 Instrumente zur mittel- bis langfristigen Haushaltsteuerung Das strukturelle Gleichgewicht des Bundeshaushaltes kann auf Dauer nicht allein durch kurz- oder mittelfristig wirkende Massnahmen gewährleistet werden. Eine nachhaltige Finanzpolitik erfordert vielmehr eine an langfristigen Zielen ausgerichtete Schwerpunktsetzung, wie sie etwa im Prioritätenprofil des Bundesrates und den Zielwachstumsraten der Aufgabenüberprüfung (AÜP) zum Ausdruck kommt. Nötig ist darüber hinaus aber auch eine Koordination der wichtigsten Finanzbeschlüsse, ohne die die angestrebte Priorisierung einzelner Aufgaben nicht gelingen kann. Prioritätenprofil und Zielwachstumsraten Die Einführung der Schuldenbremse stärkte bei Bundesrat und Parlament das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Begrenzung des anhaltend hohen Ausgabenwachstums. Um dieses Ziel zu erreichen, entwickelte der Bundesrat im Rahmen der Aufgabenüberprüfung (AÜP) ein Konzept, das auf die Umsetzung von Strukturreformen und die Verhinderung weiterer Sparprogramme ausgerichtet war. Dabei standen zwei strategische Ziele im Vordergrund: 7 Ausgaben und Aufwände • Stabilisierung der Staatsquote und Festlegung eines Wachstumsziels für den Gesamthaushalt (Ausgabenwachstum = Wachstum nominales BIP) • Festlegung finanzpolitischer Prioritäten und Posterioritäten zwecks Stärkung der wachstumsund beschäftigungsfördernden Aufgaben. Mit ihrem vergleichsweise langen Planungshorizont und ihrer Ausrichtungen auf die Aufgabenerfüllung unterscheidet sich der Ansatz der AÜP deutlich von herkömmlichen Sparprogrammen. Diese streben zumeist nach raschen Haushaltsentlastungen und orientieren sich dabei weniger an der Aufgabenstruktur des Bundes als an departementalen Zuständigkeiten. Dreh- und Angelpunkt der Aufgabenüberprüfung war das 2006 vom Bundesrat verabschiedete Prioritätenprofil, in welchem für 18 Aufgabenbereiche eine durchschnittliche jährliche Zielwachstumsrate für die Jahre 2008–2015 festgeschrieben wurde. Ein reales Wachstum, d. h. ein über der Teuerung von 1, 5 Prozent liegendes Wachstum, war dabei für das Aufgabengebiet Bildung und Forschung, die Soziale Wohlfahrt, für die Entwicklungszusammenarbeit sowie für den Verkehrsbereich vorgesehen. Für alle übrigen Aufgabengebiete wurde höchstens das Ziel einer realen Stabilisierung der verfügbaren Mittel (Teuerungsausgleich) festgelegt. In den folgenden Jahren erarbeitete der Bundesrat ein Umsetzungskonzept, das im Rahmen des Berichts zur Umsetzungsplanung im April 2010 verabschiedet wurde. Dieser Bericht enthielt rund 75 Massnahmen in Form von Aufgabenverzichten, Leistungsreduktionen und Strukturreformen. Rund 50 dieser Massnahmen mit einer raschen Entlastungswirkung und einem geringen Rechtsänderungsbedarf wurden in das Konsolidierungsprogramm 2012–2013 (KOP 12/13) integriert, in Folge des Nichteintretens der eidg. Räte dann aber teilweise sistiert. Die übrigen 25 Massnahmen, die komplexere Reformen erfordern und mehr Zeit für die Detailplanung und Implementierung in Anspruch nehmen, werden derzeit im Rahmen von separaten Vorlagen vorangetrieben. Über deren Umsetzung berichtet der Bundesrat jährlich im Rahmen der Staatsrechnung. Die langfristige Wirkung der Aufgabenüberprüfung bemisst sich allerdings nicht nur in der Zahl der umgesetzten Reformprojekte. Ihre Bedeutung liegt vielmehr auf einer strategischen Ebene: Mit der Erarbeitung eines Prioritätenprofils und der Festlegung von Zielwachstumsraten wurde ein Konzept entwickelt, das seine Bedeutung als strategisches Steuerungsinstrument der Finanzpolitik über den Abschluss der AÜP hinaus behalten wird. Mehrjährige Finanzbeschlüsse Die Einhaltung des finanzpolitischen Prioritätenprofils setzt voraus, dass Vorhaben von erheblicher finanzieller Tragweite bestmöglich aufeinander abgestimmt werden. In der Vergangenheit war dies zumeist nicht der Fall. Die wichtigsten mehrjährigen Finanzbeschlüsse, über die beinahe die Hälfte der ungebundenen Ausgaben gesteuert werden, wurden in der Regel einzeln gegen Ende der Legislaturperiode verabschiedet, ohne dass der finanzpolitischen Gesamtsicht dabei besondere Beachtung geschenkt worden wäre. Dies verunmöglichte die finanzpolitische Koordination und beeinträchtigte überdies den Handlungsspielraum des nachfolgenden Parlaments. Vor diesem Hintergrund entschied der Bundesrat 2008, die wichtigsten mehrjährigen Finanzbeschlüsse künftig besser aufeinander abzustimmen. Die zu diesem Zweck vorgenommene Änderung der Finanzhaushaltverordnung (Art. 7 FHV) schreibt vor, dass die Planung, Beratung und Verabschiedung von mehrjährigen Finanzbeschlüssen künftig zeitlich koordiniert wird. Mit dieser 93 7 Ausgaben und Aufwände Änderung verfolgt der Bundesrat drei Ziele: In einem ersten Schritt sollen die Finanzvorlagen bestmöglich auf die Ziele des Legislaturplans abgestimmt werden. Zweitens sollen die betreffenden Vorlagen den eidgenössischen Räten gemeinsam in kurzem Zeitabstand zur Botschaft über die Legislaturplanung unterbreitet werden. Schliesslich soll die politische Willensbildung nach den eidgenössischen Wahlen durch die neu gewählten Entscheidungsträger stattfinden können. Koordiniert werden jene Finanzbeschlüsse, die im Mehrjahresrhythmus erneuert werden, einen Umfang von mindestens 500 Millionen aufweisen und hinsichtlich der Betragshöhe und Periodizität grundsätzlich steuerbar sind. Diese Kriterien erfüllen insbesondere folgende Finanzbeschlüsse: • Entwicklungszusammenarbeit (vier Einzelbeschlüsse) • Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen im Bereich Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft) • Zahlungsrahmen für die Leistungsvereinbarung mit den SBB und Verpflichtungskredit zu den Leistungsvereinbarungen mit den anderen konzessionierten Transportunternehmen (Privatbahnen) • im Erstrat in der Sommersession des ersten Legislaturjahrs starten und in der darauf folgenden Wintersession abgeschlossen werden. Die Beitragsperiode beginnt im anschliessenden zweiten Legislaturjahr. Da Legislaturplanung und Finanzbeschlüsse in gegenseitigem Austausch erarbeitet werden, kann dem Parlament ein konsistentes und austariertes Planungspaket unterbreitet werden, das Gesamt- und Sektoralsicht, finanz- und sachpolitische Postulate umfassend berücksichtigt. Während die Legislaturplanung ihre Ziele weitgehend frei von vorgelagerten Sektoralentscheiden in einem primären Planungsakt festlegen kann, aus dem erste Vorgaben für die Finanzbeschlüsse abgeleitet werden können, liefern diese der Legislaturplanung das fachliche Fundament. Durch dieses Verfahren gewinnen die Legislaturpläne an Bedeutung und Aussagekraft und die Finanz­ vorlagen an finanzpolitischer Tragfähigkeit. Schwachpunkte Mittel- und langfristig wirkende Instrumente der Haushaltführung bieten im Gegensatz zu Sparprogrammen oder Budgetkürzungen die Möglichkeit, strukturelle Ungleichgewichte des Bundeshaushalts mittels grundlegender Reformen anzugehen. Auch sie haben aber ihre Grenzen: • Fehlende politische Voraussetzungen: Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass grundlegende Reformen nur gelingen können, wenn über deren Notwendigkeit auf politischer Ebene ein breiter Konsens besteht. Reformen benötigen also immer ein entsprechendes «window of opportunity». • Hohe Komplexität: Umfassende Reformprojekte sind konzeptionell zumeist komplex und laufen damit Gefahr, an den Realitäten des politischen Prozesses aufzulaufen. Entsprechend nehmen umfassende Reformprojekte in der Regel auch viel Zeit in Anspruch. Weiterentwicklung der Agrarpolitik. Die Abstimmung von Legislaturplanung und mehrjährigen Finanzvorlagen erfolgt in einem parallelen Verfahren: Der Bundesrat plant die bedeutenden Finanzvorlagen im vierten Legislaturjahr, d.h. weitgehend zeitgleich und in engem Bezug zur Legislaturplanung. Die Botschaften zu den Finanzvorlagen werden dem Parlament kurz nach jener zur Legislaturplanung – im Regelfall innert zweier Monate – unterbreitet. Die parlamentarische Beratung kann so mit Behandlung 94 7 Ausgaben und Aufwände Sonderfall Ausgabenbremse Mit der Ausgabenbremse existiert schliesslich ein weiteres Instrument der Ausgabensteuerung, das nicht primär auf die Beseitigung bestehender Defizite und die Umsetzung struktureller Reformen ausgerichtet ist. Ihr Ziel besteht vielmehr darin, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auf die Einhaltung der Ausgabendisziplin hinzuwirken. Die auf Verfassungsebene verankerte Ausgabenbremse schreibt vor, dass neue Ausgaben ab 20 Millionen (für einmalige) bzw. 2 Millionen (für wiederkehrende) Ausgaben der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte bedürfen (Art. 159 Abs. 3 Bst b BV). Dies gilt sowohl für Subventionsbestimmungen in Bundesgesetzen und Bundesbeschlüssen als auch für Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen (Finanzbeschlüsse). Von der Ausgabenbremse ausgenommen werden hingegen Ausgaben, die als gebunden zu betrachten sind. Zur Auslegung dieser Verfassungsbestimmung ist insbesondere auf Folgendes hinzuweisen: • • Als neue Ausgaben gelten diejenigen Ausgaben, bei denen die zuständige Behörde über einen relativ grossen Spielraum bezüglich Betrag, Termin und anderer wichtiger Modalitäten verfügt. So handelt es sich insbesondere dann um neue Aufgaben, wenn der grundlegende Erlass zwar umfassend die Erfüllung einer neuen ausgabenrelevanten Aufgabe vorsieht, die Frage der Modalitäten aber noch offen bleibt. Als gebunden gelten Ausgaben dann, wenn sie zur Erfüllung gesetzlich geordneter Verwaltungsaufgaben unbedingt erforderlich sind (z.B. Ausgaben für den Unterhalt oder den Umbau von Gebäuden ohne Nutzungsänderung, Erneuerung von Betriebsmaterial wie Ersatzteile). Im Zweifelsfalle soll allerdings die Ausgabenbremse zur Anwendung gelangen. Wird eine Ausgabe als neu betrachtet, so bleibt zu entscheiden, ob sie einmaligen oder wiederkehrenden Charakter hat. Die einmalige Zahlung zu einem bestimmten Zweck verursacht – als einmalige Ausgabe – in der Regel keine grundlegenden Probleme. Sie ist einzig an die Limite von 20 Millionen gebunden. Hingegen stellt sich die Frage der Zuordnung, wenn Subventionsbestimmungen oder Finanzbeschlüsse wiederholte Zahlungen nach sich ziehen. Wenn jährliche Zahlungen als zweckmässig betrachtet werden und der Finanzierungsbedarf langfristig besteht (z.B. Beiträge an die Pro Helvetia oder den Schweizerischen Nationalfonds für die wissenschaftliche Forschung), gilt die Ausgabe in der Regel als wiederkehrend. Demnach untersteht der Betrag der Ausgabenbremse, sofern er die Schwelle von zwei Millionen übersteigt. Wenn hingegen eine Reihe von Zahlungen eine untrennbare Einheit darstellt, dergestalt, dass alle Einzelzahlungen zur Verwirklichung des Projektes (Bauten) oder für den Erwerb eines Objektes (Rüstungsmaterial) unerlässlich sind, handelt es sich um eine einmalige Ausgabe, obwohl die Zahlungen in aufeinander folgenden Tranchen erfolgen. Im letzteren Fall wird die Ausgabenbremse – unabhängig vom Betrag der Teilzahlung – einzig dann angewendet, wenn der Gesamtbetrag 20 Millionen übersteigt. In der Praxis sind periodische Ausgaben eher im Subventionsbereich anzutreffen, während die einmaligen Ausgaben insbesondere den Eigenbereich des Bundes betreffen. Die direkt sichtbaren Folgen der Ausgabenbremse sind eher gering. Seit ihrer Einführung hat sie nur in den seltensten Fällen eine konkret nachweisbare Bremswirkung erzielt. Ihre Wirkung ist deshalb – ähnlich jener des Referendums – in erster Linie general präventiv: Die erhöhten Anforderungen an die Genehmigung neuer Ausgaben führen in der Praxis dazu, dass bereits bei der Erarbeitung neuer Gesetzesvorlagen und Finanzbeschlüsse auf einen massvollen Mittel­einsatz geachtet wird. 95 7 Ausgaben und Aufwände 7.4 Kreditarten im Überblick Zur Steuerung und Kontrolle der Aufwände und Investitionsausgaben, welche bei der Erfüllung der Bundesaufgaben anfallen, stehen der Bundesversammlung verschiedene Instrumente zur Verfügung. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Voranschlags- und den Nachtragskrediten, welche eine (jährliche) Rechnungsperiode betreffen, und den Verpflichtungskrediten sowie Zahlungsrahmen, mit denen die mehrjährige Steuerungsfunktion wahrgenommen wird. 7.4.1 Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen Verpflichtungskredit Der Verpflichtungskredit setzt den Höchstbetrag fest, bis zu dem der Bundesrat ermächtigt ist, für ein bestimmtes Vorhaben finanzielle Verpflichtungen einzugehen. Er ist in der Regel dann einzuholen, wenn die Ausführung eines Vorhabens über das laufende Voranschlagsjahr hinaus zu Zahlungen führt. Artikel 21 Absatz 4 FHG nennt die Fälle, in denen namentlich ein Verpflichtungskredit einzuholen ist. Danach sind Verpflichtungskredite insbesondere erforderlich für: • Bauvorhaben und Liegenschaftskäufe; • längerfristige Liegenschaftsmieten mit erheblicher finanzieller Tragweite; • Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben; • die Zusicherung von Beiträgen, die erst in späteren Rechnungsjahren auszuzahlen sind; • die Übernahme von Bürgschaften und sonstigen Gewährleistungen. 96 Die Ausnahmen von der Pflicht zur Einholung eines Verpflichtungskredites sind abschliessend in Artikel 11 FHV geregelt. Keine Verpflichtungskredite sind einzuholen für: • die längerfristige Miete von Liegenschaften; • die Beschaffung von Sachgütern ausserhalb des Bau- und Liegenschaftsbereichs; • die Beschaffung von Dienstleistungen, wenn die Gesamtkosten im Einzelfall weniger als 10 Millionen betragen, sowie für die Anstellung von Bundespersonal. Begehren für Verpflichtungskredite werden je nach ihrer Bedeutung den eidgenössischen Räten entweder mit besonderer Botschaft oder mit den Beschlüssen über den Voranschlag und seine Nachträge unterbreitet. Gemäss der Verordnung der Bundesversammlung vom 18.6.2004 über die Verpflichtungskreditbegehren für Grundstücke und Bauten (SR 611.051) sind Verpflichtungskreditbegehren für Grundstücke und Bauten, mit Ausnahme derjenigen für den ETHBereich, mit besonderer Botschaft zu unterbreiten und im Einzelnen zu erläutern, wenn die für den Bund zu erwartenden Gesamtausgaben pro Projekt 10 Millionen übersteigen. Das In­strument Verpflichtungskredit wird ausschliesslich für Verpflichtungen gegenüber externen Dritten angewendet. Verwaltungsinterne Leistungsbezüge werden nicht über Verpflichtungskredite abgerechnet. Der Verpflichtungskredit ist keine Ausgabenbewilligung; die nötigen Voranschlagskredite müssen jährlich beantragt und vom Parlament beschlossen werden. 7 Ausgaben und Aufwände Der Zusatzkredit ist die Ergänzung eines nicht ausreichenden Verpflichtungskredites. Zusatzkredite sind unverzüglich und vor dem Eingehen der Verpflichtungen zu beantragen, soweit sie nicht durch die Teuerung oder Wechselkursschwankungen bedingt sind. Der Gesamtkredit fasst mehrere, von der Bundesversammlung einzeln spezifizierte Verpflichtungskredite zusammen. Die Kreditverschiebung ist die dem Bundesrat mit einfachem Bundesbeschluss ausdrücklich eingeräumte Befugnis, innerhalb eines Gesamtkredites einen Verpflichtungskredit zulasten eines anderen zu erhöhen. Der Rahmenkredit ist ein Verpflichtungskredit mit delegierter Spezifikationsbefugnis, bei dem der Bundesrat oder die Verwaltungseinheit innerhalb der von der Bundesversammlung umschriebenen allgemeinen Zweckbestimmung bis zum bewilligten Kreditbetrag einzelne Verpflichtungstranchen ausscheiden kann. Der Jahreszusicherungskredit ist die mit dem Voranschlag erteilte Ermächtigung, während des Voranschlagsjahres im Rahmen des bewilligten Kredites finanzielle Leistungen zuzusichern. In der Regel wird die Geltungsdauer der einzelnen Zusicherung begrenzt. Zahlungsrahmen Der Zahlungsrahmen ist ein von der Bundesversammlung für mehrere Jahre festgesetzter Höchstbetrag der Voranschlagskredite für bestimmte Ausgaben. Er stellt keine Kreditbewilligung dar. Die erforderlichen Voranschlagskredite müssen jährlich im Budget beantragt und vom Parlament beschlossen werden. Zahlungsrahmen sind in der Regel für Bereiche erforderlich, bei denen Zusicherungen und Zahlungen in das gleiche Jahr fallen und gleichzeitig eine längerfristige Ausgabensteuerung geboten ist. 7.4.2 Voranschlagskredite Der Voranschlagskredit ermächtigt die Verwaltungseinheit für den angegebenen Zweck und innerhalb des bewilligten Betrags während des Voranschlagsjahres laufende Ausgaben zu tätigen und nicht finanzierungswirksamen Aufwand zu verbuchen (Aufwandkredit) sowie Investitionsausgaben auszulösen (Investitionskredit). Der Aufwandkredit umfasst auch Kreditelemente, die nicht ausgabenwirksam sind. Zu nennen sind insbesondere die Abschreibungen oder die für Leistungsbezüge bei anderen Verwaltungseinheiten beanspruchten Ressourcen. Der Globalkredit ist ein Voranschlagskredit mit allgemein umschriebener Zweckbestimmung. Er gelangt insbesondere für jene Fälle zur Anwendung, in denen die Budgetierung des Kreditbedarfs auf Stufe der Verwaltungseinheiten mit grossen Unsicherheiten behaftet ist, so namentlich im Personalbereich (Lohnmassnahmen vor der Bewilligung durch das Parlament) oder bei Informatikprojekten. Mit der zentralen Budgetierung erhöht sich der Handlungsspielraum bei der Kreditverwendung beziehungsweise Mittelzuteilung. Mit der Kreditabtretung weist der Bundesrat (bzw. ein Departement) Kreditbeträge aus einem Globalkredit einzelnen Verwaltungseinheiten zu. Mit dem Instrument der Kreditabtretung sind die Departemente in der Lage, den Mitteleinsatz auf Verwaltungsebene zu steuern. Die Kreditverschiebung ist die dem Bundesrat mit dem Beschluss über den Voranschlag ausdrücklich erteilte Befugnis, einen Voranschlagskredit zulasten eines anderen zu erhöhen. Dies ermöglicht es dem Bundesrat, im Rahmen dieser Befugnis zwischen verschiedenen bewilligten Voranschlagskrediten Umlagerungen vorzunehmen. In begrenztem Umfang sind insbesondere Verschiebungen zwischen Personalaufwandkrediten und Aufwandkrediten für externe Beratungs- und 97 7 Ausgaben und Aufwände notwendig, damit die sich in der Regel erst im Rahmen des Rechnungsabschlusses aufdrängenden Buchungen vorgenommen werden können. Im Vordergrund stehen Wertberichtigungen auf Darlehen und Beteiligungen sowie auf Guthaben und Finanzanlagen, wenn der Buchwert aus Bonitätsgründen nach unten korrigiert werden muss oder der Verkehrswert unter dem Buchwert liegt. Kreditüberschreitungen resultieren schliesslich auch im Falle der Auflösung von FLAG-Reserven (soweit der mit dem Globalbudget bewilligte Plafond nicht ausreicht), aus zeitlichen Abgrenzungsbuchungen, im Falle eines wechselkursbedingten Mehrbedarfs sowie bei einem verminderten Münzumlauf. Bei Beträgen ab 5 Millionen bedarf die Kreditüberschreitung der Zustimmung der Finanzdelegation. Unterstützungsleistungen sowie zwischen dem Investitionskredit für bauliche Massnahmen und dem Kredit zur Deckung des laufenden Betriebsaufwands im ETH-Bereich vorgesehen. Der Nachtragskredit ist ein in Ergänzung des Voranschlags nachträglich bewilligter Voranschlagskredit. Er ist in jenen Fällen unverzüglich zu beantragen, in denen ein Aufwand oder eine Investitionsausgabe unvermeidlich ist und kein ausreichender Voranschlagskredit zur Verfügung steht. Keine Nachtragskredite sind erforderlich für nicht budgetierte Anteile Dritter an bestimmten Einnahmen, Fondseinlagen aus zweckgebundenen Einnahmen sowie nicht budgetierte Abschreibungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen. Im Nachtragskreditbegehren ist der zusätzliche Kreditbedarf eingehend zu begründen. Es ist nachzuweisen, dass der Mittelbedarf nicht rechtzeitig vorhergesehen werden konnte, ein verzögerter Leistungsbezug zu erheblichen Nachteilen führen würde und nicht bis zum nächsten Voranschlag gewartet werden kann. Im Einzelnen sind zu unterscheiden: • Der ordentliche Nachtrag (ohne Vorschuss): Er wird von den eidgenössischen Räten mit dem Nachtrag I (Sommersession) oder dem Nachtrag II (Wintersession) zum Voranschlag bewilligt. • Der Nachtragskredit mit Vorschuss: Dringliche Zahlungen werden vom Bundesrat mit Zustimmung der Finanzdelegation (Vorschuss) beschlossen. Die Anwendung dieses Instruments ist auf jene Fälle zu begrenzen, die keinen Aufschub erdulden. • Die Kreditüberschreitung: Nachtragskredit mit Vorschuss, der vom Bundesrat erst nach Verabschiedung der Botschaft zum Nachtrag II beschlossen wird. Kreditüberschreitungen sind 98 • Die Kreditübertragung: Ordentlicher Nachtrag zur Fortführung bestimmter Werke, Arbeiten oder Tätigkeiten, wenn im Vorjahr der dafür bewilligte Voranschlagskredit nicht oder nur teilweise beansprucht worden ist. Übertragungen auf das Folgejahr können durch den Bundesrat beschlossen werden. Voraussetzung ist, dass der Grund für den Kreditrest in einer zeitlichen Verzögerung des Vorhabens im Vorjahr liegt. Der übertragene Kreditanteil darf auch im Folgejahr nur für das betreffende Vorhaben verwendet werden. Der Bundesrat ist verpflichtet, in den Botschaften über die Nachtragskreditbegehren oder, wenn dies nicht möglich ist, mit der Staatsrechnung über die Kreditübertragungen Bericht zu erstatten. Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung die bevorschussten Aufwände und Investitionsausgaben in der Regel mit dem nächsten Nachtrag zum Voranschlag, bei Kreditüberschreitungen jedoch mit der Staatsrechnung zur nachträglichen Genehmigung. 7 Ausgaben und Aufwände 7.5 Subventionen des Bundes Gemäss Botschaft zum Voranschlag 2012 richtet der Bund auf der Basis von rund 300 Tatbeständen in Verfassung und Gesetzen Subventionen von 36 Milliarden aus. Die Subventionen umfassen damit mehr als die Hälfte der jährlichen Bundesausgaben. Die Subventionen verteilen sich auf insgesamt 12 Aufgabengebiete. Gemäss Voranschlag 2012 wird der Bund den grössten Teil der Subventionen, nämlich 46 Prozent, im Aufgabengebiet der Sozialen Wohlfahrt ausrichten. Mit 17 Prozent deutlich geringer ist der Anteil, der auf den Bereich Bildung und Forschung entfällt, gefolgt vom Verkehr mit 16 Prozent, der Landwirtschaft mit 10 Prozent und den Beziehungen zum Ausland mit 7 Prozent. Auf die übrigen Aufgabengebiete entfallen Anteile von je einem Prozent oder weniger. 7.5.1 Subventionsbegriff Der Bund trägt der gewichtigen Bedeutung der Subventionen mit dem Bundesgesetz über Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz, SuG) Rechnung. Dieses regelt bereichsübergreifend, was unter einer Subvention zu verstehen ist und unter welchen Voraussetzungen bzw. in welcher Form Subventionen ausgerichtet werden. Zudem stellt das Gesetz einheitliche Bestimmungen auf über das Verfahren der Ausrichtung und Rückforderung von Subventionen. Das Subventionsgesetz richtet sich insbesondere an den Bundesrat und an die Verwaltung, die bei der Regelung der einzelnen Subventionen in den jeweiligen Sachgesetzen (Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, Bundesgesetz über die Landwirtschaft usw.) diesen allgemeinen Vorgaben zu entsprechen haben. Das Subventionsgesetz unterscheidet zwischen Finanzhilfen und Abgeltungen. Finanzhilfen Mit den Finanzhilfen fördert der Bund Tätigkeiten, die im öffentlichen Interesse liegen, oder trägt zu deren Erhaltung bei. Finanzhilfen werden an Dritte ausserhalb der zentralen Bundesverwaltung geleistet (Private oder Kantone). Finanzhilfen sind ein wichtiges Instrument, um Initiative und Leistungen Privater in Bereichen des öffentlichen Interesses aufrechtzuerhalten. Bei den Finanzhilfen lautet die Frage nach ihrer Berechtigung: «Ist es gerechtfertigt, dass der Bund eine bestimmte private Tätigkeit fördert bzw. zu ihrer Erhaltung beiträgt?» Subventionen des Bundes nach Aufgabengebieten im Voranschlag 2012 Total Subventionen VA 2012: 35,8 Mrd. Verkehr 5,6 Mrd., 16 % Landwirtschaft und Ernährung 3,6 Mrd., 10 % Übrige Aufgabengebiete 1,6 Mrd., 4 % Beziehungen zum Ausland – Internationale Zusammenarbeit 2,6 Mrd., 7 % Soziale Wohlfahrt 16,5 Mrd., 46 % Bildung und Forschung 6,0 Mrd., 17 % 99 7 Ausgaben und Aufwände Mit Finanzhilfen unterstützt der Bund private Eigentümer beispielsweise bei der Restaurierung von schützenswerten Liegenschaften oder bei der Waldpflege. Gemäss Subventionsgesetz kann eine Finanzhilfe insbesondere ausgerichtet werden, wenn • der Bund ein Interesse an der damit unterstützten Tätigkeit hat, • die private oder kantonale Tätigkeit ohne die Bundesunterstützung nicht hinreichend ausgeübt würde, • alternative Finanzierungen nicht ausreichen und • sich keine zweckdienlicheren Massnahmen anbieten. • Lasten aus bundesrechtlich vorgeschriebenen Aufgaben können • demjenigen entstehen, der die Aufgabe erfüllen muss (Beispiel: Der Bund entschädigt die Landwirtschaft für Massnahmen zur Verhinderung der Abschwemmung und Auswaschung von Böden) oder • bei einem Dritten anfallen, der nicht zur Aufgabenerfüllung verpflichtet ist, der aber von mit der Aufgabenerfüllung einhergehenden Beeinträchtigungen betroffen ist (Beispiel: Der Bund leistet einen Beitrag an die Entschädigung von Wassernutzungsberechtigten für erhebliche Einbussen, die aus der Erhaltung und Unterschutzstellung schützenswerter Landschaften von nationaler Bedeutung resultieren). Rund zwei Drittel der bundesrechtlichen Subventionstatbestände dienen als Grundlage für die Ausrichtung der Finanzhilfen. Betragsmässig machen die Finanzhilfen etwas mehr als einen Drittel der Subventionen aus. Abgeltungen Mit den Abgeltungen leistet der Bund Dritten eine Milderung oder einen Ausgleich von Lasten, die ihnen aus vom Bund übertragenen oder aus bundesrechtlich vorgeschriebenen Aufgaben entstehen. Bezüger von Abgeltungen aus Erfüllung von übertragenen Aufgaben sind vielfach Organisationen und Unternehmen des Bundes, die solche Aufgaben an seiner Stelle wahrnehmen. Abzugeltende Leistungen basieren unter anderem • direkt auf einem Gesetz oder einer Verordnung der Bundesversammlung (Beispiel: Die Kantone erhalten eine Abgeltung für die Erhebung, Erneuerung und Nachführung von Daten für die Amtliche Vermessung); 100 auf einem Vertrag (Beispiel: Transportunternehmungen erhalten eine Abgeltung für die geplanten, ungedeckten Kosten des vom Bund und den Kantonen bestellten Regionalverkehrs); Bei den Abgeltungen stellt sich die Frage: «Ist es gerechtfertigt, ein bestimmtes, rechtlich zwingend vorgeschriebenes Verhalten oder die Übernahme einer bestimmten öffentlichen Aufgabe zu entschädigen?». Gemäss Subventionsgesetz kann eine Abgeltung insbesondere ausgerichtet werden, wenn die zu erfüllende Aufgabe • nicht im überwiegenden Eigeninteresse des Verpflichteten liegt, • diesem eine unzumutbare finanzielle Belastung auferlegt und • die mit der Aufgabe verbundenen Vorteile die finanzielle Belastung nicht ausgleichen. 7 Ausgaben und Aufwände Oft speziell als Beiträge an internationale Organisationen ausgewiesen werden Abgeltungen oder Finanzhilfen an ausländische Staaten und internationale Organisationen oder Institutionen mit Sitz im Ausland, da für diese das Subventionsgesetz nur beschränkt gilt. 7.5.2 Überprüfung der Bundessubventionen Das Subventionsgesetz verpflichtet den Bundesrat, die Subventionen des Bundes periodisch zu überprüfen und dem Parlament über die Prüfergebnisse Rechenschaft abzulegen. Dieser Verpflichtung entsprach der Bundesrat mit den Subventionsberichten von 1997 und 1999. Ein zweiter Bericht erschien im Jahr 2008. Die dritte Subventionsüberprüfung ist für das Jahr 2014 vorgesehen. Im Rahmen der Subventionsüberprüfung ist namentlich abzuklären, ob die vom Bund ausgerichteten Finanzhilfen und Abgeltungen • durch ein Bundesinteresse hinreichend begründet sind, • ihren Zweck auf wirtschaftliche und wirkungsvolle Art erreichen, • einheitlich und gerecht geleistet werden, • in ihrer Ausgestaltung den finanzpolitischen Erfordernissen Rechnung tragen sowie • einer sinnvollen Aufgaben- und Lastenverteilung zwischen Bund und Kantonen entsprechen. Die periodische Subventionsüberprüfung soll eine wirksame und wirtschaftliche Ausrichtung der Subventionen gewährleisten; damit verbundene Entlastungen des Bundeshaushaltes sind willkommene Nebeneffekte im Sinne einer nachhaltigen Finanzpolitik, stehen jedoch nicht im Vordergrund. Dennoch stellt die Subventionsüberprüfung ein wichtiges Element des bundesrätlichen Konzeptes zur Haushaltssanierung dar. Durch einen Verzicht auf überholte Subventionen, eine Reduktion überhöhter Beiträge, eine zweckmässigere Ausgestaltung komplizierter und wenig zielgerichteter Subventionssysteme sowie eine stufengerechtere Aufgaben- und Lastenverteilung zwischen Bund und Kantonen lassen sich zumindest mittelfristig Entlastungen der öffentlichen Haushalte und spürbare Verbesserungen der staatlichen Aufgabenerfüllung erzielen. 7.5.3 Sonderfall Subventionen in Form von Steuervergünstigungen Subventionen können nicht nur ausgaben-, sondern auch einnahmenseitig mittels Steuererleichterungen gewährt werden. Eine einnahmenseitige Subvention liegt vor, wenn der Bund in Zusammenhang mit einer bestimmten Aufgabe auf Steuern oder Abgaben verzichtet und damit einem Dritten ausserhalb der zentralen Bundesverwaltung einen geldwerten Vorteil ohne marktübliche Gegenleistung zur Unterstützung einer freiwilligen Tätigkeit einräumt. Beispiele dafür sind: • Juristische Personen mit Sitz in der Schweiz und öffentlicher oder gemeinnütziger Zweckbestimmung sind von der Entrichtung der direkten Bundessteuer ausgenommen. • Die Spitalbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung in Spitälern im Bereich der Humanmedizin sind von der Mehrwertsteuer befreit. • Bei Verwendung des Treibstoffs für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke erstattet der Bund die Mineralölsteuer zurück. Die OECD hebt in ihren Empfehlungen zur Handhabung der Steuervergünstigungen namentlich die geringeren administrativen Kosten dieser Subventionen hervor. 101 7 Ausgaben und Aufwände Einnahmenseitige Subventionen weisen aber auch gewichtige Nachteile auf. Insbesondere lassen sie sich betragsmässig höchstens aufgrund von Schätzungen ermitteln. Sie entziehen sich als versteckte Subventionen einer parlamentarischen Steuerung im Rahmen des Budgetprozesses und finden keinen Ausweis in der Staatsrechnung. Sie verstossen damit nicht nur gegen die gesetzlichen Grundsätze der Transparenz und der Vollständigkeit, sondern auch gegen das Bruttoprinzip und führen insofern zu einer Unterschätzung der Staatsquote. Insgesamt können sich einnahmenseitige Subventionen unbemerkt zu unerwünschten Giesskannensubventionen entwickeln. Deshalb schreibt das Subventionsgesetz vor, auf Finanzhilfen in Form von steuerlichen Vergünstigungen in der Regel zu verzichten. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) zeigt in ihrem Bericht vom 2.2.2011 («Welche Steuervergünstigungen gibt es beim Bund?»), dass das Schweizer Steuersystem auf Bundesebene viele verschiedene Arten von Steuervergünstigungen 102 kennt. Insgesamt kann je nach verwendeter Definition von gegen 100 Steuervergünstigungen gesprochen werden. Die Steuerausfälle betragen zwischen 17–21 Milliarden, je nach angewendeter Berechnungsmethode, wobei eine grosse Anzahl Steuervergünstigungen nicht quantifiziert werden konnte. Mit einer Reduktion der Anzahl von Steuervergünstigungen könnte die Komplexität des Steuersystems reduziert werden. Ausserdem führt jede Steuervergünstigung zu einer entsprechend höheren Belastung des verbleibenden Steuersubstrats. Eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage durch eine Abschaffung von Steuervergünstigungen würde es erlauben, die Steuersätze zu senken. Diese Strategie hätte eine Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Effizienz zur Folge und hätte positive Wachstumswirkungen. Aus diesem Grund wird diese Strategie von der OECD und in unzähligen Forschungsstudien als wachstumsorientierte Steuerreform empfohlen. 8 Sonderrechnungen 8.1 Fonds für die Eisenbahn- grossprojekte (FinöV-Fonds) 8.1.1 Rechtsgrundlage, Struktur und Kompetenzen Artikel 196 Ziffer 3 der Bundesverfassung regelt die Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte Bahn 2000 (1. Etappe und Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur [ZEB]), Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT), Anschluss der Ost- und Westschweiz an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz sowie den Lärmschutz entlang der Eisenbahnstrecken. Um einen reibungslosen finanztechnischen Ablauf des Investitionsprogramms zu gewährleisten, wurde gemäss Absatz 3 der Fonds für die Eisenbahngrossprojekte errichtet. Die entsprechenden Verfahren sind mit dem Bundesbeschluss vom 9.10.1998 über das Reglement des Fonds für die Eisenbahngrossprojekte (SR 742.140) festgelegt worden. Die folgende Grafik zeigt das Grundprinzip des Fonds. Fonds für die Eisenbahngrossprojekte Werte gemäss Rechnung 2010 in Mio. CHF Zweckgebundene Einlagen Entnahmen für Projekte NEAT (1280) LSVA (968) BAHN 2000 (39) Mehrwertsteuer (316) FinöV Fonds HGV-Anschluss (98) Lärmschutz (140) Mineralölsteuer (320) Bevorschussungszinsen (203) Bevorschussung 103 8 Sonderrechnungen Der FinöV-Fonds hat die Form eines rechtlich unselbständigen Fonds mit eigener Rechnung. Es wird eine Erfolgsrechnung und eine Bilanz geführt. Refinanzierung der dem Fonds gewährten Mittel bezahlt, werden dem Fonds automatisch belastet und im gleichen Jahr in der Erfolgsrechnung des Bundes als Ertrag verbucht. Die Erfolgsrechnung umfasst: • den Ertrag: Dieser setzt sich zusammen aus den Fondseinlagen in Form von zweckgebundenen Einnahmen, aus der Aktivierung von Darlehen sowie aus Aktivzinsen auf den Darlehen. • den Aufwand: Dieser besteht aus den Entnahmen für die einzelnen Projekte, aus Rückzahlungen der Verpflichtungen des Fonds, aus Passivzinsen auf den Verpflichtungen des Fonds sowie aus der Abschreibung von Aktiven; Die für die Eisenbahngrossprojekte zweckgebundenen Einnahmen nach Artikel 196 Ziffer 3 Absatz 2 BV (Mineralölsteuermittel, Mehrwertsteuer und Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe) werden in der Erfolgsrechnung des Bundes erfasst und im gleichen Jahr zwecks Einlage in den Fonds als Ausgaben in der Investitionsrechnung verbucht. Der Bundesrat entscheidet periodisch, in welchem Umfang die verschiedenen vorgesehenen Finanzmittel (Art. 4 des Reglements) in den Fonds eingespeist werden. Er stützt sich dabei auf eine Finanzplanung, welche die Kostendeckung der Projekte sicherstellt. Der Bundesrat erstellt eine dreijährige Finanzplanung und informiert das Parlament über deren Ergebnisse gleichzeitig mit dem Voranschlag (Art. 8 Abs. 2 des Reglements). Die variabel verzinslichen und bedingt rückzahlbaren Darlehen an die Bahnen bleiben für die Struktur der Bilanz und Erfolgsrechnung des Fonds neutral, da sie unmittelbar nach der Aktivierung vorsorglich vollumfänglich wertberichtigt werden. Die Bevorschussung wird zu marktmässigen Bedingungen verzinst und ist über die zweckgebundenen Einnahmen voll rückzahlbar. Damit wird die Erfolgsrechnung des Bundes durch die Bevorschussung per saldo nicht belastet; die Zinsen, die der Bund am Kapitalmarkt zur 104 Das Fondsbudget sowie die Fondsrechnung sind in den Botschaften über den Voranschlag und die Staatsrechnung des Bundes integriert (Band 4). Damit ist die parlamentarische Budgethoheit gewährleistet. Die Bundesversammlung legt zusammen mit dem jährlichen Voranschlag mit einfachem Bundesbeschluss fest, welche Mittel für die verschiedenen Projekte eingesetzt werden sollen. Dazu genehmigt sie für jedes Projekt einen Voranschlagskredit (Art. 3 des Reglements). Die Bundesversammlung muss ebenfalls die Rechnung des FinöV-Fonds genehmigen (Art. 8 Abs. 1 des Reglements). 8.1.2 Funktionsweise des Fonds Bis zur Fertigstellung der NEAT ist wegen der Kumulation der Projekte eine Investitionsspitze zu verzeichnen. Während dieser ersten Phase reichen die zweckgebundenen Einnahmen zur Deckung des jährlichen Aufwands des Fonds nicht aus. Der Fehlbetrag in der Erfolgsrechnung wird jährlich durch Vorschüsse (Art. 6 Abs. 1 des Reglements) gedeckt, die sich in der Fondsbilanz kumulieren. Die kumulierte Bevorschussung darf 8,6 Milliarden (Preisbasis 1995) nicht übersteigen (Art. 6 Abs. 2 des Reglements). Bis Ende 2010 wurde die Bevorschussung indexiert. Für diese Vorfinanzierung muss der Bund seinerseits die notwendigen Mittel temporär auf dem Kapitalmarkt aufnehmen, wodurch die Staatsverschuldung ansteigt. In der zweiten Phase der Fondslaufzeit (nach Fertigstellung der NEAT) werden die im Verfassungsartikel vorgesehenen Finanzmittel (zweckgebundenen Einnahmen) die Entnahmen aus dem Fonds für die verschiedenen Projekte übersteigen. Es kommt somit zu einem jährlichen Finanzierungsüberschuss. Gemäss Artikel 6 Absatz 3 des Fondsreglements sind nach der kommerziellen Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels (voraussichtlich 8 Sonderrechnungen 2016) mindestens 50 Prozent der zweckgebundenen Fondseinlagen (Art. 196 Ziff. 3 Abs. 2 Bst. b und e BV) zur Rückzahlung der Bevorschussung einzusetzen. Diese Regelung gilt, bis die gesamte Bevorschussung zurückbezahlt ist. Damit werden sich die Verpflichtungen des Fonds gegenüber dem Bund und das negative Eigenkapital in der Fondsbilanz reduzieren. In der Bilanz des Bundes nimmt die unter dem Finanzvermögen eingestellte Bevorschussung ab; entsprechend geht auch die auf die Eisenbahngrossprojekte zurückzuführende Verschuldung des Bundes zurück. Es wird eine Erfolgsrechnung und eine Bilanz geführt, ergänzt mit einer Liquiditätsrechnung, die den Stand der Fondsmittel aufzeigt. Die Erfolgsrechnung umfasst: • den Ertrag: Dieser setzt sich zusammen aus den Einlagen sowie den Aktivierungen der Nationalstrassen im Bau und der Darlehen an Schienenprojekte des Agglomerationsverkehrs. • den Aufwand: Dieser setzt sich zusammen aus den Entnahmen für die Finanzierung der Aufgaben (Netzvollendung, Engpassbeseitigungen, Massnahmen im Bereich der Agglomerationen, Hauptstrassen in Berg- und Randregionen) sowie der Wertberichtigung für die Darlehen an Schienenprojekte des Agglomerationsverkehrs. Auch die Nationalstrassen im Bau werden vollständig wertberichtigt. Bei den Entnahmen für die Nationalstrassen wird nach aktivierbaren und nichtaktivierbaren Anteilen unterschieden. Der Bund kann Ausgaben im Zusammenhang mit dem Nationalstrassenbau nur aktivieren, wenn ihm ein entsprechender Vermögenswert zugeht. Nicht aktivierbar sind deshalb Ausgaben für Anlagen, die in den Besitz der Kantone übergehen (z.B. Schutzbauwerke gegen Naturgefahren ausserhalb des Nationalstrassenperimeters, Verbindungsstrassen von den Nationalstrassen zum untergeordneten Strassennetz usw.) oder Ausgaben anderer Art (z.B. Landumlegungen, Archäologie, ökologische Ausgleichsmassnahmen usw.). Sobald die verschiedenen Projekte abgeschlossen sind und die zu marktmässigen Bedingungen verzinste Bevorschussung vollständig zurückbezahlt ist, wird der Fonds aufgelöst. Mit der vom Bundesrat als Gegenentwurf zur Volksinitiative «Für den öffentlichen Verkehr» vorgeschlagenen Lösung würde der FinöV-Fonds mit sämtlichen Aktiven und Passiven in einen zeitlich unbefristeten Bahninfrastrukturfonds (BIF) überführt. 8.2 Infrastrukturfonds 8.2.1 Rechtsgrundlage, Struktur und Kompetenzen Der Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr, das Nationalstrassennetz sowie Hauptstrassen in Berggebieten und Randregionen ist auf Artikel 86 Absatz 3 und 173 Absatz 2 BV abgestützt. Das Infrastrukturfondsgesetz vom 6.10.2006 (IFG, SR 725.13) regelt die Grundsätze des Fonds. Im Bundesbeschluss über den Gesamtkredit für den Infrastrukturfonds vom 4.10.2006, wurde die Verteilung auf die verschiedenen Aufgabengebiete festgehalten (Art. 1). In der Verordnung über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer (MinVV, SR 725.116.21) werden schliesslich die Verfahren präzisiert. Das Infrastrukturfondsgesetz wurde auf den 1.1.2008 in Kraft gesetzt. Der Infrastrukturfonds hat die Form eines rechtlich unselbständigen Fonds mit eigener Rechnung. Die Bilanz setzt sich wie folgt zusammen (wesentliche Positionen): • Umlaufvermögen: die verfügbaren Mittel bestehen zur Hauptsache aus den Forderungen an den Bund. Hierzu ist zu erläutern, dass der Infrastrukturfonds über keine flüssigen Mittel verfügt, da die Liquidität fortlaufend und nur im Ausmass des tatsächlichen Mittelbedarfs durch den Bund bereitgestellt wird. 105 8 Sonderrechnungen • • Anlagevermögen: Dieses setzt sich aus den aktivierten und wertberichtigten Nationalstrassen im Bau sowie den aktivierten und wertberichtigten, bedingt rückzahlbaren Darlehen an den Schienenverkehr (Stadtbahnen und Trams in den Agglomerationen) zusammen. Eigenkapital: Dieses ist eine sich aus den Aktiven nach Abzug des Fremdkapitals ergebende Residualgrösse. Die Bundesversammlung hat mit dem Bundesbeschluss vom 4.10.2006 einen Verpflichtungskredit (Gesamtkredit) für den Infrastrukturfonds von 20,8 Milliarden (Preisstand 2005, ohne Teuerung und Mehrwertsteuer) bewilligt. Bereits freigegeben wurden die Tranchen des Gesamtkredites für die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes (8,5 Mrd.), die Mittel für die Realisierung von dringenden und baureifen Projekten des Agglomerationsverkehrs (2,6 Mrd.) sowie die Beiträge an Hauptstrassen in Berggebieten und Randregionen (800 Mio.). Mit Beschlüssen vom 21.9.2010 gab das Parlament erstmalig Mittel für die realisierungsreifen Vorhaben des Programms Engpassbeseitigung auf den Nationalstrassen und des Programms Agglomerationsverkehr ab 2011 frei. Weitere Mittelfreigaben aus diesen beiden Programmen werden der Bundesversammlung periodisch unterbreitet. Während der Laufdauer des Fonds genehmigt die Bundesversammlung jährlich die Rechnung des Fonds sowie – zusammen mit dem Voranschlag – die Entnahmen aus dem Fonds für die einzelnen Aufgaben. Sie beschliesst im Rahmen des Voranschlags des Bundes zudem über die jährlichen Einlagen in den Fonds. Gemäss Artikel 9 IFG darf sich der Fonds nicht verschulden. Der Bundesrat erstellt eine Finanzplanung des Fonds, die er dem Parlament jährlich zusammen mit dem Voranschlag oder im Rahmen des Legislaturfinanzplans zur Kenntnis bringt. Im Übrigen verfügt der Bundesrat über die Kompetenz, den Gesamtkredit um die ausgewiesene Teuerung und die Mehrwertsteuer zu erhöhen. 106 8.2.2 Funktionsweise des Infrastrukturfonds Der Bund legt Mittel in den Infrastrukturfonds ein. Dort werden diese gemäss den Vorgaben des Infrastrukturfondsgesetzes wie folgt verwendet: • Fertigstellung des beschlossenen National­ strassennetzes nach Artikel 197 Ziffer 3 BV • Beseitigung von Engpässen im Nationalstrassennetz • Investitionen des Agglomerationsverkehrs • Beiträge an Hauptstrassen in Berggebieten und Randregionen Dem Infrastrukturfonds wurde mit der Inkraftsetzung eine Ersteinlage in Höhe von 2,6 Milliarden gutgeschrieben. Die Ersteinlage kann gemäss Artikel 2 Absatz 2 des IFG nur für die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes, die Engpassbeseitigung und die Beiträge an Hauptstrassen verwendet werden. Diese Bedingungen gelten auch für die zusätzliche Einlage von 850 Millionen, die das Parlament per 2011 zur Verbesserung der Liquidität des Infrastrukturfonds am 1.10.2010 beschlossen hat. Die Ausgaben des Agglomerationsverkehrs sind demgegenüber aus den jährlichen Einlagen zu finanzieren. Die Einlagen in den Infrastrukturfonds sind gemäss Artikel 2 Absatz 3 IFG so zu dimensionieren, dass sowohl die über den Fonds finanzierten Aufgaben wie auch die übrigen Aufgaben nach Artikel 86 Absatz 3 BV über genügend Mittel verfügen. Der Infrastrukturfonds ist auf 20 Jahre befristet (Art. 13 IFG). 8 Sonderrechnungen 8.3 Bereich der Eidgenössischen Technischen Hochschulen 8.3.1 Struktur und Führung des ETH-Bereiches Der ETH-Bereich umfasst die beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Zürich (ETH Zürich) und Lausanne (EPFL), das Paul Scherrer Institut (PSI), die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und die Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag). Der ETH-Rat als strategisches Führungsorgan mit seinem Stab und die ETH-Beschwerdekommission als unabhängiges Beschwerdeorgan gehören ebenfalls dazu. Verpflichtungskredit vorsieht. Der Verpflichtungskredit zum Bauprogramm des ETH-Bereichs wird dem Parlament mit der jährlichen Botschaft zum Voranschlag (Bundesbeschluss über den Voranschlag) unterbreitet. Der entsprechende Voranschlagskredit (620/A4100.0125 ETH-Bauten) ist im BBL eingestellt. Der Zahlungsrahmen stellt jedoch keine Ausgabenbewilligung dar. Die erforderlichen Kredite werden jährlich vom Parlament beschlossen. Die Voranschlagskredite für den Betrieb sind in der Verwaltungseinheit ETH-Bereich (328/A2310.0346 Finanzierungsbeitrag an den ETH-Bereich) eingestellt. Die Führung des ETH-Bereichs wird durch den Bundesrat mittels Leistungsauftrag wahrgenommen. Der Leistungsauftrag wird dem Parlament durch den Bundesrat alle vier Jahre zur Genehmigung unterbreitet. Der ETH-Rat seinerseits führt die ETH und die Forschungsanstalten mit vierjährigen Zielvereinbarungen, basierend auf dem Leistungsauftrag des Bundesrates. Die Beurteilung der Auftragserfüllung durch den ETH-Rat zuhanden des Bundesrates erfolgt am Ende einer Leistungsperiode in Form eines Leistungsberichts. Den eidgenössischen Räten werden jährlich der Voranschlag, die Rechnung sowie der Budgetund der Rechenschaftsbericht unterbreitet. Zur Förderung der Kostentransparenz wird die Verrechnung der Unterbringung in Analogie zum Mietermodell auch auf die bundeseigenen Immobilien im ETH-Bereich angewendet. Der Beitrag des Bundes für die Unterbringung des ETHBereichs wird als finanzierungswirksamer Aufwandkredit im ETH-Bereich eingestellt. Beim BBL wird ein Ertragskredit in selber Höhe geführt. Der Mitteltransfer erfolgt durch Verrechnung, d.h. er ist nicht liquiditätswirksam. Der Bundesbeitrag an die Unterbringungskosten ist nicht Bestandteil des laufenden Zahlungsrahmens. 8.3.2 Finanzielle Steuerung des ETH-Bereichs Zur Deckung des Finanzbedarfs des ETH-Bereichs wird im Rahmen der Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft) ein vierjähriger Zahlungsrahmen beantragt. Mit dem Zahlungsrahmen sollen der gesamte Betrieb des ETH-Bereichs im Rahmen des Leistungsauftrages sowie sämtliche Investitionen abgedeckt werden. Da die Immobilien im Eigentum des Bundes sind, gilt für diesen Bereich das Finanzhaushaltgesetz, welches für Bauvorhaben und Liegenschaftskäufe zwingend den 8.3.3 Rechnung des ETH-Bereichs Die Rechnungslegung des ETH-Bereichs erfolgt gemäss Verordnung über das Rechnungswesen des ETH-Bereichs sowie den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung. Der Voranschlag setzt sich zusammen aus der konsolidierten Erfolgs-, der Investitions- und der Mittelflussrechnung. Die konsolidierte Erfolgsrechnung zeigt den Ertrag und den Aufwand des ETH-Bereichs. Die Investitionsrechnung enthält die Ausgaben für die Beschaffung der Immobilien im Eigentum der ETH und Forschungsanstalten, der Mobilien und der Informatik. Die Mittelflussrechnung zeigt die Ergebnisse aus laufenden Aktivitäten (Cash Flow), aus investiven Aktivitäten sowie aus den Finanzierungsaktivitäten. 107 8 Sonderrechnungen 8.4 Eidgenössische Alkoholverwaltung 8.4.1 Allgemeines Die Eidgenössische Alkoholverwaltung (EAV) ist verantwortlich für den Vollzug der Alkoholgesetzgebung. Die gesetzlichen Grundlagen, die für die EAV massgebend sind, finden sich in Artikel 105, 112, und 131 BV sowie im Alkoholgesetz (SR 680). Als Steuerbehörde kontrolliert die EAV Import, Produktion und Handel mit Spirituosen sowie weitere, dem Alkoholgesetz unterstellte Alkoholika. Ein wesentliches Ziel der Alkoholgesetzgebung ist, die schädlichen Wirkungen des Alkoholkonsums einzudämmen. Dieser gesundheitspolitische Grundsatz ist in Artikel 105 BV verankert. Ausserdem räumt Artikel 131 BV dem Bund die Kompetenz ein, «gebrannte Wasser» zu besteuern. Experten der Alkoholprävention attestieren den staatlichen Steuerungsmassnahmen im Alkoholbereich eine besonders wirksame und nachhaltige Funktion. Zu diesen staatlichen Instrumenten zählen namentlich die Steuer auf Spirituosen, die entsprechenden Kontrollen des Marktes, aber auch Handels- und Werbebestimmungen. Um die Besteuerung zu gewährleisten, müssen die Produktions-, Import- und Handelsbetriebe überwacht werden. Im Sinne einer wirksamen und effizienten Kontrolle werden die entsprechenden Arbeiten risikoorientiert vorgenommen. Das System basiert zum einen auf Kontrollen an Ort und Stelle, zum anderen auf den Revisionen anhand der Geschäftsbücher. Die in Kontrolle und Revision ausgebildeten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben die Kompetenz, Strafuntersuchungen durchzuführen. Nach Artikel 44f des Alkoholgesetzes geht der Reinertrag der EAV zu 90 Prozent an die AHV/IV, während die Kantone (verteilt nach ihrer Bevölkerungszahl) die restlichen 10 Prozent erhalten. Letztere verwenden ihren Anteil zur Bekämpfung 108 des Suchtmittelmissbrauchs. Der erwirtschaftete Reinertrag betrug in den letzten Jahren durchschnittlich über 260 Millionen. Das Profitcenter der EAV, Alcosuisse, verkauft hochgradigen Ethanol für industrielle Anwendungen. Der Rohstoff wird für die Lebensmittelindustrie, für chemisch-technische sowie für pharmazeutische und kosmetische Zwecke verwendet. 8.4.2 Rechnung der EAV Das Finanz- und Rechnungswesen der EAV wird nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt (Verordnung über das Finanz- und Rechnungswesen der EAV). Budget und Rechnung der EAV setzen sich insbesondere aus der Erfolgsund der Investitionsrechnung zusammen. Aus der Erfolgsrechnung sind der Aufwand (Personal, Sachaufwand, Alkoholprävention), der Ertrag (Verkauf Ethanol, Fiskaleinnahmen, Vermögenserträge, betriebsfremder Erfolg) sowie der Reinertrag ersichtlich. Die EAV führt eine Investitionsrechnung, in der sie über die wertvermehrenden Ausgaben für bauliche Anlagen, Betriebseinrichtungen, Fahrzeuge und Alkoholtransportbehälter Rechenschaft ablegt. Die Investitionen werden in dieser Rechnung zum Beschaffungspreis aufgeführt und nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen in der Erfolgsrechnung abgeschrieben. Das Profitcenter Alcosuisse wird mittels Leistungsauftrag, jährlicher Leistungsvereinbarung und über ein Globalbudget gesteuert. Die Geschäftsführung erfolgt nach privatwirtschaftlichen Prinzipien. 8 Sonderrechnungen 8.4.3 Totalrevision der Alkoholgesetzgebung Die Alkoholpolitik des Bundes steht vor Reformen. Der Bundesrat hat im Jahr 2010 die Vernehmlassung über die Totalrevision der Alkoholgesetzgebung durchgeführt. In diesem Rahmen schlägt er vor, das Steuer- und Kontrollsystem im Bereich der Spirituosen wesentlich zu vereinfachen. Zudem sollen die Alkoholmonopole aufgehoben werden. Entsprechend soll sich der Bund aus dem Import, dem Handel und Verkauf von Ethanol zurückziehen. Die EAV wurde beauftragt, die Zukunft ihres Profitcenters Alcosuisse, namentlich dessen Privatisierung anzugehen. Ohne Alcosuisse kann die EAV sodann in die zentrale Bundesverwaltung reintegriert werden, womit auch die Sonderrechnung wegfallen dürfte. 109 9 Geldbeschaffung, Vermögens- und Schuldenbewirtschaftung Die Bundestresorerie stellt die ständige Zahlungsbereitschaft des Bundes und seiner Betriebe und Anstalten sicher. Zu den Hauptaufgaben der Bundestresorerie zählen das Schuldenmanagement (Mittelbeschaffung am Geld- und Kapitalmarkt), das Liquiditätsmanagement (Liquiditätsplanung, kurzfristige Anlage des Liquiditätsbestandes resp. kurzfristige Deckung von Liquiditätslücken) sowie die zentrale Beschaffung und Bewirtschaftung von Devisen. Die Deckung der Finanzierungsbedürfnisse des Bundes hat dabei längerfristig zu möglichst tiefen Kosten bei einem akzeptablen Grad an Risiko zu erfolgen. Zum Ausgleich von Liquiditätsschwankungen hält der Bund angemessene Tresoreriemittel, die sicher und zinstragend angelegt werden. Die Bewirtschaftung der Geld- und Kapitalmarktschulden des Bundes richtet sich nach folgenden wesentlichen Zielsetzungen und Grundsätzen: • • Das oberste Ziel ist die Sicherstellung der Zahlungsbereitschaft des Bundes und der zugeordneten Institutionen und Verwaltungseinheiten. Dabei ist die Liquidität auf jenen Stand zu beschränken, der als Sicherheit für nicht planbare oder unerwartete Ereignisse gehalten wird und kurzfristig zur Verfügung stehen muss. Die Deckung der Finanzierungsbedürfnisse des Bundes erfolgt, über einen längeren Zeitraum betrachtet, zu möglichst tiefen Kosten bei akzeptablem Risiko (Grundsatz der Kosten/Risiko-Optimierung). Dabei soll die Finanzposition Passivzinsen zuverlässig planbar sein, und deren jährliche Schwankungen sind zu beschränken. Das Fälligkeitsprofil der Schulden ist unter Berücksichtigung des Refinanzierungsrisikos ausgewogen zu gestalten. • Ein kosteneffizienter Zugang zum Geld- und Kapitalmarkt ist laufend sicherzustellen. Dabei stellen die Transparenz und Kontinuität der Emissionstätigkeit, die Liquidität im Sekundärmarkt und die generelle Kontaktpflege zu Banken und Investoren wesentliche Elemente dar. 9.1 Mittelbeschaffung Zur Finanzierung des intern nicht gedeckten Mittelbedarfes nimmt der Bund am Geld- und Kapitalmarkt Mittel auf. Hierzu werden zwei Instrumente eingesetzt: • Im Wochenrhythmus auktioniert die Tresorerie Geldmarkt-Buchforderungen (GMBF) mit Laufzeiten von drei, sechs und zwölf Monaten; • In der Regel im Monatsrhythmus werden öffentliche Anleihen (Eidgenossen) mit fixem Zinssatz und mehrjähriger Laufzeit emittiert. Weiter wird für den Ausgleich kurzfristiger Schwankungen der liquiden Mittel das Instrument der Geldmarktkredite (Overnightgeschäfte, Kredite mit fester Laufzeit) eingesetzt. 9.1.1 Anleihen Das wichtigste Instrument des Bundes zur Deckung seines Finanzierungsbedarfes sind die Eidgenössischen Anleihen (kurz «Eidgenossen»). Seit 1980 werden die Eidgenossen im Auktionsverfahren emittiert. Jeweils zu Jahresbeginn wird ein Emissionskalender mit dem geplanten jährlichen Emissionsvolumen und den Auktions- und Liberierungsdaten publiziert. Abgesehen von einem Unterbruch im Sommer finden die Auktionen monatlich am zweiten Mittwoch statt. Die Auktionen werden über die elektronische EUREXPlattform mittels eines Zinstenders durchgeführt. 111 9 Geldbeschaffung, Vermögens- und Schuldenbewirtschaftung Bei der Ausgabe werden lediglich der Nominalzinssatz und die Laufzeit festgelegt, während der Emissionsbetrag und der Ausgabepreis und damit die Rendite aufgrund der eingereichten Offerten der an der Plattform angeschlossenen Teilnehmer (Banken, sowie Postfinance sowie einzelne bedeutende institutionelle Anleger) bestimmt werden. Jeder Teilnehmer kann beliebig viele Offerten, auch mit unterschiedlichen Preisen, einreichen. Die Zuteilung erfolgt nach dem Einheitspreisverfahren (holländisches Verfahren), d.h. einheitlich zum niedrigsten noch akzeptierten Preis. Es werden jene Teilnehmer berücksichtigt, die diesen oder einen höheren Preis geboten haben. Als Beauftragte des Bundes ist die Schweizerische Nationalbank für die Abwicklung der Auktion verantwortlich. Die Bundesanleihen werden an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Der Bund hält ein beschränktes Volumen an Titeln im Eigenbestand. Diese sogenannten Eigenquoten werden bei Auktionen zurückbehalten und können bei Bedarf zwischen den ordentlichen Auktionsterminen direkt am Markt verkauft werden. Sonst nimmt die Bundestresorerie nicht aktiv am Handel mit Bundesobligationen teil. Bundesobligationen enthalten eine ReopeningKlausel. Dadurch kann eine Anleihe mit der Ausgabe fungibler Obligationen (identische Anleihebedingungen) im Betrag erhöht werden. Mit dieser Aufstockungsmöglichkeit erhöht sich die Liquidität und die Handelbarkeit der Bundesanleihen. Im Durchschnitt hat der Bund rund 20 Anleihen ausstehend, und i.d.R. wird pro Jahr eine Anleihe zur Rückzahlung fällig. Pro Auktion werden durchschnittlich rund 500 Millionen aufgenommen. Eine erstmalig begebene Anleihe (Basisanleihe) wird über ihre Laufzeit hinweg mittels Aufstockungen sukzessive auf maximal 6–8 Milliarden erhöht. Der Schweizer Kapitalmarkt ist der elftgrösste Anleihemarkt weltweit. Ende 2010 waren gut 500 Milliarden ausstehend, die sich in etwa je zur Hälfte auf in- und ausländische Schuldner 112 verteilte. Mit einem Anteil von rund 40 Prozent am Inlandsegment ist der Bund der grösste Schuldner und wichtigste Emittent am Schweizer Kapitalmarkt (Ende 2010: 81,5 Milliarden ausstehend). In den letzten Jahren hat sich die Emissionstätigkeit des Bundes im Zuge des Schuldenabbaus reduziert. Der Anteil des Bundes am inländischen Emissionsvolumen (in den letzten Jahren 20 bis 40 Milliarden jährlich) ist denn auch deutlich unter das langjährige Mittel von 28 Prozent gesunken (aktuell rund 10 %). 9.1.2 Geldmarkt-Buchforderungen Die Geldmarkt-Buchforderungen (GMBF, Treasury Bills) sind verzinsliche Schuldverschreibungen, die von der EFV auf Diskontbasis emittiert werden. Es handelt sich dabei um handelbare Buchforderungen, die in einem zentralen Schuldbuch bei der Schweizerischen Nationalbank eingetragen sind. Die Laufzeiten der GMBF betragen drei, sechs und zwölf Monate. Insgesamt sind immer 16 GMBF ausstehend, davon elf 3-monatige, drei 6-monatige und zwei 12-monatige GMBF. Die Auktionen erfolgen wöchentlich (Dienstag), analog zu den Anleihen in Form eines Zinstenders mit holländischem Zuteilungsverfahren. Bei den GMBF wird kein Nominalzins festgelegt. Die Verzinsung erfolgt in Form eines Diskontabschlags bei der Ausgabe. Das bedeutet, dass die GMBF grundsätzlich zu einem Preis kleiner 100 Prozent des Nominalwertes emittiert werden. Die Rückzahlung erfolgt dann zu 100 Prozent. Im Zuge der Finanz- und Schuldenkrise suchten viele Anleger Sicherheit um jeden Preis. So wurden die GMBF über eine längere Zeit zu einem Preis von 100 Prozent emittiert, also ohne Diskontabschlag und damit mit einer Nullverzinsung. Seit Anfang Juni 2010 können die GMBF (wie andere Geldmarktpapiere, insbesondere die SNB Bills) auf einer Sekundärmarktplattform gehandelt werden. Die regelmässige Emission dieser Geldmarktpapiere ist ein wichtiger Pfeiler in der Refinanzierungspolitik des Bundes. Ein funktionierender und liquider GMBF-Markt erlaubt es dem Bund, jederzeit auch grössere Volumina an 9 Geldbeschaffung, Vermögens- und Schuldenbewirtschaftung Fremdmittel zu günstigen Konditionen aufzunehmen. In den vergangenen 10 Jahren betrug das ausstehende GMBF-Volumen rund 12 Milliarden. Ende 2010 lag das ausstehende Volumen an GMBF bei 9,2 Milliarden. 9.1.3 Geldmarktkredite Im Rahmen des Liquiditätsmanagements kann die Bundestresorerie zur Abdeckung vorübergehender Bedarfsspitzen Geldmarktkredite aufnehmen. Diese haben in der Regel eine Laufzeit von wenigen Tagen. Der Geldmarkt ist der Markt für die Aufnahme und Anlage von kurzfristigen Geldern. Als kurzfristig gelten im wesentlichen Gelder mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr. 9.2 Tresorerieanlagen Die Liquiditätsbewirtschaftung orientiert sich an der übergeordneten Zielsetzung der Sicherstellung der Zahlungsbereitschaft des Bundes. Aufgrund der schwierigen Planbarkeit der Zahlungsströme, namentlich bei der Verrechnungssteuer und der direkten Bundessteuer, hält die Bundestresorerie liquide Mittel in einem angemessenen Ausmass. Um die Liquiditätshaltung und die damit verbundenen Kosten zu limitieren, arbeitet die Bundestresorerie mit Zielbandbreiten für die Liquiditätsentwicklung, welche sowohl die saisonalen Schwankungen auf der Einnahmenseite als auch Rückzahlungstermine von Anleihen berücksichtigen. Damit kann die Geldbeschaffung unter Berücksichtigung der Marktpflege vermehrt auf die Liquiditätsentwicklung abgestimmt werden. Die kurzfristig ausgerichtete Anlagetätigkeit basiert auf einem Gegenparteienlimitenkonzept und erfolgt nach den Kriterien Sicherheit, marktkonformer Ertrag und Diversifikation. Für die Geldanlage stehen der Bundestresorerie folgende Instrumente zur Verfügung: 9.2.1 Liquide Mittel Die liquiden Mittel hält die Bundestresorerie auf ihrem Postkonto sowie auf ihrem Girokonto bei der Nationalbank. Das Postkonto wird täglich nach Abschluss der Buchungen mittels Transfer auf das SNB-Konto auf null gestellt. Das Girokonto bei der Nationalbank wird bis zu einem Maximalbetrag von 200 Millionen zum Repo-Overnight-Index (Tagessatz für gesicherte Anlagen) minus 0,1 Prozent verzinst. Die Bundestresorerie ist bestrebt, den täglichen Stand so tief wie möglich zu halten. 9.2.2 Kurzfristige Anlagen Festgeldanlagen mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr kann die Bundestresorerie bei Geschäftsbanken oder anderen Schuldnern mit sehr guter Bonität tätigen. Im Vordergrund steht dabei die Sicherheit der Anlage, eine marktkonforme Verzinsung sowie eine gewisse Diversifikation unter den Gegenparteien, um Klumpenrisiken zu vermeiden. Zu diesem Zweck besteht ein Limitenkonzept. Die Kreditlimiten werden pro Gegenpartei nach vordefinierten Kriterien festgelegt, namentlich Rating, Eigenkapital, Finanzkraft (bei Kantonen), Diversifikation und Instrumente. Die ausgesetzten Gegenparteienlimiten werden regelmässig überprüft, und die Einhaltung der Limiten wird täglich überwacht. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen der EFV und der Schweizerischen Nationalbank müssen auch Festgelder im Gesamtbetrag von mindestens einer Milliarde mit Laufzeiten von bis zu sechs Monaten bei der Nationalbank angelegt werden. Bis zu diesem Betrag kann der Bund sein Konto bei der Nationalbank innerhalb des Tages im Rahmen des Zahlungsverkehrs kostenlos überziehen. Können Liquiditätsengpässe nicht mit Geldmarktkrediten gedeckt werden, was selten vorkommt, so können Festgeldanlagen bei der Nationalbank im erforderlichen Mass aufgelöst werden. 9.2.3 Wertschriften Die Bundestresorerie kann als Alternative zu den Festgeldern Anlagen in Form von Kassenobligationen und Obligationen tätigen. Von diesen Anlagemöglichkeiten macht sie zurzeit wenig Gebrauch. 113 9 Geldbeschaffung, Vermögens- und Schuldenbewirtschaftung 9.3 Schuldenbewirtschaftung und Risikosteuerung Der Bund strebt bei der Bewirtschaftung seiner Geld- und Kapitalmarktschulden eine Optimierung an zwischen den gegenläufigen Zielsetzungen, die Geldbeschaffungskosten möglichst tief zu halten und gleichzeitig das Zins- und Refinanzierungsrisiko möglichst zu reduzieren. Historisch betrachtet stellt eine steigende Zinskurve (kurzfristige Zinsen sind tiefer als längerfristige Zinsen) den Normalfall dar. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass kurzfristige Zinsen grösseren Schwankungen unterworfen (volatiler) sind als längerfristige Zinsen. Mit einer Verkürzung der durchschnittlichen Laufzeit des Schuldenportfolios können somit die Zinsausgaben reduziert werden, gleichzeitig erhöht sich aber das Zinsund Refinanzierungsrisiko. Eine Verkürzung der durchschnittlichen Laufzeit des Schuldenportfolios bedeutet, dass ein grösserer Teil des Schuldenportfolios innert kürzerer Zeit refinanziert werden muss. Deshalb besteht das Risiko, dass fällig werdende Schulden zu spürbar anderen Zinssätzen refinanziert werden müssen. Dies kann zu höheren Schwankungen der Zinsausgaben und im ungünstigen Fall zu höheren Zinsausgaben führen, was die Planbarkeit und das Ausmass der Zinsausgaben negativ beeinflussen kann. Das grosse Volumen der Geld- und Kapitalmarktschulden, die dominante Position des Bundes im CHF-Anleihemarkt sowie die aus Sicht des CHFKapitalmarktes relativ hohen jährlichen Fälligkeiten zwingen die Eidgenossenschaft, stetig und regelmässig sowie mit absorbierbaren Transaktionsvolumina am Geld- und Kapitalmarkt aufzutreten. Damit kann sich die Eidgenossenschaft letztlich der Zinsentwicklung nicht vollständig entziehen. Entsprechend verfolgt der Bund einen systematischen Ansatz zur Steuerung des Zinsrisikos und diversifiziert den Finanzierungsbedarf der Geld- und Kapitalmarktschulden über einen 114 längeren Zeitraum. Die Laufzeiten sind so gewählt, dass rund 15–25 Prozent der Geld- und Kapitalmarktschulden innert 12 Monaten fällig werden. Im internationalen Vergleich kann das damit verbundene Risiko als angemessen und die verfolgte Strategie als eher konservativ bezeichnet werden. Die Tresorerie ist bestrebt, die relevanten Laufzeiten der CHF-Zinskurve mittels Neuemissionen und anschliessenden Aufstockungen der Basisanleihen abzudecken. Die ausstehenden Bundesobligationen bilden mit ihrer jeweiligen Restlaufzeit und der jeweiligen Rendite die Zinskurve der Staatsanleihen. Diese Renditen gelten für die Marktteilnehmer als risikoloser Zinssatz. Entsprechend ist die CHF-Zinskurve für die Marktteilnehmer die zentrale Referenzgrösse und unterstützt einen effizienten Primär- und Sekundärmarkt sowohl für die Obligationen als auch für davon abgeleitete Zinsderivate. Um den Sekundärmarkthandel mit Bundesobligationen so weit als möglich zu unterstützen, werden die Anleihen regelmässig aufgestockt. Ein funktionierender Sekundärmarkt ist nicht nur für die Marktteilnehmer vorteilhaft, sondern auch für den Bund, da Sekundärmarktrenditen wiederum die Referenzgrösse für die laufende Emissionstätigkeit des Bundes sind. Zur Optimierung ihrer Aufgabenerfüllung kann die Bundestresorerie auch derivative Finanzinstrumente, insbesondere Zinssatzswaps und Devisentermingeschäfte, einsetzen. Die Politik des Einsatzes von Swaps wird vom Asset & Liability Management Committee (ALCO) unter dem Präsidium des Direktors der EFV festgelegt. Devisentermingeschäfte werden zur Absicherung von Zahlungsverpflichtungen in Fremdwährungen eingesetzt. 9 Geldbeschaffung, Vermögens- und Schuldenbewirtschaftung 9.4 Devisenbewirtschaftung Die Bundestresorerie sichert den im Voranschlag budgetierten Fremdwährungsbedarf in den Währungen Euro und USD systematisch ab (sogenannte Budgetgeschäfte); die übrigen Währungen werden nicht abgesichert und zu laufenden Kursen abgerechnet. Die Beschaffung mittels Terminkäufen erfolgt schrittweise parallel zum Budgetprozess mit dem Ziel, einen dem Marktverlauf entsprechenden Durchschnittskurs zu erzielen. Die Bundestresorerie stellt diese beschafften Fremdwährungen den Verwaltungseinheiten zum fixierten Budgetkurs zur Verfügung. Primäre Zielsetzung dieses Vorgehens ist die Budgettreue und die Planbarkeit der Ausgaben in Schweizer Franken und somit ein Vermeiden von Nachtragskrediten aufgrund von ungünstigen Währungskursentwicklungen. Die Bundestresorerie verfolgt bei der Devisenabsicherung für die beiden Hauptwährungen Euro und USD einen passiven Ansatz. Sie kauft während des Budgetprozesses zwischen Februar und Juli die Devisen gleichmässig verteilt und in operativ sinnvollen und kosteneffizienten Einzeltransaktionen auf Termin. Müssen aufgrund eines Verpflichtungskredites Zahlungen in fremder Währung über mehrere Jahre geleistet werden und überschreiten die Zahlungen den Gegenwert von 50 Millionen, sichert die EFV in der Regel das Währungsrisiko ab (sogenannte Spezialgeschäfte; alle Währungen). Die Absicherung ist normalerweise unmittelbar nach Bewilligung des Verpflichtungskredites durch das Parlament vorzunehmen. Die Spezialgeschäfte werden gemeinsam mit der Verwaltungseinheit, der Abteilung Ausgabenpolitik und der Bundestresorerie besprochen. 115 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» 10.1 Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget (FLAG) 10.1.1 Definition und Ziele FLAG steht für eine moderne, wirkungsorientierte Verwaltungsführung in der zentralen Bundesverwaltung. FLAG umfasst sowohl die politische als auch die betriebliche Steuerung. Mit dem Leistungsauftrag des Bundesrates und den Globalbudgets erhalten die FLAG-Verwaltungseinheiten einen grösseren betrieblichen Handlungsspielraum. Sie sind verantwortlich für Zielerreichung und Berichterstattung. Der Ressourceneinsatz richtet sich nach den Leistungsund Wirkungszielen. FLAG startete 1997 als Pilotprojekt. Bis Ende 2000 hatten elf Verwaltungseinheiten mit Unterstützung des Eidgenössischen Personalamtes und der Eidgenössischen Finanzverwaltung auf FLAG umgestellt. 2009 hat der Bundesrat mit der Verabschiedung des vom Parlament geforderten Evaluationsberichtes FLAG 2009 seine Vorstellung zur Zukunft der Verwaltungsführung ausgedrückt. Nach dem positiven Ergebnis der Evaluation setzte er sich zum Ziel, die ergebnisorientierte Verwaltungsführung in der Bundesverwaltung weiterzuentwickeln. In der Folge prüfte er mögliche Optionen. 2011 initialisierte der Bundesrat schliesslich ein Projekt zur Weiterentwicklung der Verwaltungsführung (vgl. Kapitel 11.1.3f). Die Verwaltungsführung nach den Grundsätzen der Wirkungsorientierung schliesst folgende Kernelemente ein: • Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit steigern: Das Verwaltungshandeln orientiert sich an Leistungen und Wirkungen. Die produktbezogene Kosten- und Leistungsrechnung fördert das kostenbewusste Denken. Die Globalbudgets ermöglichen den Verwaltungseinheiten, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und Vorgaben mit eigenen Lösungen wirkungsvoll und effizient umzusetzen. Die Möglichkeit der Reservenbildung schafft zusätzliche Anreize zur wirtschaftlichen Leistungserbringung. • Politische Steuerung vom operativen Aufgabenvollzug trennen: FLAG stärkt die politische Führung der Verwaltung. Die Art und Weise der Leistungserbringung wird an die Verwaltungseinheit delegiert. Bundesrat und Parlament prüfen das öffentliche Bedürfnis, setzen Prioritäten und legen Qualität und Quantität der zu erbringenden Leistungen fest. Die Verwaltungseinheit erhält die Verantwortung und die Kompetenzen für die vollständige und rechtmässige Umsetzung der politischen Vorgaben. Zum Abschluss des Versuchs fand 2001 eine wissenschaftliche Evaluation statt. Die Ergebnisse wurden dem Parlament zur Kenntnis gebracht. Der Bundesrat beurteilte FLAG als taugliches und zur Umsetzung geeignetes Konzept und empfahl eine Ausdehnung auf weitere Verwaltungseinheiten. FLAG erhielt den Status eines definitiven Programms mit einer Programmleitung in der EFV. 2004 legte der Bundesrat in der Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über den eidgenössischen Finanzhaushalt eine Gesamtstrategie im FLAG-Bereich vor (BBI 2005 5, S. 35). Darin äusserte er seinen Willen, die Anzahl der mit FLAG geführten Verwaltungseinheiten bis Ende 2007 zu verdoppeln und im besten Fall bis Ende 2011 zu verdreifachen. 2012 werden 21 Verwaltungseinheiten mit Leistungsauftrag und Globalbudget geführt. 117 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» • Transparenz erhöhen: Eine FLAG-Verwaltungseinheit zeigt auf, welche Leistungen und Wirkungen sie mit welchen finanziellen Mitteln erbringt. Das Parlament kann mit diesen Informationen die Ergebnisse hinsichtlich der politischen Zielsetzung beurteilen. • Controlling nutzen: Das wirkungsorientierte Controlling stellt führungsrelevante Informationen bereit, orientiert über den Fortschritt in der Erfüllung der Zielvorgaben und ermöglicht, gegebenenfalls steuernd einzuwirken. Der Ausweis von messbaren Wirkungs- und Leistungszielen in den mehrjährigen Leistungsaufträgen, in der Berichterstattung über Wirkungen und Leistungen sowie im jährlichen Voranschlag und in der Staatsrechnung bildet die Grundlage für ein politisches Controlling auf Stufe Parlament. • Kontinuierliche Leistungsverbesserung: FLAG fördert eine kontinuierliche Verbesserung der Leistungserbringung. Es werden Anreize geschaffen, Neuerungen vorzunehmen, auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren und sich weiterzuentwickeln. Die Verwaltungseinheiten erstellen bei der Erneuerung ihrer Leistungsaufträge Umfeldanalysen und ein Stärken-Schwächen-Profil. Die Erkenntnisse fliessen in die Ziel- und Strategieformulierung durch den Bundesrat ein. 10.1.2 FLAG-Instrumente Der Bundesrat bestimmt im Leistungsauftrag an die FLAG-Einheit die generelle Ausrichtung einer Verwaltungseinheit und die Wirkungs- und Leistungsziele je Produktgruppe. Dazu legt er den finanziellen Rahmen für die Leistungsauftragsperiode fest. Der Leistungsauftrag ist in der Regel während vier Jahren gültig. Die zuständigen parlamentarischen Kommissionen werden vor der Erteilung konsultiert. Das Globalbudget ist ein pauschales Budget für den Eigenaufwand. Die Kompetenz der Mittelaufteilung liegt bei der FLAG-Verwaltungseinheit. 118 Das Globalbudget ist aufgeteilt in Aufwände/ Erträge und Investitionsausgaben/-einnahmen. Ausserhalb des Globalbudgets bleiben Aufwände/Erträge im Transferbereich sowie Investitionsbeiträge, Darlehen und Beteiligungen. Das Parlament beschliesst die Budgets nach Vorberatung in den Finanzkommissionen im ordentlichen Voranschlagsprozess. Es berücksichtigt die inhaltlichen Ziele aus dem Leistungsauftrag. Pro Produktgruppe werden zudem zwei bis drei wesentliche Wirkungs- und Leistungsziele im Voranschlag aufgeführt. Das Parlament genehmigt die zwei Globalbudgets der FLAG-Einheit. Bei politisch besonders wichtigen Produktgruppen kann es zum Zwecke der Leistungssteuerung auch Planungsgrössen für die Kosten und Erlöse einer Produktgruppe allein festlegen (Produktgruppenbudgets). Steuerungsbasis für diese Beschlüsse sind die Wirkungs- und Leistungsziele der Produktgruppe. FLAG-Verwaltungseinheiten können allgemeine und zweckgebundene Reserven äufnen. Die Bundesversammlung beschliesst die Bildung und Verwendung mit der Staatsrechnung. Zweckgebundene Reserven entstammen Krediten, die aufgrund von Projektverzögerungen noch nicht beansprucht wurden. Sie dürfen nur für die entsprechenden Vorhaben aufgelöst werden und verfallen bei Projektende. Allgemeine Reserven können gebildet werden, wenn durch Wirtschaftlichkeitsverbesserungen der budgetierte Aufwand unterschritten oder ein Nettomehrertrag erzielt wird. Die Verwendung erfolgt im Einklang mit den Zielen des Leistungsauftrages. FLAG-Verwaltungseinheiten werden mit dem jährlichen Bundesbeschluss ermächtigt, im Einvernehmen mit dem zuständigen Departement zwischen dem Investitionskredit und dem Aufwandkredit des Globalbudgets Verschiebungen vorzunehmen. Diese dürfen weder 5 Prozent des bewilligten Aufwandkredites noch den Betrag von 5 Millionen überschreiten. 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» Erzielt eine FLAG-Verwaltungseinheit nicht budgetierte leistungsabhängige Mehrerträge, so kann sie mit diesen zusätzlichen Erträgen die damit verbundenen nicht budgetierten Aufwände und Investitionsausgaben ohne Nachtragsverfahren decken. Die jährliche Berichterstattung an Bundesrat und Parlament erfolgt mit der Staatsrechnung. Die FLAG-Verwaltungseinheiten weisen nebst dem Zahlenteil der Finanzrechnung je Produktgruppe Kosten und Erlöse, Kostendeckungsgrad und Zielerreichung aus. Die umfassende Berichterstattung erfolgt vor der Erneuerung des Leistungsauftrages in Form eines aussagekräftigen Wirkungs- und Leistungsberichtes. Der Bericht wird den zuständigen Kommissionen vorgelegt. Die politischen Einflussmöglichkeiten sind: Bundesbeschluss über den Voranschlag sowie über die Staatsrechnung, Planungsgrössen zu Produktgruppen inkl. Festlegen der Kosten und Erlöse einer Produktgruppe, Beschluss über Bildung und Verwendung der Reserven sowie Einflussnahme im Rahmen des Konsultationsverfahrens für Leistungsaufträge auf die Leistungssteuerung, Ressourcenzuteilung und die Zielsetzungen. Das Parlament kann also die FLAG-Einheiten nicht nur über das Globalbudget steuern, sondern auch direkt auf die Planung von wichtigen Produktgruppen Einfluss nehmen. Weiter besteht die Möglichkeit einer Motion zum Leistungsauftrag. Diese hat die Funktion einer Richtlinie und kann den Bundesrat anweisen, einen Leistungsauftrag zu erlassen oder zu ändern. 10.1.3 Weiterentwicklung der Verwaltungsführung Der Bundesrat hat am 4.5.2011 ein umfassendes Projekt «Neues Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB)» initialisiert. Dabei soll die finanzielle Haushaltsteuerung mit einer stärkeren Ausrichtung auf die Aufgaben- und Finanzplanung ergänzt werden. Der Bundesrat unterstützt ein neues, flächendeckendes und ergebnisorientiertes Steuerungsmodell. Im Zentrum steht das Ziel, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des Verwaltungshandelns weiter zu erhöhen. Dies soll erreicht werden durch • die Verknüpfung von Aufgaben und Finanzen in den wichtigsten Planungs- und Steuerungsinstrumenten, • die Stärkung der mittelfristigen Planung, insbesondere auf der Ebene der Verwaltungseinheiten, • den Aufbau von Leistungs- und Wirkungszielen auf allen Ebenen, • die Vergrösserung des Handlungsspielraums der Verwaltung beim Ressourceneinsatz, beispielsweise durch den flächendeckenden Einsatz von Globalbudgets im Eigenbereich, • die Erhöhung der Anreize zu einer wirtschaftlichen Verwaltungsführung unter anderem durch Möglichkeiten zur Reservenbildung und zur vereinfachten Kreditübertragung. Mit dem Neuen Führungsmodell für die Bundesverwaltung soll die Steuerung der Verwaltung nicht komplett verändert, sondern gezielt weiterentwickelt werden. Kernelemente sind: • Ein integrierter Aufgaben- und Finanzplan (IAFP), der die bestehenden Instrumente Finanzplan und Voranschlag zu einem politischen Leistungsauftrag zusammenführt. Als Hauptinstrument an der Nahtstelle zwischen politischer und betrieblicher Planung ist er der Dreh- und Angelpunkt des neuen Führungsmodells. Der IAFP hat eine ausgeweitete politische und prospektive Sicht zum Ziel. Weiter sollen für alle Verwaltungseinheiten jährlich Globalbudgets gesprochen werden. Wichtiger Bestandteil ist zudem die Integration eines gegenüber heute stark verkürzten Leistungsauftrags mit Leistungs- und Wirkungszielen in den IAFP (Voranschlag und Finanzplan). 119 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» • Verwaltungsinterne Leistungskontrakte zwischen Departementen und Verwaltungseinheiten, welche die Vorgaben aus dem IAFP konkretisieren. Um den Nutzen als betriebliches Führungsinstrument zu erhöhen, soll der neue Leistungskontrakt wesentlich kürzer ausfallen als der heutige Leistungsauftrag bei FLAG und jährlich vereinbart werden. Die weiteren Instrumente und Prozesse erfahren eher punktuelle Anpassungen, um die Abstimmung der Sach- und Ressourcenplanung sowie die Koordination der Steuerungsmechanismen auf allen Ebenen sicherzustellen. Besonders zu erwähnen sind dabei die neu nach Aufgaben gegliederte Legislaturplanung sowie die mehrjährigen Finanzbeschlüsse, die enger mit der Legislaturplanung verknüpft werden. Zu den wichtigen Aspekten eines neuen Steuerungsmodells gehört die Ausgestaltung der parlamentarischen Mitwirkung an der Steuerung von Aufgaben und Finanzen. Der Bundesrat will das Parlament frühzeitig in die konzeptionellen Arbeiten einbeziehen. Er wird im Projektauftrag den Einbezug des Parlaments präzisieren und die Politik beziehungsweise die Parlamentsdienste zur Mitarbeit einladen. 10.2 Corporate Governance des Bundes Verschiedene Aufgaben des Bundes sind ausgelagert und werden von Einheiten erfüllt, die rechtlich selbständig sind. In verschiedenen Vorstössen beauftragte das Parlament den Bundesrat, Kriterien für Auslagerungen und Vorschläge für eine harmonisierte Steuerung der Unternehmen des Bundes vorzulegen. Diesem Anliegen kam der Bundesrat mit dem Corporate-Governance-Bericht vom 13.9.2006 (BBl 2006 8233) und mit dem Zusatzbericht vom 25.3.2009 (BBl 2009 2659) nach. 120 Im Einzelnen beantworten die Berichte die Fragen: • welche Aufgaben der zentralen Bundesverwaltung sich zur Auslagerung eignen (Aufgabentypologie), • wie die mit der Aufgabenerfüllung betrauten verselbständigten Einheiten rechtlich zu konzipieren und vom Bund als ihr Eigner zu steuern sind (37 Leitsätze und Steuerungsmodell), • und wie der Bund sich intern bei der Wahrnehmung seiner Eignerinteressen organisieren soll (Rollenverteilung). Nicht Gegenstand des Corporate-GovernanceBerichts ist die Frage nach der Notwendigkeit und dem Ausmass staatlicher Tätigkeit beziehungsweise nach der Möglichkeit von Aufgabenprivatisierungen. Dies untersucht der Bundesrat unter anderem im Rahmen der systematischen Überprüfung der Bundesaufgaben. Auch neuere Formen der Aufgabenteilung zwischen der öffentlichen Hand und Privaten, wie beispielsweise Public Private Partnership, sind nicht Thema des Berichts. 10.2.1 Aufgabentypologie Auslagerungen wurden früher ohne systematische Entscheidungshilfen beschlossen. Seit dem Corporate-Governance-Bericht geschieht dies auf der Grundlage einer Aufgabentypologie. Die Tätigkeiten, die von der zentralen Bundesverwaltung und von damit betrauten Unternehmen des Bundes wahrgenommen werden, werden durch Typisierung in vier verschiedene Gruppen (= Aufgabentypen) unterteilt. Sie fassen Aufgaben zusammen, die sich in unterschiedlichem Masse zur Auslagerung eignen: 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» • • Ministerialaufgaben: Diese umfassen insbesondere die Politikvorbereitung sowie die Politikdurchsetzung, vor allem wenn sie mit Eingriffen in Grundrechte verbunden sind (beispielsweise Aufgaben der inneren und äusseren Sicherheit). Diesen Aufgaben fehlt die Auslagerungseignung, weil sie einen hohen politischen Steuerungs- und Legitimationsbedarf aufweisen. Wegen ihres ausgeprägten Koordinationsbedarfs mit anderen Aufgaben ist zudem die Erfüllung innerhalb der zentralen Bundesverwaltung effizienter als ausserhalb. Dienstleistungen mit Monopolcharakter: Der Aufgabentyp umfasst ein heterogenes Spektrum von Leistungen, insbesondere in den Aufgabengebieten Bildung und Kultur, aber beispielsweise auch Leistungen in den Bereichen der Flugsicherungs- und Wetterdienste, der Statistik oder der Exportrisikoversicherung. Gemeinsam ist den Dienstleistungen, dass sie auf eine spezifische Kundschaft ausgerichtet sind. Sie werden vielfach sogar in Konkurrenz zu ähnlichen Leistungen anderer Anbieter erbracht, können aber nur teilweise über Preise oder Gebühren finanziert werden. Sie werden deshalb vom Markt in zu geringem Umfang oder nicht in der gewünschten Qualität zur Verfügung gestellt. Die daraus resultierenden Versorgungsmängel werden deshalb mit einem monopolähnlichen, öffentlichen Angebot korrigiert. Im Bildungs- und Forschungsbereich sowie in der Kultur hängt der Erfolg der erbrachten Dienstleistungen stark von der Reputation ihres Erbringers ab, was dessen rechtliche Verselbständigung nahelegt. Diese Dienstleistungen eignen sich zur Auslagerung, wenn kaum Koordinationsbedarf sowie ein geringes Synergiepotenzial mit andern Bundesaufgaben besteht. Unter den ausgelagerten Aufgaben bedarf dieser Typ jedoch der engsten politischen Steuerung, da sich die Mehrheit dieser Aufgaben nur mit öffentlichen Geldern erfüllen lässt. • Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht: Diese Aufsichtstätigkeiten sind – ähnlich wie die Rechtsprechung – ohne politische Einflüsse im Einzelfall auszuführen (Beispiele: Finanzmarktaufsicht, Aufsicht über Kernkraftanlagen). Die Auslagerung dieser Aufgaben unterstreicht die Unabhängigkeit ihrer Erfüllung. • Dienstleistungen am Markt: Diese Dienstleistungen werden überwiegend durch Angebot und Nachfrage gesteuert, wobei ein Mindestversorgungsgrad gesetzlich garantiert ist (Beispiele: Fernmelde- oder Postdienstleistungen). Sie eignen sich zur Auslagerung, da ihr Erbringer über eine weitgehende Eigenständigkeit verfügen muss, um sich erfolgreich am Markt positionieren zu können. Die Aufgabentypologie ist jedoch keine Auslagerungsstrategie. Sie versteht sich als • Orientierungshilfe bei Auslagerungsentscheiden, indem sie anhand sachlicher Kriterien aufzeigt, welche Aufgaben sich zur Auslagerung eignen und welche nicht; • Anknüpfungspunkt für die Steuerung der verselbständigten Einheiten, die solche Aufgaben erfüllen. Die Aufgabentypologie ermöglicht, dass der Bund Gleiches gleich und Ungleiches ungleich steuert. 10.2.2 Leitsätze und Steuerungsmodell Nach einer Auslagerung übt der Bund seinen Einfluss auf die Aufgabenerfüllung einerseits als Gesetzgeber aus, andererseits als Eigner des Unternehmens. Sein Einfluss als Eigner hängt zu einem bedeutenden Teil von der rechtlichen Konzeption des Unternehmens ab. 121 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» Im Corporate-Governance-Bericht und im Zusatzbericht stellt der Bundesrat 37 Leitsätze auf, die bei der rechtlichen Konzeption von verselbständigten Einheiten des Bundes von der Verwaltung als Richtlinien berücksichtigt werden müssen. • • • • Leitsatz 1 stellt den Grundsatz auf, dass verselbständigte Einheiten Anstalten sein sollen. Die privatrechtliche AG ist vorzusehen, wenn die Unternehmung überwiegend am Markt tätig ist. Spezialgesetzliche Aktiengesellschaften sollen nur noch ausnahmsweise geschaffen werden. Leitsätze 18 bis 22b setzen sich eingehend mit der Kontrolle und den möglichen Massnahmen bei Fehlentwicklungen auseinander. Die Grundlagen der bundesrätlichen Kontrolle werden zum einen explizit ausgewiesen. Zum andern werden die Berichterstattungen inhaltlich standardisiert und auch für Anstalten auf das aktienrechtliche Niveau gehoben. • Leitsätze 23 bis 28 äussern sich zu den Finanzen der verselbständigten Einheiten. Kapitalausstattung, Finanzierung, Gewinnverwendung und Steuerpflicht sind hier die wesentlichen Themen. Leitsätze 2 bis 8 äussern sich zu den Organen. Sie sollen schlank und nach professionellen Gesichtspunkten funktionieren. • Leitsätze 29 bis 37 befassen sich mit Fragen des Personalstatuts (öffentlich- oder privatrechtlich) und der beruflichen Vorsorge bei verselbständigten Einheiten. Leitsatz 9 befasst sich mit den instruierbaren Bundesvertretern in Verwaltungsräten. Instruierbare Bundesvertreter sollen nur noch ausnahmsweise entsandt werden. • Leitsätze 10 bis 12 widmen sich der Haftung. • Leitsätze 13 bis 15 befassen sich mit besonderen Kompetenzen, die verselbständigten Einheiten eingeräumt werden können. Dazu gehören die Gesetzgebung oder die Kompetenz, Beteiligungen eingehen zu können. • Gemäss den Leitsätzen 16 und 17 soll der Bundesrat die verselbständigten Einheiten mit einem einheitlichen Instrument steuern und ihnen dabei sowohl aufgabenspezifische wie unternehmerische Ziele auf strategischer Ebene geben. 122 Durch die Zusammenführung der 37 Leitsätze mit den drei zur Auslagerung geeigneten Aufgabentypen entsteht das aufgabenspezifische Steuerungsmodell für verselbständigte Einheiten des Bundes. 10.2.3 Rollenverteilung Akteure der Eignerpolitik des Bundes sind insbesondere Parlament, Bundesrat und Bundesverwaltung (Generalsekretariate/EFV). Gegenüber den verselbständigten Einheiten tritt der Bundesrat grundsätzlich als Eigner auf, das Parlament übt die Oberaufsicht aus. An dieser Rollenverteilung wird festgehalten. Der CorporateGovernance-Bericht sieht jedoch eine verstärkte und direktere Aufsicht des Bundesrates über die Unternehmen vor. Dadurch wird auch die Basis für die parlamentarische Oberaufsicht des Parlaments verstärkt. 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» Die verwaltungsinterne Zuständigkeit für die Vorbereitung und Koordination der eignerpolitischen Geschäfte hängt von der Bedeutung des Unternehmens ab: Gemeinsam nehmen Fachdepartement und EFV diese Verantwortung wahr bezüglich Unternehmen mit Dienstleistungen am Markt sowie bezüglich Unternehmen, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen und auf namhafte Subventionen angewiesen sind. Allein nimmt das Fachdepartement diese Verantwortung wahr gegenüber den übrigen verselbständigten Einheiten, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen, sowie gegenüber den Unternehmen mit Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht. Die EFV wird in Fragen der Kapitalausstattung, der Pensionskasse, der Haftung und der Rechnungslegung zwingend beigezogen. 10.2.4 Parlamentarische Oberaufsicht Im Bundesgesetz vom 17.12.2010 über die Mitwirkung der Bundesversammlung bei der Steuerung der verselbständigten Einheiten (BBl 2010 8967) hat das Parlament die nötigen Bestimmungen für seine Oberaufsicht über die Eignerpolitik des Bundesrates (Aufsicht des Parlaments über die Aufsicht des Bundesrates) geschaffen: • Der Bundesrat wird verpflichtet, die verselbständigten Einheiten, soweit zweckmässig, über strategische Ziele zu steuern (Art. 8 Abs. 5 RVOG). • Das Parlament wird ermächtigt, dem Bundesrat Aufträge zu erteilen im Hinblick auf die Festlegung oder Änderung strategischer Ziele (Art. 28 Abs. 1 und 1bis ParlG). • Der Bundesrat wird verpflichtet, dem Parlament periodisch über die Erreichung der für die verselbständigten Einheiten festgelegten strategischen Ziele in modularer Form Bericht zu erstatten (Art. 148 Abs. 3bis ParlG). Demnach berichtet der Bundesrat dem Parlament ab 2012 jährlich in modularer Form über die Erreichung der strategischen Ziele der verselbständigten Einheiten. Die Berichterstattung des Bundesrates an das Parlament basiert auf den Berichten dieser Einheiten und bildet die Grundlage für die Oberaufsicht des Parlaments. Zum einen schafft der Bundesrat in einem öffentlich verfügbaren integrierten Kurzbericht (1–4 Seiten je Einheit) einen breiten Überblick über die Zielerreichung aller verselbständigten Einheiten. Zum anderen wird zu Handen der Aufsichtskommissionen ein vertiefter Bericht über die Zielerreichung der einzelnen Einheiten erstellt (10–20 Seiten je Einheit); bei den Einheiten mit grosser politischer und wirtschaftlicher Bedeutung erfolgt dies jährlich, bei den kleineren Einheiten alle vier Jahre, jeweils am Ende der Geltungsdauer der strategischen Ziele. 10.3 Risikosituation und Risikomanagement Der Bund ist vielfältigen Risiken ausgesetzt, deren Eintritt die Erreichung der Ziele und die Erfüllung der Aufgaben der Bundesverwaltung gefährden kann. Diese Risiken sollen möglichst frühzeitig identifiziert, analysiert und bewertet werden, damit zeitgerecht die erforderlichen Massnahmen ergriffen werden können. Der Bundesrat hat zu diesem Zweck Ende 2004 die Grundlagen für das Risikomanagement beim Bund gelegt. Seither wird das Risikomanagement stetig weiterentwickelt. Am 24.9.2010 erliess der Bundesrat neue Weisungen über die Risikopolitik des Bundes (vgl. BBl 2010 6549). Das Risikomanagement ist ein Führungsinstrument des Bundesrates. Es ist voll integriert in die Geschäfts- und Führungsprozesse der Departemente und der Verwaltungseinheiten. Eingebunden in das Risikomanagement sind alle Departemente, die Bundeskanzlei und die 123 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» Verwaltungseinheiten der zentralen und der dezentralen Bundesverwaltung (Letztere nur sofern sie keine eigene Rechnung führen). Die selbstständigen Anstalten und Unternehmen des Bundes haben ihr eigenes Risikomanagement. 10.3.1 Umgang mit Risiken Unter Risiken werden Ereignisse und Entwicklungen verstanden, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten und wesentliche negative finanzielle und nichtfinanzielle Auswirkungen (z.B. Beeinträchtigungen der Reputation) auf die Erreichung der Ziele und die Erfüllung der Aufgaben der Bundesverwaltung haben. Die Identifikation, Analyse, Bewertung, Bewältigung und Überwachung der Risiken erfolgt nach einheitlichen Regeln. Die Ausgestaltung des Risikomanagements orientiert sich an den gängigen Normenwerken. Es werden folgende Risikokategorien unterschieden: • • • • • • Finanzielle und wirtschaftliche Risiken Rechtliche Risiken Sach-, technische und Elementarrisiken Personenbezogene und organisatorische Risiken Technologische und naturwissenschaftliche Risiken Gesellschaftliche und politische Risiken. Die Umsetzung des Risikomanagements liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Departemente und der Bundeskanzlei. Die Eidgenössische Finanzverwaltung EFV und die Generalsekretärenkonferenz GSK erfüllen im Risikomanagement aber wichtige Koordinationsfunktionen: Die EFV sorgt mit dem Erlass von Richtlinien und einer bundesweiten Schulung für eine möglichst homogene Umsetzung des Risikomanagements innerhalb der Bundesverwaltung. Ausserdem betreibt sie ein Informatik-Tool, das für die Bewirtschaftung der Risiken und die Risikoberichterstattung eingesetzt 124 wird. Die GSK ist für die Konsolidierung und Priorisierung der Risiken auf Stufe Bundesrat zuständig und nimmt eine Vollständigkeitsprüfung vor. 10.3.2 Instrumente und Massnahmen des Risikomanagements Der Bund bewältigt seine Risiken nach den Strategien «vermeiden», «vermindern» und «finanzieren». Es gibt jedoch Bundesaufgaben, welche nur unter Inkaufnahme von Risiken erfüllt werden können. Trotz Risiken ist ein Verzicht auf die Aufgabenerfüllung in diesen Fällen (Strategie «vermeiden») in der Regel nicht zulässig. Die Bundesverwaltung kann nur versuchen, die Risiken möglichst gering zu halten (Strategie «vermindern»). Grundsätzlich trägt der Bund auch in finanzieller Hinsicht das Risiko für Schäden an seinen Vermögenswerten und für die haftpflichtrechtlichen Folgen seiner Tätigkeit selbst (vgl. Art. 50 Abs. 2 FHV). Nur in besonderen Fällen stimmt die EFV dem Abschluss eines Versicherungsvertrages zu. Die Massnahmen zur Bewältigung von Risiken können organisatorischer (z.B. Vier-Augen-Prinzip), personeller (z.B. Weiterbildung), technischer (z.B. Brandschutz) oder rechtlicher (vertragliche Absicherungen, Rechtsänderungen) Natur sein. Ihre Wirksamkeit wird im Rahmen von Controllingprozessen periodisch überprüft. 2008 war das Einführungsjahr des bundesweiten Internen Kontrollsystems IKS. Im Gegensatz zum Risikomanagement befasst sich das IKS nur mit operativen Risiken und nicht mit strategischen Risiken. Da die beiden Themen Risikomanagement und IKS Schnittstellen aufweisen, ist die Zusammenarbeit zwischen dem Risikocoach (dem Risikomanager der Verwaltungseinheit) und dem IKS-Beauftragten in jeder Verwaltungseinheit vorgesehen. 10 Steuerung und finanzielle Führung im «Konzern Bund» 10.3.3 Risikosituation des Bundes Die Risiken des Bundes ergeben sich unmittelbar oder mittelbar aus den ihm durch Verfassung und Gesetz übertragenen Aufgaben und Tätigkeiten. Der Bund kann einerseits Schaden an seinen eigenen Vermögenswerten erleiden. Andererseits erwachsen ihm Risiken aus Haftungsverhältnissen gegenüber Dritten oder im Zusammenhang mit ausgelagerten Organisationen, die öffentlichrechtliche Aufgaben erfüllen. Generell haftet der Bund für Schäden, die Bundesbedienstete Dritten widerrechtlich verursachen. Darunter fallen auch Ersatzbegehren wegen Verletzung von Aufsichtspflichten. Schwergewichtig handelt es sich bei den Risiken des Bundes um finanzielle und wirtschaftliche Risiken, um rechtliche Risiken sowie um Sach-, technische und Elementarrisiken. 10.3.4 Offenlegung der Risiken Die Risikoberichterstattungen an den Bundesrat werden nicht veröffentlicht. Die Offenlegung der Risiken in der Jahresrechnung des Bundes erfolgt je nach ihrem Charakter unterschiedlich. Anhand der Eintretenswahrscheinlichkeit des Risikos können verschiedene Stufen unterschieden werden: • Bereits eingetretene Risiken, die auf Ereignissen in der Vergangenheit basieren, und bei denen ein Mittelabfluss in den nachfolgenden Rechnungsperioden wahrscheinlich ist, werden in der Bilanz der Jahresrechnung als Verbindlichkeiten und Rückstellungen berücksichtigt. • Sachverhalte, für deren Eintritt ein erhebliches, quantifizierbares Risiko besteht, werden im Anhang der Jahresrechnung ausgewiesen (Eventualverpflichtungen, Sachverhalte mit Eventualcharakter). Durch die verwaltungsinternen Prozesse ist sichergestellt, dass Risiken, welche die Tatbestände von Rückstellungen oder Eventualverbindlichkeiten erfüllen, vollständig erfasst werden können und in die Jahresrechnung einfliessen. 125 Anhang Aufgaben und Organisation der Eidgenössischen Finanzverwaltung Das Eidgenössische Finanzdepartement leitet die Verwaltung der Bundesfinanzen und sorgt für den Überblick über den gesamten Finanzhaushalt des Bundes (Art. 58 Abs. 1 FHG). Es entwirft zuhanden des Bundesrates den Voranschlag, dessen Nachträge, die Staatsrechnung und den Finanzplan; es prüft die Kreditbegehren und Ertragsschätzungen (Art. 58 Abs. 2 FHG). Zu diesem Zweck steht ihm die Eidgenössische Finanzverwaltung (Art. 59 FHG) zur Verfügung. d. Sie wirkt hin auf eine ergebnisorientierte Verwaltungsführung und ein systematisches Controlling sowohl in der gesamten Bundesverwaltung als auch gegenüber externen Trägern von Verwaltungsaufgaben. e. Sie sorgt mit einem zeitgemässen Tresorerieund Liquiditätsmanagement für die ständige Zahlungsbereitschaft des Bundes und sichert diesem eine bevorzugte Stellung am Geldund Kapitalmarkt. 2 Gestützt auf das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG; SR 172.010) und die entsprechende Verordnung (RVOV) sind die Ziele und Aufgaben der Eidgenössischen Finanzverwaltung in der Organisationsverordnung für das Eidgenössische Finanzdepartement (OV-EFD, SR 172.215.1) festgehalten. Art. 8 Ziele und Funktionen 1 Die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) verfolgt die folgenden Ziele: a. Sie stellt den Überblick über den Finanzhaushalt des Bundes sicher. b. Sie entwirft die Rechnung sowie unter Berücksichtigung der Anforderungen der Wirtschaftspolitik den Voranschlag und den Finanzplan zuhanden des Bundesrates. c. Sie tritt für eine wirksame Kredit- und Ausgabensteuerung und eine sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung ein und nimmt bei der Budgetierung, der Finanzplanung sowie bei der Vorbereitung von Bundesratsgeschäften der Departemente und der Bundeskanzlei mit finanziellen Auswirkungen entsprechend Einfluss. Zur Verfolgung ihrer Ziele nimmt die EFV insbesondere die folgenden Funktionen wahr: a. Sie entwirft Sanierungs- und Sparmassnahmen, wenn sich dies zur zeitgerechten Erreichung der Haushaltziele als notwendig erweist. b. Sie stellt finanzpolitische Grundlagen und Optionen bereit, insbesondere für die Führung der Wirtschafts- und Währungspolitik. c. Sie vertritt nach Anhörung des SIF und des SECO die Schweiz in internationalen Organisationen und Fachgremien, die sich mit Fragen der Finanz- und Geldpolitik, der Finanzstatistik, der Tresorerieführung, des Rechnungswesens und der Public Corporate Governance befassen. d. Sie erarbeitet die Rechtserlasse im Bereich des: 1. Finanzhaushaltrechts; 2. Währungs- und Nationalbankrechts, soweit nicht die Finanzmarktstabilität betroffen ist. 127 Anhang e. Sie vertritt den Bund bei der Eintreibung bestrittener und der Abwehr unbegründeter vermögensrechtlicher Ansprüche. f. Sie koordiniert das Risiko- und Versicherungsmanagement des Bundes. g. Sie pflegt die Beziehungen des Bundes zur SNB, soweit nicht das SIF zuständig ist. Art. 9 Besondere Bestimmungen 1 Die EFV hat die folgenden besonderen Aufgaben: a. Sie besorgt die Geldbeschaffung und -anlage des Bundes. Sie organisiert die Haushalt- und Rechnungsführung sowie die Zahlungsabwicklung in der Bundesverwaltung. Sie erlässt die dazu erforderlichen Weisungen. 2 3 Der EFV unterstellt sind folgende Einheiten: a. die Zentrale Ausgleichsstelle; b. die Eidgenössische Ausgleichskasse mit der Familienausgleichskasse; c. die Schweizerische Ausgleichskasse; d. die IV-Stelle für Versicherte im Ausland; e. die Eidgenössische Münzstätte (Swissmint). b. Sie erarbeitet und vollzieht die Erlasse über den bundesstaatlichen Finanzausgleich. c. Sie erstellt die Finanzstatistik der öffentlichen Verwaltungen. d. Sie führt das «Dienstleistungszentrum Finanzen» des EFD. 128 4 Die Einheiten nach Absatz 3 werden mittels Leistungsauftrag und Globalbudget (FLAG) geführt. Vizedirektor Beat Blaser * Stv. Urs Julmy Vizedirektor Tobias Beljean * Stv. Roland Fischer * Mitglied Direktion Finanz- und Rechnungswesen F+RW Bundestresorerie BT Vizedirektor Urs Eggenberger * Stv. Daniel Wittwer Stv. Direktor Karl Schwaar * Stv. Marianne Widmer Direktorin Valérie Cavero Stv. Jean-Pierre Kuhn Zentrale Ausgleichsstelle Ausgabenpolitik AP Urs Plavec * Stv. Barbara Schlaffer Andreas Hostettler * Stv. Anita Grütter Finanzpolitik, Finanzausgleich, Finanzstatistik FP Ökonomische Analyse und Beratung ÖAB Stab, Personal, Kommunikation Direktor Fritz Zurbrügg * Stv. Direktor Karl Schwaar Direktion DIR Organigramm der Eidgenössischen Finanzverwaltung (Stand 1.1.2012) Abteilungsleiter Jakob Kilchenmann * Stv. vakant Rechtsdienst RD EFV Geschäftsleiter Kurt Rohrer Stv. Marius Haldimann Swissmint Anhang 129