Dipl.-Psych. G. Wingert Das Marburger Konzentrationstraining (MKT) für Jugendliche Workshop am 13. Dezember 2007 auf Schloss Heiligenberg Diagnostik Diagnostik von „Konzentrationsstörungen“ Aktuelle Benennung DSM - IV: Aufmerksamkeitsdefizit Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ICD - 10: Hyperkinetische Störung (HKS) Diagnostische Kriterien nach DSM - IV • • • • Beginn vor dem 7. Lebensjahr Auftreten in verschiedenen Settings Soziale/schulische Funktionsfähigkeit herabgesetzt In letzten 6 Monaten waren mindestens 6 Kriterien pro Bereich erfüllt • Ausmaß unvereinbar mit Entwicklungsstand • Ausschluss: Tiefgreifende Entwicklungsstörung, psychotische, affektive, dissoziative, Angst- und Persönlichkeitsstörung 1. Unaufmerksamkeit • • • Flüchtigkeitsfehler bei Aufgaben geringe Ausdauer (scheinbar) schlechtes Zuhören • Tätigkeiten werden häufig nicht zu Ende gebracht • • • • Organisationsprobleme Vermeidung längerer geistiger Anstrengung Verlust von Materialien, Vergesslichkeit Ablenkbarkeit 2. Hyperaktivität – Impulsivität • Zappeln, auf dem Stuhl Herumrutschen • Herumlaufen, Aufstehen in unpassenden Situationen • Schwierigkeiten mit ruhigem Spiel • Getriebenheit • vorzeitiges Herausplatzen mit Antworten • Unterbrechen und Stören anderer • Schwierigkeiten abzuwarten, bis man an der Reihe ist • Redseligkeit Die Diagnose AD(H)S Typen der Aufmerksamkeits-Defizit-Störung A D S Unaufmerksamkeit Unaufmerksamkeit + Hyperaktivität Hyperaktivität + + Impulsivität Impulsivität = = = ADHS ADS ---- (Aufmerksamkeits-DefizitHyperaktivitäts-Störung) (Aufmerksamkeits-DefizitStörung) (vorwiegend hyperaktiver Typ) Arbeitsdefinitionen Definition 1: Konzentration ist die Fähigkeit einem Lernstoff eine Zeitlang ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. Definition 2: Konzentration ist eine besondere Anspannung und Ausrichtung der Aufmerksamkeit. Konzentrationsspanne Der Zeitraum, den sich Kinder / Jugendliche / Erwachsene durchgehend konzentrieren können, wird häufig überschätzt Alter des Kindes / Jugendlichen Konzentrationsdauer 10 – 12 Jahre > 12 Jahre 25 Minuten 30 Minuten Konzentrationsspanne Nach dieser Phase wird die Konzentrationsfähigkeit ausschließlich durch eine kurze Pause wiedererlangt. Interesse Konzentrationsfähigkeit wird positiv beeinflusst durch: Bewegung spieler. Übung Beteiligung Beispiel: lebende Mühle Gruppe 1: ☺ ☺ ☺ Gruppe 2: ☺ ☺ ☺ Beispiel: lebende Mühle mögliche Mühlen: diagonal horizontal ☺ ☺ ☺ ☺ vertikal ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ Arbeitsdefinition Definition 2: ... Diese (Anspannung) ist notwendig, um gezielt wahrnehmen, behalten und erinnern zu können. Konzentration Behalten Gedächtnis Wahrnehmen Fokussierung Erinnern Fokussierung & Gedächtnis MKT für Jugendliche Teufelskreis der Unaufmerksamkeit Fehler Impulsives / langsames Arbeiten Kritik Unkonzentriertheit Vermeiden von Anstrengung Frustration Motivation ↓ Zutrauen in eigene Fähigkeiten ↓ Unselbständigkeit Das Marburger Konzentrationstraining Ziele Erhöhung der Selbststeuerung und Selbständigkeit bei der Aufgabenbearbeitung Größere Motivation durch erfolgreicheres Bearbeiten von Aufgaben Angemessener Umgang mit Fehlern Erhöhung der Selbstakzeptanz Das Innere Sprechen Schritte beim Erlernen 1. Der Trainer führt als Modell eine Aufgabe selbst durch, während er laut selbst zu sich spricht. 2. Das Kind führt die gleiche Aufgabe selbst durch, während der Trainer es laut instruiert. 3. Das Kind führt die Aufgabe selbst durch, während es sich selbst laut instruiert, zunächst mit Hilfestellung des Trainers. 4. Das Kind führt die Aufgabe durch, sich selbst dabei flüsternd instruierend. 5. Das Kind führt die Aufgabe durch und denkt die Instruktion. „die goldene Regel“ Grundsätzliches Ein Verhalten, dem Aufmerksamkeit geschenkt wird, wird in der Regel wiederholt. Ein Verhalten, dem keine Aufmerksamkeit geschenkt wird, wird in der Regel unterlassen. „Catch them being good !!“ Lob Lob fördert: beim Schüler Motivation Selbstvertrauen Selbständigkeit Beziehung beim Trainierenden positive Wahrnehmung des Schüler^hülers Coaching Definition „Coaching ist das kleinschrittige, alltägliche Loben und Bekräftigen von scheinbar Selbstverständlichem. Dadurch wird Verhalten dauerhaft aufgebaut (vgl. Shaping).“ Vorteile & Tipps Sie arbeiten nur an einer Verhaltensweise. Sie sagen genau, was Sie erwarten / was gefällt. Sie loben Bemühungen und kleine Schritte. Sie geben eine „warme Dusche“. Sie vermischen Lob und Kritik nicht miteinander. Fallstricke des Lobes Besonders bei Jugendlichen ist die Art und Weise des Lobes wichtig. Ansonsten kann es als peinlich oder unangenehm empfunden und abgelehnt werden. Lob sollte bei Jugendlichen: • in ruhigem Ton geäußert, • kurz (z.B. „Gut gearbeitet!“), • eher beiläufig, • und „businesslike“ (d.h. konkret und aufgabenbezogen) sein. Vermeiden Sie eine Pause nach dem Loben. Der Jugendliche kann dann das Gefühl haben, Sie erwarteten eine Reaktion. Förderung fördernde Faktoren Ein Jugendlicher erledigt eine Aufgabe eher konzentriert, wenn • sie ihm Spaß macht, • er die Aufgabe für eine Bezugsperson macht, die er „cool“ findet, • er weiß, wie sie zu lösen ist, • er damit rechnet, dass ihm die Lösung der Aufgabe gelingt, • er dafür gelobt wird, • er eine Belohnung bekommt oder • er den Sinn einsieht. hemmende Faktoren Ein Jugendlicher erledigt eine Aufgabe eher unkonzentriert, wenn... • sie ihm keinen Spaß macht, • er nicht weiß, wie die Aufgabe funktioniert, • er Angst vor der Aufgabe / den Konsequenzen hat, • er durch andere Dinge abgelenkt ist oder • er Aufmerksamkeit dafür bekommt, dass er sie nicht macht. Drei zu fördernde Konzentrationsbereiche Konzentration Aufgabenverständnis Fokussierung Dauer Drei zu fördernde Konzentrationsbereiche Aufgabenverständnis Fokussierung Ziel: • Verständnis und Wahrnehmung der Aufgabenstellung • Selbstwirksamkeit Dauer Ziel: • Verlängerung der Aufmerksamkeitsspanne Bereich I Aufgabenverständnis Problem: Jugendliche benötigen freundliche aber eindeutige Anweisungen. Vielen Erwachsenen fällt dies schwer. Unkonzentrierte Jugendliche hören oft schlecht zu. Sie nehmen Anweisungen nur teilweise auf. Zusätzlich vergessen sie schneller als andere. Oft aber drückt sich der Erwachsene nicht klar genug aus. Bereich I Aufgabenverständnis typische unklare Anweisungen: • • • • mehrere Aufgabenstellungen auf einmal Anweisungen als Frage Anweisungen, die vorgeben, man tue etwas gemeinsam. bittende Anweisungen Die Amerikaner sagen, unkonzentrierte Jugendliche hören fünf Sekunden zu. Die Botschaft darf also nicht länger als fünf Wörter lang sein: 5-Wort-Sätze Bereich II Fokussierung bedeutet: • sich einen Plan machen, • trotz Störreizen „bei der Sache bleiben“, • sich selbst motivieren, • sich selbst ermunternd zureden, • und: sich zum Ende hin loben. Methode • verbale Selbstinstruktion (nach Meichenbaum und Goodman) • Motivation. Konzentration Behalten Gedächtnis Motivation Wahrnehmen Erinnern Fokussierung & Gedächtnis Fokussierung Bereich III (Aus-) Dauer bedeutet: • sich länger mit einer Sache beschäftigen • „am Ball“ zu bleiben, auch wenn es schwieriger wird, • und sich an konzentriertes Arbeiten zu gewöhnen. Methode • Training und • Motivation. Fazit Konzentrationstraining bei Jugendlichen kann bei drei Bereichen ansetzen: 1. Aufgabenverständnis: – durch eindeutige Formulierungen, – kleinschrittige Arbeitsanweisungen. 2. Fokussierung: – gezieltes Selbstinstruktionstraining (in Vorb.). 3. Ausdauer: – Training mit attraktiven Übungen und Materialien mit zunehmendem „Lebensweltbezug“ Dipl.-Psych. D. Krowatschek und Dipl.-Psych. G. Wingert Vielen Dank! Workshop am 7. Februar 2006 in Marburg MKT für Jugendliche