Kompakter 690V-Umrichter mit SiCSchottkydioden für sinusförmige Ausgangsspannung Der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Grades DOKTOR-INGENIEUR vorgelegt von Benno Weis Erlangen, 2008 Als Dissertation genehmigt von der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg Tag der Einreichung: 10.10.2007 Tag der Promotion: 09.05.2008 Dekan: Prof. Dr.-Ing. habil. J. Huber Berichterstatter: Prof. Dr-Ing. B. Piepenbreier Prof. Dr. rer.nat. M. Stoisiek 2 Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als Entwicklungsingenieur im Kompetenzzentrum Leistungselektronik des Bereiches Automation and Drives der Siemens AG in Erlangen. Bei Hrn. Prof. Dr.-Ing. B. Piepenbreier möchte ich mich für die freundliche Betreuung dieser Arbeit, die konstruktiven Anregungen und die Übernahme des ersten Gutachtens bedanken. Hrn. Prof. Dr. phil. nat. M. Stoisiek danke ich für die Übernahme des Koreferats, des zweiten Gutachtens sowie die anregenden Diskussionen, die mein Verständnis für Leistungshalbleiter erweitert haben. Für die Anregung zu dieser Arbeit möchte ich mich ganz herzlich bei Hrn. Dr. rer.nat. H. Mitlehner und Hrn. Prof. Dr.-Ing. M. Bruckmann bedanken. Des Weiteren bedanke ich mich bei meinen Vorgesetzten, Hrn. G. Bock und Hrn. Dr.-Ing. E. Baudelot, für die wohlwollende Unterstützung und das kreative, innovative Arbeitsumfeld. Bei meinen Kollegen, Hrn. Dr.-Ing. H. Schierling, Hrn. Dr.-Ing. R. Polley, Hrn. Dr-Ing. F. Bauer, Hrn. Dipl.-Ing. R. Gospos und Hrn. Dipl.-Ing. R. Freydman möchte ich mich für die anregenden Diskussionen sowie die angenehme Arbeitsatmosphäre bedanken. Bei den Firmen infineon AG und SiCED GmbH, insbesondere bei Hrn. Dr. M. Ruff und Hrn. Dr.-Ing. D. Peters, möchte ich mich für die konstruktive Zusammenarbeit auf dem Gebiet der SiC-Schottkydioden bedanken. Bei meinen Eltern möchte ich mich für die permanente Unterstützung bedanken, die sie mir während meiner Schulzeit und meines Studiums zukommen ließen. Der hohe private zeitliche Aufwand, der im Besonderen bei Dissertationen neben einer Industrietätigkeit anfällt, hat für meine Familie eine besondere Belastung dargestellt. Deshalb bedanke ich mich ganz besonders bei meiner Frau und meinen Kindern, die mir einen großartigen Rückhalt geboten und während dieser Zeit viel Geduld entgegengebracht haben. 3 4 Inhaltsverzeichnis: 1 2 Einleitung ..........................................................................................................................7 Halbleiterbauelemente des motorseitigen Wechselrichters ............................................10 2.1 Der IGBT ................................................................................................................10 2.1.1 Trench-IGBT .......................................................................................................10 2.1.2 Planarer IGBT.....................................................................................................11 2.1.3 Ansteuerbedingungen beim Abschalten des IGBT.............................................13 2.1.3.1 Maximale Überspannung ............................................................................14 2.1.3.2 Abschaltfestigkeit im Kurzschlussfall ..........................................................14 2.1.3.3 Belastung der Komponenten der Potenzialtrennung ..................................17 2.1.3.4 Verlustersparnis durch schnelles Schalten .................................................20 2.1.4 Dynamische Sättigungsspannung ......................................................................21 2.2 Die Freilaufdiode ....................................................................................................24 2.2.1 Die Si-pn-Diode ..................................................................................................24 2.2.2 Die SiC-Schottkydiode........................................................................................29 2.2.2.1 Der Schottky-Kontakt ..................................................................................30 2.2.2.2 Die Driftzone ...............................................................................................34 2.2.2.3 Parallelschaltbarkeit von SiC-Schottkydioden ............................................35 2.2.2.4 Bestimmung der Chipgröße der SiC-Dioden ..............................................41 2.2.2.5 Dynamisches Abschaltverhalten der SiC-Schottkydiode ............................45 2.2.2.6 Einschaltverhalten der SiC-Schottkydiode..................................................49 2.3 Auslegung des Umrichters für verschiedene Dioden..............................................50 2.3.1 Berechnung der Verlustleistung im Umrichterbetrieb .........................................50 2.3.1.1 Berechnung der Durchlassverluste.............................................................50 2.3.1.2 Berechnung der Schaltverluste...................................................................53 2.3.1.3 Verluste bei Ausgangsfrequenz 0Hz...........................................................54 2.3.1.4 Verlustoptimierung für kleine Ausgangsfrequenzen ...................................57 2.3.2 Thermisches Modell............................................................................................60 2.3.3 Berechnung des erforderlichen Halbleiteraufwands ...........................................68 2.4 Unipolarer Hochvoltschalter ...................................................................................73 2.4.1 Struktur des SiC-JFET........................................................................................74 2.4.2 Durchlassverhalten .............................................................................................75 2.4.3 Nachbildung des Schaltverhaltens .....................................................................76 2.4.4 Berechnung des Halbleiterbedarfs im Umrichterbetrieb .....................................80 2.5 Moduldesign ...........................................................................................................85 3 Auslegung des Sinus-Ausgangsfilter ..............................................................................92 3.1 Bestimmung der auslegungsrelevanten Ausgangsspannung.................................92 3.2 Auslegung der Filterdrossel ....................................................................................97 3.2.1 Magnetische Dimensionierung der Filterdrossel.................................................98 3.2.1.1 Grundlagen .................................................................................................98 3.2.1.2 Bestimmung des Ripplestroms .................................................................100 3.2.2 Thermische Dimensionierung der Filterdrossel ................................................102 3.2.2.1 Kupferverluste...........................................................................................102 3.2.2.2 Hystereseverluste .....................................................................................102 3.2.2.3 Wirbelstromverluste ..................................................................................104 3.2.2.4 Integrations- und Kühlkonzept für den Sinusfilter .....................................105 3.2.3 Rückwirkung des Ripplestroms auf die Halbleiterdimensionierung ..................108 3.2.3.1 Simulation der zusätzlichen Halbleiterverluste .........................................108 3.2.3.2 Ermittlung des kostenoptimalen Ripplestromes........................................112 3.2.4 Auswahl der Schaltfrequenz .............................................................................114 3.3 Auslegung Kondensator .......................................................................................117 5 4 5 6 7 3.3.1 Dimensionierung der Filtereckfrequenz ............................................................117 3.3.2 Dämpfung des Filters........................................................................................120 3.3.2.1 Bestimmung der existierenden Dämpfung................................................120 3.3.2.2 Bestimmung der frequenzabhängigen Drosselverluste ............................121 3.3.2.3 Auswirkungen der Dämpfung und des Motors auf die Übertragungscharakteristik........................................................................................122 3.3.3 Selbsterregung .................................................................................................124 3.4 Asymmetrischer Filter ...........................................................................................128 3.4.1 Spannungsbelastung des Motors .....................................................................129 3.4.2 Resonanz des asymmetrischen Filters.............................................................135 3.4.3 Lagerströme......................................................................................................137 3.5 EMV-Verhalten .....................................................................................................143 3.5.1 Grundlagen und Messaufbau ...........................................................................143 3.5.2 Leitungsgebundene Störaussendung ...............................................................145 3.5.3 Strahlungsgebundene Störaussendung ...........................................................149 Zusammenfassung........................................................................................................152 Abstract .........................................................................................................................154 Abkürzungen und Formelzeichen .................................................................................155 Literaturverzeichnis .......................................................................................................160 6 1 Einleitung Stromrichter zur Regelung drehzahlveränderlicher Antriebe gewinnen in der Anwendung immer mehr an Bedeutung. In zunehmendem Maße ersetzt diese Konfiguration die klassische Lösung, bei der ein Motor direkt am Netz betrieben wird. Zum einen Teil ist dies durch die vorteilhafte Performance der drehzahlveränderlichen Antriebe begründet, zum anderen bieten drehzahlveränderbare Antriebe Möglichkeiten zur Energieeinsparung ([12], [27]). Netz Gleichrichter Wechselrichter Zwischenkreis Motorleitungen und Motor M Abbildung 1: Standardmäßige Ausführung eines drehzahlveränderlichen Antriebes Dem Motor wird hierbei durch den Frequenzumrichter ein in Frequenz und Amplitude variables Spannungssystem geliefert, das durch Schalthandlungen des Wechselrichters aus der konstanten Zwischenkreisspannung erzeugt wird. Diese Schalthandlungen werden durch Pulsweitenmodulation derart gesteuert, dass an den Motorklemmen eine Spannung anliegt, die in ihrem Frequenzspektrum die gewünschte Amplitude bei der gewünschten Grundfrequenz enthält. Neben vielen Vorteilen besitzt die standardmäßige Ausführung eines drehzahlveränderlichen Antriebes den Nachteil, dass das Frequenzspektrum der Motorspannung neben der gewünschten Grundfrequenz auch Oberschwingungen enthält, die beträchtliche Amplituden bei hohen Frequenzen besitzen. Diese hochfrequenten Spannungsanteile führen zu hochfrequenten Strömen im Motor. Zur Wandlung der elektrischen Energie an den Motorklemmen in mechanische Energie an der Welle trägt jedoch nur der grundfrequente Stromanteil bei ([19], [80]). Die hochfrequenten Anteile im Motorstrom hingegen erzeugen lediglich Verluste im Motor, die dessen Ausnutzung reduzieren. Ein weiterer Nachteil der gepulsten Umrichterausgangsspannung besteht darin, dass die hohe Spannungssteilheit die Isolation des Motors in erhöhter Weise beansprucht ([10], [29]). Dies ist insbesondere dann von Nachteil, wenn ein Antrieb vom Betrieb am starren Netz auf einen drehzahlveränderlichen Antrieb umgerüstet werden soll, ohne den Motor zu ersetzen. Die für den Netzbetrieb konzipierten Motoren sind häufig nicht in der Lage, die hohe Spannungssteilheit des Umrichters zu verkraften, so dass ein Motoraustausch erforderlich wird. Ein dritter Nachteil der gepulsten Umrichterspannung betrifft die Verkabelung zwischen Umrichter und Motor. Mitunter werden an dieser Stelle sehr lange Leitungen erforderlich. Dies ist beispielsweise in der chemischen Industrie anzutreffen. Dort sind häufig sehr großflächige, weitläufige Anlagen anzutreffen, bei denen die Frequenzumrichter in klimatisierten Räumen zentral angeordnet sind, während sich die Motoren weit entfernt in der Anlage befinden. In diesem Fall fließen durch die unvermeidbaren Kapazitäten der 7 Motorleitungen zu einem Kabelschirm oder Bezugserde nicht zu vernachlässigende Ströme, die den Wechselrichter des Umrichters thermisch belasten. In der Praxis ist daher für die Frequenzumrichter eine maximal zulässige Länge der anschließbaren Motorleitungen definiert [116]. Darüber hinaus ist für die gepulsten Spannungen der Einsatz geschirmter Motorleitungen erforderlich, um unzulässige Beeinflussungen anderer Geräte zu verhindern. Diese geschirmten Motorleitungen sind deutlich teurer als die ungeschirmte Variante. Zudem trifft auch hier der Sachverhalt zu, dass bei der Umrüstung eines Antriebes am starren Netz auf einen drehzahlveränderlichen Antrieb die vorhandenen Motorkabel gegen geschirmte Motorleitungen ersetzt werden müssen, wobei der Installationsaufwand erheblich sein kann. All diese Argumente haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass in einigen Anwendungen, z.B. in der chemischen Industrie, sogenannte Sinusfilter am Ausgang des Frequenzumrichters eingesetzt werden. Diese Sinusfilter filtern die hochfrequenten Spannungsanteile aus der Motorspannung aus, so dass eine sinusförmige Spannung an den Motorklemmen vorliegt. Zu diesem Zweck muss die Eckfrequenz des Sinusfilters zwischen der gewünschten Grundfrequenz des Antriebes und der Schaltfrequenz des Wechselrichters liegen. Die oben genannten Schwierigkeiten können dann reduziert oder ganz behoben werden. Der Nachteil dieser Lösung besteht darin, dass bei heute üblichen standardmäßigen Schaltfrequenzen von 1 - 4 kHz der Sinusfilter aufgrund seiner niedrigen Eckfrequenz eine großvolumige und teuere Komponente darstellt. Die mögliche Schaltfrequenz des Wechselrichters wird durch die Schaltverluste begrenzt und sinkt mit steigender Spannung des Antriebssystems, weil Halbleiterbauelemente mit hoher Sperrspannung besonders hohe Schaltverluste verursachen. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, Lösungsmöglichkeiten für ein Umrichterleistungsteil zu erarbeiten, das im Vergleich zu heute mit erhöhter Schaltfrequenz arbeitet, so dass die Eckfrequenz und damit der Aufwand für den Sinusfilter reduziert werden kann. Zu diesem Zweck werden in dem ersten Teil der Arbeit unterschiedliche Halbleiterlösungen bzgl. einer Dimensionierung des Motorwechselrichters miteinander verglichen, wobei ein besonderes Augenmerk auf der Verwendung von Bauelementen aus dem Halbleitermaterial Siliziumkarbid liegt. Im zweiten Teil der Arbeit werden die Realisierung des Sinusfilters und dessen Rückwirkungen auf den Umrichter diskutiert. Die erarbeiteten Ergebnisse werden an einem Demonstratorumrichter verifiziert. Die gewählte Schaltungstopologie des Demonstratorumrichters ist in Abbildung 2 dargestellt: 690VNetz EMV Filter Netz filter Netzstromrichter ZK Motorstromrichter SinusAusgangsfilter Motorleitungen und Motor M Abbildung 2: Topologie des Demonstratorumrichters Weil die Schwierigkeiten der hohen Schaltfrequenz des Wechselrichters insbesondere bei hoher Anschlussspannung des Versorgungsnetzes auftreten, soll der Demonstrator für eine Anschlussspannung von 690V konzipiert werden. Als Nennleistung des Demonstrators wird 18,5kW gewählt, was im mittleren Leistungsbereich heutiger Umrichterreihen liegt, so dass die Ergebnisse möglichst gut auf niedrigere und höhere Leistungen übertragen werden 8 können. Die Ausführung der netzseitigen Umrichtertopologie ist für die Dimensionierung des motorseitigen Wechselrichters und des Sinus-Ausgangsfilters von untergeordneter Bedeutung, so dass sie im weiteren Verlauf der Arbeit nicht weiter betrachtet, sondern nur an dieser Stelle kurz erläutert wird: Als netzseitige Schaltungstopologie wird eine rückspeisefähige, unter dem Begriff „Fundamental Frequency Front End“ (F3E) [95] bekannte Schaltungsanordung verwendet, die den Ansatz der Arbeit nach einer kompakten Gesamtlösung unterstützt. Diese Schaltungsanordnung verwendet auf der Netzseite einen aktiven Gleichrichter aus IGBTs und Dioden, wobei die IGBTs nur mit der Frequenz des Netzes (z.B. 50Hz) getaktet werden und somit kaum Schaltverluste anfallen. Wegen dieser geringen Schaltfrequenz sind die Halbleiter des netzseitigen Gleichrichters auf optimales Durchlassverhalten ausgelegt; der Einsatz von Schottkydioden als Freilaufdioden wäre im netzseitigen Gleichrichter deshalb nicht sinnvoll. Als passive Komponenten benötigt diese netzseitige Umrichtertopologie Wechselspannungskondensatoren auf der Netzseite, die in Verbindung mit der Induktivität des Netzes einen Netzfilter bilden. Im Gegensatz zu der klassischen Topologie des Spannungszwischenkreisumrichters entfällt eine netzseitige Drossel. Der Gleichspannungszwischenkreis wird mit minimaler Kapazität, im Fall des Demonstratorumrichters mit 10µF, ausgeführt. Diese Kapazität dient nicht wie im klassischen Spannungszwischenkreisumrichter der Energiespeicherung, sondern lediglich der Begrenzung von Schaltüberspannungen des Wechselrichters. Der Verlauf der Zwischenkreisspannung zeigt nicht einen konstanten Wert, sondern weist charakteristisch einen Wechselspannungsanteil mit der sechsfachen Frequenz des speisenden Netzes auf. Der Netzstrom besteht in erster Näherung aus 120° Stromblöcken, in denen bei konstanter Leistungsentnahme der Motorseite ebenfalls Frequenzanteile mit der sechsfachen Netzfrequenz enthalten sind. Für tiefer gehende Ausführungen zum Betriebsverhalten der netzseitigen Fundamental Frequency Front End Umrichtertopologie wird auf die Literatur ([43], [95]) verwiesen. 9 2 Halbleiterbauelemente des motorseitigen Wechselrichters In diesem Kapitel soll die Dimensionierung und Optimierung der Halbleiterbauelemente für den motorseitigen Wechselrichter vorgenommen werden. Wesentliche Komponenten des Motorwechselrichters sind die IGBT-Chips, die Freilaufdiodenchips und der Modulaufbau. 2.1 Der IGBT Im ersten Schritt soll ein geeigneter aktiver Halbleiterschalter für den Motorwechselrichter ausgewählt werden. In der praktischen Anwendung hat sich für Netzanschlussspannungen zwischen 230V und 690V der IGBT als alleinige Halbleiterstruktur durchgesetzt ([80], [124]). Entscheidend für die Bewertung eines IGBT ist der Kompromiss zwischen Durchlassverlusten und Abschaltverlusten. Dieser Kompromiss wird mit steigender Sperrspannung eines Bauelements immer schwieriger, da bei angenommener gleich bleibender Durchlassspannung die erforderliche gespeicherte Ladung in der schwach dotierten Mittelschicht quadratisch ansteigen muss [15]. Da im vorliegenden Fall ein Umrichter mit einer Ausgangsspannung von 690Vac entwickelt werden soll, sind IGBTs mit einer zulässigen Sperrspannung von 1700V erforderlich, bei denen dieser Kompromiss eine noch stärkere Rolle spielt als bei 1200V-Bauelementen. Dies ist der Grund dafür, dass 690VUmrichter heute in der Regel mit geringerer Schaltfrequenz betrieben werden als 400VUmrichter. Die heute verfügbaren wesentlichen IGBT-Technologien für 1700V Sperrspannung sind Trench-IGBTs und planare IGBTs ([24], [65], [66], [124]). 2.1.1 Trench-IGBT Der schematische Aufbau der Halbzelle eines Trench-IGBTs sowie die zugehörige Ladungsträgerverteilung im Durchlasszustand sind schematisch in Abbildung 3 gezeigt. Der Trench-IGBT zeichnet sich vor allem durch seine guten Eigenschaften im Durchlassverhalten aus. Dieses wird durch die verhältnismäßig hohe Ladungsträgerüberschwemmung erreicht. Die Injektion der Minoritätsladungsträger erfolgt beim IGBT ausschließlich aus dem p+-Gebiet der Collectorseite (das emitterseitige p-Gebiet ist durch den Inversionskanal von dem emitterseitigen n+-Gebiet zu dem schwach dotierten n--Mittelgebiet überbrückt), deshalb nimmt die Konzentration der freien Ladungsträger in der n--Mittelzone von der Collectorseite zum emitterseitigen pn-Übergang ab. Allerdings stauen sich beim Trench-IGBT im Bereich unter dem Trench-Gate die freien Ladungsträger, weil die Löcher durch die schmale Ausführung des Emitterbereiches nicht ungehindert abfließen können. Abhängig von der konkreten geometrischen Ausführung des Bereiches zwischen den Trench-Gates kann dadurch im Bereich unter dem Trench-Gate die Konzentration der freien Ladungsträger verhältnismäßig hoch gehalten oder im Vergleich zum tiefer liegenden n- Gebiet sogar wieder angehoben werden, wodurch die gute Durchlasseigenschaft des Trench-IGBTs erreicht wird. Der Nachteil der hohen gespeicherten Ladung liegt in erhöhten Abschaltverlusten, weil die gespeicherte Ladung beim Abschalten ausgeräumt werden muss. 10 A B G x E x Inversionskanal n+ n,p n+ n,p p p Elektronen n˜ p n˜ p n+ n+ n+ p+ p+ p+ n- Löcherinjektion C A’ A - A’ B - B’ B’ Abbildung 3: Trench-IGBT Struktur und Ladungsträgerverteilung im Durchlasszustand entlang den Linien A-A’ und B-B’ Die Trench-Technologie für IGBTs ist verhältnismäßig neu. Sie wird heute von den meisten Herstellern für Standard-IGBTs der aktuellen Chipgeneration eingesetzt. Diese StandardIGBTs sind für eine Schaltfrequenz von ca. 4kHz bei 1200V-IGBTs und für eine Schaltfrequenz von ca. 1,5kHz für 1700V-IGBTs optimiert. 2.1.2 Planarer IGBT Alternativ zum Trench-IGBT sind planare IGBTs verfügbar. Die Planarstruktur war vor Einführung der Trench-Struktur bei IGBTs dominant. Die Struktur und Ladungsträgerverteilung eines solchen IGBTs sind schematisch in Abbildung 4 gezeigt. 11 x A E G n+ p p n,p n+ Elektronen Inversionskanal n≈p n- n+ Löcherinjektion p+ n+ p+ C A - A’ A’ Abbildung 4: Planarer IGBT Struktur und Ladungsträgerverteilung im Durchlasszustand entlang der Linie A-A’ Der planare IGBT zeichnet sich durch sehr gutes Abschaltverhalten aus, kann aber die Durchlasswerte des Trench-IGBT nicht erreichen, da insbesondere im Bereich des emitterseitigen pn-Überganges weniger freie Ladungsträger vorhanden sind und die Zelldichte weniger hoch realisiert werden kann. Bei beiden Strukturen besteht nun die Möglichkeit, durch die Dotierung des p+Collectorgebietes und des n+-Bufferlayers die Ladungsträgerverteilung genau einzustellen. Zwei typische IGBTs der jeweiligen Technologie für 1700V/50A (Infineon) besitzen die folgende Kennwerte ([54], [56]): Bezeichnung Durchlassspannung bei Abschaltverluste Nennstrom Technologie FS50R17KE3 FS50R17KS4F 2,4V 4,9V trench planar 15,5mWs 7mWs Tabelle 1: Durchlassspannung und Abschaltverluste verschiedener IGBTs Diese Datenblattwerte, insbesondere die Abschaltverluste, sind als Richtwerte zum Vergleich der Technologien zu verstehen. Bei der Anwendung im Umrichter sind diese Verluste stark von der Ansteuerung und dem Aufbau des Leistungsteils abhängig, so dass sie an einem Demonstrator messtechnisch erfasst werden müssen. 12 uce_planar ic_trench kV kV A ic_planar uce_trench A kV kV A A 1.2 30 1.2 30 1.0 25 1.0 25 0.8 20 0.8 20 0.6 15 0.6 15 0.4 10 0.4 10 0.2 5 0.2 5 0.0 0 0.0 0 -0.2 -5 -0.2 -5 29 30 31 32 33 34 µs Abbildung 5: Abschaltverhalten des schnellen planaren IGBT und des Trench-IGBTs In Abbildung 5 sind das Abschaltverhalten des schnellen planaren IGBTs und des TrenchIGBTs vergleichend dargestellt. Die Farben magenta und rot zeigen die Collector-EmitterSpannung und der Collectorstrom des Trench-IGBT, schwarz und blau die äquivalenten Messkurven des planaren IGBT. Die in Tabelle 1 zu erkennende Tendenz wird durch die Messung bestätigt. Ursache für die erhöhten Abschaltverluste des Trench-IGBTs ist die höhere Anzahl gespeicherter Ladungsträger, die beim Abschalten als Tailstrom zu erkennen sind. Aus dieser Messung kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass IGBTs in TrenchTechnologie für niedrige Schaltfrequenz zu bevorzugen ist, während der planare IGBT für hohe Schaltfrequenz das bessere Verhalten erwarten lässt. Da in der vorliegenden Arbeit mit erhöhter Schaltfrequenz gearbeitet wird, stellen planare IGBTs die bevorzugte Variante dar. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird deshalb mit planaren IGBTs gearbeitet. 2.1.3 Ansteuerbedingungen beim Abschalten des IGBT Für die Schaltgeschwindigkeit beim Abschalten des IGBT sind mehrere Kriterien zu berücksichtigen, die im Folgenden kurz erläutert werden sollen: 13 2.1.3.1 Maximale Überspannung Aus der im Kommutierungskreis unvermeidlichen Streuinduktivität und der Forderung, dass die beim Abschalten auftretende Überspannung am IGBT dessen maximale Sperrspannung Usmax nicht überschreiten darf, ergibt sich: U CE max = U zk + Ls di ≤ U s max dt (1) Bei dem vorliegenden Demonstratorumrichter befinden sich IGBT und Diode in einem Halbleitermodul. Die durch den inneren Aufbau bedingte Streuinduktivität ist im Datenblatt angegeben, sie beträgt 30nH [56]. Zu dieser Streuinduktivität addieren sich noch die Streuinduktivität des Zwischenkreiskondensators und der Leistungsverschienung. Der Zwischenkreiskondensator ist bei der verwendeten F3E-Topologie als Folienkondensator realisiert. Dieser besitzt eine Eigeninduktivität von 30nH [30]. Die Zwischenkreisverschienung wird bei dem Demonstratorumrichter als mehrlagige Leiterplatte ausgeführt, wobei die stromführenden Kupferflächen zum positiven und negativen Zwischenkreisanschluss mit so geringem Abstand wie möglich ausgeführt werden. In Summe wird im Demonstrator eine Streuinduktivität von 100nH für den Kommutierungskreis erreicht. Bei einer maximalen Zwischenkreisspannung von 1200V und einer maximalen Halbleitersperrspannung von 1700V ergibt sich eine zulässige Überspannung von 500V. Für die zulässige Stromsteilheit ergibt sich somit nach Gl. (1): U − U zk di 500V =≤ smax = dt Ls 100nH (2) Die maximal zulässige Stromsteilheit beträgt somit 5kA/µs. Bei einem maximalen Strom von 100A bedeutet dies eine Stromfallzeit von 20ns. Derart schnelle Stromflanken können auch bei sehr schneller Ansteuerung der vorgestellten IGBTs nicht erreicht werden. Deshalb stellt das Kriterium der maximal zulässigen Überspannung im vorliegenden Fall keine Begrenzung der Schaltgeschwindigkeit dar. 2.1.3.2 Abschaltfestigkeit im Kurzschlussfall Ein weiteres Kriterium für eine Begrenzung der Schaltgeschwindigkeit ist die Abschaltfestigkeit im Kurzschlussfall [80]. Dieses Kriterium beinhaltet zwei unterschiedliche technische Hintergründe: Zum einen darf wiederum die maximal zulässige Überspannung nicht überschritten werden. Gegenüber Kapitel 2.1.3.1 verschärft sich die Anforderung, weil der abzuschaltende Strom nun nicht mehr von den Betriebspunkten des Umrichters abhängt, sondern von dem Entsättigungsstrom der IGBTs, welcher typischerweise den fünf- bis achtfachen Wert des IGBT-Nennstromes beträgt. Zum anderen bildet der dynamische Avalanche eine Grenze für die Abschaltfestigkeit. Ausgehend von der in Abbildung 4 erläuterten Ladungsträgerverteilung im statischen Durchlasszustand vor dem Abschalten wird diese Problematik in Abbildung 6 anhand der Ladungsträgerverteilung und dem elektrischen Feldverlauf während des Abschaltvorgangs veranschaulicht: 14 x x x n+ n+ p p n+ Emax Emax p n,p,E n,p,E n,p w1 n˜ p n- n-+p* w n˜ p n- n˜ p n+ n+ n+ p+ p+ p+ statischer Durchlasszustand Abschaltvorgang statischer Sperrzustand Abbildung 6: Ladungsträgerverteilung und elektrisches Feld im IGBT in unterschiedlichen Betriebspunkten Im statischen Sperrzustand ist in der schwach dotierten Mittelschicht die Dichte der sehr geringe freien Ladungsträger sehr gering (n, p << ND), der Feldgradient wird nach Gl. (9) (s. Kap. 2.2.1) von der Grunddotierung der Mittelschicht bestimmt. Die in diesem Betriebszustand von dem IGBT aufgenommene Sperrspannung kann nach Gl. (10) berechnet werden und entspricht der Fläche unter der Kurve des elektrischen Feldes. Während des Abschaltvorganges muss nun vom IGBT Sperrspannung aufgenommen werden, während noch Strom durch den IGBT fließt. Im mittleren Bild von Abbildung 6 sind die Verteilung der Ladungsträger und des elektrischen Feldes zu einem Zeitpunkt während des Abschaltvorganges dargestellt. Der Gradient des elektrischen Feldes wird wiederum durch die effektive Dotierung im Bereich des Feldes bestimmt. Allerdings addiert sich nun zu der Grunddotierung in diesem Gebiet die Ladung der Löcher, durch die der über das elektrische Feld fließende Strom getragen wird. Deshalb ergibt sich in dem Gebiet des elektrischen Feldes ein steilerer Feldgradient. Da aber zu einem Zeitpunkt, in dem noch Strom durch dem IGBT fließt, bereits die volle Zwischenkreisspannung aufgenommen werden muss, steigt gegenüber dem statischen Sperrzustand die maximale elektrische Feldstärke am pn-Übergang an. Gleichzeitig reduziert sich die effektive Basisweite des IGBT von der gesamten Dicke w des schwach dotierten Mittelgebietes auf den Wert w1. Je schneller die Spannung am IGBT ansteigt, desto stärker wirkt dieser Effekt. Der dynamische Avalanche spielt grundsätzlich bei jedem Abschaltvorgang eine Rolle, er wird jedoch umso kritischer, je höher der abzuschaltende Strom ist. Da im Kurzschlussfall der Strom weit größer ist als in regulären Betriebspunkten des Umrichters, ist auch der dynamische Avalanche im Kurzschlussfall am kritischsten. Im Fall eines Umrichters mit integriertem Sinusfilter ist ein harter Kurzschluss für die IGBTs am Umrichterausgang ausgeschlossen, da im Kurzschlusspfad immer mindestens eine Filterdrossel liegt, die den Stromanstieg drastisch reduziert. Dadurch kann jeder externe Kurzschluss vom Umrichter mit Hilfe der Ausgangsstrommessung erkannt werden. Eine Abschaltung erfolgt somit bereits an der betriebsmäßigen Überstromschwelle und nicht erst an dem Entsättigungsstrom der IGBTs. 15 Kurzschlussstelle U Uzk V W UCU UCV Abbildung 7: Kurzschluss zwischen zwei Phasen am Umrichterausgang Der Ausgangsstrom des Wechselrichters wird in der Filterdrossel gemessen. Im Fall eines Kurzschlusses am Umrichterausgang nach Abbildung 7 treibt die Zwischenkreisspannung einen Kurzschlussstrom in der Fehlerstelle, falls die Halbleiter dementsprechend eingeschaltet sind. Im gezeigten Beispiel fließt ein Kurzschlussstrom, wenn in Phase U der obere und in Phase V der untere IGBT eingeschaltet sind. Stromwandler nach dem Stand der Technik sind in der Lage, innerhalb von Δt= 10µs einen Strommesswert zu liefern und somit auch einen Kurzschlussstrom zu erkennen. Falls sichergestellt werden kann, dass ein Betrag des Stromes deutlich über dem Nennstrom innerhalb dieser 10µs nicht auftreten kann, kann ein hoher Kurzschlussstrom und somit eine hohe Belastung der Abschaltfähigkeit der IGBTs ausgeschlossen werden. Die Anstiegsgeschwindigkeit des Kurzschlussstromes hängt von dem Induktivitätswert der Filterdrossel ab. Bei Umrichtern ohne Ausgangsfilter ist dieser Wert nahezu null, wodurch der Kurzschlussstrom innerhalb von einer Mikrosekunde bis auf den Entsättigungsstrom der IGBTs, etwa dem fünf- bis achtfachen Nennstrom der IGBTs, ansteigen kann. Dass bei Umrichtern mit Sinusfilter der Stromanstieg wesentlich langsamer sein muss, zeigt folgende Plausibilitätskontrolle: Im bestimmungsgemäßen Betrieb wird der Umrichter mit seiner Schaltfrequenz getaktet. Abhängig von dem Sollspannungswert während einer Modulationsperiode kann ein Spannungszeiger nahezu die gesamte Zeitdauer der Modulationsperiode betragen. Für die Plausibilitätskontrolle wird der Extremfall angenommen, dass ein Spannungszeiger für die gesamte Dauer der Modulationsperiode konstant ist. Ist dies ein Spannungszeiger, der in Phase U den oberen IGBT einschaltet und in Phase V den unteren IGBT, so ist die Ausgangsspannung des Wechselrichters in diesem Fall identisch wie bei der beschriebenen Kurzschlussbedingung. Sind zum Zeitpunkt dieser Modulationsperiode die Spannungen UCU und UCV identisch (Nulldurchgang der verketten Motorspannung), so herrscht während der gesamten Modulationsperiode der gleiche Zustand wie während des Kurzschlusses. Die Induktivität des Sinusfilters ist mindestens so zu bemessen, dass der Ripplestrom in diesem Betriebszustand nicht unzulässig groß wird. Auf genauere Dimensionierung der Drossel wird in Kap. 3.2 eingegangen. Bei Schaltfrequenzen unter 100kHz ist die Modulationsperiode länger als 10µs, so dass ein Kurzschlussstrom innerhalb von 10µs maximal auf den Wert des Ripplestroms ansteigen kann. Der Ripplestrom muss von dem IGBT bestimmungsgemäß beherrscht werden. Deshalb stellt ein Kurzschlussstrom innerhalb von 10µs keine erhöhte Belastung gegenüber dem bestimmungsgemäßen Betrieb dar. Erst bei Schaltfrequenzen über 100kHz könnte ein Kurzschlussstrom eine erhöhte Belastung darstellen. Da zwischen betriebsmäßigem Strom und Entsättigungsstrom des IGBT in der Praxis aufgrund der Halbleiterspezifikation ein großer Sicherheitsbereich von mindestens einem Faktor 2 liegen muss, sind kritische Ströme erst bei noch höheren Schaltfrequenzen plausibel. 16 Diese Erkenntnis hat weit reichende Konsequenzen für die Dimensionierung des IGBT. Sie bedeutet, dass der IGBT in seiner Abschaltrobustheit nicht für kurzschlussfestes Verhalten ausgelegt sein muss, da der im Kurzschlussfall zusätzlich fließende Strom unter dem Nennstrom des Umrichters liegt. Dies ermöglicht Freiheiten in der Optimierung bezüglich Schalt- und Durchlassverlusten gegenüber Umrichteranwendungen ohne integrierten Sinusfilter. Ein harter Kurzschluss an den Ausgangsphasen des Wechselrichters kann somit nur durch einen internen Fehler im Umrichter erzeugt werden und nicht durch einen externen Fehler seitens des Anwenders. In der Schutzphilosophie der heutigen Umrichter im Bereich <100kW hat sich durchgesetzt, den Wechselrichter gegen interne Gerätefehler nicht zu schützen, da diese bei geeignetem Umrichterdesign extrem selten auftreten. Diese Schutzphilosophie soll als Stand der Technik auch in dem zu realisierende Demonstrator verwendet werden, so dass auch von dieser Seite kein kurzschlussfestes IGBT-Design erforderlich ist. Damit ist auch das Abschaltverhalten im Kurzschlussfall kein Kriterium, das die Schaltgeschwindigkeit begrenzt, lediglich die Abschaltfestigkeit im bestimmungsgemäßen Betrieb ist zu gewährleisten. 2.1.3.3 Belastung der Komponenten der Potenzialtrennung Ein weiterer Gesichtspunkt, der bei der Auswahl der Spannungssteilheit zu berücksichtigen ist, ist die Belastung von Komponenten zur Potenzialtrennung. Diese Komponenten sind erforderlich, um Steuersignale und Hilfsspannungsversorgungen auf dem jeweils erforderlichen Potenzial zur Verfügung zu stellen. Eine typische Applikation ist in Abbildung 8 gezeigt: Potenzialtrennung DCP Optokoppler C1 µC U, f Steuer- UStA satz T1 Ansteuerschaltung für T1 C2 U SNTPrimär seite Transformator T2 UU DCN Abbildung 8: Potenzialtrennung in einem Umrichter Um den IGBT T1 ansteuern zu können, ist es erforderlich, an dessen Gate-Emitter-Strecke eine definierte Spannungskurvenform zur Verfügung zu stellen. Von einem Referenzniveau (z.B. dem negativen Anschluss DCN des Zwischenkreises, s. Abbildung 8) muss eine bestimmte Energie zum Treiben der kapazitiven Last am Eingang des IGBT sowie eine 17 digitale Information, wann der IGBT ein- bzw. ausschalten soll, für jeden IGBT übertragen werden. In Abbildung 8 wird für das Referenzniveau der negative Zwischenkreisanschluss verwendet, die absolute Lage des Referenzniveaus ist für die dynamische Belastung der potenzialtrennenden Bauteile jedoch beliebig, da die dynamische Belastung nur von der Änderung von Potenzialen bestimmt wird. Die Energie wird in den meisten Fällen durch ein Schaltnetzteil mit einem Transformator übertragen. Die digitale Information kann durch verschiedene Komponenten wie Optokoppler, Impulsübertrager, magneto-resistive Übertrager oder Lichtwellenleiter übertragen werden. Als Stand der Technik hat sich im Bereich von Umrichtern der Optokoppler als potenzialtrennendes Bauelement etabliert, da er kostengünstig ist, keinerlei Einschränkungen bzgl. des zu übertragenden Aussteuergrades erfordert und seit vielen Jahren im Feldeinsatz bewährt ist. Alle potenzialtrennenden Bauteile besitzen aufgrund endlicher Ausdehnung und vorgegebener Materialeigenschaften eine parasitäre Kapazität über die Potenzialtrennstelle von ihrer Primär- zur Sekundärseite. In Abbildung 8 sind hierfür die Kapazitäten C1 und C2 eingetragen. Wechselt nun das Potenzial der Ausgangsphase U von DCN auf DCP bzw. umgekehrt, so tritt diese Spannungsänderung nahezu unverändert auch an den Kondensatoren C1 und C2 auf, da alle weiteren Kondensatoren, die C1 und C2 mit den Potenzialen DCN bzw. U verbinden, Stützkondensatoren mit wesentlich höheren Kapazitätswerten sind. Durch diese Spannungsänderung muss in den Kapazitäten C1 und C2 ein Strom fließen, der proportional zum Kapazitätswert und zur Spannungsänderung von 10pF und einer Spannungssteilheit von 10 dUU ist. Bei einer Kapazität dt kV ergibt sich ein Strom von 100mA. µs Dieser kapazitive Störstrom kann zum einen die Funktionsweise des potenzialtrennenden Bauelementes selbst beeinflussen. Im Fall eines Optokopplers kann es dazu führen, dass dieser Strom in der Sendediode des Optokopplers fließt und zu einem unbeabsichtigten Einschaltvorgang führt. Aus diesem Grund sollte die Sendediode eines Optokopplers im ausgeschalteten Zustand immer direkt mit einem parallel geschalteten, nahe an den Bauteilpins angeordneten Transistor kurzgeschlossen werden, der diesen Störstrom ohne nennenswerten Spannungsabfall führen kann. Zum anderen können die Störströme zu Fehlfunktionen in der IGBT-Ansteuerung oder der primärseitigen Pulserzeugung führen. In einer Schaltung nach Abbildung 8 kann dies anschaulich dargestellt werden: 18 Potenzialtrennung DCP Optokoppler µC U, f P15 T1 D1 Steuer- UStA satz C1 UC1 R1 UR1 U N15 IU UU T2 D2 DCN Abbildung 9: Störung der Ansteuerung In Abbildung 9 ist eine typische Halbbrückenschaltung dargestellt. Der Laststrom IU sei negativ und T2 sei ausgeschaltet, der Laststrom fließe durch D1. T1 sei zunächst eingeschaltet und wird nun abgeschaltet, um den Wechsel des Potenzials U vorzunehmen. Das Abschalten von T1 bewirkt an UU keine Veränderung, da D1 weiterhin den Strom führt. Lediglich der Optokoppler der Ansteuerung von T1 wird ausgeschaltet. Nach Ablauf der Verriegelungszeit schaltet nun T2 ein. Der Laststrom kommutiert von D1 auf T2, D1 nimmt Spannung auf. Der Spannungsanstieg an D1 bildet sich in gleicher Weise an C1 ab. Die Spannung UC1 hat vor der Kommutierung das Potenzial der Zwischenkreisspannung betragen, diese Spannung wird nun während der Kommutierung bis auf 0 abgebaut. Dadurch fließt ein Strom von C1 in die Ansteuerschaltung von T1 hinein. Der Optokoppler dieser Ansteuerschaltung ist ausgeschaltet, der Störstrom muss über R1 abfließen. Damit verursacht er über R1 einen Spannungsabfall UR1, der möglicherweise zu einem fehlerhaften Einschalten von T1 führen und die Brückenschaltung zerstören kann. Deshalb ist bei der Ausführung der Potenzialtrennung darauf zu achten, dass der Spannungsabfall an R1 möglichst klein zu halten ist. Da die Spannungsänderungsgeschwindigkeit hoch gewählt werden soll, um die Schaltverluste gering zu halten, können folgende Maßnahmen getroffen werden: a) Verwendung eines Optokopplers (oder eines anderen potenzialtrennenden Bauelementes) mit geringer Koppelkapazität bzw. Schirmung: mit dieser Maßnahme wird der Störstrom reduziert. In einer konkreten Anwendung sind geeignete Optokoppler einzusetzen, allerdings sind geringe Koppelkapazitäten auch bei sehr störfesten Optokopplern unvermeidbar [1]. b) Verwendung eines Optokopplers mit niederohmigem Ausgang: besitzt der Ausgang des Optokopplers eine Gegentaktstufe, so wird der Widerstand R1 überflüssig, weil der Optokoppler im ausgeschalteten Zustand aktiv gegen das negative 19 Versorgungspotenzial der Ansteuerschaltung von T1 schaltet und somit einen niederohmigen Pfad für den Störstrom zur Verfügung stellt. Diese Maßnahme reduziert nicht den Störstrom, sondern dessen Auswirkungen. Für die externe Schaltung ist das Problem damit gelöst, allerdings muss im Optokoppler eine geeignete Ansteuerung dieser Gegentaktstufe existieren; für die Anwendung besteht jedoch der Vorteil, dass die dU/dt-Festigkeit eines solchen Optokopplers im Datenblatt spezifiziert ist. c) Stützung des Ausgangssignals des Optokopplers durch einen zusätzlichen Kondensator: Wird R1 ein Kondensator parallel geschaltet, so kann dieser den kurzzeitigen Störstrom führen, ohne dass an R1 ein unzulässig hoher Spannungsabfall auftritt. Auch diese Maßnahme reduziert nicht den Störstrom selbst, sondern dessen Auswirkung. Die in diesem zusätzlichen Kondensator gespeicherte Energie wird bei jedem Schaltvorgang in Verlustwärme umgesetzt; der Widerstand R1 ist entsprechend auszulegen. Neben möglichen Fehlfunktionen der Ansteuerung können hohe Störströme zu erhöhten Abstrahlungswerten in der EMV-Messung führen. Für sehr schnelle Optokoppler, die in Frequenzumrichtern standardmäßig verwendet werden, ist ein sicherer Betrieb bis 15 kV kV spezifiziert. Deshalb soll der Wert von 15 für µs µs den Demonstratorumrichter eingehalten werden. Auswirkungen der Schaltgeschwindigkeit auf die Schaltverluste, die eine Motivation für höhere Schaltgeschwindigkeit darstellen könnten, werden im folgenden Kapitel behandelt. 2.1.3.4 Verlustersparnis durch schnelles Schalten Letztendlich entscheidet über die Attraktivität sehr schnellen Schaltens die mögliche Verlusteinsparung, die dadurch erzielt werden kann. In Abbildung 10 ist ein typischer Abschaltvorgang bei einem Strom von 23A und einer Zwischenkreisspannung von 1000V dargestellt. Die Spannungsanstiegsgeschwindigkeit beträgt 12 kV . Es ist zu erkennen, dass auch bei dem in Abbildung 10 verwendeten IGBT µs mit niedrigem Tailstrom noch ca. 50% der Schaltverlustenergie im Tailbereich anfällt. Diese Verlustenergie ist durch die Technologie des IGBT bestimmt und kann durch die Wahl der Schaltgeschwindigkeit nicht reduziert werden [97], so dass durch schnelleres Schalten nur 50% der Abschaltverlustenergie für mögliche Reduzierungen zur Verfügung stehen. Angesichts dieser Tatsache wurde für den Demonstratorumrichter entschieden, eine maximale Spannungsanstiegsgeschwindigkeit von 15 kV zu verwenden. Dieser Wert ist die µs Obergrenze, bei der noch standardmäßige Bauteile für die Potenzialtrennung eingesetzt werden können. Darüber steigt mit höheren Schaltsteilheiten auch die Problematik bzgl. elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV), so dass 15 die Spannungssteilheit gewählt wurden. 20 kV als geeigneter Kompromiss für µs uge V Uce Ic Es kV mWs A 20 1.05 28 2.8 15 0.90 24 2.4 10 0.75 20 2.0 5 0.60 16 1.6 0 0.45 12 1.2 -5 0.30 8 0.8 -10 0.15 4 0.4 -15 0.00 0 0.0 -20 -0.15 -4 -0.4 29.5 30.0 30.5 31.0 µs Abbildung 10: Schaltverlustenergie während eines Abschaltvorganges eines planaren IGBT 1700V/50A 2.1.4 Dynamische Sättigungsspannung An dieser Stelle soll noch das Phänomen der dynamischen Sättigungsspannung erläutert werden. Damit ist gemeint, dass ein IGBT beim Einschalten nicht unmittelbar nach der Schaltflanke des Stromes als Durchlassspannung seinen stationären Wert erreicht, weil zu diesem Zeitpunkt erst wenige gespeicherte Ladungsträger in der schwach dotierten Mittelschicht vorhanden sind. Der Aufbau der stationären, in Abbildung 3 und Abbildung 4 gezeigten Ladungsträgerverteilung erfordert eine gewisse Zeit [15]. Während dieses Aufbaus der Ladungsträgerüberschwemmung zeigt der IGBT erhöhte Durchlassverluste. Dieses Phänomen ist bei niedriger Schaltfrequenz wenig relevant, da der Zustand, dass der IGBT einschaltet, verhältnismäßig selten vorkommt. Bei hoher Schaltfrequenz ist das Phänomen jedoch zu berücksichtigen, da es entsprechend häufiger vorkommt und der Zeitraum des Einschaltens gegenüber der gesamten Leitdauer ein größeres Gewicht bekommt. In Abbildung 11 ist der Einschaltvorgang eines schnellen planaren IGBT 1700V/50A gezeigt. Der Test zeigt einen Betrieb bei kleiner Zwischenkreisspannung und großem Laststrom. Durch die kleine Wahl der Zwischenkreisspannung kann die Spannung am IGBT im unteren Bereich sehr gut aufgelöst werden. 21 uce ic V A 40 100 38 95 36 90 34 85 32 80 30 75 28 70 26 65 24 60 22 55 20 50 18 45 16 40 14 35 12 30 10 25 8 20 6 15 4 10 2 5 0 0 -2 -5 -4 -10 80 90 100 110 µs Abbildung 11: Dynamische Sättigung des planaren IGBT 1700V/50A beim Einschalten Es ist zu erkennen, dass nach der schnellen Einschaltflanke bei ca. 82 µs der IGBT noch ca. 5µs benötigt, um seine stationäre Durchlassspannung zu erreichen. Dass der stationäre Wert in Abbildung 11 bei ca. 87µs erreicht wird, ist daran zu erkennen, dass die Durchlassspannung am IGBT nach diesem Zeitpunkt wieder ansteigt, was auf den steigenden Laststrom zurückzuführen ist. Die Wirkungsweise der dynamischen Sättigungsspannung ist direkt in einem MessAuswertungsprogramm für Halbleiterverluste im Umrichterbetrieb schwer zu berücksichtigen, da bei einer Zwischenkreisspannung von ca. 1000V der Bereich der letzten 20V nur schwer zu erkennen ist. Deshalb soll sie durch eine geeignete, einfache Modellbildung nachgebildet werden. Diese Modellvorstellung basiert auf einem schematisch gezeichneten Verlauf der IGBT-Collectorspannung nach Abbildung 12: 22 UCE UCE1 UCEsat t t0 t1 tx t2 Abbildung 12: Schematischer Einschaltvorgang eines IGBT Während des gesamten Einschaltvorganges wird der Laststrom des kommutierenden Umrichterzweiges als konstant angenommen; er ist deshalb in Abbildung 12 nicht eingezeichnet. Der Abbau der Collectorspannung während des Einschaltvorganges findet im Intervall [t0; t1]statt. Zum Zeitpunkt t1 erreicht die Collectorspannung des IGBT jedoch noch nicht den Wert UCEsat, sondern nur den Wert UCE1. Man beachte hierbei die gestreckte Darstellung der Ordinate. Der Zeitpunkt tx bezeichnet das Ende des Intervalls, innerhalb dem die Schaltverluste ermittelt werden. Die Wahl dieses Zeitpunktes ist sehr wichtig, um zuverlässige Aussagen über Schaltverluste machen zu können. Wird tx zu früh gewählt, beispielsweise tx < t1, so werden die Schaltverluste als zu gering bewertet. Wird tx zu spät gewählt, so werden bei den Schaltverlustenergien zusätzlich Durchlassverlustenergien mit bewertet. Diese können mit E add 1 = U CEsat I Last (t x − t 0 ) (3) berechnet werden und können für große Werte von tx beträchtlich werden. Üblicherweise wird tx = t1 gewählt. In diesem Fall wird jedoch der Verlustenergieanteil der dynamischen Sättigungsspannung nicht berücksichtigt. Dieser beträgt t2 E dyn = ∫ ((U CE (t ) − U CEsat ) I Last ) dt (4) t1 Um dies auszugleichen, kann der Zeitpunkt tx verschoben werden. Im einfachsten Fall kann für tx = t2 gewählt werden. Allerdings hat diese Lösung wieder den Nachteil, dass eine zusätzliche Durchlassverlustenergie E add 2 = U CEsat I Last (t 2 − t 0 ) (5) mit berechnet wird und die Messergebnisse verfälscht. 23 Idealerweise wird der Zeitpunkt tx so gewählt, dass die Gleichung t2 ∫ (U CE (t ) − U CEsat ) dt = U CEsat (t x − t 0 ) (6) tx erfüllt ist. In diesem Fall wird der nach Beendigung des Integrationsintervalls anfallende Verlustenergieanteil der dynamischen Sättigungsspannung den zuvor bei der Schaltverlustenergie zuviel gewerteten Anteil an Durchlassenergie kompensieren. 2.2 Die Freilaufdiode 2.2.1 Die Si-pn-Diode In heute üblichen Frequenzumrichtern werden als Freilaufdioden im Motorwechselrichter bei Anschlussspannungen ab 230Vac nahezu ausschließlich pin-Leistungsdioden eingesetzt. x A p+ p+ n,p n˜ p n- n+ n+ K Abbildung 13: pin-Leistungsdiode, Struktur und Ladungsträgerverteilung Abbildung 13 sind schematisch die Struktur und die Ladungsträgerverteilung im Leitzustand für eine pn-Leistungsdiode dargestellt ([96], [109]). Wie auch beim IGBT muss bei der Dimensionierung eines realen Bauelements ein Kompromiss zwischen Durchlassspannung und Abschaltverlusten gefunden und für den Anwendungsfall optimiert werden. 24 Die Durchlassspannung einer pn-Leistungsdiode setzt sich im Wesentlichen aus zwei Anteilen zusammen: Den ersten Anteil bezeichnet man als Schwellenspannung. Dieser Anteil ist in erster Näherung unabhängig von dem in der Diode fließenden Strom. Er ergibt sich durch Diffusionsspannungen an dem p+n und am nn+-Übergang der Diode und hängt von den Dotierungen der einzelnen Gebiete ab. Nach [109] kann die Schwellenspannung einer pnDiode berechnet werden durch U th = k T ⎛⎜ p l nr ln q ⎜⎝ ni 2 ⎞ ⎟, ⎟ ⎠ (7) wobei pl und nr die Anzahl der injizierten Ladungsträger aus dem p+ bzw. n+- Gebiet in die schwach dotierte Mittelschicht darstellen. Die Schwellenspannung realer Si-Leistungsdioden liegt etwa bei 0,8V. Der zweite Anteil der Durchlassspannung einer pn-Diode wird als Driftzonenspannung bezeichnet. Er repräsentiert den Spannungsabfall über der schwach dotierten Mittelschicht der Diode. U Drift w2 = (µ p + µn ) Q I (8) In dieser Gleichung kann der Zusammenhang der Speicherladung Q mit der Driftspannung UD sehr anschaulich dargestellt werden. µp und µr bezeichnen die Beweglichkeit der Löcher bzw. Elektronen und sind Materialkonstanten des Halbleitermaterials. Soll der Driftspannungsabfall für einen gegebenen Strom I konstant bleiben, so muss die Speicherladung Q quadratisch mit der Dicke der Mittelschicht w ansteigen. Die Dicke der Mittelschicht hängt bei sperrgepoltem pn-Übergang wiederum unmittelbar mit der Sperrfähigkeit der Diode zusammen: A p+ E n- w n+ x K Abbildung 14: Feldverlauf in der pn-Leistungsdiode im Sperrzustand 25 Bei sperrgepoltem pn-Übergang ergibt sich der in Abbildung 14 gezeichnete Feldverlauf mit der Beziehung dE q N ( x ) = dx ε für N(x)=const. (9) Hierbei ist angenommen, dass die Dichte der freien Ladungsträger in der Raumladungszone so gering ist, dass diese bei der Berechnung des elektrischen Feldes vernachlässigt werden können. Die maximale Sperrspannung, die von der Diode aufgenommen werden kann, kann unter der Annahme, dass das Maximum der E(x)-Verteilung gerade den Wert der Durchbruchfeldstärke Ekrit erreicht, durch Integration des elektrischen Feldes über die Bauelementdicke errechnet werden. Da der Feldgradient in den hoch dotierten Gebieten p+ und n+ wesentlich höher ist als in der schwach dotierten Mittelschicht, errechnet sich die Sperrspannung zu w U s max = ∫ E ( x )dx (10) 0 Anschaulich kann die Sperrspannung der Diode als Fläche unter der Kurve des elektrischen Feldes gesehen werden. Soll nun die Durchbruchspannung eines Bauelementes erhöht werden, so erfordert dies eine Vergrößerung der Dicke w des schwach dotierten Mittelgebietes, weil einer Erhöhung der Feldstärke E physikalische Grenzen gesetzt sind, da die maximale Durchbruchfeldstärke Ekrit des spezifischen Halbleitermaterials nicht überschritten werden darf. Um die Durchlassspannung einer Diode trotz steigender Sperrfähigkeit konstant zu halten, bedeutet dies gemäß Gl. (8), dass mit steigender Durchbruchspannung Usmax einer Diode wegen der näherungsweise linearen Zunahme der Dicke w ihrer Mittelschicht die in der Diode gespeicherte Ladung Q quadratisch zunehmen muss. Vernachlässigt man die Ladungsträgerrekombination während des Abschaltvorgangs, so kann die Speicherladung bei jedem Abschaltvorgang der Diode messtechnisch erfasst werden: I t0 t1 t2 t Q Abbildung 15: Schematischer Strom beim Abschalten einer pin-Diode 26 Beim Abschaltvorgang muss die in der Diode gespeicherte Ladung Q ausgeräumt werden, damit die Diode Spannung aufnehmen kann. Dieser Vorgang ist als Diodenrückstrom sichtbar, wobei das Integral des Rückstromes die Speicherladung Q darstellt. Da die Diode ab dem Zeitpunkt t1 Spannung aufnimmt, führt dieser Diodenrückstrom zu Abschaltverlusten in der Diode. Zusätzlich addiert sich der Diodenrückstrom zu dem Laststrom für den einschaltenden IGBT, so dass er in dem IGBT zu einer Erhöhung der Einschaltverluste führt. Im vorliegenden Fall ist eine Diode für eine maximale Sperrspannung von 1700V erforderlich. Eine solche Diode ist standardmäßig als 50A-Chip verfügbar. Zusätzlich zu dieser Diode wurde noch ein zweiter Si-pn-Diodenchip getestet, der zunächst nur als Labormuster verfügbar ist, jedoch für höhere Schaltfrequenz optimiert wurde und daher möglicherweise eine interessante Alternative darstellt. Die Durchlassspannung der Standarddiode wurde gemessen: Kennlinie Diode Si 40 35 30 I [A] 25 25 °C 125 °C 20 15 10 5 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 U [V] Abbildung 16: Durchlasskennlinie der Si-Standarddiode Für die schnelle Si-Diode wurde folgende Durchlasskennlinie gemessen: Kennlinie Diode SiFast 40 35 30 I [A] 25 25 °C 125 °C 20 15 10 5 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 U [V] Abbildung 17: Durchlasskennlinie der schnellen SiFast-Diode 27 1.8 2 Bei beiden Dioden ist der für pn-Dioden typische negative Temperaturkoeffizient der Durchlassspannung zu erkennen. Die Kennlinien bei 125°C zeigen keinen allzu großen Unterschied. Die Durchlassspannung der schnellen Diode ist nur geringfügig höher als die der Standarddiode. Ein größerer Unterschied ist bei 25°C sichtbar. Dies legt die Vermutung nahe, dass vor allem bei Raumtemperatur die Speicherladung der schnellen Diode deutlich geringer ist. Für einen Vergleich der beiden Dioden ist neben den statischen Eigenschaften auch das dynamische Verhalten ausschlaggebend. Um dieses zu charakterisieren, ist eine vergleichende Messung der beiden Dioden in Abbildung 18 dargestellt: Spannung_Si Spannung_SiFast kV Strom_Si Strom_SiFast kV A A 1.25 80 1.25 80 1.00 60 1.00 60 0.75 40 0.75 40 0.50 20 0.50 20 0.25 0 0.25 0 0.00 -20 0.00 -20 -0.25 -40 -0.25 -40 189.5 190.0 190.5 191.0 191.5 192.0 192.5 193.0 µs Abbildung 18: Abschaltverhalten der Standard-Si-Diode und der schnellen Si-Diode, 125°C Bei diesem Versuch wurden beide Dioden mit dem gleichen IGBT abkommutiert. Die Zwischenkreisspannung beträgt ca. 1100V, dies ist ein Wert in der Nähe der oberen zulässigen Zwischenkreisspannungsgrenze eines 690V-Umrichters. Die Dioden wurden auf eine Temperatur von 125°C vorgeheizt, um einen realistischen Belastungszustand nachzubilden. Der Vorstrom durch die Dioden vor dem Abschaltvorgang betrug ca. 35A. In Abbildung 18 ist zu erkennen, dass die Speicherladung der schnellen Diode geringer ist als die der Standarddiode. Dabei reduziert sich jedoch nicht die Rückstromspitze, sondern vielmehr der Rückstrom im hinteren Bereich der Speicherzeit. Damit zeigt die schnelle Diode nach der Rückstromspitze einen deutlich schnelleren Rückgang des Stromes als die Standarddiode. Da diese Stromsteilheit nach der Rückstromspitze in Verbindung mit der Streuinduktivität des Kommutierungskreises die Überspannung an der Diode bestimmt, ist 28 die schnelle Diode deutlich stärker belastet als die Standarddiode. Der Rückstrom selbst beträgt bei beiden Dioden etwa das Doppelte des Vorstromes der Diode. Dies ist ein verhältnismäßig hoher Wert, wenn man bedenkt, dass der Vorstrom in Abbildung 18 ca. 70% des Diodennennstromes beträgt. Dies ist zu erklären durch die hohe Sperrspannungsfestigkeit der Diode von 1700V und durch die hohe Schaltgeschwindigkeit, die erforderlich ist, um geringe Gesamtschaltverluste zu erreichen. Die Speicherladung ist ein Maß für die Verlustenergie, die in der Diode bei dem Schaltvorgang umgesetzt wird. Für diese Verlustenergie gilt: E offd = ∫ U d (t ) I d (t ) dt (11) Da der Verlauf der beiden Diodenspannungen Ud(t) nahezu identisch ist, sind die Unterschiede in der Speicherladung ein anschauliches Maß für die unterschiedlichen Schaltverluste. Die Unterschiede in der Speicherladung finden sich zudem zu einem Zeitpunkt, in dem die Spannung an der Diode bereits verhältnismäßig hoch ist. Dadurch gehen die unterschiedlichen Speicherladungen stark in einen Unterschied in den Schaltverlusten ein. Für die Einschaltverluste des IGBT gilt dies in ähnlicher Weise. Den Strom des IGBT beim Einschalten erhält man, wenn man den gemessenen Diodenstrom aus Abbildung 18 um den Laststrom nach oben verschiebt, so dass die Kurve bei 0A beginnt. Für die Spannung am IGBT gilt U CE (t ) + U d (t ) = U zk = const , (12) sofern man induktive Spannungsabfälle vernachlässigt. Dies ist zulässig, da bei dem gezeigten, relativ kleinen Strom induktive Spannungsabfälle nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Verluste des IGBT beim Einschalten können aus den gemessenen Kurven somit berechnet werden zu E onIGBT = ∫ (U zk − U d (t ) ) (I Last + I d (t ) ) dt (13) An dieser Gleichung ist zu erkennen, dass die unterschiedliche Speicherladung bei den Einschaltverlusten des IGBT eine geringere Rolle spielt als bei den Ausschaltverlusten der Diode. Zum einen bildet der Diodenrückstrom nur einen Teil des IGBT-Stromes, da im IGBT noch der Laststrom fließt. Zum anderen wirkt nun der umgekehrte Effekt wie bei der Auswirkung auf die Schaltverluste der Freilaufdiode: die Unterschiede in der Speicherladung treten in einem Zeitbereich auf, in dem der IGBT seine Spannung bereits weitgehend abgegeben hat. Aus diesem Umstand lässt sich die generelle Aussage ableiten, dass mit zunehmender Schaltgeschwindigkeit die Verlustanteile während des Einschaltvorganges eines IGBT zunehmend von der Diode übernommen werden. 2.2.2 Die SiC-Schottkydiode Wie bereits beschrieben, führt die Speicherladung in bipolaren Bauelementen zu Schaltverlusten. Deshalb muss für Anwendungen mit hoher Schaltfrequenz die Speicherladung der verwendeten Halbleiterbauelemente reduziert werden. In der Praxis haben sich für Anwendungen mit sehr hoher Schaltfrequenz, wie z.B. Schaltnetzteile, 29 deshalb unipolare Bauelemente wie MOSFETS oder Schottkydioden durchgesetzt [110], die überhaupt keine Speicherladung besitzen. Abbildung 19 zeigt die Struktur einer Schottkydiode: A Metall n- n+ K Abbildung 19: Struktur der Schottkydiode Auf der Anodenseite wird das p-Gebiet der pn-Diode durch eine Metallschicht ersetzt. Die Sperrspannung des Leistungshalbleiters wird wiederum in einem schwach dotierten n-Gebiet aufgenommen, dessen Dicke von der erforderlichen Sperrspannung abhängt. Die Grenzfläche zwischen dem Metall und der schwach dotierten Schicht des Halbleiters wird als Metall-Halbleiter-Übergang oder Schottky-Kontakt bezeichnet. Die Durchlassspannung der Schottkydiode ergibt sich aus der Summe des Spannungsabfalls am Metall-HalbleiterÜbergang und dem ohmschen Spannungsabfall über dem schwach dotierten Mittelgebiet, sofern man ohmsche Kontaktwiderstände an Kathode und Anode vernachlässigt. 2.2.2.1 Der Schottky-Kontakt Der Schottky-Kontakt bildet sich an der Grenzfläche zwischen einem Metall und einem Halbleiter [100]. Zu seiner Beschreibung sei zunächst angenommen, Metall und Halbleitermaterial seien separiert. In Abbildung 20 sind die Energieniveaus von einem Metall und einem Halbleiter dargestellt. Aufgrund der Materialstruktur können nur bestimmte definierte Energieniveaus von den Elektronen eingenommen werden. Die Vielzahl nahe beieinander liegender möglicher Energieniveaus wird als Energieband bezeichnet. Das Energieband, das von gebundenen Elektronen der äußeren Schale, den Valenzelektronen, besetzt wird, wird als Valenzband bezeichnet und ist in Abbildung 20 als graue Fläche dargestellt. Sobald ein Elektron zur elektrischen Leitfähigkeit beitragen soll, muss es zusätzlich Energie aufnehmen und somit ein höheres Energieniveau besetzen. Die Energieniveaus der Elektronen, die zusätzliche Energie besitzen und die nahe beieinander liegen, werden als Leitungsband bezeichnet. Das Leitungsband ist in Abbildung 20 farbig dargestellt. 30 Abbildung 20: Darstellung der Energieniveaus in Metall und Halbleiter Im Metall existieren sehr viele frei bewegliche Elektronen, weil oberhalb des Fermi-Niveaus beliebig viele freie Zustände anzutreffen sind, wodurch das Material leitfähig wird. Im Halbleiter existiert dagegen zwischen dem obersten Niveau des Valenzbandes und dem untersten Niveau des Leitungsbandes ein Bereich von Energie, in dem keine freien Zustände existieren. Dieser Bereich wird als Bandlücke bezeichnet und ist eine wichtige Kenngröße eines Halbleitermaterials. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Energieniveau von einem Elektron besetzt wird, wird durch die Fermiverteilung beschrieben [44]: f (E) = 1 1+ e (14) E − EF kT Der Parameter EF bezeichnet das Energieniveau, bei dem die Wahrscheinlichkeit 0,5 beträgt und wird als Fermi-Niveau bezeichnet. Bei hohen Energieniveaus nähert sich die Fermiverteilung dem Wert null (die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist sehr gering), bei niedriger Energie dem Wert eins. Der Abstand des Fermi-Niveaus vom Vakuumlevel wird als Austrittsarbeit Φ bezeichnet. Bei einem undotierten Halbleiter liegt das Fermi-Niveau in der Mitte der Bandlücke. Wird der Halbleiter mit einem Element der 5. Gruppe dotiert (z.B. Phosphor), so werden zusätzliche Elektronen eingebracht (n-Dotierung), die lokale Zustände nahe des Leitungsbandes haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Elektron in das Leitungsband gelangen kann, nimmt zu, das Fermi-Niveau nähert sich abhängig von der eingebrachten Dotierkonzentration dem Leitungsband. 31 Energie Vakuumlevel EC EFH EV Halbleiter 1 0,5 f(E) Abbildung 21: Definition des Fermi-Niveaus, Beispiel n-dotierter Halbleiter Bei der Betrachtung des Schottkykontaktes wird analog zu Abbildung 20 von einem ndotierten Halbleiter ausgegangen, dessen Fermi-Niveau über dem Fermi-Niveau des Metalls liegt. Werden die beiden Festkörper kontaktiert, so fließen im Bereich der Grenzfläche Elektronen von dem Halbleiter in das Metall, die Fermi-Niveaus von Metall und Halbleiter gleichen sich einander an. Diese Elektronen hinterlassen in dem Halbleiter positiv geladene Ionen, die somit eine Raumladungszone bilden. Die Menge der erforderlichen Raumladung hängt hierbei von dem Unterschied zwischen den Austrittsarbeiten ΦM des Metalls und ΦH des Halbleiters ab. Dieser Unterschied wird als Schottkybarriere Φb bezeichnet und ist proportional zu der Differenz zwischen dem Fermi-Niveau des Metalls und der unteren Leitungsbandkante des Halbleiters: Φb = EC − E FM q (15) Das Potenzial im Festkörper wird durch die Poisson-Gleichung beschrieben. Diese lautet im eindimensionalen Fall: ρ d 2Φ =− , 2 εr ε0 dx (16) wobei ρ die gesamte im betrachteten Gebiet eingeschlossene Ladung beschreibt. Die eingeschlossene Ladung besteht aus der Ladung der ionisierten Donatoren und der freien Elektronen und Löcher. In der Raumladungszonekönnen können die freien Ladungsträger vernachlässigt werden, so dass unter der Annahme vollständiger Ionisation gilt: 32 ρ = q ND (17) x A x p Metall x O E + + + + + + n- a) Struktur b) Ladung c) Feld d) Potenzial Abbildung 22: Feldverlauf und Potenzial an der Schottkybarriere Der Verlauf des elektrischen Feldes kann mit E = − gradΦ = ∫ q ND ε ε0 (18) dx berechnet werden. Im Metall ist eine sehr große Anzahl an Ladungsträgern vorhanden, die nach Gl. (18) zu einem extrem hohen Feldgradienten führt. Im Metall ist aufgrund des hohen Gradienten keine ausgedehnte Raumladungszone vorhanden, in erster Näherung kann das elektrische Feld an dieser Stelle als Sprung auf null nachgebildet werden. Wird an die Anschlüsse der Schottkydiode eine externe Spannung angelegt, bei der die Anode ein negatives Potenzial gegenüber der Kathode annimmt, so wird der Abfluss der Elektronen aus dem Halbleitermaterial in das Metall verstärkt. Die Raumladungszone weitet sich auf, und die Diode nimmt Sperrspannung auf. Wird durch eine externe Spannungsquelle das Potenzial der Anode gegenüber der Kathode erhöht, so wird die Raumladungszone aus Abbildung 22 reduziert und das interne Potenzial abgebaut. Übersteigt der Betrag der positiven externen Spannung an der Anode das interne Potenzial des Schottkykontaktes, so können Elektronen von der Kathode über den MetallHalbleiter-Übergang zur Anode fließen; die Diode befindet sich im Durchlasszustand. Die Überwindung des internen Potenzials ist an den externen Kontakten der Diode als Schwellenspannung messbar. Die Höhe dieser Schwellenspannung hängt von dem internen Potenzialverlauf und somit von Φb ab. 33 2.2.2.2 Die Driftzone Die schwach dotierte Schicht des Halbleitermaterials wird als Driftzone bezeichnet. Sie ist erforderlich, um die Sperrspannung der Schottkydiode aufzunehmen. Mit zunehmender Sperrspannung wird das elektrische Feld am Metall-Halbleiter-Übergang zunehmen. Nach Gl.(18) ist der Feldgradient durch die Dotierung bestimmt, die aufgenommene Sperrspannung kann über das Integral über das elektrische Feld bestimmt werden. Die maximale Sperrspannung, die eine Schottkydiode aufnehmen kann, wird durch die maximale Feldstärke begrenzt, die im Halbleiter auftreten darf und durch die Höhe der Schottky-Barriere, die den Sperrstrom bestimmt. Oberhalb dieser maximalen Feldstärke können in den Atomen der Raumladungszone freie Elektronen und Löcher durch Aufbrechen der Atombindungen erzeugt werden. Der Sperrstrom steigt in diesem Fall lawinenartig an und durch die gleichzeitig anliegende hohe Spannung wird in der Diode sehr hohe Verlustleistung umgesetzt, die zu einer Beschädigung der Diode führt. Aus diesem Grund darf de maximal zulässige elektrische Feldstärke in der Diode nicht überschritten werden. E Ekrit2 Ekrit1 x w2 w1 Abbildung 23: Verlauf des elektrischen Feldes bei Materialien mit unterschiedlicher kritischer Feldstärke Die Höhe der maximal zulässigen kritischen Feldstärke ist für die Auslegung einer Diode von großer Bedeutung. In Abbildung 23 ist der Verlauf des elektrischen Feldes für zwei Bauelemente dargestellt, deren kritische Feldstärke sich um den Faktor 2 unterscheidet. An beiden Bauelementen liegt die gleiche Sperrspannung an, die durch die Fläche unter der Kurve des elektrischen Feldes festgelegt ist. Die Diode mit der höheren kritischen Feldstärke benötigt eine proportional geringere Dicke w. Darüber hinaus sind der Feldstärkegradient und damit die Dotierung der schwach dotierten Mittelschicht proportional höher. Unter der Annahme vollständiger Ionisation berechnet sich der Driftwiderstand der Diode zu [109]: R Drift = mit: w q µn N D A w: q: µn: ND: A: (19) Dicke der Diode Elementarladung Beweglichkeit der Elektronen Dotierungskonzentration in der schwach dotierten Mittelschicht Fläche der Diode 34 Die zulässige Dotierungskonzentration wird als kritische Ladung bezeichnet und ergibt sich aus der Poisson-Gleichung zu q ND = ε E krit w (20) Die maximale Sperrspannung, die die Diode aufnehmen kann, beträgt U s max = 1 w E krit 2 (21) Durch Einsetzen von Gl. (20) und Gl. (21) in Gl. (19) ergibt sich der Driftzonenwiderstand in Abhängigkeit der kritischen Feldstärke zu: RD = 4 U s max 2 (22) µn ε E krit A 3 Der Driftzonenwiderstand reduziert sich somit mit der dritten Potenz des kritischen elektrischen Feldes des Halbleitermaterials. Für den Vergleich zwischen Silizium und Siliziumkarbid überwiegt dieser Einfluss deutlich gegenüber den Unterschieden in µn und ε. Das kritische elektrische Feld in Silizium beträgt 24V/µm. Für Siliziumkarbid liegt diese kritische elektrische Feldstärke etwa bei 200 - 300V/µm ([5],[117]). Deshalb können Schottkydioden in Siliziumkarbid bei einer gegebenen Sperrspannung mit wesentlich geringerem spezifischem Durchlasswiderstand realisiert werden. Für eine erforderliche Sperrspannung von 1700V kann eine Diode mit einem spezifischen Driftwiderstand von 2mΩcm2 bei einer Temperatur von 25°C erreicht werden. In Silizium wäre dieser Wert rechnerisch um den Faktor 1000 höher. In der Praxis sind Silizium-Schottkydioden wegen des hohen Driftzonenwidestandes nur bis zu einer Sperrspannung von ca. 200V verfügbar, für höhere Sperrspannung müssen pn-Dioden eingesetzt werden, deren schwach dotiertes Mittelgebiet im Durchlasszustand von Ladungsträgern überschwemmt wird. Für hohe Schaltfrequenz bietet eine Schottkydiode jedoch einen immensen Vorteil durch die fehlende Speicherladung und dadurch bedingt die wesentlich geringeren Schaltverluste. 2.2.2.3 Parallelschaltbarkeit von SiC-Schottkydioden Da bei Bauelementen aus SiC die Dichte von Defekten auf dem Wafer im Vergleich zu Silizium sehr hoch ist, können mit wirtschaftlicher Ausbeute nur verhältnismäßig kleine Chips hergestellt werden. Um dennoch Stromrichter mit der geforderten Ausgangsleistung bis 55kW herstellen zu können, müssen diese Chips parallel geschaltet werden. 35 A ILast Uth1 Uth2 Rdrift1 Rdrift2 Rsub1 Rsub2 K Abbildung 24: Parallelschaltung zweier Schottkydiodenchips In Abbildung 24 ist ein Modell für die Parallelschaltung von zwei Chips dargestellt, es ist auf beliebig viele Chips erweiterbar. In der Parallelschaltung wird die Summe der Schleusenspannung und des Spannungsabfalls am Driftwiderstand und des Substratwiderstandes für alle Chips identisch sein. Die Aufteilung des Laststromes auf die einzelnen Chips wird von den einzelnen Impedanzen bzw. von den Toleranzen der Impedanzen zwischen den einzelnen Chips abhängen. Hierbei ist zwischen zwei Effekten zu unterscheiden: a) Aufgrund von Fertigungstoleranzen können einzelne Parameter unterschiedliche Werte aufweisen. b) Aufgrund dieser Toleranzen können die Chips unterschiedliche Temperaturen annehmen. Diese unterschiedlichen Temperaturen können wiederum zu weiteren Parameterunterschieden führen. Diese temperaturbedingten Parameterunterschiede können auch bei Parametern auftreten, die keine fertigungsbedingten Abweichungen besitzen. Die Schleusenpannung eines SiC-Schottkydiodenchips wird im Wesentlichen durch die Eigenschaften des Schottkykontaktes bestimmt. Bei gegebener Temperatur sind Unterschiede in der Schleusenspannung zwischen einzelnen Chips vernachlässigbar. Allerdings ändert sich die Schleusenspannung mit der Temperatur. Für die Höhe der Schwellenspannung gilt [9]: U S = Φb + ⎞ k T ⎛⎜ I Last ln ** 2 ⎟ q ⎜⎝ A T A ⎟⎠ (23) A** bezeichnet hierbei die effektive Richardson-Konstante. Im praxisrelevanten Arbeitsbereich mit einer Stromdichte bis 300A/cm2 und einem Temperaturbereich zwischen 270K und 500K ist der Logarithmusterm immer negativ. Mit steigender Temperatur nehmen sowohl der Logarithmusterm als auch sein Vorfaktor betragsmäßig zu, so dass die Höhe der 36 Schwellenspannung mit der Temperatur abnimmt. Bei der Betrachtung eines Temperaturbereiches zwischen 273K und 423K ergibt sich jedoch nur eine Änderung dieser Schwellenspannung unter 0.1V, so dass dieser Effekt nur einen sehr geringen Einfluss besitzt. Die Berechnungsformel für den Driftwiderstand ist in Gl. (19) gegeben. Fertigungsbedingte Toleranzen des Driftwiderstandes treten in erster Linie bei der Dicke w der Driftzone und deren Dotierung ND auf. Diese Unterschiede können durch die Messung der statischen Durchlasseigenschaften der Diodenchips eines Wafers ermittelt werden. Abbildung 25: Kumulative Häufigkeit des Gesamtwiderstandes (Summe aus Driftzonenwiderstand und Substratwiderstand) für Dioden aus 3 SiC-Wafern bei T=300K (Quelle: Fa. SiCED) In Abbildung 25 ist zu erkennen, dass innerhalb eines Wafers der Durchlasswiderstand der Schottkydioden um maximal 25mΩ voneinander abweicht. Bezieht man alle Wafer in die Betrachtung mit ein, so beträgt die maximale Abweichung 43mΩ. Die temperaturabhängige Größe in Gl. (19) ist die Beweglichkeit der Elektronen µn. Die Temperaturabhängigkeit der Beweglichkeit ist aus Messungen bekannt [61]: ⎛ T ⎞ μ n (T ) = μ n (300 K ) ⎜ ⎟ ⎝ 300 ⎠ βn (24) Der Exponentialterm βn ist von der Dotierung der Epitaxieschicht abhängig, auch diese Abhängigkeit ist messtechnisch bekannt. Bei der betrachteten Dotierungskonzentration von 4*1015/cm3 beträgt der Exponentialterm βn = -2,6. Der zweite Widerstand Rsub aus Abbildung 24 bezeichnet alle weiteren ohmschen Widerstände in der Schottkydiode. Dies sind vornehmlich der Substratwiderstand des SiCGrundmaterials und ohmsche Kontaktwiderstände. Da diese Widerstände bei 1700VBauteilen deutlich kleiner als der Driftwiderstand sind, ist es in erster Näherung zulässig, deren Parameterstreuungen und Temperaturabhängigkeiten zu vernachlässigen. 37 Mit diesen Werten kann unter Verwendung der thermischen Ersatzwiderstände der SiCDiodenchips eine Berechnung der Stromverteilung auf die einzelnen Chips durchgeführt werden. Neben der statischen Abweichung aufgrund der Parameterstreuungen ist vor allem die temperaturbedingte Abweichung aufgrund der temperaturabhängigen Beweglichkeit µn(T) von Interesse. Trägt man die Durchlasskennlinie eines Chips bei verschiedenen Temperaturen auf, so ist zu erkennen, dass für alle praxisrelevanten Umrichterausgangsströme die Durchlassspannung der Diode einen positiven Temperaturkoeffizienten besitzt. Dies ist auch aus dem Datenblatt eines Moduls mit SiCSchottkydioden ersichtlich. Abbildung 26: Durchlasskennlinie der 42A SiC-Diode [56] Ein Diodenchip einer Parallelschaltung, der aufgrund von Parametertoleranzen einen geringeren Driftwiderstand besitzt und somit einen erhöhten Laststrom führt, wird stärker erwärmt als die benachbarten Diodenchips der Parallelschaltung, weil die Spannung in der Parallelschaltung für alle Dioden identisch ist. Der positive Temperaturkoeffizient führt dazu, dass der Driftwiderstand des einen Diodenchips zunehmen wird und somit dem erhöhten Laststrom entgegenwirkt. Deshalb ist eine überproportionale Konzentration des Laststroms auf eine einzige Diode nicht zu befürchten. Die Kennlinie der Diode für eine Sperrschichttemperatur von 120°C zeigt einen charakteristischen Knick bei einer Durchlassspannung von ca. 3,3V. Dieser ist dadurch zu erklären, dass der Randabschluss der Diode mit einem implantierten pp+-Ring ausgeführt ist. Diese Technologie ist in der Literatur als junction termination edge (JTE) bekannt. Bei sehr hoher Stromdichte kann dieser p+-Ring Ladungsträger in die Diode injizieren, da er als der Schottkydiode parallel geschaltete pn-Diode wirkt, deren Schleusenspannung in SiC etwa 2,8V beträgt. Dieses Verhalten verbessert die Robustheit der Schottkydiode bei Belastung mit hohem Stoßstrom, ist sonst jedoch für das elektrische Verhalten irrelevant, da derart hohe Stromdichten in der Praxis nicht erreicht werden. Der beschriebene positive Temperaturkoeffizient der Schottkydiode stellt zwar sicher, dass keine Stromkonzentration auf eine Diode in der Parallelschaltung auftritt, dennoch ist für die Dimensionierung eines Umrichters eine quantitative Aussage erforderlich, mit wie viel Fehlverteilung des Laststrom bei einer bestimmten Anzahl parallel geschalteter Dioden zu 38 rechnen ist. Dies kann mit Hilfe einer iterativen thermoelektrischen Berechnung ermittelt werden. Für die thermische Nachbildung der Parallelschaltung wird eine einfache Ersatzanordnung verwendet. Bei dieser befinden sich alle Diodenchips auf einer thermisch unendlich gut leitfähigen Oberfläche, die eine vorgegebene Temperatur besitzt und somit die Oberfläche einer Modulbodenplatte nachbildet. Die Temperatur dieser Oberfläche ist konstant und somit unabhängig von den Verlusten der Diodenchips. Die Temperatur der Diodenchips ergibt sich durch den thermischen Widerstand der Chips zu dieser Bodenplatte und die in der Diode anfallenden Verluste, die von der Stromaufteilung in der Parallelschaltung abhängen. Als Startbedingung für die Iteration wird eine worst case Bedingung gewählt, die sich aus den Bauelementdaten aus Abbildung 25 ergibt. Es wird dabei angenommen, dass bei einer Parallelschaltung von n Chips ein Chip einen minimalen Widerstand und die anderen n-1 Chips den maximalen Widerstand aufweisen. Die Schleusenspannungen der Chips werden als gleich angenommen Mit diesen Startbedingungen werden die Stromaufteilung, die Verlustleistung und die daraus resultierende neue Chiptemperatur berechnet. Anschließend wird für die nächste Iterationsschleife aus dieser Chiptemperatur der neue Widerstand mit Hilfe von Gl. (19) und Gl. (24) sowie die neue Schleusenspannung mit Gl. (23) berechnet. Für weitere Iterationsschleifen ist die Vorgehensweise identisch. Die Iteration wird abgebrochen, sobald die Temperaturänderung der Chips im Vergleich zum letzten Iterationsschritt einen vorgegebenen Wert unterschreitet. Um eine Abschätzung zu erhalten, inwiefern der Temperaturkoeffizient auf die Stromverteilung überhaupt einen Einfluss hat, wurde die Stromverteilung in Abhängigkeit der Parallelschaltzahl berechnet: Stromkonzentration im heißesten Chips Strom im heißesten Chip/ Strom bei identischen Chips 1.11 Vernachlässigung des positiven Temperaturkoeffizienten 1.1 1.09 Berücksichtigung des positiven Temperaturkoeffizienten 1.08 1.07 1.06 1.05 1.04 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Anzahl parallelgeschalteter Diodenchips Abbildung 27: Einfluss des positiven Temperaturkoeffizienten Vernachlässigt man die Temperaturabhängigkeit der Schottkydiode, so wird die Stromaufteilung unmittelbar von der Differenz der Durchlasswiderstände aufgrund von 39 Parameterstreuungen bestimmt. Mit den Bauelementdaten aus Abbildung 25 ergibt sich damit die schwarze Kurve in Abbildung 27. Diese kann analytisch berechnet werden: I Last I1 I mittel = R2 n −1 R n R2 R1 + 2 n −1 n −1 = R I last R1 + 2 n −1 n (25) mit: I1: Imittel: ILast: R1: R2: n: Strom durch den Chip mit geringerem Widerstand Strom durch einen Chip bei identischen Widerständen Gesamtstrom, der durch die Parallelschaltung fließt Widerstandswert des einen Chips mit minimalem Ron Widerstandswert eines Chips mit maximalem Ron Anzahl der parallel geschalteten Chips Für eine sehr hohe Anzahl parallel geschalteter Chips nähert sich der Grenzwert von Gl. (25) für n→∞ dem Wert R2/R1 an. Rechnet man dies mit den Werten aus Abbildung 25 für einen Wafer umgerechnet auf 80°C, so ergibt sich ein Grenzwert von ca. 1,12. In der magentafarbenen Kurve aus Abbildung 27 kann der Einfluss des positiven Temperaturkoeffizienten abgelesen werden. Die Stromfehlverteilung wird bei den für den Demonstratorumrichter verwendeten Chipdaten um ca. 10% reduziert. Für die praktische Anwendung bedeutet dies, dass trotz des verhältnismäßig starken positiven Temperaturkoeffizienten aus Gl. (24) noch 90% der parameterbedingten Fehlverteilung bestehen bleiben. Diese darf somit bei der Auslegung der Parallelschaltung nicht mit dem Argument eines positiven Temperaturkoeffizienten vernachlässigt werden. Die aufgrund der parameterbedingten Streuungen auftretende Temperaturüberhöhung am heißesten Chip ist unter Berücksichtigung der temperaturabhängigen Bauelementgrößen in Abbildung 28 dargestellt: Temperaturüberhöhung des heißesten Chips Temperatur heißester Chip/ Temperatur bei identischen Chips 1.2 Chips aus verschiedenen Wafern 1.18 1.16 1.14 1.12 1.1 1.08 Chips aus einem Wafer 1.06 1.04 1.02 1 2 3 4 5 6 7 8 Anzahl parallelgeschalteter Diodenchips Abbildung 28: Temperaturüberhöhung des heißesten Chips 40 9 10 Auch bei dieser Berechnung wurden die Daten aus Abbildung 25 verwendet. Durch die Verwendung von Chips aus nur einem Wafer kann die Temperaturüberhöhung halbiert werden, weil auch die Ränder der Verteilung um den Faktor 2 reduziert werden. Diese Temperaturüberhöhung ist die relevante Größe bei der Auslegung der Parallelschaltung. Soll die Temperaturüberhöhung weiter abgesenkt werden, so ist dies über eine geschickte Selektion der Chips eines Wafers für eine Parallelschaltung möglich. Hierbei kann die Tatsache ausgenutzt werden, dass die Schwankung des Driftwiderstandes bei Chips auf einem Wafer technologisch bedingt und somit systematisch ist. Die wesentliche Ursache für die Schwankung sind Unterschiede in der Dotierung des Driftgebietes, die während der Epitaxie entstehen. Diese Dotierung ist in der Wafermitte maximal und sinkt zum Rand in erster Näherung rotationssymmetrisch ab. Werden die Chips beim Einbau in ein Halbleitermodul gemäß einer Spirale von außen nach innen oder umgekehrt entnommen, so kann die Temperaturüberhöhung innerhalb einer Parallelschaltung minimiert werden. Für dieses optimierte Verfahren wurde ein Patent angemeldet [57]. Ron Start Linker Waferrand Wafermitte Rechter Waferrand Entnahmereihenfolge der Chips Abbildung 29: Vorteilhafte Chipentnahme zur Reduzierung der Stromfehlverteilung in der Parallelschaltung 2.2.2.4 Bestimmung der Chipgröße der SiC-Dioden Mit den Halbleiterbauelementen sollen Umrichter im mittleren Leistungsbereich realisiert werden. Hierfür wird ein Bereich von 15kW bis 55kW ausgewählt, was einem Umrichterausgangsstrom von 19A bis 62A entspricht. Bei Standardumrichtern mit Siliziumbauelementen können derartige Ausgangsströme ohne Parallelschaltung von Chips realisiert werden, die genannten Einschränkungen, die durch Parallelschaltung entstehen, sind somit nicht relevant. Neben den positiven Eigenschaften des Halbleitermaterials Siliziumkarbid besteht ein wichtiger Nachteil darin, dass die Anzahl der Defektstellen auf einem Wafer deutlich größer ist als bei einem Siliziumwafer ([103], [133]). Da eine Defektstelle den betroffenen Chip unbrauchbar macht, führen diese Defektstellen zu einer Reduzierung der Ausbeute und somit zu einer Steigerung der Kosten. Aufgrund der Anzahl der Defektstellen wird die Ausbeute durch die Größe der Halbleiterchips bestimmt, da bei großen Chips durch eine Defektstelle eine größere Halbleiterfläche verworfen werden muss. Bei zufällig verteilten Defektstellen mit der Defektdichte D auf dem Wafer gilt für die Ausbeute für Chips mit der Fläche AChip: 41 Ausbeute = e (26) − D AChip Bei gegebener Defektdichte nimmt die Ausbeute mit größer werdender Chipfläche ab. Dies würde nahe legen, dass die Chipfläche möglichst klein gewählt werden muss, um die Ausbeute zu maximieren. Allerdings ist das entscheidende Kriterium für die bestmögliche Ausnutzung des Wafers nicht allein die Chipausbeute, sondern die Fläche des Wafers, die zur aktiven Stromführung genutzt werden kann. Der Chiprand mit der Breite bRand ist für die aktive Stromführung nicht nutzbar. Er besteht aus einem ersten Bereich, der für den Abbau des elektrischen Feldes von der Anode auf der Chipoberfläche bis zur Sägekante, die auf Kathodenpotenzial liegt, genutzt wird. Der zweite Bereich des Chiprandes ist für den mechanischen Sägevorgang erforderlich, der den Wafer in einzelne Chips zerteilt. Für eine gegebene Chipfläche und eine gegebene erforderliche Randbreite wird die Flächenausnutzung des Chips maximal, wenn der Chip als Quadrat ausgeführt wird. In diesem Fall gilt: Ausnutzung Chip = Aaktiv ,Chip AChip ( = AChip − 2 b Rand ) 2 (27) AChip Bei gegebener Randbreite wird die aktive Fläche für möglichst große Chips maximal. Die gesamte aktive Waferfläche ergibt sich durch Multiplikation von Gl. (26) und Gl. (27) bei Vernachlässigung der Unstetigkeiten am Waferrand: Ausnutzung Wafer = Aaktiv ,Wafer AWafer = Ausnutzung Chip ⋅ Ausbeute (28) Zur Veranschaulichung sind die einzelnen Größen schematisch dargestellt: AChip bRand Aaktiv,Chip Aaktiv,Wafer Defektstelle Abbildung 30: Definition von Randbreite, Chipfläche, aktiver Chipfläche und aktiver Waferfläche 42 Für eine Defektdichte von 5 Defekten/cm² und einer Randbreite von 100µm sind die Flächenausnutzung eines guten Chips, die Ausbeute und die Flächenausnutzung des Wafers als Funktion der Chipgröße dargestellt: 100 AusnutzungChip 90 80 70 [%] 60 AusnutzungWafer 50 Ausbeute 40 30 20 10 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 2 Chipfläche/[mm ] Abbildung 31: Ausnutzung der Waferfläche, berechnet aus Ausbeute und Ausnutzung der Chipfläche Die aktiv nutzbare Waferfläche als Funktion der Chipgröße zeigt ein charakteristisches Maximum, im vorliegenden Fall liegt dies bei einer Chipgröße von ca. 3mm2. Da dieses Maximum für die tatsächliche Gestaltung des Chips von großer Bedeutung ist, wird es für verschiedene Randbreiten und Defektdichten dargestellt: Optimale Diodenfläche 20 18 16 14 18-20 12 10 8 6 450 250 50 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 16-18 14-16 12-14 10-12 8-10 4 6-8 2 4-6 0 Randbreite brand/ [µm] Optimale Chipfläche/[mm2] 2-4 0-2 Defektdichte D/[cm-2] Abbildung 32: Optimale Chipfläche in Abhängigkeit von Randbreite und Defektdichte 43 Mit einer sinkenden Anzahl von Defektstellen kann die Chipfläche vergrößert werden. Mit zunehmender Randbreite nimmt die optimale Chipgröße ebenfalls zu, wobei in diesem Fall die aktiv nutzbare Waferfläche sinkt: Maximal mögliche Waferausnutzung 1 0.9 0.8 0.7 0.9-1 0.6 0.5 AusnutzungWafer 0.4 Randbreite brand/[µm] 250 450 10 9 8 7 6 5 4 3 2 0.6-0.7 0.5-0.6 0.4-0.5 0.2 0.3-0.4 0 50 0.7-0.8 0.3 0.1 1 0.8-0.9 0.2-0.3 0.1-0.2 0-0.1 0 Defektdichte D/[cm-2] Abbildung 33: Maximal mögliche Waferausnutzung in Abhängigkeit von Randbreite und Defektdichte Für eine optimale Ausnutzung des Wafers wird angestrebt, sowohl die Defektdichte als auch die Randbreite möglichst gering zu halten. Die Maximierung der aktiv nutzbaren Waferfläche stellt das wichtigste Optimierungsziel für ein kostenoptimiertes Halbleitermodul dar. Allerdings spielen bei dieser Optimierung für eine geeignete Ausführung des Halbleitermoduls noch andere Punkte eine Rolle, die an dieser Stelle erwähnt werden sollen: ¾ Die Verwendung von vielen kleinen Chips verbessert den Freiheitsgrad, in einem Halbleitermodul, die Chips auf eine größere Fläche zu verteilen. Dies spart zwar keine Verlustleistung, die für die Auslegung des Kühlsystems des Umrichters maßgebend ist, aber die Halbleiterfläche kann besser ausgenutzt werden, weil der Temperaturhub reduziert wird. Dieser Vorteil kann nur am Einzelfall eines Halbleitermoduls quantitativ bewertet werden, da er von dem Füllgrad des Moduls mit Chips und dem Layout der DCB abhängt. ¾ Eine hohe Parallelschaltzahl führt zu einem Derating aufgrund nicht idealer Stromverteilung (s. Kap. 2.2.2.3) ¾ Eine minimale Chipfläche ist erforderlich, um den Chip mittels eines Bonddrahtes zu kontaktieren. ¾ Kleine Chips erhöhen einzelne Fertigungsschritte, z.B. Sägen des Wafers, Testen und Bonden der Chips. Diese Themen sind im Einzelfall von der Fertigungstechnologie abhängig und können nur für konkrete Beispiele quantifiziert werden. 44 2.2.2.5 Dynamisches Abschaltverhalten der SiC-Schottkydiode Der wesentliche Vorteil der Schottkydiode zeigt sich in ihrem dynamischen Abschaltverhalten [16]. Da in der Schottkydiode keine Speicherladung existiert, müssen beim Abschaltvorgang auch keine Minoritätsladungsträger ausgeräumt werden. IGBT-Einschalten der Testmodule, 35A, 125°C 2400 200 Si 2100 150 1800 100 1500 50 SiC 1200 0 900 -50 600 -100 300 -150 0 0.00 Ic/[A] Uce/[V SiFast -200 200.00 400.00 600.00 800.00 1000.00 t/[ns] Abbildung 34: Kommutierungsvorgang von Si-Dioden und der SiC-Schottkydiode In Abbildung 34 sind die Zeitverläufe von Strom (oben) und Spannung (unten) an einem IGBT während des Kommutierungsvorgangs beim Einsatz unterschiedlicher Freilaufdioden dargestellt. Die roten und blauen Kurven zeigen den Kommutierungsvorgang der 1700VStandarddiode aus dem Halbleitermodul FS50R17KE3 [54] (Si) und einem für schnelles Schalten optimierten 1700V-Diodenmuster (SiFast), deren Strom- und Spannungsverläufe an der Diode bereits in Abbildung 18 dargestellt wurden. Der Kommutierungsvorgang der SiC-Schottkydiode (grüne Kurven) zeigt das erwartete Verhalten der fehlenden Speicherladung. Für den einschaltenden IGBT ergeben sich dadurch folgende Vorteile, die zu reduzierten Schaltverlusten führen: 1) Durch die fehlende Speicherladung wird der Strom im einschaltenden IGBT reduziert, der durch den Halbleiter fließt, solange noch hohe Spannung am IGBT anliegt. 2) Der Zeitbereich vom Nulldurchgang bis zur Rückstromspitze verschwindet bei der Schottkydiode vollständig. In diesem Zeitbereich ist eine pn-Diode nur zu einem sehr geringen Maß in der Lage, Spannung aufzunehmen, so dass beim Kommutierungsvorgang mit einer pn-Diode in diesem Zeitbereich hohe Verluste im einschaltenden IGBT anfallen. 3) Die zulässige Schaltgeschwindigkeit des Kommutierungsvorgangs wird – vor allem bei pn-Dioden mit hoher Sperrfähigkeit – zum großen Teil von dem Abrissverhalten der pn-Diode bestimmt. Der Abriss äußert sich in einer hohen Stromsteilheit des Diodenstromes in dem Zeitbereich nach der Rückstromspitze, die in Verbindung mit unvermeidlichen Streuinduktivitäten des Kommutierungskreises zu einer hohen kurzzeitigen Spannungsbelastung der Diode führt. Die Schaltgeschwindigkeit muss so begrenzt werden, dass im ungünstigsten Betriebspunkt – den üblicherweise eine hohe Zwischenkreisspannung, ein niedriger Laststrom und eine niedrige Temperatur darstellen – weder die maximale Sperrfähigkeit der Diode überschritten wird noch die Diode durch dynamischen Avalanche zerstört wird. Da bei der Schottkydiode keine Speicherladung ausgeräumt werden muss, entfallen diese Dimensionierungskriterien. Die Schaltgeschwindigkeit wird deshalb nicht mehr durch die Eigenschaften der 45 Leistungshalbleiter begrenzt, sondern durch Systemanforderungen wie beispielsweise die maximal zulässige Spannungssteilheit an potenzialtrennenden Bauelementen wie Optokopplern. An der Schottkydiode selbst sind in den Kurvenverläufen nach Abbildung 34 überhaupt keine Abschaltverluste erkennbar. Allerdings ist anhand der Kurvenverläufe schwer abschätzbar, ob tatsächlich überhaupt keine Schaltverluste auftreten. Da die Fläche der SiC-Diode aus Kostengründen möglichst klein sein soll, könnten bei hoher Schaltfrequenz auch geringe Schaltverluste zu nennenswerter Temperaturerhöhung führen. Deshalb sollen die Verluste der Schottkydiode kaloriemetrisch erfasst werden. Hierzu wurde ein Zwei-Quadrantensteller (2QS) mit Spannungsumkehr verwendet. Dieser wurde mit zwei Halbleitermodulen aufgebaut, wobei in Halbleitermodul 1 nur eine SiC-Schottkydiode verwendet wird und in Halbleitermodul 2 die übrigen erforderlichen Bauteile. Beide Halbleitermodule wurden auf unterschiedliche Kühlkörper montiert. Modul und Kühlkörper 1 Modul und Kühlkörper 2 T1 D2 T2 D1 DUT ILast LLast RLast CZK UZK ULast Abbildung 35: 2QS zur Ermittlung der Schaltverluste der SiC-Schottkydiode Mit dem 2QS wird in der Last ein Gleichstrom aufgebaut. Hierbei existieren folgende Schaltzustände: I. T1 und T2 sind eingeschaltet: In diesem Fall fließt ein Strom durch T1, die Last, T2 und den Zwischenkreiskondensator. Die Spannung an der Last ist gleich der Zwischenkreisspannung, der Strom in der Last steigt an. II. T1 ist eingeschaltet, T2 ist abgeschaltet: Der Strom fließt über T1, die Last und D2. Die Spannung an der Last ist sehr klein und gleich der Durchlassspannung von T1 und D2. Der Strom in der Last wird durch den Spannungsabfall an den Halbleitern und dem ohmschen Anteil der Last geringfügig abgebaut. III. T1 und T2 sind abgeschaltet: An der Last liegt die negative Zwischenkreisspannung an. Der Strom fließt über die beiden Dioden. Er wird in der Last abgebaut. IV. T2 ist eingeschaltet, T1 ist ausgeschaltet: Der Strom fließt über T2 und D1, das Verhalten in der Last ist identisch zu Schaltzustand II. 46 ULast ILast UZK Imittel 0 t -UZK Schaltzustand IV I II III IV Abbildung 36: Verlauf von Strom und Spannung in der Last Die Spannungs-Zeit-Fläche an dem ideal induktiven Teil der Last muss im eingeschwungenen Zustand null sein. Im Schaltzustand I muss deshalb positive SpannungsZeit-Fläche aufgebaut werden, die in den Schaltzuständen II, III und IV kompensiert wird. Der Mittelwert des Stromes stellt sich dementsprechend ein. Je kürzer die Schaltzustände I und III im Vergleich zu II und IV gewählt werden, desto geringer ist der Stromripple. Werden die Schaltzustände im gleichen Maßstab verkürzt oder verlängert, so bleibt der Mittelwert des Laststromes erhalten, während sich die Schaltfrequenz der Leistungshalbleiter ändert. In der betrachteten Schottkydiode bleiben somit die Durchlassverluste identisch, während eventuell vorhandene Schaltverluste mit der Schaltfrequenz ansteigen. Um die Fehler in der Messung zu minimieren, ist es zweckmäßig, nicht direkt über proportionale Veränderungen der Schaltzustände die Schaltfrequenz zu verändern. In diesem Fall würde der Ripplestrom mit kleinerer Schaltfrequenz steigen, weil die Leitdauern der Zustände I und III ansteigen. Die betrachtete Diode D1 führt jedoch nur in den Schaltzuständen III und IV Strom, beim Übergang von IV nach I wird sie abkommutiert. Die wesentlichen Durchlassverluste entstehen somit im Intervall IV. Deshalb werden die Ansteuerpulse der Transistoren so eingestellt, dass der effektive Strom in D1 und somit der effektive Strom im Intervall IV möglichst identisch bleiben. Insbesondere soll der Strom beim Übergang von IV nach I immer identisch sein, damit das Schalten der Diode bei definierten Bedingungen stattfindet. Durch Messen des Stromes in D1 können die Ansteuerpulse dementsprechend adaptiert werden. Wichtige Randbedingung ist, dass die bezogene Leitdauer von D1 immer konstant bleibt. Mit diesen Randbedingungen wurde die Temperatur des Kühlkörpers unter dem Modul von D1 nach der Anordnung in Abbildung 49 bei unterschiedlichen Schaltfrequenzen erfasst: 47 Temperaturerhöhung SiC-Schottkydiode 8 Temperaturerhöhung/[°C] 7 6 5 4 3 2 1 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Schaltfrequenz/[kHz] Abbildung 37: Temperaturerhöhung der Schottkydiode bei unterschiedlicher Schaltfrequenz Die Messung wurde bei einem Diodenstrom von 5A durchgeführt. Im Vergleich zum Diodennennstrom von 42A ist dies ein relativ kleiner Wert. Er wurde gering gewählt, um die Temperaturerhöhung aufgrund der anfallenden Schaltverluste möglichst wenig mit Durchlassverlusten zu überlagern. Die gemessenen Temperaturerhöhungen sind durchweg sehr gering. Bei dem Kühlkörper wurde darauf geachtet, den thermischen Widerstand groß zu halten, d.h. nur natürliche Konvektion und ein Kühlkörper ohne Kühlrippen wurden verwendet. Als Messungenauigkeit wirkt insbesondere eine Veränderung der Luftströmungsverhältnisse, z.B. durch Öffnen von Fenstern etc. Deshalb wurde die Messeinrichtung abgedeckt. Alle diese Maßnahmen besitzen jedoch den Nachteil, dass die Messzeit bis zum Erreichen eines stabilen Zustandes verlängert wird. Bei der vorliegenden Messung war eine Messzeit von 3 Stunden für einen Messpunkt erforderlich. In Abbildung 37 ist deutlich zu erkennen, dass die Temperatur der Diode mit steigender Schaltfrequenz zunimmt. Im Rahmen der Messgenauigkeit bildet die Kurve der Temperaturerhöhung eine Gerade, wobei die Steigung die der Schaltfrequenz proportionalen Verluste widerspiegelt, während der Offset die Durchlassverluste repräsentiert. Bei einer Schaltfrequenz von 16kHz tritt auf dem gegebenen Kühlkörper eine Temperaturerhöhung aufgrund der Schaltfrequenz von ca. 1,5°C auf, was der Hälfte der Durchlassverluste bei 5A entspricht. Diese Temperaturerhöhung ist nicht besonders groß, soll jedoch bei der Auslegung mit berücksichtigt werden. Die Ursache für diese dynamischen Verluste liegt in der Tatsache, dass auch bei einer Schottkydiode beim Abschalten eine Ladung ausgeräumt werden muss. Hierbei handelt es sich um die freien Elektronen der Dotierungsatome in der schwach dotierten Zone, in der die Raumladungszone aufgebaut wird. Dieses Phänomen ist in der Literatur ([110], [111]) beschrieben. Für Dioden mit vergleichbarer Performance in Durchlassrichtung ist diese Ladung bei SiC-Bauelementen im Vergleich zu Si-Bauelementen aufgrund der stark reduzierten Dicke deutlich reduziert. 48 2.2.2.6 Einschaltverhalten der SiC-Schottkydiode Neben den Abschaltverlusten stellen auch die Einschaltverluste eine mögliche Verlustleistungsquelle für die Erwärmung der Bauelemente dar. Die Einschaltverluste von Dioden werden im Allgemeinen vernachlässigt, weil sie deutlich geringer als die Ausschaltverluste sind. Da die SiC-Diode jedoch extrem kleine Ausschaltverluste besitzt, sollen die Einschaltverluste an dieser Stelle ebenfalls betrachtet werden. 12 150 9 125 6 100 3 75 0 50 Si -3 Ud[V] Id/[A] Mit Hilfe einer Chopperschaltung wurden der Verlauf von Strom und Spannung beim Einschalten einer SiC-Schottkydiode und einer Si-Freilaufdiode gemessen. Für eine optimierte Auflösung der Spannungsmessung wurde dieser Versuch bei kleiner Zwischenkreisspannung von ca. 45V durchgeführt, um eine Übersteuerung der Eingangsverstärker des Oszilloskops zu vermeiden. 25 -6 0 SiC -9 -25 -12 -50 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 t/[ns] Abbildung 38: Einschaltverhalten der Si-Diode (rot) und der SiC-Schottkydiode (grün) Das Einschaltverhalten der Dioden ist aus Abbildung 38 ersichtlich, wobei die oberen beiden Kurven jeweils den Strom, die unteren beiden Kurven jeweils die Diodenspannung darstellen. Zunächst leitet der IGBT des Halbbrückenzweiges, die Zwischenkreisspannung von ca. 45V liegt an der Diode an. Mit dem Beginn des Abschaltvorganges nimmt der IGBT Spannung auf, analog sinkt die Spannung an der Diode. In der Kurvenform der Spannung an der Diode ist der charakteristische Verlauf der IGBT-Spannung erkennbar, die zunächst langsam und dann beschleunigt ansteigt. Mit dem Nulldurchgang der Spannung an der Diode kann die Stromkommutierung beginnen, die sich über einen Zeitraum von etwa 100ns erstreckt. Die Si-Diode zeigt einen ausgeprägten Spannungsabfall in Vorwärtsrichtung, um den Strom zu führen. In diesem Zeitabschnitt ist die Ladungsträgerinjektion in der Si-Diode noch nicht vollständig erfolgt. Mit zunehmender Zeitdauer wird die Si-Diode mehr und mehr mit Ladungsträgern überschwemmt, so dass ihre Spannung in Vorwärtsrichtung abnimmt und schließlich ihren statischen Endwert erreicht. Die maximale Spannungsspitze an der Si-Diode beträgt knapp 49 50V. Im Bereich der erhöhten Vorwärtsspannung treten in dieser Diode Einschaltverluste auf, die jedoch gegenüber den Ausschaltverlusten der Si-pn-Diode unter 1% betragen und damit so gering sind, dass sie bei der thermischen Auslegung vernachlässigt werden können. Bei der SiC-Schottkydiode findet keine Modulation der Leitfähigkeit statt. Der statische Endwert wird nahezu ideal sofort beim Einschalten erreicht, ohne dass eine Spannungsspitze erkennbar ist. Einschaltverluste sind in diesem Fall nicht messbar, die gesamten Verluste werden über die Durchlassverluste erkannt. 2.3 Auslegung des Umrichters für verschiedene Dioden 2.3.1 Berechnung der Verlustleistung im Umrichterbetrieb Bei der Berechnung der Verlustleistung wird auf ein Modell gemäß [17] bzw. [62] zurückgegriffen. 2.3.1.1 Berechnung der Durchlassverluste Bei der Berechnung der Durchlassverluste werden die gemessenen Durchlasskennlinien zu Grunde gelegt. Der nichtlineare Verlauf der Durchlassspannung als Funktion des Laststromes, der bei dem IGBT und der pn-Diode im Wesentlichen durch die injizierenden p+n bzw. nn+ Übergänge und bei der Schottkydiode durch die Schottky-Barriere bestimmt wird, soll hierbei durch eine lineare Näherung nachgebildet werden: U CE = U CE 0 + U CEN − U CE 0 IC I CN (29) bzw. für die Diode U D = U D0 + U DN − U D 0 ID I DN (30) Diese Näherung ist in Abbildung 39 grafisch dargestellt: 30 30 25 25 ID/[A] 40 IDN 35 IC/[A] 40 ICN 35 20 20 15 15 10 10 5 5 0 0 0 1 UCE0 2 3 UCE/[V] 4 UCEN 5 0 0.4 0.8 1.2 1.6 UD0 U/[V] Abbildung 39: Linearisierung der Durchlasskennlinien von IGBT und Diode 50 2 UDN Mit diesen Diagrammen kann zu jedem Zeitpunkt der augenblickliche Wert der Durchlassverluste in Abhängigkeit vom Strom berechnet werden. Der Stromverlauf in einem Halbleiterschalter ergibt sich aufgrund der Modulation. Die wesentlichen Zeitverläufe bei Anwendung der Sinus-Dreieck-Modulation sind in Abbildung 40 dargestellt: δ φ 1.1 tp 1 M spannung 0.5 i strom i 0 pulsed T1 i i 0.5 1 1.1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 0 1 winkel 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2 i π Abbildung 40: Zeitlicher Verlauf von Grundschwingungsspannung (rot), gepulster Spannung (magenta), Ausgangsstrom (cyan) und IGBT-Strom (blau) über einer Periode des Grundschwingungsstromes In Abbildung 40 ist eine Grundschwingungsperiode des Ausgangsstromes einer Wechselrichterphase dargestellt. Mit einem Phasenwinkel φ folgt dieser Ausgangsstrom der Grundschwingung der Spannung nach. Die Spannung wird durch Pulsweitenmodulation des Wechselrichters bereitgestellt, wobei in den Zeiträumen, in denen die gepulste Ausgangsspannung in Abbildung 40 den Wert „1“ annimmt, die entsprechende Wechselrichterausgangsphase durch Einschalten des oberen IGBTs T1 mit dem positiven Zwischenkreisspannungspotenzial verbunden wird; analog wird die Wechselrichterausgangsphase mit dem negativen Zwischenkreisspannungspotenzial verbunden, wenn die gepulste Spannung den Wert „-1“ annimmt. Durchlassverluste in T1 treten auf, solange T1 eingeschaltet ist und Strom führt. In Abhängigkeit des Modulationsgrades M und des Phasenwinkels φ berechnet sich die relative Einschaltdauer δ innerhalb einer Modulationsperiode tp als Funktion des Winkels α des Laststromes zu: 51 δ = 1 (1 + Μ sin (α + φ )) 2 (31) Hierbei ist bereits berücksichtigt, dass die Spannungssollwertkurvenform eine Sinusfunktion mit relativem Scheitelwert M darstellt; grundsätzlich ist Gl. (31) auch auf andere Sollwertkurvenformen übertragbar. In den Zeiten der positiven Stromhalbschwingung, in denen T1 nicht leitet, fließt der Laststrom durch die gegenüberliegende Diode D2. Während der negativen Stromhalbwelle führen T2 und D1 den Strom, so dass während dieser Halbwelle im betrachteten IGBT T1 keine Durchlassverluste anfallen. Innerhalb einer Modulationsperiode tp der positiven Stromhalbwelle führt T1 während seiner relativen Einschaltdauer δ den Laststrom, für die verbleibende Zeit der Modulationsperiode ist T1 ausgeschaltet und somit stromlos. Während der Einschaltdauer δ wird angenommen, dass sowohl die Stromamplitude ICT1 als auch der Wert der Durchlassspannung UdT1 konstant sind. Für die Verlustenergie in T1 während einer Modulationsperiode gilt somit: ⎞ ⎛ U − U CE 0 1 I C ⎟⎟ I C (1 + M sin (α + φ )) t p E dT 1 = U dT 1 I CT 1 δ t p = ⎜⎜ U CE 0 + CEN I CN 2 ⎠ ⎝ (32) Der Stromverlauf im Motor wird als sinusförmig angenommen I C (α ) = I C max sin α (33) Dadurch ergibt sich die Durchlassverlustenergie in einer Modulationsperiode zu ⎞ ⎛ U − U CE 0 1 E dT 1 (α ) = ⎜⎜ U CE 0 + CEN I C max sin α ⎟⎟ I C max sin α (1 + M sin (α + φ )) t p I CN 2 ⎠ ⎝ (34) Für die Berechnung der Durchlassverluste kann die Modulationsperiode tp beliebig klein angenommen werden, ohne dass sich die Gesamtverlustenergie innerhalb der Stromhalbwelle ändert, da sich die Anzahl der Modulationsperioden innerhalb der Stromhalbwelle gleichermaßen erhöht. Dadurch geht die Modulationsperiode tp in eine differentielle Modulationsperiode dtp über. Diese kann als Funktion des Winkels α des Laststromes ausgedrückt werden: dt p = dα T 2π (35) Die Verlustleistung während einer Stromgrundschwingung ergibt sich dann als Integral über die Verlustenergien aller differentiellen Modulationsperioden, bezogen auf die Grundschwingungsdauer T: PdT 1 ⎛ T π⎜ I 1 = • ∫ ⎜ 2 ⋅ 2 ⋅ π C max T 0⎜ ⎝ ⋅ (1 + M sin (α 2 ⎞⎞ ⎛ U CEN − U CE 0 ⎜⎜ I C max sin α + U CE 0 sin α ⎟⎟ ⎟ I CN ⎠ ⎟dα ⎝ ⎟ + φ )) ⎠ Durch Integration von Gl. (36) ergibt sich: 52 (36) ⎛⎛ 1 PdT 1 = I C max U CE 0 * ⎜⎜ ⎜⎜ ⎝⎝ 2π 2 ⎞ M cos φ ⎞ U CEN − U CE 0 ⎟+ ⎟⎟ + I C max ⎟ 8 I CN ⎠ ⎠ ⎛ ⎜ •⎜ ⎜ ⎜ ⎝ 1 M cos φ ⎞⎟⎟ + 8 3 π ⎟⎟⎠ (37) Die Berechnung der Durchlassverluste der Diode erfolgt analog. Der Unterschied besteht darin, dass die Diode während der Modulationsperiode tp genau zu dem Zeitpunkt leitet, in dem der IGBT ausgeschaltet ist. Statt Gl. (31) ergibt sich für die Leitdauer der Diode δ = 1 (1 − Μ sin (α + φ )) 2 (38) und folgerichtig für die Durchlassverluste der Diode: ⎛⎛ 1 PdD 2 = I C max U D 0 ⎜⎜ ⎜⎜ ⎝⎝ 2π 2 ⎞ M cos φ ⎞ U DN − U D 0 ⎟+ ⎟⎟ − I C max ⎟ 8 I CN ⎠ ⎠ ⎛ ⎜ •⎜ ⎜ ⎜ ⎝ 1 M cos φ ⎞⎟⎟ − 8 3 π ⎟⎟⎠ (39) 2.3.1.2 Berechnung der Schaltverluste Neben den Durchlassverlusten bilden die Schaltverluste der Leistungshalbleiter eine zweite Art von Verlusten, die insbesondere für hohe Schaltfrequenzen wichtig und mitunter dominant gegenüber den Durchlassverlusten werden. Für die Berechnung der Schaltverluste wird wiederum die Stromkurvenform aus Abbildung 40 herangezogen [112]. Innerhalb einer Modulationsperiode wechselt das Potenzial der betrachteten Ausgangsphase zweimal seine Polarität. UA T1 D1 UZK CZK UZK T2 D2 0 UA tp t Abbildung 41: Schaltvorgänge innerhalb einer Modulationsperiode Ist der Ausgangsstrom der Wechselrichterphase positiv, so treten innerhalb der betrachteten Modulationsperiode tp am Leistungshalbleiter T1 je einmal Ein- und Ausschaltverluste auf. Dies gilt auch für die Diode D2. Analog treten die Schaltverluste in der negativen Stromhalbwelle in T2 und D1 auf. 53 Zur Berechnung der Schaltverluste über eine Grundschwingung des Ausgangsstromes werden zunächst die Ein- und Ausschaltverlustenergien von Transistor und Diode bei einer festen Zwischenkreisspannung in Abhängigkeit vom Ausgangsstrom bei verschiedenen Lastströmen gemessen. Aus den gemessen Stützstellen wird anschließend nach der Methode der kleinsten Abstandsquadrate eine Ausgleichskurve durch die Messstellen gelegt. Als Kurvenform für die Ausgleichskurve hat sich in der Praxis ein Polynom zweiter Ordnung bewährt. Die Schaltverlustenergie in Abhängigkeit des Stromes ergeben sich somit zu: (40) E s ( I ) = K 0 + K1 ⋅ I + K 2 ⋅ I 2 Analog zu den Durchlassverlusten treten auch die Schaltverluste in einem Leistungshalbleiter nur während einer Halbwelle des Grundschwingungsstromes auf. Bei einem sinusförmigen Verlauf des Ausgangsstromes ergeben sich die Schaltverluste in einem Leistungshalbleiter somit zu Ps = 1 2π π ∫f = fs ( ( Κ 0 + Κ1 ⋅ Ι C max sin α + K 2 ⋅ I C max sin 2 α ) dα 2 s 0 (41) K 0 K1 K2 2 + I C max + I C max ) π 2 4 Mit dieser Formel können die Schaltverluste für den Umrichter berechnet werden. Es ist leicht zu erkennen, dass sie unabhängig vom Leistungsfaktor sind, da die Schaltverluste in den Bauteilen immer auftreten, unabhängig davon, ob das anschließende Leitintervall für den IGBT oder die Diode länger ist. Eine Randbedingung für eine Berechnung der Schaltverlustleistung nach Gl. (41) besteht darin, dass davon ausgegangen wird, dass während der gesamten Grundschwingung Schalthandlungen stattfinden und die Schaltfrequenz zeitinvariant ist. Dies wird zum Beispiel dann verletzt, wenn der Umrichter nahe an seinem maximalen Aussteuergrad arbeitet und im Bereich des Maximums der Grundschwingung der Ausgangsspannung einzelne Schalthandlungen aufgrund der Verletzung von Mindestzeiten nicht ausgeführt werden. Soll dieser Effekt mit berücksichtigt werden, müssen die Schaltverluste für jede einzelne tatsächliche Schalthandlung ermittelt werden. Vorzugsweise ist dies mit Hilfe eines Simulationsprogrammes durchzuführen. Ein weiterer Anwendungsfall, in dem die oben geforderte Randbedingung verletzt wird, ist dann gegeben, wenn die Schaltfrequenz nicht wesentlich höher als die Umrichterausgangsfrequenz gewählt wird. Ein solcher Betrieb ist von Umrichtern mit sehr hoher Ausgangsleistung bekannt. Bei diesen Anwendungen kann es vorkommen, dass systematisch in bestimmten Bereichen der Grundschwingung des Ausgangsstromes keine Schalthandlungen vorgenommen werden. Im vorliegenden Fall, in dem der Umrichter für die Verwendung eines Sinus-Ausgangsfilters optimiert wird, ist für ein optimiertes Filterdesign die Schaltfrequenz deutlich höher als die Umrichterausgangsfrequenz, wie in Kap. 3 erläutert wird. 2.3.1.3 Verluste bei Ausgangsfrequenz 0Hz Mit Gl. (41) und Gl. (37) bzw. Gl. (39) können für jeden Leistungshalbleiter die Verluste über einer Grundschwingungsperiode berechnet werden. Diese Berechnung ist zutreffend, solange die Ausgangsfrequenz des Umrichterausgangsstromes so hoch ist, dass sich 54 innerhalb einer Grundschwingungsperiode die Temperatur eines Halbleiterchips nicht wesentlich ändert. Denn durch die Integration in den genannten Gleichungen wird ein Mittelwert über die in der betrachteten Periode anfallenden Verluste errechnet. Für die stationäre Betrachtung des Umrichters bei hoher Ausgangsfrequenz, die für die meisten Anwendungen im Vordergrund steht, ist diese Vorgehensweise geeignet, da thermische Zeitkonstanten in der Aufbautechnik der Halbleitermodule und Umrichter diese Mittelwertbildung vornehmen. Die Betrachtungsweise wird unzureichend, wenn der Umrichter bei so kleiner Ausgangsfrequenz betrieben wird, dass die Leistungshalbleiter und deren Umgebung innerhalb einer Grundschwingungsperiode ihre Temperatur wesentlich ändern, d.h. die Periodendauer der Grundschwingung in den Bereich der thermischen Zeitkonstanten des Halbleiters kommt. Dieser Betriebszustand wird anhand eines in der Stromrichtertechnik üblichen Raumzeigermodells erläutert. V I U W Abbildung 42: Raumzeiger des Scheitelwertes des Ausgangsstromes in einem ständerbezogenen Koordinatensystem In Abbildung 42 ist der Raumzeiger des Scheitelwertes des Ausgangsstromes dargestellt. Die Raumzeigerdarstellung von Größen basiert auf der Theorie elektrischer Maschinen, wobei als anschauliche Erklärung das Diagramm als Schnitt durch den Stator einer elektrischen Maschine mit Blick in Richtung der Maschinenachse betrachtet werden kann. In Abbildung 42 ist ein stehendes, statorbezogenes Koordinatensystem gezeigt. In diesem Koordinatensystem rotiert der Stromzeiger I mit der Kreisfrequenz des Ausgangsstromes gegen den Uhrzeigersinn. Der augenblickliche Betrag der Ströme in den einzelnen Phasen U, V und W ergibt sich durch die Projektion des Stromzeigers I auf die jeweilige Achse. Bei konstantem Betrag und konstanter Kreisfrequenz des Stromzeigers ergeben sich somit die bekannten dreiphasigen sinusförmigen Ausgangsströme des Umrichters. Ist die Kreisfrequenz des Stromzeigers I sehr klein, so verweilt der Stromzeiger sehr lange in Richtung einer Achse. In diesem Fall ist die Temperatur an einem Halbleiterchip über eine Grundschwingungsperiode nicht mehr konstant. Die Berechnung der Chiptemperatur ist in diesem Fall nicht mehr über einfache statische Gleichungen möglich, sondern es ist eine transiente Simulation mit einem thermischen Modell erforderlich. Je geringer die Ausgangsfrequenz wird, desto länger verweilt der Stromzeiger an einer Stelle und desto größer wird die Temperaturdifferenz, die innerhalb einer 55 Grundschwingungsperiode am Halbleiterchip auftritt. Im Extremfall ist die Ausgangsfrequenz gleich null, so dass der Stromzeiger steht. Für den Umrichter bedeutet dies, dass an seinem Ausgang ein Gleichstrom fließt. Abhängig von den Anforderungen der Regelung kann der Stromzeiger nun genau in der Richtung einer Motorphase, z.B. der Phase U stehen. In diesem Fall fließt in der Phase U dauerhaft der Scheitelwert des Ausgangsstromes als Gleichstrom. Durch die Projektion des Stromzeigers auf die Phasen V und W ergibt sich, dass in diesen jeweils die Hälfte des Scheitelwertes des Ausgangsstromes in negativer Richtung fließt. Î U V W M Î/2 Î/2 Abbildung 43 Maximale Umrichterausgangsströme bei einer Ausgangsfrequenz von 0Hz Dieser Betriebspunkt ist wieder stationär und kann somit auch einfach berechnet werden. Zur Ermittlung des worst case kann somit auf die transiente Simulation verzichtet werden. Der Betrag des Stromzeigers wird durch das Drehmoment bestimmt, das an der Motorwelle abgenommen wird, und entspricht im worst case dem Scheitelwert des Stromes. Mit der Auslegung des Umrichters auf diesen Betriebspunkt sind alle anderen Betriebspunkte kleiner Schaltfrequenz mit abgedeckt. Bei dem Betrieb mit Ausgangsfrequenz 0Hz werden am Ausgang des Frequenzumrichters näherungsweise nur Nullzeiger ausgegeben, da die Ausgangsspannung ebenfalls null ist. Unter Nullzeigern werden die Schaltzustände verstanden, bei denen alle drei Umrichterausgangsphasen gleichzeitig entweder mit dem positiven (positiver Nullzeiger) oder dem negativen (negativer Nullzeiger) Zwischenkreispotenzial verbunden werden, so dass sich zwischen den Phasen die Spannung null ergibt. Alle anderen Schaltzustände werden als aktive Zeiger bezeichnet; diese erzeugen eine treibende Spannung zwischen den Phasen des Motors. Im Betriebspunkt der Umrichterausgangsfrequenz null werden diese aktiven Zeiger nur zur Deckung der ohmschen Verluste im Stator der Maschine, den Motorleitungen und den Durchlassverlusten im Wechselrichter benötigt. Bei Sinus-DreieckModulation und Raumzeigermodulation werden der positive und der negative Nullzeiger abwechselnd mit einer Leitdauer von je 50% innerhalb der Modulationsperiode angelegt. Die Berechnung der Durchlassverluste ergibt sich somit in der Phase U, in der der maximale Strom steht, zu: PdTU 0 = δ (U CE 0 + U CEN − U CE 0 I C max ) I C max I CN = 0.5 ⋅ U CE 0 I C max (42) − U CE 0 U 2 + 0.5 ⋅ CEN I C max I CN Analog können die Durchlassverluste in den Transistoren der Phasen V und W berechnet werden, in denen jeweils die Hälfte des maximalen Stromes fließt: 56 PdTV 0 = PdTW 0 = 0.5 ⋅ U CE 0 I C max U CEN − U CE 0 I C max + ⋅ I CN 2 4 2 (43) Für die Durchlassverluste in den Dioden ergibt sich analog: PdDU 0 = (1 − δ ) (U D 0 + U DN − U D 0 I D max ) I D max I DN = 0.5 ⋅ U D 0 I D max + 0.5 ⋅ PdDV 0 = PdDW 0 = 0.5 ⋅ U D 0 (44) U DN − U D 0 2 I D max I DN I D max U DN − U D 0 I D max + I DN 2 4 2 (45) Die Schaltverluste im Betrieb bei einer Ausgangsfrequenz von 0Hz können auf Basis von Gl. (40) für die Phase U berechnet werden: (46) 2 PsU 0 = f s ( K 0 + K 1 ⋅ I C max + K 2 ⋅ I C max ) Für die Werte K0, K1 und K2 sind jeweils die Koeffizienten der Ausgleichsparabeln der gemessenen Schaltverluste aus Kap. 2.3.1.2 für IGBT bzw. Diode zu verwenden. Analog lassen sich die Schaltverluste der stromführenden Bauelemente aus den Phasen V und W berechnen: 2 PsV 0 = PsW 0 I I = f s ( K 0 + K 1 ⋅ C max + K 2 ⋅ C max ) 2 4 (47) 2.3.1.4 Verlustoptimierung für kleine Ausgangsfrequenzen Der Betriebspunkt bei Ausgangsfrequenz 0 stellt für die Bauelemente, die in der Phase mit dem höchsten Strombetrag den Strom führen, eine sehr hohe Belastung dar, die für die Dimensionierung des Frequenzumrichters sehr wichtig ist. Bezüglich der Durchlassverluste ist aus Gl. (42) und Gl.(44) ersichtlich, dass die relative Leitdauer des oberen und unteren Nullzeigers eine Möglichkeit darstellt, die Verluste in einem einzelnen Bauelement gezielt zu reduzieren oder zu erhöhen. Für einen Wechselrichter aus Si-IGBTs und SiC-Freilaufdioden liegt nun die Situation vor, dass die Fläche der Freilaufdioden sehr viel teuerer ist als die Fläche der IGBTs. In diesem Fall ist es wünschenswert, die am stärksten belastete Diode so weit wie möglich zu entlasten, wobei eine Mehrbelastung des IGBT bzgl. der Kosten weniger relevant ist. In anderen Anwendungen, die beispielsweise IGBTs mit einer Trench-Technologie einsetzen, die wesentlich teuerer als eine einfache Dioden-Technologie ist, kann dies umgekehrt sein, die allgemeine Motivation zur gezielten Entlastung eines einzelnen Bauelementes ist jedoch identisch. Eine Entlastung der Diode, die den höchsten Phasenstrom zu führen hat, kann dadurch erfolgen, dass die Einschaltdauer dieser Diode reduziert wird. Eine minimale Einschaltdauer 57 ergibt sich durch die Tatsache, dass durch diese Maßnahme die Verluste in den Dioden der anderen beiden Phasen ansteigen. Eine ideale Einschaltdauer ergibt sich, wenn die Verluste der Dioden mit den beiden höchsten Phasenströmen gleich werden. 1 0.866 0.5 Iu γ Iv γ 0 Iw γ 0.5 1 1 0 5 0 10 15 20 γ 25 30 30 Abbildung 44: Phasenströme bei unterschiedlichen Stromwinkeln Für eine vollständige Betrachtung der möglichen Phasenströme am Umrichterausgang genügt ein Ausschnitt von 30° für mögliche Stromwinkel, da sich dieser Ausschnitt innerhalb der 360° für eine Umdrehung lediglich für alle Leistungshalbleiter wiederholt. In Abbildung 44 ist der Strom in Phase V betragsmäßig maximal. Zählt man aus dem Umrichter herausfließende Ströme positiv, so wird in diesem Umrichter bei konventionellen Modulationsverfahren die obere Diode der Phase V am stärksten belastet. Der relevante Auslegungspunkt für die Leistungshalbleiter des Umrichters liegt bei 30°, da bei dieser Rotorlage der maximale Strom in dieser Diode fließt. Aus Abbildung 44 ist auch sofort die Grenze eines Verfahrens zur Optimierung der Verluste durch geschickte Wahl des Nullzeigers zu sehen. Bei 0° sind die Ströme in den Phasen V und W betragsmäßig gleich. In diesem Punkt beträgt der ideale Aussteuergrad 50% wie bei konventionellen Verfahren, da eine Entlastung der Diode in Phase V sofort eine Überbeanspruchung der Diode in Phase W verursacht. Die ideale relative Leitdauer der Diode in Phase V in Abhängigkeit des Stromwinkels γ berechnet sich aus dem Verlustverhältnis: δ V (γ ) = PDW (γ ) PDV (γ ) + PDW (γ ) (48) Bezogen auf die Verlustleistung bei konventioneller Modulation ergibt sich die verbleibende Verlustleistung in der Diode zu dem doppelten der idealen Leitdauer. Der Faktor 2 ergibt sich aus der Tatsache, dass bei konventioneller Modulation das Tastverhältnis 0.5 beträgt. 58 Betrachtet man diese Verluste für Schottkydioden, so treten nur Durchlassverluste auf, da die Schottkydiode keine Schaltverluste verursacht. Mit der Linearisierung der Durchlassverluste nach Gl. (30) bestehen die Durchlassverluste P(I) der Diode bei konstantem Strom aus einem linearen Term, der durch die Schwellenspannung bestimmt wird, und einem quadratischen Term, der durch den differentiellen Widerstand bestimmt wird. Wie hoch die mögliche Einsparung ist, hängt demnach von der Durchlasskennlinie der verwendeten Bauelemente ab. Die Grenzwerte können jedoch allgemein berechnet werden. Ein Grenzwert ergibt sich, indem man ein Bauelement annimmt, das nur eine Schwellenspannung und einen differentiellen Widerstand von 0 besitzt. Ein solches Bauteil ist nicht realistisch. Näherungsweise wird dieses Verhalten erreicht, wenn man eine Diode mit sehr geringer Stromdichte betreibt. Bei diesem Bauelement steigen die Durchlassverluste linear mit dem Strom. Den zweiten Grenzwert bildet ein Bauelement mit rein ohmschem Verhalten. Diese Kennlinie wird von einem unipolaren Halbleiterschalter, z.B. einem MOSFET oder einem JFET erreicht. Bei einem solchen Bauelement steigen die Verluste quadratisch mit dem Strom. In Abhängigkeit des Stromwinkels sind die verbleibenden Verlustleistungen für die beiden Grenzbauelemente dargestellt: 1 0.9 0.8 Pquad Plin γ γ 0.7 0.6 0.5 0.4 0.4 0.3 0 0 5 10 15 20 γ 25 30 30 Abbildung 45: Verbleibende Verlustleistung bezogen auf den Auslegungswert bei konventioneller Modulation Für die Auslegung eines Umrichters ist aus Abbildung 45 der ungünstigste Fall auszuwählen. Bei konventioneller Modulation ist dieser Auslegungspunkt bei einem Stromwinkel von 30°, weil dort ein Phasenstrom maximal wird. Es ist zu erkennen, dass bei dem verbesserten Modulationsverfahren die maximalen Verluste bei einem Stromwinkel von 30° stark reduziert werden können, so dass dieser Stromwinkel nicht mehr die Auslegung bestimmt. Der auslegungsrelevante Stromwinkel liegt mit dem verbesserten Verfahren bei 0°. In diesem Betriebspunkt sind die Ströme in den 59 Phasen V und W identisch, so dass das neuartige Modulationsverfahren an diesem Punkt keinen weiteren mehr Vorteil bringt. Abhängig von der Kennlinie kann die auslegungsrelevante Verlustleistung der verwendeten Diode im Vergleich zu konventioneller Sinus-Dreieck-Modulation oder Raumzeigermodulation auf Werte zwischen 75% und 86% abgesenkt werden. Aus Abbildung 45 ist weiterhin zu erkennen, dass bei dem Bauelement mit hohem ohmschem Anteil in der Kennlinie die verbleibende Verlustleistung stärker abgesenkt werden kann. Dies ist dadurch zu erklären, dass sich die Reduzierung des Stromwertes in diesem Fall stärker bemerkbar macht. Bei Umrichtern ohne Sinus-Ausgangsfilter kann die starke thermische Belastung einzelner Bauelemente bei Ausgangsfrequenz null durch eine Absenkung der Schaltfrequenz reduziert werden. Bei dem Demonstratorumrichter ist dies aus folgenden Gründen nicht möglich: a) Bei Umrichtern mit Sinusfilter besteht die Gefahr, dass die abgesenkte Schaltfrequenz in den Bereich der Resonanzfrequenz des Sinusfilters trifft und dieses anregt. b) Für SiC-Schottkydioden ist die Reduzierung der Schaltfrequenz wenig hilfreich, weil die Schottkydioden nahezu keine Schaltverluste verursachen und ihre hohe thermische Belastung allein aus Durchlassverlusten resultiert. Lediglich eine indirekte Entlastung der SiC-Diode durch Absenkung des Temperaturniveaus des Kühlkörpers wäre möglich, weil die IGBTs bei der geringeren Schaltfrequenz weniger Verluste erzeugen. Aus diesen Gründen ist die Auswahl der Nullzeiger nach dem Kriterium der thermischen Belastung der Halbleiter für den Demonstratorumrichter besonders attraktiv. 2.3.2 Thermisches Modell Für die rechnerische Auslegung eines Umrichters ist ein thermisches Modell erforderlich, das von den berechneten Halbleiterverlusten auf deren Erwärmung schließen lässt ([64], [127]). Obwohl der primäre Fokus im vorliegenden Fall auf den relativen Unterschieden zwischen einzelnen Halbleiterlösungen liegt, sollen dennoch möglichst anwendungsnahe Randbedingungen gewählt werden. Das stationäre thermische Modell basiert auf einem Ersatzschaltbild nach Abbildung 46. In diesem werden Temperaturen als Spannungspotenziale, Verlustleistungen als Stromquellen und thermische Widerstände von Komponenten als Widerstand dargestellt: Tjt PD RthjhT Tjd RthjhD Th PT Th 5*PT 5*PT Rthha Ta Abbildung 46: Thermisches Ersatzschaltbild des Umrichters beim Betrieb mit hoher Ausgangsfrequenz 60 Durch den Transistor werden in das thermische Modell die Verlustleistung PT, durch die Diode die Verlustleistung PD eingespeist. Sowohl für den IGBT als auch für die Diode wird die Verlustleistung PT bzw. PD durch die Addition der Schalt- und Durchlassverluste nach obigen Gleichungen berechnet. Die Halbleiter selbst werden durch einen thermischen Widerstand RthjhT und RthjhD modelliert. Über diesem thermischen Widerstand fällt in dem thermischen Ersatzschaltbild nach Abbildung 46 ein Temperaturhub ab. Dieser repräsentiert den Temperaturhub der Sperrschicht des Halbleiterchips gegenüber der Oberfläche des Kühlkörpers. Es wird dabei angenommen, dass innerhalb des Halbleitermoduls keine thermische Kopplung zwischen den einzelnen Chips besteht, sondern der Wärmeaustausch allein über die Bodenplatte stattfindet. Diese Vereinfachung ist in der Praxis nicht ganz erfüllt, weil über die Keramik und die Bodenplatte des Halbleitermoduls ein gewisser Wärmeaustausch stattfinden kann. Die Oberfläche des Kühlkörpers wird mit der einheitlichen Temperatur Th angenommen. Auch dies stellt eine Vereinfachung dar, weil die Oberfläche des Kühlkörpers somit unendlich gut leitend modelliert wird, in der Realität ist ein geringer Temperaturgradient auf der Oberfläche des Kühlkörpers vorhanden. Die beiden beschriebenen Vereinfachungen wirken gegenläufig und kompensieren sich somit teilweise. Die Halbleiterverluste, die z.B. für den Transistor durch Gl. (37) und Gl. (41) berechnet werden, beziehen sich nur auf einen Transistor des Wechselrichters. Für die Erwärmung der Bodenplatte gegenüber Kühlkörper und Umgebungstemperatur müssen jedoch alle Chips berücksichtigt werden. Dies erfolgt durch eine Superposition mit zwei weiteren Verlustleistungsquellen, die jeweils die Verlustleistung der anderen fünf Chips der Wechselrichterbrücke einbringen. Bei hoher Ausgangsfrequenz ist diese Vorgehensweise korrekt, da alle Halbleiterchips identische Verluste verursachen. Die gesamten Verluste aller Halbleiterchips bewirken einen Temperaturhub der Oberfläche des Kühlkörpers gegenüber der Umgebungstemperatur. Dieser Übergangswiderstand zur umgebenden Kühlluft wird durch Rthha modelliert. Wie in Kapitel 2.3.1.3 gezeigt, sind die Halbleiterverluste bei kleiner Ausgangsfrequenz für die Chips unterschiedlicher Phasen nicht mehr identisch. Wird der Umrichter bei einer Ausgangsfrequenz von 0Hz betrachtet, so sind nur noch 6 statt 12 Halbleiter mit Verlusten beaufschlagt, da die Stromrichtung sich nicht mehr ändert. Für den worst case, in dem der Stromzeiger nach Abbildung 42 genau auf einer Phase steht, ist der Betrag des Stromes in den beiden anderen Phasen identisch. Das modifizierte Ersatzschaltbild für diesen Betriebspunkt ergibt sich zu: TjTU PDU RthjhT TjDU TjTV TjDV RthjhT RthjhD RthjhD Th PTU PDV PTV PTV PDV Rthha Ta Abbildung 47: Thermisches Ersatzschaltbild bei Ausgangsfrequenz 0Hz 61 Die Parameter des thermischen Modells können durch eine standardmäßige Rth-Messung bestimmt werden. Für die für diese Messung erforderliche Bestimmung der Halbleitertemperatur wird der Effekt ausgenutzt, dass sich die Schwellenspannung am pnÜbergang eines Leistungshalbleiters mit der Temperatur verändert. Nach [109] gilt für die Schleusenspannung an einem pn-Übergang: p+ N D kT • ln U= 2 q ni p+: ND: n i: k: q: T: mit (49) Dotierungskonzentration im p-Gebiet Dotierungskonzentration in der schwach dotierten Mittelschicht intrinsische Ladungsträgerkonzentration Boltzmann-Konstante Elementarladung absolute Temperatur in Kelvin Mit steigender Temperatur nimmt die Anzahl der intrinsischen Ladungsträger stark zu. Es gilt: 2 ni = N c N v e mit: − Eg (50) kT Nc, Nv: Eg: Anzahl der möglichen Zustände im Leitungs- und Valenzband Bandabstand Setzt man Gl. (50) in Gl. (49) ein, so ergibt sich für die Schwellenspannung: U= Eg q − N N kT • ln +c v q p ND (51) Die effektiv vorliegenden Dotierungskonzentrationen sind immer geringer als die Anzahl der möglichen Zustände im Leitungs- bzw. Valenzband, wodurch der Logarithmusterm in Gl. (51) immer einen positiven Wert liefert. Somit ist mit steigender Temperatur eine Abnahme der Schwellenspannung messbar. Für die Bestimmung des thermischen Widerstandes wird die Schwellenspannung in Abhängigkeit von der Temperatur zunächst in einer Eichkurve aufgezeichnet. Der Messaufbau ist in Abbildung 48 skizziert: 10mA DUT Heizplatte Spannungsmessung Temperaturmesspunkt Abbildung 48: Messaufbau für die Eichung Chiptemperaturerfassung 62 Bei der Eichmessung wird das auch als DUT (device under test) bezeichnete zu messende Halbleiterbauelement (in Abbildung 48 ist exemplarisch eine Diode dargestellt) auf einer Heizplatte montiert. Mit dieser Heizplatte wird eine definierte Temperatur eingestellt. Das DUT wird mit einem definierten Messstrom bestromt und gleichzeitig wird die Spannung am DUT erfasst. Dies wird für den gesamten zu betrachtenden Temperaturbereich durchgeführt, so dass als Ergebnis eine Messkurve der Durchlassspannung als Funktion der Temperatur vorliegt. Der Messstrom ist so zu wählen, dass er eine möglichst geringe zusätzliche Erwärmung des DUT erzeugt, da diese als Fehler in das Messergebnis eingeht. Im vorliegenden Fall einer 40A bzw. 100A-Diode wurde ein Messstrom von 10mA gewählt. Die Erwärmung durch diesen Messstrom ist < 0,01K. Nach der Eichung erfolgt die eigentliche Messung des thermischen Widerstandes. Bei dieser Messung wird gleichzeitig der thermische Widerstand des Kühlkörpers und des Halbleitermoduls erfasst. 200A 10mA Schalter DUT Spannungsmessung (Tj) Kühlkörper Temperaturmesspunkt Kühlkörper (Th) Temperaturmesspunkt Umgebungstemperatur (Ta) Abbildung 49: Aufbau zur Messung des thermischen Widerstands Bei der Messung wird der Halbleiter auf den später verwendeten Kühlkörper montiert. In Abbildung 49 ist exemplarisch eine Diode eingezeichnet, für einen IGBT erfolgt die Messung identisch. Über eine Hochstromquelle wird eine definierte, konstante Verlustleistung PV in den Halbleiter eingebracht, die diesen erwärmt. Der Betrag der eingebrachten Verlustleistung ist theoretisch beliebig, zur Reduzierung von Fehlern soll diese Verlustleistung jedoch in der gleichen Größenordnung liegen wie später beim Umrichterbetrieb. Wie in Abbildung 46 gezeigt, wird in dem Halbleitermodul eine ideale thermische Kopplung der einzelnen Verlustleistungsquellen auf der Oberfläche des Kühlkörpers angenommen. Um dies in der Messung möglichst realistisch nachzubilden, wird die Verlustleistung nicht nur in den DUT-Halbleiterchip eingebracht, an dem die Durchlassspannung gemessen wird, sondern in alle IGBT- bzw. Diodenchips. Mit dieser Maßnahme wird eine gleichmäßige 63 Erwärmung des Halbleitermoduls während der Messung erreicht, die auch im späteren standardmäßigen Betrieb vorliegt. Nachdem ein stabiler thermischer Zustand erreicht ist, wird die Hochstromquelle abgeschaltet und unmittelbar danach die Messstromquelle zugeschaltet. Nach der Umschaltung erfolgt in möglichst kurzer Zeit die Messung der Durchlassspannung am DUT. Der Zeitbereich der Umschaltung muss so kurz sein, dass in dieser Zeit keine nennenswerte Abkühlung des DUT erfolgt. Über die Eichkurve kann die Chiptemperatur des DUT bestimmt werden. Für die IGBTs und die Freilaufdioden sind getrennte Messungen durchzuführen. 100 TjD 90 80 Th 70 T/[°C] 60 50 40 30 TjD - Th 20 10 0 1.00E-05 1.00E-04 1.00E-03 1.00E-02 1.00E-01 1.00E+00 1.00E+01 1.00E+02 1.00E+03 1.00E+04 t/[s] Abbildung 50: Messung der Akühlkurve für Kühlkörper (blau) und Diode (rot) sowie die Differenz der beiden Messwerte (magenta) In Abbildung 50 sind die Messwerte der Abkühlkurve für einen Aufbau nach Abbildung 49 dargestellt. Die Umgebungstemperatur Ta ist während der gesamten Versuchsdauer konstant und betrug in der Messung 20°. Dieser Wert stellt sich an beiden Messpunkten als Endwert nach langer Versuchsdauer ein. Die Darstellung der Zeitskala erfolgt im logarithmischen Maßstab, um den Bereich kurzer Zeiten besser sichtbar zu machen. Abbildung 50 zeigt die Messung an einer Diode, analog wurde auch die Messung an einem IGBT durchgeführt. Die stationären thermischen Widerstände lassen sich aus der Differenz der Messwerte unmittelbar nach der Abschaltung der Verlustleistungsquelle (t < 10-4 s) berechnen: Rth jhT = Rth jhD = T jT − Th PV T jD − Th PV ⋅6 (52) ⋅6 (53) 64 Rthha = Th − Ta PV (54) Mit der beschriebenen Messmethode zur Bestimmung des thermischen Widerstandes lässt sich grundsätzlich auch das zeitveränderliche thermische Verhalten des Umrichters bei Lastspielen exakt berechnen. In diesem Fall werden aus der Messung thermische Zeitkonstanten ermittelt wird. Im thermischen Ersatzschaltbild werden diese durch thermische Kapazitäten berücksichtigt. Für den Fall einer einzelnen Diode, die auf einen Kühlkörper montiert ist und deren thermisches Verhalten durch zwei Zeitkonstanten nachgebildet werden soll, ergibt sich damit folgendes Ersatzschaltbild [108]: Tjd Cthd Rthjcd Th Rthha Cthh Pd Ta Abbildung 51: Physikalisches thermisches Ersatzschaltbild einer auf einen Kühlkörper montierten Diode Der Temperaturhub an der Diode ist die Differenz der Temperaturen von Sperrschicht und Kühlkörper (magenta, s. Abbildung 50). Diese Differenz klingt nach einer Zeit von ca. 350ms auf 1 ihres Anfangswertes ab. Dieser Wert stellt die Zeitkonstante e τ Diode = Rth jcd ⋅ Cthd (55) der Diode dar. Für den Temperaturhub der Oberfläche des Kühlkörpers zur Umgebung kann die Ermittlung der Zeitkonstante analog erfolgen. In der Messung in Abbildung 50 ist der Temperaturhub der Kühlkörperoberfläche nach einer Zeitkonstante von τ Kühlkörper = 150s auf 1 e abgesunken. Das thermische Ersatzschaltbild nach Abbildung 51 besitzt den Nachteil, dass im allgemeinen Fall aufwändige thermische Simulationen zu seiner Berechnung erforderlich sind. Im vorliegenden Fall der Messung aus Abbildung 50 kann jedoch die Tatsache ausgenutzt werden, dass die beiden Zeitkonstanten τ Diode und τ Kühlkörper um etwa zwei Größenordnungen voneinander entfernt liegen. Für schnelle Änderungen der Verlustleistung Pd im Bereich von τ Diode kann somit Cthh als Kurzschluss betrachtet werden. Analog kann für langsame Vorgänge im Bereich von τ Kühlkörper Cthd als hochohmig betrachtet werden. Anschaulich bedeutet dies, dass bei einer Beaufschlagung des Halbleiterchips mit einer sprungförmigen Verlustleistung der Temperaturhub des Halbleiterchips gegenüber der Oberfläche des Kühlkörpers bereits seinen stationären Endwert erreicht hat, bevor die Oberfläche des Kühlkörpers ihrerseits einen nennenswerte Temperaturhub gegenüber der Umgebungstemperatur erfährt. Deshalb kann in diesem speziellen Fall der gesamte transiente Wärmewiderstand als Addition der einzelnen Wärmewiderstände nach einem 65 Partialbruchnetzwerk gerechnet werden, in dem alle thermischen Kapazitäten den thermischen Widerständen parallel liegen: ZthgesD = Rth jhD t − ⎛ τ Diode ⋅ ⎜1 − e ⎜ ⎝ ⎞ ⎟ + Rth ha ⎟ ⎠ t − ⎛ τ Kühlkörper ⎜ ⋅ 1− e ⎜ ⎝ ⎞ ⎟ ⎟ ⎠ (56) Mit dieser Methode einer zeitabhängigen thermischen Berechnung kann der zeitliche Temperaturverlauf in einem Lastspiel berechnet werden. Innerhalb eines Lastspiels treten üblicherweise für eine kurze Zeit stark erhöhte Lastströme auf, gefolgt von längeren Zeiten reduzierter Belastung. Allerdings erfordert eine zeitabhängige Berechnung nach Gl.(56) einen erhöhten Simulationsaufwand gegenüber der einfachen stationären Berechnung, da die einzelnen thermischen Widerstände mit der zeitveränderlichen exakten Verlustleistung multipliziert werden. Liegen die geforderten Zeiten eines Lastspiels weit entfernt von den ermittelten thermischen Zeitkonstanten des Aufbaus (beispielsweise um eine Größenordnung), so kann auf die genaue Berechnung des transienten thermischen Verhaltens verzichtet werden und es können nur stationäre Zustände betrachtet bzw. Lastspiele mit quasistationärem Verhalten nachgebildet werden. Bei einem für viele Applikationen relevanten Lastspiel muss für 3s ein erhöhter Strom Imax geführt werden, gefolgt von 297s Nennstrom Inenn. Die Zeitdauer des erhöhten Stromes liegt um eine bzw. zwei Größenordnungen von den thermischen Zeitkonstanten des Aufbaus entfernt. Generell kann jeder zeitabhängige Term aus Gl. (56) in diesem Fall durch zwei mögliche Extremfälle nachgebildet werden: a) t<< τ : In diesem Fall wird der Term zu null. Die Dauer des Lastspiels ist so kurz, dass an dem betrachteten Element keine Temperaturerhöhung feststellbar ist. b) t>> τ : In diesem Fall beträgt der Wert des Terms den Wert des stationären thermischen Widerstandes, da die Exponentialfunktion zu null wird. Die Dauer des Lastspiels ist so lange, dass das betrachtete Element vollständig durchwärmt wird Die 3s Dauer des erhöhten Stromes bewirkt im Kühlkörper nur einen geringen, zeitinvarianten Temperaturhub, da dessen Zeitkonstante wesentlich größer ist. Im Halbleiterchip und im Halbleitermodul bewirkt diese Dauer jedoch eine vollständige Durchwärmung auf Basis der Verlustwerte für den erhöhten Strom. Die maximale Temperatur am Halbleiterchip kann somit einfach berechnet werden. Für das Beispiel der Diode gilt: ⎛ 297 Pnenn + 3 Pmax ⎞ T jD = Ta + ⎜ ⎟ Rthha + Pmax Rth jhD 300 ⎠ ⎝ (57) Die Verwendung zeitabhängiger Formeln ist somit nicht erforderlich. Für die einzelnen thermischen Widerstände der Halbleiterchips wurden folgende Werte gemessen: 66 K W K = 0.63 W RthjhIGBT = 0.13 RthjhDiodeSi RthjhDiodeSiC = 0.515 K W Bemerkenswert ist hierbei die Tatsache, dass die Si-Diode mit einer Fläche von 33,64mm2 einen höheren thermischen Widerstand besitzt als die SiC-Diode mit einer Gesamtfläche von 18,42mm2. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass die Si-Diode aus einem einzelnen Chip besteht, während die SiC-Diode aus einer Parallelschaltung von 6 Chips besteht, die so weit voneinander entfernt angeordnet sind, dass sie eine wesentlich bessere Wärmespreizung besitzen. Dies ist ein wichtiger Vorteil bei der Parallelschaltung von vielen kleinen Chips gegenüber einem großen Chip. Für die thermische Auslegung des Umrichters wird neben den thermischen Widerständen der Halbleiterchips noch der thermische Widerstand des Kühlkörpers benötigt, der im Fall des Demonstratorumrichters durch forcierte Luftkühlung mit einem Volumenstrom von 0,022 m3/s entwärmt wird. An dieser Stelle ergibt sich ein Problem, die Parallelschaltung von Halbleitermodulen zu berücksichtigen: Werden auf einem Kühlkörper mehrere Halbleitermodule montiert, um einen gegeben Strom zu führen, so ist die thermische Beschreibung der Halbleitermodule einfach, da der Strom auf die Halbleitermodule aufgeteilt werden kann. Somit können bei einer Verdopplung der Halbleitermodule doppelt so viele Verluste eingespeist werden, um einen identischen Temperaturhub an den Halbleitermodulen zu erzeugen. Dies ist dann möglich, wenn die Temperaturerhöhung in einem Halbleitermodul nur vernachlässigbare Rückwirkungen auf die Temperaturerhöhung in einem benachbarten Halbleitermodul besitzt. Im Fall des Demonstrators ist dies erfüllt. Bei der Betrachtung des Kühlkörpers ist diese einfache Vorgehensweise nicht mehr möglich. Sie wäre nur dann richtig, wenn für jedes zusätzliche Halbleitermodul auch ein zusätzlicher, identisch großer Kühlkörper und – beim angenommenen Beispiel forcierter Luftkühlung - mit eigenem Lüfter eingesetzt werden würde. Diese Annahme ist in der Praxis jedoch nicht realistisch. Um realistische Werte zu erhalten, muss vielmehr für jede gerechnete Anzahl von Halbleitermodulen ein Aufbau auf einem Kühlkörper definiert und dessen thermischer Widerstand messtechnisch erfasst werden. Bei der thermischen Auslegung des Demonstratorumrichters soll als wesentliche Aussage berechnet werden, wie viele Halbleitermodule einer bestimmten Ausführung für die Realisierung der erforderlichen Betriebspunkte benötigt werden. Um den messtechnischen Aufwand bei der Bestimmung des thermischen Widerstandes des Kühlkörpers zu begrenzen, wurde dieser für eine Anordnung von ein, zwei und drei Halbleitermodulen gemessen. Bei der Messung wird die Oberfläche des Kühlkörpers in etwa proportional zur Anzahl der Halbleitermodule erhöht, der Kühlmitteldurchsatz steigt bei der Erhöhung von einem auf drei Halbleitermodule jedoch nur um etwa den Faktor zwei an. Mit den Messwerten wird eine Ausgleichskurve generiert, anhand derer der thermische Widerstand von Anordnungen mit einer höheren Anzahl von Halbleitermodulen abgeschätzt wird. 67 0.12 0.1 Rthha/[K/W] 0.08 0.06 y = 0.0994x-0.7246 0.04 y = 0.1x -1 0.02 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Anzahl Halbleitermodule Abbildung 52:Thermischer Widerstand des Kühlkörpers als Funktion der Anzahl der Halbleitermodule bei forcierter Luftkühlung mit einem Volumenstrom von 0,022 m3/s Die Ausgleichskurve zeigt erwartungsgemäß eine hyperbolische Form. Die drei Messwerte wurden an Aufbauten ermittelt, die einer praxisgerechten Aufbauform entsprechen. Mit steigender Modulanzahl ist der thermische Widerstand nicht direkt umgekehrt zur Anzahl der verwendeten Halbleitermodule, sondern geht weniger stark zurück; die entsprechende theoretische Kurve für umgekehrt proportionales Verhalten ist in Abbildung 52 mit eingetragen. Die schwarze Kurve würde dann erreicht werden, wenn mit steigender Anzahle der Halbleitermodule auch die Oberfläche des Kühlkörpers und der Lüfter mit ansteigen würde sowie sich die Halbleitermodule nicht gegenseitig beeinflussen würden. Tatsächlich jedoch steigt der Kühlluftstrom weniger stark als die Anzahl der Halbleitermodule, und eine gegenseitige Beeinflussung der Halbleitermodule findet statt. 2.3.3 Berechnung des erforderlichen Halbleiteraufwands Mit den ermittelten Daten ist nun eine Auslegung des Demonstratorumrichters für verschiedene Betriebspunkte möglich. Verglichen werden 3 Halbleitermodule 1700V/100A in B6-Brückenschaltung mit folgender Chipbestückung: A. Planare IGBT-Chips mit Standard Si Dioden B. Planare IGBT Chips mit SiFast Dioden C. Planare IGBT Chips mit SiC-Schottkydioden Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden hier noch einmal die Verlustkennlinien der zu vergleichenden Leistungshalbleiter dargestellt: 68 Schaltverluste der Halbleitermodule (T=125°C) 18.00 Einschalten IGBT mit Si-Diode 16.00 E/[mWs] 14.00 Einschalten IGBT mit SiFast-Diode 12.00 10.00 Ausschalten Si-Diode 8.00 Ausschalten SiFast-Diode 6.00 Ausschalten IGBT 4.00 2.00 Einschalten IGBT mit SiC-Diode 0.00 0.00 10.00 20.00 30.00 40.00 50.00 60.00 I/[A] Abbildung 53: Vergleichende Darstellung der Halbleiterschaltverluste Linearisierte Durchlasskennlinien, T = 125°C 60 SiFast-Diode Si-Diode 50 IGBT SiC-Diode I/[A] 40 30 20 10 0 0 1 2 3 4 5 U/[V] Abbildung 54: Vergleichende Darstellung der linearisierten Durchlasskennlinien Für die Berechnung wurden folgende Randbedingungen zugrunde gelegt: ¾ Berechnet werden die Verluste für motorischen Betrieb (cosφ=0,9), generatorischen Betrieb (cosφ=-0,9) und Ausgangsfrequenz null (cosφ=0). ¾ Der Umrichter wird dauerhaft mit Nennstrom betrieben. Zusätzlich erfährt er eine kurzzeitige Überlast (3s) mit 150% Nennstrom [116], die jedoch so selten auftritt (Wiederholfrequenz <300s), dass sie den dauerhaft wirksamen Effektivstrom nur unwesentlich beeinflusst. Die Temperaturabhängigkeit der unipolaren Leistungshalbleiter wird berücksichtigt, bei den bipolaren Leistungshalbleitern wird sie vernachlässigt. 69 6 ¾ Bei motorischem und generatorischem Betrieb muss die Chiptemperatur eines jeden Leistungshalbleiters unter 125°C liegen. Diese Temperatur ist der empfohlene Arbeitsbereich der Leistungshalbleiter gemäß Datenblatt ([54], [56]). ¾ Bei Ausgangsfrequenz null muss die Chiptemperatur eines jeden Leistungshalbleiters unter 150°C liegen. Diese Temperatur ist die spezifizierte maximale Chiptemperatur. Da der Betrieb bei Ausgangsfrequenz null nicht als der dauerhaft relevante Betriebspunkt für die Anwendung betrachtet wird, wird in diesem Fall eine erhöhte Temperatur zugelassen. ¾ Die Temperatur des Kühlkörpers darf maximal 110°C betragen. Bei heißeren Kühlkörpern ist in der Anwendung mit Problemen bei Bauteilen in der Nähe des Kühlkörpers zu rechnen. ¾ Die Umgebungstemperatur beträgt 40°C. Dies ist heute eine gängige Randbedingung für die Auslegung von Umrichtern [116]. ¾ Der Vergleich wird für Schaltfrequenzen von 4kHz, 16kHz und 64kHz durchgeführt. Als Ergebnis des Vergleichs wird die Anzahl der Halbleitermodule bewertet, die zur Realisierung eines bestimmten effektiven Ausgangsstromes erforderlich sind. 4kHz 5 Anzahl Halbleitermodule Si 4 SiFast 3 SiC 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 70 Ausgangsstrom/[A] Abbildung 55: Erforderliche Halbleitermodule bei einer Schaltfrequenz von 4kHz In Abbildung 55 ist die Anzahl der erforderlichen Halbleitermodule bei einer Schaltfrequenz von 4kHz in Abhängigkeit des Umrichterausgangsstromes angegeben. Die gewählten Stützstellen entsprechen einem realistischen Leistungsspektrum einer Umrichterreihe von 2,2kW bis 55kW. Auch bereits bei der Schaltfrequenz von 4kHz sind Vorteile für die schaltverlustarmen Halbleitervarianten zu erkennen. Allerdings ist der Vorteil nicht besonders groß, so dass bei einem zu erwartenden höheren Preis der schnellen Si-Diode und besonders der SiCSchottkydiode dieser durch die Einsparung in der Halbleiterfläche möglicherweise nicht kompensiert werden kann. Selbstverständlich wird in der Realität immer eine ganzzahlige Anzahl von Halbleitermodulen zum Einsatz kommen. In Abbildung 55 würde dies durch ein Aufrunden der jeweiligen Lösung auf den nächsten ganzzahligen Wert erfolgen. Diese Diskretisierung wird in der Anwendung dazu führen, dass bei einigen Ausgangsströmen kein Vorteil gegenüber einer 70 Standardlösung erzielt werden kann, der Übergang zur nächst höheren Anzahl jedoch bei erhöhtem Umrichterausgangsstrom stattfindet und so bei einzelnen Ausgangsströmen Vorteile entstehen. In einer konkreten Anwendung hängt ein solches Ergebnis jedoch stark von der Verfügbarkeit der Halbleiterbauelemente in verschiedenen Stromtragfähigkeiten ab, die je nach Hersteller und Betrachtungszeitraum variieren. Deshalb wird in dieser Arbeit der grundsätzliche technische Vorteil durch die stetige Darstellung gezeigt und die Diskretisierungseinflüsse bleiben unberücksichtigt. 16kHz 10 Si Anzahl Halbleitermodule 9 SiFast 8 7 6 5 4 3 SiC 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 70 Ausgangsstrom/[A] Abbildung 56: Erforderliche Halbleitermodule bei einer Schaltfrequenz von 16kHz Betrachtet man die erforderlichen Halbleitermodule bei 16kHz Schaltfrequenz, so sind die Vorteile der schnell schaltenden Lösungen weitaus offensichtlicher. In diesem Betriebspunkt sind die Schaltverluste dominant. Mit der SiC-Schottkydiode kann nahezu das gesamte Leistungsspektrum mit 3 Halbleitermodulen abgedeckt werden. Bei der Auslegung des Umrichters wurden die Berechnungen bei einer Anzahl von 10 Halbleitermodulen abgebrochen. Diese zunächst willkürliche Grenze trägt dem Umstand Rechnung, dass eine so große erforderliche Halbleiterfläche keine sinnvolle Lösung zur Realisierung des erforderlichen Betriebspunktes darstellt. Für die Halbleitermodule mit Si-Freilaufdioden aus Abbildung 56 bedeutet dies, dass oberhalb einer bestimmten Leistung keine standardmäßige Realisierung möglich ist. Die Ursache hierfür kann aus der Kennlinie der Schaltverluste in Abbildung 53 abgeleitet werden. Bei der Betrachtung der Abschaltverluste der Si-Dioden ist zu beobachten, dass diese Verluste jedoch mit steigendem Laststrom nur verhältnismäßig gering ansteigen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auch bei sehr kleinem Laststrom bzw. geringer Stromdichte noch nennenswerte Schaltverluste in der Diode auftreten. Physikalisch liegt dies an der Tatsache, dass auch bei kleinem Laststrom bereits eine Ladungsträgerüberschwemmung der schwach dotierten Mittelschicht der Diode stattfindet. Diese injizierten Ladungsträger müssen beim Schaltvorgang ausgeräumt werden. Dieser Umstand trifft für alle bipolaren Bauelemente zu. Der IGBT ist hiervon ebenfalls betroffen, die Auswirkung ist allerdings weniger stark als bei der Si-Diode, weil der IGBT für schnelles Schalten und somit möglichst geringe Speicherladung optimiert ist. 71 Eine Erhöhung der Halbleiterfläche bei konstantem Laststrom bedeutet eine Reduzierung der Stromdichte des einzelnen Halbleiterchips. Da die Speicherladung im Diodenchip jedoch weitaus weniger stark als der Laststrom selbst zurückgeht, steigt die in der Summe aller Diodenchips vorhandene Speicherladung mit der Halbleiterfläche stark an. Damit steigen auch die Verluste der Gesamtanordnung an, wodurch die gewünschte Reduzierung der Halbleitertemperatur durch Vergrößerung der Chipfläche und somit Verbesserung des thermischen Widerstandes großteils zunichte gemacht wird. Bei der Betrachtung der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Anzahl der erforderlichen Halbleitermodule auch ein Maß für die entstehende Verlustleistung ist. Somit sinkt bei einer steigenden Anzahl erforderlicher Halbleitermodule der Wirkungsgrad des Umrichters. Gleichzeitig steigt die Baugröße des Umrichters an, weil die hohe Anzahl von Halbleitermodulen den Kühlkörper vergrößert. Die Baugröße des Kühlkörpers kann anhand des Verlaufs des thermischen Widerstandes als Funktion der Anzahl der Halbleitermodule aus Abbildung 52 abgeschätzt werden. Wirkungsgrad 16kHz 100 SiC 98 Wirkungsgrad/[%] 96 94 SiFast 92 90 88 86 Si 84 82 80 0 10 20 30 40 50 60 Nennleistung/[kW] Abbildung 57: Wirkungsgrad der Umrichtervarianten bei 16kHz Schaltfrequenz Der Wirkungsgrad des Umrichters mit Si-Standarddiode nimmt mit steigender Leistung stark ab. Diesem Umstand liegt die beschriebene Tatsache zugrunde, dass mit steigendem Umrichterausgangsstrom die Leistungsfähigkeit des Kühlkörpers weniger stark als proportional ansteigt (s. Abbildung 52). Um die anfallenden Verluste dennoch abführen zu können, muss die Halbleiterfläche stark vergrößert werden und die Stromdichte in den Halbleitern nimmt ab. Wie oben beschrieben, führt die vergrößerte Halbleiterfläche zu einer erhöhten Speicherladung. Dieser Effekt macht sich vor allem in der Si-Freilaufdiode bemerkbar, weil diese nicht für geringe Speicherladung optimiert ist. Qualitativ ist das Verhalten auch bei der schnellen Si-Diode zu erkennen, allerdings in weit geringerem Ausmaß. Der Umrichter mit der SiC-Schottkydiode zeigt den typischen steigenden Wirkungsgrad mit steigender Leistung. Mit 98% ist der Wirkungsgrad akzeptabel, insbesondere unter Berücksichtigung der hohen Schaltfrequenz. 72 64kHz 10 Si Anzahl Halbleitermodule 9 SiFast SiC 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 70 Ausgangsstrom/[A] Abbildung 58: Erforderliche Halbleitermodule bei einer Schaltfrequenz von 64kHz Betrachtet man eine Schaltfrequenz von 64kHz, so kann mit Si-Freilaufdioden auch die kleinste Leistungsklasse nicht mehr realisiert werden. Rechnerisch wird kein stabiler Punkt erreicht, weil durch eine Flächenvergrößerung der Halbleiter die Verluste stärker ansteigen als der thermische Widerstand abnimmt. Auch bei der SiC-Lösung steigt der Halbleiteraufwand an, die höchste Leistungsklasse kann ebenfalls nicht mehr realisiert werden. Dies liegt in der Verwendung des Si-IGBTs, der trotz high speed Ausführung noch immer eine Speicherladung und somit prinzipiell das gleiche Problem wie die Si-Dioden besitzt. Bei sehr hohen Schaltfrequenzen wird der Punkt erreicht, an dem unipolare Hochvoltbauelemente trotz ihrer hohen Durchlassverluste eine bessere Performance zeigen. 2.4 Unipolarer Hochvoltschalter In diesem Kapitel soll betrachtet werden, inwiefern ein unipolarer Hochvoltschalter als Alternative zu der Kombination aus schnellem IGBT und SiC-Schottkydiode interessant ist. Für Silizium sind unipolare Bauelemente mit einer Sperrspannung von 1500V und höher nur in Einzelfällen mit geringer Stromtragfähigkeit verfügbar [107]. Diese hochsperrenden MOSFETs sind für Schaltnetzteile mit hoher Frequenz und Leistungen <200W optimiert. Das Halbleitermaterial SiC stellt jedoch auch hier in der Zukunft möglicherweise neuartige Bauelemente zur Verfügung, die für Anwendungen im Frequenzumrichter von Interesse sind. In der Literatur wird sowohl über SiC-MOSFETs als auch über SiC-JFETs berichtet. Für die Anwendung im Frequenzumrichter erscheint nach der Literatur der JFET als die Struktur, die zuerst für eine realistische Anwendung in Frage kommt, weil hier bereits über Labormusterbauelemente mit einer Stromtragfähigkeit von mehreren Ampère für einen Halbleiterchip berichtet wird ([38], [40], [75]). 73 2.4.1 Struktur des SiC-JFET Die grundsätzliche Struktur eines solchen SiC-JFETs [75] wird im Folgenden kurz erläutert: G p+ n S lateraler Kanal n+ p+ n- n+ D Abbildung 59: Struktur des SiC-JFET Auf einem n+ -dotierten SiC-Wafer wird zunächst in einem ersten Epitaxieverfahren eine niedrig dotierte n- -Schicht aufgewachsen. Die Dicke dieser schwach dotierten Schicht ist proportional zur erforderlichen Sperrspannung des Bauelements. An der Oberfläche dieser n-Schicht wird anschließend eine p+ -Wanne sowie ein n+ -Sourcegebiet implantiert. Mit einem zweiten Epitaxieschritt wird anschließend ein weiteres n-Gebiet aufgewachsen, das in dem JFET als Kanalbereich verwendet wird und an der Oberfläche mit dem n+-Sourcegebiet technologiebedingt kurzgeschlossen wird. Auf diesem zweiten n-Gebiet wird schließlich noch ein p-Gategebiet implantiert, das derart ausgeführt wird, dass dieses p+-Gate einen Teil der gegenüberliegenden p+-Wanne überdeckt und zwischen diesen beiden p+-Gebieten ein lateraler n-Kanal eingeschlossen wird. Wie aus Abbildung 59 zu erkennen ist, handelt es sich bei dem JFET um ein Bauelement, das im nicht angesteuerten Zustand leitend ist. Von dem Drainanschluss an der Unterseite des n+-Substrates bis zum Sourceanschluss auf der Bauelementoberseite existiert ein durchgängiger Pfad mit n-Gebieten. Wird nun am Drainanschluss eine positive Spannung gegenüber Source angelegt, so arbeiten die n-Gebiete als Widerstand, wobei die Leitfähigkeit des jeweiligen Gebietes proportional zu seiner Dotierung ist. Die Durchlasskennlinie des JFET ist rein ohmsch, da kein pn-Übergang im Durchlasspfad liegt, der eine Schwellenspannung verursachen könnte. Wie auch bei MOSFETs besitzt der JFET in Rückwärtsrichtung eine interne pn-Diode, die dem Kanal parallel liegt. Die Schwellenspannung dieser Diode beträgt ca. 2,8V. Dieser Wert ergibt sich aus den Materialeigenschaften von SiC [74]. Soll der JFET abgeschaltet werden, so muss an seinem Gateanschluss eine negative Spannung gegenüber dem p+-Sourcegebiet angelegt werden. Bei einer solchen negativen Spannung wird sich am p+n-Übergang zwischen p+-Gate und n-Kanal eine Raumladungszone in das Kanalgebiet ausbreiten, die von freien Ladungsträgern nicht passiert werden kann. Wird die negative Spannung am Gate so weit erhöht, dass die 74 Raumladungszone das p+-Wannengebiet erreicht, so ist der gesamte Kanalbereich abgeschnürt und ein Stromfluss ist nicht mehr möglich. In diesem Betriebszustand ist der JFET ausgeschaltet und kann Sperrspannung aufnehmen. In der Literatur [38] wird berichtet, dass JFETs für eine Sperrspannung von 1200V mit einem spezifischen On-Widerstand von 10 mΩcm2 bei Raumtemperatur realisiert worden sind. Da der Durchlasswiderstand des Driftgebietes für unipolare Bauelemente quadratisch mit der Sperrspannung steigt, ist für 1700V etwa mit dem doppelten spezifischen Driftwiderstand zu rechnen, während der Kanal- und Substratwiderstand gleich bleibt. Ziel dieses Kapitels ist es jedoch, das grundsätzliche Potenzial eines solchen unipolaren SiC-Schalters abzuschätzen. Da der JFET eine noch recht neue Struktur darstellt, die bisher nur in Labormusterstückzahlen produziert wurde, sind an dieser Stelle noch Verbesserungen zu erwarten. Für die Bewertung des JFETs soll daher mit einem spezifischen On-Widerstand von 15 mΩcm2 gerechnet werden. 2.4.2 Durchlassverhalten Besonders interessant ist an dem JFET wie an allen unpolaren Schaltern, dass er bei eingeschaltetem Kanal in der Lage ist, in beiden Richtungen ohne Schwellenspannung Strom zu führen. Dies bedeutet, dass auf den Einsatz einer Freilaufdiode verzichtet werden kann. Dadurch kann die Anzahl der Chips in einem Halbleitermodul halbiert werden. Dies vereinfacht die Aufbautechnik in einem Halbleitermodul. Die Durchlassverluste eines Bauelementes, das in beiden Richtungen Strom führt, können durch die Addition von Gl. (37) (Durchlassverluste des IGBT) und Gl. (39) (Durchlassverluste der Freilaufdiode) berechnet werden. Sie ergeben sich im allgemeinen Fall zu: Pd = I C max U CE 0 ⎛⎛ 1 ⎜ ⎜⎜ ⎜ 2π ⎝⎝ 2 ⎞ M cos φ ⎞ U CEN − U CE 0 ⎟+ ⎟⎟ + I C max ⎟ I CN 8 ⎠ ⎠ ⎛ ⎜ •⎜ ⎜ ⎜ ⎝ + I C max U D 0 ⎛⎛ 1 ⎜ ⎜⎜ ⎜ 2π ⎝⎝ 2 ⎞ M cos φ ⎞ U DN − U D 0 ⎟+ ⎟⎟ − I C max ⎟ I CN 8 ⎠ ⎠ 1 M cos φ ⎞⎟⎟ − 8 3π ⎟⎟⎠ ⎛ ⎜ •⎜ ⎜ ⎜ ⎝ 1 M cos φ ⎞⎟⎟ + 8 3π ⎟⎟⎠ (58) Der unipolare JFET besitzt wie alle Feldeffekttransistoren keine Schwellenspannung, so dass die Terme proportional zu UCE0 und UD0 aus Gl. (58) entfallen. Der ohmsche Widerstand ist zudem unabhängig davon, in welcher Richtung der Strom durch den JFET fließt. Damit gilt in Gl. (58): U CEN − U CE 0 U DN − U D 0 = = RdJFET I CN I CN (59) Für den Stromfluss von Source nach Drain (techn. Stromrichtung) ist die Annahme eines rein ohmschen Durchlasswiderstandes nur unterhalb der Einsatzschwelle der parasitären pnDiode gültig. In Siliziumkarbid liegt diese Einsatzschwelle bei ca. 2.8V [5]. Bei dem angenommenen spezifischen Durchlasswiderstand von 15 mΩcm2 wird dieser Wert ab einer Stromdichte von 187A/cm2 erreicht. Ab dieser Stromdichte wird die Durchlassspannung in Rückwärtsrichtung geringer als bei der Annahme der rein ohmschen Kennlinie. Für die Auslegung wird dieser Umstand jedoch nicht berücksichtigt, weil im Fall rein motorischen Betriebes (cosφ = 1) der Strom immer in Vorwärtsrichtung durch den JFET fließt und dieser Betriebspunkt somit den auslegungsrelevanten worst case darstellt. Die Durchlassverluste für den JFET vereinfachen sich somit zu: 75 PdJFET R ⋅I = dJFET C max 4 2 (60) Gl. (60) ist unabhängig vom Lastwinkel cosφ. Die Auslegung der Chipfläche wird damit unabhängig vom Lastwinkel am Umrichterausgang. Dies ermöglicht eine gleichmäßigere Ausnutzung der Halbleiterfläche, da in Anwendungen mit aktivem Schalter und separater Freilaufdiode der Schalter für motorischen und die Freilaufdiode für generatorischen Betrieb ausgelegt werden muss. Betrachtet man nur die Durchlassverluste (Gl. (37) und Gl. (39)) so trägt im motorischen Betrieb der aktive Schalter nahezu alle Verluste, während die Freilaufdiode unbelastet ist. Im generatorischen Betrieb treten die Verluste nur in der Freilaufdiode auf. Durch den Ersatz der Schalter-Dioden-Kombination durch einen rückwärts leitfähigen Schalter kann in Summe signifikant Halbleiterfläche eingespart werden. Nimmt man an, die Durchlasskennlinien von aktivem Schalter, Freilaufdiode und rückwärts leitfähigem Schalter seien identisch, so sind auch die erforderlichen Halbleiterflächen für alle drei Bauelemente identisch. Da in der Schalter-Dioden-Kombination zwei Bauelemente benötigt werden und mit dem rückwärts leitfähigen Schalter nur eines, könnte die gesamte Halbleiterfläche in diesem Fall halbiert werden. 2.4.3 Nachbildung des Schaltverhaltens Das dynamische Verhalten des JFET zeigt zum heutigen Zeitpunkt noch einige Abweichungen von dem Verhalten eines idealen unipolaren Schalters [129]. Dies ist insbesondere beim Abkommutieren des JFETs durch eine äußere Spannung der Fall. DCP D n+ T1 n- UZK p+ n+ n S p+ G ILast D G T2 S DCN Abbildung 60: Kommutierung in einem JFET-Halbbrückenzweig 76 Abbildung 60 ist die Kommutierung in einer JFET-Halbbrücke gezeigt. Vor dem Kommutierungsvorgang fließt der konstante Ausgangsstrom IA in Rückwärtsrichtung durch den oberen JFET T1 zum positiven Zwischenkreispotenzial DCP (grüne Linie). T1 übernimmt in diesem Betriebszustand somit die Funktion einer Freilaufdiode. Das Gate von T1 ist eingeschaltet, so dass der Strom durch den n-Kanal von T1 fließen kann. Nun soll der Ausgangsstrom auf des JFET T2 kommutiert werden. Vor dem Kommutierungsvorgang ist das Gate von T2 ausgeschaltet, so dass T2 Sperrspannung aufnehmen kann. Nach klassischem Kommutierungsverfahren muss nun zunächst das Gate von T1 ausgeschaltet werden. Nach Verstreichen einer Wechselrichtersperrzeit, die sicherstellt, dass T1 tatsächlich sicher abgeschaltet hat, kann nun T2 eingeschaltet werden und den Laststrom übernehmen (rote Linie). In dem Zeitraum der Wechselrichtersperrzeit, in dem beide Gates der JFETs ausgeschaltet sind, muss der Laststrom weiter durch T1 fließen, da T2 noch sperrt. Der Kanal von T1 ist jedoch bereits geschlossen, so dass der Laststrom durch die parasitäre pn-Diode von T1 fließen muss (blaue gestrichelte Linie). Indem diese SiC-pn-Diode aktiviert wird, werden in das n- -Gebiet von T1 Ladungsträger injiziert. Beim anschließenden Einschalten von T2 müssen diese Ladungsträger wie bei jeder pn-Diode wieder ausgeräumt werden. Dadurch entstehen nicht unerhebliche Abschaltverluste, weil der unipolare SiC-JFET beim Kommutieren aus dem Freilaufzustand das Verhalten einer schnellen bipolaren Diode zeigt. Diese Problematik ist in der Literatur von Si-MOSFETs bekannt. Als mögliche Lösung wird dort ein Ansteuerverfahren vorgeschlagen, das als „synchroner Gleichrichterbetrieb“ bezeichnet wird [128]. In diesem Verfahren werden das Einschalten von T2 und das Ausschalten von T1 derart koordiniert, dass der Laststrom vom Kanal des oberen FET in den unteren FET kommutiert, ohne dass die parasitäre pn-Diode aktiviert wird und ohne dass ein Brückenkurzschluss entsteht. Dieses Verfahren erfordert eine hohe zeitliche Präzision der beiden Ansteuersignale, die zudem noch auf unterschiedlichem Potenzial liegen. In der Literatur wurde diese Aufgabe durch Hochvolt-IC’s gelöst, die sowohl den oberen als auch den unteren Schalter ansteuern und die Potenzialtrennung intern via junction Isolation oder dielectric Isolation realisieren. Diese Technologien für Hochvolt-IC’s sind heute jedoch nur für Halbleiterbauelemente bis 600V Sperrspannung verbreitet; einzelne Hochvolt-IC’s für 1200V Sperrspannung sind ebenfalls bekannt [58]. Für 1700V Sperrspannung sind keine Hochvolt-IC’s verfügbar, so dass die Lösung dieser Problematik weiterer Innovationsschritte bedarf [88]. Auf der anderen Seite befindet sich die JFET-Struktur noch stark in der Optimierungsphase, so dass in der Zukunft deutliche Verbesserungen vor allem des dynamischen Verhaltens erwartet werden können. Um das Potenzial des unipolaren Hochvoltschalters abschätzen zu können, soll statt gemessener Schaltverluste eine einfache theoretische Nachbildung des Schaltvorganges verwendet werden, das einem idealisierten Verhalten nahe kommt. Für tiefer gehende Betrachtungen des Schaltverhaltens sei auf die Literatur ([15], [34]) verwiesen. Zur Abschätzung der Schaltverluste des idealisierten Hochvoltschalters soll das Modell nach Abbildung 61 verwendet werden. Der Einschaltvorgang findet im Zeitraum [t0; t2] statt. 77 U,I UZK ILast t t0 t1 t2 t3 t4 t5 Abbildung 61: Idealisiertes Schaltverhalten des unipolaren Hochvoltschalters Zum Zeitpunkt t0 beginnt der einschaltende JFET mit dem Stromaufbau. Bis zum Erreichen des Laststromes wird ein linearer Stromverlauf angenommen. Die Steilheit des Stromanstieges wird theoretisch nur durch die Streuinduktivität des Kommutierungskreises begrenzt di U ZK , ≤ dt Ls (61) woraus sich bei 1000V Zwischenkreisspannung und einer Streuinduktivität von 100nH eine maximale Stromanstiegsgeschwindigkeit von 10 kA µs errechnen lässt. In realen Ansteuerschaltungen wird die Stromanstiegsgeschwindigkeit jedoch durch eine Begrenzung des Gatestroms eingestellt; für Umrichter mit Nennströmen <100A ist eine maximale Stromanstiegsgeschwindigkeit von di kA =1 zu beobachten. Die Verlustenergie im Intervall dt µs [t0; t1] in Abhängigkeit vom Laststrom berechnet sich somit zu: t1 E on1 = ∫ (U DS t0 I last di 2 dt di I di di I D )dt = ∫ ((U ZK − Ls ) ⋅ t )dt =(U ZK − Ls ) Last di dt dt dt 0 2 dt (62) Zum Zeitpunkt t1 hat der Strom im einschaltenden JFET den Laststrom erreicht. Der im Freilauf arbeitende JFET wird verlustfrei abkommutiert, d.h. der synchrone Gleichrichterbetrieb wird als ideal angenommen. Damit fallen in diesem im Freilauf arbeitenden JFET keine Schaltverluste an. Der einschaltende JFET kann nun unmittelbar mit 78 dem Abbau seiner Sperrspannung beginnen; die Spannungsänderung wird nach den in Kapitel 2.1.3 dargelegten Gründen mit du kV = 15 gewählt. dt µs Für die Schaltverluste in diesem Intervall [t1; t2] gilt: U ZK − Ls t2 du dt t1 0 E on 2 = ∫ (U DS I D )dt = = (U ZK − Ls 2 du dt ∫ di dt (((U ZK − Ls di du )− ⋅ t ) I Last )dt dt dt (63) di 2 ) dt I Last Mit dem Zeitpunkt t2 ist der Einschaltvorgang abgeschlossen. Nun folgt die Leitphase des JFET, in der Verluste als Durchlassverluste auftreten. Zum Zeitpunkt t3 beginnt der Abschaltvorgang des JFET. Dessen erste Phase ist gekennzeichnet durch einen linearen Anstieg der Drainspannung des JFET. Parasitäre Kapazitäten am JFET und der Last sollen in dieser Betrachtung vernachlässigt werden. Dann gilt für die Schaltverluste im Intervall [t3; t4]: t4 E off 1 = ∫ (U DS t3 U ZK du dt 2 U du ⋅ t ⋅ I Last )dt = ZK ⋅ I Last I D )dt = ∫ du 0 dt 2 dt (64) Im Intervall [t4; t5] fällt der Laststrom bis auf 0. Die Fallzeit in diesem Intervall ist von internen Eigenschaften des Schalters abhängig und nahezu unabhängig von der Höhe des abzuschaltenden Stromes. Sie wird mit tf bezeichnet. Vereinfacht wird die Stromänderungsgeschwindigkeit im Intervall [t4; t5] als linear angenommen. Aus Messergebnissen kann diese Fallzeit mit 50ns angenommen werden. Für die Schaltverluste im Intervall [t3; t4] gilt: t5 tf t4 0 E off 2 = ∫ (U DS I D )dt = ∫ ((U ZK + Ls = (U ZK I Last I ) ( I Last − Last t )dt tf tf (65) I Last t f I + Ls Last ) 2 tf Zum Zeitpunkt t5 ist der Ausschaltvorgang des JFET abgeschlossen. Einen Tailstrom wie beim IGBT gibt es nicht, da es sich um ein unipolares Bauelement handelt. 79 2.4.4 Berechnung des Halbleiterbedarfs im Umrichterbetrieb Mit Gl. (62) bis Gl. (65) können die Schaltverluste des idealisierten unipolaren Hochvoltschalters in Abhängigkeit des Laststromes berechnet werden. Als Schaltkreisparameter werden die gleichen Werte verwendet, die auch bei den Verlustmessungen des IGBT mit Freilaufdiode ermittelt wurden: ¾ Zwischenkreisspannung ¾ Streuinduktivität ¾ Spannungssteilheit beim Ein- und Ausschalten ¾ Stromanstiegsgeschwindigkeit beim Einschalten ¾ Stromfallzeit beim Ausschalten UZK = 1000V Ls = 100nH du kV = 15 dt µs di kA =1 dt µs tf = 50ns Mit diesen Werten ergeben sich folgende Schaltverluste: 4 3.5 Ausschalten IGBT 3 Ausschalten JFET 2.5 E/[mWs] Einschalten IGBT mit SiC-Diode Einschalten JFET 2 1.5 1 0.5 0 0 10 20 30 40 50 60 Strom/[A] Abbildung 62: Berechnete Schaltverluste eines unipolaren Hochvoltschalters Die zu erwartenden Schaltverluste des JFET sind um etwa 20% geringer als die gemessenen bei dem schnellen IGBT mit der SiC-Schottkydiode. Die Ursache für diesen Unterschied liegt zum überwiegenden Teil in den Tailverlusten und der dynamischen Einschaltspannung des IGBT, da die Steilheiten für Strom und Spannung identisch angenommen wurden. Im Umkehrschluss ist bei der thermischen Auslegung zu erwarten, dass die Schaltfrequenz eines Umrichters mit JFETs um maximal 20% erhöht werden kann, wobei hierbei Durchlassverluste und thermischer Widerstand noch nicht betrachtet sind. Da die Motivation für einen Umrichter mit JFETs jedoch der Wunsch nach deutlich höheren Schaltfrequenzen ist, wird es erforderlich sein, für einen JFET-Umrichter die Schaltsteilheiten deutlich zu erhöhen. 80 4 3.5 Ausschalten IGBT 3 Ausschalten JFET 2.5 E/[mWs] Einschalten IGBT mit SiC-Diode Einschalten JFET 2 1.5 1 Ausschalten JFET fast 0.5 Einschalten JFET fast 0 0 10 20 30 40 50 60 Strom/[A] Abbildung 63: Schaltverluste des JFET bei erhöhter Schaltgeschwindigkeit Bei der Berechnung der mit „JFET fast“ bezeichneten Schaltverlustenergien wurden die Spannungsanstiegsgeschwindigkeit und die Stromanstiegsgeschwindigkeit um den Faktor 10 erhöht sowie die Stromfallzeit um den Faktor 10 reduziert. In dieser Lösung ist eine nahezu proportionale Absenkung der Schaltverluste möglich, weil in dem Modell für die Schaltverluste nahezu alle Terme linear von der Schaltgeschwindigkeit abhängen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in diesem Fall eine Spannungssteilheit von 150 kV erreicht wird, µs die an allen Bauteilen auftritt, die die Potenzialtrennung für Stromversorgung und Ansteuerbefehle der oberen JFETs gewährleisten. Ein gesamter Schaltvorgang besitzt eine Dauer von ca. 10ns. Dies ist deutlich schneller als heute in Frequenzumrichtern realisiert und kann somit als Extremabschätzung verwendet werden, welches Potenzial ein unipolarer SiCHochvoltschalter in einer praktischen Anwendung haben könnte. Die angenommenen Durchlassverluste von 15mΩcm2 für den unipolaren Hochvoltschalter werden aus Gründen der Vergleichbarkeit ebenfalls in einem Diagramm mit der SiCSchottkydiode und dem schnellen IGBT dargestellt: Linearisierte Durchlasskennlinien, T = 125°C 60 SiC-Schottky-Diode IGBT 50 SiC-JFET I/[A] 40 30 20 10 0 0 1 2 3 4 5 6 U/[V] Abbildung 64: Linearisierte Durchlasskennlien für SiC-JFET, SiC-Schottkydiode und Planaren Si IGBT 81 Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde bei der Berechnung der Durchlasskennlinie der JFET mit identischer Halbleiterfläche wie die SiC-Schottkydiode zu Grunde gelegt. Im vorliegenden Fall beträgt die SiC-Fläche 12,6mm2. Durch die identischen Bezugsflächen ist sichergestellt, dass Ergebnisunterschiede zwischen den benötigten Flächen von JFET und Schottkydiode in erster Näherung ein Maß für die Materialkosten darstellt, sofern man davon ausgeht, dass die SiC-Fläche sowohl bei einem JFET-Modul als auch bei einem Modul mit Si-IGBTs und SiC-Schottkydioden den Modulpreis dominiert. Damit sind die berechneten erforderlichen Halbleiterflächen der einzelnen Chipvarianten in erster Näherung proportional zum jeweiligen Aufwand für die Bauelemente. Bei dieser Betrachtung werden zwei Effekte vernachlässigt: ¾ die beim JFET im Vergleich zur Schottkydiode aufwändigere SiC-Technologie ¾ die erforderliche Si-Halbleiterfläche bei der Lösung mit IGBT und Schottkydiode Diese Effekte besitzen bzgl. des erforderlichen Halbleiteraufwandes gegenläufigen Charakter und kompensieren sich zumindest teilweise, so dass die Annahme eines identischen Modulpreises gerechtfertigt ist. An den Kennlinien in Abbildung 64 ist auffällig, dass der Widerstand des JFETs höher ist als der On-Widerstand der Schottkydiode. Da die Dicke der schwach dotierten Epitaxieschicht zur Aufnahme der Sperrspannung bei beiden Bauteilen sehr ähnlich ist, resultiert dieser Unterschied zum überwiegenden Teil in dem Durchlasswiderstand des Kanals in Abbildung 59, der mit der zweiten Epitaxieschicht gebildet wird [75]. Mit den Schaltverlusten und den angenommenen Durchlassverlusten kann nun analog zur Auslegung mit IGBT und Freilaufdiode berechnet werden, welche Chipfläche des unipolaren Hochvoltschalters zur Realisierung der Umrichterreihe erforderlich ist. 16kHz 6 JFET Anzahl Halbleitermodule 5 JFET ultrafast 4 3 IGBT mit SiCSchottkydiode 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 70 Ausgangsstrom/[A] Abbildung 65:Anzahl der erforderlichen Halbleitermodule mit unipolaren Hochvoltschaltern bei 16kHz Bei einer Schaltfrequenz von 16kHz ist mit dem unipolaren Hochvoltschalter eine um 50% größere SiC-Fläche erforderlich als sich bei der Berechnung mit der SiC-Schottkydiode als Freilaufdiode zu dem schnellen IGBT ergibt. Mit dem schnellen Schalten können ca. 20% der erforderlichen Halbleiterfläche eingespart werden, aber der Bedarf liegt immer noch über der erforderlichen Fläche der Schottkydiode. 82 Ursache hierfür sind die erhöhten Durchlassverluste des unipolaren Hochvoltschalters. Betrachtet man die Schaltverluste des JFET ultrafast vereinfacht als vernachlässigbar, so erklären die Durchlassverluste den Unterschied zwischen dem JFET ultrafast und der SiCSchottkydiode. Zusätzlich erfährt der mit standardmäßiger Schaltgeschwindigkeit betriebene JFET noch Schaltverluste, die in der Schottkydiode nicht angefallen sind, sondern von dem großflächigen IGBT übernommen wurden. Um diese Schaltverluste abzuführen, benötigt der JFET zusätzliche Fläche zur Reduzierung seines thermischen Widerstandes. Wirkungsgrad 16kHz 100 99.6 Wirkungsgrad/[%] 99.2 JFET ultrafast 98.8 JFET 98.4 98 IGBT mit SiCSchottkydiode 97.6 97.2 96.8 96.4 96 0 10 20 30 40 50 60 Nennleistung/[kW] Abbildung 66: Wirkungsgrad des Umrichters mit unipolarem Hochvoltschalter Betrachtet man die Verluste und den Wirkungsgrad, so ist zu erkennen, dass der unipolare Hochvoltschalter gegenüber der Kombination aus IGBT und SiC-Schottkydiode Vorteile bietet. Mit der schnellen Lösung kann der Wirkungsgrad um 0,7% gesteigert werden. Allerdings stellt sich die Frage, ob dieser Vorteil den großflächigeren Einsatz der teueren SiC-Bauteile rechtfertigt. Überträgt man das Verhalten der Bauelemente auf eine Schaltfrequenz von 64kHz, so werden die Vorteile des unipolaren Hochvoltschalters sichtbar. 64kHz 10 JFET Anzahl Halbleitermodule 9 8 7 IGBT mit SiCSchottkydiode 6 5 JFET ultrafast 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 70 Ausgangsstrom/[A] Abbildung 67: Anzahl der erforderlichen Halbleitermodule mit unipolaren Hochvoltschaltern bei 64kHz 83 Mit dem schnellen Schalten steigt der Bedarf an zusätzlicher Halbleiterfläche kaum an, während bei konventioneller Schaltgeschwindigkeit nahezu eine Verdopplung der Halbleiterfläche erforderlich ist. Gegenüber dem Halbleitermodul mit IGBT und SiCFreilaufdiode kann die Fläche bei dem schnellen Schalten ebenfalls reduziert werden. Allerdings ist bei einer Schaltfrequenz von 64kHz die SiC-Schottkydiode in dem Halbleitermodul nicht mehr optimal ausgenutzt, weil die Verluste des IGBT den Modulbedarf bestimmen. Wirkungsgrad 64kHz 100 99.4 JFET ultrafast Wirkungsgrad/[%] 98.8 98.2 97.6 JFET 97 96.4 IGBT mit SiCSchottkydiode 95.8 95.2 94.6 94 0 10 20 30 40 50 60 Nennleistung/[kW] Abbildung 68: Wirkungsgrad des Umrichters mit unipolarem Hochvoltschalter bei 64kHz Schaltfrequenz Bezüglich des Wirkungsgrades zeigt der unipolare Halbleiterschalter allerdings deutliche Vorteile gegenüber der Variante aus IGBT und Schottkydiode. Dies wird durch die vergleichsweise hohen Schaltverluste des IGBT verursacht. Der Wirkungsgrad bei dem sehr schnell schaltenden JFET mit 64kHz Schaltfrequenz ist im Vergleich zu dem Ergebnis bei 16kHz nur minimal verschlechtert. Für einen echten Aufwandsvergleich zwischen unipolarem Hochvoltschalter und der Kombination aus IGBT und SiC-Schottkydiode müsste der Chipsatz von IGBT und Schottkydiode für jede Frequenz optimiert werden. Da die Schaltverluste des IGBT (s. Abbildung 53) analog zu den Schaltverlusten der Si-Freilaufdioden – wenn auch in geringerem Maße - bei kleinem Strom nicht proportional sinken, wird bei sehr hohen Schaltfrequenzen die erforderliche IGBT-Fläche überproportional ansteigen und schließlich einen Punkt erreichen, an dem eine Lösung nicht mehr möglich ist. Auf derartige Vergleiche soll an dieser Stelle verzichtet werden, weil sie eine detaillierte Betrachtung jedes individuellen Einzelfalles erfordern, der durch eine Anwendung vorgegeben wird. Als generelle Abschätzung für die erforderliche JFET-Fläche im Bezug auf die Schottkydiodenfläche kann ein Vergleich der Verluste von JFET und SiC-Schottkydiode verwendet werden. Für eine Grenzbetrachtung können die Schaltverluste des unipolaren Hochvoltschalters zu null angenommen werden, indem sein Schaltverhalten als ideal betrachtet wird. Dann ergibt sich die minimal erforderliche Halbleiterfläche des unipolaren Hochvoltschalters unabhängig von der Schaltfrequenz allein aus den Durchlassverlusten. Die Durchlassverluste der Schottkydiode müssen im generatorischen Betriebspunkt berechnet werden, da sie dort maximal sind. 84 100 1.8 90 1.6 80 1.4 70 1.2 60 1 50 0.8 40 0.6 30 0.4 20 0.2 10 0 Temperaturhub JFET/[K] PJFET/PSBD 2 0 0 10 20 30 40 50 In/[A] Abbildung 69: Verhältnis der Durchlassverluste von JFET und Schottkydiode und Temperaturhub des JFET bei idealem Schaltverhalten und identischer Halbleiterfläche Unter diesen Randbedingungen ergibt sich auf Basis der Durchlasskennlinien von SiC-JFET und SiC-Schottkydioden aus Abbildung 64 die rote Kennlinie für die bezogenen Verluste des JFET. Die fehlende Schwellenspannung des unipolaren Hochvoltschalters macht sich bei kleinem Strom stark bemerkbar, so dass bis ca. 9A der JFET trotz höherem Durchlasswiderstand geringere Verluste verursacht. Bei höherem Strom kehrt sich dieses Verhältnis um. Die blaue Kurve in Abbildung 69 zeigt die Temperaturerhöhung des JFET, die bei dem jeweiligen Laststrom entsteht. Sie dient zur Abschätzung eines realistischen Arbeitsbereiches. Heutige Leistungshalbleiter sind mit einer maximalen Junctiontemperatur von 125°C spezifiziert. Nimmt man eine Kühlkörpertemperatur von 100°C unter dem Halbleitermodul an, so ergibt sich ein zulässiger Temperaturhub von 25°C für den Chip. Betrachtet man dies als typischen Arbeitsbereich, so kann aus Abbildung 69 die Aussage abgeleitet werden, dass bei der gewählten Fläche des JFET von 12,6mm2 maximal ein Effektivstrom von 27A geführt werden kann. Bei diesem Strom sind die Verluste des JFET allerdings bereits um ca. 50% höher als die Verluste der Schottkydiode. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für Anwendungen mit hoher Schaltfrequenz (z.B. über 50kHz) der JFET trotz der höheren Durchlassverluste ein sehr interessantes Potenzial besitzt. Allerdings ist es dann für die Ausnutzung der Vorteile erforderlich, die Schaltgeschwindigkeit gegenüber dem heutigen Stand der Technik um eine Größenordnung zu erhöhen. Für Schaltfrequenzen bis 16kHz wird ein Vorteil gegenüber der Schottkydiode selbst bei idealem Schaltverhalten nur bei geringen Stromdichten unter 90A/cm2 sichtbar. Bereits heute wird mit Si-Bauelementen diese Stromdichte erreicht, mit SiC könnte sie nur für Sonderanwendungen interessant sein, in denen zur Vermeidung von Verlusten die Bereitschaft für hohe Materialkosten existiert. 2.5 Moduldesign Für die favorisierte Lösung mit schnellem Si-IGBT und SiC-Freilaufdiode ist ein geeignetes Halbleitermodul zu entwerfen. In dem betrachteten Leistungsbereich von 2,2kW bis 55kW können Umrichter realisiert werden, die ihre gesamte Stromführung auf einer mehrlagigen Leiterplatte realisieren und auf Kupferschienen vollständig verzichten. Diese Aufbautechnik ermöglicht eine kostengünstige und platzoptimierte Lösung, da auf einer Leiterplatte die 85 erforderlichen Luft- und Kriechstrecken geringer ausgelegt werden können als bei der Verwendung einer Kupferverschienung. Demzufolge entsteht auch an das Halbleitermodul die Forderung, direkt über Löt- oder Druckkontakte die Leiterplatte zu kontaktieren. Derartige Halbleitermodule sind standardmäßig z.B. seitens Fa. Infineon verfügbar. Allerdings sind die Luft- und Kriechstrecken bei diesen Halbleitermodulen nur unwesentlich größer als der minimale, von Normen geforderte Abstand. Für einen Einsatz z.B. in verschmutzter Umgebung ist dies nicht optimal. Deshalb soll in diesem Kapitel ein optimiertes Modul erarbeitet werden. Dieses Modul soll zum einen möglichst große Luft- und Kriechstrecken realisieren und zum anderen einen möglichst niederinduktiven Kommutierungskreis sowie eine möglichst geringe Einkopplung von Lastsignalen in die Ansteuersignale gewährleisten. Als Basis wird hierbei ein Modul mit Lötpins gewählt, weil mit dieser Technologie der erforderliche Leitungsbereich sicher abgedeckt werden kann und darüber hinaus in dieser Technologie mit verhältnismäßig geringem Aufwand neuartige Pinanordnungen realisiert werden können. Lastseite U V W NTC DC+ DC+ DC- DC- GU1 GL1 GU2 GL2 GU3 GL3 Ansteuerseite Abbildung 70: Modul mit Pinlayout nach Stand der Technik In Abbildung 70 ist ein standardmäßiges Halbleitermodul [55] mit einer B6-Brücke für einen dreiphasigen Wechselrichter mit einem Temperatursensor dargestellt. Der Bereich der Anschlusspins entspricht einer Fläche am Modulrand, zusätzlich ist die interne Halbleiterschaltung mit ihren Anschlussleitungen an die Pins eingezeichnet. An der unteren Längsseite des Moduls sind alle Anschlüsse für die Steuerbefehle angeordnet. An der gegenüberliegenden Längsseite befinden sich die Anschlüsse für die AC-Lastabgänge des Wechselrichters. An den beiden kurzen Seiten befinden sich die Gleichspannungsanschlüsse. Bewertet man diese Ausführungsform nach der Störfestigkeit, mit der Einkopplungen in die Ansteuerkreise vermieden werden, so fällt auf, dass induktive Einkopplungen von der 86 Lastseite auf die Ansteuerseite durch den großen Abstand zwischen Lastseite und Ansteuerseite gut unterdrückt werden. Allerdings müssen auf der Ansteuerseite sehr viele Ansteuerungen untergebracht werden. Dies hat zur Folge, dass die Ansteuerschaltungen nicht ideal nahe an den Modulpins angeordnet werden können. Damit sind längere Zuleitungen von den Ansteuerschaltungen zu den Modulpins erforderlich, die für induktive Einkopplungen anfällig sind. Betrachtet man kapazitive Störkopplungen, so erweist sich die Ansteuerseite als sehr problematisch. Durch die Vielzahl der Ansteuerungen, die auf einer Modulseite platziert werden müssen, werden Kreuzungen von Leitungen unterschiedlicher und zudem schnell veränderlicher Spannungsniveaus in verschiedenen Lagen der Leiterplatte nur schwer zu umgehen sein. Diese Kreuzungen stellen eine große Einkopplungsquelle kapazitiver Störströme dar, da der Abstand der Signale in zwei benachbarten Leiterplattenlagen nur 0,5mm beträgt und somit eine große Koppelkapazität zwischen den Leiterbahnen existiert. In Abbildung 70 sind Pins mit jeweils gleichem bzw. nur geringfügig unterschiedlichem Potenzial jeweils mit identischer Farbe dargestellt. Dies bedeutet, dass zwischen allen Bereichen unterschiedlicher Farbe möglichst hohe Luft- und Kriechstrecken eingehalten werden sollen, um ein robustes Verhalten des Umrichters bzgl. Spannungsüberschlags, insbesondere beim Betrieb in verschmutzter Umgebung, zu erreichen. Bei dem Modul aus Abbildung 70 existieren 13 Bereiche, an denen unterschiedliche Potenziale mittels Luft- und Kriechstrecken voneinander getrennt werden müssen. Diese hohe Anzahl an erforderlichen Luft- und Kriechstrecken beschränkt die mögliche Ausdehnung jeder einzelnen Luft- und Kriechstrecke. Dieses Problem verschärft sich mit zunehmender Anschlussspannung des Umrichters; bei dem betrachteten System mit einer Anschlussspannung von 690V wirken sich die Luft- und Kriechstrecken gravierend aus. U, GU1 V, GU2 W,GU3 DC+ DC+ DC- GL1 GL2 NTC GL3 DC- Abbildung 71: Modul mit optimierter Pinanordnung Zur Verbesserung wurde eine Ausgestaltung des Halbleitermoduls nach Abbildung 71 realisiert [54]. Bei dieser Lösung sind die Last- und Steuersignale eines Spannungsniveaus örtlich zusammengefasst. Lediglich der positive Zwischenkreisanschluss bleibt getrennt, um einen symmetrischen Anschluss zu gewährleisten. Die Anzahl erforderlicher Potenzialgräben kann bei dieser Lösung von vormals 13 auf 6 reduziert werden. Dies ermöglicht einen 87 großen Abstand zwischen den einzelnen Potenzialinseln, wodurch die Durchschlagfestigkeit bei Spannungsüberschlägen unter Verschmutzung verbessert wird. Kapazitive Störeinkopplung wird ebenfalls durch die großen Abstände minimiert. Das Problem der induktiven Störeinstrahlung ist zu berücksichtigen, da nun örtlich nahe an den Ansteuerschaltungen auch der hohe Laststrom fließt. Die induktive Einkopplung kann minimiert werden, indem die Laststrombahnen nicht direkt unterhalb der Ansteuerschaltungen geführt werden. Eine Lösung ist im Detail für jede einzelne Entflechtung zu finden, grundsätzlich wirkt sich jedoch positiv aus, dass aufgrund der lokal einheitlichen Spannungsniveaus bei der Trennung von Last- und Steuerkreisen keine hohen Abstände wegen Spannungsfestigkeit eingehalten werden müssen. Ein weiteres Ziel bei dem Moduldesign besteht darin, die Anzahl erforderlicher Pins auf ein Minimum zu begrenzen. Da sich Pins in einem vorgegebenen Rastermaß am Modul befinden, verbessert eine geringe Anzahl von Pins wiederum die Möglichkeit, Spannungsabstände zu maximieren. Darüber hinaus stört jeder Pin bei der Entflechtung, weil er als Durchkontaktierung die Nutzung der Innenlagen einer Leiterplatte einschränkt. In Modulen nach Stand der Technik werden als Steueranschlüsse pro IGBT ein Gatepin und ein Hilfsemitterpin benötigt. Der Hilfsemitter befindet sich virtuell auf dem Potenzial des Hauptemitters und unterscheidet sich von diesem nur während kurzer Zeiten während der Kommutierung. Er ist erforderlich, um eine Rückkopplung induktiver Spannungsabfälle an parasitären Induktivitäten aus dem Lastkreis auf den Steuerkreis zu verhindern. Zur Erklärung dieses Sachverhaltes kann ein Ersatzschaltbild für eine Modulphase verwendet werden, in dem alle parasitären Induktivitäten eingetragen sind: Modulpin DC positiv LRB LCU Modulpin Gate upper T1 LRB CZK LCU LCU LSB Driver upper LRB Modulpin Hilfsemitter upper D1 LSB LSB LCU LCU LRB LCU LSB Modulpin AC LCU Modulpin Gate lower LCU T2 LRB LCU LSB LRB LCU LSB LSB D2 LCU LSB Driver lower Modulpin Hilfsemitter lower LCU LRB Modulpin DC negativ Abbildung 72: Ersatzschaltbild eines Standardmoduls mit parasitären Induktivitäten Abbildung 72 zeigt die Phase eines Wechselrichters mit dem zugehörigen Zwischenkreis und allen standardmäßigen Modulanschlusspins, das Halbleitermodul ist schematisch mit grün skizziert. Die blau gezeichneten Elemente liegen in Kommutierungskreisen, die an einem Bespiel im Folgenden kurz erläutert werden sollen. Hierzu stelle man sich vor, dass vor der Kommutierung der Laststrom am AC-Anschluss durch die Diode D1 in den Zwischenkreiskondensator und von dort in eine benachbarte Phase fließt. In der betrachteten Phase soll der Strom von D1 auf T2 kommutiert werden. 88 Durch Einschalten von T2 fließt ein Kommutierungsstrom vom Zwischenkreiskondensator in Rückwärtsrichtung durch D1 und durch T2. Sobald dieser Strom die Höhe des Laststromes erreicht, verlöscht D1 und der Strom ist auf T2 kommutiert. Nach dem Einschalten von T2 fließt der Kommutierungsstrom über dem Modulpin „DC+“ in das Modul. Dort befindet sich als Verbindungselement vom Pin auf das Substrat ein Bonddraht, dessen Induktivität mit LRB nachgebildet wird. Dieser Bonddraht wird als Rahmenbonddraht bezeichnet, weil alle Pins in einem Kunststoffrahmen eingesteckt oder eingespritzt sind. Auf dem Substrat fließt der Strom über eine Kupferbahn zu dem Halbleiterchip D1. Die Induktivität dieser Kupferbahn wird mit LCU modelliert. Der Diodenchip ist mit seiner Kathodenseite auf die Kupfermetallisierung aufgelötet, so dass an dieser Stelle keine zusätzliche Induktivität entsteht. Von der Anode der Diode fließt der Strom über einen weiteren Bonddraht auf eine Kupferbahn. Dieser Bondraht wird als Substratbond bezeichnet, weil er Elemente verbindet, die sich alle auf einem Keramiksubstrat befinden. Seine Induktivität wird LSB bezeichnet. Nun hängt es von der tatsächlichen Ausgestaltung eines Halbleitermoduls ab, ob der Strom noch über weitere Bonddrähte oder direkt zu dem unteren IGBT fließt. In Abbildung 72 sind zwei weitere Substratbonddrähte gezeichnet, von denen einer im gemeinsamen Pfad von IGBT und Diode liegt. An dem untern IGBT T2 fließt der Strom wieder zunächst über eine Kupferbahn und anschließend durch den Chip T2. An den Emitter von T2 schließt sich ein weiterer Substratbonddraht, eine Kupferbahn und schließlich der Rahmenbonddraht an, bevor der Stromkreis zum Zwischenkreiskondensator geschlossen ist. Der Ansteuerkreis für einen IGBT erstreckt sich von der Ansteuerschaltung (Driver upper bzw. Driver lower) über einen Rahmenbonddraht, eine Kupferbahn und mindestens einen Substratbonddraht zur Gatemetallisierung des IGBT-Chips. Im IGBT fließt der Strom durch die Gate-Emitter-Kapazität zur Emittermetallisierung. Über die Emitterbonddrähte fließt der Strom über Kupferbahnen und einen Rahmenbonddraht zum Hilfsemitteranschluss des Moduls. Über eine Leiterbahn auf der PCB wird der Ansteuerkreis zur Ansteuerschaltung geschlossen. Die rot eingezeichneten Elemente liegen sowohl im Last- als auch im Steuerkreis. Bei hohen Stromänderungsgeschwindigkeiten im Lastkreis koppeln diese Elemente einen Spannungsabfall in den Ansteuerungskreis ein. Dieses Phänomen ist unter dem Begriff induktive Gegenkopplung [101] bekannt und bis zu einem gewissen Grad erwünscht, da sie die Ansteuerung des IGBT erleichtert. Laststrom LCU LRB LCU LSB UCGE USteuer LRB T2 ULSB LSB LCU Laststrom Abbildung 73: Induktive Gegenkopplung 89 Betrachtet man beispielsweise den Ausschaltvorgang des IGBT, so nimmt der Laststrom in dem IGBT ab. Die Spannung ULSB ist in diesem Fall negativ. Damit addiert sie sich zu der Ansteuerspannung und erhöht die effektive Gatespannung UCGE am IGBT Chip. Dieser wird somit während des Ausschaltvorganges wieder leicht aufgesteuert und reduziert damit seine Schaltgeschwindigkeit. Diese Reduzierung der Schaltgeschwindigkeit bewirkt eine Reduzierung der Überspannung am IGBT und schützt somit den Chip. Diese induktive Gegenspannung wird passiv erzeugt und reagiert damit ohne Zeitverzug. Aktive Schutzmaßnahmen von der Ansteuerschaltung können nur deutlich langsamer wirksam werden. In analoger Weise wird die Schaltgeschwindigkeit auch beim Einschalten reduziert, was die abschaltende Diode vor Überspannungen schützt. Die induzierte Überspannung wirkt so immer ihrer Ursache, der Schaltgeschwindigkeit, entgegen. Zu hohe Induktivitäten können allerdings dazu führen, dass die Schaltgeschwindigkeit zu stark abgesenkt wird und ein sicheres Schalten gefährdet wird, möglicherweise können Schwingungen beim Schaltvorgang auftreten. Die Wahl der wirksamen Kopplungsinduktivität ist somit beim Moduldesign eine wichtige Größe, die vom Modulhersteller eingestellt werden muss. Bestimmt wird sie durch den Ort auf der DCB, an dem der Hilfsemitter auf dem Substrat platziert wird. Wesentliche Einflussgröße ist die Länge der Emitterbonddrähte zwischen Chipemitter und dem Hilfsemitterabgriff. In Abbildung 72 sind drei Arten von Induktivitäten eingezeichnet: die Induktivität von Kupferbahnen auf der DCB, die Induktivität der Substratbonddrähte und die Induktivität der Rahmenbonddrähte. Die Induktivität der Kupferbahnen ist sehr klein, da die DCB auf der Rückseite der Keramik eine durchgehende Kupfermetallisierung aufweist. In dieser Kupfermetallisierung können somit ungehindert Ausgleichsströme fließen, die den Strömen in den Kupferbahnen auf der Oberseite der DCB entgegengerichtet sind und deren Magnetfeld somit kompensieren. Die Induktivität der Substratbonddrähte ist wesentlich größer. Zwar können auch deren Ströme auf der Rückseite der DCB kompensierende Ströme hervorrufen, doch der Abstand der Bonddrähte ist im Vergleich zur Dicke der Keramik wesentlich größer, so dass eine Kompensation nur in geringem Maße stattfindet. Die Induktivität der Rahmenbonddrähte kann überhaupt nicht kompensiert werden, da keine leitende Fläche existiert, auf der Ausgleichsströme fließen könnten. Zudem besitzen die Rahmenbonddrähte i.a. eine verhältnismäßig große Länge, da sie vom Rahmen die DCB erreichen müssen. Die Induktivität der Rahmenbonddrähte ist somit am größten. Wie eingangs erwähnt, stellt die mögliche Reduzierung von Pins ein attraktives Ziel dar. Betrachtet man die Hilfsemitterpins in Abbildung 72, so stellt man fest, dass sie in erster Näherung für die Funktion nicht erforderlich sind, da auf gleichem Potenzial entsprechende Lastanschlüsse vorhanden sind. In Abbildung 74 ist ein Modul gezeichnet, das keine Hilfsemitteranschlüsse besitzt. Betrachtet man die Koppelelemente zwischen Lastkreis und Steuerkreis, so ist zu erkennen, dass am unteren IGBT T2 die wirksame Kopplungsinduktivität deutlich vergrößert wird, weil nun ein Rahmenbonddraht als Kopplungselement wirkt. Eine solche Lösung könnte nur für sehr kleine Wechselrichterleistung verwendet werden, da bei kleiner Leistung der Laststrom und somit auch dessen Änderung gering sind. Bei mittlerer und hoher Leistung wäre die Steuerbarkeit eines derartigen Moduls jedoch stark eingeschränkt. 90 Modulpin DC positiv LRB LCU Modulpin Gate upper LRB CZK LCU T1 LCU LSB Driver upper D1 LSB LSB LCU LCU LRB LSB Modulpin AC und Hilfsemitter upper LCU Modulpin Gate lower LCU T2 LRB LCU LSB D2 LSB LSB LCU LSB Driver lower LCU LRB Modulpin DC negativ und Hilfsemitter lower Abbildung 74: Modul ohne Hilfsemitteranschlüsse Betrachtet man den oberen IGBT T1, so liegt nun der Rahmenbonddraht des ACLastanschlusses im Steuerkreis. Dieser Rahmenbonddraht liegt jedoch nicht im Kommutierungskreis der Halbbrücke. Über diesen Bonddraht fließt nur der niederfrequente Laststrom und nicht der hochfrequente Kommutierungsstrom. Deshalb fallen an diesem Rahmenbonddraht des AC-Lastanschlusses trotz seiner verhältnismäßig hohen Induktivität keine hohen Spannungen ab. Die koppelnde Induktivität zwischen Lastkreis und Steuerkreis ist nicht größer als bei einem Modul mit Hilfsemitteranschlüssen aus Abbildung 72. Somit kann auf diesen Hilfsemitterpin verzichtet werden. Die optimale Ausführungsform ergibt sich somit zu: Modulpin DC positiv LRB LCU Modulpin Gate upper T1 LRB CZK LCU LCU LSB Driver upper D1 LSB LSB LCU LCU LRB Modulpin AC und Hilfsemitter upper LCU Modulpin Gate lower LCU T2 LRB LCU LSB LRB LCU LSB LSB D2 LCU Driver lower Modulpin Hilfsemitter lower LSB LCU LRB Modulpin DC negativ Abbildung 75: Optimiertes Modul mit unterem Hilfsemitterpin 91 LSB 3 Auslegung des Sinus-Ausgangsfilter 3.1 Bestimmung der auslegungsrelevanten Ausgangsspannung Der Wechselrichter eines Frequenzumrichters erzeugt an seinem Wechselspannungsausgang gepulste Ausgangsspannungen, deren Grundfrequenz für die Drehung des Motors genutzt wird [26]. Beim Zweipunkt-Wechselrichter werden hierbei die Wechselspannungsanschlüsse U, V und W wahlweise mit dem positiven oder dem negativen Zwischenkreisspannungspotenzial verbunden. Für die Beschreibung des Sinusfilters und dessen Dimensionierung ist es zweckmäßig, die Ausgangsspannung des Umrichters in einen symmetrischen und einen asymmetrischen Anteil zu zerlegen. Die symmetrische Ausgangsspannung beschreibt alle Größen, die zwischen den einzelnen Ausgangsphasen auftreten. Diese Spannung wird in der Literatur auch als differential mode Spannung oder Gegentaktspannung bezeichnet. Im Gegensatz hierzu beschreibt die asymmetrische Ausgangsspannung das Verhalten der Ausgangsphasen gegenüber einem festen Referenzpotenzial, beispielsweise der Bezugserde oder der negativen Zwischenkreisspannungsschiene. Die asymmetrische Ausgangsspannung wird in der Literatur als common mode Spannung oder Gleichtaktspannung bezeichnet [46]. VU M VV VW VCW VLW VCOM Abbildung 76: Dreiphasiges Ersatzschaltbild des Wechselrichterausgangs In Abbildung 76 ist der Ausgang des Wechselrichters dargestellt. Die gepulsten Ausgangsspannungen des Wechselrichters werden in diesem Fall auf die negative Zwischenkreisspannung bezogen. Die Gleichtaktspannung des Systems tritt am Sternpunkt des Filterkondensators auf. Sie berechnet sich zu: U COM = U U + UV + UW 3 (66) Bilden sowohl der Filter als auch der Motor eine ideal symmetrische Last, so tritt diese asymmetrische Spannung in gleicher Weise auch an dem Motorsternpunkt auf. Die asymmetrische Spannung führt in dem Ersatzschaltbild nach Abbildung 76 zu keinem Stromfluss, sondern lediglich zu einer Potenzialverschiebung des Systems gegenüber dem Referenzpunkt, weil keine Lastverbindung zu dem Referenzpunkt existiert. In einer realistischen Anwendung werden jedoch solche Lastverbindungen zumindest aufgrund von 92 parasitären Kapazitäten, z.B. der Motorwicklungen gegen das Motorgehäuse, existieren. Die Auswirkungen des asymmetrischen Spannungsanteils werden in Kap. 3.4 untersucht. Da bei üblichen Modulationsverfahren nie zwei Ausgangsphasen gleichzeitig mit entgegengesetzter Polarität ihr Potenzial ändern, geht aus Gl. (66) hervor, dass jede Schalthandlung eine Veränderung der common mode Spannung zur Folge hat, wobei die Änderungsgeschwindigkeit der common mode Spannung identisch zu einem Drittel Spannungsflanke der schaltenden Wechselrichterausgangsspannung (s. Gl. (66)) ist. Dieses Verhalten stellt erhöhte Anforderungen an die Isolationsfestigkeit des Motors. Da der in Abbildung 76 dargestellte Filter keine Bauteile gegenüber dem Referenzpotenzial aufweist, reduziert er auch nicht die Spannungssteilheit gegenüber dem Referenzpotenzial. Bei der Beschreibung des Filterverhaltens wird dieser Punkt in einem späteren Kapitel noch diskutiert. Die symmetrische Ausgangsspannung ergibt sich nach Abbildung 76 aus der Differenz der Wechselrichterausgangsspannung – beispielsweise Phase W - und des asymmetrischen Spannung: UWD = UW − U COM (67) Ein Beispiel für eine symmetrische Spannung ist für Sinus-Dreieck-Modulation mit einem Aussteuergrad von 90%, einer Grundfrequenz der Ausgangsspannung von 50Hz und einer Schaltfrequenz von 16kHz in Abbildung 77 dargestellt: 1 1 0.5 UWD( x ) 0 0.5 1 1 0 0.002 0.004 0.006 0.008 0.01 0.00 0.012 0.014 x 0.016 0.018 1 fa Abbildung 77: Kurvenform einer symmetrischen Ausgangsspannung Diese symmetrische Spannung durchläuft den Sinusfilter, an dessen Ausgang die Spannung des Filterkondensators als sinusförmige Spannung vorliegen soll. Deshalb ist diese symmetrische Spannung maßgebend für die Dimensionierung des symmetrischen Filters. Der sinusförmige Verlauf der symmetrischen Ausgangsspannung bietet den Vorteil der Vermeidung von Oberschwingungsströmen im Motor. Da Oberschwingungsströme nicht zur Wandlung der elektrischen in mechanische Energie beitragen, sondern lediglich Verluste im Motor erzeugen, sollen diese vorrangig vermieden werden. Eine Fourieranalyse der Kurvenform aus Abbildung 77 zeigt die wesentlichen Frequenzanteile, die in der symmetrischen Ausgangsspannung enthalten sind: 93 0.4 UWD/UZK 0.3 VWD 0.2 j 0.1 0 0 0 0 4 1 .10 4 2 .10 4 3 .10 4 4 .10 4 5 .10 Frequenz j 4 6 .10 4 7 .10 4 8 .10 4 9 .10 5 1 .10 100000 f Abbildung 78: Betrag des Effektivwertes der Frequenzanteile der symmetrischen Ausgangsspannung (Strangspannung) bei 90% Aussteuergrad, Grundfrequenz 50Hz und Schaltfrequenz 16kHz Neben der Grundfrequenz, die mit einer Amplitude von ca. 32% auftritt, sind die Oberschwingungen mit den Seitenbändern der Schaltfrequenz und ihrer Vielfachen dominant. Mit zunehmender Ordnungszahl der Vielfachen der Schaltfrequenz nimmt die Amplitude ab. Das Spektrum der Oberschwingungen ist von dem Modulationsgrad und der Modulationsart abhängig. Für die Dimensionierung der Filterdrossel sind die dominanten Spannungsanteile und der Stromfluss, der durch diese hervorgerufen wird, maßgebend. Bei Sinus-Dreieck-Modulation wird als Modulationsgrad das Verhältnis des Scheitelwertes der sinusförmigen Steuerspannung zur Dreieckspannung definiert. Abhängig vom Modulationsgrad betragen die Amplituden der Seitenbänder der niedrigsten Vielfachen der Schaltfrequenz: 94 14 12 Vh/Vzk/[%] 10 1*fs±2*fout 2*fs±fout 3*fs±4*fout 3*fs±2*fout 4*fs±*fout 5*fs±*2fout 8 6 4 2 0 0 20 40 60 80 100 Modulationsgrad/[%] Abbildung 79: Seitenbänder der Vielfachen der Schaltfrequenz in der symmetrischen Ausgangsspannung Der höchste Frequenzanteil liegt bei mittlerem Modulationsgrad bei den Seitenbändern der doppelten Schaltfrequenz. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Stromfluss, den ein Frequenzanteil zur Folge hat, umgekehrt proportional zur Frequenz ist, da die Impedanz der Filterdrossel linear mit der Frequenz steigt (ZL = jwL). Deshalb wird der größte Stromfluss von den Seitenbänden der einfachen Schaltfrequenz bei maximaler Aussteuerung hervorgerufen. Dieser schaltfrequente Strom ist daher dominant für die Drosseldimensionierung. Das wesentliche Augenmerk bei der Dimensionierung der Filterkomponenten liegt auf der Auslegung der Filterdrossel, da diese das dominante Bauteil bezüglich Kosten und Bauvolumen darstellt. Deshalb sollen im Folgenden zunächst Dimensionierungskriterien für die Drossel betrachtet werden. Ist die Last des Umrichters wie in Abbildung 76 dargestellt in allen Phasen identisch, so kann das dreiphasige durch ein einphasiges Ersatzschaltbild ersetzt werden. Für die Drosselauslegung werden dabei nur die symmetrischen Spannungskomponenten betrachtet: iLF UWD LF ULF LM CF ULM UCF UiM Abbildung 80: Einphasiges symmetrisches Ersatzschaltbild Der Motor ist in diesem Modell als Reihenschaltung einer Spannungsquelle und einer Induktivität, wobei die Spannungsquelle der EMK entspricht und die Induktivität die 95 Streuinduktivität des Motors nachbildet. Diese Ersatzvorstellung ist in der Literatur weit verbreitet [80] und liefert für grundlegende Betrachtung ausreichende Ergebnisse. Der Strom in der Filterinduktivität berechnet sich dann zu: t i LF (t ) = ∫ (U WD (τ ) − U CF (τ ))dτ t =t 0 LF (68) + i LF (t = t 0 ) Diese Gleichung beschreibt den Drosselstrom für alle Frequenzen. Um die Auslegung der Drossel zu vereinfachen, ist es zweckmäßig, einzelne Frequenzanteile getrennt zu betrachten. Zum einen enthält die symmetrische Spannung des Umrichters die Grundfrequenz, die die Drehzahl des Motors bestimmt. Diese ist relativ niederfrequent und liegt im Bereich bis ca. 200Hz. Da die Filterinduktivität im Vergleich zur Streuinduktivität des Motors deutlich geringer sein wird, kann der Spannungsabfall an der Filterinduktivität in erster Näherung vernachlässigt werden. Eine ähnliche Betrachtung gilt für den Filterkondensator. Bei der niedrigen Grundfrequenz stellt dieser Kondensator eine sehr hohe Impedanz dar. Deshalb fließt in den Filterkondensator in erster Näherung kein grundfrequenter Strom bzw. dieser ist so gering, das er für die thermische Dimensionierung der Drossel vernachlässigt werden kann. Der grundfrequente Strom sieht mit dieser Vereinfachung nur die Motorkomponenten als Last. Das Ersatzschaltbild für die grundfrequenten Größen vereinfacht sich demnach zu: LM iLF1 ULM UWD1 UiM Abbildung 81: Vereinfachtes Ersatzschaltbild für grundfrequente Größen Die zugehörige Berechnungsgleichung für den grundfrequenten Strom lautet: t i LF 1 (t ) = ∫ (U WD1 (τ ) − U iM (τ ))dτ t =t 0 LM + i LF 1 (t = t 0 ), (69) Der Index 1 deutet hierbei darauf hin, dass es sich jeweils um grundfrequente Größen handelt. Eine analoge Vereinfachung ist für die Größen möglich, die mit den Seitenbändern der Schaltfrequenz und deren Vielfachen auftreten. Für diese Ströme stellt die Streuinduktivität des Motors eine sehr hohe Impedanz dar. In erster Näherung kann deshalb kein hochfrequenter Strom in den Motor fließen. Der Filterkondensator stellt für die hochfrequenten Ströme hingegen eine sehr geringe Impedanz dar. Betrachtet man den idealisierten Fall einer rein sinusförmigen Filterausgangsspannung, so erzeugen die hochfrequenten Stromanteile keinen Spannungsabfall an dem Filterkondensator, der für 96 diese somit als Kurzschluss wirkt. Das einphasige Ersatzschaltbild für die hochfrequenten Größen ist demnach: LF iLFh ULF UWDh Abbildung 82: Vereinfachtes Ersatzschaltbild für hochfrequente Größen Der hochfrequente Strom sieht als Last demnach nur die Filterkomponenten. Die zugehörige Gleichung zur Berechnung des hochfrequenten Stromes lautet entsprechend: t i LFh (t ) = ∫U WDh (τ )dτ (70) + i LFh (t = t 0 ), t =t 0 LF Der Index h deutet darauf hin, das es sich bei dieser Gleichung um hochfrequente Größen handelt, die mit den Seitenbändern der Schaltfrequenz und deren Vielfachen auftreten. Der gesamte Drosselstrom ergibt sich durch die Addition von Gl. (69) und Gl. (70): t i LF (t ) = ∫ (U WD1 (τ ) − U iM (τ ))dτ t =t 0 LM t + ∫U WDh (τ )dτ + i LF (t = t 0 ), t =t 0 LF (71) Da der niederfrequente Strom in der Filterdrossel nahezu keine Eisenverluste verursacht, werden diese in erster Linie durch Gl. (70) bestimmt. Für die magnetische Auslegung ist der grundfrequente Strom dennoch relevant, da er zu Sättigungserscheinungen in der Drossel führen kann. Bei der Berechnung der Kupferverluste sind sowohl der niederfrequente als auch der hochfrequente Strom zu berücksichtigen, wobei letzterer noch durch den Skineffekt beeinflusst wird. Für die erforderliche Induktivität der Drossel ist mit der vereinfachten Betrachtung nur Gl. (70) maßgebend. 3.2 Auslegung der Filterdrossel Aus rein technischen Überlegungen resultieren bei gegebenem Kernmaterial der Aufwand und die Kosten für eine Filterinduktivität in erster Linie aus deren Baugröße und dem Kilopreis des verwendeten Kernmaterials und des Kupfers. Die Baugröße der Drossel wird im Wesentlichen durch zwei Kriterien bestimmt: ¾ Bei der magnetischen Dimensionierung ist darauf zu achten, dass der Kern die erforderliche magnetische Energie speichern kann, ohne in Sättigung zu gehen. ¾ Bei der thermischen Dimensionierung ist eine Überhitzung der Drossel zu vermeiden. 97 3.2.1 Magnetische Dimensionierung der Filterdrossel 3.2.1.1 Grundlagen Für die Veranschaulichung der folgenden grundlegenden Überlegungen wird eine typische Querschnittsansicht einer einphasigen Drossel betrachtet [19]: A n·I H,B n·I Abbildung 83: Querschnitt durch eine einphasige Filterdrossel Durch den Stromfluss in dem Wicklungsfenster wird im Kern ein magnetischer Fluss erzeugt. Grundlegend beschrieben wird dieser Zusammenhang in dem Durchflutungsgesetz, das in seiner allgemeinen Form lautet: ∫H ds = Θ (72) l Ist der Betrag des Vektors der magnetischen Erregung H konstant und seine Richtung immer parallel zu der Richtung der Teilabschnitte d s des Umlaufs mit der Gesamtlänge l und besteht die Gesamtdurchflutung Θ aus n in Reihe geschalteten Windungen, die jeweils den Strom I führen, so vereinfacht sich Gl. (72) zu: H ⋅l = n⋅ I (73) Hierbei wird l als der mittlere Eisenweg in der Spulengeometrie angenommen. In einigen Fällen werden Drosseln der Bauart nach Abbildung 83 mit einem Luftspalt ausgeführt. Bei der Einführung der magnetischen Flussdichte B in Abhängigkeit der magnetischen Erregung H sind dann die unterschiedlichen Permeabilitäten in Kern und Luftspalt zu berücksichtigen. In vielen Fällen werden wird jedoch auch als Kernmaterial Eisenpulver eingesetzt, welches einen verteilten Luftspalt darstellt. Diese Lösung bietet den Vorteil, dass die Verluste gleichmäßiger auf das Kernmaterial verteilt werden, weil an einem konzentriertem Luftspalt Feldlinien in die Wicklung eindringen und dort lokal hohe Wirbelstromverluste erzeugen können [4]. Bei verteiltem Luftspalt kann von einer homogenen Verteilung der magnetischen Erregung ausgegangen werden. Das Durchflutungsgesetz lautet dann: B μ ⋅l = n⋅ I (74) Der Fluss im Kernmaterial berechnet sich als Integral der Flussdichte über den Kernquerschnitt: 98 Ψ = ∫ Bd A A (75) FE bzw. für den Fall, dass der Flussdichtevektor senkrecht auf der betrachteten Fläche A steht und sein Betrag über der Fläche A konstant ist: Ψ = Β ⋅ Α FE (76) Die Selbstinduktivität L der Spulenanordnung ist definiert als Proportionalitätsfaktor zwischen dem Erregerstrom und dem Fluss, der sich bei einer Windung ergibt: L= Φ I (77) Der Gesamtfluss in der Spulenanordnung ergibt sich aus der Summe aller Teilflüsse, die sich pro Windung ergeben. Sind alle Teilflüsse identisch, so gilt für den Gesamtfluss: Ψ = n⋅Φ (78) Setzt man Gl. (74), Gl. (76) und Gl. (78) in Gl. (77) ein, so ergibt sich für die Induktivität: n 2 μ AFE L= l (79) Die Energie, die in einer Drossel gespeichert werden kann, beträgt 1 2 1 = 2 1 = 2 1 = 2 E= L I2 n 2 μ AFE 2 I l nI μ n I AFE l (80) n ACU J AFE B Aus den letzten beiden Zeilen von Gl. (80) lässt sich eine Abschätzung für die Baugröße der Drossel ableiten. Mit der Wahl eines Kernmaterials ist die maximal zulässige magnetische Flussdichte B definiert. Daraus folgt, dass bei gegebener magnetischer Weglänge l das Produkt n • I und damit die zulässige Durchflutung begrenzt ist. Eine Erhöhung der Energie kann somit nur unter Erhöhung des Kernquerschnitts AFE erfolgen. Stellt man sich eine Drossel mit dem Querschnitt aus Abbildung 83 als quaderförmiges Gebilde vor, so bedeutet eine Vergrößerung von AFE unter Beibehaltung von l eine Ausdehnung der Drossel in die Zeichenebene hinein und somit eine lineare Volumenszunahme mit der gespeicherten Energie. Alternativ könnte die Durchflutung n • I erhöht werden. Um eine Überschreitung der maximalen Flussdichte zu verhindern, müsste in gleichem Maß die effektive Weglänge l vergrößert werden. Bei einer Drossel mit Luftspalt würde dies bedeutet, dass der Luftspalt vergrößert werden muss, bei verteiltem Luftspalt muss die effektive Permeabilität µ reduziert werden. Die Energie der Drossel würde bei konstantem B linear mit n • I ansteigen. Geht 99 man davon aus, dass die maximal zulässige Stromdichte J im Kupferdraht bereits ausgenutzt wurde, so kann n • I nur durch eine Zunahme des Kupferquerschnitts erhöht werden. Legt man wieder den Querschnitt nach Abbildung 83 zu Grunde, erfordert dies ein linear vergrößertes Wickelfenster bei konstant verbleibendem Eisenquerschnitt. Beide Maßnahmen führen zu einer nahezu linearen Zunahme des Drosselvolumens mit der gespeicherten Energie. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass ein minimales Drosselvolumen und damit verbunden ein minimaler Aufwand für die Drossel dann erreicht werden kann, wenn die in der Drossel zu speichernde Energie minimal wird. 3.2.1.2 Bestimmung des Ripplestroms Für einen gegebenen Grundschwingungsstrom lässt sich aus Gl. (80) ein optimaler hochfrequenter Ripplestrom berechnen, der das geringste Drosselvolumen erfordert. Dieser Überlegung liegt das Ersatzschaltbild für die hochfrequenten symmetrischen Spannungsanteile aus Abbildung 82 zu Grunde. Innerhalb einer Modulationsperiode wird davon ausgegangen, dass sich die Spannung am Filterkondensator nicht ändert, während die gepulste Spannungsquelle innerhalb der Modulationsperiode einmal umschaltet. Der grundfrequente Strom sei während dieser Modulationsperiode konstant, der Mittelwert der gepulsten Spannung sei deshalb gleich null. Der maximale Ripplestrom, auf den die Drossel ausgelegt sein muss, stellt sich genau dann ein, wenn die Spannung am Filterkondensator gleich die Hälfte des Spannungshubs der gepulsten Spannung beträgt und der Aussteuergrad der gepulsten Spannung 50% beträgt. In diesem Fall ergibt sich folgender Stromverlauf: I I1+Ih I1 Îh t Modulationsperiode tp Abbildung 84: Verlauf des Ripplestromes Die maximale Energie, auf die diese Drossel ausgelegt sein muss, beträgt: E max = ( 1 L Î1 + Î h 2 ) 2 (81) Bei konstanter treibender Spannung und nicht gesättigtem Kernmaterial gilt als Randbedingung: 100 UL tp Îh ⇒ Îh = tp 4L 4 UL = L (82) Eingesetzt in Gl. (81) ergibt sich für die maximal zu speichernde Energie UL tp 1 ⎛ = L ⎜⎜ Î 1 + 2 ⎝ 4L E max ⎞ ⎟⎟ ⎠ 2 (83) und den maximal auftretenden Strom: I max = Î1 + UL tp (84) 4L Bei fest vorgegebenen Werten für die treibende Spannung (im Allgemeinen die Zwischenkreisspannung) und die Modulationsperiode können Energie und maximaler Strom als Funktion der Induktivität angegeben werden. Aus Gründen der Vergleichbarkeit sei definiert: UL tp Lref = (85) 4 Î1 Dies bedeutet anschaulich, dass bei der Induktivität Lref die Amplitude des Ripplestroms genauso groß ist wie der Scheitelwert des Grundschwingungsstroms. Energie und maximaler Drosselstrom als Funktion der Induktivität ergeben sich dann zu: 5 5 4 Emax Emax Imax I L Lref L 3 2 1 1 0 0 0 1.5 3 4.5 6 7.5 0 9 10.5 12 L 13.5 15 15 Lref Abbildung 85: Energie und maximaler Drosselstrom als Funktion der Induktivität Die geringste Energie in der Drossel – und damit nach Gl. (80) das geringste Bauvolumen – ergeben sich, wenn die Induktivität so gewählt wird, dass der Ripplestrom und der Grundschwingungsstrom identische Amplituden besitzen. Nach Gl. (84) ist der Ripplestrom unabhängig von der augenblicklichen Last des Umrichters. Der Grundschwingungsstrom ist jedoch sinusförmig und lastabhängig, so dass sich die Frage stellt, auf welchen Augenblickswert des Grundschwingungsstroms das Diagramm in Abbildung 85 zu beziehen ist. Für eine Minimierung der gespeicherten Energie in der Drossel muss der maximale in der 101 Drossel auftretende Augenblickswert des Grundschwingungsstromes herangezogen werden, weil in diesem Betriebspunkt die größte in der Drossel anfallende Energie auftritt. In letzter Konsequenz wäre dies der Abschaltstrom des Umrichters im Fehlerfall, d.h. die Ansprechschwelle der umrichterinternen Schutzmaßnahmen. Bei dieser Auslegung ist jedoch zu berücksichtigen, dass dann im Normalbetrieb des Umrichters der Ripplestrom deutlich größer als der Grundschwingungsstrom sein würde. In Abbildung 85 entspricht dies einem Betrieb deutlich links vom Optimum, die gespeicherte Energie und der Ripplestrom in der Drossel wären im Normalbetrieb weitaus größer als eigentlich erforderlich. Die Randbedingung für die Dimensionierung des Ripplestroms auf minimale Energiespeicherung in der Drossel war nach Gl. (80) dass eine Sättigung der Drossel vermieden werden sollte. Für eine konkrete Anwendung ist jedoch zu überlegen, ob in Fehlerfällen des Umrichters wie einer Überstromabschaltung eine Sättigung der Filterdrossel akzeptiert werden kann. 3.2.2 Thermische Dimensionierung der Filterdrossel Für die Drosselverluste existieren im Wesentlichen drei Ursachen: 3.2.2.1 Kupferverluste Die Kupferverluste in der Drossel werden durch den ohmschen Widerstand der Wicklung verursacht. Sie sind proportional zu dem spezifischen Widerstand des Leitermaterials und der Länge einer Wicklung. Vernachlässigt man Skin- und Proximityeffekte, so sind die Kupferverluste unabhängig von der Frequenz des fließenden Stromes. Diese Vernachlässigung ist im Fall des Demonstrators zulässig, da die Schaltfrequenz von 16kHz für diese Effekte klein ist und daher eine untergeordnete Rolle spielt. Der überwiegende Teil der Kupferverluste wird durch den grundfrequenten Strom verursacht. 3.2.2.2 Hystereseverluste B 2 Bmax 3 1 H 5 4 -Bmax Abbildung 86: Typische Hysteresekennlinie eines Magnetmaterials 102 Wird die Stromstärke in einer nicht vormagnetisierten Drossel nach Abbildung 83 von null aus bis zu seinem Maximalwert erhöht, so steigt proportional die magnetische Erregung H an (s. Gl. (73).) Gemäß der Magnetisierungskennlinie des Magnetmaterials steigt auch die magnetische Flussdichte B an. Auf der Kennlinie wird während dieses Vorgangs der Bereich zwischen den Punkten 1 und 2 durchschritten. In dem Magnetmaterial wird hierbei die magnetische Energiedichte W mag = Bmax ∫ H dB (86) 0 gespeichert [19]. Anschaulich entspricht dies der Fläche, die von der Kurve zwischen den Punkten 1 und 2, der Ordinate B und der Waagrechten B=Bmax begrenzt wird. Das Integral der magnetischen Energiedichte über das Volumen des Magnetkernes ergibt die im Magnetmaterial gespeicherte Energie. Diese Energie muss von extern zugeführt werden. Wird der Strom anschießend bis auf null reduziert, so reduziert sich die magnetische Flussdichte gemäß der Kennlinie zwischen den Punkten 2 und 3. Während dieses Vorgangs wird Energie aus dem Magnetmaterial zurück gewonnen, die der Fläche entspricht, die von der Kennlinie zwischen den Punkten 2 und 3 sowie der B-Ordinate und der Waagrechten B=Bmax begrenzt wird. Da die magnetische Flussdichte nicht auf den Wert 0 zurückgeht, sondern bei H=0 bei dem Wert an Punkt 3 verbleibt, der auch als Remanenzflussdichte bezeichnet wird, ist diese zurück gewonnene Energie geringer als die zuvor aufgewendete Energie. Steigt anschließend der Strom bis auf seinen negativen Maximalwert an, ist wiederum Energie aufzuwenden, deren Betrag der Fläche entspricht, die von der Magnetisierungskennlinie zwischen den Punkten 3 und 4, der B-Ordinate und der Waagerechten B=-Bmax begrenzt wird. Diese Energie ist wiederum größer als die anschließend zwischen den Punkten 4 und 5 zurück gewonnene Energie. In Abbildung 86 ist in jedem Zyklus die Differenz zwischen aufgenommener und zurück gewonnener Energie der Fläche zwischen den beiden Ästen der Magnetisierungskennlinie proportional. Somit führt die Hysterese zu Verlusten, deren Betrag zur Frequenz des speisenden Stromes proportional ist, weil bei jedem Zyklus eine Energiemenge aufgewendet werden muss. Deshalb ist es für die Anwendung als Sinusfilterdrossel vorteilhaft, wenn die eingeschlossene Fläche zwischen den beiden Ästen der Kennlinie möglichst klein ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der dargestellte Vorgang in der Form nur für Stromformen gilt, bei denen in jeder Periode sowohl die maximale als auch die minimale magnetische Flussdichte erreicht werden. In der Anwendung der Sinusfilterdrossel ist dies jedoch nicht der Fall. In der Sinusfilterdrossel fließt ein hoher grundfrequenter Strom, der von einem betragsmäßig deutlich kleineren Strom mit Schaltfrequenz und deren Vielfachen überlagert wird. In der Literatur ([98], [99], [118]) sind die Hystereseverluste bei Stromkurvenformen mit hochfrequenten Oberschwingungen analysiert worden. Hierbei wird die grundfrequente Magnetisierungskennlinie als „parent loop“ bezeichnet. Innerhalb dieser bilden sich sogenannte „minor loops“ mit der Amplitude der Oberschwingung aus. 103 I(t) B 2 Bmax 2 2 3 X 3 1 5 H t Y 5 Y X X -Bmax 4 4 Abbildung 87: Hysterese bei Stromkurvenformen mit unterschiedlichen Frequenzanteilen In Abbildung 87 ist eine derartige „minor loop“ sowie ein zugehöriger Stromverlauf qualitativ grafisch dargestellt. Der Strom steigt zunächst vom Punkt 3 zum Punkt X in negativer Richtung an. Am Punkt X wechselt die Ableitung des Stromes aufgrund eines hochfrequenten Anteiles das Vorzeichen. Die Magnetisierungskennlinie verläuft nun zum Punkt Y, wobei die Steigung der Kurve von X nach Y aus dem Mittelwert der beiden zuletzt positiv und negativ durchlaufenen Kurvenäste bei der betreffenden Flussdichte gebildet wird. Im vorliegenden Fall sind dies die Kurvenäste von 4 nach 5 und von 3 nach 4. Am Punkt Y wechselt die Ableitung des Stromes wieder das Vorzeichen. Die Magnetisierungskennlinie verläuft von Y nach 4, wobei die Steigung aus dem Mittelwert der Steigungen der Kurvenäste zwischen X und Y sowie zwischen 3 und 4 ermittelt wird. In Abbildung 87 ist aus Gründen der Übersichtlichkeit nur eine hochfrequente Schwingung dargestellt. Die Überlegungen gelten selbstverständlich analog für alle Orte auf der Magnetisierungskennlinie. 3.2.2.3 Wirbelstromverluste Die Entstehung der Wirbelströme ist in Abbildung 88 dargestellt: y z y Schnitt AA’ H,B x A n·I n·I z x Iw A’ H,B R dx dx Abbildung 88: Entstehung von Wirbelströmen Ein Primärstrom I führt in der Anordnung nach Abbildung 88 zu einem magnetischen Fluss in dem Kernmaterial. Ist der Primärstrom eine zeitabhängige Größe mit rein sinusförmigem Verlauf, so gilt für den Gesamtfluss nach Gl. (76) und Gl. (74): 104 Ψ (t ) = AFE µ0 µr n ˆ I sin( wt ) (87) l FE Die Flussrichtung ist in dem Schnittbild entlang des Schnittes AA’ im rechten Teil von Abbildung 88 dargestellt. Denkt man sich nun eine Leiterschleife in der xy-Ebene, die in Abbildung 88 rot dargestellt ist, so wird durch den zeitveränderlichen Fluss in dieser Leiterschleife eine Spannung induziert: U w (t ) = − n ˆ dΨ (t ) = − AFE µ0 µr I w cos( wt ) = R I w (t ) l FE dt (88) Diese induzierte Spannung ist die treibende Spannung für die Wirbelströme. Der Widerstand R der Leiterschleife berechnet sich aus dem spezifischen Leitwert des ferromagnetischen Materials und der Länge der Leiterschleife. Die Amplitude der Wirbelströme ist proportional zur Frequenz des Wirbelstromes und somit auch proportional zur Frequenz des Primärstromes I. Die von Wirbelströmen verursachen Verluste steigen deshalb quadratisch mit der Amplitude des Wirbelstromes und somit quadratisch mit der Frequenz des Primärstromes. Bei Kurvenformen des Primärstromes mit beliebigem Verlauf gelten diese Überlegungen analog für alle Anteile der zugehörigen Fourierreihe. Eine Maßnahme zur Reduzierung der Wirbelstromverluste besteht darin, die wirksame elektrische Leitfähigkeit des ferromagnetischen Materials zu reduzieren. Im Fall von Kernen aus Eisen, das eine hohe spezifische Leitfähigkeit besitzt, wird statt eines massiven Eisenkernes eine Vielzahl einzelner, dünner Bleche in y-Richtung zu einem Kern geschichtet. Die Bleche sind elektrisch gegeneinander isoliert, so dass die elektrische Leitfähigkeit in y-Richtung verschlechtert wird. Andere Materialien wie Ferrite oder Eisenpulver werden mit geringer elektrischer Leitfähigkeit hergestellt, so dass in diesen Fällen massive Kerne verwendet werden können. 3.2.2.4 Integrations- und Kühlkonzept für den Sinusfilter Neben den Verlusten wird die Baugröße der Filterdrossel auch durch die Art der Entwärmung beeinflusst, weil letztendlich die durch Verluste verursachte Temperaturerhöhung an der Drossel begrenzt werden muss. Standardmäßige Sinusfilter werden als Optionen zu Standardumrichtern angeboten. Diese Sinusfilter beinhalten eine Filterdrossel und einen Filterkondensator und sind in einem eigenen Gehäuse aufgebaut. Die Kühlung des Sinusfilters erfolgt mittels natürlicher Konvektion über das Gehäuse. Wird der Sinusfilter in das Gehäuse des Umrichters integriert, so bietet diese Lösung den Vorteil, dass der Sinusfilter mit Zwangsbelüftung entwärmt werden kann, da Umrichter im betrachteten Leistungsbereich in der Regel mit einem Lüfter gekühlt werden. IGBT-Modul Drossel Lüfter Kühlkörper Strömungsrichtung der Luft Abbildung 89: Anordnung zur forcierten Luftkühlung der Filterdrossel 105 Die Verluste der Sinusfilterdrossel sind hierbei gegenüber den Verlusten des Filterkondensators dominant, so dass vor allem die Drosseln einen Vorteil bei forcierter Luftkühlung erfahren. Durch die forcierte Kühlung können zwar nicht die Verluste der Drossel reduziert werden, aber der Wärmewiderstand der Drossel kann reduziert werden. Zur quantitativen Bewertung wurden zwei identische Drosseln in Reihe geschaltet, wobei eine Drossel in einem forcierten Luftkanal liegt, während die zweite Drossel konvektionsgekühlt ist. Beide Drosseln wurden anschließend mit Gleichstrom beaufschlagt. Eine Messung unter Last am Umrichter ist nicht erforderlich, da es für den Wärmewiderstand unerheblich ist, ob Eisenverluste oder Kupferverluste die Ursache der Erwärmung darstellen. 25 20 delta T/[K] natürliche Kühlung 15 10 5 forcierte Kühlung 0 0 5 10 15 20 25 30 I/[A] Abbildung 90: Temperaturerhöhung bei natürlicher und forcierter Kühlung der Sinusfilterdrossel mit einem Volumenstrom von 0,022m3/s Der Temperaturhub der Drossel steigt quadratisch mit dem Strom, da bei Gleichstrom nur Kupferverluste anfallen. Aus Abbildung 90 ist ersichtlich, dass für die Drossel im Luftkanal die Temperaturerhöhung auf 29% gesenkt werden kann. Dieser Wert kann nun auf den Nennbetrieb umgerechnet werden. Die standardmäßige Umgebungstemperatur beträgt 40°C. Die maximal zulässige Drosseltemperatur hängt von den verwendeten Materialien ab, begrenzend wirken hier i.a. die Kunststoffe, z.B. Kabelisolierungen. Als typischer Wert kann 125°C genannt werden. Somit ergibt sich eine zulässige Temperaturerhöhung an der Drossel von 85K. Nimmt man dies als Referenzwert der konvektionsgekühlten Drossel, so könnte durch den Einsatz der forcierten Kühlung der Temperaturhub auf 25K reduziert werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Kühlkörper, über den der IGBT entwärmt wird, für eine Vorheizung der Kühlluft für die Drossel sorgt. Aus Messungen an einem Demonstratoraufbau nach Abbildung 89, in dem die Drossel nicht bestromt wurde, wurde eine Temperaturerhöhung an der Drossel von 14K gemessen. Dieser Wert ist von dem eingesparten Temperaturhub durch die forcierte Kühlung abzuziehen. In Summe kann die Temperaturerhöhung gegenüber der konvektionsgekühlten Drossel um 46K oder 54% reduziert werden. Dieser Vorteil, dass der thermische Widerstand der Drossel mehr als halbiert wird, kann für eine Reduzierung der Baugröße der Drossel verwendet werden, weil neben der in Kap. 3.2.1. beschriebenen magnetischen Auslegung auch die thermische Dimensionierung berücksichtigt werden muss. 106 Neben dem Vorteil für die Sinusfilterdrossel ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch den zusätzlichen Einbau der Drossel in den Kühlkanal der Druckabfall ansteigt. Dies führt zu einer Reduzierung der Fördermenge des Lüfters und somit zu einem erhöhten Wärmewiderstand des Kühlkörpers bzw. einem erhöhten Halbleiterbedarf. Der Druckabfall an der Drossel hängt stark von deren Größe, Bauform und Anordnung ab, weil ungünstige Lösungen starke Verwirbelungen der Luft erzeugen können. An einer Drosselanordnung aus Schalenkernen wurde die zusätzliche Erwärmung der Halbleiter ermittelt. Schalenkerne stellen aus strömungstechnischer Sicht aufgrund ihres runden Querschnitts eine günstige Lösungsvariante dar. Strömungsrichtung der Luft Lüfter Kühlkörper mit Kühlrippen Drossel für 3 Phasen IGBTModul Temperaturmesspunkt P = const Abbildung 91: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Rückwirkung der Sinusdrossel auf die Halbleiterkühlung In einem Versuchsaufbau nach Abbildung 91wurde ein IGBT-Modul auf einen Kühlkörper montiert, die IGBTs dauerhaft eingeschaltet und eine definierte Verlustleistung eingespeist. Unter dem IGBT-Modul wurde die Kühlkörpertemperatur mit einem Thermoelement gemessen. Die Differenz der gemessenen Temperatur zur Umgebungstemperatur ergibt den Temperaturhub, aus dem der effektive Wärmewiderstand der Anordnung berechnet werden kann: Rth = ΔT P (89) Dieser Versuch wurde mit folgenden Anordnungen durchgeführt: 1) Drosseln aus dem Luftkanal entfernt (Referenzwert für einen Aufbau ohne integrierten Sinusfilter) 2) Drosseln im Luftkanal hinter dem Kühlkörper wie in Abbildung 91 3) Drosseln zwischen Lüfter und Kühlkörper Bei einer eingespeisten Temperaturerhöhungen: Verlustleistung von 107 470 W ergeben sich folgende Anordnungen ∆T/[K] ∆T relativ 1 2 3 28.2 28.9 36.3 1.000 1.025 1.287 Tabelle 2: Temperaturerhöhung bei unterschiedlichen Anordnungen Durch die Einführung der Drosseln hinter den Kühlkörper wird der thermische Widerstand des Kühlkörpers für die Halbleitermodule nur um 2,5% verschlechtert. Werden die Sinusfilterdrosseln zwischen Lüfter und Kühlkörper platziert, verschlechtert sich der Kühlkörper um 28%. Dieser Unterschied ist auf den ersten Blick erstaunlich, weil die Druckabfälle an Kühlkörper und den Drosseln einer Reihenschaltung entsprechen, deren Wirkung in Summe nicht von der Reihenfolge der Komponenten abhängen sollte. Die Ursache für den Unterschied liegt in den zusätzlichen Verwirbelungen, die Drosseln zwischen Lüfter und Kühlkörper bewirken und die die Anströmung der Kühlrippen verschlechtert. Die Aufbauvariante 3 ist damit nicht vorteilhaft. Die Reduzierung des thermischen Widerstandes der Sinusfilterdrosseln auf unter 30% bei der Aufbauvariante 2 ist mit der Erhöhung des thermischen Widerstandes des Kühlkörpers für die Halbleitermodule um 2,5% bezüglich seiner Auswirkungen auf Kosten und Performance in Relation zu setzen. Der Demonstratorumrichter wurde in der Aufbauvariante 2 realisiert. 3.2.3 Rückwirkung des Ripplestroms auf die Halbleiterdimensionierung Neben der Auswirkungen auf die Baugröße der Filterdrossel nach Abbildung 85 besitzt der Ripplestrom auch eine Rückwirkung auf die Dimensionierung der Leistungshalbleiter des Wechselrichters. Diese Rückwirkung ist von hoher Bedeutung, da die Leistungshalbleiter des Wechselrichters einen erheblichen Anteil an den Gesamtkosten des Umrichters verursachen und somit mögliche Einsparungen am Drosselaufwand zunichte machen könnten. 3.2.3.1 Simulation der zusätzlichen Halbleiterverluste Da sich der Ripplestrom dem Grundschwingungsstrom überlagert, erhöht er den Effektivwert des Umrichterausgangsstroms. Im Gegensatz zu der einfachen Modellvorstellung aus Abbildung 84, mit der eine Abschätzung der erforderlichen Induktivität vorgenommen wurde, besteht der tatsächliche Ripplestrom aus einer Vielzahl von Frequenzanteilen, die mit den hochfrequenten Frequenzanteilen der symmetrischen Ausgangspannung nach Abbildung 79 korrelieren. Eine einfache analytische Berechnung der zusätzlichen Wechselrichterverluste – beispielsweise durch quadratische Addition der einzelnen Effektivwerte – ist deshalb nicht möglich. Aus diesem Grund wurde für den Umrichter ein Simulationsmodell in Simplorer aufgebaut, mit dem die Rückwirkungen des Ripplestroms auf die Wechselrichterverluste abgeschätzt werden sollen. Dieses Simulationsmodell soll im Folgenden kurz vorgestellt werden. Die Art der Einspeiseschaltung des Simulationsmodells besitzt für die Bewertung der Rückwirkungen der Auslegung der Filterdrossel auf die Wechselrichterverluste nur einen geringen Einfluss, soll hier aus Gründen der Vollständigkeit jedoch trotzdem kurz erläutert werden. 108 Lu A Kondensato AM2 A L1 Masse L1 DCp L2 DCn L3 V V U V DCprein DCpraus DCprein DCnrein DCnraus DCnrein W W R11 Lw + U_U2 + V R8 L1 L2 L3 + V U_V1 + V I1 V AM1 U_V2 U_W2 + V + V A + V U_W1 U_U1 S1 Motor R10 V L3 + Lv U L2 + V R7 AM3 A VM1 I_Umot R9 A + Netz R6 I_Uout Wechselrichter F3E C1 C2 C3 C1_IGBT C2_Diode I2 S2 Abbildung 92: Übersichtsbild des Simulationsmodells Die Netzeinspeisung des Simulationsmodells besteht aus einer dreiphasigen idealen Spannungsquelle mit einer Amplitude von 690V. Dieser Spannungsquelle wird ein Innenwiderstand in Reihe geschaltet, dessen Betrag 1% der Umrichternennimpedanz Unenn/Inenn entspricht. Im Fall des Demonstratorumrichters beträgt die Strangspannung des Umrichters 400V und sein Nennstrom 23A, so dass sich für den Betrag der Netzimpedanz ein Wert von 174mΩ ergibt. Dieser Innenwiderstand wird bei einer Frequenz von 50Hz zu 2/3 induktiv und zu 1/3 ohmsch angenommen, wobei sich die Spannungsabfälle an den Impedanzanteilen geometrisch addieren. Als Gleichrichter wird in dem Simulationsmodell eine aktive Schaltung verwendet, die in der Literatur unter dem Begriff „F3E“ (Fundamental Frequency Front End) [43] bekannt ist. Diese Schaltung besteht aus einer dreiphasigen Brückenschaltung mit IGBTs und Freilaufdioden. Die Ansteuerimpulse der IGBTs in dieser Brückenschaltung sind identisch zu den Ansteuerpulsen, die eine Thyristorbrücke erhalten würde, die immer im natürlichen Zündzeitpunkt betrieben wird. Durch die IGBTs entsteht in dieser Schaltungstopologie der zusätzliche Freiheitsgrad, die Stromrichtung umzukehren und somit Energie von dem Zwischenkreis in das Netz zurückzuspeisen. Der Zwischenkreiskondensator des Umrichters besteht aus einem Kondensator, der im Vergleich zu konventionellen Spannungszwischenkreisumrichtern um etwa den Faktor 100 reduziert ist. Die Gleichspannung am Zwischenkreiskondensator folgt aufgrund des aktiven Gleichrichters immer der höchsten verketteten Eingangsspannung und zeigt somit einen charakteristischen Frequenzanteil, der dem sechsfachen der Frequenz der Eingangsspannung entspricht. Aufgrund dieses Wechselspannungsanteils wird der Zwischenkreiskondensator üblicherweise als Folienkondensator ausgeführt. Auf der Netzseite besitzt die Einspeiseschaltung einen dreiphasigen kapazitiven Filter, der die erforderlichen Kommutierungspfade für den Wechselrichter bereitstellt und schaltfrequente Stromanteile vom Netz fernhält. Diesem Filterkondensator ist ein Widerstand in Reihe geschaltet, der mögliche Schwingungen mit der Induktivität des Netzes bedämpfen soll. Der Wechselrichter besteht aus einer dreiphasigen IGBT-Brücke mit Freilaufdioden. Der Steuersatz des Wechselrichters arbeitet mit dem Unterschwingungsverfahren der SinusDreieck-Modulation [80]. Auf Optimierungen des Steuersatzes wurde verzichtet, weil dessen Einfluss auf den relativen Vergleich der Wechselrichterverluste bei unterschiedlicher Drosselauslegung vernachlässigt wurde. Lediglich die Kompensation des Spannungsripples mit der sechsfachen Netzfrequenz wurde berücksichtigt. Für die IGBTs und die Freilaufdioden wurden einfache Halbleitermodelle verwendet. Dabei werden die Halbleiter in 109 Durchlassrichtung mit einer Spannungsquelle und einem Bahnwiderstand und in Sperrrichtung mit einem Sperrwiderstand charakterisiert. Der Sinusfilter wird als symmetrische Anordnung aus Induktivitäten und Kondensatoren simuliert. Zusätzlich wird in Reihe zu der Induktivität ein Widerstand eingefügt. Dieser Widerstand kann die Kupferverluste der Induktivität nachbilden. Parallel zur Induktivität wird ein weiterer Widerstand eingefügt, mit dem die Eisenverluste der Induktivität modelliert werden können. Da Verluste in der Filterdrossel für die zusätzliche Belastung der Halbleiter irrelevant sind, werden sie in dieser Simulation vernachlässigt. Der Motor als Last wird als dreiphasige Stromquelle nachgebildet. Dieses Modell besitzt im Vergleich zu einem Motormodell den Vorteil, dass es wesentlich weniger Rechenzeit benötigt und keine Anlaufvorgänge gerechnet werden müssen, bevor die Auswertung der Halbleiterverluste im eingeschwungenen Zustand betrachtet werden kann. Die Verlustberechnungen erfolgen in separaten Schaltkreisen für IGBT und Diode. Die Verluste werden als Eingangsgröße für eine gesteuerte Stromquelle verwendet, die einen Kondensator auflädt. Mit dieser Schaltung wird eine Aufsummierung aller Verluste über einen betrachteten Zeitraum erreicht, so dass der Endwert der Kondensatorspannung proportional zu der im Intervall anfallenden Verlustenergie ist. Die als Eingangsgröße der Stromquelle verwendeten Verluste bestehen aus der Summe der Durchlassverluste und der Schaltverluste. Die Durchlassverluste fallen als zeitkontinuierliche Größe an den Halbleitern entsprechend der eingegebenen linearisierten Kennlinien an und können unmittelbar in die Stromquelle eingespeist werden. Die Schaltverlustenergie fällt hingegen als diskrete Größe zum jeweiligen Schaltzeitpunkt an. Wird eine Schalthandlung festgestellt, so werden den Halbleitern in Abhängigkeit des Wechselrichterausgangsstromes Schaltverluste zugeordnet. Die Höhe der Schaltverlustenergie, die bei einem entsprechenden Wechselrichterausgangsstrom anfällt, wurde zuvor in Doppelpulsversuchen gemessen. Sie entsprechen den Verlustenergiekennlinien aus Abbildung 53. Abhängig von der Stromrichtung des Ausgangsstromes und von der Polarität der Schaltflanke des Ansteuersignals der IGBTs werden die Schaltverluste den einzelnen Halbleiterbauelementen zugeordnet. Hierbei gilt bei folgender Notation der Stromrichtung für die Bauelemente: T1 D1 CZK UZK positive Schaltflanke IA T2 D2 Abbildung 93: Halbbrücke des Wechselrichters 110 IA>0 Einschaltverluste T1 Ausschaltverluste D2 Ausschaltverluste T1 Einschaltverluste D2 positive Schaltflanke negative Schaltflanke IA<0 Einschaltverluste D1 Ausschaltverluste T2 Ausschaltverluste D1 Einschaltverluste T2 Tabelle 3: Zuordnung der Schaltverluste zu den Halbleitern Als positive Schaltflanke wird hierbei der Wechsel des AC-Anschlusses von dem negativen zum positiven Zwischenkreispotenzial definiert. Die Einschaltverluste der Dioden werden i.a. zu null angenommen (vgl. Kap. 2.2.2.6). Bei der Verwendung von SiC-Schottkydioden als Freilaufdioden wird deren Ausschaltverlustenergie nach den Ergebnissen aus Kap. 2.2.2.5 unabhängig vom Laststrom, jedoch abhängig von der verwendeten Diodenfläche berücksichtigt. Mit der Simulation sollen die Halbleiterverluste in Abhängigkeit von dem gewählten Ripplestrom bzw. der bezogenen Induktivität ermittelt werden. Allerdings sind für eine Simulation die Vorgaben fester Größen, z.B. der Schaltfrequenz erforderlich, so dass die Simulationsergebnisse zunächst nur für diese Schaltfrequenz gültig sind. Im vorliegenden Fall wurde eine Schaltfrequenz von 16kHz verwendet. Direkt übertragbar auf andere Schaltfrequenzen wären die Ergebnisse dann, wenn die Abhängigkeit der Durchlassverluste und der Schaltverluste vom Ripplestrom identisch wäre. Da im vorliegenden Fall insbesondere der Halbleiteraufwand für die SiC-Schottkydiode im Vordergrund steht, die nur vernachlässigbare Schaltverluste verursacht, kann das Ergebnis auch auf andere Schaltfrequenzen übertragen werden. Mit geringerer Filterinduktivität steigt der Ripplestrom im Filter an. Deshalb steigen auch die Verluste in den Halbleitern. Für den Einsatz von SiC-Freilaufdioden ist die Abhängigkeit der Verluste der Halbleiterbauelemente von der Filterinduktivität dargestellt: 120 115 110 105 100 95 P/[%] 90 85 80 75 70 IGBT 65 60 55 SiC-Diode 50 45 40 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 L/Lref Abbildung 94: Halbleiterverluste in Abhängigkeit der Filterinduktivität 111 12 13 14 15 Aus Abbildung 94 ist zu erkennen, dass die Verluste der Leistungshalbleiter mit steigender Filterinduktivität beachtlich abnehmen. Der durch den Sinusfilter zusätzlich hervorgerufene Ripplestrom trägt bei kleiner Filterinduktivität stark zu den Halbleiterverlusten bei. Bei großer Filterinduktivität endet dieser Effekt in einem Grenzwert, weil dann der Filterstrom gegenüber dem Grundschwingungsstrom unbedeutend wird. Die Abszisse aus Abbildung 94 ist identisch zu der Abszisse in Abbildung 85 zu verstehen. Der Wert 1 bezeichnet eine Filterdrossel, die zu einem Ripplestrom führt, dessen Scheitelwert identisch dem Scheitelwert der Grundschwingung des Laststroms ist. Diese Filterdrossel besitzt den minimalen Energiegehalt und lässt somit den geringsten Kostenaufwand für die Drossel erwarten. Auf die Halbleiterverluste bei dieser Filterinduktivität sind die Werte der Ordinate bezogen. Ausgehend von diesem Auslegungspunkt können die Halbleiterverluste jedoch für den IGBT und die SiCSchottkydiode durch Reduzierung des Ripplestroms noch auf ca. 55% abgesenkt werden. Damit können die Halbleiterflächen und somit die Kosten für die Halbleiter gesenkt werden. 3.2.3.2 Ermittlung des kostenoptimalen Ripplestromes Letztendlich ist für die Wahl des optimalen Ripplestromes die Summe der Kosten für Halbleiter und Drossel entscheidend. Ein solches Optimum kann aus Abbildung 85 und Abbildung 94 abgeleitet werden. Bezeichnet man in Abbildung 85 die Drosselkosten bei der Referenzinduktivität Lref mit KDref und geht man davon aus, dass sich die Kosten der Drossel gemäß deren Energieinhalt ändern, so gilt für die Kosten der Drossel als Funktion der Induktivität nach Abbildung 85 und Gl. (81): KD( L) = KDref ⋅ L Lref L ⎛ ⎜⎜1 + ref L ⎝ 4 ⎞ ⎟⎟ ⎠ 2 (90) Für die Halbleiterkosten kann ein ähnlicher Ansatz gewählt werden, indem die Verlustkurven aus Abbildung 94 durch eine analytische Funktion angenähert werden. Um daraus eine erforderliche Halbleiterfläche zu berechnen, sind im Prinzip thermische Simulationen vergleichbar zu Kap. 2.3.3 erforderlich. Für eine grobe Abschätzung können jedoch folgende grundsätzliche Überlegungen herangezogen werden: ¾ Schaltverluste sind in erster Nährung unabhängig von der Halbleiterfläche. Tendenziell nehmen sie mit steigender Halbleiterfläche leicht zu, weil die im IGBT gespeicherte Ladung mit der Halbleiterfläche ansteigt (vgl. Kap. 2.3.3) und somit der Verlustanteil zunimmt, der durch Speicherladungen verursacht wird. Für die SiCSchottkydiode sind sowohl die Schaltverluste als auch deren Abhängigkeit von der Halbleiterfläche sehr gering (vgl. Kap. 2.2.2.5). ¾ Durchlassverluste aufgrund von Schwellenspannungen sind unabhängig von der Halbleiterfläche. ¾ Durchlassverluste aufgrund des ohmschen Anteils der Durchlasskennlinie nehmen mit steigender Halbleiterfläche linear ab, weil der ohmsche Widerstand linear abnimmt. In Summe kann aus diesen Überlegungen stark vereinfacht abgeleitet werden, dass die Verluste in erster Näherung unabhängig von der Halbleiterfläche sind. Damit ist der Halbleiteraufwand den Verlusten proportional, um den Temperaturhub am Halbleiter 112 konstant zu halten. Bezeichnet man die Halbleiterkosten KH bei der Induktivität Lref als KHref, so gilt gemäß der Ausgleichskurve aus Abbildung 94: KH ( L) = KH ref ⎛ ⎜ 45 ⎜ 55 + ⎜ L 2 ( ) ⎜⎜ L ref ⋅⎝ 100 ⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟⎟ ⎠ (91) Die Ausgleichskurve für die Hableiter wurde stärker an die Verlustkurve der SiC-Diode als an den Si-IGBT angepasst, weil die SiC-Diode für die Kosten des Moduls dominant ist. Für die Gesamtkosten gilt somit: Kges = KD + KH = KDref Lref L ⎛ • ⎜⎜1 + Lref ⎝ L ⋅ 4 ⎞ ⎟⎟ ⎠ 2 + KH ref ⎛ ⎜ 45 ⎜ ⎜ 55 + L 2 ( ) ⎜⎜ Lref ⎝ ⋅ 100 ⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟⎟ ⎠ (92) Das Minimum aus Gl. (92) liefert den kostenoptimalen auf die Referenzinduktivität bezogenen Induktivitätswert. Aus Abbildung 85 kann daraus der kostenoptimale Ripplestrom abgelesen werden. Das Ergebnis hängt von dem Verhältnis von Drossel- und Halbleiterkosten bei dem Referenzwert ab, wobei grundsätzlich bei steigender Induktivität die Drosselkosten und bei geringen Induktivitätswerten die Halbleiterkosten dominieren. Für unterschiedliche Verhältnisse von KHref/KDref = 1, 10 und 100 können dann die normierten Kosten aufgetragen werden: 3 3 2.5 Kges1 L Kges10 L 2 Kges100 L 1.5 1 0.8 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 L 0.1 11 12 13 14 15 15 Lref Abbildung 95: Normierte Gesamtkosten für Drossel und Halbleiter Aus Abbildung 95 ist zu erkennen, dass bei Kostengleichheit von Drossel und Halbleiter (rote Kurve) im Referenzpunkt das Optimum knapp unterhalb der doppelten Referenzinduktivität 113 liegt. Mit zunehmendem Gewicht des Halbleiteraufwands verändert sich das Optimum zu höheren Induktivitätswerten. Bei der Bewertung der Kostenverhältnisse im Referenzpunkt sei daran erinnert, dass dieser für den Drosselaufwand das Optimum darstellt, während die Halbleiter in diesem Punkt stark überdimensioniert sind. Für den Demonstrator wurde eine Drosselauslegung mit L = 7 gewählt. Für den Lref Ripplestrom geht aus Abbildung 85 damit hervor, dass sein Scheitelwert ca. 15% des Scheitelwertes des Grundschwingungsstromes beträgt. 3.2.4 Auswahl der Schaltfrequenz Nach der Festlegung auf einen gewünschten Ripplestrom kann die erforderliche Induktivität der Filterdrossel nach Gl. (85) in Abhängigkeit von der Dauer der Modulationsperiode bestimmt werden. Die Modulationsperiode bzw. Schaltfrequenz kann frei eingestellt werden. Die Auswirkungen der Schaltfrequenz auf den Flächenbedarf der Leistungshalbleiter wurde in Kapitel 2.3 bereits ausführlich diskutiert. Mit zunehmender Schaltfrequenz steigt der Halbleiterbedarf an, wobei dieser Anstieg beim Einsatz von SiC-Bauelementen deutlich geringer ausfällt als bei Si-Bauelementen. Der umgekehrte Effekt stellt sich bei dem Aufwand für die Filterdrossel dar, weil nach Gl. (85) bei konstantem Ripplestrom die erforderliche Induktivität mit dem Kehrwert der Schaltfrequenz abnimmt. Gemäß Gl. (80) sollten somit auch das Volumen und die Kosten für die Filterdrossel umgekehrt proportional zu der Schaltfrequenz sein. Dies ist jedoch in der einfachen Form nicht der Fall. Die wesentlichen Gründe hierfür sind: a) Mit steigender Frequenz nehmen bei konstantem Ripplestrom und unverändertem Kernmaterial die Kernverluste der Drossel zu (Hystereseverluste linear mit der Frequenz, Wirbelstromverluste quadratisch zur Frequenz). Erhöhte Verluste erfordern jedoch eine vergrößerte Oberfläche zur Kühlung und damit ein vergrößertes Volumen und erhöhte Kosten. Deshalb müssen mit erhöhter Frequenz andere Kernmaterialien eingesetzt werden, die geringere Kernverluste verursachen. Der Nachteil dieser HFtauglichen Kernmaterialien besteht darin, dass sie nur eine geringere Flussdichte erlauben ([32], [94]), was sich in Gl. (80) niederschlägt. Ein Vergleich verschiedener Kernmaterialien bzgl. typischer Betriebsfrequenz und Sättigungsflussdichte ist in Tabelle 4 dargestellt. Material Blech Eisenpulver Ferrit Typ. Sättigungsflussdichte/[T] 1,7 1,2 0,4 Typ. Betriebsfrequenz/[kHz] 0-6 0 - 60 > 60 Tabelle 4: Vergleich unterschiedlicher Kernmaterialien bzgl. ihrer Sättigungsflussdichte und typ. Betriebsfrequenz b) Der Umrichter mit sinusförmiger Ausgangsspannung soll in einem Leistungsbereich von 3KW bis 55kW realisierbar sein. Insbesondere für die hohe Leistung existieren aber heute keine Standardkerne mit HF-optimierten Materialien, mit denen Drosseln hergestellt werden können. Für diese Lösungen müssen Kerne verwendet werden, die nur in sehr geringer Stückzahl existieren und deshalb hohe Kosten verursachen. 114 Letztendlich ist es erforderlich, verschiedene Drosselvarianten miteinander zu vergleichen und daraus ein Gesamtoptimum unter Berücksichtigung des Halbleiteraufwands abzuleiten. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Drosseln verschiedener Hersteller einem Test in einem 2-Quadranten-Steller unterzogen. Das Schaltbild und der zugehörige Stromverlauf sind in Abbildung 35 und in Abbildung 36 bereits erläutert worden. Die Drosseln sind abhängig von dem jeweiligen Kernmaterial für unterschiedliche Schaltfrequenzen ausgelegt. Als Scheitelwert des Ripplestroms wurde ein Wert von 15% der Amplitude des Grundschwingungsstromes eingestellt. Die zulässige Drosselerwärmung betrug bei dem Test 40K bei forcierter Kühlung. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde diese Grenze für alle Versuche unabhängig von der Curie-Temperatur des Kernmaterials beibehalten. Als Ergebnis dieses Tests ergibt sich für alle Drosseln eine maximale Stromtragfähigkeit. Anhand von Beobachtungen des Stromverlaufs auf dem Oszilloskop kann sichergestellt werden, dass keine unzulässigen Sättigungseffekte in der Drossel auftreten. Das Volumen der einzelnen Drosseln, umgerechnet auf eine dreiphasige Lösung, ist in Abbildung 96 dargestellt: 3 Blech (4kHz) Volumen/[dm 3] 2.5 2 Ferrit (64kHz) 1.5 KoolMµ (64kHz) 1 0.5 Eisenpulver (16kHz) 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 IMotor/[A] Abbildung 96: Drosselvolumen als Funktion des Motorstromes bei unterschiedlicher Schaltfrequenz Die Datenbasis für Abbildung 96 bilden reale Drosselauslegungen unter Verwendung heute verfügbarer Kern- und Drosselbauformen. Die einzelnen Datenwerte sind in den Kurven hervorgehoben und durch lineare Interpolation miteinander verbunden. Die Kopplung an real existierende Kernbauformen erklären die Unstetigkeiten in den gezeigten Kurven, die auch bei der realen Definition einer Umrichterreihe auftreten. Die Verwendung geblechter Eisenkerne ist heute bei Sinusfiltern für Umrichter Stand der Technik. Sie sind allgemein verfügbar. Das hierfür erforderliche Volumen ist in Abhängigkeit des Motorstromes in Abbildung 96 dargestellt und kann als Referenzkurve verwendet werden. Die Auslegung gilt für eine Schaltfrequenz von 4kHz, die für Umrichter am 400VNetz standardmäßig heute verwendet wird. Für Umrichter am 690V-Netz stellt sie bereits eine erhöhte Schaltfrequenz dar, weil diese i.a. mit einer Schaltfrequenz von 2kHz betrieben werden. Bei 2kHz würde das erforderliche Drosselvolumen noch weiter ansteigen, weil bei gleichem Ripplestrom die Induktivität vergrößert werden müsste. 115 Erhöht man die Schaltfrequenz auf 16kHz, so sind geblechte Eisenkerne aufgrund der hohen Eisenverluste nicht mehr einsetzbar. In diesem Frequenzbereich können Drosseln aus Eisenpulver eingesetzt werden [4]. Kerne aus Eisenpulver werden in einem Sinterprozess hergestellt und bestehen aus einem Verbund kleiner ferromagnetischer Partikel und einem nicht ferromagnetischen Bindemittel. Statt eines ausgeprägten Luftspaltes besitzen diese Materialien einen verteilten Luftspalt, der aus den Zwischenräumen zwischen den ferromagnetischen Teilchen besteht. Der Luftspalt ist erforderlich, um eine Sättigung des Kernmaterials zu verhindern. Die Luftspaltverluste sind bei verteiltem Luftspalt kleiner als bei konzentriertem Luftspalt, weil bei einem konzentrierten Luftspalt Streufeldlinien in die Wicklung der Drossel eindringen und dort Wirbelstromverluste verursachen. Mit der Verwendung des Eisenpulverkernes kann die Baugröße der Drossel im Vergleich zu dem geblechten Kern etwa um den Faktor 4 reduziert werden. Dies entspricht dem Verhältnis, in dem die Schaltfrequenz erhöht wurde. Die Induktivität der Drossel mit dem Eisenpulverkern ist um den Faktor 4 gegenüber dem Blechkern reduziert, so dass in beiden Drosseln etwa der gleiche Ripplestrom zu erwarten ist. Für sehr kleine Leistungen im Bereich unter 5kW fällt die Volumenreduzierung geringer als der Faktor 4 aus, es ist nur ein Faktor 2 zu beobachten. Ursache hierfür ist die Tatsache, dass die Eisenpulverkerne heute standardmäßig in hohen Stückzahlen für aktive Netzstromrichter verwendet werden, die ebenfalls mit einer Schaltfrequenz zwischen 8kHz und 12kHz verwendet werden. Diese aktiven Netzstromrichter werden mit einer Leistung von 10kW und höher hergestellt. Für Leistungen unter 5kW existieren deshalb keine optimierten Kernformen, so dass die Vorteile in diesem Leistungsbereich nicht vollständig ausgenutzt werden können. Bei einer weiteren Erhöhung der Schaltfrequenz des Umrichters auf 64kHz sind auch Eisenpulverkerne aufgrund der Kernverluste nicht mehr vorteilhaft. In diesem Fall bietet der Einsatz von KoolMµ oder Ferrit die beste Performance [132]. KoolMµ ist ebenfalls ein Pulverkernmaterial aus einer Al, Si und Fe-Legierung und zeigt gegenüber herkömmlichem Eisenpulver reduzierte Kernverluste. Für Ferrit ist eine Schaltfrequenz von 64kHz die untere Grenze des vorteilhaften Einsatzbereiches, das Material bietet vor allem für noch höhere Schaltfrequenzen Vorteile. Aus Abbildung 96 ist ersichtlich, dass der Übergang von 16kHz auf 64kHz keinen besonders großen Vorteil bei der Volumenreduzierung der Drosseln bietet. Vorteile ergeben sich im Besonderen bei sehr kleinen Leistungen. Auch hier ist die Ursache, dass im Leistungsbereich vieler Kilowatt keine optimierten Kernformen aus Ferrit oder KoolMµ existieren. Die Drosseln müssen in diesem Bereich aus Kernbausteinen in U-Form oder IForm zusammengesetzt werden. Bezüglich der Kosten sind diese Drosseln nicht attraktiv, weil sie keine kostengünstigen Standardkerne verwenden können. Bei kleiner Leistung existieren Standardkerne aus Ferrit oder KoolMµ, dort ergibt sich ein Vorteil gegenüber standardmäßigem Eisenpulver. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei der hohen Schaltfrequenz die Halbleiterverluste deutlich zunehmen (s. Abbildung 56 und Abbildung 58). Bei Betrachtung des gesamten Leistungsbereiches ergibt sich für das 690VUmrichterleistungsteil ein Optimum in dem Aufwand für Sinusfilterdrossel und Leistungshalbleiter bei einer Schaltfrequenz von 16kHz. Für den Demonstratorumrichter mit einer Leistung von 18,5kW ergibt sich für die Filterdrossel ein Induktivitätswert von 0,7mH. Neben dem Kostenoptimum als Auslegungskriterium existiert noch eine weitere Motivation, die Induktivität der Sinusfilterdrossel möglichst klein zu wählen. Neben dem Ripplestrom, der durch die Sinusfilterdrossel begrenzt werden soll, erzeugt auch der Grundschwingungsstrom einen Spannungsabfall an der Drossel. Zwar ist dieser aufgrund seiner niedrigen Frequenz so gering, dass er in Kap. 3.1 für die Beschreibung der Ausgangsspannungen in erster 116 Näherung vernachlässigt wurde. Für die Gesamtperformance eines Umrichters spielt er dennoch eine Rolle, weil die an der Drossel abfallende grundfrequente Spannung vektoriell von der Grundschwingung der Umrichtrausgangsspannung zu subtrahieren ist und somit am Motor nicht zur Verfügung steht, wie aus dem Ersatzschaltbild in Abbildung 80 zu erkennen ist. Da ein Motor für den Betrieb an der vollen Höhe der Netzspannung ausgelegt ist, kann seine Leistungsfähigkeit bei reduzierter Spannung nicht vollständig genutzt werden. Dieser Effekt nimmt linear mit der Induktivität der Sinusfilterdrossel zu. Da die Induktivität der Drossel wiederum gemäß Gl. (85) umgekehrt proportional zur Schaltfrequenz ist, ist auch der grundfrequente Spannungsabfall an der Sinusfilterdrossel umgekehrt proportional zur Schaltfrequenz. Der Motor kann bei einem Sinusfilter für hohe Schaltfrequenz in seiner Leistung besser ausgenutzt werden. 3.3 Auslegung Kondensator 3.3.1 Dimensionierung der Filtereckfrequenz Ist die Induktivität der Sinusfilterdrossel festgelegt, so kann durch die Wahl der Filterkapazität die Eckfrequenz des Sinusfilters festgelegt werden. Obere Begrenzung der Eckfrequenz ist hierbei in der Motorspannung die zulässige Amplitude der Spannungsanteile mit Schaltfrequenz und deren Vielfachen. Bei der in Abbildung 76 dargestellten Topologie des symmetrischen LC-Sinusfilters mit Drossel und Kondensator ist die Spannung an einem Filterkondensator identisch zu der Strangspannung am Motor. Der Betrag der Übertragungsfunktion des ungedämpften Sinusfilters zwischen Kondensatorspannung und symmetrischer Wechselrichterausgangsspannung berechnet sich mit dem Ersatzschaltbild aus Abbildung 82 zu: G (ω ) = U CW (ω ) 1 = U WD (ω ) 1 − ω 2 LC (93) mit der Resonanzfrequenz ω res = 1 (94) LC Soll bei einer bestimmten Frequenz ω1 eine definierte Amplitude G(ω1) <1 erreicht werden, so kann daraus die minimal erforderliche Resonanzfrequenz des Filters errechnet werden. Als Bedingung für die Auswahl der Resonanzfrequenz gilt somit: ω res ≤ ω1 G (ω ) 1 + G (ω ) (95) Für den 690V-Demonstratorumrichter soll beispielsweise festgelegt werden, dass die Spannungsamplitude bei der Schaltfrequenz von 16kHz kleiner 2,5% der Zwischenkreisspannung sein soll. Aus Abbildung 79 ist ersichtlich, dass die Seitenbänder der Schaltfrequenz in der symmetrischen Ausgangsspannung maximal 11% der Zwischenkreisspannung betragen können. Die Übertragungsfunktion G(w) des Filters muss somit bei dieser Frequenz etwa einen Faktor 4 - 5 an Reduzierung der Amplitude bewirken. Nach Gl. (95) kann somit eine erforderliche Resonanzfrequenz von ca. 6,3kHz berechnet werden. 117 20 100 Grundfrequenz Schaltfrequenz 10 Betrag Frequenz 1 0.1 0.01 0.01 100 100 1 .10 3 Frequenz 1 .10 4 1 .10 5 1 .10 5 Abbildung 97: Übertragungsfunktion des ungedämpften Filters für den Demonstrator Die erforderliche Reduzierung der schaltfrequenten Spannungsanteile liefert die obere Grenze der zulässigen Filterresonanzfrequenz. Die untere zulässige Grenze ergibt sich aus der Forderung möglichst kleiner und somit kostengünstiger Bauteile, so dass sich eine reale Filterauslegung an der oberen zulässigen Grenzfrequenz orientieren wird. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass durch eine niedrige Filtereckfrequenz eine Filteranregung durch die Grundschwingung und deren Harmonische (5., 7., 11., 13.) möglich ist. Deshalb ist von der maximal zulässigen Grundschwingungsfrequenz ein Abstand einzuhalten, der eine Filteranregung ausschließt. Im Fall des Demonstratorumrichters beträgt die maximal zulässige Umrichterausgangsfrequenz 200Hz. Für den Demonstratorumrichter wurde bei einer Ausgangsleistung von 18,5kW und einer Filterdrossel von 0,7mH eine Filterkapazität von 1µF in Sternschaltung berechnet. Mit diesen Werten ergibt sich eine Resonanzfrequenz von ca. 6kHz. Für den Umrichter ergeben sich damit am Wechselrichterausgang und am Umrichterausgang folgende Spannungen: Filterausgangsspannung Filtereingangsspannung kV 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1.0 -1.2 0 5 10 15 20 25 30 35 40 ms Abbildung 98: Verkettete Spannung am Wechselrichterausgang (magenta) und am Filterausgang (blau) bei Ausgangsfrequenz 50Hz, 100% Aussteuerung, leerlaufender Umrichter 118 Optisch ist die Filterung der Ausgangsspannung gut zu erkennen. In der gepulsten Spannung ist im Maximum der Grundschwingungsamplitude bereits ein Bereich zu erkennen, in dem Pulse aufgrund von Mindestzeiten nicht realisiert werden können. Der Umrichter befindet sich dabei im Übersteuerungsbereich, weil die Zwischenkreisspannung mit dem charakteristischen 300Hz-Ripple der F3E-Gleichrichterschaltung nicht mehr zu jedem Zeitpunkt die erforderliche Spannung zur Verfügung stellen kann. Durch diesen Zustand werden zusätzliche Oberschwingungen erzeugt. Der Betriebspunkt wurde trotzdem als auslegungsrelevant ausgewählt, weil nach Abbildung 79 bei der Aussteuerung von 100% die höchsten Frequenzanteile bei den Seitenbändern der Schaltfrequenz zu erwarten sind. Die zusätzlichen Oberschwingungen durch die Übersteuerung können für den Filter nur eine zusätzliche Anregung darstellen, so dass der betrachtete Arbeitspunkt einen worst case darstellt. Zur detaillierten Bewertung der Filtereigenschaften werden die Spektren der beiden Spannungen vor und nach dem Sinusfilter verglichen: Fil.b V WR.b 1·103 1·102 1·101 1·100 1·10-1 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 kHz Abbildung 99: Spektrum der gepulsten (magenta) und der gefilterten (blau) verketteten Ausgangsspannung (Scheitelwerte), 50Hz, 100% Aussteuerung, leerlaufender Umrichter Wie zu erwarten, nehmen die Spektralanteile der Seitenbänder mit höheren Vielfachen der Schaltfrequenz ab. Da die Amplitudenreduzierung des Filters mit steigender Frequenz um theoretisch 40dB pro Dekade zunimmt, ist der Frequenzanteil der Seitenbänder der einfachen Schaltfrequenz in der Ausgangsspannung als Oberschwingung dominant. Die Amplitude der Seitenbänder der einfachen Schaltfrequenz beträgt ca. 175V.In Abbildung 79 119 wurden 11% der Zwischenkreisspannung als Amplitude der Phasenspannung errechnet. In Abbildung 99 ist die verkettete Spannung dargestellt, bei einer Zwischenkreisspannung von 1000V ist deshalb mit einer Amplitude von 190V zu rechnen, was leicht über der gemessenen Spannung liegt. In der gefilterten Ausgangsspannung verbleibt ein Spektralanteil von ca. 34V. Damit erreicht der Filter auch in der Messung den Faktor 5 in der Abschwächung der Spektralanteile, der sich aus Abbildung 97 rechnerisch ergibt. 3.3.2 Dämpfung des Filters 3.3.2.1 Bestimmung der existierenden Dämpfung Bei der Resonanzfrequenz besitzt die ungedämpfte Übertragungsfunktion des Filters eine unendlich hohe Verstärkung. Da in der Realität kleine Anregungen bei der Filterresonanz nicht vollständig ausgeschlossen werden können, ist eine zu definierende Dämpfung des Filters erforderlich. Da der Filter aus realen Bauteilen besteht, ist die unendlich hohe Verstärkung bei der Resonanzfrequenz des Filters nicht gegeben. Um die bestehende Verstärkung des Filters bei Resonanzfrequenz zu ermitteln, wurde zunächst die anregende Spannungsamplitude bei der Resonanzfrequenz des Filters durch eine Frequenzanalyse der gepulsten Wechselrichterausgangsspannung gemessen und anschließend mit dem Spektralanteil in der Filterausgangsspannung verglichen. Fil.b V WR.b 1·103 1·102 1·101 1·100 1·10-1 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 kHz Abbildung 100: Spektrum der gemessenen Wechselrichterausgangsspannung (magenta) und der Filterausgangsspannung (blau) bei 50Hz Ausgangsfrequenz und leerlaufendem Umrichter 120 Bei der Filterresonanzfrequenz von ca. 6kHz beträgt die anregende Amplitude etwa 0,8V. In der Filterausführung als reine LC-Kombination mit realen Bauelementen ergibt sich in der Filterausgangsspannung bei der Resonanzfrequenz eine Amplitude von ca. 5V. Die Verstärkung bei der Resonanzüberhöhung beträgt somit etwa den Faktor 6. Dies wird für den Demonstrator als unkritisch betrachtet, so dass auf den Einsatz expliziter Dämpfungselemente verzichtet wird. Die Dämpfungseigenschaften des Filters werden zum überwiegenden Teil durch die Verluste in der Filterdrossel bewirkt. 3.3.2.2 Bestimmung der frequenzabhängigen Drosselverluste Somit existieren für die Dämpfung des Filters frequenzunabhängige Kupferverluste und frequenzabhängige Hysterese- und Wirbelstromverluste. Durch zwei Messungen können diese Verlustanteile bestimmt werden: In einem ersten Versuch wird die Filterdrossel mit einem Gleichstrom aus einem Netzgerät bestromt. Dieser Versuch bildet den Verlustanteil in der Drossel nach, der durch den grundfrequenten Motorstrom hervorgerufen wird. Dabei wird angenommen, dass dessen Grundfrequenz so gering ist, dass sie nahezu keine Eisenverluste verursacht und somit der grundfrequente Strom durch einen Gleichstrom ersetzt werden kann. Im Fall des 18,5kW Demonstratorumrichters führt der DC-Umrichternennstrom von I1=23A zu einer Temperaturerhöhung der Filterdrossel von ∆T1= 7,1K. Die Drosseln befinden sich bei diesem Versuch im Originaleinbauplatz im Umrichter und werden mit forcierter Luftkühlung identisch zum Umrichterbetrieb gekühlt. In einem zweiten Versuch wird der Umrichter bei maximaler Aussteuerung und Nennlast betrieben. In diesem Fall stellt sich ein Filterdrosselstrom von ca. I2=23,8A ein. Bei diesem Versuch ergibt sich eine Temperaturerhöhung von 63,8K. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Vorwärmung der Kühlluft aufgrund der taktenden IGBTs gemäß Kap. 3.2.2.4 14K beträgt, so dass die effektive Temperaturerhöhung ∆T2= 49,8k beträgt. Die Temperaturerhöhung aufgrund von Kupferverlusten kann in diesem zweiten Versuch bei Vernachlässigung des Skineffektes aus einem Vergleich mit dem Gleichstromversuch berechnet werden kann: ΔT2CU ⎛I = ΔT1 ⎜⎜ 2 ⎝ I1 ⎞ ⎟⎟ ⎠ 2 (96) Für die durch Kupferverluste bedingte Temperaturerhöhung aus dem zweiten Versuch ergibt sich ein Wert von 7,6K. In Summe ergeben sich somit Kupferverluste von ca. 13% und Eisenverluste von ca. 87%. Die Dämpfung in der Übertragungscharakteristik wird im Fall des Demonstrators somit vorwiegend über Kernverluste der Drossel erzeugt. Aus Messungen des thermischen Widerstandes der Sinusfilterdrossel ergibt sich für den Demonstrator aus der gemessenen Temperaturerhöhung eine Verlustleistung von 33W pro Drossel bei Nennstrom. 121 3.3.2.3 Auswirkungen der Dämpfung und des Motors auf die Übertragungscharakteristik Um die vorwiegend aus Hysterese- und Wirbelstromverlusten bestehende Dämpfung im elektrischen Ersatzschaltbild des Filters nachzubilden, wird deshalb ein Ersatzwiderstand parallel zu der Filterdrossel eingeführt. Die Der Betrag der Übertragungsfunktion beträgt nun unter Berücksichtigung dieser Dämpfung: G d (ω ) = 1 ω LF RFe C F 1− RFe + jωLF (97) 2 Bei den verwendeten Bauteilen für den Demonstrator mit einer Induktivität von 0,7mH und einer Filterkapazität von 1µF wird für die Realisierung der gemessenen Begrenzung der Resonanzüberhöhung auf den Faktor 6 ein Ersatzwiderstand RFe von ca. 160Ω benötigt. Für die Übertragung auf reale Bauteile sei darauf hingewiesen, dass dieser Ersatzwiderstand eine frequenzabhängige Größe repräsentiert. In Abbildung 100 ist die Filterausgangsspannung ohne angeschlossenen Motor dargestellt. In Kap. 3.1 wurde eine Zerlegung des Umrichterausgangs in grundfrequente und hochfrequente Größen vorgenommen, wodurch der Einfluss des Motors auf die Filtereigenschaften vernachlässigt wurde. Um zu überprüfen, ob diese Vereinfachung zulässig ist, sollen an dieser Stelle die Ausgangsspannungen des Umrichters mit und ohne angeschlossenen Motor miteinander verglichen werden. Nimmt man eine Motorstreuinduktivität von 20% an, so entspricht dies im Fall des Demonstrators einer Induktivität LM von 11mH. Die Berücksichtigung des Motors ergibt folgendes Ersatzschaltbild LF LM RFe UWD CF UiM UCF Abbildung 101: Einphasiges Ersatzschaltbild des Sinusfilters unter Berücksichtigung von Motor und Dämpfung mit der zugehörigen Übertragungsfunktion: 1 G dM ( w ) = w 2 LF RFe LM + 1− (98) LF RFe CF LM (RFe + jwLF ) CF Die Übertragungsfunktionen von Gl. (97) und Gl. (98) sind in Abbildung 102 dargestellt: 122 20 100 Grundfrequenz Schaltfrequenz 10 Gd Frequenz GdM Frequenz 1 0.1 0.01 0.01 1 .10 100 100 3 4 5 1 .10 100000 1 .10 Frequenz Abbildung 102: Übertragungsfunktion des Sinusfilters unter Berücksichtigung von Dämpfung (blau) sowie unter Berücksichtigung von Dämpfung und Motor (rot) Die Änderung in der Übertragungsfunktion durch Berücksichtigung des Motors ist gering. Daraus wird die Schlussfolgerung gezogen, dass die Vernachlässigung des Motors für die Übertragungsfunktion des Sinusfilters zulässig ist. Durch die Berücksichtigung des Motors wird die Resonanzfrequenz leicht nach oben verschoben, die Resonanzüberhöhung ist etwas geringer. Bei der Schaltfrequenz ist die Abschwächung der Amplituden nahezu identisch, tendenziell etwas schwächer bei der Berücksichtigung des Motors. ohne_Motor.b mit_Motor.b V 1·103 1·102 1·101 1·100 1·10-1 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 kHz Abbildung 103: Spektrum der gemessenen Ausgangsspannung ohne (blau) und mit (magenta) leerlaufendem 15kW Motor 123 Die Messungen am Demonstrator bestätigen diese Berechnungen. Die Unterschiede in den Spektren der Umrichterausgangsspannung mit und ohne Motor sind gering. Die blaue Kurve in Abbildung 103 ist identisch zu Abbildung 100 und wird als Referenz verwendet. In der Messung mit angeschlossenem, leerlaufendem 15kW Motor ist die Resonanzfrequenz leicht erhöht und die Resonanzüberhöhung leicht reduziert. Die Seitenbänder der Schaltfrequenz zeigen einen leicht erhöhten Spektralanteil. 3.3.3 Selbsterregung Ein weiteres Phänomen, das bei der Dimensionierung des Filterkondensators zu berücksichtigen ist, ist die Grenze zur Selbsterregung des Motors [2]. Ein rotierender Asynchronmotor benötigt an seinen Klemmen einen Blindstrom für die Aufmagnetisierung. Beim Betrieb am Netz wird dieser Blindstrom dem Netz entnommen. Re US IS M Im Abbildung 104: Kreisdiagramm für den Ständerstrom einer Asynchronmaschine nach Heyland bzw. Osanna ohne Berücksichtigung des Ständerwiderstandes Abbildung 104 zeigt die Ortskurve für den Ständerstrom eines Asynchronmotors bei gegebener Ständerspannung und Ständerfrequenz [3]. Die Kreislinie bezeichnet die möglichen Arbeitspunkte für den Ständerstrom. Bei allen Punkten mit positiver Ordinate, d.h. positivem Realteil, wird dem angeschlossenen Netz Wirkleistung entnommen, bei negativem Realteil arbeitet die Asynchronmaschine als Generator. Da kein Betriebspunkt existiert, bei dem der Imaginärteil des Ständerstromes zu null wird, geht aus Abbildung 104 hervor, dass für alle Betriebpunkte ein Blindstrom aus dem Netz erforderlich ist. Bei Betrieb des Asynchronmotors an einem Frequenzumrichter muss dieser den erforderlichen Blindstrom bereitstellen. Stellt im Umkehrschluss der Frequenzumrichter den Blindstrom nicht zur Verfügung, ist eine Aufmagnetisierung des Motors nicht möglich. Besitzt der Frequenzumrichter motorseitig einen Kondensator, so kann dieser unter Umständen einen Blindstrom für den Motor liefern, ohne dass der Frequenzumrichter betrieben wird. Dieser Betriebszustand wird in der Literatur als Selbsterregung bezeichnet [33]. Er wird hauptsächlich in der Anwendung der Asynchronmaschine als Generator für Inselnetze genutzt, da ein Inselnetz den erforderlichen Blindstrom nicht zur Verfügung stellen kann. In diesem Fall wird der Asynchronmaschine ein parallel angeschlossener Kondensator vorgeschaltet, der dadurch auf sehr einfache Art die Funktion einer Erregereinrichtung übernimmt. 124 Bei dem Betrieb am Frequenzumrichter ist dieses Verhalten jedoch unerwünscht, weil bei abgeschaltetem Frequenzumrichter der Motor keine eigenständigen Betriebspunkte annehmen soll. Deshalb besteht am Frequenzumrichter die Forderung, die Selbsterregung durch dementsprechende Dimensionierung der Bauelemente zu vermeiden. LF iµ iC CF WR US LS1 L’S2 Lh R’2 s Abbildung 105: Einphasiges Ersatzschaltbild von Umrichterausgangsstufe und Asynchronmotor Abbildung 105 zeigt das einphasige Ersatzschaltbild des Umrichterausgangs mit Sinusfilter sowie das einphasige Ersatzschaltbild der Asynchronmaschine. Der Umrichter wird im Leerlauf betrachtet (s=0), so dass im Rotor des Motors kein Strom fließt. Der Wechselrichter des Umrichters ist gesperrt, so dass in der Filterdrossel auch kein Strom fließt, solange die Spannung US kleiner als die Zwischenkreisspannung ist. Ein Strom kann somit nur im Ständer der Asynchronmaschine und in dem Filterkondensator fließen. Damit sich ein stabiler Betriebspunkt einstellen kann, muss gelten: − i c = i µ = − jwC U S = US jw ( LS 1 + Lh ) (99) Der Magnetisierungsstrom der Asynchronmaschine kann als Funktion der Ständerspannung gemessen werden. In Abbildung 106 ist der typische Verlauf eines Magnetisierungsstromes bei einer gewählten Frequenz dargestellt: U C3 C2 C1 U1 Magnetisierungskennlinie U2 C1>C2>C3 I Abbildung 106: Magnetisierungskennline eines Asynchronmotors (rot) und Kondensatorkennlinien für verschiedene Kapazitätswerte Im unteren Spannungsbereich steigt der Magnetisierungsstrom iµ des Asynchronmotors etwa linear mit der Spannung an. Bei höherer Spannung tritt Sättigung in dem Motor auf, die 125 Induktivitätswerte für Streuung und Hauptinduktivität nehmen ab und der Magnetisierungsstrom steigt überproportional mit der Spannung an. Der Ständerwiderstand R1 kann für die Magnetisierung des Asynchronmotors in erster Näherung vernachlässigt werden. Der Kondensatorstrom ic ist linear von der Spannung abhängig. Die Steigung der Kondensatorgeraden hängt von dem Wert der Kapazität ab. Ergibt sich aus dem Kondensatorstrom und dem Magnetisierungsstrom ein gemeinsamer Arbeitspunkt ungleich dem Ursprung des Koordinatensystems, so kann sich dieser als Betriebszustand einstellen. Im Fall des Kondensatorwertes C1 würde sich die Spannung U1 an den Motorklemmen einstellen. Diese Spannung kann größer sein als die Motornennspannung. In diesem Fall würden die Dioden des Wechselrichters leitend werden und den Zwischenkreis des Umrichters auf den Scheitelwert der Motorspannung aufladen. Die Asynchronmaschine arbeitet in diesem Betriebspunkt als Generator. Die erforderliche Energie für den Aufladevorgang wird aus der Rotation des Läufers entnommen. In [7] wird gezeigt, dass die zurück gespeiste Leistung höher als die Nennleistung des Motors sein kann. Für den Filterkondensator und den Zwischenkreiskondensator besteht die Gefahr der Zerstörung durch Überspannung. Mit geringerer Kapazität wird die Kondensatorgerade steiler. In Abbildung 106 ist dies durch die Kennlinie des Kondensators C2 dargestellt. Im Fall von C2 stellt sich die Spannung auf den geringeren Wert U2 ein. Ist die Kondensatorgerade im Fall von C3 steiler als die maximale Steigung der Magnetisierungskennlinie, so kann kein Schnittpunkt der beiden Kennlinien gefunden werden. In diesem Fall tritt das Phänomen der Selbsterregung nicht auf. Neben den Werten für die Bauteile L und C hängt die Selbsterregung noch von der Frequenz des drehenden Motors ab. Abbildung 107: Magnetisierungskennlinien und Kondensatorgeraden bei unterschiedlichen Frequenzen Mit steigender Frequenz neigt sich die Kondensatorgerade für einen gegeben Kapazitätswert nach rechts, weil die Impedanz des Kondensators mit steigender Frequenz abnimmt. Die 126 Magnetisierungskennlinie des Motors neigt sich mit steigender Frequenz nach links, weil der Magnetisierungsstrombedarf des Motors abnimmt, da die induzierte Spannung ansteigt. Bei der höheren Frequenz ω2 stellt sich somit eine höhere Spannung an den Motorklemmen ein als bei der niedrigeren Frequenz ω1. Die kritische Frequenz, ab der die Selbsterregung einsetzt, kann aus Gl. (99) abgeleitet werden. Sie ist dann erreicht, wenn die Impedanz des Motors auch ohne Berücksichtigung von Sättigungseffekten bereits den Wert der Kondensatorimpedanz übersteigt. Es gilt: f krit = 1 2π (100) (Ls1 + Lh ) C Die kritische Frequenz wird demnach geringer, wenn der Kondensator oder die Motorinduktivität groß werden. Die Motorinduktivität ist eine Funktion der Motorleistung, bei kleinen Motoren ist die Induktivität und somit der Magnetisierungsstrom kleiner. Der Kondensator besteht aus dem Filterkondensator des Sinusfilters, so dass das Kriterium der Selbsterregung ein Auslegungskriterium für den Filterkondensator darstellt. Für die praktische Anwendung eines Frequenzumrichters mit Sinus-Ausgangsfilter bedeutet dies, dass bei festgelegtem Filterkondensator sowohl die maximale Ausgangsfrequenz des Umrichters als auch die minimal anschließbare Motorleistung zu begrenzen sind. Selbsterregung kann immer dann auftreten, wenn der Motor nicht unter der Kontrolle des Umrichters arbeitet. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Umrichter mit einer bestimmten Ausgangsfrequenz arbeitet und anschließend eine Pulssperre, ausgelöst beispielsweise durch eine Überstromabschaltung, auftritt. In diesem Fall können die beschriebenen Begrenzungen von Ausgangsfrequenz des Umrichters und minimaler Motorleistung eine Selbsterregung verhindern. Allerdings kann die Selbsterregung auch dann einsetzen, wenn der Umrichter vom Netz getrennt ist und die Motorwelle durch eine Arbeitsmaschine angetrieben wird. Aufgrund der Remanenz der Asynchronmaschine wird sich auch in diesem Fall eine Spannung an den Motorklemmen gemäß der Kennlinien in Abbildung 107 einstellen. In diesem Fall ist die auftretende Frequenz vom Umrichter nicht beeinflussbar, so dass externe Maßnahmen gegen diese Betriebszustand wie beispielsweise die Verwendung einer mechanischen Feststellbremse bei Deaktivierung des Umrichters zu treffen sind. Der 18,5kW Demonstratorumrichter besitzt eine Filterkapazität von 1µF in Sternschaltung. Als maximale Ausgangsfrequenz ist ein Wert von 200Hz spezifiziert. Bei der Verwendung standardmäßiger Maschinenparameter ist in dieser Konstellation die minimal erlaubte Motorleistung 4kW, bei kleineren Motoren ist eine Reduzierung der maximal zulässigen Ausgangsfrequenz erforderlich. Die theoretischen Überlegungen können an einem Versuchsaufbau messtechnisch nachgewiesen werden. Um eine Zerstörung des Umrichters zu vermeiden, wurde dieser Versuch mit einer reduzierten Netzspannung von 400V durchgeführt. Als Motor wurde ein leerlaufender Motor mit einer Nennleistung von 1,5kW verwendet. Um die kritische Frequenz versuchsweise abzusenken, wurde die Kapazität des Sinusfilters auf 3µF erhöht. Die kritische Frequenz beträgt in diesem Fall 87Hz. In dem Versuch wurde der Motor auf 140Hz beschleunigt und anschließend eine Impulssperre ausgelöst. 127 Abbildung 108: Überspannung am Umrichter durch Selbsterregung der Asynchronmaschine nach Impulssperre In Abbildung 108 ist die Filterkondensatorspannung (blau) und der Strom in der Filterinduktivität (grün) dargestellt. Nach der Impulssperre wird der Filterstrom zunächst null, die Filterspannung steigt an. Sobald die Filterspannung den Wert der Zwischenkreisspannung erreicht, beginnt der Motor, Energie in den Zwischenkreis zurückzuspeisen. Der Zwischenkreis wird so von ursprünglich 570V (durch das gleichgerichtete 400V-Netz) auf über 900V aufgeladen. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit nimmt die Filterspannung wieder ab, weil der Motor durch elektrische und mechanische Verluste abgebremst wird. In dem Versuch wurde keine Schwungmasse oder Arbeitsmaschine verwendet. Für die Dimensionierung des Filterkondensators des Sinusfilters stellt die Vermeidung der Selbsterregung somit ein wichtiges Auslegungskriterium dar. Es schränkt den Freiheitsgrad ein, bei gewünschter Resonanzfrequenz eine Reduzierung der Filterinduktivität durch eine Erhöhung der Filterkapazität zu erreichen. 3.4 Asymmetrischer Filter In Kap. 3.1 wurden die Ausgangsspannungen des Umrichters hergeleitet und in symmetrische bzw. asymmetrische Anteile zerlegt. Die bisher betrachtete Dimensionierung des Sinusfilters hat sich auf die symmetrischen Anteile bezogen, weil diese im Motor zu einem Stromfluss und deren Oberschwingungen zu Motorverlusten führen. Die asymmetrischen Anteile führen zu einer Veränderung des Potenzials des Motorsternpunktes bzw. des Potenzials der Ausgangsphasenleitungen gegenüber dem Erdpotenzial. Auch diese asymmetrischen Spannungsanteile können zu unerwünschten Effekten führen und sollen deshalb in diesem Kapitel betrachtet werden. 128 3.4.1 Spannungsbelastung des Motors In [29] wird ausführlich auf die Spannungsbelastung des Motors beim Betrieb an Pulswechselrichtern eingegangen. Im Wesentlichen sind zwei Phänomene bei der Spannungsbelastung dominant: a) erhöhte Spannungsbelastung an den Motorklemmen aufgrund von Reflexion Erzeugt der Umrichter an seinen Ausgangsklemmen eine sprungförmige Spannung, so breitet sich diese Spannung als Welle über der Motorleitung aus und trifft an den Motorklemmen an den angeschlossenen Motor. Dort findet eine Reflexion der Spannungswelle statt. Bezeichnet man die Amplitude der hinlaufende Welle als U0 und die der reflektierte Welle als U0’, so gilt für die an den Motorklemmen auftretende Spannungsamplitude U: U = U0 + U0 '= U0 + r U0 (101) Der Zusammenhang zwischen der ursprünglichen und der reflektierten Welle ist über den Reflexionsfaktor r gegeben. Dieser hängt von dem Wellenwiderstand ZW und dem Abschlusswiderstand Za der Motorleitung ab: r= Z a − ZW Z a + ZW (102) Die am Ende der Motorleitung als Abschlusswiderstand wirkende Impedanz des Motors ist wesentlich größer als der Wellenwiderstand der Motorleitung. Deshalb wird die Spannungswelle an den Motorklemmen nahezu total reflektiert, die reflektierte Spannungswelle breitet sich über die Motorleitung zurück zum Umrichter aus und überlagert sich der hinlaufenden Welle. An den Motorklemmen besitzen sowohl die hinlaufende als auch die rücklaufende Welle die Amplitude des ursprünglichen Spannungssprungs, so dass an den Motorklemmen bei einer Sprunganregung mit dem Wert der Zwischenkreisspannung die doppelte Zwischenkreisspannung als kurzzeitige Spannungsspitze messbar ist. Besteht der Spannungssprung nicht aus einem idealen Sprung, sondern aus einer Flanke mit der Anstiegszeit tA, so ist die Reflexion am Leitungsende von der Laufzeit der Spannungswelle tL und somit von der Länge der Leitung und deren Ausbreitungsgeschwindigkeit abhängig. Ist die Anstiegszeit der Spannungsflanke kürzer als die doppelte Laufzeit über die Motorleitung, so ist die Verdopplung der Spannung am Motor messbar. Ist die Anstiegszeit länger, so reduziert sich die Spannungsüberhöhung. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit entspricht im Vakuum der Lichtgeschwindigkeit. Für Motorkabel reduziert sie sich für hohe Frequenzanteile abhängig von der relativen Dielektrizitätskonstante der Kabelisolierung um den Faktor 1 εr . Bei handelsüblichen geschirmten Motorkabeln beträgt die Ausbreitungsgeschwindigkeit etwa 150m/µs, was der Hälfte der Lichtgeschwindigkeit entspricht, für ungeschirmte Motorleitungen ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit höher. Für die Reduzierung der Spannungsüberhöhung aufgrund von Reflexion kann hieraus ein Dimensionierungskriterium für die Anstiegszeit tA der Spannungsflanke am Ausgang des Filters abgeleitet werden. 129 b) ungleichmäßige Aufteilung der Strangspannung auf die einzelnen Windungen der Motorwicklung Eine zusätzliche Belastung der Motorwicklung ergibt sich dadurch, dass die an den Motorklemmen auftretende Spannung für hohe Frequenzen eine ungleichmäßige Aufteilung auf die einzelnen Windungen der Motorwicklung zeigt. Für diese Betrachtung wird die Motorwicklung als Kettenschaltung einzelner Windungselemente modelliert: C’W*xW L’*xW C’E*xW n-1 n n+1 Abbildung 109: Modell einer Motorwindung Abbildung 109 ist die n-te Windung einer Motorwicklung modelliert. Neben dieser Windung schließen sich gleichartige Modelle für die n-1 – te und n+1 – te Windung an. L’, C’E und C’W entsprechen dem Induktivitätsbelag, dem Kapazitätsbelag gegen Erdpotenzial und dem Kapazitätsbelag zwischen zwei Windungen. xW bezeichnet die Windungslänge einer Windung. Bei einer Beaufschlagung der Motorwicklung mit einer sprungförmigen Spannung U0 verteilt sich diese nicht gleichmäßig auf alle Windungen. Die Sprungwelle kann in einen in die Motorwicklung eindringenden und einen reflektierten Anteil zerlegt werden. Diese Zerlegung kann anhand der Grenzfrequenz ωg = xW 1 L' C 'W (103) erfolgen, wobei die eindringende Sprungwelle alle Frequenzanteile unterhalb ωg und die reflektierte Sprungwelle alle Frequenzanteile oberhalb ωg enthält. Die eindringende Sprungwelle kann nur um die Kopflänge H in die Motorwicklung eindringen. Diese Eindringtiefe entlang des Spulendrahtes berechnet sich bei sprungförmiger Spannungswelle zu: H = π ⋅ xW C 'W C'E (104) und hängt somit nur von dem Verhältnis der Kapazitäten zwischen den Windungen und Erdpotenzial ab. Dieses Verhältnis hängt stark von dem Aufbau des Motors und der realisierten Spulengeometrie ab. Innerhalb der Kopflänge muss die gesamte Spannungsamplitude der eindringenden Sprungwelle abgebaut werden, wodurch sich eine erhöhte Spannungsbelastung für die ersten Windungen der Motorwicklung ergibt. Besteht die eintreffende Spannungsflanke nicht aus einem idealen Sprung, sondern aus einer abgeflachten Flanke, so reduziert sich die Spannungsbelastung am Wicklungsanfang erheblich. Die nur aus hohen Frequenzanteilen bestehende reflektierte Spannungswelle entfällt. Für die Eindringtiefe der Spannungswelle ist in diesem Fall nicht mehr die durch die Spulengeometrie bestimmte Kopflänge, sondern die Anstiegszeit der Spannungsflanke maßgeblich. 130 Durch Einsatz des Sinusfilters sind alle symmetrischen Ausgangsspannungen des Umrichters sinusförmig, das zugehörige Frequenzspektrum ist in Abbildung 103 dargestellt worden. Es enthält keine nennenswerten Amplituden im hohen Frequenzbereich, so dass eine erhöhte Spannungsbelastung des Motors aufgrund der symmetrischen Spannungen ausgeschlossen ist. Ein Sinusfilter mit der Struktur nach Abbildung 76 filtert jedoch nur die symmetrischen Ausgangsspannungen des Umrichters. Die asymmetrische Spannung könnte mit dieser Filtertopologie immer noch sprungförmig mit hoher Spannungssteilheit sein. Durch die Ausführungsform der Sinusfilterdrosseln als einphasige, voneinander getrennte und magnetisch nicht gekoppelte Drosseln können diese jedoch in Verbindung mit vorhandenen Kapazitäten gegen Erde eine asymmetrische Filterwirkung besitzen. Ein entsprechendes Ersatzschaltbild mit den Größen im asymmetrischen System ist in Abbildung 110 dargestellt. Wechselrichter ICOM UCOM Motorkabel Filterdrossel Motorwicklung LF CLFE CKE CME Abbildung 110: Ersatzschaltbild des asymmetrischen Systems Treibende Spannung für asymmetrische Ströme sind die asymmetrischen Anteile in der Umrichterausgangsspannung. Aus einer Analyse der Gleichtaktspannung kann ermittelt werden, dass bei kleiner Drehzahl des Motors die Amplitude der asymmetrischen Spannung bei der Schaltfrequenz bis zu 45% der Zwischenkreisspannung betragen kann [26]. Bis zu den Motorklemmen durchläuft diese Spannung einen Filter, dessen Induktivität analog zum symmetrischen Filter aus der Induktivität der Sinusfilterdrossel besteht. Als Kapazität des asymmetrischen Filters wirkt die Summe aus: a) der Kapazität der Filterdosselwindungen gegen Erde. Das Ersatzschaltbild in Abbildung 110 ist an dieser Stelle nicht ganz korrekt, genauer müsste ein Kettenleitermodell analog zu Abbildung 109 verwendet werden. Für eine qualitative Abschätzung ist jedoch eine konzentrierte Kapazität am Drosselende ausreichend. b) der Kapazität der Motorleitung gegen Erde. Diese ist stark von der Ausführungsform des Kabels abhängig. Mit Vorhandensein eines Kabelschirms und steigender Leitungslänge steigt der Wert dieser Kapazität an. c) der Kapazität der Motorwicklung gegen Erde. Diese ist, wie bereits erwähnt, von der Bauart des Motors abhängig. Die geringste Kapazität und somit Filterwirkung ergibt sich bei der Verwendung einer ungeschirmten Motorleitung. Deshalb wurde die asymmetrische Motorspannung bei dieser Anordnung mit der Spannung ohne Sinusfilter verglichen. Die Messung wurde bei 70m ungeschirmter Leitung, leerlaufendem Motor und kleiner Ausgangsfrequenz durchgeführt, um maximale Schaltsteilheiten und eine maximale Amplitude der asymmetrischen Spannung zu erhalten: 131 ohne_Filter mit_Filter kV 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1.0 -1.2 0 10 20 µs Abbildung 111: Spannungssteilheit am Motor mit und ohne Sinusfilter Der Spannungsverlauf am Motor mit Sinusfilter ist in Abbildung 111 magenta, ohne Sinusfilter bau dargestellt. Die beiden Messkurven stammen aus unterschiedlichen Versuchen, ihre zeitliche Zuordnung zueinander ergibt sich über den Triggerpegel des Oszilloskops. Ohne Sinusfilter ist die Spannungsüberhöhung aufgrund der Reflexion deutlich zu erkennen. Bei der gemessenen Anstiegszeit der Spannungsflanke von 100ns und einer angenommenen Ausbreitungsgeschwindigkeit von mindestens 150m/µs ergibt sich als erforderliche Kabellänge für die Totalreflexion eine Leitungslänge von maximal 30m. In dem Versuch wurde eine ungeschirmte Motorleitung mit 70m Länge verwendet. Durch Verwendung des Sinusfilters wird die Spannungssteilheit der Leiter-Erde-Spannung am Motor von 10kV/µs auf unter 300V/µs reduziert. Mit dem Sinusfilter ist neben der Steilheit der Spannungsflanke auch die Amplitude der Überspannung reduziert. Sie beträgt weniger als 30% der Zwischenkreisspannung und ist in diesem Fall als unkritisch einzustufen. Der Sinusfilter wirkt somit im asymmetrischen System als Element, das die Spannungssteilheit reduziert. Ein Filter mit diesem Verhalten wird als dU/dt-Filter bezeichnet. In dem Ersatzschaltbild in Abbildung 110 sind mehrere Kapazitäten eingezeichnet, die für die Filterwirkung verantwortlich sein können. Um zu klären, welche Kapazität für die Filterwirkung dominant ist, wurden weitere Messungen durchgeführt. In einem ersten Versuch wurde die verwendete ungeschirmte Motorleitung mit einer Länge von 70m und einem Querschnitt von 6mm2 durch eine zweite ungeschirmte Leitung mit einer Länge von 5m und einem Querschnitt von 16mm2 ersetzt. 132 Leitung_5m kV 1.5 1.0 0.5 0.0 -0.5 -1.0 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 µs Abbildung 112: Leiter-Erde-Spannung am Motor mit 5m Leitung Die Steilheit der Spannungsflanke beträgt in diesem Fall etwa 400V/µs und ist damit etwa 30% größer als im Fall der 70m langen Leitung. Aufgrund der geringeren Kapazität der kurzen Leitung wäre zu erwarten gewesen, dass diese Anstiegszeit um den Faktor 3,5 geringer ist. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die Kapazität der Leitung nicht die dominante Größe für die Filterwirkung des asymmetrischen Filters darstellt. Auffällig ist in Abbildung 112 im Besonderen, dass die maximale Spannungsamplitude bei der kurzen Leitung mit größerem Querschnitt deutlich höher ist und mit ca. 1300V nahezu den Maximalwert von 1500V erreicht, der bei einem völlig ungedämpften System zu erwarten wäre. Dies bedeutet, dass die Leitungsverluste der Motorleitung einen großen Einfluss auf die Dämpfung der asymmetrischen Spannung besitzen. Um den Einfluss der Windungskapazität der Filterdrossel gegen Erde zu untersuchen, wurde in einem weiteren Versuch der Sinusfilter gegenüber Erde isoliert aufgebaut. Die Messung wurde wieder mit der ursprünglichen Motorleitung mit 70m Länge durchgeführt. 133 Motor_mit_isoliertem_Filter Motor_mit_Filter kV 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1.0 -1.2 -10 -5 0 5 10 15 20 25 µs Abbildung 113: Leiter-Erde Spannung am Motor bei isolierter (blau) und bei geerdeter (magenta) Sinusfilterdrossel Die Isolierung der Sinusfilterdrossel bewirkt kaum eine Veränderung der Anstiegsflanken der Spannung. Als Referenz wurde die Spannungskurvenform mit dem nicht isolierten Sinusfilter aus Abbildung 111 verwendet. Somit ist die Kapazität der Motorwicklung in Verbindung mit der Filterinduktivität für die asymmetrische Filterwirkung verantwortlich. Für die Gegenprobe wurde anschließend eine Messung mit Sinusfilterdrossel ohne angeschlossenen Motor durchgeführt: ohne_Filter ohne_Motor kV 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1.0 0 10 20 µs Abbildung 114: Ausgangsspannung am Sinusfilter ohne Motor (magenta) und am Motor ohne Filter (blau) 134 Ohne Motor, aber mit Sinusfilter ist die Spannungssteilheit der Leiter-Erde-Spannung nahezu ebenso hoch wie beim Betrieb mit Motor ohne Sinusfilter. Dies bestätigt die Vermutung, dass die Filterwirkung nicht durch die Windungskapazität der Filterdrossel, sondern die Wicklungskapazität des Motors erreicht wird. In dem Kurvenzug der Spannung ohne Motor in Abbildung 114 ist das Überschwingen des asymmetrischen Filters wieder deutlich zu erkennen, weil die dämpfende Wirkung der Motorleitung entfällt. 3.4.2 Resonanz des asymmetrischen Filters Wie bereits erwähnt, liegt die Resonanzfrequenz des asymmetrischen Filters oberhalb der Schaltfrequenz, wodurch dieser Filter als dU/dt-Filter und nicht als Sinusfilter wirkt. Werden am Ausgang des Umrichters weitere Komponenten angeschlossen, so kann die Resonanzfrequenz des asymmetrischen Filters absinken, weil die zusätzlichen Komponenten die Gesamtkapazität der Anordnung gegen Erde erhöhen können. Wird diese Gesamtkapazität so groß, dass die Resonanzfrequenz des asymmetrischen Filters in den Bereich der Schaltfrequenz des Umrichters oder einer ihrer Oberschwingungen kommt, so besteht die Gefahr, dass dieser asymmetrische Filter angeregt wird [35]. Im Ersatzschaltbild in Abbildung 110 ist die Kapazität des Motorkabels mit aufgeführt. Diese Kapazität steigt mit der Länge der Motorleitung an. Ein typischer Wert für den Kapazitätsbelag eines geschirmten Motorkabels liegt bei ca. 1nF/m. Aus der Anstiegszeit in Abbildung 113 lässt sich eine Ersatzkapazität des Motors gegen Erde von ca. 2,7nF ableiten. Dies bedeutet, dass beim Einsatz eines geschirmten Motorkabels dieses auch bei kurzen Längen bereits zu einer weiteren Reduzierung der Spannungssteilheit am Motor führt. Bei einer Leitungslänge von 140m beträgt die Resonanzfrequenz des asymmetrischen Filters ca. 16kHz und kann daher von der Pulsfrequenz des Umrichters angeregt werden. Die Spannung an einer Motorklemme gegen Erde wurde daraufhin mit Leitungslängen von 0m und 140m simuliert. Um eine möglichst große Anregung des asymmetrischen Filters zu erhalten, wurde die Simulation mit einer kleinen Motorfrequenz von 5Hz durchgeführt. 2000 1500 1000 ULE/[V] 500 0 -500 -1000 -1500 -2000 30 30.1 30.2 30.3 30.4 30.5 30.6 30.7 30.8 30.9 t/[ms] Abbildung 115: Spannung an den Motorklemmen gegen Erde bei 0m (blau) und 140m (magenta) geschirmter Motorleitung 135 31 Bei der Simulation mit 0m Motorleitung (blaue Kurve) ist die aus den Messungen in Abbildung 112 bekannte pulsförmige Spannung mit reduzierter Steilheit zu erkennen. Die Spannungsüberhöhung durch Reflexion ist in dem Simulationsmodell nicht berücksichtigt. Beim Einsatz der 140m langen Motorleitung (magenta Kurve) ist eine Überhöhung dieser Spannung um den Faktor 3 zu erkennen. Die Periodendauer der Schwingung in der Motorspannung entspricht recht genau der Pulsfrequenz, wodurch die Anregung hervorgerufen wird. Der aufgrund der Resonanz des asymmetrischen Filters fließende Strom beträgt im simulierten Fall 14Aeff und ist damit in der gleichen Größenordnung wie der Laststrom des Motors mit 19A. Neben unzulässig hoher Spannungsbelastung am Motor verursacht die Resonanz somit auch eine thermische Überlastung der Leistungshalbleiter und der Sinusfilterdrossel. Die Anregung des asymmetrischen Filters beim Einsatz langer, geschirmter Motorleitungen kann verhindert werden, indem eine zusätzliche stromkompensierte Ausgangsdrossel eingesetzt wird. Für das asymmetrische System ergibt sich damit folgendes Ersatzschaltbild: Wechselrichter Filterdrossel ICOM UCOM Motorkabel Stromkompensierte Drossel LF Motorwicklung LCOM CLFE CKE ULE CME Abbildung 116: Ersatzschaltbild des asymmetrischen Systems mit stromkompensierter Drossel Vernachlässigt man beim Einsatz langer, geschirmter Motorleitungen die Kapazitäten der Filterdrossel und des Motors, so errechnet sich die Resonanzfrequenz des asymmetrischen Systems aus der Summe der Induktivitäten von Sinusfilterdrossel und stromkompensierter Drossel sowie der Kapazität des geschirmten Kabels. Die stromkompensierte Drossel ist so zu dimensionieren, dass die Resonanzfrequenz des asymmetrischen Systems wieder unter die Schaltfrequenz gedrückt wird, so dass dieses nicht angeregt wird. Im Fall des Demonstratorumrichters kann durch den Einsatz einer Drossel mit einer Induktivität von 4,3mH die Resonanzfrequenz des asymmetrischen Systems auf 6kHz reduziert werden. 800 600 400 ULE/[V] 200 0 -200 -400 -600 -800 30 30.1 30.2 30.3 30.4 30.5 30.6 30.7 30.8 30.9 31 t/[ms] Abbildung 117: Leiter-Erde-Spannung am Motor mit 140m geschirmter Leitung und stromkompensierter Drossel (magenta) sowie ohne Leitung (blau) 136 Mit der stromkompensierten Drossel und damit verbunden der Resonanzfrequenz des asymmetrischen Filters von 6kHz wird auch die Leiter-Erde-Spannung einer Sinusfilterung unterzogen. Als Referenz ist in Abbildung 117 die Leiter-Erde-Spannung ohne Berücksichtigung einer Ausgangsleitung (blau) aus Abbildung 115 mit darstellt. Eine Resonanzüberhöhung ist mit der stromkompensierten Drossel und der langen Ausgangsleitung nicht feststellbar, bei der Pulsfrequenz von 16kHz ist eine Reduzierung der Amplitude um den Faktor 5 messbar, was aufgrund der Übertragungscharakteristik des asymmetrischen Filters zu erwarten ist. Der Einsatz einer stromkompensierten Drossel stellt somit eine wirksame Methode dar, bei langer Ausgangsleitung eine Resonanz mit der Sinusfilterdrossel zu verhindern. Die Induktivität der stromkompensierten Drossel ist auf die Kapazität des angeschlossenen Motorkabels abzustimmen. Deshalb ist es sinnvoll, die stromkompensierte Drossel nicht fest in den Umrichter mit zu integrieren, sondern nur im Bedarfsfall einzusetzen. 3.4.3 Lagerströme Eine weitere kritische Auswirkung gepulster Spannungen am Motor sind Lagerströme, die die Lager des Motors beschädigen [11]. Die gepulste Spannung ist für die Lagerströme die treibende Kraft, Kapazitäten im Motor stellen die erforderlichen Strompfade zur Verfügung. Neben den Kapazitäten spielt die Leitfähigkeit des Lagers, die eine drehzahlabhängige Größe darstellt, eine wichtige Rolle. F F Niedrige Drehzahl Hohe Drehzahl Abbildung 118: Wälzlager bei niedriger und bei hoher Drehzahl Bei geringer Drehzahl (<100rpm) wird durch die Belastung des Lagers mit der Kraft F das Lagerfett in dem Zwischenraum zwischen den Lagerringen und den unteren Wälzkörpern verdrängt. Somit entsteht eine leitfähige Verbindung zwischen dem Innenring und dem Außenring des Lagers. Die elektrische Kontaktfläche zwischen dem Innen- und dem Außenring des Lagers hängt von der elastischen Verformung der Walzen ab. Die Kontaktfläche ist i.a. sehr klein, so dass auch bei mäßigem Lagerstrom hohe Stromdichten erreicht werden können, die zu lokalen Schädigungen des Lagers führen. Bei hoher Drehzahl bildet dich ein durchgängiger Schmierfilm des Lagerfetts aus, der bis zu seiner Durchschlagsspannung das Verhalten einer Kapazität zeigt. Die Lagerströme bestehen aus unterschiedlichen Anteilen, die in Folgenden kurz erläutert werden sollen. 137 CWS B CRS CWR RSF CSF VCOM izirkular Rotor ZRE Lager Statorwicklung Stator ZSE Abbildung 119. Schnittbild durch eine Asynchronmaschine CWS: Kapazität der Statorwicklung zum Statorblechpaket CWR: Kapazität der Statorwicklung zum Rotor CRS: Kapazität des Rotors zum Statorblechpaket CSF: Kapazität des Lagerschmierfilms RSF: Widerstand des Lagerschmierfilms ZSE: Erdungsimpedanz des Stators ZRE: Erdungsimpedanz des Rotors In Abbildung 119 ist das Schnittbild einer Asynchronmaschine schematisch dargestellt. Die Statorwicklung liegt im Statorblechpaket, auf die Darstellung der Wickelköpfe wurde verzichtet. Die elektrisch wirksamen Kapazitäten sind in rot eingezeichnet. Man unterscheidet folgende unterschiedliche Arten von Lagerströmen: a. Zirkularströme Zirkularströme fließen in der „Leiterschleife“ Stator – Lager 1 - Rotor – Lager 2 –Stator und sind in Abbildung 119 schematisch durch den blauen Strompfad dargestellt. Sie werden durch magnetische Flussanteile hervorgerufen, die in Umdrehungsrichtung des Rotors verlaufen, in Abbildung 119 ist dieser Magnetfluss im oberen Teil aus der Zeichenebene heraus und im unteren Teil in die Zeichenebene hinein dargestellt. Eine Ursache für diese Flussanteile besteht in magnetischen Unsymmetrien beim Aufbau des Motors. Diese Ursache ist im Elektromaschinenbau seit vielen Jahrzehnten bekannt [28]. Sie tritt auch bei Motoren auf, die direkt am Netz betrieben werden. Beim Betrieb eines Motors an einem Pulswechselrichter kommen weitere Flussanteile in dieser Richtung durch Erdströme hinzu, die in der Kapazität zwischen Statorwicklung und Statorblechpaket fließen. Im Gegensatz zu den klassischen Zirkularströmen aufgrund magnetischer Unsymmetrie enthalten die von der gepulsten Leiter-Erde-Spannung verursachten Zirkularströme hohe Frequenzanteile. b. Kapazitive Ströme Zur Erläuterung der kapazitiven Lagerströme wird für das in Abbildung 119 dargestellte Schnittbild der Asynchronmaschine ein elektrisches Ersatzschaltbild abgeleitet: 138 LF Umrichterausgang LK Statorwicklung CWR Rotor RSF/2 iCOM CKE CWS CRS 2CSF VCOM iEDM RSF Erde Statorblech ZSE ZRE Abbildung 120: Ersatzschaltbild für kapazitive Lagerströme Für eine bessere Übersichtlichkeit sind in magenta sind die einzelnen Knoten des Ersatzschaltbildes mit Komponenten der realen Anordnung bezeichnet. Für erste Überlegungen wird die Erdungsimpedanz des Rotors als hochohmig und die Erdungsimpedanz ZSE des Stators als niederohmig angenommen. Die gepulsten asymmetrischen Spannungsanteile des Umrichters werden über die Filterinduktivität LF und die Ersatzkomponenten des Motorkabels LK und CKE an die Statorwicklung übertragen. Über die Kapazität der Statorwicklung fließt ein dementsprechender kapazitiver Strom, der, wie bereits erläutert, zu Zirkularströmen über die Lager führen kann. Zusätzlich fließt ein weiterer kapazitiver Strom über die Kapazität CWR. Diese Kapazität beträgt typischerweise etwa 1% von CWS, der Strom ist dementsprechend geringer. Dieser Strom teilt sich nun auf und fließt über die Parallelschaltung aus der Kapazität CRS zwischen Rotor und Stator und der Lagerimpedanz. Die Höhe dieses kapazitiven Lagerstromes hängt damit von dem Verhältnis der beteiligten Kapazitäten ab. In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese kapazitiven Lagerströme gering sind, insbesondere wegen der geringen Kapazität der Wicklung zum Rotor, und keine kritische Größe für den Lagerverschleiß darstellen. c. Kapazitive Rotorerdströme Für den Fall, dass der Rotor des Motors eine geringere Erdungsimpedanz aufweist als der Stator (ZRE << ZSE), sind weitere kapazitive Rotorerdströme zu beobachten, die das Lager belasten. In diesem Fall fließen die verhältnismäßig großen Ströme in CWS über die Lagerimpedanz und ZRE zum Umrichter zurück. Zwar bietet CWR einen Alternativpfad zum Lager für diese Ströme, diese Kapazität ist jedoch etwa um den Faktor 10 kleiner als CWS, so dass über das Lager in diesem Fall ein deutlich höherer Strom fließen kann als bei niederohmig geerdetem Statorblechpaket. Da der Rotor beispielsweise über eine Arbeitsmaschine eine niederohmige Erdung aufweisen kann, ist für die Vermeidung dieser kapazitiven Rotorerdströme über das Lager eine möglichst niederohmige Erdung des Stators anzustreben. d. EDM-Ströme Für den Fall hoher Drehzahlen kann sich über dem dann durchgehenden Schmierfilm eine Spannung aufbauen. Übersteigt diese den Wert der Durchbruchspannung des Schmierfilms, so wird dieser niederohmig, und es kann kurzzeitig ein hoher Strom fließen. In Abbildung 120 wechselt die nichtlineare Impedanz von einem hochohmigen auf einen niederohmigen Wert vergleichbar einer Zündfunkenstrecke. Nach einem Verlöschen dieses EDM-Stroms (Electric Discharge Machining) wird die nichtlineare Impedanz wieder hochohmig, und die Aufladung kann erneut beginnen. 139 Da der Entladekanal in diesem Fall sehr niederohmig ist, kann der kurzzeitige EDM-Strom erhebliche Werte annehmen. Als treibender Energiespeicher für die EDM-Ströme stehen die Kapazität des Schmierfilms CSF und die Kapazität zwischen Rotor und Statorblechpaket CRS zur Verfügung. Messbar sind nur die EDM-Ströme, die von CRS getrieben werden, da eine Strommessung direkt im Lagerschmierfilm nicht möglich ist. Da die Kapazität des Schmierfilms jedoch klein gegen die Kapazität CRS ist [11], werden damit die wesentlichen EDM-Ströme erfasst. Aus der Literatur ([11], [48], [78]) ist eine Vielzahl von Maßnahmen bekannt, um die Lagerstromproblematik zu verbessern: ¾ Isolierung eines Lagers oder beider Lager: Diese Lösung ist mit zusätzlichen Kosten verbunden, weil Lager mit einer isolierenden Schicht am Außenring teuerer sind als Standardlager. Zudem werden die Lagerströme nur reduziert, da die Lagerisolation für hohe Frequenzen wie eine Kapazität wirkt und somit hochfrequente Ströme nicht unterbindet. Lager mit keramischen Kugeln können die Lagerströme unterbinden, sind jedoch noch teurer. ¾ Niederohmige Erdung des Stators: Diese Maßnahme verhindert in erster Linie kapazitive Rotorerdströme. Hierbei ist auf eine gute Anbindung des Kabelschirms der Motorleitung und eine Erdung des Stators über niederinduktive Litzen zu achten. Diese Maßnahmen sind analog zu den Maßnahmen für einen EMV-gerechten Aufbau des Antriebsstrangs. Insbesondere bei bestehenden Anlagen kann diese Maßnahme einen erheblichen finanziellen Aufwand mit sich führen. ¾ Erdung des Rotors zum Stator: Mit einer Wellenerdungsbürste kann der Rotor mit dem Stator verbunden werden. Diese Verbindung liegt parallel zu den Lagern und reduziert somit deren Strombelastung. Nachteilig wirkt sich aus, dass Bürsten einen erhöhten Wartungsaufwand bedingen und Einbauraum benötigen. ¾ Betrieb des Antriebsstranges an einem IT-Netz: Netze mit isoliertem Sternpunkt bringen in den Strompfad des asymmetrischen Ersatzschaltbildes eine zusätzliche Kapazität ein, weil die asymmetrische Spannungsquelle aus Abbildung 120 nicht mehr direkt mit dem Bezugspotenzial verbunden ist. Lagerströme werden dadurch reduziert. Allerdings sind in der realen Anwendung nicht immer isolierte Netze vorhanden, so dass mit einem zusätzlichen Transformator der Antriebsstrang vom Netz getrennt werden müsste. Alle diese genannten Maßnahmen resultieren in einem zusätzlichen Aufwand und reduzieren lediglich die Symptome der Lagerströme, aber nicht deren Ursache. Der Ursache kann reduziert werden, indem die Spannungsflanken der asymmetrischen Spannung abgeflacht werden. Deshalb ist zu erwarten, dass die in Kap. 3.4.1 erläuterte Reduzierung der Steilheit der asymmetrischen Spannungsflanken auch bzgl. Lagerströmen eine Entlastung bewirkt. Deshalb wurden die Lagerströme eines Asynchronmotors bei Betrieb an dem Demonstratorumrichter mit und ohne Sinusfilter gemessen. Für die Messung wurden an einer präparierten Maschine beide Lageraußenringe gegen das Statorblechpaket durch Einlegen einer Kunststofffolie isoliert und anschließend die Isolationsschichten jeweils mit einer elektrischen Leitung überbrückt. In einer Überbrückungsleitung kann so der Lagerstrom gemessen werden. Weil die höchste Spannungssteilheit und –amplitude der Leiter-ErdeSpannung mit kurzer Motorleitung mit großem Querschnitt gemessen wurde, wurde die Lagerstrommessung unter Verwendung dieser Motorleitung durchgeführt. Die Motordrehzahl betrug bei der Messung 1200rpm, so dass der Lagerschmierfilm als isolierende Schicht sicher ausgebildet ist. 140 Lagerstrom_ohne_Sinusfilter Lagerstrom_mit_Sinusfilter A A 10 1.0 8 0.8 6 0.6 4 0.4 2 0.2 0 0.0 -2 -0.2 -4 -0.4 -6 -0.6 -8 -0.8 -10 -1.0 4.3 4.4 4.5 4.6 ms Abbildung 121: Messung des Lagerstroms ohne Sinusfilter (blau, linke Skala) und mit Sinusfilter (magenta, rechte Skala) Durch den Einsatz des Sinusfilters wird die Amplitude der Lagerströme etwa um den Faktor 10 reduziert. Die grundsätzliche Form beider Lagerstromkurven ist sehr ähnlich. In Abbildung 121 ist die Summe aller Lagerstromanteile gemessen worden. Rotorerdströme sind ausgeschlossen, da der Motor ohne Arbeitsmaschine betrieben wurde und der Rotor deshalb isoliert ist. Zudem wurde der Stator niederohmig auf einem Maschinenbett angebracht. Um zu klären, welcher Typ von Lagerströmen dominant ist, wurde der Versuchsaufbau modifiziert. In einem ersten Test wurde an einem Lager die Überbrückung der Lagerisolation entfernt. Damit können Zirkularströme nur noch bedingt fließen, weil nun ihr Strompfad theoretisch unterbrochen ist. Tatsächlich wirkt die Isolation als Kapazität, die hochfrequente Lagerströme noch immer fließen lässt, allerdings ist zu erwarten, dass der Zirkularstromanteil reduziert ist. 141 Lagerstrom_ohne_Sinusfilter ein_Lager_isoliert A 7.5 5.0 2.5 0.0 -2.5 -5.0 -7.5 5.40 5.45 5.50 5.55 5.60 5.65 5.70 ms Abbildung 122: Lagerströme mit und ohne einseitige Lagerisolation ohne Einsatz des Sinusfilters Bei gepulsten Umrichterausgangsspannungen kann durch die Lagerisolation der Lagerstrom etwa halbiert werden. Die Reduzierung ist auf die Reduzierung der Zirkularströme, bedingt durch die erhöhte Impedanz im Zirkularstromkreis, zurückzuführen. Lagerstrom_mit_Sinusfilter ein_Lager_isoliert A 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1.0 -1.2 5.5 6.0 6.5 7.0 7.5 ms Abbildung 123: Lagerströme mit und ohne einseitige Lagerisolation bei Einsatz des Sinusfilters 142 Bei Einsatz des Sinusfilters ist eine Reduzierung der verbleibenden Lagerströme nicht oder allenfalls geringfügig zu erkennen. Daraus ist zu schließen, dass Zirkularströme beim Einsatz des Sinusfilters entweder keine bedeutende Rolle spielen oder lediglich ein Grundrauschen auf niedrigem Niveau messbar ist. EDM-Ströme können vermieden werden, indem die Motorwelle an dem Lager, an dem der Lagerstrom gemessen wird, mit dem Lageraußenring niederohmig verbunden wird. Dadurch wird die Kapazität des Lagerschmierfilms überbrückt, so dass sich über diesem keine Spannung aufbauen kann, die sich in EDM-Strömen entlädt. Die Messungen der Lagerströme bei geerdeter Motorwelle zeigen sowohl mit als auch ohne Sinusfilter keine Veränderung zu Abbildung 122 bzw. Abbildung 123. EDM-Ströme spielen somit eine untergeordnete Rolle. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die verbleibenden Lagerströme bei einseitig isoliertem Lager aus Abbildung 122 (magenta Kurve) ebenfalls zum überwiegenden Teil aus Zirkularströmen bestehen, die durch die Kapazität der Lagerisolation fließen. Aus den Messungen der Lagerströme am Demonstratorumrichter kann somit festgehalten werden, dass den wesentlichen Anteil der Lagerströme beim Betrieb ohne Sinusfilter Zirkularströme bilden. Durch Lagerisolation können diese reduziert werden, allerdings nur um etwa 40%. Mit Sinusfilter und dessen asymmetrischer Wirkung können die Lagerströme auf 10% des ursprünglichen Wertes reduziert werden. Das messbare Lagerstromniveau ist in diesem Fall so gering, dass als Ursache des verbleibenden Lagerstromes kein Lagerstromtyp eindeutig zugewiesen werden kann. 3.5 EMV-Verhalten 3.5.1 Grundlagen und Messaufbau EMV (Elektro-Magnetische Verträglichkeit) ist definiert als der Zustand eines Gerätes oder einer Anlage, in einer definierten Umgebung zufriedenstellend zu funktionieren und seinerseits diese Umgebung nicht unzulässig zu stören. Um dies zu erreichen, sind in Normen (z.B. IEC61800-3, DIN EN 55011) Grenzwerte für maximal zulässige Störaussendungen und minimal erforderliche Störfestigkeit definiert. In diesem Kapitel sollen die Störaussendungen des Umrichterleistungsteils betrachtet werden. In IEC61800-3 sind für die Klassifizierung von Umrichtern mehrere Klassen und Umgebungsbedingungen definiert. Für jede Klasse sind zulässige Grenzwerte der Störaussendung definiert, die ein Gerät für die Erfüllung dieser Klasse einhalten muss. Frequenzumrichter in der Leistungsklasse des Demonstrators für den Einsatz in Industrieanlagen werden üblicherweise für die Grenzwertklasse C2 ausgelegt. Die normativen Grenzwerte sollen an dieser Stelle jedoch nur informativ mit aufgeführt sein, der Fokus dieses Kapitels richtet sich auf die Auswirkungen, die der Einsatz eines Sinusfilters auf die Störaussendungen besitzt. Störaussendungen können in Form von Störspannungen und Störströmen auf Leitungen sowie als elektromagnetische Abstrahlung auftreten. Deshalb wird grundlegend zwischen leitungsgebundener Funkstörspannung und Störabstrahlung unterschieden. Für beide Arten der Störaussendung sind unterschiedliche Frequenzbereiche definiert, in denen Störpegel zu messen und Grenzwerte einzuhalten sind. 143 Die Funkstörspannung ist im Bereich von 150kHz bis 30MHz mit Grenzwerten belegt. Anhand eines Ersatzschaltbildes soll die Entstehung und Messung der Funkstörspannung im Folgenden erläutert werden: Umrichtergehäuse L1 Netz L2 L3 PE Netznachbildung Kabelschirm LCOM GR CLE M WR CZKE CWRE CKS + CMG CKE + CME Abbildung 124: Ersatzschaltbild der Messanordnung für leitungsgebundene EMVStöraussendung Die Funkstörspannung wird durch einen Messempfänger erfasst, der an der Netznachbildung angeschlossen wird. Die Netznachbildung wird zwischen das Versorgungsnetz und den Prüfling geschaltet. Sie besitzt die Aufgabe, für den Prüfling ein Versorgungsnetz mit definierter Impedanz zur Verfügung zu stellen ([119], [121]). Zusätzlich besitzt die Netznachbildung genormte Messimpedanzen, an denen ein Spannungsabfall, die Funkstörspannung, messbar ist. Die in der Netznachbildung gemessene Funkstörspannung ist ein Maß für die Störspannung, der andere Verbraucher in einem realen Netz ausgesetzt wären. Als Störquelle für leitungsgebundene Störungen tritt primär der Wechselrichter in Erscheinung. Andere mögliche Störquellen wie Schaltnetzteile für umrichterinterne Stromversorgungen oder hochfrequent taktende Digitalelektronik sollen an dieser Stelle nicht betrachtet werden, weil der Sinusfilter auf diese Störquellen keinen Einfluss besitzt. Kritisch für die EMV-Messung sind alle die vom Wechselrichter hervorgerufenen Störströme, die ihren Stromkreis nur über die Netznachbildung und damit über die Messimpedanzen schließen können. Dies sind in erster Linie die Störströme, die über die rot gezeichneten Kapazitäten CWRE, CKE, CME, CKS und CMG abfließen. Die blau eingezeichneten Komponenten CZKE, CLE und LCOM sind Komponenten, die zur Verbesserung des EMV-Verhaltens eingefügt werden können. In Verbindung mit dem Kabelschirm und den Gehäusen von Umrichter und Motor dienen sie dem Versuch, den Strompfad der vom Takten des Wechselrichters hervorgerufenen Störströme zu schließen, ohne dass die Netznachbildung im Stromkreis liegt. Die Kapazitäten CWRE bestehen aus den Kapazitäten der Strombahnen der hochfrequent getakteten Wechselrichterausgangsleitungen und den ersten Windungen der Sinusfilterdrossel gegenüber dem Umrichtergehäuse. Mit den Kapazitäten CZKE und CLE wird versucht, deren Ströme zum Wechselrichter zurück zu führen. Ohne die EMVKondensatoren CZKE und CLE würden die in CWRE fließenden Störströme ihren Rückweg über den PE-Anschluss des Umrichters und die Netznachbildung zum Wechselrichter nehmen und somit zum in der Netznachbildung gemessenen Störstrom beitragen. Wichtig ist hierbei wie bei allen EMV-Kondensatoren, dass diese ebenso wie ihre Anbindung geringe Induktivitäten besitzen, weil sich der Störstrom gemäß der Impedanzen auf die EMVKondensatoren und den Weg über die Netznachbildung aufteilt und im betrachteten hohen Frequenzbereich auch geringe Induktivitäten zu nennenswerten Impedanzen führen. Deshalb wird in den Weg über die Netznachbildung noch mit LCOM eine stromkompensierte Drossel eingefügt [93], die für alle asymmetrischen Ströme eine zusätzliche hohe Impedanz darstellt und den Weg der Störströme über die Netznachbildung erschwert. Die Kapazitäten CWRE bestehen z. B. aus der Kapazität der Kupferbahnen in Halbleitermodul gegen die Modulbodenplatte. Da diese beiden Potenziale nur durch eine aus 144 thermischen Gründen möglichst dünne Keramik voneinander getrennt sind und sich flächig gegenüberstehen, bildet sich aus den geometrischen Abmessungen und dielektrischen Eigenschaften der Keramik eine Kapazität. Für zusätzliche Kapazitätsanteile durch die Ausgangsleitungen des Wechselrichters gegenüber Erde ist zu erwarten, dass sie aufgrund des integrierten Sinusfilters und damit verbunden der kurzen Leitungslänge gering sind. Allerdings besitzt auch die Sinusfilterdrossel eine Kapazität ihrer Windung gegen den Kern, der an dieser Stelle für die ersten Windungen der Drossel als zusätzliche Kapazität wirkt, weil der Kern der Sinusfilterdrossel niederohmig geerdet ist. In Summe ergeben sich somit gegenläufige Tendenzen bzgl. Erhöhung oder Reduzierung der Kapazitäten in Vergleich zu einem Umrichter ohne integrierten Sinusfilter, die sich gegenseitig in erster Näherung kompensieren. Die Kapazitäten CKS bzw. CMG bestehen aus den Kapazitäten der Motorleitungen und den Motorwicklungen gegen Kabelschirm bzw. Motorgehäuse. Insbesondere bei langen Motorleitungen können diese Kapazitäten hohe Werte annehmen. Für die dort fließenden beträchtlichen Ströme ist eine möglichst niederinduktive Anbindung des Kabelschirms an das Umrichtergehäuse und das Motorgehäuse sehr wichtig, damit auch diese Störströme über den Kabelschirm, das Gehäuse sowie CZKE und CLE zum Wechselrichter zurück geführt werden können. Bei Einsatz eines Sinusfilters ist aufgrund der dann geringen Spannungssteilheiten der Potenziale der Motorleitungen gegenüber der Bezugserde zu erwarten, dass die Amplitude dieser Störströme durch den Sinusfilter reduziert wird. Die Kapazitäten CKE und CME bestehen aus verbleibenden Kapazitäten der Motorleitungen und der Motorwicklungen gegenüber der Bezugserde. Diese sind i.a. deutlich geringer als die Kapazitäten CKS und CME, sind jedoch in ihrer Wirkung wesentlich kritischer, weil deren Ströme nicht über den Kabelschirm an den Wechselrichter zurückgeführt werden können und somit der einzige Pfad für diese Ströme in dem Weg über die Netznachbildung liegt. Bei der Verwendung von Motorleitungen ohne Kabelschirm sind diese Kapazitäten größer als bei der Verwendung eines Kabelschirms, weil die schirmende Wirkung entfällt. Durch die reduzierten Spannungssteilheiten ist auch bei den Strömen in CKE und CME zu erwarten, dass sie durch den Sinusfilter reduziert werden. 3.5.2 Leitungsgebundene Störaussendung Um den Einfluss des Sinusfilters auf die Funkstörspannung zu bewerten, wurden vergleichende Messungen an einem Antrieb mit langen, ungeschirmten Motorleitungen durchgeführt. In diesem Versuchsaufbau kann die Wirkung des Sinusfilters am besten festgestellt werden, da verhältnismäßig hohe Störpegel zu erwarten sind und nicht die Gefahr besteht, dass die Wirkung des Sinusfilters durch andere Effekte, z.B. von Schaltnetzteilen, überlagert wird. Um den erforderlichen großen Wertebereich der Störspannungen darstellen zu können, wird die Funkstörspannung in der logarithmischen Einheit von dBµV dargestellt [72]. Dabei gilt der Zusammenhang: ⎛ U ( f )⎞ ⎟⎟ U stör ( f )[dBµV ] = 20 lg⎜⎜ stör ⎝ 1µV ⎠ (105) 145 dBuV 100 90 80 QPClassA Quasipeak C2 70 AVClassA Average C2 60 Ustör 50 40 30 20 10 0 0.15 1 10 PAGE 1 Frequenz 30 MHz Abbildung 125: Messung der Funkstörspannung des Demonstratorumrichters mit 300m ungeschirmter Motorleitung ohne Sinusfilter In Abbildung 125 sind zwei Messkurven zu sehen. Die grüne Kurve wird als Average-Wert bezeichnet und stellt den zeitlichen Mittelwert der gemessenen Funkstörspannung dar. Die rote Kurve ist die Quasipeak-Messung. Diese Messmethode beinhaltet eine Scheitelwertmessung der Funkstörspannung, wobei im Gegensatz zu einer reinen Scheitelwertmessung der Speicherkondensator eine definierte Entladezeitkonstante besitzt, wodurch neben dem absoluten Scheitelwert auch die Wiederholfrequenz der Funkstörpannungsamplituden in den Messwert mit eingeht. Diese beiden Messmethoden haben sich in der EMV-Technik als Standard durchgesetzt. Beide sind mit Grenzwerten versehen, die für ein Gerät in einer definierten Umgebung einzuhalten sind. In Abbildung 125 sind in magenta Farbe die beiden Grenzwertkurven für Average und Quasipeak informationshalber mit eingezeichnet, wobei die untere Kurve die Grenzwerte für den Average und die obere Kurve die Grenzwerte für den Quasipeak darstellen. Beide Grenzwerte werden deutlich überschritten. Neben den beiden Messkurven sind in Abbildung 125 wie auch in allen folgenden Messkurven noch blaue Kreuze zu sehen. Diese stellen Messwerte mit erhöhter Genauigkeit im Vergleich zu den durchgehenden Kurven dar und werden bei allen Frequenzen durchgeführt, bei denen lokale Maxima der in den durchgehenden Kurven auftreten. Im Gegensatz zu den durchgehenden Kurven stellen diese Kreuze die mit hoher Genauigkeit ermittelten Störpegel und somit das relevante Kriterium z.B. zu Bestehen einer EMV-Prüfung dar. 146 dBuV 100 90 80 QPClassA Quasipeak C2 70 AVClassA Average C2 60 Ustör 50 40 30 20 10 0 0.15 1 10 PAGE 1 Frequenz 30 MHz Abbildung 126: Messung der Funkstörspannung des Demonstratorumrichters mit 300m ungeschirmter Motorleitung mit Sinusfilter Aus dem Vergleich von Abbildung 126 mit Abbildung 125 ist zu erkennen, dass durch den Sinusfilter die EMV-Grenzwerte abgesenkt werden können. Insbesondere im Bereich bis 1MHz wird eine Verbesserung von über 20dBµV erreicht. Der maximale Störpegel im gesamten Frequenzbereich wird um ca. 10dBµV reduziert. Verantwortlich hierfür ist allein die Induktivität des Sinusfilters, weil ein zusätzlicher Versuch mit entfernten symmetrischen Filterkondensatoren keine Veränderung der EMV-Messwerte im Vergleich zu Abbildung 126 ergibt. Dieses Ergebnis ist analog zu dem Ergebnis aus Kapitel 3.4.3, in dem die Lagerströme betrachtet wurden, und ist auf die reduzierte Spannungssteilheit der Motorleitungen gegenüber Erde und damit verbunden der geringeren asymmetrischen Störströme zu erklären. Der Sinusfilter leistet somit einen Beitrag zur Verbesserung des EMV-Verhaltens, ist jedoch allein nicht in der Lage, die Einhaltung der Grenzwerte für die Klasse C2 beim Betrieb mit ungeschirmten Motorleitungen zu bewerkstelligen. Hierfür ist noch ein zusätzlicher common mode Filter am Umrichterausgang erforderlich. Mit einem common mode Ausgangsfilter, das eine stromkompensierte Drossel mit einer Induktivität von 30µH und Kondensatoren von 10nF gegen Erde enthält, können auch mit ungeschirmter Motorleitung die Grenzwerte der Klasse C2 in der Funkstörspannung eingehalten werden: 147 Quasipeak C2 Ustör Average C2 Frequenz Abbildung 127: Funkstörspannung bei ungeschirmter Motorleitung mit Sinusfilter und zusätzlichem common mode Filter In einem Wärmelauf des Umrichters mit dem zusätzlichen common mode Ausgangsfilter war keine messbare Temperaturerhöhung der Leistungshalbleiter im Umrichter feststellbar, was den Schluss zulässt, dass die zusätzliche Strombelastung für die Halbleiter durch den Ausgangsfilter gering ist. An den Sinusfilterdrosseln war eine Temperaturerhöhung von 4,2K feststellbar, was einer zusätzlichen Erhöhung um ca. 8% (vgl. Kap. 3.3.2.2) entspricht. Diese Temperaturerhöhung ist auf hochfrequente Ströme zurückzuführen, die durch die Kondensatoren des common mode Ausgangsfilters und somit auch durch die Sinusfilterdrosseln fließen. Diese hochfrequenten Ströme führen in den Sinusfilterdrosseln zu zusätzlichen Kernverlusten. Beim Einsatz geschirmter Motorleitungen ist der zusätzliche common mode Filter für die Einhaltung der Grenzwerte nicht erforderlich. Deshalb ist es für eine Anwendung vorteilhaft, diesen nicht in den Umrichter zu integrieren, sondern nur bei Bedarf einzusetzen. Sollte der zusätzliche common mode Filter mit geschirmten Motorleitungen eingesetzt werden, ist auf die Resonanzfrequenz des asymmetrischen Filters zu achten (vgl. Kap. 3.4.2), weil die Induktivität der zusätzlichen common mode Drossel für die Resonanzfrequenz des asymmetrischen Filters mit zu berücksichtigen ist. 148 3.5.3 Strahlungsgebundene Störaussendung Bei der strahlungsgebundenen Störaussendung sind zur Beurteilung des Einflusses des Sinusfilters Messungen mit geschirmter Motorleitung zweckmäßig, da bei ungeschirmter Motorleitung die Pegel der Störaussendung so hoch sind, dass die Messtechnik gefährdet wird. Bei dieser Messung wird in einem genormten Abstand von 10m die Störspannungsfeldstärke im Bereich von 30MHz bis 1000MHz mit einer Antenne erfasst [114]. Die Messung wird in einem Raum durchgeführt, in dem die Reflexion der Wände minimiert ist, damit möglichst nur die direkte Störstrahlung erfasst wird. Analog zur Funkstörspannung wird auch die Störfeldstärke im logarithmischen Maßstab angegeben: ⎛ ⎞ ⎜ E ( f )⎟ ⎡ µV ⎤ ⎜ stör ⎟ E stör ( f )⎢dB ⎥⎦ = 20 lg⎜ µV ⎟ m ⎣ ⎜ 1 ⎟ m ⎠ ⎝ (106) Estör Class C2 Frequenz Abbildung 128: Strahlungsgebundene Störaussendung des Demonstrators bei Betrieb ohne Sinusfilter Ohne Sinusfilter wird der zulässige Grenzwert der Feldstärke deutlich überschritten und liegt mit 52dBµV/m bei 38MHz um mehr als 10dBµV/m über dem zulässigen Grenzwert. In Abbildung 128 ist zu beachten, dass nur die eingezeichneten Kreuze verlässliche Messwerte darstellen, während die angezeigte Kurve lediglich informativen Charakter besitzt und die Aufgabe hat, kritische Frequenzen für die verlässliche Messung zu selektieren. Mit Sinusfilter sind die Pegel der Störstrahlung deutlich reduziert, teilweise bis zu 30dBµV/m. Ursache hierfür ist ebenfalls der Einfluss der Sinusfilterdrossel, weil eine Änderung der symmetrischen Kondensatoren keine Veränderung der Messkurve ergibt. 149 dBµV/m Estör Class C2 Frequenz /[MHz] MHz Abbildung 129: Strahlungsgebundene Störaussendung des Demonstrators bei Betrieb mit Sinusfilter Mit dem Einsatz des common mode Filters wird die Messung der Störstrahlung auch mit einer ungeschirmten Motorleitung möglich: Estör Class C2 Frequenz Abbildung 130: Strahlungsgebundene Störaussendung des Demonstrators mit zusätzlichem common mode Filter und ungeschirmter Motorleitung 150 Durch den common mode Filter kann die strahlungsgebundene Störaussendung so stark abgesenkt werden, dass die maximal messbaren Pegel im Bereich der zulässigen Grenzwerte liegen. Zusammenfassend kann aus den EMV-Messungen die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Sinusfilter eine Reduzierung der Störaussendung des Umrichters sowohl leitungsgebunden als auch in der Feldstärkemessung bewirkt. Die Ursache liegt in der asymmetrischen Wirkung des Sinusfilters. Durch den gezielten Einsatz eines common mode Filters mit stromkompensierter Drossel kann jedoch eine noch größere Wirkung erzielt werden. Aus diesem Grund sollte der EMV-Gesichtspunkt für die Auslegung des symmetrischen Sinusfilters bzw. dessen Drossel nicht im Vordergrund stehen. 151 4 Zusammenfassung In der vorliegenden Arbeit wurde ein Umrichterleistungsteil für eine Anschlussspannung von 690V und einer Nennleistung von 18,5kW mit Sinusausgangsfilter konzipiert, welches im Vergleich zu heutigen Umrichtern mit einer erhöhten Schaltfrequenz arbeitet und somit eine Aufwandsreduzierung für den Sinusfilter zur Folge hat. Im ersten Teil der Arbeit wurden hierfür verschiedene Lösungsmöglichkeiten für die Halbleiterrealisierung diskutiert und miteinander verglichen. Wird als aktiver Schalter ein IGBT verwendet, so ist dieser auf Kosten des Durchlassverhaltens für geringe Schaltverluste zu optimieren. Für die Freilaufdiode gilt dies ebenfalls, wobei ein besonders großer Vorteil durch den Einsatz von Schottkydioden als Freilaufdiode erzielt werden kann. Schottkydioden für die erforderliche Sperrspannung von 1700V können heute nur mit dem Halbleitermaterial Siliziumkarbid (SiC) realisiert werden. Die grundlegenden physikalischen Eigenschaften dieser Bauelemente wurden erläutert. Da aus Gründen der Ausbeute diese Schottkydioden zur Zeit nur als kleine Chips mit verhältnismäßig geringer Stromtragfähigkeit von 7A wirtschaftlich hergestellt werden können, wurde die Parallelschaltung der Chips und das damit eingehende derating betrachtet. Für die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten wurden anschließend vergleichende Dimensionierungen durchgeführt. Hierbei zeigt sich, dass für geringe Schaltfrequenzen bis 4kHz die SiC-Diode nur verhältnismäßig geringe Vorteile bietet, die kaum in der Lage sind, den höheren Flächenpreis für das Halbleitermaterial SiC zu rechtfertigen. Bei hohen Schaltfrequenzen wie 16kHz sind die Vorteile jedoch beachtlich. Neben der erforderlichen Halbleiterfläche werden auch die anfallenden Verluste des Umrichters durch den Einsatz der SiC-Dioden deutlich reduziert. Bei noch höherer Schaltfrequenz von 64kHz ist mit SiFreilaufdioden mitunter überhaupt keine wirtschaftliche Lösung möglich, weil die Verluste exorbitant werden. Für Lösungen in der Zukunft sind auch unipolare Hochvoltschalter aus SiC denkbar. Diese Bauelemente sind heute noch stark in der Entwicklungsphase. Deshalb wurde eine theoretische Abschätzung geliefert, welche Dimensionierung bei idealisiertem Schaltverhalten denkbar ist. Dabei stellt sich heraus, dass eine sehr hohe Schaltfrequenz wirtschaftlich realisierbar ist, aber auch eine entsprechende Erhöhung der Schaltgeschwindigkeit erfordert, die ihrerseits erhöhte Anforderungen an z.B. die dU/dtFestigkeit potenzialtrennender Komponenten stellt. Bei heute verwendeten bipolaren IGBTs sind die Vorteile durch eine starke Erhöhung der Schaltgeschwindigkeit begrenzt, weil die inhärente Speicherladung der IGBTs dadurch nicht beeinflusst werden kann. Im zweiten Teil der Arbeit wurde die vorteilhafte Gestaltung des Sinusfilters diskutiert. Grundlage hierfür sind die zu filternden Komponenten der Ausgangsspannung, wobei besonders das symmetrische System für die Dimensionierung der Sinusfilterdrossel wichtig ist. Die Abhängigkeit des Drosselvolumens von der Umrichterschaltfrequenz und dem zu wählenden Ripplestrom des Filters wurden theoretisch und anhand realer Lösungsvarianten aufgezeigt. Dabei zeigt sich, dass für die realen Lösungsmöglichkeiten neben dem theoretischen Optimum auch die Verfügbarkeit von Kernbauformen für unterschiedliche Schaltfrequenzen und Leistungen eine Rolle spielt. Die Rückwirkung der Dimensionierung des Ripplestroms auf den Halbleiterbedarf im Motorwechselrichter wurde anhand von Simulationen mit dem Schaltkreissimulationsprogamm Simplorer diskutiert. Es zeigt sich, dass diese Rückwirkung nicht unerheblich ist, weil ein steigender Ripplestrom erhöhte Halbleiterverluste mit sich 152 bringt, so dass der Ripplestrom nicht beliebig groß gewählt werden darf. Anschließend wurde ein allgemeines Auslegungsoptimum hergeleitet, welches eine Dimensionierung der Filterdrossel und der Halbleiter in Abhängigkeit des Kostenverhältnisses beider Komponenten erlaubt. Für den motorseitigen Wechselrichter des Demonstratorumrichters wurden eine Schaltfrequenz von 16kHz und eine Filterinduktivität von 0,7mH als Ergebnis der Optimierungen gewählt. Als Halbleiterbauelemente wurden in dem motorseitigen Wechselrichter planare IGBTs und SiC-Schottky-Freilaufdioden verwendet. Die Dimensionierung des Filterkondensators ist bzgl. des Kostenaufwandes untergeordnet, weil der Kondensator wesentlich kostengünstiger als die Drossel ist. Allerdings wird der Kondensatorwert durch die auftretende Selbsterregung begrenzt, die abhängig von der zulässigen Drehzahl des Antriebes z.B. bei Pulsperre des Wechselrichters auftreten und zur Zerstörung des Umrichters durch Überspannung führen kann. Der realisierte, symmetrisch wirkende Sinusfilter zeigt in Verbindung mit Kapazitäten der Motorleitungen und der Motorwicklungen gegen Erde auch eine asymmetrische Filterwirkung als dU/dt-Filter. Die verbleibende Spannungssteilheit von unter 500V/µs ist gegenüber einer Lösung ohne Sinusfilter so weit reduziert, dass die Isolationsbeanpruchung des Motors, insbesondere der Windungsisolation der ersten Motorwindungen, deutlich reduziert wird. Aus dem gleichen Grund ist auch die Belastung des Motors bezüglich Lagerströmen stark reduziert. Die Reduzierung der asymmetrischen Ströme durch die reduzierte Spannungssteilheit der Motorleitungen gegenüber Erdpotenzial führt darüber hinaus zu einer Verbesserung Störaussendungen des Umrichters. Als abschließendes Urteil kann festgehalten werden, dass die Verwendung einer erhöhten Schaltfrequenz des Motorwechselrichters in einem Umrichterleistungsteil mit Sinusfilter deutliche Vorteile bzgl. des Bauvolumens mit sich bringt. Für eine optimierte Lösung sind als Freilaufdioden Schottkydioden aus SiC erforderlich, um die Schaltverluste des Wechselrichters zu beherrschen. Bei zukünftiger Verfügbarkeit von unipolaren Hochvoltschaltern aus SiC kann die Schaltfrequenz dabei noch weiter erhöht werden. Über einen möglichen Kostenvorteil auf Materialkostenbasis entscheidet das Verhältnis von Filterzu Halbleiterkosten. 153 5 Abstract In this theses, the power stage of a frequency converter for 690V mains voltage and 18.5kW has been designed. The converter power stage operates at high switching freqency, reducing therefore the effort for an integrated sine wave output filter. In the first part of the theses, different variants of power semiconductors are compared. If an IGBT is used as active switch, it has to be optimized for high switching frequency. For the freewheeling diode, a huge benefit can be generated by using schottky diodes. Today, schottky diodes for a breakdown voltage of 1700V can only be realized in SiC. The basic physical character of this semiconductor material is described. As only small chips with a current capability of 7A are available today, the paralleling of several chips is discussed in detail. For a small switching frequency like 4kHz, savings in losses due to SiC are relatively small. For 16kHz, the improvement is remarkeable. For 64kHz, even the Si IGBT could be replaced by a unipolar SiC switch. In this case, it is favourable to increase the switching speed of the unipolar SiC switch. In the second part of the theses, the favourable design of the sine wave filter is discussed. The dependancy of the volume of the filter choke of the switching frequency is discussed theoretically and by practical variants. The effect of the rating of the ripple current on the semiconductor losses is simulated. This effect is remarkeable and has to be taken into account. For the demonstrator of 18.5kW, a switching frequency of 16kHz and a filter inductance of 0.7mH was found to be the best compromise. The rating of the filter capacitor and the maximum motor speed are limited by avoiding the self excitation of the the motor. The filter inductance in conjunction with capacitances to ground limits the dV/dt of the output voltage to ground to less than 500V/µs. This reduces the stress of the motor insulation. Furthermore, bearing currents are reduced significantly as well EMI disturbance. As a final remark, it can be stated that by increasing the switching frequency, the volume of a sine wave filter can be reduced significantly. For an optimized solution, SiC freewheeling diodes are required to reduce the switching losses of the inverter. The economical acceptance of that solution depends on the cost ratio of filter - and semiconductor costs. 154 6 Abkürzungen und Formelzeichen ^ 2QS Scheitelwert einer Größe Zwei-Quadrantensteller A A α A** Aaktiv,Chip Aaktiv,Wafer Anode Fläche, allgemein Winkel, allgemein effektive Richardson-Konstante Aktive Fläche eines Halbleiterchips Summe aller aktiven Chipflächen auf einem Wafer B b βn magnetische Flussdichte Breite Exponentialterm der Temperaturabhängigkeit von SiC C C γ C’E CF CKE CKS CLFE CLE CME CMG CRS CSF CU C’W CWR CWRE CWS Czk CZKE Collectoranschluss eines IGBT Kondensator, allgemein Stromwinkel Kapazitätsbelag gegen Erde Filterkondensator Kapazität der Motorleitung gegen Erde Kapazität der Motorleitung gegen den Kabelschirm Kapazität der Wicklung der Filterdrossel gegen Erde Kapazität zwischen einem Leiter und Erde Kapazität der Motorwicklung gegen Erde Kapazität der Motorwicklung gegen das Motorgehäuse Kapazität des Rotors zum Statorblechpaket Kapazität des Lagerschmierfilms Leitermaterial, z.B. Kupfer Kapazitätsbelag einer Windung gegen eine Nachbarwindung Kapazität der Statorwicklung zum Rotor Kapazität der getakteten Wechselrichterausgangsleitungen gegen Erde Kapazität der Statorwicklung zum Statorblechpaket Zwischenkreiskondensator Kapazität zwischen einem Zwischenkreisanschluss und Erde D D D δ ∆ DCB DCN DCP di/dt du/dt DUT ds Drainanschluss Diode, allgemein Defektdichte relative Einschaltdauer in einer Modulationsperiode Differenz, allgemein Keramiksubstrat (Direct Copper Bonding) negativer Anschluss des Zwischenkreises positiver Anschluss des Zwischenkreises Stromsteilheit, allgemein Spannungssteilheit, allgemein Device Under Test inkrementale Weglänge E E Emitteranschluss eines IGBT elektrische Feldstärke 155 E ε ε0 εr Eadd1,Eadd2 EC EdT1 Edyn Ekrit EF EFH EFM Eg Eoffd EonIGBT Es Estör EV Energie, allgemein Dielektrizitätskonstante eines Materials Dielektrizitätskonstante des Vakuums relative Dielektrizitätskonstante eines Materials zusätzliche Verlustenergie unterstes Energieniveau des Leitungsbandes Durchlassverlustenergie im Transistor T1 Verlustenergieanteil durch dynamische Sättigungsspannung kritische elektrische Feldstärke eine Halbleitermaterials Ferminiveau, allgemein Ferminiveau des Halbleiters Ferminiveau des Metalls Bandabstand zwischen Valenzband und Leitungsband Ausschaltverlustenergie einer Diode Einschaltverlustenergie eines IGBT Schaltverlustenergie Störfeldstärke oberstes Energieniveau des Valenzbandes f F φ,Φ Φ Φ Φb ΦH ΦM F3E f(E) FE fout fs Frequenz, allgemein Kraft Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung magnetischer Fluss Potenzial, allgemein Potenzial der Schottkybarriere Austrittsarbeit des Halbleiters Austrittsarbeit des Metalls Fundamental Frequency Front End, aktive Gleichrichterschaltung in B6Schaltung mit grundfrequent getakteten Halbleiterschaltern Fermiverteilung magnetisches Kernmaterial, z.B. Eisen Ausgangsfrequenz des Umrichters Schaltfrequenz G G Gd GdM GR Gateanschluss eines aktiven Halbleiterschalters Übertragungsfunktion, allgemein Übertragungsfunktion unter Berücksichtigung der Dämpfung Übertragungsfunktion unter Berücksichtigung der Dämpfung und des Motors Gleichrichter H H magnetische Erregung Kopflänge I IA IC ICN ICOM ID ID IDN Im Iµ ILast ILW1 ILWh Strom, allgemein Ausgangsstrom eines Schaltungsteils Collectorstrom eines IGBT Collectornennstrom eines IGBT common mode Strom Strom in einer Diode Drainstrom eines JFET Nennstrom einer Diode Imaginärteil Magnetisierungsstrom eines Motors Laststrom grundfrequenter Anteil des Stromes in der Filterinduktivität in Phase W hochfrequenter Anteil des Stromes in der Filterinduktivität in Phase W 156 Imittel Imittel IS Strommittelwert Strommittelwert Ständerstrom eines Motors J JFET Stromdichte Junction Field Effect Transistor k K K0, K1, K2 KD Kges KH Boltzmann-Konstante Kathode Koeffizienten, allgemein Kosten für die Filterdrossel Gesamtkosten für Filterdrossel und Halbleiter Kosten für die Halbleiter L L’ l LCOM LCU LF Lh LK LM LRB Ls Ls1 L’s2 LSB Induktivität, allgemein Induktivitätsbelag Weglänge, allgemein Induktivität einer stromkompensierten Drossel Induktivität einer Kupferbahn auf der DCB Filterinduktivität Hauptinduktivität des Motors Induktivität der Motorleitung Streuinduktivität des Motors Induktivität eines Rahmenbonddrahtes Streuinduktivität Streuinduktivität der Statorwicklung auf die Statorseite umgerechnete Streuinduktivität des Rotors Induktivität eines Substratbonddrahtes M M M max µ µ0 µn µp µr Modulationsindex Motor Kreismittelpunkt Maximalwert Permeabilität, allgemein Permeabilität des Vakuums Beweglichkeit der Elektronen Beweglichkeit der Löcher relative Permeabilität eines Materials n n N n+ nNA NC ND ni nr NV negative geladene freie Ladungsträger, Elektronen Anzahl, allgemein Dotierungskonzentration, allgemein hohe Elektronenkonzentration geringe Elektronenkonzentration Dotierungskonzentration der Akzeptoren Anzahl der möglichen Energiezustände im Leitungsband Dotierungskonzentration der Donatoren intrinsische Ladungsträgerkonzentration n-Dotierungskonzentration auf der rechten Seite des pn-Übergangs Anzahl der möglichen Energiezustände im Valenzband p p+ Ψ PD Pd positiv geladene freie Ladungsträger, Löcher hohe Löcherkonzentration magnetischer Gesamtfluss Verluste einer Diode Durchlassverluste 157 PdD2 PdDU0 PdDV0 PdDW0 PdT1 PdTU0 PdTV0 PdTW0 PDU PDV PDW PJFET Ps PSBD PsU0 PsV0 PsW0 PT PTU PTV PTW pl Durchlassverluste in der Diode D2 Durchlassverluste in der Diode der Phase U bei Ausgangsfrequenz 0Hz Durchlassverluste in der Diode der Phase V bei Ausgangsfrequenz 0Hz Durchlassverluste in der Diode der Phase W bei Ausgangsfrequenz 0Hz Durchlassverluste im Transistor T1 Durchlassverluste im Transistor der Phase U bei Ausgangsfrequenz 0Hz Durchlassverluste im Transistor der Phase V bei Ausgangsfrequenz 0Hz Durchlassverluste im Transistor der Phase W bei Ausgangsfrequenz 0Hz Verluste in der Diode in Phase U Verluste in der Diode in Phase V Verluste in der Diode in Phase W Verluste des JFET Schaltverluste Verluste der Schottkydiode Schaltverluste der Bauteile in der Phase U Schaltverluste der Bauteile in der Phase V Schaltverluste der Bauteile in der Phase W Verluste eines Transistors bzw. IGBTs Verluste in des IGBT in Phase U Verluste in des IGBT in Phase V Verluste in des IGBT in Phase W p-Dotierungskonzentration auf der linken Seite des pn-Übergangs q Q Elementarladung Speicherladung eines Leistungshalbleiters r R ρ R’2 Re Ron rpm RSF Rsub Rth RthjhT Reflexionsfaktor Widerstand, allgemein eingeschlossene Ladung auf die Statorseite umgerechneter Läuferwiderstand Realteil ohmscher Ersatzwiderstand einer linearisierten Durchlasskennlinie Umdrehungen pro Minute Widerstand des Lagerschmierfilms Substratwiderstand Thermischer Widerstand, allgemein thermischer Widerstand zwischen der Sperrschicht eines IGBT und der Oberseite des Kühlkörpers thermischer Widerstand zwischen der Sperrschicht einer Diode und der Oberseite des Kühlkörpers thermischer Widerstand zwischen dem Kühlkörper und der Umgebungstemperatur RthjhD Rthha s Si SiC Schlupf Silizium Siliziumkarbid t T T T Θ Zeit, allgemein Transistor, allgemein Temperatur, allgemein Dauer einer Grundschwingungsperiode Durchflutung Zeitkonstante, allgemein Temperatur der Umgebung Temperatur der Modulbodenplatte Anstiegszeit τ Ta Tc tA 158 tf tL Th TjT TjD tp Fallzeit Laufzeit Temperatur des Kühlkörpers Sperrschichttemperatur eines IGBT Sperrschichttemperatur einer Diode Modulationsperiode U U, V, W U0 U0’ UA UCE UCE0 UCE1 UCEN UCEsat UCOM UCU,UCV, UCW UD UD0 UDN UdT1 UDrift UDS Uh UiM ULE ULM ULW US Usmax UstA Ustör Uth UW UWD UWD1 UWDh Uzk Spannung, allgemein Wechselspannungsanschlüsse des Wechselrichters hinlaufende Spannungswelle rücklaufende Spannungswelle Ausgangsspannung Collector-Emitter-Spannung Schleusenspannung eines IGBT Collector-Emitter-Spannung zum Zeitpunkt t1 Collector-Emitter-Spannung eines IGBT bei Nennstrom Collector-Emitter-Spannung im gesättigten Zustand des IGBT common mode Spannung Spannungen an den Filterkondensatoren der Phasen U, V bzw. W Spannung an einer Diode Schleusenspannung einer Diode Spannung an einer Diode bei Nennstrom Durchlassspannung am Transistor T1 Driftspannung Drain-Source-Spannung eines JFET hochfrequente Anteile einer Spannung innere Spannung des Motors Leiter-Erde-Spannung Spannungsabfall an der Streuinduktivität des Motors Spannungsabfall an der Filterinduktivität in Phase W Ständerspannung eines Motors maximale Sperrspannung eines Bauelementes Ansteuerspannung einer Treiberstufe Funkstörspannung Schwellenspannung treibende Spannung für Wirbelströme differential mode Spannung der Phase W grundfrequenter Anteil der differential mode Spannung der Phase W hochfrequenter Anteil der differential mode Spannung der Phase W Zwischenkreisspannung w ω ωg Wmag WR ωres Weite der schwach dotierten Mittelschicht eines Leistungshalbleiters Kreisfrequenz, allgemein Grenzfrequenz magnetische Energiedichte Wechselrichter Resonanzfrequenz x xw Weg, allgemein Weglänge zwischen zwei benachbarten Windungen Za ZRE ZSE Zth ZW Abschlussimpedanz einer Leitung Erdungsimpedanz des Rotors Erdungsimpedanz des Stators thermische Impedanz, allgemein Wellenwiderstand einer Leitung 159 7 Literaturverzeichnis [1] Agilent Technologies, Datenblatt HCNW-3120 [2] Al Jabri, A.K.; Alolah, A.I.: Capacitance requirement for isolated self-excited induction generator, IEE proceedings 1990, Vol. 137, No. 3, p. 154 – 159 [3] Andresen, E: Skritpum zur Vorlesung Theorie elektrischer Maschinen I, Technische Universität Darmstadt, 1992 [4] anonym, Verlustarme Magnetkerne. 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