Monolithisch integrierte Treiberschaltungen in Si

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Monolithisch integrierte Treiberschaltungen in
Si-Bipolartechnologie zur Modulation der Lichtleistung
in Glasfaserübertragungssystemen höchster Datenraten
Dissertation
zur
Erlangung des Grades eines
Doktor-Ingenieurs
der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
an der Ruhr-Universität Bochum
von
Rolf Schmid
aus Lengnau (CH)
Bochum 2000
Dissertation eingereicht am:
Tag der mündlichen Prüfung:
Referent:
Korreferent:
5. Juni 2000
8. Dezember 2000
Prof. Dr.-Ing. H.-M. Rein
Prof. Dr.-Ing. P. Dullenkopf
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Ziel der Arbeit
1
2 Elektrooptische Modulationsverfahren
2.1 Direkte Modulation von Halbleiterlasern . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Externe Modulation von Halbleiterlasern . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Mach-Zehnder-Interferometer (MZI) . . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Elektroabsorptionsmodulatoren (EAM) . . . . . . . . . . .
2.3 Vergleich der elektrischen Anforderungen der Modulationsverfahren — Topologie von Laser- und Modulatortreibern . . . . . . . .
9
9
11
11
12
3 Entwurfsprinzipien
3.1 Transistormodellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Dimensionierungsaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Spezielle Transistorstrukturen für Treibertransistoren . . . . . . .
19
19
23
38
4 Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen am Beispiel
eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
4.1 Schaltungsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Symmetrierung der Pulsform des Modulationsstromes . . . . . . .
4.3 Einstellbarer Modulationshub für direkte Modulation . . . . . . .
4.4 Transistorbetrieb im Hochstrombereich . . . . . . . . . . . . . . .
4.4.1 Der Hochstromeffekt in Silizium-Transistoren . . . . . . .
4.4.2 Optimierung der Ausgangsstufe unter Hochstromrandbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Definition von Durchbruchspannungen . . . . . . . . . . . . . . .
4.6 Schaltungskonzepte zur Vermeidung von Transistordurchbrüchen .
15
41
41
44
51
58
58
61
67
70
5 Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener Typen
von elektrooptischen Modulatoren
73
5.1 Der ohmsche Lastfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
II
Inhaltsverzeichnis
5.1.1
Netzwerk zur Pulsformung der Ausgangsspannung . . . . .
5.1.1.1 Modell und analytische Beschreibung . . . . . . .
5.1.1.2 Schaltungstechnische Realisierung . . . . . . . . .
5.2 Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter .
5.2.1 Verbesserung der senderseitigen Anpassung . . . . . . . . .
5.2.2 Verbesserung der empfangsseitigen Anpassung . . . . . . .
5.3 Direkt angekoppelter EAM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.1 Analytische Betrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.2 Eine spezielle Ausgangsstufe für die direkte Ansteuerung
eines differentiellen EAMs . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
74
84
89
90
100
104
104
6 Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen . . . . . . . . . . . . . . . .
6.1.1 Grundzelle aus Emitterfolgern und Stromschalter . . . . .
6.1.2 Kaskodezelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.1.3 Eine analytische Betrachtung der Stabilität des kapazitiv
belasteten Emitterfolgers mit induktivem Kollektorzweig .
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.1 Modellierung parasitärer Elemente und Effekte des Strukturentwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.1.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.1.2 Signalleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.1.3 Verteilte Metallisierung der Masse- und Versorgungsspannungszuführung auf dem Halbleiterchip
6.2.1.4 Anmerkungen zur Substratmodellierung . . . . .
6.2.2 Fallbeispiel: 20 Gbit/s-Modulatortreiber . . . . . . . . . .
113
7 Temperaturmessung
7.1 Vorbemerkungen zur Messung der Temperatur in integrierten
Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Elektrisches Temperaturmeßverfahren . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber . . . . .
7.3.1 Ergebnisse bei Verwendung einer einfachen Standardaufbautechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3.2 Ergebnisse bei Verwendung einer wärmeableitungsoptimierten Aufbautechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
169
108
113
113
123
130
135
135
135
136
139
155
156
169
170
174
181
189
Inhaltsverzeichnis
7.3.3
III
Vergleich der Ergebnisse des elektrischen Meßverfahrens
mit Ergebnissen einer Oberflächen-Infrarotthermografie . . 193
8 Realisierte Treiberschaltungen
— Meßergebnisse und deren Vergleich mit der
8.1 10-Gbit/s-Laser-/Modulatortreiber . . . . . . .
8.2 20-Gbit/s-Modulatortreiber . . . . . . . . . . .
8.3 40-Gbit/s-EAM-Treiber . . . . . . . . . . . . .
Simulation
197
. . . . . . . . . . 197
. . . . . . . . . . 203
. . . . . . . . . . 209
9 Zusammenfassung
215
Anhang
A.1 Verwendete Transistorersatzschaltbilder . . . . . . . . . . . . . . .
A.2 Verwendete Silizium-Bipolartechnologien . . . . . . . . . . . . . .
A.3 Ersatzschaltbild gekoppelter Bonddrähte . . . . . . . . . . . . . .
A.4 Passive Konzepte für die Vorspannungserzeugung beim 40-Gbit/sEAM-Treiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
218
218
219
221
222
IV
Verzeichnis häufig verwendeter Abkürzungen und Symbole
Verzeichnis häufig verwendeter Abkürzungen und Symbole
Grundsätzliche Konventionen:
✗ Gleichgrößen werden durch Großbuchstaben gekennzeichnet.
✗ Komplexe Größen werden durch unterstrichene Großbuchstaben gekennzeichnet X. Real- und Imaginärteil werden mit <{X} und ={X} referenziert.
✗ Zeitabhängige Größen werden in Kleinbuchstaben dargestellt.
✗ Gleich- bzw. Gegentaktgrößen werden durch ein tiefgestelltes ’Σ’ bzw. ’∆’
indiziert.
✗ (Komplementäre) Aus- und Eingangsgrößen werden mit ’Q’ oder ’QN’ und
’I’ oder ’IN’ indiziert.
✗ Die weit über 100 technologiespezifischen Parameter von Tramod werden
hier aus verständlichen Gründen nicht aufgeführt. Hier muß auf [1] verwiesen werden.
Liste der Abkürzungen:
AE
bE
BAS
cν
C
CAS
CBE
CCB
CCBa , CCBi
CCox , CEox
CCS
CDE
CJE
CQ,ef f
CVD-Oxid
2DEG-FET
effektive Emitterfläche (nE × bE × lE )
effektive Emitterbreite
Basisschaltung
Proportionalitätsfaktor gesteuerter Stromquellen
allgemeine Kapazität
Transistor-Anschlußkapazität
gesamte Basis-Emitter-Kapazität: CBE = CDE + CJE + CEox
gesamte Kollektor-Basis-Kapazität: CCB = CCBi + CCBa + CCox
äußere und innere Kollektor-Basis-Kapazität
Kollektor bzw. Emitter-Oxidkapazität
Kollektor-Substrat Kapazität
Basis-Emitter-Diffusionskapazität
Basis-Emitter-Sperrschichtkapazität
integraler Zeitmittelwert der Gesamtkapazität am Ausgang
chemical vapour deposition (aus Gasphase abgeschiedenes SiO2
spezieller Feldeffekttransistor basierend
auf Quanteneffekt (2-dimensional electron gas)
Verzeichnis häufig verwendeter Abkürzungen und Symbole
DHBT
∆UQ
EAM
EF
HBT
HEMT
KAS
iB
i0B
I0,ν
IC
IEF
ISS
∆IQ
jC
jCK
jM
jpoly
κth
kI , kQ
k
KON
lE
LOCOS
nE
L
LDD
LQ
LP
MD
MQW
MZI
ωβ
ωT
p
PEEC
PTF
PQF
V
Doppel-Heterobipolartransistor
Ausgangsspannungshub (Spitze-Spitze-Wert)
Elektroabsorptionsmodulator
Emitterfolger
Heterobipolartransistor
high electron mobility transistor
Kaskodestufe
Basis-Klemmenstrom
innnerer Basisstrom (Abb. 3.4)
Konstantstromanteil Modulationshub-gesteuerter Stromquellen
Kollektorstrom (Arbeitspunktstrom)
Kollektorstrom eines Emitterfolger-Transistors
Betriebsstrom eines SS
externer Ausgangsstromhub
Kollektorstromdichte
kritische Stromdichte für Hochstromeffekt
Stromdichte in Metallisierungen
Stromdichte in Polysilizium-Widerständen
allgemeine thermische Leitfähigkeit
Koppelfaktoren für Bondinduktivitäten am Eingang bzw. Ausgang
allgemeiner Koppelfaktor für Induktivitäten in Leitungsersatzschaltbildern
Steuereingang eines Stromstellnetzwerks
effektive Länge eines Emitterstreifens
local oxidation of silicon (vergrabenes Feldoxid)
Anzahl der Emitterstreifen
allgemeine Induktivität
Lasertreiber (laser diode driver)
Ausgangsbondinduktivität
Anhebungsinduktivität (Peaking) im Ausgangskreis
Modulatortreiber (modulator driver)
Multi-Quantumwell
Mach-Zehnder-Interferometer
Kreisgrenzfrequenz der Kleinsignalstromverstärkung
Transitkreisfrequenz
komplexe Frequenz
partial element equivalent circuit
SPICE -Parameter für die Zusatzphase der Steilheit
SPICE -Parameter für die Zusatzphase der BE-Diffusionskapazität
(spezielle SPICE3 -Version in der AGHL)
VI
Verzeichnis häufig verwendeter Abkürzungen und Symbole
rB
rBa
rBi
rE
RE
RQ
RP
RQ,ef f
∗
Rth,SS2
0
Rth,epoxy
S 012 , S 021
σ
SS
τf
τ 1 , τ2
∆Tepoxy
ü
U0
U1
UCB0
UCE0
UCEX
UT
Uqw
Y
Ỹ K
YK
Z0
Z 01 , Z02
gesamter Basisbahnwiderstand
äußerer Basisbahnwiderstand
innerer Basisbahnwiderstand
Emitterkontaktwiderstand
Emittergegenkopplungswiderstand
externer Lastwiderstand
ausgangsseitiger Teilabschlußwiderstand
effektiver Gesamtwiderstand RP ||RQ
effektiver thermischer Widerstand eines SS2 -Transistors
flächenspezifischer thermischer Widerstand des Chipklebers
Wellenübertragungsfaktoren (Wellenparameter)
Dämpfung
Stromschalter
Transitzeit
Transistor-Zusatzlaufzeiten
Temperaturabfall über dem Chipkleber
Übertragungsfaktor des idealen Transformators
allgemeine (negative) Betriebsspannung
positive Betriebsspannung der Ausgangsstufe
Kollektor-Basis-Durchbruchspannung
Kollektor-Emitter-Durchbruchspannung bei offener Basis
Kollektor-Emitter-Durchbruchspannung bei einer
definierten Beschaltung
Temperaturspannung
Spannung über innerem Bereich des Quantumwells
eines Elektroabsorptionsmodulators
Y-Operator (Transformation Transadmittanz-Lastadmittanz)
allgemeine bereinigte Testadmittanz zur
Stabilitätsuntersuchung
allgemeine Testadmittanz zur Stabilitätsuntersuchung
Wellenwiderstand einer Leitung
Wellenwiderstand (Wellenparameter)
Kapitel 1
Einleitung und Ziel der Arbeit
An der Schwelle zum neuen Jahrtausend befindet sich die gesamte Gesellschaft
in einem Umbruch hin zu einer Informationsgesellschaft, deren Ausmaße heute
wohl noch kaum eingeschätzt werden können. Das weltumspannende Internet
mit seiner kaum vorstellbaren lawinenartigen Ausbreitung innerhalb nur eines
einzigen Jahrzehntes ist nur der Vorbote dieser Entwicklung. War noch Ende
der achtziger Jahre die lokale Vernetzung von Rechnern etwas Besonderes, so
sind heute Begriffe wie “email” und “on-line banking” für einen weiten Teil der
Bevölkerung so selbstverständlich wie ein eigenes Auto. Schon in naher Zukunft,
wird nahezu jeder Bereich des täglichen Lebens in der einen oder anderen Weise
in einen elektronischen Austausch von Informationen involviert sein.
Zeitmultiplexer
Glasfaserstrecke
1
2
n
λ=1300/1550 nm
Elektrooptischer
Wandler (Sendemodul)
1
2
E
O
n
Fotodiode
Demultiplexer
Haupt- Entscheider
verst.
Vorverst.
Taktrückgewinnung
f
f/2
Frequenzteiler
Abb. 1.1: Prinzipieller Aufbau eines ETDM-Glasfaser-Übertragungssystems.
Für die Bewältigung dieser großen Datenmengen spielt die optische Übertragungstechnik eine entscheidende Rolle. Zur Erzielung allerhöchster Übertragungsraten werden heute bevorzugt digitale Glasfasersysteme nach dem elektrischen
Zeitmultiplex-Verfahren (EDTM) verwendet. Deren prinzipiellen Aufbau zeigt
Abb. 1.1.
Senderseitig werden parallel zugeführte digitale Daten- und Telekommunikationskanäle durch einen Zeitmultiplexer zu einem seriellen Datenstrom gebündelt
2
1. Einleitung und Ziel der Arbeit
und mittels eines elektrooptischen Wandlers (E/O) der Trägerlichtwelle aufmoduliert. Für Monomodefasern sind die Wellenlängen λ = 1300 nm (Dispersionsminimum) und λ = 1550 nm (Dämpfungsminimum) gebräuchlich. Man unterscheidet
direkte Modulation, bei der ein Lasertreiber den Pumpstrom eines Halbleiterlasers
moduliert und externe Modulation, bei der die Transmissionseigenschaften eines
Halbleiterkristalls entsprechend der vom einem Modulatortreiber bereitgestellten
Signalspannung moduliert werden (vgl. Kap. 2). Auf der Empfängerseite wandelt eine Fotodiode das optische Signal in ein elektrisches, das erst rauscharm im
Vorverstärker und weiter im Hauptverstärker verstärkt wird. Mit dem aus der
Taktrückgewinnungsschaltung extrahierten Takt werden in der Entscheiderschaltung Pulsform und -zeitlage regeneriert und im Demultiplexer der Datenstrom in
die ursprünglichen Datenkanäle aufgeteilt.
Datenraten um 10 Gbit/s sind heute Standard in der Weitverkehrsebene.
Nicht immer handelt es sich dabei um ETDM-Systeme. Anfangs untragbar teuer wird die Datenbandbreite heute auch durch Wellenlängenmultiplexverfahren
(WDM) gesteigert, bei denen mehrere Kanäle zeitparallel auf verschiedenen Wellenlängen übertragen werden. Dabei ist aus wirtschaftlicher Sicht jedoch eine
möglichst hohe elektrische Ausgangsdatenrate anzustreben [2].
Die erzielbaren Datenraten in ETDM-Übertragungssystemen werden
hauptsächlich durch die beiden elektrooptischen Schnittstellen begrenzt.
Zunächst werden ausreichend schnelle elektrooptische und optoelektrische Wandler benötigt. Diese stellen jedoch — an Vor- und Hauptverstärker empfängerseitig und Laser- beziehungsweise Modulatortreiber senderseitig — hohe elektrische Anforderungen. Während mit getakteten Schaltungen wie MUX und DeMUX (aufgebaute Module, SiGe-Bipolartechnologie) bereits Rekord-Datenraten
von 60 Gbit/s [3, 4], in der Zusammenschaltung als Entscheiderschaltung (für
35 Gbit/s) intern sogar 70 Gbit/s [5] erreicht werden, erzielen Verstärker und
Standard-Modulatortreiber1 , trotz reduzierten Systemanforderungen [2, 8], in der
gleichen Technologie nur maximale Datenraten von 40 Gbit/s [9, 6]. Im Hinblick
auf den wachsenden Bandbreitenbedarf sind schnelle Vor- und Hauptverstärker
und mehr noch Laser- bzw. Modulatortreiber kritische Schlüsselkomponenten.
Bei Beginn dieser Arbeit (1993/94) fanden SDH-Systeme2 der Stufe SMT16 (2,488 Gbit/s) Eingang in kommerzielle Netze [10]. SMT-64, also 10 Gbit/s1
Ein spezieller Leistungs-MUX, in welchem die Ausgangsstufe des Standard-Treibers aus [6]
verwendet wird (vgl. 5.3), erreicht eine maximale Datenrate von 50 Gbit/s [7].
2
SDH bezeichnet den Übertragungsstandard Synchrone Digitale Hierarchie. Deren Basissignal ist SMT-1, das sogenannte Synchrone Transport-Modul 1 (155, 52 M bit/s). Das
Transport-Modul SMT-N weist die N-fache Datenrate, SMT-64 also beispielsweise die Datenrate 9,95 Gbit/s, auf.
1. Einleitung und Ziel der Arbeit
Systeme, befanden sich dagegen noch in der Vorfeldentwicklung. Noch unentschieden war zu diesem Zeitpunkt die Frage, ob die Laser für derartige Systeme (wie für
SMT-16) noch direkt moduliert werden können oder ob Laseremission (Dauerlicht
oder periodische Pulse) und -modulation getrennt werden müssen (vgl. Kap. 2.1)
[10]. Absehbar war jedoch, daß sich für die Modultechnik entsprechend schneller
Laserdioden das 50 Ω-System durchsetzt, für das eine Vielzahl aufbautechnischer
Problemlösungen (z.B. reflexionsarme Steckerverbindungen und Gehäusetechnik)
existiert. Der Wunsch nach möglichst großen Regeneratorabständen entlang der
Übertragungsstrecke resultiert in der Forderung möglichst hoher optischer Extinktion im Sender (größer 10 dB ), für die wiederum Modulationsstromhübe im
Bereich von 60 bis 80 mA benötigt werden [10]. Die hieraus resultierenden Spannungshübe von 3 bis 4 Vss sind andererseits aber auch zur Ansteuerung externer
Modulatoren geeignet.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Entwurf und der Realisierung monolithisch integrierter Treiberschaltungen in Silizium-Bipolartechnologie
für die Lichtwellenmodulation im Sendemodul von HochgeschwindigkeitsGlasfaser-Übertragungssystemen. In drei Entwicklungsschritten werden entsprechende Bausteine für die synchronen Transportmodule SMT-64 (10 Gbit/s),
SMT-128 (20 Gbit/s) und SMT-256 (40 Gbit/s) entwickelt und erfolgreich realisiert. Den Stand der Technik bei Beginn der Arbeit stellt der in [11] veröffentlichte Laserdiodentreiber (LDD) für die Ansteuerung, an einen Wellenwiderstand
von 25 Ω angepaßter, Laserdioden dar. Der mit dieser Schaltung erreichte maximale Modulationstromhub beträgt 40 mA entsprechend einem Spannungshub
von 1 Vss an externen 25 Ω. Zur Reduktion von Doppelreflexionen ist (auf dem
Chip) ein ausgangsseitiger Teilabschluß (|S 22 |DC = 1/2) mit 75 Ω vorgesehen,
so daß der interne Ausgangsstromhub 53 mA beträgt. Zur Kompensation von
Alterungseffekten der Laserdioden (Kap. 2.1) ist der Modulationsstromhub in einem Bereich von 15 bis 40 mA einstellbar. Mit einer maximalen Datenrate von
12 Gbit/s handelt es sich zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung nicht nur um
den einzigen Lasertreiber in Silizium-Bipolartechnologie, sondern auch um den
schnellsten monolithisch integrierten Lasertreiber überhaupt.
Für experimentelle 10 Gbit/s-Systeme in der Vorfeldentwicklung sind die
Leistungsdaten dieses Lasertreibers ausreichend. Aus den oben diskutierten
Gründen werden für kommerzielle Systeme jedoch deutlich größere Modulationsstromhübe bei gleichzeitig verdoppelter Lastimpedanz benötigt. Bei Datenraten
über 10 Gbit/s müssen (wegen “laser chirping”, vgl. Kap. 2.1) schließlich externe,
spannungsgesteuerte Modulationsverfahren eingesetzt werden. Deren benötigte
Signalhübe liegen um und über 3 Vss und damit weit über dem in [11] realisierten
3
4
1. Einleitung und Ziel der Arbeit
Hub von 1 Vss . Die Realisierung von Modulatortreibern, die dieser Problematik
gerecht werden, ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit.
Die drei wichtigsten in digitalen Glasfaser-Übertragungssystemen verwendeten optischen Modulationsverfahren werden im anschließenden Kap. 2 kurz
diskutiert. Dabei steht weniger der theoretische Aspekt im Vordergrund, sondern die mit den einzelnen Konzepten verknüpften elektrischen Anforderungen,
Vor- und Nachteile. Aufbauend auf einem diesbezüglichen Vergleich der Verfahren wird im Teilkapitel 2.3 der prinzipielle Aufbau der in dieser Arbeit realisierten
Treiberschaltungen betrachtet.
Die Topologie von Treiberschaltungen ist in der Regel wenig komplex, ein
Umstand, der schon häufig zur falschen Annahme verleitet hat, sie seien leicht zu
entwickeln. Das Gegenteil ist der Fall. Treiberschaltungen zur Lichtwellenmodulation vereinen zwei Merkmale, die gegensätzlicher nicht sein könnten: Hohe Betriebsgeschwindigkeit und hohe Ausgangspannungs- beziehungsweise -stromhübe.
Umso wichtiger sind sorgfältiger Entwurf und Modellierung der Bauelemente,
speziell der Transistoren. Gegenüber anderen Hochgeschwindigkeitschaltungen
tritt hierbei eine Besonderheit auf: Nahezu alle Transistoren können aufgrund
der typisch um eine ganze Größenordnung höheren Ströme nicht einfach durch
vorhandene Standardstrukturen realisiert werden. Zur optimalen Lösung dieser
Problematik werden in dieser Arbeit spezielle, physikalisch basierte Transistormodellierungsprogramme entwickelt. Bei diesem in Kap. 3.1 erläuterten Konzept
geht die Transistoroptimierung einen Schritt weiter als üblich, indem neue Transistorkonfigurationen entworfen und modelliert werden. Mit der flexiblen Transistormodellierung ist die Voraussetzung für die Transistoroptimierung geschaffen,
die zusammen mit weiteren typischen Dimensionierungsaspekten Gegenstand von
Kap. 3.2 ist. Der letzte Abschnitt, Kap. 3.3, kommt nochmals auf den physikalischen Transistorentwurf zurück, indem ein kurzer Ausblick auf denkbare, speziell
auf Treiberstufen zugeschnittene Spezialtransistorstrukturen präsentiert wird.
Wenngleich die systemseitig getroffene Wahl des Modulationsverfahrens (zumindest) den Entwurf der Ausgangsstufe (speziell des Ausgangskreises) bestimmt, gibt es eine Reihe grundlegender, untrennbar mit dem Entwurf breitbandiger Treiberstufen verbundener Problemstellungen. Deren Diskussion und
Lösung ist Gegenstand von Kap. 4.
Das anschließende Kap. 5 behandelt hingegen spezielle Entwurfsaspekte verschiedener, an das verwendete Modulationsverfahren beziehungsweise die jeweilige optoelektronische Schnittstelle angepaßte, Ausgangsstufenkonzepte. Statt einer Diskussion nur anhand von Simulationsergebnissen wird Wert auf eine vereinfachte analytische Betrachtung gelegt, deren Ziel das anschauliche Verständnis
der verwendeten Mechanismen ist.
1. Einleitung und Ziel der Arbeit
Ein wichtiger Gesichtspunkt beim Entwurf von schnellen Treiberschaltungen
ist die Stabilitätsproblematik. Deren Betrachtung wird in Kap. 6 von zwei Seiten
aus angegangen. Im ersten Teilkapitel wird die potentielle Instabilität einzelner Schaltungszellen und Transistorstufen betrachtet. Für den kapazitiv belasteten Emitterfolger mit Serieninduktivität am Kollektor wird eine neuartige, nach
Kenntnis des Autors bislang unbekannte, analytische Betrachtung entwickelt, die
den destabilisierenden Einfluß der Induktivität zeigt. Ausschlaggebend dafür, ob
eine potentielle Instabilität einzelner Schaltungsteile tatsächlich zu Oszillation
führt, sind häufig die parasitären Elemente und Effekte des Strukturentwurfs
(Layout), deren detaillierter elektrischer Modellierung ein eigener Abschnitt gewidmet wird (Kap. 6.2.1). An verschiedenen Beispielen wird die Notwendigkeit
eines Verständnisses der Metallisierungen auf dem Halbleiterchip als verteilte
Verbindungselemente erläutert. Am Ende dieser Betrachtungen steht die weitreichende Erkenntnis, daß das aus der Hochfrequenztechnik bekannte Leitungsmodell verallgemeinert werden muß, um Gegen- und Gleichtakteffekte auf dem
Chip zu berücksichtigen. Am Fallbeispiel eines 20-Gbit/s-Modulatortreibers werden schließlich Regeln für den Strukturentwurf schneller Treiberstufen abgeleitet.
Im Vergleich zu den anderen Schaltungen in optischen Übertragungssystemen weisen Laser- und Modulatortreiber deutlich höhere Verlustleistungen und
als Konsequenz höhere Chip-Temperaturen auf, die die Lebensdauer (Elektromigration) und/oder die Funktion beeinträchtigen können. Aus diesem Grund
beschäftigt sich Kap. 7 mit einem speziellen elektrischen Verfahren zur Messung der Sperrschichttemperatur der Ausgangsstufentransistoren eines 20-Gbit/sModulatortreibers. Im Gegensatz zu bekannten Methoden wird die Temperatur
im aufgebauten Zustand und direkt in der Basis-Emitter-Sperrschicht der Ausgangsstufentransistoren erfaßt.
Kap. 8 faßt die mit den realisierten Treibern erzielten Ergebnisse zusammen.
Dabei wird besonders großer Wert auf einen lückenlosen Vergleich von Simulation und Experiment Wert gelegt. Als Ergebnis der konsequenten physikalischen
Modellierung der Transistoren und der rigorosen, detaillierten Modellierung parasitärer Elemente und Effekte des Strukturentwurfs wird in allen Fällen eine gute
— in Anbetracht der hohen Datenrate und des zumeist einphasigen (Gleichtaktempfindlichem) Spannungsabgriffs — größtenteils sogar sehr gute Übereinstimmung erreicht. Für den 10-Gbit/s-Laser-/Modulatortreiber werden neben dem
rein elektrischen Betrieb auch optische Augendiagramme für alle drei Verfahren,
direkte Lasermodulation, externe Modulation mit MZI und externe Modulation
mit EAM gezeigt3 .
3
Diesen Meßergebnissen können als einzigen keine entsprechende Simulationen gegenübergestellt werden, da die Modulhersteller keine Ersatzschaltbilder veröffentlichen.
5
6
1. Einleitung und Ziel der Arbeit
Eine Übersicht der schnellsten Laser- und Modulatortreiber mit geeignet
hohem Modulationstrom für direkte bzw. hohem Spannungshub für externe Modulation in Tab. 1.1 zeigt den Stand der Technik vor Beginn bis zum Abschluß
der vorliegenden Arbeit. Aufgeführt sind (von links) Referenz der Publikation,
verwendete Technologie und deren typische Transitfrequenz, Treibertyp, maximale Datenrate, externer und interner (in Klammern) Modulationsstromhub, maximale (meist einphasiger) Ausgangshub ∆UQ und — falls vorhanden — ausgangsseitiger Teilabschlußwiderstand RP . Desweiteren sind Besonderheiten vor
allem hinsichtlich der Meßbedingungen angemerkt. Treiber nach dem Prinzip der
Wanderwellenverstärkung (WV) sind in der Spalte ∆IQ entsprechend markiert,
da eine Unterscheidung nach in- und externen Strom hier keinen Sinn macht.
Die Charakterisierung des Geschwindigkeitspotentials der jeweiligen Technologie kann mangels anderer Daten nur anhand der publizierten Transitfrequenzen
erfolgen. Es steht außer Frage, daß diese einen aus der angestrebten Betriebsgeschwindkeit abgeleiteten Mindestwert aufweisen müssen. Für einen legitimen
Vergleich müßten aber auch andere, in der Regel nicht publizierte Technologieparameter bekannt sein. Wie Kap. 3 zeigen wird, beschränkt sich dies bei Treiberschaltungen, im Gegensatz zu anderen Schaltungen, nicht auf parasitäre Transistorkapazitäten und -widerstände und die Stromtragfähigkeit der Transistoren.
Sehr wichtig sind beispielsweise auch die spezifischen Stromtragfähigkeiten der
Metallisierung, der Halbleiter-Kontaktierung, der Vias und der Polywiderstände,
welche zusammen mit der Dicke isolierender Siliziumdioxidschichten, die durch
den Strukturentwurf bedingten Leitungskapazitäten bestimmen. Beim Vergleich
ist weiterhin zu beachten, daß nahezu die Hälfte der Autoren nur Messungen mit
Hochfrequenztastköpfen auf der Halbleiterscheibe (“on wafer”) präsentieren. Der
gerade bei Treiberschaltungen aufgrund der hohen Stromspitzen nicht zu vernachlässigende Einfluß von Bondinduktivitäten ist somit ebensowenig im Meßergebnis enthalten wie Temperatureffekte durch Aufheizung im vereinzelten und
aufgebauten Zustand. Schließlich unterscheiden sich die einzelnen Publikationen
ganz erheblich in der Qualität der gemessenen Augendiagramme. Nur die wenigsten Publikationen — selbst solche, die im Gegensatz zu dem in dieser Arbeit
eingeschlagenen Weg nur auf der Halbleiterscheibe gemessen wurden — erreichen
in puncto Signalqualität die in der vorliegenden Arbeit erzielten Resultate.
Betrachtet man die Technologie-Spalte in Tab. 1.1 wird die Motivation der
vorliegenden Arbeit deutlich: Traditionell wurden — und werden vielfach heute
noch — für schnelle Treiberschaltungen fast ausschließlich aufwendige und kostspielige III-V-Verbindungshalbleiter-Technologien verwendet. In einem Zeitraum
von acht Jahren stehen dreizehn III-V-Treiberschaltungen weniger als die Hälfte
1. Einleitung und Ziel der Arbeit
7
Autoren
Technologie
fT
Typ
[GHz]
Banu et al. [12], 1991
InP/InGaAs HBT
-?-
LDD 10
100 (100) 0,27
—
“on wafer” an 3 || 50 Ω.
Montgomery
et al. [13], 1991
AlGaAs/GaAs
HBT
45
MD
10
60 (60)
3
—
“on wafer” an 50 Ω.
Rein et al. [11], 1992
Si-Bipolar
25
LDD 12
40 (53)
1
75
aufgeb. an 25Ω. Hubbereich Faktor 2,7.
Runge
et al. [14], 1992
AlGaAs/GaAs
HBT
55
MD
11
50 (50)
2,5
—
“on wafer” 5 Vss differentiell an 50 Ω.
Suzuki
et al. [15], 1992
AlGaAs/InGaAs
51
/GaAs 2DEG FET
MD
10
80 (80)
4
—
aufgebaut an 50 Ω.
Derksen
et al. [16], 1993
Si-Bipolar
21
LDD 10
45(60)
1, 1
75
aufgebaut an 25 Ω. Einstellbarer Hub
(Faktor 3). Auch optische Messung.
Rein, Schmid
et al. [17], 1994
Si-Bipolar (B6HF)
25
LDD 14
MD
72 (108)
3,6
100 aufgebaut an 50 Ω. Einstellbar Stromhub (Faktor 4, ohne Signaleinbußen).
Yamauchi
et al. [18], 1994
InGaP/GaAs HBT 50
MD
100 (100) 5
50
“on wafer” an 50 Ω. Hoher Hub jedoch
schlechte Pulsform.
Menouni
et al. [19], 1996
GaInP/GaAs HBT 50
LDD 14
40 (40)
2
—
“on wafer” elektrisch (50 Ω) und optisch im Modul gemessen.
Demange
et al. [20], 1996
GaAs PHEMT
55
MD
12,5
2,5
—
elektroopt. Modul (MD/EAM).
Wong
et al. [21], 1996
AlGaAs/GaAs
HBT
50
MD
10
Bauknecht
et al. [22], 1996
InP/InGaAs
DHBT
80
LDD 12
140 (140) 3,5
50
aufgebaut an 25 Ω. 1 . . . 3,5 Vss über
Betriebsspannung möglich
Schmid
et al. [23], 1997
SiGe-Bipolar
68
MD
20
46 (72)
2,3
90
aufgebaut an 50 Ω.
147
MD
20
64 (128)
3,2
50
“on wafer” an 50 Ω.
MD
25
66 (100)
3,3
Suzuki et al. [24], 1997 InP/InGaAs HBT
Lao
Bmax ∆IQ
[Gb/s] [mA]
10
—
60 (120)
∆UQ RP Meßbedingungen und Anmerkungen
[Vss ] [Ω]
2×3 50
Optisches Augendiagramm bei Ansteuerung eines differentiellen MZIs.
AlGaAs/GaAs
QW-HEMT
60
MD
30
44 (66)
2,2
100 “on wafer” an 50 Ω. Teilweise MUX
100 oder DFF integriert.
Miyashita
et al. [26], 1997
InP/InGaAs HBT
68
MD
20
60 (60)
3,2
50
“on wafer” an 50 Ω. Einstellbarer Hub
(Faktor 1,5).
Schmid
et al. [27], 1998
SiGe-Bipolar
72
MD 40
EAM
50 (50)
2 × 25
1,25
aufgebaut an 2×50 Ω (diff.).
Spezielle aktive Last zur Vorspannung
(0...−2 V ) eines differentiellen EAMs.
Möller, Meister,
Schmid et al.
[7], 1998
SiGe-Bipolar
72
MD 50
EAM
50 (50)
2×1 25
aufgebaut an 2×50 Ω (diff.). LeistungsMUX, verwendet gleiche Ausgangsstufe wie [27]. 2×1,25 Vss bei 40 Gb/s.
Lao
et al. [28], 1998
AlGaAs/GaAs
QW-HEMT
68
MD
40
58 (87)
2,9
100 “on wafer” an 50 Ω. Hoher Hub jedoch
moderate Signalqualität.
Thiam
et al. [29], 1998
GaAs P-HEMT
95
MD
40
60,WV
≈3
100 an 50 Ω. Zwei kaskadierte VerstärkerICs gehäust in MMIC-Modul.
MD
20
72 (108)
3,6
56
MD
30
44 (55)
2,2
100 “on wafer” an 50 Ω. 30 Gbit/s mit
200 MUX-Driver-Konzept.
3,5
84
et al. [25], 1997
Meghelli
et al. [30], 1998
InP/InGaAs DHBT
Schmid
et al. [31], 1999
SiGe-Bipolar
72
MD
23
70 (112)
Leich et al. [32], 1999
GaAs P-HEMT
-?-
MD
40
100,WV ≈ 5
100 “on wafer” an 50 Ω. Verst. nur 12dB !
Kauffmann
et al. [33], 1999
InP/InGaAs
DHBT
125
MD
40
44 (66)
100 an 50 Ω. Aufgebaut deutlich schlechter
als “on wafer”. Optische Signalqualität
(EAM) selbst bei 30 Gbit/s schlecht.
2,2
aufgebaut an 50 Ω.
Tab. 1.1: Kennwerte der publizierten (Stand: 12/1999) schnellsten monolithisch integrierten Laser- (LDD) und Modulatortreiber (MD). Erläuterungen im Text.
8
1. Einleitung und Ziel der Arbeit
Siliziumbipolar-Treiber gegenüber4 . Im Rahmen der vorliegenden Arbeit gelingt
es diese Domäne der III-V-Halbleiter aufzubrechen: Die vom Autor realisierten
Treiberschaltungen stellen nicht nur bis zum heutigen Tag durchweg Weltrekorde für siliziumbasierte Technologien dar, sondern erreichen und übertreffen sogar
teilweise die Daten vergleichbarer III-V-Schaltungen (Tab. 1.1). Dieses Ergebnis ist nicht selbstverständlich, haben doch die aufwendigen III-V-Technologien
gegenwärtig noch Geschwindigkeitsvorteile gegenüber Siliziumtechnologien.
4
Drei weitere III-V-Schaltungen von Wang et al. [34, 35, 36] werden nicht in den Vergleich
einbezogen, da die gemessenen Datenraten teilweise ganz erheblich von denen im Titel angegebenen (Faktor 1,5 in [34]; Faktor 2,5 in [35]), aus Simulation und Frequenzgangmessungen
extrapolierten Werten, abweichen. In [36] erfolgt die Messung bei der im Titel angegebenen
Datenrate, das gezeigte Augendiagramm weist jedoch nahezu keine Öffnung auf. Ein fairer Vergleich mit den Meßergebnissen der anderen Schaltungen ist aus diesen Gründen nicht möglich.
Kapitel 2
Elektrooptische
Modulationsverfahren
In der optischen Nachrichtentechnik sind die elektromagnetischen Trägerwellen
Lichtwellen, die meist in einem Lichtwellenleiter (Glasfaser) geführt werden. Zur
Informationsübertragung muß die Lichtwelle moduliert werden. Entsprechend den
charakteristischen Größen von Lichtwellen stehen hierfür prinzipiell folgende Modulationsmöglichkeiten zur Verfügung:
•
•
•
•
Intensitätsmodulation
Frequenzmodulation
Phasenmodulation
Modulation der Polarisationsrichtung
In Glasfasern kann die Polarisationsrichtung über längere Strecken nicht aufrecht erhalten werden und scheidet daher als Modulationsgröße aus. Frequenzund Phasenmodulation benötigen für die Demodulation einen aufwendigen optischen Heterodyn-Empfang. Bei Frequenzmodulation in Glasfasersystemen begrenzt zusätzlich die Dispersion der Faser die Bandbreite.
Aus diesen Gründen ist die Intensitätsmodulation, also die Modulation der
Lichtleistung, am gebräuchlichsten. Zwei Konfigurationen finden Anwendung, die
in den folgenden Abschnitten kurz diskutiert werden sollen.
2.1
Direkte Modulation von Halbleiterlasern
Die direkte Modulation von Halbleiterlasern ist die klassische Lösung. Abb. 2.1
zeigt eine schematische Darstellung dieser Senderkonfiguration. Bei diesem Konzept wird das elektrische Eingangssignal eines Lasertreibers zunächst durch diesen
verstärkt und in einen Strom gewandelt. Der elektrische Signalstrom wird dann
10
2. Elektrooptische Modulationsverfahren
Glasfaser
Intensitätsmodulierte
optische Trägerwelle
Laserdiode
im Pulsbetrieb
λ=1300/1550 nm
Lasertreiber
Spannung
Modulationsstrom:15...60 mAss
Biasstrom:10...60 mA
Abb. 2.1:
Senderkonfiguration
mit direkter optischer
Modulation.
mit einem Biasstrom kombiniert auf eine Laserdiode gegeben. In dieser Weise moduliert das elektrische Signal direkt die Laserverstärkung und damit die
in die Glasfaser eingestrahlte Lichtintensität. Zur Anwendung kommen spezielle
Laserdioden (DBR: distributed Bragg reflector, DFB: distributed feedback), die
gegenüber dem klassischen Fabry-Perot-Laser eine wellenlängenselektive Rückkopplung der optischen Welle aufweisen, um eine mehrmodige Emission bei Hochfrequenzmodulation zu vermeiden [37].
Das Verhalten von Laserdioden wird durch zwei gekoppelte Bilanzgleichungen (nichtlineare DGL) beschrieben, die für den vorliegenden Großsignalbetrieb
nur numerisch gelöst werden können. Der an der genauen Theorie interessierte
Leser muß auf [38] verwiesen werden. An dieser Stelle sei nur auf die besonders
wichtige Kenngröße der Relaxationsfrequenz kurz eingegangen. Beim Energieaustausch zwischen dem Feld (Photonenspeicher) und dem Halbleiter (Speicherung
von Anregungsenergie durch Elektronen im Leitungsband) entstehen Relaxationsschwingungen, deren Dämpfung durch die endliche Lebensdauer von Photonen und angeregten Elektronen bestimmt ist. Für schnelle Modulation von Lasern muß einerseits die Relaxationsfrequenz hoch und andererseits deren Dämpfung einstellbar sein. Ersteres wird durch Verwendung von Quantenfilmen für
die aktive Zone erreicht [39, 40]. Kleine Einschaltverzögerung und ausreichende
Dämpfung erreicht man durch Wahl eines Biasstroms (Abb. 2.1) in der Nähe des
Einsatzstroms (zum Teil darüber) des Laserbetriebs (stimulierte Emission) [38].
Der Vorteil dieses Modulationsschemas ist dessen geringer Aufwand. Die
Anwendbarkeit zur Modulation bei höheren Datenraten (um und oberhalb
10 Gbit/s) ist jedoch durch den chirp-effect (engl. chirp “Zwitschern”) eingeschränkt: Amplitude und Phase des von Laserdioden emittierten Lichtes sind über
die trägerdichteabhängige Brechzahl des Laserresonators gekoppelt [38]. Die Folge
ist eine spektrale Verbreiterung der Emission. In Verbindung mit der Dispersion
der Faser kommt es zu einer Impulsverbreiterung und Intersymbol-Interferenz.
Wenngleich heute sehr schnelle Laserdioden erhältlich sind, beschränkt dieser
Effekt deren Haupteinsatz auf Kurzstrecken (z.B. Großrechnerkopplung).
2.2 Externe Modulation von Halbleiterlasern
2.2
11
Externe Modulation von Halbleiterlasern
Direkt modulierte Laserdioden sind eine besonders kosteneffiziente Lösung für
optische Sender. In hochbitratigen und/oder Weitverkehrsnetzen kann diese Situation jedoch schnell umschlagen, wenn durch den “chirp-effect” der Laserdiode
und die Faserdispersion die benötigte Anzahl von Regeneratoren ansteigt (Abnahme des Regeneratorabstandes). Lösen läßt sich diese Problematik durch Implementation eines Senders mit externer Intensitätsmodulation. Abb. 2.2 zeigt
eine schematische Darstellung dieser Senderkonfiguration.
optischer
Laserdiode
im Dauerbetrieb Modulator
M
I=const.
Spannung
O
D
Intensitätsmodulierte
optische Trägerwelle
Glasfaser
λ=1300/1550 nm
Modulationsspannung: 1...7 Vss
Modulatortreiber
Biasspannung
Abb. 2.2:
Senderkonfiguration
mit externer optischer
Modulation.
Bei diesem Konzept arbeitet die Laserdiode im Dauerbetrieb und bestrahlt
einen elektrooptischen Modulator (MOD) mit einer konstanten Lichtleistung. Das
elektrische Eingangssignal eines Modulatortreibers wird durch diesen verstärkt
und moduliert die durch den Modulator transmittierte Lichtleistung. In der Regel
wird zusätzlich eine Vorspannung (Bias) benötigt, um über den Arbeitspunkt des
Modulators die optische Extinktion zu maximieren.
Halbleitermodulatoren waren wegen der hohen Verluste von Wellenleitern
aus Halbleitermaterialien (optische Einfügungsdämpfung) zunächst keine Alternative zur direkten Lasermodulation. Fortschritte der Halbleitertechnologie haben dieses Hindernis jedoch mehr oder minder beseitigt. Im wesentlichen haben
sich zwei verschiedene Konzepte durchgesetzt, die in den folgenden Abschnitten
betrachtet werden.
2.2.1
Mach-Zehnder-Interferometer (MZI)
Modulatoren, die auf dem linearen elektrooptischen Effekt (Pockels-Effekt) aufbauen, werden oft einfach als EO-Modulatoren bezeichnet. Bei diesem Modulatortyp macht man sich den Umstand zunutze, daß der Brechungsindex bestimmter
anisotroper Materialen (z.B. III-V-Mischkristalle und Keramiken wie LiN bO3 ,
LiT aO3 ) eine lineare Abhängigkeit zur angelegten elektrischen Feldstärke zeigt.
12
2. Elektrooptische Modulationsverfahren
Die dadurch erzeugte Phasenmodulation des Lichts wird in geeigneten Anordnungen in eine Amplitudenmodulation umgesetzt.
Besonders häufig wird das
Koplanarleitung
Mach-Zehnder-Interferometer
geätzte Bereiche
eingesetzt. Abb. 2.3 zeigt eine
(ridge structure)
mögliche
Realisierungsform.
Die entlang eines diffundierten Wellenleiters geführte
SiO2
LiNbO3
Lichtwelle wird symmetrisch
auf zwei Teilarme aufgespalhν
diffundierter Wellenleiter (z.B. Ti)
tet. Über einen elektrischen
Wellenleiter, hier eine KoplaAbb. 2.3: Vereinfachter prinzipieller Aufbau eines
narleitung, wird das ModuMach-Zehnder-Interferometers.
lationssignal zugeführt und
interagiert mit einer der beiden Teilwellen. Durch den linearen optischen Effekt
resultiert in diesem Arm eine Phasenverschiebung der optischen Teilwelle.
Beträgt die Phasenverschiebung 180 Grad, so sind die beiden Teilwellen am
Vereinigungspunkt gerade in Gegenphase und die resultierende Feldverteilung
ist antisymmetrisch zur Längsachse1 . Die Strahlungskeule des Fernfeldes hat
daher eine Nullstelle in Richtung der Längsachse und zwei außerhalb des Akzeptanzwinkels des Monomodenwellenleiters fallende Maxima: Die Strahlung wird
also seitlich in das Substrat abgegeben. Die Bandbreite solcher Modulatoren ist
hauptsächlich durch den fehlenden Synchronismus (velocity mismatch) von Licht
und Modulationswelle längs der Wechselwirkungsstrecke begrenzt. Der herausragende Vorteil von MZI-Modulatoren liegt in deren bis zu höchsten Frequenzen
exzellenten elektrischen Anpassung2 . Darüberhinaus hat deren sinusförmige
Spannungs-Dämpfungscharakteristik den Vorteil einer optischen Begrenzung
sowohl auf dem Einschalt- als auch auf dem Ausschaltspannungspegel.
2.2.2
Elektroabsorptionsmodulatoren (EAM)
Die Änderung der fundamentalen Absorption (Absorption mit Übergängen
Valenzband-Leitungsband) eines Halbleiters bezeichnet man als (klassische) Elektroabsorption oder Franz-Keldysh-Effekt. Lichtmodulatoren, die nach diesem
Prinzip arbeiten, werden meist kurz als EA-Modulatoren bezeichnet. Hierbei
macht man sich den Umstand zunutze, daß ein angelegtes elektrisches Feld eine
Verkippung der Bandkanten bewirkt [37]: Bei gleichbleibender Höhe der Energiebarriere (Bandlücke) nimmt reziprok zur Feldstärke deren Tunnelbreite ab.
Als Folge können sich Elektronen und Löcher mit einer gewissen Wahrscheinlich1
Die zugehörige Spannung Vπ ist eine Kenngröße für MZI’s.
Der Grund hierfür ist die verteilte Zuführung des Modulationssignals entlang eines (am
Ende abgeschlossenen) elektrischen Wellenleiters (in Abb. 2.3 nur angedeutet).
2
2.2 Externe Modulation von Halbleiterlasern
13
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
n-Kon.
p-Kon.
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
∼
n-InP
InP:Fe
p-InP
i-SL-MQW
BCB
p-Kontakt
R0
C0
Homogene
RC-Leitung
n-Kontakt
Spannung über dem inneren MQW
Abb. 2.4: Schematischer Aufbau und elektrisches Ersatzschaltbild des für ein
40 Gbit/s-System [41, 2] vorgesehenen differentiellen EAM-Chips. Für die
wichtigsten Parameter des inneren Quantumwell-Bereichs gilt R0 ≈ 5 Ω
und C0 ≈ 100 fF [2]. Das über C0 anliegende Feld bestimmt die Absorption
des entlang des Wellenleiters unter dem p-Kontakt geführten Lichtes.
keit (Betragsquadrat der Schrödingerwellenfunktionen) in der verbotenen Zone
aufhalten. Dadurch steigt aber die Wahrscheinlichkeit der Absorption von Photonen mit Energien, die kleiner als die Bandlücke sind, weshalb man auch von
tunnelunterstützter Photonenabsorption spricht.
In der jüngeren Vergangenheit macht man sich in der Elektrooptik zunehmend die speziellen Eigenschaften von Elektronen in Quantenbehältern zunutze.
Für die Realisierung von Modulatoren ist der “quantum confined Stark effect”
(QCSE) von besonderem Interesse. Hierbei nutzt man die Quantisierung der
Energiezustände in einem Quantenfilm (zweidimensionales Elektronengas) und
die Verkippung dieser Bänder unter einem angelegten elektrischen Feld. Wie beim
Franz-Keldysh-Effekt bewirkt letzteres eine Verschiebung der Absorptionskante
zu größeren Wellenlängen. Aufgrund der Energiequantelung ist die Empfindlichkeit, also der Einfluß des elektrischen Feldes auf den Absorptionsverlauf, jedoch
erheblich stärker als beim Franz-Keldysh-Effekt3 .
Abb. 2.4 zeigt schematisch den Aufbau eines solchen EAMs. Dabei handelt
es sich um einen für ein zukünftiges 40 Gbit/s-System (PhotonikII [41, 2, 8])
von der Firma Infineon entwickelten Chip für den im Rahmen dieser Arbeit ein
speziell zugeschnittener Modulatortreiber entwickelt und realisiert wurde [27, 7].
3
Neben der Fundamentalabsorption treten in Quantenfilmen exzitonische Effekte (Bildung
eines gebundenen Elektron-Loch-Doublets) auf, deren Anregungsenergie noch unterhalb der
Leitungsbandkante liegt (z.B. [37]).
14
2. Elektrooptische Modulationsverfahren
EAM-Modul
iG
RB
iP
5Ω
220 Ω
iC= dQ
dt
C pin
500 fF
upin
300 fF
0,5 nH
Z W= 50 Ω
50 Ω
ηin Pin
Treiber
Kap. 5.2.1
optischer Eingang
iC
Q
$ +-,/. Pout
1 pF
optischer Ausgang
!#" %$ !
&
' ()*"
0+-,/.13254 !#"76%$ !
Abb. 2.5: Großsignalersatzschaltbild eines EAMs. In den Gleichungen steht Q für die
Ladung im Quantumwell, ηin und ηout beschreiben die Kopplungseffizienzen,
ηOE ist die elektrooptische Effizienz, A(upin ) ist der Absorptionsfaktor und
τ (upin ) die (näherungsweise für Elektronen und Löcher gleich angesetzte)
Fluchtzeitkonstante der Ladungsträger aus dem Quantumwell. Desweiteren
sind iG und iP Generations- bzw. Fotostrom sowie Pin und Pout optische
Ein- bzw. Ausgangsleistung [42, 43].
Aufgrund der Beschränkung auf ausreichend kleine Lichtleistungen (geringer Fotostrom) und die im angestrebten Spannungsbereich (0 . . . 2 Vss ) näherungsweise lineare Spannungs-Absorptions-Kennlinie (geringe Verzerrung), kann bei der
Schaltungsentwicklung bezüglich der über der inneren Quantumwell-Kapazität C0
anliegenden Spannung optimiert werden. In der Regel müssen bei EAMs jedoch
auch elektrisch-optische und optisch-elektrische Effekte berücksichtigt werden.
Dies soll kurz anhand eines weiteren EAMs betrachtet werden, für den ebenfalls
ein Treiber entworfen wurde (Kap. 5.2.1). Abb. 2.5 zeigt ein Großsignalersatzschaltbild dieses EAMs [42, 43].
Neben einem durch den Absorptionsfaktor A(upin ) beschriebenen nichtlinearen elektrooptischen Effekt ist in Form des Fotostroms eine optoelelektrische
Rückkopplung gegeben: Der fließende Fotostrom (pin-Diode) reduziert über den
Spannungsabfall an RB und am Ausgangswiderstand des Treibers die Spannung
über dem Quantumwell upin . Die Auswirkung dieser optoelektrischen Rückkopplung kann der Abb. 5.14 des Kapitels 5.2.1 entnommen werden.
2.3 Vergleich der elektrischen Anforderungen der Modulationsverfahren
— Topologie von Laser- und Modulatortreibern
2.3
Vergleich der elektrischen Anforderungen
der Modulationsverfahren — Topologie von
Laser- und Modulatortreibern
Die vorangehenden Abschnitte zeigen die Vielfalt unterschiedlicher Lastverhältnisse und elektrischer Anforderungen denen sich der Entwickler von Treiberschaltungen für optische Sendeelemente gegenübersieht: Drei verschiedene elektrooptische Modulationsverfahren wurden vorgestellt. Jedes hat seine Vor- und Nachteile, sowohl in optischer als auch in elektrischer Hinsicht.
Direkte Modulation von Laserdioden . . .
. . . ist optisch betrachtet einfach und oft die kostengünstigste Alternative, nicht
zuletzt auch aufgrund des geringen Platzbedarfs.
. . . ist eine schaltungstechnische Herausforderung, da nicht nur hohe Modulationsstromhübe benötigt werden, sondern — aufgrund von Alterungseffekten
— diese in einem weitem Bereich einstellbar sein müssen.
. . . ist in hochbitratigen und/oder Weitverkehrsnetzen problematisch, da die
möglichen Regeneratorabstände durch den “laser chirp” begrenzt werden.
Externe Modulation mit Mach-Zehnder-Interferometern . . .
. . . stellt selbst bei höchsten Frequenzen moderate Anforderungen an den
Ausgangsreflexionsfaktor der Treiberschaltung aufgrund der breitbandigen
50 Ω-Anpassung des elektrischen Modulationseingangs.
. . . nutzt den linearen optischen Effekt und benötigt daher hohe Modulationsspannungen (meist > 3 Vss ) und/oder lange elektrooptische Wirkstrecken.
. . . ist in der Bandbreite durch den fehlenden Synchronismus von elektrischer
und optischer Welle (“velocity mismatch”) begrenzt, der die Länge der elektrooptischen Wirkstrecke beschränkt und damit wiederum den Spannungshub bestimmt (Hub-Bandbreite-Kompromiß, ≈ 5 Vss bei 40 Gbit/s).
. . . benötigt Keramiken (LiN bO3 , LiT aO3 ), die nicht ohne weiteres mit den bei
externer Modulation zusätzlich benötigten Laserdioden integrierbar sind.
Externe Modulation mit Elektroabsorptionsmodulatoren . . .
. . . nutzt einen Quanteneffekt aufgrund dessen nur vergleichsweise geringe Modulationsspannungen (z.T. nur 1 . . . 2 Vss ) benötigt werden.
. . . hat den Vorteil einer Integrierbarkeit mit der sowieso benötigten Laserdiode
und Treiberschaltung (in III-V-Verbindungshalbleiter-Technologie).
. . . leidet unter der im Vergleich zum MZI schlecht angepaßten elektrischen Eingangsimpedanz von EAM-Modulen, die eine Ansteuerung über Leitungen
stark erschwert.
15
16
2. Elektrooptische Modulationsverfahren
Ein Problem, dem sich der Entwickler von Treiberschaltungen gegenübersieht, ist der systemseitige Wunsch, das elektrooptische Sendeelement möglichst
flexibel wählen zu können. Dies hängt zum Einen damit zusammen, daß die Entscheidung für das jeweilige Modulationsverfahren zu einem nicht unwesentlichen
Teil auch eine Kostenfrage ist. Andererseits spielt aber auch die reine Verfügbarkeit eine Rolle. Bei kleineren Datenraten bis etwa 10 Gbit/s konkurrieren die drei
oben diskutierten Modulationsverfahren, oberhalb von 10 Gbit/s werden aufgrund des “laser chirp”-Effektes externe Modulationsverfahren eingesetzt, wobei
bei höchsten Datenraten von 40 Gbit/s bislang nur MZI-Modulatoren kommerziell verfügbar sind.
Glasfaser
U1 ≥ 0
2. Treiberzelle
1. Treiberzelle
Ausgangsstufe
RSS1
(EF)µ
SS1
LD PD
RP
I
(EF)ν
LP
Q
SS2/
KAS
IQ
IN
I bias
QN
Ausgangskreis
optischer
elektrischer
Monitor
∼∆ I Q
−
+
APC
Strom-Stellnetzwerk
U0 < 0
Abb. 2.6:
Schematisches Blockdiagramm der realisierten Laser- und Modulatortreiber. Die Beschaltung des Ausgangs zeigt einen möglichen Einsatz in einem direkt modulierten
Sender mit Leistungsregelung (APC: automatic power control). Laserdiodenmodule
sind meist an einen Wellenwiderstand von 50 Ω angepaßt4 .
In der vorliegenden Arbeit werden Treiberschaltungen für alle drei diskutierten Modulationsverfahren bei Datenraten von 10 bis 40 Gbit/s entwickelt.
Die dabei zugrundeliegende prinzipielle Topologie ist schematisch in Abb. 2.6
4
Die eigentliche Laserdiode weist einen Eingangswiderstand im Bereich von 5 Ω auf. Neben
50 Ω-Modulen sind auch 25 Ω-Module erhältlich.
2.3 Vergleich der elektrischen Anforderungen der Modulationsverfahren
— Topologie von Laser- und Modulatortreibern
dargestellt. Den Schaltungskern bilden zwei hintereinandergeschaltete Grundzellen der Stromschaltertechnik —und hier genauer— der E 2 CL-Schaltungstechnik.
Jede Treiberzelle setzt sich aus mehreren kaskadierten Emitterfolgerstufen (EF
in Anzahlen ν, µ=1 . . . 3) zusammen, welche Stromschalterstufen (SS ) ansteuern. Aus Gründen auf die hier nicht näher eingegangen werden soll [44] hat sich
bei Hochgeschwindigkeits-Schaltungen für die optische Übertragungstechnik diese
Variante der Stromschaltertechnik gegenüber der vorwiegend in Logikschaltkreisen dominierenden “klassischen” ECL-Schaltungstechnik durchgesetzt.
Aufgabe der ersten Treiberzelle ist die Entkopplung des Eingangs von der
stark belasteten zweiten Treiberzelle. Gleichzeitig verstärkt sie die Eingangsspannung (typisch 2 × 250 mVss ) auf den zum ausreichend schnellen Schalten der
Ausgangsstufe notwendigen Eingangshub der zweiten Zelle (typisch 2 × 600 mVss
für einen Schaltstrom von ca. 100 mA in der Ausgangsstufe). In dem in Abb. 2.6
gewählten Beispiel einer direkten Lasermodulation setzt sich die Ausgangsstufe
lediglich aus der zweiten Stromschalterstufe SS2 und einem passiven Ausgangskreis zusammen. Die jeweilige Realisierung dieser elektrooptischen Schnittstelle ist im Einzelfall natürlich von dem anzusteuernden optischen Sendeelement
abhängig. Dieser Thematik widmet sich Kap. 5.
Es verbleibt schließlich der als Strom-Stellnetzwerk bezeichnete Block.
Benötigt wird ein solches Netzwerk, wenn der Ausgangshub bei gleichbleibender Signalqualität in einem weiten Bereich (beispielsweise Faktor 4) einstellbar
sein muß, beispielsweise zur automatischen Kompensation von Alterungseffekten
in der Strom-Lichtleistungscharakteristik eines direkt modulierten Lasers. In diesem Fall müssen interne Ströme gekoppelt an den Schaltstrom der Ausgangsstufe
eingestellt werden. Diese Thematik wird detailliert im Kap. 4.3 behandelt.
17
Kapitel 3
Entwurfsprinzipien
3.1
Transistormodellierung
Typische differentielle Hübe von E 2 CL-Schaltungen für den Einsatz in optischen
Übertragungssystemen höchster Datenraten (≥ 10 Gbit/s) betragen zwischen
2 × 150 mVss = 300 mVss an internen Schnittstellen und etwa 2 × 400 mVss =
800 mVss an Schnittstellen zur externen Peripherie. Demgegenüber liegen die
maximalen einphasigen Ausgangshübe, der in dieser Arbeit realisierten Laserund Modulatortreiber, bei 3,5 Vss (differentiell ≥ 7 Vss ) und darüber. Sie sind
damit also durchaus eine Größenordnung (!) höher1 . Bedingt durch die hierbei
auftretenden hohen Ströme ergeben sich im Vergleich zu anderen Schaltungen für
die optische Übertragungstechnik Besonderheiten beim Transistorentwurf. Nahezu alle Transistoren müssen als Transistorstrukturen mit Mehrfach-Emittern und
Mehrfach-Kollektoren realisiert werden.
Eine Möglichkeit besteht in der Parallelschaltung mehrerer Einzeltransistoren mit einem oder zwei Emitterstreifen. Aufgrund des technologisch bedingten
Mindestabstandes, welcher zwischen zwei Transistorboxen eingehalten werden
muß, bringt eine solche Lösung einerseits relativ hohen Platzbedarf mit sich.
Andererseits kann es, speziell bei höchsten Datenraten, z.B. 40 Gbit/s, durch die
parasitäre Elemente der relativ langen Verdrahtungswege, zu Einbußen in der
Signalqualität, unter Umständen sogar zur Oszillation der Schaltung kommen
(vgl. auch Kap. 6.2).
Eine weitaus bessere Lösung ist die “Verschmelzung” mehrerer Transistorstrukturen innerhalb einer gemeinsamen Isolationsbox, indem die parallelzuschaltenden Einzeltransistoren mit einem gemeinsamen vergrabenen Kollektor (sog.
1
Eine Ausnahme bildet der 40 Gbit/s-EAM-Treiber (vgl. Kap. 5.3). Auch mit dieser Schaltung wurde aber ein für diese Datenrate hoher differentieller Ausgangshub von 2,5 Vss erreicht.
20
3. Entwurfsprinzipien
Subkollektor, “buried layer”) ausgeführt werden. Dies führt zum Einen zu einer Reduktion der Länge der Verdrahtungswege zwischen den einzelnen Basis-,
Kollektor- und Emitteranschlüssen. Gerade bei Transistoren mit höherer Zahl von
Emitterstreifen (nE ≥ 8) macht sich aber ein weiterer Effekt positiv bemerkbar.
Durch die Verschmelzung mehrerer Isolationsboxen zu einer, reduziert sich sowohl
die Gesamtfläche des Subkollektors als auch dessen Randumfang. Dies führt zu
einer Reduktion von Boden- und Randanteilen der Kollektor-Substratkapazität
und —in geringerem Maße— auch der Basis-Kollektor-Oxidkapazitäten [1].
Als Schaltungsentwickler, der solche Multistreifen-Transistorstrukturen vorteilhaft in schnellen Treiberschaltungen einsetzen möchte, sieht man sich jedoch dem Problem einer im allgemeinen fehlenden Unterstützung in den
Transistormodell-Bibliotheken des Halbleiterherstellers gegenüber. Zur Lösung
dieser Problematik werden in dieser Arbeit zwei Vorgehensweisen verwendet.
Im Fall der Fertigungstechnologie B6HF der Firma Siemens werden
Multistreifen-Sonderstrukturen durch Skalierung der Modellparameter von Standardtransistoren (meist CBEBEBC-Typ) modelliert. Die oben diskutierten Abweichungen von rein multiplikativen Skalierungsregeln können unter Verwendung
weniger geometrischer Abmessungen und spezifischer Parameter berücksichtigt
werden2 .
Für hochfrequente Mobilfunkanwendungen und SDH-Systeme3 höchster Datenraten (20 Gbit/s, 40 Gbit/s) wurde von der Firma Siemens (mittlerweile:
Infineon Technologies) ein fortschrittlicher Laborprozeß entwickelt [46]. Mit dieser Technologie werden in dieser Arbeit ein 20 Gbit/s-Modulatortreiber sowie
eine Treiberschaltung zur direkten Ansteuerung eines Elektoabsorptionsmodulators (EAM ) bei einer Datenrate von 40 Gbit/s realisiert. Da die Schaltungsentwicklung bei Verwendung einer Labortechnologie zwangsläufig parallel zu deren Weiterentwicklung verläuft, liegen Transistormodelle auf Basis gemessener
Transistoren nur zeitversetzt zum aktuellen Technologiestand vor. Um dennoch
einen Schaltungsentwurf mit jeweils aktuellen Transistordaten zu ermöglichen,
wurde ein spezielles Rechnerprogramm mit dem Namen Tramod (TRAnsistor
MODellierung) entwickelt [1]. Es erlaubt die Berechnung der Modellparameter
beliebiger Transistoren (insbesondere auch der oben diskutierten Sonderstrukturen) aus deren geometrischen Abmessungen sowie spezifischen elektrischen
und technologischen Parametern. Im Gegensatz zu den Meßdaten einer kompletten Transistorbibliothek liegen solche Daten aus numerischen Prozeß- und
Bauelement-Simulationen sowie der Messungen an Teststrukturen zeitlich sehr
2
Hierzu wurde ein Programm entwickelt, das im wesentlichen laterale Abmessungen und
spezifische Kapazitäten des Subkollektors benötigt [45].
3
SDH = Synchronous Digital Hierarchy.
3.1 Transistormodellierung
viel früher vor4 . Eine komplette Beschreibung von Tramod würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen. Im folgenden wird daher nur ein kurzer
Überblick über die Funktionsweise von Tramod gegeben. Für eine detaillierte
Beschreibung, auch des theoretischen Hintergrundes, sei der interessierte Leser
auf [1] verwiesen.
Die prinzipielle Vorgehensweise bei der Berechnung der Modellparameter
ist an das bereits früher in der Arbeitsgruppe Halbleiterbauelemente entwickelte
Programm Tradica angelehnt [47]. Die wesentlichen Unterschiede zu diesem
Programm können wie folgt zusammengefaßt werden:
• Anpassung an den Transistoraufbau der SEG(selectively epitaxial growth)Technologie.
• Berücksichtigung von Sonderstrukturen mit mehr als zwei Emitterstreifen.
• Deutlich beschleunigter Ablauf durch “Batch-Betrieb” auf Basis der vom
Anwender spezifizierten Transistortabelle.
• Selbstdokumentierend durch Anwendertabelle, sowie Warnmeldungen bei
Sonderstrukturen mit verbreitertem Kollektorkontakt. Darüberhinaus
brauchen nur die jeweiligen Dimensionierungstabellen aufbewahrt werden,
da hiermit jederzeit wieder die in der Simulation verwendeten Transistormodelle erzeugt werden können.
• Die Syntax der Tramod -Transistortabelle ist eine Untermenge der Bauelementtabelle von Tramod2Kic5 . Für den Benutzer bedeutet dies, daß
er in einer Tabelle seine Dimensionierung auflistet und diese sowohl zur
Erzeugung der Simulationsmodelle als auch zur Erzeugung der Module für
den Strukturentwurf (Layout) verwendet.
• Dynamische Generation von Parametervariablen aus einem TechnologieDatensatz. Hierdurch können in einfacher Weise Erweiterungen im Programm vorgenommen werden.
4
So sehr sich ein solcher, physikalischer Ansatz geradezu aufzudrängen scheint, so selten wird
dieser Weg von Halbleiterherstellern beschritten. Natürlich muß zunächst Aufwand eingebracht
werden. Die Flexibilität, insbesondere die Möglichkeit auf Technologieänderungen noch vor der
Fertigung von Transistoren zu reagieren, gleicht den anfänglichen Aufwand aber mehr als aus.
5
Tramod2Kic ist ein weiteres im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickeltes Programm [48]. Es verwendet dieselbe Anwendertabelle, um technologiekonforme Transistor und
Widerstand-Module für den Layout-Editor KIC [49] zu generieren. Damit ist die Grundlage für
einen detaillierten Strukturentwurf geschaffen, der einerseits eine schnelle Umsetzung in das
CAD-System des Halbleiterherstellers garantiert und andererseits für numerische Substratsimulationen benötigt wird [50, 51].
21
p+
bbl1
box21
bE +2 bS
np
box22
bbl4
C
n+
n+
box22
np
bE +2 bS
Abb. 3.1: ”Fundamentale” Transistorkonfigurationen in Tramod . Links: Querschnitt (oben) und Draufsicht (unten) eines Transistors in CBEB-Konfiguration. Rechts: Querschnitt zweier Transistorkonfigurationen mit je zwei Emitterstreifen. Man beachte, daß die Darstellungen nicht
maßstäblich sind. Die Relation der Querschnitte zueinander wird jedoch richtig widergegeben.
l ox2
l E +2 bS + l bl0
LOCOS
l pm
LOCOS
p+
4
5
CVD-Oxid
bbl2
box22
CVD-Oxid
n+
bS
CVD-Oxid
4
5
B
4
5
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&
'
B
2
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&
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'
4
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4
5
&
'
4
5
l ox1
2
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2
3
2
3
2
2
3
3
2
3
2
2
3
3
2
3
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(
)
)
(
)
(
(
)
)
(
)
(
(
)
)
(
)
(
(
)
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E
CVD-Oxid
CVD-Oxid
8
9
0
&
'
p-
8
9
.
&
'
bbl2
8
9
6
&
'
&
'
&
'
bE +2 bS
8
9
/.
+
/
bbl1
8
9
B
bE +2 bS
np
p+
bbl3
box23
CVD-Oxid
p+
$
%
p+
8
9
$
%
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p+
8
9
$
%
P
Q
p+
8
9
6
7
$
%
$
%
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9
6
7
$
%
$
%
n+
8
9
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7
$
%
$
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w ox2
8
9
6
7
$
%
$
%
P
P
Q
P
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box22
L
M
6
7
$
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$
%
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L
M
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$
%
$
%
n+
p+
p+
$
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9
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$
%
$
%
$
%
CVD-Oxid
L
M
8
9
T
U
$
%
$
%
$
%
$
$
%
%
$
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$
$
%
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$
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$
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$
%
$
%
$
"
%
"
#
CVD-Oxid
L
M
8
9
"
#
bpm
L
M
8
9
p
bE +2 bS
n
"
#
n-
L
M
8
9
"
#
box1
L
M
8
9
!
!
CVD-Oxid
L
M
8
9
!
!
n+
L
M
8
9
!
!
E
!
!
B
E
!
!
E
n+
n+
box22
B
box21
bbl1
bbl2
p+
p+
CVD-Oxid
!
!
B
N
p+
L
M
8
9
8
9
T
U
C
!
!
w ox1
pLOCOS
F
G
N
O
p
F
G
!
!
p+
F
G
F
G
N
O
n+
F
G
F
G
2
F
G
8
9
B
CVD-Oxid
(
8
9
)
8
9
(
8
9
)
8
9
(
8
9
)
8
9
(
8
9
)
8
9
(
8
9
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M
(
L
M
)
L
M
(
L
M
)
L
M
(
L
M
)
L
M
8
9
L
8
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L
M
L
L
M
M
L
M
L
L
M
M
L
M
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<
=
L
M
M
<
=
L
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1
0
<
L
M
1
0
=
L
U
T
M
U
T
L
U
T
M
U
T
L
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M
S
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*
<
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<
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S
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,-
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R
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&
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<
J
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J
K
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J
K
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J
K
'
J
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'
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:
;
!
-
:
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:
;
C
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:
;
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;
:
;
!
!
:
Q
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:
;
!
n+
pp+
LOCOS
!
:
;
=
H
I
<
H
H
I
I
H
I
DE@A
<
F
3
1
F
,
G
1
F
,
G
7
F
>
J
G
B
K
!
=
G
F
G
D@
K
!
H
=
<
H
=
!
!
!
C
!
!
!
B
!
!
!
E
!
N
"
N
#
n+
CVD-Oxid
N
O
N
O
bS
O
N
O
B
3. Entwurfsprinzipien
22
3.2 Dimensionierungsaspekte
Mit der aktuellen Programmversion V1.6 (August 1998) lassen sich verschiedenste Transistorkonfigurationen in beliebiger Emitterlänge und -breite sowie
Kollektorkontaktbreite modellieren. Erreicht wird dies, indem durch eine geeignete Definition von geometrischen Grundabmessungen die jeweilige Konfiguration auf Teile der in Abb. 3.1 skizzierten drei “fundamentalen” Transistorkonfigurationen zurückgeführt wird. Hierzu wurde ein Algorithmus implementiert,
der die vom Anwender spezifizierte Konfigurationsbezeichnung (z.B. CBEBEBC)
in fundamentale Symbole “aufbricht”. Es läßt sich zeigen, daß hiermit einfache Strukturen wie CBEB, aber auch die für Treiberschaltungen vorteilhaften
Multistreifen-Transistoren, beispielsweise BEBCBEBEBCBEBEBCBEB, modelliert werden können. Dabei kann der Anwender unter drei Modellen unterschiedlicher Komplexität und Gültigkeitsbereiches wählen. Der Aufbau dieser Transistormodelle kann dem Anhang und ausführlicher [1] entnommen werden.
Verschiedenste Schaltungen wurden in der Arbeitsgruppe Halbleiterbauelemente im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes PhotonikII [41] mit von
Tramod generierten Simulationsmodellen entworfen. Dabei wurden Datenraten
bis zu 60 Gbit/s (Zeitmultiplexer, [3]) und Betriebsfrequenzen von 42 GHz (statischer Frequenzteiler, [52]) erreicht. Auch die beiden kritischten Bausteine eines geplanten 40- Gbit/s-Übertragungssystems [2], Modulatortreiber [7, 27] und
Transimpedanz-Verstärker [53], konnten erfolgreich realisiert werden. Bemerkenswert ist die — trotz der hohen Datenrate — gute Übereinstimmung von Simulation und Meßergebnis (z.B. [27]), die nicht zuletzt auf die konsequente physikalische Transistormodellierung zurückzuführen sein dürfte. Hierdurch war es auch
möglich, Prozeßtoleranzen, wie sie im frühen Stadium eines neuen Technologieprozesses typisch sind, in einfacher Weise zu berücksichtigen.
3.2
Dimensionierungsaspekte
An dieser Stelle sollen grundsätzliche Aspekte bei der Optimierung von Transistoren und Widerständen in Treiberschaltungen diskutiert werden. Anders als bei
den meisten anderen Schaltungen bilden Schaltungs- und Strukturentwurf (Layout) bei schnellen Treiberschaltungen eine untrennbare Einheit. Dies bedeutet,
daß parallel zum Schaltungsentwurf und der Dimensionierung der Bauelemente
auch bereits der Strukturentwurf (zumindest in Teilen) bedacht werden muß, um
unnötige Entwurfs-Iterationen zu vermeiden 6 .
Aufgrund der großen Ströme sind die meisten Transistoren in Treiberschal6
Gemeint ist die Umdimensionierung von Bauelementwerten in der Phase des Strukturentwurfs der Schaltung.
23
24
3. Entwurfsprinzipien
tungen keine “punktförmig” konzentrierten Bauelemente. Neben den eigentlichen
Transistorkapazitäten (gemäß dem Transistormodell) ergeben sich daher aus der
Verdrahtung der Transistoranschlüsse weitere parasitäre Kapazitäten (im folgenden als “lokale Anschlußkapazitäten” bezeichnet). Gemeint sind hiermit parasitären Oxidkapazitäten durch die bei der Parallelschaltung mehrerer Einzeltransistoren zu einem “Treibertransistor” unvermeidbare Überlappung von Metallisierungsebenen7 .
Ein anderer Aspekt ist die Langzeit-Zuverlässigkeit. Um eine ausreichende
Sicherheit gegen Elektromigration, d.h. eine geforderte Lebensdauer zu garantieren, müssen für die Metallebenen, die Vias und den (Halbleiter-)Kontakt sogenannte Zuverlässigkeits-Stromdichten eingehalten werden. Dieser Punkt, der
bei vielen Schaltungen erst in der Phase des Strukturentwurfs auftaucht, ist bei
Treiberschaltungen auschlaggebend für die Wahl der Transistor-Konfigurationen,
steht im Entwurfsablauf also mit an erster Stelle (vgl. auch Abb. 3.3).
Bei den Polysilizium-Widerständen ist zu berücksichtigen, daß aufgrund der
hohen Ströme relativ großflächige Strukturen entstehen. Auch hier muß der Strukturentwurf möglichst frühzeitig bedacht werden, um die parasitäre Oxidkapazität des Widerstandes abschätzen zu können. Grenzbedingungen für integrierte Widerstände leiten sich entweder aus einer maximal tolerierbaren (lokalen)
Übertemperatur (→ Poly-Stromdichte) und/oder aus Zuverlässigkeitsaspekten
der Widerstandskontakte (→ Kontakt-Stromdichte) ab. Wie sich zeigen wird,
führt dies, bei vorgegebenem Widerstandswert, zu unterschiedlichen Konsequenzen bezüglich des Einflusses des Schichtwiderstandes auf die Größe der parasitären
Widerstandskapazität.
Für einen optimalen Entwurf von Treiberschaltungen benötigt der Schaltungsentwickler offensichtlich zunächst einmal einen maximalen Freiheitsgrad in
der Wahl der Transistoren. Während bei anderen Schaltungen meist wenige und
einfache Konfigurationen (CBEB, CBEBEBC) ausreichen, beginnt bei Treiberschaltungen der Entwurf mit der Wahl beziehungsweise mit dem Entwurf der
Transistorkonfiguration. Hier können sich zwei verschiedene Situationen ergeben:
a) Der Halbleiterhersteller stellt keine Sonderstrukturen mit (zum Beispiel)
mehr als drei Emitterstreifen zur Verfügung. In diesem Fall muß der
Schaltungsentwickler durch Parallelschaltung von Einzeltransistoren den
benötigten “Treibertransistor” nachbilden. Aufgrund der einzuhaltenden
Abstände zwischen den Einzeltransistoren, ist diese Lösung zwangsläufig
suboptimal bezüglich der oben definierten “lokalen Anschlußkapazitäten”.
7
Auch bei den im Kap. 3.1 diskutierten Multistreifen-Transistoren ergeben sich (in geringerem Maße) solche Zusatzkapazitäten (meist zwischen Kollektor und Emitter).
3.2 Dimensionierungsaspekte
b) Der Halbleiterhersteller erklärt sich grundsätzlich bereit Sonderstrukturen
zu prozessieren, so sie den DRC-Regeln genügen, jedoch liegen für solche individuellen Transistoren keine Simulationsmodelle vor8 . In diesem Fall muß
der Anwender aus den zugänglichen Daten selbst entsprechende Modelle
ableiten (s. Kap. 3.1). Dies bedeutet natürlich Zusatzaufwand, bietet aber
auch die Chance, sehr flexibel auf technologische Änderungen zu reagieren.
Bei den in dieser Arbeit entworfenen und realisierten Treiberschaltungen liegt
überwiegend der Fall b) vor. Die hierfür notwendigen Voraussetzungen — Modellierung beliebiger Transistorkonfigurationen für die Schaltungssimulation und
Bereitstellung entsprechender Module für den Strukturentwurf — werden in
Kap. 3.1 und detailliert in [1] behandelt.
Für die Diskussion der typischen Gesichtspunkte bei der Dimensionierung von Treiberschaltungen wird im weiteren Verlauf exemplarisch der für
ein 20 Gbit/s-Übertragungssystem entwickelte Modulatortreiber herangezogen.
Abb. 3.2 zeigt den Stromlaufplan der Schaltung. Verwendet wird ein durchweg
differentielles Konzept mit zwei hintereinander geschalteten “Grundzellen”. Eine “Grundzelle” setzt sich jeweils aus mehreren (differentiellen) Emitterfolgerstufen (EF ) zusammen (zwei in der ersten und drei in der zweiten Zelle), die
eine Stromschalterstufe (SS1 beziehungsweise SS2 ) ansteuern. Alle in dieser Arbeit entwickelten Treiberschaltungen verwenden (in teilweise leicht modifizierter
Form) solche “Grundzellen”. Deren im folgenden diskutierten Entwurfsaspekte
sind daher ganz allgemein auf die realisierten Treiberschaltungen anwendbar.
Mit Abstand den größten Einfluß auf die erreichbare Datenrate hat die ausgangsseitige Stromschalterstufe SS2. Durch die für die Ansteuerung externer Modulatoren (vgl. Kap. 2) benötigten hohen Modulationsspannungen ∆UQ tritt im
Ausgangskreis, d.h. an den Kollektorknoten der benötigten großflächigen SS2 Transistoren, eine große Tiefpaß-Zeitkonstante auf. Verstärkt wird diese Problematik durch die Notwendigkeit einer in der Regel einphasigen Ansteuerung
externer Modulatoren. Jeder der beiden SS2 -Transistoren muß daher für den
vollen zu ∆UQ gehörigen (internen) Stromhub ISS2 dimensioniert werden. Für
das Verständnis dieser Problematik soll im folgenden eine Abschätzung der Ausgangszeitkonstante τQ vorgenommen werden (analog zu [17], jedoch erweitert).
Bei Vernachlässigung von Bonddrahtinduktivitäten läßt sich die Ausgangsstufe näherungsweise als eine geschaltete Stromquelle verstehen, die eine effektive
Lastimpedanz Z Q,ef f ≈ RQ,ef f kCQ,ef f ansteuert (vgl. Abb. 3.2 rechts unten). Für
8
DRC steht für den sogenannten ”design rule check”, bei dem der Strukturentwurf auf die
Einhaltung von Mindestabständen und korrekten Aufbau von Bauelementen geprüft wird.
25
26
3. Entwurfsprinzipien
1. Zelle
2. Zelle
55 Ω
(47 Ω)
14 Ω
(12 Ω)
RI
LP
RPN
RP
uQ
100 Ω
(84 Ω)
EF5
EF2
u Id
L PN
RSS1
EF4
I
U1 = 0...2,8 V
Bonddrahtinduktivitäten,
typisch : 1 nH
R QN
50 Ω
Q
Z=50 Ω
QN
IN
RQ
EF6
EF3
SS2
SS1
ISS2
IEF3
IOS1
ISS1
IOS2
IEF6
ISS2
C Q,eff
R Q,eff
U0 = -5 V
1
8 ISS1
1
8
I EF6
1
8 ISS2
Abb. 3.2:
Zur Diskussion grundsätzlicher Gesichtspunkte der Transistoroptimierung in schnellen Treiberstufen. Stromlaufplan eines Modulatortreibers für ein 20 Gbit/s-Übertragungssystem [23, 31]. Ursprünglich für eine reine Si-Technologie entworfen, wurde die
Schaltung auch mit einer SiGe-Drifttransistortechnologie gefertigt. Die in Klammern
angegebenen Widerstandswerte berücksichtigen deren etwas kleineren PolysiliziumSchichtwiderstand (150 Ω/2 → 120 Ω/2).
die RC-Ausgangszeitkonstante ergibt sich auf diese Weise
τQ ≈ RQ,ef f · CQ,ef f = (RP kRQ ) · (CT,Q + CLtg,Q + ηR CR,Q + Cpad,Q )
CQ,ef f
= ∆UQ ·
(3.1)
ISS2
mit
CT,Q = CCB + CCS + CAS .
(3.2)
Hierin bezeichnet RQ,ef f den effektiven Lastwiderstand der Parallelschaltung
von internem (RP ) und externem (RQ ) Widerstand. Die effektive Ausgangskapazität setzt sich aus vier Komponenten zusammen. Die erste Komponente,
CT,Q , beschreibt näherungsweise den Anteil der Transistorkapazitäten. Wie am
Anfang dieses Kapitels erörtert, wird ein Treibertransistor zweckmäßigerweise
von Anfang an inklusive seiner lokalen Verdrahtungskapazitäten betrachtet. Ne-
3.2 Dimensionierungsaspekte
27
ben den Sperrschicht- und Oxidkapazitäten zwischen Basis und Kollektor (CCB )
und der Sperrschichtkapazität zwischen Kollektor und Substrat (CCS ) tritt daher in Gl. 3.2 ein Anteil CAS auf. Dieser Anteil beschreibt die aus der lokalen
Verdrahtung des Multistreifen-Transistors (hier: 8 Emitterstreifen) resultierende Anschlußkapazität9 . Häufig ist CAS vernachlässigbar klein, im konkreten Fall
hängt die Gültigkeit dieser Aussage aber von den Zuverlässigkeitsstromdichten
der verwendeten Fertigungstechnologie ab. Der zweite Term, CLtg,Q , steht für die
Leitungskapazität der Verbindung des Transistors mit dem Ausgangs-Bondfleck
(Pad). Dieser repräsentiert seinerseits eine weitere mit Cpad,Q bezeichnete kapazitive Last10 . Schließlich stellt ein Polysilizium-Widerstand eine RC-Leitung dar,
deren Gesamtkapazität CR,Q anteilig (ηR · CR,Q ) in Gl. 3.1 eingeht [56].
Für genauere Betrachtungen müßte das Substratgebiet unter dem Ausgangskreis, also unter den Abschlußwiderständen, dem Subkollektor der Ausgangstransistoren und den mit Subkollektor abgeschirmten Bondflecken modelliert werden.
Eine entsprechende sehr aufwendige Modellierung wurde für den in Kap. 5.2.1
diskutierten Modulatortreiber auch durchgeführt, wobei ein spezieller Substratsimulator [50] verwendet wurde. Ziel der folgenden Betrachtungen ist jedoch das
prinzipielle Verständnis der Problematik und nicht eine mathematisch “exakte”, aber unüberschaubare Beschreibung. Zu diesem Zweck soll Gl. 3.1 in eine
Form gebracht werden, aus der einerseits Entwurfsempfehlungen für den Schaltungsentwickler und andererseits technologische Forderungen an eine besonders
für Treiberstufen geeignete Bipolartechnologie abgeleitet werden können. Durch
Einführung der Kollektorstromdichte jC , der Stromdichte jM im Metall der Ausgangsleitung und der Stromdichte jpoly im Polysilizium des Abschlußwiderstandes
ergibt sich zunächst für die einzelnen Ströme
ISS2 = AE · jC = nE · bE · lE · jC ,
IM = tM · bM · jM ,
und
9
Ipoly = tpoly · bpoly · jpoly =
(3.3)
(3.4)
RP
ISS2 .
RP + RQ
(3.5)
CAS liegt je nach Strukturentwurf zwischen Kollektor und Emitter und/oder Kollektor und
Basis der Ausgangsstufentransistoren.
10
Bei hohen Betriebsgeschwindigkeiten ist es bei Siliziumtechnologien vorteilhaft, Leitungen
und Bondpads mit einer unteren Metallisierungsebene oder mit einer Subkollektor-Wanne (sogenannter buried layer) abzuschirmen. Anders als bei III-V-Verbindungshalbleitern, z.B. GaAs,
stellt das Siliziumsubstrat ein verlustbehaftetes Dielektrikum dar. Es eignet sich daher nur bedingt als Dielektrikum für Leitungen [54, 55].
28
3. Entwurfsprinzipien
Hierin ist AE die effektive Emitterfläche, die sich aus nE parallel geschalteten Emitterstreifen mit der Breite bE und der Länge lE zusammensetzt. Die
Größen bM und tM sowie bpoly und tpoly stehen für Breite und Dicke der für die
Ausgangsleitung verwendeten (obersten) Metallisierungsebene beziehungsweise
für Breite und Dicke der poly-Schicht des Ausgangs-Abschlußwiderstandes. Je
nach Strukturentwurf lassen sich bei der Ausgangsleitung unterschiedlich breite
Teilstücke unterscheiden, welche Transistor, Abschlußwiderstand und Ausgangspad miteinander verbinden. Zur Wahrung der Übersicht wird auf eine entsprechende Aufschlüsselung in Gl. 3.4 verzichtet. Natürlich wird man einen Strukturentwurf anstreben, der die Gesamt-Leitungskapazität minimiert11 . Neben elektrischen Aspekten müssen hierbei aber gegebenenfalls auch Überlegungen zur
Abfuhr der in den Ausgangsstufentransistoren und den Abschlußwiderständen
erzeugten Wärmeleistung berücksichtigt werden: Die Wärmekonvektion an den
Kanten versenkt aufgebauter Halbleiterchips (vgl. Abb. 7.6) ist gering und die
Chipkanten können daher bezüglich der Wärmeleitung als adiabatische Wand
betrachtet werden. Je näher die Wärmequellen zur Chipkante plaziert werden,
umso stärker wird die zusätzliche Temperaturüberhöhung durch die virtuellen
Spiegel-Wärmequellen (Spiegelungsprinzip).
Zur Vereinfachung der weiteren Betrachtungen seien die Randfeldanteile der
Oxidkapazitäten (CLtg,Q , CR,Q und Cpad,Q ) vernachlässigt12 . Mit den jeweiligen
Oxiddicken toxν folgt dann
CLtg,Q =
εox
εox
IM
lM IM
0
· bM · lM =
·
· lM = Cox1 ·
·
, (3.6)
tox1
tox1 tM · jM
tM jM
εox
εox
· bpoly · lpoly =
·
tox2
tox2
εox
1
= ∆UQ · ISS2 ·
·
tox2 rS,poly
|{z}
0
Cox2
CR,Q =
und
11
Cpad,Q =
RP
rS,poly
·
εox
0
· Apad = Cox3 · Apad ,
tox3
· b2poly
1
·
(tpoly · jpoly )2
1
,
RP
1+
RQ
(3.7)
(3.8)
Bedingt durch die großen Ströme (breite Leitung) entartet die Ausgangsleitung in sehr
guter Näherung zu einer rein kapazitiven Last.
12
Diese könnten in den abzuleitenden Ausdruck aufgenommen werden haben aber keinen Einfluß auf die grundsätzlichen Schlußfolgerungen. Beim Entwurf werden Randfeldanteile natürlich
über geeignete Formeln berücksichtigt [57].
3.2 Dimensionierungsaspekte
29
so daß sich für Ausgangszeitkonstante aus Gl. 3.1
τQ = ∆UQ ×
"
εox
lM
IM
1 1 CT,Q
·
·
+
·
·
bE jC nE lE
tox1 tM jM ISS2
εox
1
1
εox Apad
+
·
+
·
·
·
tox3 ISS2
tox2 rS,poly (tpoly · jpoly )2
ηR
RP
1+
RQ
#
(3.9)
schreiben läßt. Darin bezeichnet εox die (Gesamt-)Permittivität von Siliziumdioxid (εox = ε0 · 3,9), lM ist die Leitungslänge und rS,poly ist der Schichtwiderstand des Polysilizium-Widerstandes. Die Coxν = εox /toxν , ν = 1, 2, 3 stellen die
flächenspezifischen parasitären Oxidkapazitäten der Leitung, des Bondflecks und
des Polysilizium-Widerstandes dar. Zum Polysilizium-Widerstand sei noch angemerkt, daß dessen parasitäre Oxidkapazität verteilt angreift. Dies wird beim
Entwurf auch berücksichtigt, indem die Last als RC-Leitung beschrieben wird.
Näherungsweise können den beiden Widerstandsenden auch Ersatzkapazitäten
ηR · CR,Q und (1 − ηR ) · CR,Q zugeordnet werden, wobei der Wert von ηR von
dem signalmäßigen Verhältnissen an den Widerstandsknoten (Signalknoten, Signalmasse) abhängt [56].
Aus Gl. 3.9 lassen sich die typischen Entwurfsprobleme der Ausgangsstufen
schneller Treiberschaltungen ableiten. Hierzu zeigt Abb 3.3 die Ausgangszeitkonstante τQ , “aufgespannt” zwischen schaltungstechnischen Maßnahmen und
technologischen Forderungen zur Minimierung ihrer jeweiligen Einzelanteile.
Die Hauptproblematik erwächst aus der Proportionalität eines Großteils der
Anteile von τQ zum Ausgangshub ∆UQ und den hohen Spannungshüben, die
für die Ansteuerung optischer Modulatoren benötigt werden13 . Da die Forderung
bezüglich ∆UQ systemseitig vorgegeben ist, gilt es den in Klammern stehenden
Ausdruck zu minimieren. Wie in Abb. 3.3 dargestellt, hat der Schaltungsentwickler hierzu eine Reihe von Möglichkeiten. Grenzen sind ihm in erster Linie
durch Technologiespezifikationen und durch die Aufbautechnik gesetzt (minimal
benötigte Padgröße für das eingesetzte Bondverfahren). Abb. 3.3 spricht für sich
selbst, so daß zu den einzelnen Punkten nur einige ergänzende Bemerkungen
gemacht werden sollen.
13
Dies gilt in der Regel auch bei direkter Modulation von Laserdioden, da entsprechende
Module meist an die weit verbreitete 50 Ω-Leitungsumgebung angepaßt werden. Hohe Ströme
bedingen dann zwangslaüfig auch hohe Spannungshübe am Moduleingang.
30
3. Entwurfsprinzipien
• Bei konstanter Emitterfläche führen viele und
kurze Emitterstreifen zu größeren Sperrschichtkapazitäten als wenigere und längere Streifen.
Minimiere daher nE , beachte jedoch: Minimale
Emitterstreifenzahl nE technologisch bestimmt
durch zulässige Stromdichte im Metallstreifen
und/oder im Kontakt.
!
• Wähle jC = max. = jCK , falls Gegenkopplung durch Emitterwider0
stand, rE · IC = rE · jCK , toleriert
werden kann.
• Da CT,Q für nicht zu kleine lE
nur schwach von bE abhängig,
wähle Emitterbreite bE > bE,min ,
falls rBi - und rBa -Erhöhung toleriert werden kann.
@
@
@
@
@
• Wähle oberste Metallebene für
Ausgangsleitung (tox1 maximal).
• Wähle minimale Leitungsbreite,
!
d.h. jM = max. = jM,ZU V .
• Minimiere die “gewichtete Leitungslänge” lM · IM /ISS2 .
('
'
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G
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ED
#"/.
* ,6,7#"/, 2 #:<;
2 >:?;
2 >:?;@
A
D F
A
A
• systemseitige Vorgaben
!
• Wenn Temperaturüberhöhung ∆T
(Modulationsverfahren).
poly ≤ ∆Tmax bestimmend
ist, hat wegen ∆Tpoly ∼ (jpoly tpoly )2 · rS,poly der Zahlenwert
• minimale Fläche des Bondvon rS,poly keinen Einfluß auf diesen Anteil der Zeitkonstante.
flecks abhängig von der Auf•
Häufig, vor allem bei hohen Temperaturen, ist die Konbautechnik (Bondverfahren).
taktstromdichte, I 0 kon , der begrenzende Faktor. Dann ist
0
jpoly tpoly = Ikon · (1 − 2∆ovl /bpoly ), (∆ovl : seitlicher Überlapp des Polysiliziums über die Kontaktbreite). Ein kleinerer
Schichtwiderstand ergibt dann eine größere kapazitive Last !
Abb. 3.3: Minimierung der RC-Zeitkonstante τQ im Ausgangskreis schneller Treiberschaltungen durch schaltungstechnische Maßnahmen und geeigneten Strukturentwurf.
Einen Hauptanteil von τQ macht der erste Term aus, dessen Minimierung
daher besonders wichtig ist. Offensichtlich ist hierzu zunächst eine Minimierung der Emitterfläche des Transistors, also eine Dimensionierung mit maximaler, den Einsatz von Hochstromeffekten markierenden Kollektorstromdichte,
!
jC = max. = jCK , anzustreben. Hochstromeffekte werden in Kap. 4.4 noch ge-
3.2 Dimensionierungsaspekte
31
nauer untersucht. An dieser Stelle sei nur bereits erwähnt, daß bei breiterem
Emitter Hochstromeffekte bei kleineren Kollektorstromdichten einsetzen. Dies
muß bedacht werden, wenn zur weiteren Reduktion des ersten Zeitkonstantenanteils, wie in Abb. 3.3 empfohlen, der Emitter verbreitert wird. Bedacht werden
muß hierbei außerdem die Zunahme des Basisbahnwiderstandes (rBi × 4, bei
konstant gehaltener Emitterfläche, rBa ∼ 1/lE ). Der sogenannte elektrische 2.
Durchbruch wird hierdurch begünstigt14 . Durch die großen Ströme (große Gesamtemitterlänge) ist der Wert von rBi im Fall der Ausgangsstufentransistoren
jedoch in der Regel trotz Emitterverbreiterung noch ausreichend klein (sowohl
bezüglich Operationsgeschwindigkeit als auch des Transistordurchbruchs).
Schließlich bedarf noch die in Abb. 3.3 empfohlene Minimierung der Zahl
der Emitterstreifen (nE ) einer Erläuterung. Die Kollektor-Basiskapazität setzt
sich aus Oxidkapazitäten und der Sperrschichtkapazität zusammen. Sowohl Teile der Oxidkapazitäten als der Sperrschichtkapazität sind unabhängig von der
Emitterlänge lE (eines Streifens), somit gilt im guter Näherung:
0
0
CCB ≈ nE · (C0 + C · lE ) = nE · C0 + C · nE lE = nE · C0 +
AE
0
·C
bE
, (3.10)
wo C0 und C 0 den konstanten beziehungsweise den (Emitter-)längenspezifischen
Anteil bezeichnen. Die Kollektor-Substratkapazität setzt sich aus Boden- und
Randanteil zusammen. Mit der Breite bbl und dem Überlapp des Subkollektors
(buried layer) über die Emitterlänge lbl0 läßt sich schreiben [1]:
0
0
CCS,b · bbl lbl
+
CCS,r · 2(bbl + lbl )
z
}|
{ z
}|
{
0
0
≈ CCS,b · nE (bE + bbl0 ) · (lE + lbl0 ) + CCS,r · 2 [ nE (bE + bbl0 ) + lE + lbl0 ]
bbl0
0
= CCS,b · [ AE + AE
+ nE (bE + bbl0 )lbl0 ]
bE
AE
0
+CCS,r · 2 [ nE (bE + bbl0 ) +
+ lbl0 ] .
(3.11)
n E bE
CCS =
Hierbei wurden in beiden Gleichungen, die von der Transistorkonfiguration
abhängigen Anteile vernachlässigt, um das prinzipielle Verständnis zu erleichtern.
Beim Entwurf werden diese Anteile natürlich (durch Tramod, vgl. Kap. 3.1) korrekt berücksichtigt. Offensichtlich nehmen CCB und der Bodenanteil von CCS bei
konstanter Emitterfläche AE und -breite bE mit steigendem nE zu. Zuverlässigkeitsaspekte (Elektromigration in den Metallstreifen) beschränken jedoch die
Wahl von nE . Aus diesem Grund beginnt der Entwurf der Ausgangsstufentransistoren zweckmäßigerweise mit Überlegungen zu dessen Strukturentwurf.
14
Die Problematik des Transistordurchbruchs wird in Kap. 4.5 genauer behandelt.
32
3. Entwurfsprinzipien
Der Vollständigkeit halber sei als letztes an dieser Stelle bereits vermerkt, daß
auch CT,Q durch den Entwurf spezieller “Treibertransistoren” reduziert werden
kann. Diese Möglichkeit wird im anschließenden Kap. 3.3 näher erläutert.
Bislang wurde nur die Ausgangsstufe, d.h. die Optimierung der Transistoren des Stromschalters SS2 betrachtet. Diese Vorgehensweise ist in sofern
zweckmäßig, als daß die Minimierung der RC-Ausgangszeitkonstante τQ eine notwendige Voraussetzung zur Erzielung höchster Datenraten darstellt. Auch das zur
weiteren Verbesserung der Pulsform eingesetzte, im Kap. 5.1.1 diskutierte Netzwerk mit Bonddraht-Induktivitäten ändert nichts an diesem prinzipiellen Optimierungskriterium. Der Einfluß der Ausgangsstufe beschränkt sich jedoch nicht
nur auf den Ausgangskreis des Treibers. Vielmehr ist ihre Dimensionierung auch
entscheidend für die Dimensionierung der sie ansteuernden Schaltungsteile.
Folgerichtig beginnt daher der Entwurf von Treiberschaltungen mit der Ausgangsstufe und arbeitet sich von hier aus in Richtung Eingang vor.
Für die externe Modulation von Halbleiterlasern sind (einphasige) Hübe um
und über 3 Vss an (extern) 50 Ω keine Seltenheit. Wird zusätzlich ein sendersei< −10 dB, entsprechend einem
tiger Teilabschluß gefordert, beispielsweise |s22 | ∼
internen Ausgangswiderstand von 100 Ω, so müssen in der Ausgangsstufe (inter> 90 mA geschaltet werden.
ne) Ströme von ISS2 ∼
Allein der Aufbau beziehungsweise das Ausräumen der Minoritätenladung
in den SS2-Transistoren führt bereits zu beträchtlichen positiven und negativen Spitzen im Basisstrom. Hierzu addiert sich jedoch noch ein Anteil, der
die Kollektor-Basiskapazität (CCB ) und, in geringerem Maße, die Basis-EmitterSperrschicht- (CBE,j ) und Oxidkapazität (CE,ox ) umlädt, somit für den Schaltvorgang des inneren Transistors also “verloren” geht15 . Dabei wirkt CCB im Basiskreis näherungsweise um den Faktor
km = ∆UQ /∆USS1 − 1 = 3000 mV /560 mV − 1 ≈ 4,4
(3.12)
vergrößert (“Miller-Effekt”)16 und dominiert daher den externen Anteil des dynamischen Basisstromes von SS2.
Von der gemeinhin festgesetzten Vorstellung, daß Basisströme kleine statische Größen darstellen, denen moderate dynamische Spitzen überlagert sind, gilt
15
Zur Definition der einzelnen Größen siehe Abb. 3.4.
Die “Miller-Formeln” zur Transformation von rückkoppelnden in ein- und ausgangsseitige
Impedanzen gelten streng genommen nur für Kleinsignale und ideal entkoppelte Verstärker mit
genau 180◦ Phasendrehung. ∆UQ und ∆USS1 bezeichnen die einphasigen Spannungshübe an
Basis und Kollektor von SS2. Durch die näherungsweise Eins-Verstärkung der Emitterfolger
entspricht dabei der Hub an der Basis von SS2 dem ausgangsseitigen Hub von SS1.
16
3.2 Dimensionierungsaspekte
33
es sich beim Entwurf von Laser- und Modulatortreibern völlig zu lösen. Der Betrag, der in solchen Schaltungen auftretenden Basisstromspitzen liegt nicht selten
über der Gesamtstromaufnahme(!) anderer Hochgeschwindigkeits-Schaltungen in
optischen Übertragungssystemen. Um dem Leser ein Gefühl für die Größenordnung solcher Umladespitzen zu vermitteln, erscheint es zweckmäßig, die Zeitverläufe einzelner Ströme im Ausgangsstufenbereich (SS2, EF6, vgl. Abb. 3.2)
näher zu beleuchten. Zunächst seien aber die zuvor erwähnten beiden Anteile
des Basisstroms von SS2 betrachtet. Hierzu zeigt Abb. 3.4 die Zeitverläufe des
externen und internen Basisstroms eines der beiden Ausgangstransistoren SS2.
CCB
RQ
"innerer"
Transistor
i B r Ba
rBi
’
iB
SS2
C E,ox
CBE, j
rE
I SS2
[mA]
25
0
−25
−50
150 ps
Abb. 3.4:
Interner (iB0 ) und externer (iB ) Basisstrom eines der SS2 -Transistoren. Für den betrachteten Transistor ist der an der Basis angreifende Teil des Transistormodells eingezeichnet
[1]. Die simulierte Pulsfolge ist dieselbe wie später in Abb. 3.5.
Gut ist die beträchliche Ladungsverschiebung über die Sperrschichtkapazitäten am Basisanschluß zu erkennen. Die äußeren Basisstromspitzen sind mit
±35 mA deutlich größer als die Spitzen im inneren Basisstrom. Auch dessen
Stromspitzen (≈ ±22 mA), die ja nur aus dem Auf- und Abbau der BasisMinoritätenladung (“Diffusionsdreieck”) resultieren, sind aber noch groß.
Für die weitere Diskussion wird Abb. 3.5 betrachtet. In der Bildmitte ist
ein (vereinfachter) Ausschnitt des Stromlaufplans aus Abb. 3.2 dargestellt. Der
Ausschnitt zeigt den Ausgangsstromschalter SS2 zusammen mit der diesen an-
34
3. Entwurfsprinzipien
steuernden Emitterfolgerstufe EF6. Die Stromspiegel zur Arbeitspunkteinstellung
der beiden Stufen sind symbolisch als ideale Stromquellen mit parasitären Transistorkapazitäten dargestellt. Um den Stromlaufplan herum sind Zeitverläufe der
für den Schaltvorgang von SS2 relevanten Transistorströme (Klemmenströme)
angeordnet. Simuliert wurde bei einer Datenrate von 20 Gbit/s und einem Ausgangsstufenstrom ISS2 = 96 mA. Das grau hinterlegte Diagramm in Mitte der
linken Seite zeigt den betrachteten Zeitausschnitt der Pulssequenz in Form der
differentiellen Basisspannung von EF6.17
EF6 kommt die Aufgabe zu, den SS2 -Transistoren beim Schalten einen
möglichst hohen dynamischen Basisstrom zur Verfügung zu stellen. Um eine
hohe Flankensteilheit (aus Abb. 3.4: ∂i∂tB ≈ 2,5 mA
) zu erzielen, ist zunächst
ps
der Ruhestrom von EF6 ausreichend hoch zu wählen. Offensichtlich muß dieser
mindestens den Basisstromspitzen von SS2 entsprechen, damit die Transistoren
von EF6 den negativen Basisausräumstrom von SS2 aufnehmen können, ohne
kurzzeitig zu sperren18 . Ansonsten wird nicht nur der Auschaltvorgang der entsprechenden Seite verlangsamt, sondern — über die dynamische Gegenkopplung
durch die hochohmige Ausgangsimpedanz des sperrenden Emitterfolgers — auch
der innere Anteil des dynamischen Einschalt-Basisstrom der anderen Seite [58].
Diese “Minimalstrom-Dimensionierung” liefert in der Regel aber noch nicht
optimale Ergebnisse. Hierzu wird ein möglichst niederohmiger Ausgangswiderstand von EF6 benötigt, um an den Schaltflanken möglichst hohe Spitzenströme
(also große Ladungsmengen in kurzer Zeit) an die Basis von SS2 zu liefern. Dies
wird einerseits durch einen hohen Ruhestrom erreicht, so daß EF6 auch während
der negativen Spannungsflanke ausreichend Strom führt (vgl. Abb. 3.5 unten
links). Im Gegensatz zu SS2 (Minimierung der Ausgangszeitkonstante) werden
die Transistoren von EF6 aber auch nicht mit minimaler, hochstrombegrenzter,
Emitterfläche AE,min dimensioniert. Zur Reduktion des Ausgangswiderstandes
über die Reduktion von Basisbahn- und Emitterkontaktwiderstand wird deren
Emitterfläche, ausgehend von AE,min , in der Regel verdoppelt oder sogar verdreifacht. Dies gilt aus gleichem Grund überwiegend auch für die anderen Emitterfolger. Die erhöhte Basis-Kollektorkapazität kann meist in Kauf genommen werden,
da bei Emitterfolgern kein “Miller-Effekt” auftritt.
17
Natürlich wurde die gesamte Schaltung simuliert.
Gemeint ist hiermit eine so starke dynamische Reduktion des Emitterstromes, daß dieser kurzzeitig Null oder sogar negativ wird. (Letzteres wird durch Ladungsverschiebung über
die Basis-Emitter-Sperrschicht möglich). Allerdings kann eine solche ungewöhnliche Dimensionierung mit kurzzeitig sperrendem Emitterfolger zum Teil vorteilhaft zur Stabilisierung der
Schaltung eingesetzt werden. Hierauf wird in Kap. 6 eingegangen.
18
[mA]
125
100
75
50
25
0
−25
−50
[mV]
600
400
200
0
−200
−400
−600
−800
[mA]
125
100
75
50
25
0
−25
−50
CSQE6
150 ps
EF6
EF6
150 ps
CSQE6
SS2
[mA]
125
100
75
50
25
0
−25
−50
[mA]
125
100
75
50
25
0
−25
−50
CSQS2
150 ps
150 ps
Abb. 3.5: Simulierte Zeitverläufe der Transistorströme in der Ausgangsstufe SS2 und der diese ansteuernden Emitterfolgerstufe
EF6. Dargestellt ist ein Ausschnitt aus dem Bitmuster bei einer Datenrate von 20 Gbit/s.
150 ps
Ansteuerung
150 ps
über vordere Stufen
[mA]
125
100
75
50
25
0
−25
−50
3.2 Dimensionierungsaspekte
35
36
3. Entwurfsprinzipien
Läßt es die Signalqualität zu, wird bei E 2 CL-Schaltungen der erste einer
Kette von Emitterfolgern häufig bezüglich AE,min dimensioniert. Am Schaltungseingang wird hierdurch der Reflexionsfaktor minimiert19 . Aber auch an internen
Schnittstellen liegt der erste einer Kette von Emitterfolgern parallel zu Lastwiderständen, so daß prinzipiell dessen Eingangskapazität zur Erzielung maximaler
Grenzfrequenz zu minimieren ist [44]. Schnelle Treiberschaltungen nehmen auch
in diesem Punkt gewissermaßen eine Sonderstellung ein.
In der zweiten Zelle (vgl. Abb. 3.2) wird der erste Emitterfolger (EF4 ) oft
nicht für AE,min dimensioniert, da die RC-Zeitkonstante durch die niederohmigen
Lastwiderstände (hier: RSS1 = 14 Ω) ausreichend klein ist. Andererseits erfordert
die Belastung durch die nachfolgenden Emitterfolger und die Ausgangsstufe auch
im Fall von EF4 noch einen möglichst niederohmigen Ausgangswiderstand. Der
Ruhestrom von EF4 beträgt daher immerhin noch 18 mA (zum Vergleich, EF5 :
21 mA, EF6 : 50 mA.).
In der ersten Zelle ist die Belastung des Eingangs-Emitterfolgers nicht
mit derjenigen in anderen E 2 CL-Schaltungen zu vergleichen, da auch der erste Stromschalter (SS1 ) für die ihn ansteuernden Emitterfolger eine vergleichsweise starke Belastung bedeutet. Der Grund hierfür ist der hohe Strom (hier:
ISS1 = ∆USS1 /RSS1 = 40 mA), den SS1 in Verbindung mit den niederohmigen
Lastwiderständen RSS1 benötigt, um die Ausgangsstufe mit ausreichendem Spannungshub (→ kleine Schaltzeiten) anzusteuern. In der Regel kann jedoch, zugunsten besserer Treibereigenschaften der EF, ein etwas schlechterer Eingangsreflexionsfaktor (nicht minimale Emitterfläche des Eingangs-EFs) akzeptiert werden.
Andernfalls kann — allerdings auf Kosten weiter zunehmender Verlustleistung —
eine weitere Treiberzelle vorgeschaltet werden20 .
Neben Stromschalter- und Emitterfolgerstufen verbleiben schließlich die
Stromquellen als letztes Grundelement der typischen Topologie schneller Treiberschaltungen. Bei den in dieser Arbeit entwickelten Treiberschaltungen werden
keine besonderen Ansprüche an die Stromquellen gestellt, so daß diese meist
19
Es gibt allerdings Fälle in denen eine Mindestkapazität benötigt wird, um den Einfluß der
Eingangs-Bondrahtinduktivität auf den Reflexionsfaktor zu kompensieren [59]
20
Der hier als Beispiel dienende 20 Gbit/s-Modulatortreiber verwendet in der ersten Zelle
zwei statt, wie in der zweiten, drei Emitterfolger. Der Grund hierfür ist die kleine Durchbruchspannung UCE0 ≈ 2,5 V der verwendeten Technologie. Über dem letzten EF könnte (– wie
in der zweiten Zelle –) problemlos eine Potentialabsenkung mit Dioden erreicht werden. Für
SS1 müßten aber, um das Potential der nachfolgenden Stufen nicht auch abzusenken, Dioden
in jedem Kollektorzweig (vgl. Tab. 4.2) vorgesehen werden, was die kapazitive Last deutlich
erhöhen würde. Ein Betrieb oberhalb von UCE0 , wie im Fall von SS2 ist in Anbetracht gleichwertiger Ausgangsaugendiagramme mit zwei und drei Emitterfolgern nicht gerechtfertigt [60].
Die Problematik des Transistordurchbruchs wird in Kap. 4.5 näher behandelt.
3.2 Dimensionierungsaspekte
durch einfache Stromspiegel mit, je nach Absolutstrom (Reduktion der Verlustleistung), Übersetzungsfaktoren zwischen eins und acht realisiert werden. Eine
Ausnahme stellt das spezielle Stromquellennetzwerk eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
dar, dessen Topologie und Hintergrund in Kap. 4.3 erläutert wird. Zur Minimierung ihrer parasitären Ausgangskapazität werden Stromquellen mit minimaler
Emitterfläche und größer als minimaler Emitterbreite dimensioniert (vgl. auch
Diskussion der Abb. 3.3). Während die Erhöhung des Basisbahnwiderstandes
unkritisch ist, stellt die Ausgangskapazität für Gleichtaktsignale eine hohe Lastkapazität (CL = 2 · CSQS2 , Abb. 3.5) in Reihe zu effektiv vier(!) “Emitterfolgern”
dar21 . Hierdurch kann die Gefahr von Oszillationen zunehmen. Ein anderer Effekt,
resultiert aus der Gleichrichtung der Stromschalter-Eingangsspannung am Emitterknoten von SS2. Wie in Abb. 3.5 (unten, Mitte) dargestellt, ensteht hierdurch
ein kapazitiver “Störstrom”, der zum Teil für die Unsymmetrie in der Pulsform
der Kollektorströme von SS2 verantwortlich ist. (Hierzu mehr in Kap. 4.2).
Die wichtigsten Aspekte sollen an dieser Stelle kurz rekapituliert werden:
• Dominanten Einfluß auf die erreichbaren Leistungsdaten einer Treiberschaltung hat die Ausgangsstufe, deren (Ausgangs)-Tiefpasszeitkonstante über
die diskutierten Transistor-Entwurfsaspekte zu minimieren ist.
• Hohe Ausgangsspannungshübe bei gleichzeitig hoher Operationsgeschwindigkeit resultieren in extrem hohen Stromspitzen an den Basisanschlüssen
der Ausgangsstufentransistoren. Mehrere hintereinandergeschaltete Emitterfolger mit ausreichend hohem Ruhestrom und großer Gesamtemitterfläche (kleine Ausgangsimpedanz) müssen diese Stromspitzen liefern und
aufnehmen.
• Auch der Stromschalter der ersten Zelle (SS1 ) der Schaltung nach Abb. 3.2
weist im Vergleich mit anderen Hochgeschwindigkeitsschaltungen noch
einen (sehr) hohen Betriebsstrom auf. Als Konsequenz muß bei der Dimensionierung der Eingangs-Emitterfolgerstufe ein Kompromiß zwischen ausreichend kleinem Eingangsreflexionsfaktor und guten “Treibereigenschaften”
eingegangen werden.
Der Eingangsreflexionsfaktor könnte über eine weitere der ersten vorgeschaltete Zelle verbessert werden. Dies führt jedoch zu einer weiteren Zunahme der
Verlustleistung und unter Umständen zu einer Akkumulation des Zeitjitters. Auch
21
Gemeint ist hier, daß die Stromschaltertransistoren (SS2 ) für Gleichtaktsignale die Kapazität an ihrem Emitterknoten –analog einem “vierten Emitterfolger”– als negativen Widerstand
an ihren Basisanschluß transformieren.
37
38
3. Entwurfsprinzipien
ohne eine solche Maßnahme erwies sich der Eingangsreflexionsfaktor in der meßtechnischen Praxis als ausreichend gut (vgl. Abb. 8.11 in Kap. 8.2).
Der letzte Punkt der Liste verbirgt einen noch nicht diskutierten Dimensionierungsaspekt: Wenn, zur Erzielung kurzer Schaltzeiten, die Ausgangsstufe mit
einem großen Spannungshub (hier: 2 · RSS1 ISS1 = 2 · 14 Ω · 40 mA ≈ 1,1 V ss)
angesteuert werden muß,
warum werden dann die Lastwiderstände RSS1 so niederohmig gewählt?
Einmal mehr wird die Antwort auf diese Frage die Sonderstellung schneller Treiberschaltungen im Vergleich mit anderen Hochgeschwindigkeitsschaltungen für
die optische Übertragungstechnik aufzeigen. An dieser Stelle sei nur bereits angemerkt, daß RSS1 ausreichend klein zu wählen ist, um an der Schnittstelle zwischen
erster und zweiter Zelle eine stabile Lastimpedanz (im Sinne von <{Z(jω)} > 0)
sicherzustellen. Entsprechend seiner Zuordnung zur Thematik der Stabilität von
Treiberschaltungen wird dieser Aspekt im Kap. 6.1.1 näher erläutert.
3.3
Spezielle Transistorstrukturen für Treibertransistoren
Im vorangehenden Kapitel wurde ein Ausdruck für die RC-Ausgangszeitkonstante
einer Treiberstufe hergeleitet (Gl. 3.9) und Maßnahmen zur Reduktion ihrer einzelnen Anteile erörtert. Der erste Term dieser Gleichung enthält neben den Reziproken von Emitterbreite bE und Kollektorstromdichte jC , die auf die GesamtEmitterlänge bezogene Transistorkapazität CT,Q /(nE · lE ). Sind die diskutierten
Optionen bE > bE,min (bE,min : technologisch bedingte minimale effektive Emitterbreite) und jC = jCK (jCK : Einsatzstromdichte von Hochstromeffekten) ausgeschöpft, verbleibt für eine weitere Minimierung dieses Terms noch der Anteil
CT Q , der die Summe der Transistorkapazitäten enthält. Die Möglichkeit diesen
Anteil durch eine geeignete Wahl der Emitterstreifenzahl nE zu reduzieren wurde
bereits diskutiert. In der Praxis kann dieser Weg jedoch nur bedingt beschritten werden, da das Minimum von nE durch die maximal zulässige Stromdichte
in den Metallstreifen und/oder am Kontakt zum Halbleiter vorgegeben ist22 . Ist
auch diese Option bereits wahrgenommen, bleibt schließlich nur der Versuch ei22
Eine Möglichkeit nE zu reduzieren besteht in einer Stromzuführung von beiden Stirnseiten
eines Streifens her, wodurch sich die Metallstromdichte halbiert. Eine weitere Maßnahme kann
im Einzelfall die Verwendung mehrerer Transistoren in EBC-Konfiguration sein. Die Stromzuführung für Emitter und Kollektor kann dann jeweils von der (breiten) Seite her erfolgen.
Ohne eine Silizidierung des Basispolys ist meist jedoch die Erhöhung der Basiswiderstände
gegenüber einem Transistor mit zwei Basisstreifen zu groß.
3.3 Spezielle Transistorstrukturen für Treibertransistoren
39
ner Minimierung von CT,Q selbst. Es stellt sich also die Frage nach der optimalen
Konfiguration für Treibertransistoren, im Sinne einer Minimierung von CT,Q bei
vorgegebener Emitterfläche. Mögliche Antworten auf diese Frage sollen im folgenden kurz angeschnitten werden.
4 x CBEBEBC
Metall (hier: Kollektor)
BEBCBEBEBCBEBEBCBEBEBCBEB
C
BEBEBEBEBEBEBEBEB
Kontakt (hier: Basis)
Subkollektor
äußere Basis
(p+ Polysilizium)
B B B B
CEECEECEECEEC
B B B B
10 µm
Abb. 3.6: Verschiedene Konzepte zur Realisierung eines “optimalen Treibertransistors”, im Sinne einer Minimierung der kollektorseitigen Transistorkapazitäten. Alle Konfigurationen weisen acht Emitterstreifen der gleichen Geometrie auf. Dargestellt ist eine Überlagerung einzelner Ebenen des Strukturentwurfs: Subkollektor, Kontaktmetall, unterste Metallebene und BasisPolysilizium.
Abb. 3.6 zeigt vier verschiedene Strukturentwürfe zur Realisierung eines Treibertransistors (SS2, in Abb. 3.2) mit jeweils acht Emitterstreifen identischer Geometrie. Was auf den ersten Blick völlig unterschiedlich anmutet, ist in Teilen gar
nicht so verschieden: Der innere BEB-Block (vertikale Abfolge: poly-Emitter,
40
3. Entwurfsprinzipien
p-Epi-Basis, n-Epi-Kollektor, umgeben von CVD-Oxid (chemical vapour deposition) (vgl. die Querschnitte in Abb. 3.1) ist bei allen Varianten gleich. Dies
gilt damit auch für deren Kollektor-Basis-Sperrschichtkapazitäten. Die Varianten unterscheiden sich in der Kollektor-Substratkapazität CCS , den Basisbahnwiderständen rBa und rBi , im Kollektorwiderstand rCa und in den KollektorOxidkapazitäten CCox .
Ganz oben dargestellt ist der triviale (aber im Produktbereich häufig anzutreffende) Fall parallelgeschalteter “Grundtransistoren”. Offensichtlich hat bereits die darunter dargestellte “Sonderstruktur”23 deutliche Vorteile. Die Verschmelzung der Isolationsboxen hat die Fläche des Subkollektors um 11% reduziert, den Randanteil sogar um 31%. Auch CCox nimmt leicht ab [1].
Die beiden unteren Varianten sind noch speziellere Entwürfe [61]. Gemeinsam ist beiden das Ziel, die Subkollektorbox weiter zu verkleinern. Offensichtlich
gelingt dies, wenn ein Teil der Anschlüsse stirnseitig vor die Emitterstreifen herausgezogen wird. Während dies bei der oberen Struktur der Kollektoranschluß
ist, ist im unteren Entwurf der Basiskontakt herausgezogen. Dies setzt ein silizidiertes Basispoly (z.B. mit einem Schichtwiderstand ≈ 3Ω/2) voraus, sollen rBa
und rBi nicht deutlich verschlechtert werden24 . Die Variante mit dem stirnseitigen
Kollektoranschluß wurde nicht weiter verfolgt, da hier bezüglich rCa (statisch und
dynamisch) Modellierungsunsicherheiten auftreten. Würde diese Struktur zusammen mit einer Basis-Silizidierung realisiert, könnte auch der Basiskontakt (auf
die andere Stirnseite) herausgezogen werden: CCS würde minimal, aus demselben
Grund rCa aber maximal.
23
Hierbei handelt es sich um die realisierte “Standard”-Variante.
Diese Konfigurationsvariante wurde ebenfalls gefertigt. Da die seitens des Halbleiterherstellers prognostizierte Silizidierung dann doch noch nicht umgesetzt wurde, lag jedoch der
Basiswiderstand der Ausgangsstufe zu hoch, so daß deren Schaltzeit verschlechtert wurde [62].
24
Kapitel 4
Problemstellungen beim Entwurf
von Treiberstufen am Beispiel
eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
4.1
Schaltungsbeschreibung
In der vorliegenden Arbeit werden verschiedene Treiberschaltungen für optische
Sendeelemente entworfen und realisiert. Ein Hauptunterschied liegt dabei in der
Treiber-Ausgangsstufe, die an die Anforderung des jeweiligen optischen Sendeelementes angepaßt wird. Ein weiterer Unterschied ergibt sich aus der systemseitig
getroffenen Wahl des Modulationsverfahrens (vgl. Kap 2). Externe Modulationsverfahren benötigen hohe, aber im allgemeinen konstante Spannungshübe. Eine
besondere schaltungstechnische Herausforderung stellt die direkte Lasermodulation dar. Zum Ausgleich der Alterung von Laserdioden muß der Ausgangsstromhub eines Lasertreibers in einem weiten Bereich einstellbar sein, wobei ein hoher
Maximalwert von ∆IQ = 60 mA bei Datenraten ≤ 10 Gbit/s typisch ist1 .
Trotz der Unterschiede in Bezug auf die Ausgangsstufe gibt es eine Reihe
grundlegender Problemstellungen, die mit dem Entwurf breitbandiger Treiberstufen untrennbar verbunden sind:
• Unsymmetrische Pulsform des (einphasigen) Ausgangssignals.
• Großer Einstellbereich des Ausgangshubes.
1
Oberhalb von – häufig schon bei – Datenraten von 10 Gbit/s werden externe Modulationsverfahren eingesetzt. Der Grund hierfür ist der “chirp effect” von Laserdioden (Aufweitung des
optischen Spektrums), der besonders bei Langstreckenverbindungen die Systemempfindlichkeit
reduziert.
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
42
1. Zelle
2. Zelle
U1 = 1,8 V
Bonddrahtinduktivitäten,
typisch : 2 nH
50 Ω
RPN
RP
uQ
EF1
u Id
LP
RSS1
RI
I
L PN
EF4
100 Ω
IN
EF2
R QN
50 Ω
Q
EF5
QN
EF3
IEF3
Z=50 Ω
EF6
SS1
I OS1
RQ
ISS1
SS2
IOS2
IEF5
IEF6
ISS2
RE ≅ 1 Ω
KON
U0 = -5,2 V
"Master-Stromquelle"
"Slave-Stromquellen"
I SS2 : 22,5 mA ... 90 mA
Abb. 4.1: Vereinfachter Stromlaufplan eines 10-Gbit/s-Laser-/Modulatortreibers.
• Transistorbetrieb an der Grenze zum bzw. leicht im Hochstrombereich.
• Gefährdung von Transistoren aufgrund von Durchbruchsmechanismen.
In den folgenden Unterkapiteln wird die jeweilige Problematik diskutiert und
darauf aufbauend geeignete Lösungen entwickelt. Dabei wird der zweite Punkt,
die Einstellbarkeit des Ausgangshubes, hier auch als eine grundlegende Problematik von Treiberstufen verstanden. Ein großer Einstellbereich des Hubes wird
nämlich nicht nur im Fall der direkten Modulation von Laserdioden benötigt,
sondern auch in rein elektrischer Umgebung, z. B. bei der Anwendung als Ausgangsstufe eines schnellen Pulsgenerators.
Abb. 4.1 zeigt den Stromlaufplan eines Laser-/Modulatortreibers, der für
ein 10 Gbit/s-Glasfaser-Übertragungssystem der Firma Siemens entwickelt wurde [63, 17]. Im folgenden soll diese Schaltung exemplarisch als Fallbeispiel zur
Erörterung der grundlegenden Entwurfsprobleme bei Treiberschaltungen herangezogen werden.
Es wird ein Konzept mit zwei in differentieller Schaltungstechnik aufgebau-
4.1 Schaltungsbeschreibung
ten E 2 CL-Grundzellen verwendet. Beide Grundzellen setzen sich aus einer Stromschalterstufe (SS1 bzw. SS2 ) zusammen, die über je drei kaskadierte Emitterfolgerstufen (EF1-EF3 bzw. EF4-EF5 ) angesteuert wird. Auf die grundlegenden
Dimensionierungaspekte einer solchen Zelle wurde bereits im Kap. 3.2 eingegangen. An dieser Stelle kann somit — im Vorgriff auf die detaillierte Diskussion in
den nachfolgenden Abschnitten — das Augenmerk auf die topologischen Besonderheiten gerichtet werden.
Verfolgt man in Abb. 4.1 ausgehend vom differentiellen Eingang (I, IN) den
Signalweg bis zur einphasig abgegriffenen Ausgangsspannung uQ , so fallen zwei
mit IOS1 und IOS2 bezeichnete Stromquellen auf. Wie im Kap. 4.2 gezeigt wird,
läßt sich hiermit die sonst unsymmetrische Pulsform von uQ kompensieren.
Diese und noch weitere fünf Stromquellen werden in Abb. 4.1 als “SlaveStromquellen” bezeichnet. Dabei deuten die punktierten Linien an, daß diese
Stromquellen an die als “Master-Stromquelle” bezeichnete Quelle ISS2 gekoppelt
sind. Letztere, d.h. der interne Stromhub der Ausgangsstufe SS2, wird wiederum
über den Steuereingang KON kontrolliert. Dieses relativ aufwendige Netzwerk
von Stromquellen ist nötig, um einen Einstellbereich des Ausgangshubes über
einen Faktor vier, bei möglichst gleichbleibender Signalqualität zu realisieren.
Eine detaillierte Betrachtung dieses Konzeptes ist Gegenstand des Kap. 4.3.
Die Flankensteilheit der Ausgangsspannung uQ wird in einem entscheidenden Maße durch die kapazitive Belastung des Ausgangsknotens beeinträchtigt.
Ohne zusätzliche Maßnahmen ist die RC-Ausgangszeitkonstante für die nominelle Datenrate von 10 Gbit/s zu hoch. Mittels eines Netzwerkes unter Verwendung von Bonddrahtinduktivitäten wird diese Problematik gelöst2 . Allerdings
kann nicht jede noch so große Ausgangskreiszeitkonstante (d.h. Ausgangskapazität) kompensiert werden. Auch wegen des Ausgangs-Reflexionsfaktors ist für
die Transistoren der Ausgangsstufe SS2 eine möglichst kleine Emitterfläche anzustreben. Die Transistoren von SS2 werden daher so dimensioniert, daß sie sich
bei Maximalhub im eingeschalteten Zustand (Kollektorstrom maximal) leicht im
Hochstrombereich befinden. Der Einfluß von Hochstromeffekten auf das Schaltverhalten von SS2 wird im Kap. 4.4 untersucht.
Transistoren schneller Silizium-Bipolartechnologien haben im Vergleich zu
ihren “III-V-Verbindungshalbleiter-Konkurrenten” den Nachteil einer vergleichsweise geringen Transistor-Durchbruchspannung UCEO . In vielen praktischen
Fällen ist diese bei offener Basis (IB = 0) gemessene Spannung aber nicht
maßgebend und höhere UCE -Spannungen können toleriert werden. Das Kap. 4.5
beschäftigt sich mit den Grundlagen des Transistordurchbruchs und mit schal2
Wegen seiner thematischen Einordnung zu den Ausgangsstufenkonzepten wird dieses
“Anhebungs-Netzwerk” im Kap. 5 behandelt.
43
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
44
tungstechnischen Maßnahmen zu dessen Vermeidung. Eine dieser Maßnahmen
stellt der Emitter-Gegenkopplungswiderstand RE dar. Genauer gesagt handelt es
um acht Widerstände mit je 8 Ω, die jeweils in Reihe zu einem der acht Emitterstreifen der Ausgangstransistoren SS2 geschaltet sind. Die Gründe hierfür werden
im Kap. 4.5 behandelt.
4.2
Symmetrierung der Pulsform des Modulationsstromes
In Übertragunssystemen mit binärer Modulation erfolgt die Demodulation durch
eine taktsynchrone Abtastung der Signalimpulse und anschließender Zuordnung
der Abtastwerte zu den beiden digitalen Wertestufen “logisch 0” und “logisch 1”.
Man spricht in diesem Zusammenhang von einem Bitfehler, wenn eine “1” als
“0” bzw. umgekehrt eine “0” als “1” interpretiert wird3 . Solche Fehlentscheidungen können durch Überlagerung von Rauschen und Störsignalen oder durch
eine Verzerrung der Impulsform des Datensignals verursacht werden. Der Einfluß
von Rauschquellen und Störsignalen nimmt mit abnehmender Signalamplitude
zu und ist daher vor allem bei empfindlichen Verstärkern zu berücksichtigen [64].
Bei großen Signalamplituden, wie sie im Fall von Laser- und Modulatortreibern
auf der Senderseite eines optischen Übertragungssytems auftreten, spielt nur die
Impulsverzerrung ein Rolle.
Betrachtet man das aus Systemsicht relevante optische Ausgangssignal, so
lassen sich mehrere Einzelanteile der Verzerrung der Impulsform unterscheiden:
• Begrenzte elektrische Bandbreite
Die Bandbreite von Laser- bzw. Modulatortreibern wird meist durch einen
dominanten Tiefpaß im Ausgangskreis begrenzt. Dieser wird nicht nur durch
die Schaltung selbst, sondern auch von der elektrischen Eingangsimpedanz
des angesteuerten optischen Bauelementes verursacht.
• Nichtlineare elektrooptische Konversion
Die Kennlinien der optischen Sendeelemente (Laserdioden, externe Modulatoren) sind zum Teil nichtlinear (vgl. Kap. 2). Eine symmetrische Pulsform
des ansteuernden elektrischen Signals hat daher nicht zwangsläufig eine
ebenso optimale optische Pulsform zur Folge.
3
Ein Gütemaß digitaler Übertragungssysteme ist die Bitfehlerrate (BER, bit error rate).
Hierunter versteht man die Anzahl der Fehlentscheidungen (Bitfehler) bezogen auf die Gesamtzahl der betrachteten Bits.
4.2 Symmetrierung der Pulsform des Modulationsstromes
• Elektrische Rückwirkung der “optischen Last”
Hierzu zählen Doppelreflexion bei Ansteuerung des optischen Sendeelementes über eine Leitung, aufgrund der endlich guten Leitungsanpassung von
Treiberschaltungsausgang sowie elektrischer Eingangsimpedanz des optischen Moduls. Eine weitere Art einer elektrischen Rückwirkung tritt bei
Elektroabsorptionsmodulatoren auf, die im absorbierenden Schaltzustand
— je nach eingestrahlter Lichtleistung — Fotoströme generieren.
• Unsymmetrische elektrische Pulsform
Oft können die letzen beiden Punkte vernachlässigt werden. Eine symmetrische Pulsform des elektrischen Ansteuersignals des optischen Moduls ist
dann notwendige Voraussetzung für ein optimales Sendesignal.
Die ersten drei aufgeführten Punkte spiegeln Probleme wider, die spezifisch
in Verbindung mit dem zur Modulation der Lichtleistung verwendeten optischen
Bauelement auftreten4 . In Abhängigkeit der jeweiligen Problematik werden in
dieser Arbeit geeignete Konzepte für die elektrooptische Schnittstelle entworfen,
die im Kapitel 5 behandelt werden. Dem letzten Punkt, der Symmetrie der elektrischen Impulsform, kommt eine besondere Bedeutung zu, da Treiberschaltungen
nicht nur zur Ansteuerung des optischen Sendeelementes in Glasfaser-Übertragungsstrecken eingesetzt werden. Schnelle Treiberschaltungen finden auch in rein
elektrischer Umgebung Anwendung, beispielsweise in der Meßtechnik als Ausgangsstufe von Hochfrequenz-Impulsgeneratoren oder als Leitungstreiber. Aus
diesem Grund wird im weiteren Verlauf des Kapitels die elektrische Impulsverzerrung und deren Kompensation getrennt von den anderen oben aufgeführten
Punkten behandelt.
Zur Beurteilung der Pulsform von digitalen Signalen, ist die Darstellung in
Form von Augendiagrammen (s. unten) üblich, die durch Überlagerung der jeweils
um ganzzahlige Vielfache der Pulsbreite (Bitbreite) verschobenen Impulsfolgen
entstehen. Einer optimalen Pulsform entsprechen im Augendiagramm möglichst
große horizontale und vertikale Augenöffnungen mit einer symmetrisch zum Pegel der halben Pulshöhe (“digitale Entscheidungsschwelle”) verlaufenden Augenform. Eine solche Symmetrie kann in einfacher Weise für im Gegentaktbetrieb
arbeitende Schaltungen erzielt werden, wenn deren differentielles Ausgangssignal
verwendet wird. Das einphasig abgegriffene Ausgangssignal weist jedoch meist
eine unsymmetrische Pulsform auf. Für die Ansteuerung von Laserdioden oder
4
Eine Sonderstellung nimmt der erste Punkt, die endliche elektrische Bandbreite, ein. Die
hierdurch bedingte Beeinträchtigung der Pulsform des Signals tritt auch in rein elektrischer
Umgebung auf.
45
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
46
U1
uQ
100 Ω
UOS1
Q
50 Ω
uQN
i mod
UOS2
uQd
QN
I
T1
SS1
u Id
IN
SS2
T2
ud
PV
PV
vu =1
vu =1
I SS2
U0
Abb. 4.2: Schematisches Blockschaltbild des Laser-/Modulatortreibers nach Abb. 4.1
zur Erläuterung der Symmetrierung der Pulsform der einphasigen Ausgangsspannung uQ .
externen Modulatoren ist jedoch in der Regel gerade diese Betriebsart Voraussetzung.
Das im folgenden dargestellte Konzept zur Symmetrierung der einphasigen
Ausgangssignalform wurde von dem in [11] beschriebenen Lasertreiber übernommen. Der theoretische Hintergrund des Konzeptes ist in [65] behandelt und wird
daher hier nicht in allen Einzelheiten erläutert. Für das Verständnis des im nachfolgenden Kapitel behandelten Konzeptes zur Einstellbarkeit des Modulationsstromhubes ist aber eine kurze Behandlung der Mechanismen der Unsymmetrie
und der Funktionsweise der Gegenmaßnahmen notwendig.
Zur Vereinfachung der Diskussion wird die Schaltung des Lasertreibers nach
Abb. 4.1 auf das in Abb. 4.2 dargestellte schematische Blockschaltbild reduziert.
Darin repräsentieren die mit PV bezeichneten Blöcke die Emitterfolgerstufen zur
Pegelverschiebung und Entkoppelung. Die Offset-Stromquellen IOS1 und IOS2 aus
Abb. 4.1 sind in Form der durch sie erzeugten Offset-Spannungen UOS1 und UOS2
dargestellt.
4.2 Symmetrierung der Pulsform des Modulationsstromes
Abb. 4.3 zeigt simulierte Augendiagramme für eine Datenrate von 10 Gbit/s
und einen Modulationsstromhub von ∆Imod = 60 mA, wenn keine Maßnahmen
zur Symmetrierung der Ausgangssignalform ergriffen werden (deaktivierte OffsetSpannungen, d.h. UOS1 = UOS2 = 0). Dargestellt sind die einphasige Ausgangsspannung uQ (oben), der innere Kollektorstrom5 des zugehörigen Transistors T1
(Mitte), sowie die differentielle Ausgangsspannung uQd (unten).
Im Kollektorstrom iC,Q tritt
ein ausgeprägtes Überschwingen
0V
auf, welches das Unterschwingen
uQ
in der einphasigen Ausgangsspannung uQ zur Folge hat. Das Über-3 V
schwingen im Kollektorstrom von
T1 wird durch die Basis-EmitterSperrschichtkapazität des (ausge90 mA
schalteten) Transistors T2 und
— zu einem kleineren Teil —
iC,Q
durch die parasitäre Kapazität
der Stromquelle ISS2 verursacht.
0 mA
Die Umladung dieser Kapazitäten
führt im Emitterkreis des Stromschalters SS2 zu einem zusätzli3V
chen dynamischen Stromanteil, so
daß der Kollektorstrom von T1
uQd 0
am Ende des Einschaltvorganges
-3 V
den statischen Maximalwert von
ISS2 = 90 mA überschreiten kann.
40 ps
Im Gegensatz dazu ist ein Unterschwingen des Kollektorstroms
physikalisch nicht möglich, da die- Abb. 4.3: Augendiagramme ohne OffsetSpannungen (UOS1 , UOS2 = 0).
ser nicht negativ werden kann. In
Dargestellt sind die einphasige
der differentiellen AusgangsspanAusgangsspannung (oben), der
nung uQd (unterstes AugendiaKollektorstrom von T1 (Mitte) und
gramm in Abb. 4.3) tritt aufgrund
die differentielle Ausgangsspannung
der Subtraktion der beiden glei(unten).
chermaßen unsymmetrischen aber
gegenphasigen Ausgangssignale keine Unsymmetrie auf.
Eine symmetrische Pulsform des einphasigen Ausgangssignals uQ kann durch
Ansteuerung der Ausgangsstufe mit einer geeignet pulsverzerrten Differenzspannung ud erreicht werden. Um den Spannungsunterschwinger bzw. den Stromüber5
Gemeint ist der Strom der Transferstromquelle im Transistorersatzschaltbild (Anhang A.1).
47
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
48
schwinger zu reduzieren, muß der Einschaltvorgang von T1 verlangsamt werden.
Hierzu dient die Offset-Spannung UOS2 (> 0), die den High-Pegel der Differenzspannung ud entsprechend absenkt. Da bei konstantem Hub von ud der Low-Pegel
in demselben Maße abgesenkt wird, ergibt sich gleichzeitig eine Beschleunigung
des Ausschaltvorganges von T2. Hierdurch wird der Spannungsunterschwinger in
uQ weiter reduziert.
Das Resultat dieser Maßnahme zeigt Abb. 4.4. Unter- und Überschwingen in
der Spannung uQ sind nun etwa gleich groß, jedoch ist das Tastverhältnis extrem
unsymmetrisch, wie man dem nach oben verschobenen Flanken-Schnittpunkt
des Augendiagramms von uQ entnehmen kann. Dies liegt daran, daß die OffsetSpannung UOS2 wegen des nach wie vor symmetrischen Tastverhältnisses der
Differenzspannung ud und aufgrund der endlichen Flankensteilheit nicht nur den
Einschaltvorgang von T1 verlangsamt, sondern auch dessen Einschaltdauer reduziert hat.
0V
90 mA
uQ
iC,Q
-3 V
0 mA
40 ps
40 ps
Abb. 4.4: Kompensation des Spannungsunterschwingers (links) bzw. des Stromunterschwingers (rechts) mit der Offset-Spannung UOS2 .
Zur Kompensation dieses Effektes muß das Tastverhältnis von ud unsymmetrisch eingestellt (vergrößert) werden. Dies wird durch eine weitere OffsetSpannung, UOS1 (> 0) erreicht. Aufgrund der Amplitudenbegrenzung durch den
ersten Stromschalter, SS1, bleibt die Höhe der zuvor durch UOS2 eingestellten statischen Pegel von ud hiervon unberührt. Dies ist eine notwendige Voraussetzung,
um die bereits erfolgte Kompensation bezüglich des Spannungsunterschwingers
beizubehalten. Natürlich wird durch die von UOS1 hervorgerufene Pulsverzerrung
der Differenzspannung ud (vgl. Abb. 4.6) die Kompensation des Unterschwingers
etwas verändert. In der Regel ist dieser Effekt jedoch gering und ein wechselseitiger Abgleich zwischen UOS1 und UOS2 ist nicht notwendig.
Abb. 4.5 zeigt die Augendiagramme der Ausgangsspannung uQ und des Kollektorstromes von T1 nach vollständiger Symmetrierung mit den beiden OffsetSpannungen UOS1 und UOS2 . Die ansteuernde Basis-Differenzspannung ud , mit
der die Symmetrie des einphasigen Ausgangssignals erreicht wird, ist in Abb. 4.6
dargestellt.
4.2 Symmetrierung der Pulsform des Modulationsstromes
0V
90 mA
uQ
iC,Q
-3 V
0 mA
40 ps
40 ps
Abb. 4.5: Einphasige Ausgangsspannung (links) und Kollektorstrom von T1 (rechts)
nach vollständiger Symmetrierung durch beide Offset-Spannungen UOS1
und UOS2 .
0,8 V
0,4 V
ud
0
-0,4 V
Abb. 4.6: Differentielle Basisspannung
ud der Ausgangsstufe SS2 bei
Symmetrierung der Pulsform
der einphasigen Ausgangsspannung nach Abb. 4.5.
-0,8 V
40 ps
Durch die Offset-Spannung UOS1 wird der Schnittpunkt der positiven und negativen Signalflanken von ud , ausgehend von der Mitte zwischen High- und Low-Pegel,
wieder in den Umschaltpunkt ud = 0 der Ausgangsstufe verschoben. Dies führt
gerade zu der gewünschten Regeneration der Tastverhältnissymmetrie von uQ .
Bislang wurde nur das für die
Weiterverarbeitung relevante ein0V
phasige Ausgangssignal am AusuQN
gang Q betrachtet. Aus den vorangegangenen Ausführungen zu
-3 V
den Mechanismen der Unsymmetrie läßt sich aus Abb. 4.6
40 ps
die Pulsform am logisch komplementären Ausgang QN folgern.
Abb. 4.7: Augendiagramm der Spannung am
Offensichtlich muß die KompensaAusgang QN.
tion des Unterschwingers am Ausgang Q gerade zu einer Zunahme des Spannungsunterschwingers am Ausgang QN
führen, da alle Betrachtungen zu Ein- und Ausschaltzeiten, bezogen auf den Transistor T2, umgekehrt gelten. Bestätigt wird dies durch die Abb. 4.7. Gegenüber
49
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
50
dem Ausgangspunkt in Abb. 4.3 (oben) hat sich der Spannungsunterschwinger auf
der Seite QN weiter verstärkt. Durch den entsprechend starken Unterschwinger
in der Kollektor-Emitterspannung kann der Transistor T2 bereits bei kleineren
Strömen als T1 in den Hochstrombereich gelangen (insbesondere, da auf dieser
Seite auch gleichzeitig die höheren Stromspitzen auftreten). Dem kann durch eine
Verringerung der Last6 am Ausgang QN entgegengewirkt werden. Im Augendiagramm des Ausgangs Q tritt hierdurch keine wesentliche Verschlechterung ein.
Der genaue Einfluß des Hochstromeffektes auf die Signalqualität kann mit
geeigneten Transistormodellen untersucht werden [66, 67]. Mit dieser Thematik
beschäftigt sich das Kapitel 4.4. Die obige Problematik wird an dortiger Stelle
nochmals aufgegriffen. Es sei hier bereits vorweggenommen, daß auch im Fall,
daß T2 merklich in den Hochstrombereich kommt, die Signalform am Ausgang
Q hiervon bis zu einem gewissen Grad relativ unberührt bleibt.
Gegenstand dieses Kapitels ist die Symmetrierung der Pulsform des einphasigen elektrischen Ausgangssignals. Das verwendete Konzept kann aber allgemeiner
auch dazu benutzt werden, absichtlich eine unsymmetrische Pulsform zu erzeugen. Für den Einsatz als Treiberschaltung optischer Sendeelemente kann so eine
elektrische Vorverzerrung bezüglich einer nichtlinearen elektrooptischen Konversion vorgenommen werden, d.h. die optische Pulsform optimiert werden. In [68]
wird hierzu eine geschaltete Stromquelle vorgestellt, mit welcher eine unsymmetrische Pulsform des (einphasigen) Ausgangsstroms einer Stromschalterstufe
erzeugt wird, um die optische Pulsform einer anzusteuernden Laserdiode zu optimieren. Die nach [68] benötigte Pulsform des Stroms entspricht prinzipiell den in
Abb. 4.4 (rechts) dargestellten Verhältnissen nach Kompensation des Stromüberschwingens mittels UOS2 . Ein Vorteil des in der vorliegenden Arbeit verwendeten
Konzeptes ist in der größeren Flexibilität der einstellbaren Pulsformen zu sehen7 .
Darüberhinaus ist eine nachträgliche Anpassung der Pulsform einfach möglich.
6
Untersucht wurde z.B. eine Halbierung des internen Abschlußwiderstandes und des dazu
in Reihe liegenden Bonddrahtes auf der Seite QN.
7
Auch die optischen Kennlinien externer Modulatoren sind teilweise nichtlinear. Sowohl
Kompression (positiver Linearitätsfehler) als auch Dekompression (negativer Linearitätsfehler)
treten auf. Als Folge muß das Tastverhältnis der ansteuernden Spannung für optimale optische
Pulsform sowohl vergrößert als auch verkleinert werden können (vgl. hierzu Kap. 5.2.1), was
mit dem speziellen auf Laserdioden zugeschnittenen Konzept in [68] nicht möglich ist.
4.3 Einstellbarer Modulationshub für direkte Modulation
4.3
Einstellbarer Modulationshub für direkte
Modulation
Der in Abb. 4.1 dargestellte Laser-/Modulatortreiber wurde für ein optisches
10 Gbit/s-Übertragungssystem entwickelt. Da während der Entwicklung auf der
Systemebene noch keine eindeutige Präferenz bezüglich direkter oder externer Lasermodulation vorlag, sollte eine möglichst vielseitige Treiberschaltung entworfen
werden. Für den Fall eines externen Modulationsverfahrens wurde ein (einphasiger) Spannungshub ∆UQ ≥ 3 Vss , entsprechend einem Modulationsstromhub
∆IQ ≥ 60 mAss an 50 Ω gefordert. Für den Betrieb als Lasertreiber sollte der
Modulationsstromhub in einem weitem Bereich von 15 mAss ≤ ∆IQ ≤ 60 mAss
einstellbar sein. Dies ist einerseits nötig, um eine größtmögliche Flexibilität bei
der Wahl der Laserdiode zu gewährleisten. Andererseits müssen fertigungsbedingte Streuungen und insbesondere die im Betrieb auftretenden Alterungseffekte von
Laserdioden ausgeglichen werden.
Bereits die Realisierung des geforderten Maximalhubes stellt aufgrund der
hohen Datenrate in der verwendeten Produktionstechnologie eine beträchtliche
Herausforderung dar. Neben der sorgfältigen Optimierung von Transistoren und
Widerständen der Schaltung wurde im Ausgangskreis mit Hilfe von Bondrähten
ein Netzwerk zur Versteilerung der Flanken des Ausgangssignals entworfen. Hierauf wird im Kap. 5.1.1 eingegangen. Zusammen mit dem im vorangegangen Kapitel erläuterten Konzept zur Pulsform-Symmetrierung können so die Anforderungen an die Signalqualität für den Fall des Maximalhubes erfüllt werden.
Bei oberflächlicher Betrachtung scheint demgegenüber eine Reduktion des
Ausgangsspannungs- bzw. stromhubes eine kleinere Herausforderung zu sein. Das
genaue Gegenteil ist jedoch der Fall. Wird nur der Strom des Ausgangsstromschalters, d.h. der Strom ISS2 der entsprechenden Stromquelle (vgl. Abb. 4.1)
reduziert, so führt dies zu einer erheblichen Verschlechterung der Pulsform gegenüber den Verhältnissen bei Maximalhub. Zur Verdeutlichung zeigt Abb. 4.8
das entsprechende Augendiagramm der Ausgangsspannung uQ bei Halbierung
von ISS2 auf den Wert 45 mA, entsprechend einem Spannungshub ∆UQ = 1.5 Vss .
Verglichen mit der optimalen Augenform bei ∆UQ = 3 Vss (vgl. Abb. 4.13, oben)
tritt in Form eines großen Pulsunterschwingers eine starke Unsymmetrie zwischen oberer und unterer Augenhälfte auf. Schon bei Halbierung des Hubes ist die
Qualität der Pulsform und damit des Augendiagramms stark beeinträchtigt. Bei
dem geforderten Minimalhub ∆IQ = 15 mAss (entsprechend ∆UQ = 0, 75 Vss )
wird schließlich keine akzeptable Augenöffnung mehr erreicht, wie Abb. 4.9 zeigt.
Der relative Unterschwinger hat noch weiter zugenommen und in der Folge tritt
51
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
52
0V
Abb. 4.8:
Ausgangspannung uQ nach Halbierung
von ISS2 und sonst unveränderten Einstellungen gegenüber Abb. 4.5.
uQ
−1,5 V
40 ps
Nachschwingen auf, das im Augendiagramm zu einer Aufspaltung (Zeitjitter)
der ansteigenden Flanken führt. Auch die abfallenden Flanken zeigen eine Aufspaltung. Diese resultiert aus einem Übersprechen durch die Basis-KollektorSperrschichtkapazität der SS2-Transistoren. Vor dem Einschalten der (“inneren”)
Transistoren koppelt über diesen Weg bereits ein negativer Kollektorstromanteil
(positiver Spannungspuls an der Basis) in den Ausgangskreis. Im Pulsverlauf
Abb. 4.9 (rechts) äußert sich dies in der Anhebung der Spannung uQ über den
(glatten) statischen High-Pegel bevor der eigentliche Einschaltvorgang (Abfall
der Spannung) merklich beginnt. Je nachdem, ob der Einschwingvorgang im Anschluß an die positive Flanke bereits beendet ist oder nicht, resultieren für die
fallende Flanke unterschiedliche “Startbedingungen”, die in Doppellinienjitter resultieren.
0V
0V
uQ
uQ
−0,75 V
−0,75 V
Übersprechen
40 ps
250 ps
Abb. 4.9: Augendiagramm (links) und Ausschnitt aus der Bitfolge(rechts) der Ausgangsspannung uQ bei der Einstellung für minimalen Hub nur durch Reduktion von ISS2 .
Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert wurde, hat der Unterschwinger
im Einschaltvorgang der Seite Q (Transistor T1 in Abb. 4.2) seine Ursache vor
allem im Umladestrom der Basis-Emitter-Sperrschichtkapazität des ausschaltenden Stromschaltertransistors (T2 ) auf der Seite QN. Mehrere Effekte führen bei
kleinen Ausgangshüben zu einer Zunahme dieser Problematik:
4.3 Einstellbarer Modulationshub für direkte Modulation
Durch die Reduktion von ISS2 reduziert sich im selben Maße die in den Basen
von T1 und T2 auf- bzw. abzubauende Minoritätenladung, so daß die (inneren)
Transistoren bei konstantem Hub der differentiellen Basisspannung schneller einund ausschalten. Deren Basis-Emitter-Sperrschichtkapazitäten skalieren sich jedoch nicht, sondern weisen nach wie vor den, durch die für den hohen Maximalstrom notwendige Emitterfläche, bestimmten großen Wert auf. Im Vergleich zur
reduzierten Minoritätenladung fällt die in der Sperrschicht auf- und abzubauende
Ladung immer stärker ins Gewicht und in der Folge nimmt die kapazitive Stromspitze in Relation zum reduzierten Stromhub ISS2 zu8 . Verstärkung erfährt diese
Problematik durch den zu kleinen Strömen ISS2 hin verminderten Spannungsabfall am Emitter-Gegenkopplungswiderstand RE . In der differentiellen Basisspannung von SS2 führt die reduzierte Belastung (Abnahme der Basis-EmitterDiffusionskapazitäten von T1 und T2 ) zudem zu einer Flankenversteilerung wodurch die beschriebenen Umladeeffekte weiter zunehmen. Die Größe des Übersprechens in den Ausgangskreis durch die Basis-Kollektorkapazität verändert sich
im Absolutwert nicht wesentlich, macht sich aber durch die relative Zunahme (bezogen auf ∆IQ ) bei kleinem ∆IQ immer stärker bemerkbar.
Um auch bei reduzierten Ausgangshüben eine gleichbleibend guIν
te Qualität der Augendiagramme zu
gewährleisten, müssen interne Ströme
der Treiberschaltung automatisch an
den jeweiligen Ausgangsstromhub ∆IQ
cν ∆ IQ
bzw. den internen Stromhub ISS2 der
I0,ν
Ausgangsstufe angepaßt werden. Im
Gegensatz zu dem in [11] beschriebenen Lasertreiber reicht es nicht aus,
0
0
15
60 [mA]
∆ IQ
nur den Strom der den Ausgangsstrom∆ IQ,min
∆ IQ,max
schalter treibenden Emitterfolgerstufe
EF6 an ∆IQ anzupassen. Vielmehr
Abb. 4.10: Prinzipieller Verlauf des
müssen auch der Strom durch EF3, der
Stromes durch die einStromhub von SS1 sowie die beiden
stellbaren Stromquellen in
Offset-Ströme IOS1 und IOS2 mitgereAbhängigkeit vom Ausgangsgelt werden (vgl. Abb. 4.1).
stromhub ∆IQ .
Umfangreiche Untersuchungen in
[60] zeigen, daß optimale Ergebnisse erzielt werden können, wenn die oben aufgeführten Ströme näherungsweise linear mit ∆IQ bzw. mit dem um den Faktor 1, 5 größeren internen Stromhub ISS2 gekoppelt werden. Für ein willkürlich
gewähltes Beispiel sind die Verhältnisse in Abb. 4.10 dargestellt. Dabei repräsen8
Darüberhinaus erfolgt das Ausschalten des inneren Transistors zunehmend schneller
als das Einschalten, bei dem ja eine zusätzliche Zeitspanne benötigt wird, um die BESperrschichtkapazität zunächst auf die Flußspannung umzuladen, so daß der innere Transistor
aktiv wird. Auch diese Unsymmetrie verstärkt die Problematik.
53
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
54
Pν
Iν
I0,ν
I SS2 = 32 ∆ IQ
cν ∆ IQ
KON
UKON
einstellbare
Stromquelle
gesteuerte
Stromquelle
SS2-Stromquelle
V0 = 5.2 V
Abb. 4.11: Realisierung der gesteuerten und einstellbaren Stromquellen.
tieren die Kreuze die Ergebnisse der Optimierung, die durch eine Ausgleichsgerade angenähert werden. Für die Stellcharakteristik der Ströme läßt sich daher
der allgemeine Zusammenhang
Iν = I0,ν + cν ∆IQ = I0,ν +
2
cν ISS2
3
(4.1)
angeben. Der jeweilige Gesamtstrom Iν setzt sich aus einem Konstantstrom I0,ν
und einem zu ∆IQ bzw. ISS2 proportionalen Anteil zusammen.
Abb. 4.11 zeigt die schaltungstechnische Realisierung dieser Stromquellen.
Der Konstantstrom I0,ν wird mit einem separaten Stromspiegel realisiert und
kann über ein externes Potentiometer (Pν ) eingestellt werden. Der Realisierung
des zu ∆IQ proportionalen Stromanteils cν ∆IQ dienen einfache Transistorstromquellen, deren Basen mit der Basis der Stromquelle des Ausgangsstromschalters
(ISS2 ) gekoppelt werden. Bei etwa gleicher Wahl der Kollektorstromdichten der
gekoppelten Stromquellentransistoren ändern sich deren Ströme (entsprechend
dem Verhältnis der Gegenkopplungswiderstände) proportional zu ISS2 und damit zu ∆IQ .
Die meisten Laserdiodenmodule besitzen neben der Sende-Laserdiode zusätzlich eine Monitor-Fotodiode, mit der im Systembetrieb die emittierte Lichtleistung kontrolliert wird. Deren Fotostrom kann einem geeigneten Regelverstärker
zugeführt werden, in welchem über einen Soll-Istwert-Vergleich eine Steuerspannung (UKON ) zur Nachführung der ansteuernden Treiberschaltung erzeugt wird.
Man erhält auf diese Weise eine Regelung auf konstante Sendeleistung. Wie eingangs erwähnt, lagen zum Zeitpunkt der Schaltungsentwicklung entsprechende
4.3 Einstellbarer Modulationshub für direkte Modulation
50
IEF6
40
Iν
[mA]
ISS1
30
20
IOS2
IEF3
10
IOS1
0
0
10
20
30
40
50
60
∆IQ [mA]
Abb. 4.12: Optimierte Steuerung interner Ströme des Lasertreibers in Abhängigkeit
vom Ausgangsstromhub ∆IQ .
Parameter
IOS1
IEF 3
ISS1
IOS2
IEF 6
I0,ν [mA]
3,1
1,5
6,1
2,3
1,4
cν
0,020 0,067 0.564 0,244 0.750
Tab. 4.1: Konstantstromanteile und Steigungen der in Abb. 4.12 dargestellten optimierten Steuerkennlinien interner Ströme des Lasertreibers.
genaue Systemspezifikationen aber nicht vor. Die Einstellung des Stromhubes
∆IQ , d.h. die Ansteuerung der gekoppelten Stromquellen, wurde daher in einfacher Weise über einen entkoppelnden Emitterfolger mit der Kontrollspannung
UKON vorgenommen. Abb. 4.12 zeigt den Verlauf der optimierten Ströme über
∆IQ . Die zugehörigen Konstantstromanteile I0,ν und Steigungen cν der jeweiligen
Steuerkennlinie sind in Tab. 4.1 zusammengefaßt.
Erkennbar weisen die einzelnen Kennlinien unterschiedlich starke Kopplungen an ∆IQ auf. Am stärksten müssen die beiden Ströme IEF 6 und ISS1 zu kleinen
Hüben hin mitreduziert werden. IEF 6 wird dabei nahezu proportional zu ∆IQ mitgeführt. Mit dem hochohmiger werdenden Ausgangswiderstand von EF6 läßt sich
so das bei kleinem ∆IQ durch die reduzierten Basis-Emitter-Diffusionskapazitäten
der Ausgangsstufentransistoren (schnellere Umladung der Minoritätenladungen)
auftretende Unter- und Nachschwingen auf dem Low-Pegel von uQ dämpfen. Auch
55
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
56
bei kleinem Strom führt EF6 zeitlich aber immer einen positiven Kollektorstrom.
Eine Dimensionierung mit weiter reduziertem Ruhestrom IEF 6 , und damit bei
Ansteuerung mit der negativen Spannungsflanke an ihren Basen kurzzeitig sperrenden EF6 -Transistoren, führt zu einer Beeinträchtigung der Flankensteilheit
von uQ .
Das bei kleinem ∆IQ zunehmende Spannungsunterschwingen (vgl. Abb. 4.9)
kann nicht über einen größeren Offset-Strom IOS2 kompensiert werden. Durch
die weiter vergrößerte Offset-Spannung in seiner differentiellen Basisspannung uD
(vgl. Abb. 4.6) würde der Stromschalter SS2 sonst nicht mehr vollständig umschalten. Stattdessen muß der Hub von uD , und damit der Strom ISS1 des ersten
Stromschalters reduziert werden. Aufgrund der Dimensionierung ihrer Emitterflächen für den maximalen Hub weisen die Transistoren SS2 große Sperrschichtkapazitäten auf, die sich im Gegensatz zur Basis-Emitter-Diffusionskapazität (Minoritätenladung) nicht mit ISS2 skalieren. Zur ausreichend schnellen Umladung
dieser nahezu konstant großen Kapazitäten muß ISS1 in der Regel etwas schwächer
als proportional zu ∆IQ . reduziert werden.
Der optimale Wert der Offset-Spannung UOS2 und damit von IOS2 ist stark
an den durch ISS1 an den Lastwiderständen (RSS1 ) des ersten Stromschalters
erzeugten Spannungshub zur Ansteuerung von SS2 gekoppelt. Da UOS2 ebenfalls
über den Spannungsabfall von IOS2 an einem der beiden Lastwiderstände RSS1
eingestellt wird (vgl. Abb. 4.1) ist in Abb. 4.12 das Verhältnis von ISS1 zu IOS2
etwa konstant (ISS1 /IOS2 ≈ 2, 4).
Die optimalen Werte von IEF 3 und insbesondere von IOS1 sind nur schwach
von ∆IQ abhängig. Im Fall von IOS1 hängt dies damit zusammen, daß der über
diesen Strom erzeugte Spannungs-Offset UOS1 hauptsächlich von dem (konstant
gehaltenen) Eingangsspannungshub abhängig ist9 .
Die Verhältnisse beim Strom IEF 3 sind komplizierter. Zur ausreichenden Pegelverschiebung und Impedanzwandlung für die Ansteuerung des Stromschalters
SS1 werden auch in der ersten Zelle des Treibers bereits drei Emitterfolgerstufen
hintereinander geschaltet. Gegenüber einer Pegelverschiebung mit nur einem oder
zwei Emitterfolgerstufen und zusätzlichen Transistordioden lassen sich bei gleichzeitig geringerer Belastung des Eingangs (besserer Eingangsreflexionsfaktor) auf
diese Weise höhere Datenraten erzielen. Ein gewisser Nachteil der Verwendung
mehrerer kaskadierter Emitterfolgerstufen besteht jedoch in der potentiellen Zu9
Natürlich muß prinzipiell UOS1 an die bei der Kompensation des Spannungsunterschwingens
durch UOS2 in uQ zunächst erzeugte zusätzliche Unsymmetrie des Tastverhältnisses angepaßt
werden (vgl. Kap 4.2). Es zeigt sich aber, daß die Größe dieser Unsymmetrie über der ∆IQ Einstellung relativ konstant ist. In diesem Fall ist UOS1 im wesentlichen nur vom Eingangshub
der Schaltung abhängig.
4.3 Einstellbarer Modulationshub für direkte Modulation
nahme von Stabilitätsproblemen durch die Impedanztransformation der Emitterfolger [59]. Diese Thematik wird in Kap. 6 detaillierter betrachtet. Als Folge
kann im Kollektorstrom des eingeschalteten SS1 -Transistors im Anschluß an ein
Überschwingen (durch kapazitive Umladungeströme) Nachschwingen auftreten.
Ist dieses Nachschwingen zu schwach gedämpft (zu große Einschwingzeit) wird
die Qualität des Augendiagramms durch merklichen Zeitjitter verschlechtert.
Das Nachschwingen läßt sich
ausreichend dämpfen bzw. ver0V
meiden, wenn der Ruhestrom der
uQ
beiden EF3 -Transistoren so bemessen wird, daß diese während
−3 V
bzw. kurz nach der negativen
Flanke des an ihren Basen anliegenden Datensignals kurzzeitig
0V
ausschalten. Näheres hierzu kann
Kap. 6.1.1 entnommen werden.
uQ
Bei konstantem Eingangshub der
Schaltung muß der Ruhestrom
−1,5 V
IEF 3 daher nur mittelbar an
∆IQ , sondern an ISS1 gekoppelt
werden, um eine Anpassung
0V
an die hierüber veränderte Belastung der EF3 -Transistoren
uQ
vorzunehmen. Mit Zunahme von
−0,75 V
ISS1 nimmt die Basis-EmitterDiffusionskapazität der SS1 40 ps
Transistoren proportional zu. Die
Sperrschichtkapazitäten ändern Abb. 4.13: Augendiagramme der Ausgangsich demgegenüber nur unwespannung im kompletten Bereich
sentlich. Um über ISS1 ein etwa
des vorgesehenen Ausgangsstromhubes (von oben: ∆IQ = 60, 30
gleich starkes kurzzeitiges Ausund 15 mAss ).
schalten der EF 3-Transistoren zu
10
erreichen , ist IEF 3 daher etwas
weniger stark als proportional zu ISS1 mitzusteuern (vgl. Abb. 4.12).
Die Wirksamkeit der oben beschriebenen Maßnahmen dokumentiert
Abb. 4.13. Dargestellt sind die Augendiagramme der Ausgangsspannung für die
mit der Steuerspannung VKON eingestellten Hübe von 3 Vss (oben), 1, 5 Vss (Mitte) und 0, 75 Vss (unten). Trotz des großen Einstellbereiches über einen Faktor
4 wird in allen Fällen eine weitestgehend symmetrische Augenform mit steilen
10
Dies erwies sich im vorliegenden Fall als optimal bezüglich des Zeitjitters.
57
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
58
Pulsflanken und kleinem Zeitjitter erreicht. Naturgemäß liegt das Optimum im
Fall des Maximalhubs vor, da die Transistoren und Widerstände diesbezüglich
optimiert wurden. Dieser Umstand macht sich bei kleineren Hüben, insbesondere beim Minimalhub, in einem gegenüber dem Überschwingen zunehmend
stärker ausgeprägten Unterschwingen (und Nachschwingen) bemerkbar. Das
krasse Mißverhältnis zwischen den großen Sperrschichtkapazitäten (v.a. BasisEmitterkapazität) der für ISS2 = 90 mA optimierten Ausgangsstufentransistoren
und ihrer bei kleinem ISS2 geringen Basis-Emitter-Diffusionskapazität kann durch
die Anpassung der internen Ströme in seiner Wirkung nicht vollständig kompensiert werden. Hierzu müßte auch der Transistorentwurf verändert werden.
Untersuchungen zeigen, daß die optimalen Werte der Parameter I0,ν und cν
zum Teil auch vom (unbekannten) Substratwiderstand Rsub der Ausgangstransistoren abhängen. Bei ungünstigen Werten von Rsub kann – speziell bei kleinen
Hüben ∆IQ – eine gewisse Beeinträchtigung der Qualität der Augendiagramme auftreten. In diesem Fall müssen die Kennlinien einzelner Stromquellen Iν
gegenüber dem Fall Rsub = 0 etwas angepaßt werden [60]11 . Dies ist bei den
Konstantstromanteilen I0,ν in einfacher Weise über die Einstellung der externen
Potentiometer (Pν in Abb. 4.11) möglich. Bei den gesteuerten Stromquellen wurde
im Strukturentwurf der Schaltung über Kratzstellen (Auftrennen von Leiterbahnen) und Bondoptionen die Möglichkeit vorgesehen, den Parameter cν sowohl zu
verkleinern als auch zu vergrößern [60]. Darüberhinaus wird auch der Strom des
Emitterfolgers EF5 über einen Stromspiegel eingestellt und ist damit in gleicher
Weise wie die I0,ν extern einstellbar. Simulationen zeigen, daß das bei kleinen
Hüben ∆IQ je nach Rsub mehr oder weniger stark ausgeprägtes Nachschwingen12
auf dem Low-Pegel der Spannung uQ durch Reduktion von IEF 5 verringert werden
kann [60]. Im Kap. 8 wird dieser Punkt nochmals aufgegriffen.
4.4
Transistorbetrieb im Hochstrombereich
4.4.1
Der Hochstromeffekt in Silizium-Transistoren
Die Erzielung höchster Operationsgeschwindigkeiten mit einer gegebenen Technologie setzt neben der Wahl geeigneter Schaltungskonzepte eine individuelle Opti11
Für genauere Betrachtungen muß der Einfluß eines geeigneten Substratersatzschaltbildes
(mehrzweigiges RC-Netzwerk) geprüft werden. Eine quantitative Berücksichtigung von Substrateffekten ist mittlerweile mit einem speziell hierfür entwickelten numerischen Simulator
möglich [50, 51]. Hiervon wurde für einen später entwickelten Modulatortreiber mit ähnlichen
Ausgangshubverhältnissen Gebrauch gemacht (siehe Kap. 5.2.1)
12
Eine automatische Steuerung von IEF 5 wurde nicht vorgesehen, da daß Nachschwingen in
der Simulation tolerierbar klein war.
4.4 Transistorbetrieb im Hochstrombereich
mierung der Komponenten der Schaltung voraus. Dies trifft in besonderem Maße
für die Transistoren der Schaltung zu. Der Schaltungsentwickler hat hier drei
Freiheitsgrade: Transistorkonfiguration (vor allem Zahl der Emitterstreifen nE ),
Emitterbreite bE und Emitterlänge lE (hier verstanden als die Länge eines einzelnen Streifens). Durch Ausnutzung dieser Freiheitsgrade muß individuell je nach
Funktion des Transistors in der Schaltung ein Kompromiß zwischen einzelnen
Transistorparametern gesucht werden (vgl. Kap. 3.2). Beachtet werden muß aber,
daß die Gesamt-Emitterfläche AE = nE ·bE ·lE einer zusätzlichen Randbedingung
durch den Hochstromeffekt unterliegt. Oberhalb einer kritischen Kollektorstromdichte jCK steigt die Transitzeit τf der Transistoren stark an (vgl. Abb. 4.14). Der
Minimierung der Transistorkapazitäten durch Wahl einer möglichst kleinen Emitterfläche ist dadurch eine untere Grenze (AE,min ) gesetzt. Für einen gegebenen
Kollektorstrom IC muß gelten:
IC
AE ≥ AE,min =
.
(4.2)
jCK
Die Einsatzstromdichte jCK ist eine im wesentlichen durch technologische
Parameter bestimmte Größe. Ihr Wert kann aus Messungen bestimmt oder vorteilhaft durch analytische Beziehungen [66, 67] berechnet werden. Wie Abb. 4.14
zeigt, kann der Schaltungsentwickler jCK durch Wahl einer möglichst großen
Kollektor-Emitterspannung UCE erhöhen. Hierbei muß natürlich die zunehmende
Problematik des Transistordurchbruchs sowie die erhöhte Verlustleistung beachtet werden.
35
τf [ps]
UC’E’ = 1 V
25
20
2V
15
3V
10
5
Abb. 4.14:
Transitzeit τf eines SiliziumBipolartransistors [69] als Funktion
der
Kollektorstromdichte
und mit der inneren KollektorEmitterspannung als Parameter.
jCK(UC’E’)
0
0
0,5
1,0
jC [mA/µm2]
2,0
Wegen der in Kap. 3.2 diskutierten Gründe werden Transistoren in Treiberstufen häufig nicht mit der technologisch begrenzten minimalen Emitterstreifenbreite bE0 , sondern mit bE ≥ bE0 dimensioniert. Hierbei muß beachtet werden, daß
jCK nicht unabhängig von bE ist. Die prinzipiellen Verhältnisse sind in Abb. 4.15
dargestellt. Man erkennt, daß bei größerer Emitterbreite der Hochstrombereich
früher einsetzt und danach τf auch steiler ansteigt. Der Grund hierfür liegt in
59
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
60
der bei breiten im Vergleich zu schmalen Emitterstreifen schwächer ausgeprägten
(kleinerer Gesamtstromanteil) Stromauffächerung unter dem Emitter [70]. Als
Konsequenz ist eine Überschreitung von jCK im Fall breiterer Emitter kritischer,
da (starke) Hochstromeffekte bereits bei kleineren Stromdichten einsetzen.
bE > bE0
τf
bE = bE0
τf0
(UC’E’ = const.)
0
0
jCK
Abb. 4.15:
Schematischer Verlauf der Transitzeit über der Kollektorstromdichte für zwei verschiedene Emitterbreiten bE . Dabei bezeichnet bE0
die technologisch begrenzte minimale Breite.
jC
Im folgenden Kapitel wird am Beispiel des Laser-/Modulatortreibers nach
Abb. 4.1 untersucht, welchen Einfluß der Hochstromeffekt auf das Schaltverhalten seiner Ausgangstransistoren zeigt. Entsprechend des verwendeten Fertigungsprozesses gelten die dort dargestellten Ergebnisse für eine reine SiBipolartechnologie. In modernen Si-Bipolartechnologien wird die Basis zusätzlich
mit einem Germaniumanteil dotiert, um noch höhere Betriebsgeschwindigkeiten
zu erreichen. Beim SiGe-Drifttransistor wird durch einen Ge-Gradient in der Basis ein zusätzliches elektrisches Feld erzeugt, welches die Driftgeschwindigkeit
der Elektronen erhöht. Noch höhere Geschwindigkeiten werden in Zukunft von
SiGe-Heterobipolartechnologien (SiGe-HBT) erwartet, bei denen (wie bei III-VVerbindungshalbleitern) die Vorteile eines Heteroübergangs zwischen Basis und
Emitter ausgenutzt werden.
Durch den Heteroübergang zwischen Basis und Kollektor hat der Hochstromeffekt, speziell beim SiGe-HBT, einen anderen physikalischen Mechanismus als beim reinen Si-Bipolartransistor. Der genaue theoretische Hintergrund
wird ausführlich in [71] behandelt. Hier soll nur eine qualitative Diskussion vorgenommen und die für den Schaltungsentwickler resultierenden Konsequenzen
angesprochen werden.
Bei beiden Transistortypen startet der Hochstromeffekt in Form einer Abnahme der elektrischen Feldstärke am Basis-Kollektor(BC)-Übergang mit zunehmendem Kollektorstrom. Durch die reduzierte Driftgeschwindigkeit der Elektronen steigt die Ladungsträgerdichte in der Basis an und die Feldstärke am BCÜbergang wird weiter reduziert. Wenn kaum noch elektrisches Feld am Übergang vorhanden ist, weitet sich beim Homobipolartransistor die Basis durch
einen Löcherstrom in den Kollektor aus (“Kirk-Effekt”) [72]. Im Fall des BC-
4.4 Transistorbetrieb im Hochstrombereich
Heteroübergangs verhindert der aus der Bandabstandsdifferenz zwischen Basis
und Kollektor resultierende Sprung im Valenzband (Barriere für Löcher) diesen
Löcherstrom. Da keine Basisaufweitung auftritt, steigt die auf die Basis begrenzte Minoritätenladung mit weiterer Stromerhöhung sehr schnell an, entsprechend
einem sehr steilen Anstieg von τf oberhalb jCK [71]. Durch den im allgemeinen geringeren Ge-Anteil am BC-Übergang ist dieser Anstieg beim SiGe-Drifttransistor
zwar schwächer als beim SiGe-HBT, aber stärker als beim reinen Si-Transistor13 .
Als Konsequenz der obigen (qualitativen) Diskussion kann am ehesten beim
reinen Si-Transistor ein begrenzter Betrieb im Hochstrombereich toleriert werden
(vgl. folgendes Kap.). Bei SiGe-Transistoren, insbesondere beim SiGe-HBT, muß
aber bei Hochgeschwindigkeitsschaltungen der Hochstrombereich wohl vermieden
werden. Die Klärung dieser Frage ist aber zur Zeit noch Gegenstand laufender
Arbeiten [73].
4.4.2
Optimierung der Ausgangsstufe unter Hochstromrandbedingungen
In der Regel werden die Transistoren in Hochgeschwindigkeitsschaltungen so ausgelegt, daß sie in keinem Betriebspunkt in den Hochstrombereich gelangen. Der
Grund hierfür liegt in der potentiellen Abnahme der Operationsgeschwindigkeit
der Schaltung über die in diesem Bereich vergrößerte Transitzeit τf der Transistoren. Dies erscheint unmittelbar einleuchtend bei einem kleinsignalmäßig betriebenen Transistor, wenn dessen (zeitlich invarianter) Arbeitspunkt im Hochstrombereich liegt14 . Für Transistoren, die im Großsignalbetrieb arbeiten und
deren Ströme und Spannungen daher merklich zeitabhängig sind, stellt sich aber
die Frage inwieweit ein zeitlich begrenztes Durchfahren des Hochstrombereiches
bereits zu einer Verschlechterung der Signalqualität führt.
So zeigen beispielsweise kapazitiv belastete Emitterfolgertransistoren im Kollektorstrom kurzzeitige Spitzen während bzw. kurz nach Signalflanken. In [74]
werden Untersuchungen an einer einfachen Grundschaltung mit einem Emitterfolger und einem Stromschalter vorgenommen. Bei einer auf den Ruhestrom bezogenen minimalen Dimensionierung der Emitterfläche der Emitterfolgertransistoren
tritt dynamisch kurzzeitig eine Verdopplung in τf auf. Als Folge zeigt das Augendiagramm der Ausgangsspannung des Stromschalters eine geringe Zunahme des
13
Beim SiGe-HBT wird in der Basis ein (meist konstanter) Ge-Anteil von z.B. 28% verwendet [71]. Die für Treiber mit Datenraten von 20 und 40 Gbit/s verwendete SiGeDrifttransistortechnologie [46] weist in der Basis einen von 0% (emitterseitig) auf 12% (kollektorseitig) ansteigenden Ge-Anteil auf. Typische τf -Verläufe können [1] entnommen werden.
14
In der Regel zeigt τf bei kleinsignalmäßig betriebenen Schaltungen, wie Verstärkern einen
großen Einfluß auf die erreichbare Operationsgeschwindigkeit der Schaltungen.
61
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
62
Zeitjitters im Vergleich zum Fall ohne Modellierung des Hochstromeffektes.
Bei den im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Laser- und Modulatortreibern treten Hochstromeffekte bei Emitterfolgern in der Regel nicht oder verglichen mit dem in [74] betrachteten Fall nur unmerklich auf. Dies liegt daran,
daß die durch Hochstromeffekte begrenzte maximale Kollektorstromdichte für
Emitterfolger in Treiberschaltungen nicht optimal ist [17, 44]. Zur Erzielung eines ausreichend kleinen Basisbahnwiderstandes (vgl. Kap. 3.2) werden deutlich
größere (Gesamt-)Emitterlängen benötigt, so daß die auftretenden Stromspitzen
nur schwach im Hochstrombereich liegen15 .
Anders liegen die Verhältnisse bei Stromschaltern, speziell beim Ausgangsstromschalter SS2. Aufgrund des dominanten Einflusses der RC-Zeitkonstanten
des Ausgangs auf die Flankensteilheit der Ausgangsspannung müssen die SS2 Transistoren mit möglichst kleiner Emitterfläche ausgelegt werden (kleine Transistorkapazitäten). Sie werden daher so dimensioniert, daß im eingeschalteten
Zustand die Kollektorstromdichte den Wert jCK erreicht. Da jCK den ersten Bereich des Anstieges von τf markiert, befinden sich die SS2 -Transistoren hierbei
bereits leicht im Hochstrombereich. Zum Zeitpunkt der Entwicklung der Schaltung stand das in [66, 67] vorgestellte Hochstrommodell (HICUM) für eine genaue Simulation möglicher Auswirkungen noch nicht zur Verfügung16 . Simulationen mit einem um 50% erhöhten statischen τf -Wert zeigten aufgrund der Dominanz der RC-Zeitkonstante des Ausgangs aber keine wesentliche Verschlechterung
im Augendiagramm der Ausgangsspannung. Gegenüber einer Dimensionierung
der Transistoren außerhalb des Hochstrombereiches konnten durch die reduzierten Transistorkapazitäten aber steilere Pulsflanken erzielt werden, so daß dieser
(unüblichen) Dimensionierung der Vorzug gegeben wurde [60].
In [75] wurde eine verbesserte Version des HICUM-Transistormodells in den
Simulator ELDO eingebaut. Im folgenden wird anhand dieses Modells untersucht,
welche Auswirkungen ein mehr oder weniger starker Eintritt der SS2 -Transistoren
in den Hochstrombereich auf das Augendiagramm der Ausgangsspannung zeigt.
Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert wurde, läßt sich der Einsatz des
Hochstromeffektes in Grenzen durch eine große Kollektor-Emitterspannung UCE
zu höheren Stromdichten verschieben. Mit der positiven Versorgungsspannung U1
läßt sich die minimale UCE -Spannung einstellen, die im eingeschalteten Zustand
(maximaler Strom) an den SS2 -Transistoren anliegt. Im Verlauf eines Schaltvorgangs ändern sich sowohl Kollektorstrom als auch UCE und abhängig von deren
Werten auch die Transitzeit der Transistoren. Bevor im folgenden die Auswir15
Beispielsweise nimmt im Fall des am stärksten kapazitiv belasteten Emitterfolgers EF6
die Transitzeit durch die Stromspitzen um weniger als 10% zu. Dies zeigt erwartungsgemäß
keinerlei Einfluß auf die Signalqualität.
16
Implementationen in SPICE zeigten für mehr als einen Transistor keine Konvergenz.
4.4 Transistorbetrieb im Hochstrombereich
UC’E’ = 1 V
25
1,5 V
2V
3V
τf
63
UC’E’ = 1 V
25
1,5 V
2V
3V
τf
4V
[ps]
15
5V
4V
[ps]
15
5V
"statisch ein"
10
10
5
5
"statisch ein"
0
0
0
0,5
1,0
2
jC [mA/µm ]
2,0
0
0,5
1,0
jC [mA/µm2]
0
Abb. 4.16: Ortskurven der zeitabhängigen Transitzeiten τf (t) = τf (jC (t), uC 0 E 0 (t))
der beiden SS2 -Transistoren im τf -Kennlinienfeld. Links: Transistor der
Seite Q. Rechts: Transistor der Seite QN. Die Simulationen gelten für
eine Datenrate von 10 Gbit/s bei maximalem Ausgangshub ∆UQ = 3 Vss
und U1 = 1, 8 V . Der Pfeil an der Ortskurve gibt die Durchlaufrichtung,
ausgehend vom ausgeschalteten Zustand (jC = 0) über den eingeschalteten
Zustand und zurück in den ausgeschalteten Zustand, an.
kungen auf das Augendiagramm der Ausgangsspannung diskutiert werden, sollen die Verhältnisse zunächst im τf -Kennlinienfeld der beiden SS2 -Transistoren
erläutert werden. Für den nominellen Wert U1 = 1, 8 V und den maximalen Ausgangshub ∆UQ = 3 Vss zeigt Abb. 4.16 eine Überlagerung der “dynamischen τf 0
Ortskurven” τf (t) = τf (jC (t), uC 0 E 0 (t)) und dem statischen τf -Kennlinienfeld der
Transistoren17 . Auf der linken Seite sind die Verhältnisse für den SS2 -Transistor
der im System relevanten Ausgangsseite Q dargestellt. Das rechte Bild zeigt die
Verhältnisse beim anderen Stromschaltertransistor (Seite QN ).
Anhand der Zunahme der Transitzeit läßt sich erkennen, daß beide Transistoren am Ende des Einschaltvorgangs, wenn maximaler Kollektorstrom (bzw.
maximale Kollektorstromdichte jC = IC /AE ) und minimale UCE -Spannung zusammentreffen, in den Hochstrombereich gelangen. Dies ist besonders stark beim
Transistor der Seite QN der Fall, wo sich die Transitzeit gegenüber ihrem Wert
bei kleinen Strömen zeitweise verdreifacht. Wie in Kap. 4.2 bereits erläutert wurde, resultiert dies aus der Symmetrierung der Pulsform der Ausgangsspannung
uQ , welches auf der anderen Ausgangsseite, QN, im Kollektorstrom hohe Spitzen
und gleichzeitig Einbrüche in der Kollektor-Emitterspannung verursacht. Zudem
erkennt man bei genauerer Betrachtung von Abb. 4.16, daß der statische Arbeits17
0
0
jC = IC /AE ist die innere Kollektorstromdichte und uC 0 E 0 die innere KollektorEmitterspannung (vgl. vorangehendes Kapitel).
2,0
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
64
0V
0V
uQ
uQN
−3 V
−3 V
40 ps
40 ps
90 mA
90 mA
i’C,Q
i’C,QN
0 mA
15
0 mA
250 ps
15
τf,Q
τf,QN
[ps]
[ps]
5
250 ps
5
0
0
250 ps
250 ps
Abb. 4.17: Augendiagramme der Ausgangsspannungen (oben) und zeitliche Verläufe
von Kollektorstrom (Mitte) und Transitzeit (unten) der beiden SS2 Transistoren bei nomineller positiver Versorgungsspannung U1 = 1.8 V .
Links: Seite Q. Rechts: Seite QN.
punkt im eingeschalteten Zustand auf der Seite QN zwar bei gleicher Stromdichte
(jC = 1mA/µm2 ), jedoch bei kleinerer UCE -Spannung (UC 0 E 0 = 1.75 V ) als auf
der Seite Q (UC 0 E 0 = 2 V ) liegt. Bei diesem (statischen) Unterschied handelt es
sich gerade um den Wert der Offset-Spannung UOS2 (vgl. Abb. 4.2 im Kap 4.2)18 .
Als nächstes sollen die Auswirkungen auf die beiden Ausgangsspannungen
uQ und uQN betrachtet werden. Für die gleichen Einstellungen wie in Abb. 4.16
zeigt Abb. 4.17 die Augendiagramme der Ausgangsspannungen (oben) sowie die
zeitlichen Verläufe von Kollektorstrom (Mitte) und Transitzeit (unten) der beiden
SS2 -Transistoren. Im Augendiagramm der Seite Q äußert sich der Hochstromeffekt im Vergleich zu Abb. 4.5 (Simulation ohne Hochstrommodell) in einer leichten Reduktion des Spannungsunterschwingers. Entsprechend dem stärkeren Eintritt in den Hochstrombereich (vgl. Abb. 4.16) muß dieser Effekt auf der Seite QN
18
Im ausgeschalteten Zustand verhält es sich gerade umgekehrt. Die (maximale) UCE Spannung ist auf der Seite QN um UOS2 größer als auf der Seite Q.
4.4 Transistorbetrieb im Hochstrombereich
0V
0V
uQ
uQN
−3 V
−3 V
40 ps
40 ps
90 mA
90 mA
i’C,Q
i’C,QN
0 mA
30
65
0 mA
250 ps
30
τf,Q
τf,QN
[ps]
[ps]
10
250 ps
10
0
0
250 ps
250 ps
Abb. 4.18: Augendiagramme der Ausgangsspannungen (oben) und zeitliche Verläufe
von Kollektorstrom (Mitte) und Transitzeit (unten) der beiden SS2 Transistoren. Die positive Versorgungsspannung wurde auf U1 = 1.0 V
reduziert. Links: Seite Q. Rechts: Seite QN.
deutlicher auftreten. Ein Vergleich des Augendiagramms von uQN nach Abb. 4.17
(rechts) mit dem entsprechenden Ergebnis einer Simulation ohne Hochstrommodell (Abb. 4.7 im Kap. 4.2) bestätigt dies. Auch hier besteht der wesentliche
Effekt in einer Abnahme des Spannungsunterschwingers.
Bei weiterer Reduktion der positiven Versorgungsspannung und damit von
UCE gelangen die SS2 -Transistoren zeitlich immer länger in den Hochstrombereich. Ein Grenzfall bezüglich der Augenöffnung stellt der in Abb. 4.18 gezeigte Fall für U1 = 1 V dar. Die Transitzeit erreicht nun (auch statisch!) im
eingeschalteten Zustand des Transistors mit τf = 15 ps den mehr als dreifachen
Anfangswert bei kleinen Kollektorströmen. Als Folge ist der Spannungsunterschwinger in uQ vollständig verschwunden, die innere Augenöffnung ist aber nur
relativ leicht verschlechtert.
Als Ergebnis der obigen Simulationen zeigt sich nur eine geringe Verschlechterung des Schaltverhaltens von SS2, auch wenn dessen Transistoren nicht nur
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
66
kurzzeitig, sondern auch statisch im eingeschalteten Zustand deutlich in den
Hochstrombereich gelangen. Es stellt sich daher die Frage, ob über eine Reduktion der Emitterfläche – und damit der parasitären Kapazitäten – der SS2 Transistoren noch steilere Pulsflanken erzielt werden können.
Das Ergebnis einer solchen Dimensionierung zeigt Abb. 4.19. Die Emitterfläche der SS2 -Transistoren wurde hierbei über eine entsprechende Reduktion der
Emitterlänge auf 70% ihres ursprünglichen Wertes verringert. Die beiden OffsetSpannungen UOS1 und UOS2 bzw. die entsprechenden Offset-Ströme wurden deaktiviert. Die letztgenannte Maßnahme begründet sich aus den bei Reduktion von
U1 gemachten Beobachtungen. Demnach wird durch den Hochstromeffekt der
sonst vorhandene starke Spannungsunterschwinger in uQ bereits kompensiert.
30
0V
τf
[ps]
uQ
10
−3 V
0
40 ps
40 ps
Abb. 4.19: Augendiagramm der Ausgangsspannung uQ und Zeitverlauf der Transitzeit bei Reduktion der Emitterfläche der SS2 -Transistoren auf 70% ihres
ursprünglichen Wertes. U1 hat wie in Abb. 4.17 den Wert 1,8 V .
Durch die reduzierten Transistorkapazitäten hat erwartungsgemäß die Flankensteilheit im Kreuzungspunkt von positiver und negativer Flanke von uQ leicht
zugenommen (vgl. Abb. 4.17)19 . Aufgrund des Hochstromeffektes nimmt die Steigung der negativen Flanke in der Nähe des Low-Pegels aber stark ab und es tritt
im Gegensatz zur positiven Flanke kaum Überschwingen auf. Insgesamt ist das
Augendiagramm daher stark unsymmetrisch, so daß eine solche Dimensionierung
nicht sinnvoll erscheint20 . Natürlich könnte durch eine Erhöhung der positiven
Versorgungspannung (UCE -Erhöhung) der Hochstromeffekt wieder etwas reduziert werden, so daß uQ wieder einen leichten Spannungsunterschwinger aufweist.
Dies würde aber die ohnehin vorhandene Problematik des potentiellen Durchbruchs der Ausgangsstufentransistoren verschärfen (vgl. Kap. 4.5).
Als Fazit kann ein Betrieb von Stromschaltertransistoren leicht innerhalb
19
Die mit abnehmender Emitterlänge zunehmenden Basiswiderstände und der Emitterwiderstand kompensieren diesen Effekt zum Teil.
20
Mit der vorangehenden Kapitel diskutierten Verfahren kann die Pulsform in Grenzen wieder
symmetriert werden. Dabei wird aber in erster Linie das Überschwingen reduziert und nicht
das Unterschwingen erhöht (vgl. Abb. 4.18 oben).
4.5 Definition von Durchbruchspannungen
67
des Hochstrombereiches toleriert werden. Voraussetzung ist jedoch eine sorgfältige Modellierung durch geeignete Modelle [76], welche auch Technologietoleranzen
berücksichtigen müssen. Genaugenommen wird die Transistorfunktion nur mittelbar durch die dynamischen Spitzen in τF , sondern durch die hierüber akkumuR i (t)
lierte Minoritätenladung QF (t) = 0 C τF diC beeinträchtigt. Hierdurch treten
sogenannte “bit pattern-” Effekte auf, wenn sich QF erst langsam während eines
längeren quasistatischen Pegels aufbaut und hierdurch der erste folgende Bitwechsel nahezu “verschluckt” wird. Solche Effekte wurden sowohl meßtechnisch
als auch in der Simulation beobachtet.
4.5
Definition von Durchbruchspannungen
Ein Hauptproblem von Si-Bipolartechnologien bei der Realisierung von schnellen Treiberschaltungen erwächst aus der Notwendigkeit, einen technologischen
Kompromiß zwischen hoher spezifischer Stromtragfähigkeit (d.h. hohe kritische
Kollektorstromdichten jCK , vgl. Kap 4.4) und hohen Durchbruchspannungen zu
finden. Hohe Stromtragfähigkeit wird durch einen dünnen und stark dotierten
epitaktischen Kollektorbereich erzielt. Demgegenüber werden hohe Durchbruchspannungen erreicht, wenn ein dicker und schwach dotierter epitaktischer Kollektor verwendet wird. Dieses Problem gilt tendenziell für alle Bipolartechnologien,
jedoch in besonderem Maße für Si-Bipolartechnologien, die verglichen mit III-VVerbindungshalbleitertechnologien kleinere Durchbruchspannungen aufweisen.
Hohe Ausgangsspannungshübe bei hohen Datenraten können mit SiBipolartechnologien nur erzielt werden, wenn die Durchbruchspannung UCEO
überschritten wird. Das Problem wird dadurch verschärft, daß die Spannung
UCE,min über den Ausgangstransistoren bei vollem Schaltstrom nicht zu klein
gewählt werden darf, da sonst durch den hohen Kollektorstrom die Transistorfläche (Vermeidung des Hochstrombetriebes) und damit die kapazitive Belastung
der Ausgangsknoten zu groß werden. Mit dem Spannungshub ∆UQ resultiert
hieraus eine relativ hohe Spannung UCE im ausgeschalteten Zustand21 :
UCE,max ≈ UCE,min + ∆UQ > UCE0
(4.3)
Im Fall des Laser-/Modulatortreibers in Abb. 4.1 ergibt sich aus der Dimensionierung UCE,min ≈ 2.2 V mit dem nominellen Hub ∆UQ = 3 V im ausgeschalteten
Zustand UCE,max ≈ 5.2 V . Dieser Wert, der durch dynamische Spitzen sogar
zeitweise noch überschritten werden kann, liegt deutlich über der Durchbruchspannung (für offene Basis) UCEO = 3, 7 V der Transistoren der verwendeten
Technologie [69]. Er liegt aber auch deutlich unter der Diodendurchbruchspannung UCBO = 12 V . Um zu verstehen, warum UCEO in der Praxis keine harte
Grenze darstellt, werden einige Ergebnisse aus der Transistortheorie benötigt.
21
Der Einfluß der Offsetspannung UOS2 und des Spannungsabfalls an den Gegenkopplungswiderständen der Ausgangstransistoren sei hier vernachlässigt (vgl. Abb. 4.2).
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
68
Abb. 4.20 zeigt schematisch das Ausgangskennlinienfeld IC (UCE ) mit dem
Basisstrom IB = const. als Parameter. Einige häufig in Datenblättern zu findende Durchbruchspannungen sind eingetragen. Die kleinste Spannung ist UCEO bei
offener Basis (IB = 0). Die größte Spannung, UCBO , darf im Fall des BasisKollektor-Diodendurchbruchs angelegt werden. Zwischen diesen beiden Sperrkennlinien liegen weitere Kennlinien mit IB < 0 (npn-Transistor). Beim Erreichen
einer durch die Basisbeschaltung bestimmten Spannung (UCEO < UCE < UCBO )
zeigen diese Kennlinien zunächst Rückläufigkeit, um sich zu großen Strömen bei
einer (etwa einheitlichen) Haltespannung UCE,sus ≈ UCEO zu stabilisieren.
Die Rückläufigkeit setzt
ein, sobald der negative Bathermischer
2. Durchbruch
sisstrom die (gesperrte) Emitterdiode über den Basiswiderstand oder die äußere BasisbeEinsatz des
IE= 0
schaltung in Flußrichtung polt,
elektrischen
so daß diese zu injizieren be2. Durchbruchs
ginnt (sogenannter InjektionsIB> 0
durchbruch). Der betragsmäßig
IB < 0
kleinste negative Basisstrom für
IB= 0
UCE
diese Bedingung ergibt sich bei
0
UCER , der Durchbruchspannung
0
UCE0
UCB0
mit einem Widerstand zwiUCER < UCES < UCEV
schen Basis und Emitter. Bei
Abb. 4.20: Ausgangskennlinien eines Bipolar- UCES mit Kurzschluß und UCEV
transistors mit dem Basisstrom IB mit negativer Spannung zwials Parameter (angelehnt an [77], schen Basis und Emitter ist ein
betragsmäßig größerer negatithermischer Durchbruch ergänzt).
ver Basisstrom nötig, also eine
stärkere Lawinenmultiplikation und damit eine größere UCE -Spannung [77].
IC
Durchläuft man eine Sperrkennlinie mit IB < 0 bei zunehmender Spannung, so kann der ansteigende Lawinenstrom einen 2. elektrischen Durchbruch
auslösen. Dabei konzentriert sich der gesamte Strom zunächst auf einen Emitterstreifen (Multi-Emitter-Transistor) mit geringfügig größerem Multiplikationsfaktor und führt dort zu einer punktförmigen Einschnürung der Strombahn. Unter
dem Einfluß der beweglichen Ladungsträger kommt es in der Strombahn zu einer
Umverteilung der elektrischen Feldstärke und UCE bricht zusammen [78]22 .
22
Mit zunehmendem |IB | = const. tritt diese Instabilität bei kleineren Kollektorströmen auf.
Bei Stromsteuerung, d.h. IE = const., tritt nur diese Art des elektrischen Durchbruchs auf. Mit
|IE | als Parameter nimmt mit zunehmenden |IE | die kritische UCB -Spannung zu [79].
4.5 Definition von Durchbruchspannungen
Neben dem elektrischen 2. Durchbruch (UCE > UCEO ) wird ein Transistor
auch durch den thermischen 2. Durchbruch gefährdet. Dieser tritt im Vorwärtsbetrieb unterhalb von UCEO bei großen Kollektorströmen auf (vgl. Abb. 4.20).
Auch hierbei schnürt sich der Strom auf eine Minimalfläche ein. Ausgangspunkt
ist bei dieser Durchbruchsart aber die thermisch-elektrische Verkopplung zwischen Stromdichte und Temperatur. Emitterbereiche mit höherer Temperatur
übernehmen anteilig mehr Strom als kältere Bereiche und erwärmen sich weiter,
wodurch sie noch mehr Strom übernehmen. Oberhalb einer bestimmten Temperatur wird der Prozeß instabil und der Strom konzentriert sich auf einen immer
kleineren Bereich in dem die Temperatur drastisch ansteigt (“hot spot”).
In Abb. 4.20 wurden die Sperrkennlinien für IB = const. < 0 dargestellt,
so daß sie sich gewissermaßen als Fortsetzung der gebräuchlichen Ausgangskennliniendarstellung (mit IB = const. > 0) in den Bereich negativer Basisströme
interpretieren lassen. In praktischen Fällen entsprechen die Betriebsbedingungen
eines Transistors in seiner Schaltungsumgebung eher den Fällen UBE = const.
(Spannungsansteuerung) und IE = const. (Emitterfolger, Basisschaltung in einer
Kaskodestufe). Der Fall UBE = const. entspricht physikalisch dem oben diskutierten Injektionsdurchbruch durch den Spannungsabfall, den der oberhalb UCE0
fließende negative Basisstrom am Basiswiderstand verursacht. Im Fall IE = const.
tritt zunächst eine Einschnürung der Lawinenstrombahn auf, der dann ein elektrischer zweiter Durchbruch folgt. Für beide Spezialfälle werden in [79] Formeln
angegeben, mit denen die noch zulässige UCE -Spannung berechnet werden kann.
Viele Fragen zur Durchbruchsproblematik von Hochfrequenz-Transistoren
sind noch ungelöst. So beschäftigen sich laufende Arbeiten mit der Frage wie
bei einem Stromschalter (Ausgangsstufe eines Modulatortreibers) der Einsatzpunkt von Lawinenmultiplikations-bedingten Instabilitäten beschrieben werden
kann [73]. Sowohl UBE als auch IE sind in diesem Fall über der Änderung von
UCE nicht konstant. Aber auch wenn statisch, zum Beispiel beim Emitterfolger
IE = const. ist, gilt dies aufgrund parasitärer Kapazitäten nicht automatisch
für höhere Frequenzen. Hierdurch könnte sich eine “dynamische” Durchbruchgrenze ergeben. Im allgemeinen Beschaltungsfall muß, wenn beim Schaltungsentwurf UCE > UCEO nicht vermeidbar ist, das Risiko eines elektrischen Durchbruchs durch Messungen an Einzel-Transistoren der Fertigungstechnologie (in der
jeweiligen Schaltungskonfiguration) geklärt werden. Auf diese Weise wurde in der
vorliegenden Arbeit verfahren. Eine andere, allgemeinere Möglichkeit, besteht in
einer Modellierung der kritischen Transistoren einer Schaltungen durch ein in [79]
vorgestelltes 3D-Multi-Transistormodell.
69
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
70
4.6
Schaltungskonzepte zur Vermeidung von
Transistordurchbrüchen
Nachdem die grundsätzlichen Mechanismen der einzelnen Durchbruchsarten diskutiert wurden, sollen an dieser Stelle darauf aufbauend schaltungstechnische
Konzepte erörtert werden, mit denen das Risiko eines Transistordurchbruchs reduziert werden kann. Diese lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
• Modifikation der Topologie, zur Vermeidung des Betriebs mit UCE ≥ UCEO .
• Wahl von Topologien, die UCE > UCEO bis zu einem gewissen Grad zulassen.
Typische Beispiele für die Vermeidung des Transistorbetriebes oberhalb von UCEO
sind in der Tab. 4.2 zusammen mit ihren Vor- und Nachteilen dargestellt.
Topologie
a)
b)
U0
Vorteile
Nachteile
Kein Einfluß auf Gegentaktsignale. Größere Pegelverschiebungen lassen sich entweder mit mehreren in Reihe geschalteten Dioden oder
mit der Variante b) (“UBE multiplier”) realisieren.
Pegelverschiebung
wirkt
auch
für
nachfolgende
Schaltungsteile. Falls der
Gleichtakt-Einfluß
stört,
muß kapazitiv abgeblockt
werden (Platzbedarf ↑).
Temperaturabhängigkeit
durch UBE .
Kein Einfluß auf Gegentakt- Stört der Gleichtakt-Einfluß,
signale.
so muß kapazitiv abgeblockt
werden (Platzbedarf ↑).
Temperaturabhängigkeit
durch UBE .
U0
Nur lokale Pegelverschiebung, nachfolgende Schaltungsteile werden hiervon
nicht berührt.
U0
Dioden im Gegentaktsignalweg. Die Knoten der
Lastwiderstände
werden
zusätzlich kapazitiv belastet
(CCS der Transistordioden).
Temperaturabhängigkeit
durch UBE .
Tab. 4.2: Vermeidung von UCE > UCEO durch geeignete Pegelverschiebung. Die jeweils betrachteten Transistoren sind grau hinterlegt.
4.6 Schaltungskonzepte zur Vermeidung von Transistordurchbrüchen
Bei den folgenden Schaltungsbeispielen in Tab. 4.3 kann bis zu einem gewissen
Grad ein Betrieb mit UCE ≥ UCEO toleriert werden.
Einfluß auf den ...
Topologie
... Injektionsdurchbruch (erster Durchbruch)
U0
T1
T2
2RE
2RE
2RE
... elektrischen und thermischen zweiten Durchbruch
↑: Die niederohmige An- ↔: Kein Einfluß
steuerung über mehrere
Emitterfolger läßt einen hohen negativen Basisstrom
zu.
Die max. UCE -Spannung ↑: Gegenkopplung bezüglich
wird durch die Emitterwi- Einschnürung auf einen der
derstände RE leicht erhöht. Multi-Emitter.
2RE
U0
↑: Aufgrund der Stroman- ↔: Kein Einfluß
steuerung
tritt
dieser
Durchbruchmechanismus
nicht auf.
Ucas
U0
Tab. 4.3: Beispiele für möglichen Betrieb bei UCEO ≤ UCE < UCBO . Die jeweils
betrachteten kritischen Transistoren sind grau hinterlegt. Dabei stehen ↑
und ↔ für verbesserte Sicherheit bzw. gleichbleibende Gefahr bezogen auf
den jeweiligen Durchbruchmechanismus.
Bei idealer Spannungsansteuerung in Emitterschaltung kann ein hoher negativer
Basisstrom fließen bevor die (zunächst gesperrte) Emitterdiode in Flußrichtung
gepolt wird (Injektionsdurchbruch). Je größer aber der Betrag des zulässigen negativen Basisstroms, umso stärkere Lawinenmultiplikation ist zulässig und umso
größer ist damit die zulässige UCE -Spannung. Allerdings verhält sich ein Strom-
71
4. Problemstellungen beim Entwurf von Treiberstufen
am Beispiel eines 10 Gbit/s-Lasertreibers
72
schalter (Tab. 4.3 oben) nicht genauso wie eine Emitterschaltung, da die Summe seiner Emitterströme konstant gleich dem Stromquellenstrom, also begrenzt
ist. Hier soll nicht der Versuch unternommen werden die Durchbruchsmechanismen des Stromschalters abzuleiten, dies ist Gegenstand laufender Arbeiten [73]23 .
Stattdessen sei ein kurzer Gedankengang erlaubt. Analog zur Argumentation bei
der Emitterschaltung liege eine (nun differentielle) Ansteuerung der Basen eines
Stromschalters mit der Spannung UB1,B2 = const. vor. Der eine Transistor, T1,
führe nahezu den kompletten Schaltstrom während der andere, T2, kaum Strom
führe aber hierdurch eine UCE -Spannung größer als UCEO aufweise. Bezüglich der
“inneren Steuerspannung” UB 0 E 0 (T 1) − UB 0 E 0 (T 2) bewirkt der (negative) Basisstrom von T2 an dessen Basiswiderständen einen Spannungsabfall, entgegengerichtet der äußeren Spannung UB1,B2 . Der negative Basisstrom von T2 “versucht”
also den Stromschalter “zurück zu kippen”. Emitterwiderstände auf dieser Seite
wirken dem Mechanismus entgegen. Andererseits wird aber auch die maximale
UCE -Spannung durch den Spannungsabfall der jeweils stromführenden Seite an
RE leicht erhöht.
Im Fall IE = const.(z.B. Kaskodestufe in Tab. 4.3 unten, oder Emitterfolger) tritt kein Injektionsdurchbruch auf. Im allgemeinen können hierdurch höhere
UCE -Werte zugelassen werden [79]. Zu beachten ist jedoch, daß der oberhalb UCEO
fließende negative Basisstrom zur Einschnürung der Emitterstrombahn führen
kann. Durch äußere Widerstände wird dieser Effekt nicht beeinflußt. Bei MultiEmitter-Transistoren läßt sich jedoch durch eine (Multi-)Emittergegenkopplung,
der der totalen Einschnürung vorangehenden Konzentration des Stromes auf
einen der Emitterstreifen entgegenwirken (Tab. 4.3 Mitte).
23
Bei den im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Laser- bzw. Modulatortreibern wurden vor
deren Realisierung Messungen des Durchbruchverhaltens an Einzeltransistoren der jeweiligen
Technologie vorgenommen.
Kapitel 5
Ausgangsstufenkonzepte zur
Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen
Modulatoren
Gemäß den in Kap. 2 behandelten Verfahren zur elektrooptischen Modulation
von Halbleiterlasern ergeben sich für die benötigten Treiberschaltungen am Ausgang verschiedene elektrische Lastfälle. Zwangsläufig muß für den jeweiligen Anwendungsfall eine entsprechend angepaßte Ausgangsstufe vorgesehen werden. Im
vorangehenden Kapitel wurden grundlegende Problemstellungen erörtert, wie sie
allen Laser-/Modulatortreibern gemeinsam sind. An dieser Stelle sollen spezielle,
problemangepaßte Ausgangsstufenkonzepte diskutiert werden.
5.1
Der ohmsche Lastfall
Ein wichtiger Betriebsfall von Laser- und Modulatortreibern besteht in der Ansteuerung ohmscher Lasten. Genauer gesagt ist hierunter praktisch immer die
Ansteuerung von “dominant ohmsch abgeschlossenen Leitungen” zu verstehen,
da aus aufbautechnischen Gründen Treiberchip und optisches Sendeelement meist
nicht direkt, sondern über einen Wellenleiter verbunden sind1 .
1
Neben der rein mechanischen Problematik (z.B. Platzbedarf optischer Linsen) ist vielfach
auch die Entwärmung der Grund für einen modularen Aufbau von Treiber und optischem Sendeelement. Laserdioden, aber auch Elektroabsorptionsmodulatoren sind relativ stark temperaturabhängig. Teilweise werden deren optischen Eigenschaften sogar über eine Temperaturregelung
eingestellt.
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
74
Eine nahezu ideale ohmsche Last stellt ein Mach-Zehnder-Interferometer dar
(vgl. Kap. 2). Dem breitbandig definierten 50 Ω-Eingangswiderstand steht jedoch
ein im Vergleich zu Elektroabsorptionsmodulatoren deutlich höherer benötigter
Spannungshub gegenüber. Letztere stellen dagegen eine stark kapazitive Last
dar, die bei Datenraten oberhalb 20 Gbit/s in der Regel nicht über Leitungen
angesteuert werden kann.
Dem niederohmigen Eingangswiderstand von Laserdioden wird zur Zwangsanpassung des optischen Moduls ein Vorwiderstand in Reihe geschaltet. Gebräuchlich sind Module mit 50 Ω, teilweise auch 25 Ω. Damit liegt auch in diesem
Fall bis zu einer oberen Grenzfrequenz näherungsweise eine ohmsche Last vor.
Schließlich finden schnelle Treiberschaltungen auch Anwendung in der Meßtechnik als Leitungstreiber oder in Ausgangsstufen schneller Impulsgeneratoren.
5.1.1
Netzwerk zur Pulsformung der Ausgangsspannung
5.1.1.1
Modell und analytische Beschreibung
Betrachtet wird der in Abb. 5.1 dargestellte Ausgangskreis einer Treiberschaltung. Über die Bonddrahtinduktivität LQ erfolgt die Ansteuerung einer abgeschlossenen Leitung, die hier direkt in Form ihres Wellenwiderstandes RQ = 50 Ω
an den Schaltungsausgang transformiert wurde. Mit dem auf dem Chip befindlichen Ausgangswiderstand RP = 100 Ω wird eine Teilanpassung an den Leitungswiderstand erreicht.
L GND
50 Ω
100 Ω
uQ
RP
RQ
Q
RP
U’Q
QN
SS
LQe , kQ
RQ
UQ
LQ
1
I’Q
CQ
1’
YQ
(Signalmasse)
Abb. 5.1: Ausgangsstromschalter und Ausgangskreis einer Treiberschaltung. Die rechte Seite zeigt ein einphasiges (Gegentakt-)Ersatzmodell des schattierten
Zweiges, in dem ein Tor 1-1’ und die “Lastadmittanz” Y Q definiert wird.
Für die folgende analytische Behandlung wird das auf der rechten Seite der
Abbildung dargestellte Gegentakt-Ersatzmodell des Ausgangskreises verwendet.
5.1 Der ohmsche Lastfall
75
Darin bezeichnet
CQ = CCB,SS + CCS,SS + CAS,SS + CLtg,Q + CR,Q + Cpad,Q
(5.1)
die bereits aus Kap. 3.2 bekannte effektive Gesamtkapazität am Ausgangsknoten
Q. Auch LQ ist eine effektive Bonddrahtinduktivität. In guter Näherung kann,
trotz der eingebrachten Unsymmetrie von Q- und QN -Ausgang (Kap. 4.2) der
Wert für Gegentaktbetrieb zugrundegelegt werden, also
LQ = (1 − kQ ) · LQe
,
(5.2)
wobei LQe die Eigeninduktivität und kQ die magnetische Verkopplung der Ausgangsbonddrähte bezeichnen. Ausreichend hohe Bandbreite des internen Kollektorstroms I 0Q vorausgesetzt, wird die Pulsform der Ausgangsspannung uQ in erster Linie durch die Bandbreite der Transimpedanz Z T = U Q /I 0Q bestimmt.
Natürlich ist die Realität des Ausgangskreises um einiges komplizierter und eine mathematisch exakte, quantitative Beschreibung mit vertretbarem Aufwand
nicht möglich. So wurde beispielsweise die Kapazität CQ näherungsweise gegen
Signalmasse gezeichnet. Auch müßte der Substrateinfluß durch ein kompliziertes
vom genauen Strukturentwurf der Schaltung abhängiges Modell berücksichtigt
werden [50]. Ein exaktes aber unüberschaubares Modell ist aber nach Meinung
des Autors auch nicht das Ziel des Schaltungsentwicklers. Vielmehr benötigt er
das qualitative Verständnis in welcher Weise sich ein von ihm beeinflußbarer
Schaltungsparameter auf die Pulsform der Ausgangsspannung uQ auswirkt. Die
genaue Dimensionierung erfolgt schließlich anhand eines Schaltungssimulators unter Berücksichtigung aller bekannten Einflüsse.
Der in Abb. 5.1 dargestellte Fall läßt sich analytisch noch relativ leicht diskutieren. Z T weist P T2 S-Verhalten ([80]) auf, dessen Eigenfrequenz und Dämpfung angegeben werden können (siehe unten, Gl. 5.5). Anschaulicher und für das
Verständnis des in der Folge erweiterten Netzwerkes geeigneter, ist eine andere
Vorgehensweise. Betrachtet wird die Transadmittanz2
I 0Q
U 0Q I 0Q
1
LQ
1
YT =
=
·
=
+ 1 + jω
·
+ jωCQ
UQ
U Q U 0Q
RQ
RQ
RP
n o
1
+ Y Ŷ
(5.3)
=
RQ
n o
LQ
wo Y Ŷ
=
1 + jω
· Ŷ = (1 + jωτ ) · Ŷ = Y̌ .
(5.4)
RQ
2
Die Wahl dieser Wirkfunktion erscheint zunächst ungewöhnlich, hat jedoch — wie sich
zeigen wird — rechnerische Vorteile gegenüber einer direkten Betrachtung von Z T .
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
76
1
2
RP
Y
CQ
RQ
Y
-1
YQ 1’
2’
Lastadmittanz
R
Transadmittanz
LQ
τ= R
Q
-1
Y
Y
Y
Y
R
YT
τR
R
R
ω2 τ L L
L
τ
L
L
R
L
C
C
τ
τ
C
C
C
1
ω 2τ C
Abb. 5.2: Abbildung von Lastadmittanz-Bauelementen (Ŷ ) auf TransadmittanzBauelemente (Y̌ ) und umgekehrt durch den Operator Y. Es ist τ = LQ /RQ .
Man beachte, daß das Transadmittanztor im Gegensatz zum Lastadmittanztor nur mathematisch-virtueller Natur ist.
Gl. 5.4 definiert einen Operator Y, der analog einem Übertrager (mit dem kom√
plexen Übersetzungsverhältnis 1 + jωτ : 1 ) Ŷ -Admittanzen in Y̌ -Admittanzen
und umgekehrt transformiert. Für die drei Grundelemente R, L und C zeigt
Abb. 5.2 unten eine entsprechende Korrespondenztafel. Der obere Teil der Abbildung vermittelt eine graphische Darstellung von Gl. 5.3: Die Transadmittanz
Y T (Tor 2-2’) ergibt sich als Parallelschaltung des Lastwiderstands RQ und
der transformierten Admittanz Y{Ŷ }. Umgekehrt kann ein am Tor 2-2’ eingebrachtes Transadmittanzelement Y̌ in äquivalenter Weise durch sein “Urbild”
Ŷ = Y −1 {Y̌ } am Lastadmittanztor (Tor 1-1’) beschrieben werden. Im folgenden wird sich zeigen, daß dieser zunächst ungewöhnlich anmutende Formalismus
den Schlüssel für eine anschauliche Interpretation und Optimierung des Übertragungsverhaltens des Treiber-Ausgangskreises darstellt.
Ziel der Betrachtungen ist die Optimierung der Bandbreite der Transimpedanz Z T bzw. gleichbedeutend der Transadmittanz Y T . Dies kann formal als
Einbringen geeigneter zusätzlicher Admittanzanteile Y̌ am virtuellen Transadmit-
5.1 Der ohmsche Lastfall
77
Transadmittanz-Ebene
2
τ
RP
RP
CQ
1
ω2 CQτ
RQ
2’
"Realteil-resonante" Admittanz
(PT2S-Verhalten der Transimpedanz)
YT
∆C
∆R
Kompensationsglied
Abb. 5.3: Transadmittanz des unveränderten Ausgangskreises (grau hinterlegt) aus
Abb. 5.1 und parallelgeschaltetes Kompensationsglied. Es ist τ = LQ /RQ .
tanztor 2-2’ aufgefasst werden. Durch Anwenden der Korrespondenztafel Abb. 5.2
können diese Transadmittanzanteile auf ihre äquivalenten “Urbilder” am physikalisch vorhandenen Lastadmittanztor 1-1’ abgebildet werden. Innerhalb der Grenzen der physikalischen Realisierbarkeit der sich ergebenden Lastadmittanzanteile
Ŷ kann auf diese Weise die gewünschte Transadmittanz synthetisiert werden.
Zunächst sei die Ausgangssituation betrachtet. Hierzu werden die Bauelemente parallel zum Lastadmittanztor 1-1’, also Lastwiderstand RP und effektive
Lastkapazität CQ , in die Transadmittanz-Ebene abgebildet. Mit den Transformationskorrespondenzen nach Abb. 5.2 erhält man unmittelbar die in Abb. 5.3 grau
hinterlegt dargestellte Ersatzschaltung für Y T . In der Transadmittanz-Ebene liegt
ein im Realteil resonanter Parallelschwingkreis vor3 . Er entspricht in der Transimpedanz Z T = Y −1
T einem P T2 S-Verhalten [80] mit der Eigenkreisfrequenz ω0
und Dämpfung d gemäß4
r
r
RQ
RQ
1+
1+
RP
RP
ω0 = ω = p
= p
,
τ RQ CQ
LQ CQ
<{Y T }=0
1 ={Y T (ω0 )}
1
d= ·
= ·
2
Y T (0)
2
3
τ
LQ
+ CQ )
CQ RQ +
1
RP
RP
p
= r
1
1
RQ
LQ CQ
+
2 1+
RQ RP
RP
ω0 (
.
(5.5)
Hier und im weiteren Verlauf sei unter “Resonanz des Realteils” ein bei der zugehörigen Resonanzfrequenz verschwindender Realteil (hier der Transadmittanz) verstanden. Die Dämpfung
und damit die Stabilität wird in diesem Fall — dual zu den Verhältnissen bei der (klassischen)
Resonanz des Imaginärteils — durch die Größe des (dämpfenden) Imaginärteils bestimmt.
4
Hier zeigt sich ein Vorteil der gewählten Beschreibung: Eigenfrequenz und Dämpfung
können ohne Umweg direkt aus der Darstellung Abb. 5.3 “abgelesen” werden.
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
78
Innerhalb des Bereiches 0 < d < 1, in dem P T2 S-Verhalten auftritt, ist ein
√
Dämpfungswert, und zwar d = 1/ 2, von besonderer Bedeutung. Im Frequenzgang der Transimpedanz markiert dieser Wert den Übergang von Frequenzgängen
√
mit Resonanzüberhöhung (d < 1/ 2) zu solchen ohne Überhöhung. Dabei weist
√
der Fall d = 1/ 2 gewissermaßen eine “ideale” Tiefpasscharakteristik 2. Ordnung auf, da er ohne Überhöhung eine 3 dB -Frequenz gleich der Eigenfrequenz
besitzt und danach mit 40 dB pro Dekade abfällt5 . Für d ≥ 1 spricht man von
aperiodischen Verhalten, da in der für 0 ≤ d < 1 oszillatorischen Sprungantwort,
√
√
d
uQ (t)
−tω0 d
2
2
=1−e
cos(ω0 1 − d t) + √
sin(ω0 1 − d t) ,
∆UQ
1 − d2
(5.6)
an die Stelle der periodischen Sinus-/Kosinusfunktionen deren hyperbolische (also nicht periodische) Äquivalente treten6 . Das Einschwingverhalten einer solchen Kaskadierung zweier Tiefpässe erster Ordnung zeigt die für mehrpolige Tiefpassfunktionen typische zusätzliche “Verzögerung” durch die horizontale Anfangstangente, ist ansonsten aber dem eines einpoligen Filters sehr ähnlich.
Ein typisches Fallbeispiel ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels. Hier sei nur
vorweggenommen, daß bei den in dieser Arbeit realisierten Treiberschaltungen —
trotz der in Kap. 3 diskutierten speziellen Entwurfsaspekte zur Minimierung von
CQ — ohne weitere Maßnahmen der aperiodische Fall, d ≥ 1, vorliegt. Hiermit
verknüpft sind, angesichts der angestrebten Datenraten nicht mehr tolerierbare
Einbußen in der Flankensteilheit des Ausgangsspannungspulses.
Um die geforderten Datenraten zu erreichen, muß der Ausgangskreis geeignet modifiziert werden. In einem Gedankenexperiment wird hierzu in der
Transadmittanz-Ebene nach Abb. 5.3 ein geeignetes “Kompensationsglied” eingebracht. Der gewählte Syntheseansatz im Transadmittanz-Netzwerk besteht darin,
daß dessen Eigenkreisfrequenz ω0 erhöht und dessen Dämpfung d verringert werden sollen, mit dem Ziel die Bandbreite der Transadmittanz zu vergrößern7 . Wie
schon zuvor für Gl. 5.5, entnimmt man einer Betrachtung der Abb. 5.3 (jetzt
5
Ein solches Verhalten wird auch als Butterworth-Filter 2. Ordnung bezeichnet [81]. In der
−5π
Sprungantwort tritt ein Überschwinger auf, der jedoch nur e 4 ≈ 2% beträgt [80].
6
Zusätzlich ist das Vorzeichen des Radikanden zu invertieren.
7
Theoretisch betrachtet, genügte eine Erhöhung von ω0 . Bei gleichbleibend hoher Dämpfung
würde jedoch eine sehr starke Erhöhung benötigt, um ein ausreichendes Übertragungsverhalten
zu erzielen. Wesentlich effizienter ist eine Verbesserung der Dämpfung, welche zu einer besseren
Ausnutzung der “inherenten” Bandbreite ω0 führt.
5.1 Der ohmsche Lastfall
79
jedoch mit Kompensationsglied) unmittelbar:
ω0
und
r
RQ
RQ
1+
+
R
∆R
p P
=
LQ CQ
d =
2
1
RQ
RQ
1+
+
RP
∆R
r
LQ
(CQ −∆C)RQ +
RP
p
LQ CQ
.
(5.7)
In dem im Realteil resonanten Parallelschwingkreis vertauschen Konduktanz
und Suszeptanz ihre Rollen im Vergleich zum RLC -Parallelschwingkreis mit resonantem Imaginärteil: Durch Hinzunahme eines Leitwertes ∆G = ∆R−1 wird
die Eigenresonanzfrequenz vergrößert und die Dämpfung verkleinert. Zur weiteren Entdämpfung des Kreises kann dessen Suszeptanz durch Addition einer
negativen Kapazität −∆C vermindert werden. Diese Synthesevorgabe am virtuellen Transadmittanztor 2-2’ wird im folgenden Schritt an das physikalische
Lastadmittanztor 1-1’ transformiert. Die “Urbilder” des Kompensationsgliedes
in der Lastadmittanzebene sind gerade die Bauelemente, welche am physikalisch
vorhandenen Tor 1-1’ parallelzuschalten sind, um in der Transadmittanz, die mit
dem virtuellen Kompensationsglied bezweckte Modifikation zu erzielen. Um ihren
Beitrag zur Transadmittanz zu veranschaulichen, wurde CQ auch an das virtuelle
Tor 2-2’ transformiert. Bei der Rücktransformation der modifizierten GesamtTransadmittanz in die Lastadmittanzebene ist zu beachten, daß die Kapazität
CQ immer parallel zum Tor 1-1 liegt, da nur einer ihrer beiden Knoten zugänglich
ist. Dies heißt insbesondere, daß Transadmittanzanteile von CQ nicht mit anderen
zusammengefaßt werden können. Letzteres ist jedoch für C̃ = τ /RP − ∆C und
R̃ = RP ||∆R = GP + ∆G möglich. Die Anwendung der Korrespondenzen aus
Abb. 5.2 auf diese beiden Transadmittananzeile, liefert unmittelbar die Darstellung nach Abb. 5.4.
Für eine exakte Synthese der Transadmittanz im oben diskutierten Sinne ist
RP durch eine interne Lastimpedanz entsprechend dem in Abb. 5.4 grau hinterlegten Netzwerk zu ersetzen. Bei Zugrundelegung passiver Netzwerke (positive
Lastadmittanz-Bauelementwerte), ist ∆C beschränkt gemäß
∆C ≤ τ GP = LQ GQ GP
.
(5.8)
Eine besonders einfache Topologie, nämlich eine Reihenschaltung aus Widerstand und Induktivität, ergibt sich bei Wahl der oberen Schranke in Gl. 5.8.
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
80
1
τ
CQ
YQ
GP+∆G
1
GP+∆G
2
τ GP ∆C
τ
τ GP ∆C
1’
Lastadmittanz
RQ
-1
YT
2’
LQ
τ= R
Q
Transadmittanz
Abb. 5.4: Lastadmittanz-Urbild der nach Abb. 5.3 erweiterten Transadmittanz.
Systemtheoretisch besteht in ∆G ein weiterer Freiheitsgrad mit dem die Eigenresonanzfrequenz aber unvermeidbar auch die Dämpfung der Transadmittanzfunktion eingestellt werden könnte (vgl. Abb. 5.3). Schaltungstechnisch besteht dieser
Freiheitsgrad in der Regel jedoch nicht, da die Summe der Leitwerte durch den
geforderten Ausgangshub und Teilabschluß GT A = GQ + GP + ∆G festgelegt ist.
Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, daß die maximale Wahl von ∆C keineswegs immer die optimale sein muß, führt doch ei√
ne Kompensation über das “Dämpfungs-Optimimum” d = 1/ 2 (Gl. 5.7) zu
starken Resonanzüberhöhungen in der Übertragungsfunktion des Ausgangskreises. In Silizium-basierten Technologien läßt sich jedoch die vollständige Topologie der Abb. 5.4 nur schwerlich realisieren. Dies liegt in dem verlustbehafteten Silizium-Substrat begründet, das eine Realisierung von Induktivitäten ausreichender Bandbreite und/oder Güte auf dem Chip zur Zeit noch nicht zuläßt.
Der Schaltungsentwickler muß daher ersatzweise Bonddraht-Induktivitäten heranziehen. Dies bedingt aber, daß die beiden Zweige der so kompensierten Admittanz nicht mehr streng parallel liegen, es sei denn man realisiert einen Bonddraht
zwischen zwei auf dem Chip befindlichen Bondflecken. Eine andere Möglichkeit
besteht in einem zwischen den beiden Ausgängen differentiell eingebrachten RCKompensationszweig, in dessen Symmetriemitte sich eine Signal masse ausbildet8 .
So einleuchtend und vielversprechend der Syntheseansatz Abb. 5.3 ist, garantiert er nicht in jedem Fall Erfolg. Offensichtlich schränkt die Realisierbarkeitsbedingung Gl. 5.8 die möglichen Transadmittanzverläufe ein, indem sie eine
obere Schranke für die in Y T kompensierbare Kapazität festlegt: Die minimale
nach diesem Kompensationsansatz im Dämpfungsfaktor von Y T verbleibende Ka8
Gemeint ist eine Reihenschaltung eines Widerstands R = 1/2 · (τ GP − ∆C) und einer
Kapazität C = 2 · τ /(τ GP − ∆C). Ein solcher Ansatz zur Einstellung einer Bedämpfung wurde
—allerdings in Verbindung mit einer dominant kapazitiven Last (EAM)— in [82] untersucht.
5.1 Der ohmsche Lastfall
pazität ist gerade die Ausgangskapazität CQ . Diese Art der Kompensation setzt
also ein ausreichend kleines CQ voraus, da nur der LQ und RQ zugeordnete kapazitive Dämpfungsanteil in der Transadmittanz nach Abb. 5.3 kompensiert wird.
Die maximal erreichbare Bandbreite (ohne Amplitudenüberhöhung) entspricht
der Eigenfrequenz und wird für ∆C = ∆C d=1/√2 erreicht.
Motiviert durch den zuvor gefundenen Spezialfall für ∆C = LQ GQ GP
(benötigte interne Lastimpedanz rein ohmsch-induktiv) wird im folgenden umgekehrt vorgegangen und die Frage erörtert, welchen Einfluß auf die Transadmittanz
die Ersetzung von RP durch einen Zweig mit frei wählbarer Induktivität LP in
Reihe zu RP hat. Mit etwas mathematischem Aufwand ergibt sich die Transadmittanz zu
YT =
1
RQ ||RP
1+p
CQ (LQ RP + LP RQ ) 3 CQ LQ LP
LQ + LP + CQ RQ RP
+p2
+p
RQ + RP
RQ + RP
RQ + RP
.
LP
1+p
RP
(5.9)
Obwohl mit nun drei (unabhängigen) Energiespeichern auf den ersten Blick
wenig kompliziert anmutend, ist die analytische Berechnung der Pol-NullstellenVerteilung alles andere als trivial. Der Grund hierfür ist die Mannigfaltigkeit der
Art der Wurzeln des Polynomes dritter Ordnung, im Zähler von Gl. 5.99 . Zwar
lassen sich die Wurzeln formal geschlossen analytisch berechnen, wobei der Satz
des Cardano zur Anwendung gelangt [83]. Es ergeben sich jedoch extrem komplizierte Zusammenhänge für die drei Wurzeln, von denen vorab noch nicht einmal
definiert werden kann, welche komplex- und welche reellwertig sind. Natürlich
kann der Cardanische Lösungsalgorithmus mittels Rechnerunterstützung leicht
ausgewertet werden. Ein entsprechendes Programm [84] wurde zum Beispiel in
[60, 85] für Untersuchungen verwendet. Im Vergleich zu der von kommerziellen Schaltungssimulatoren (beispielsweise ELDO [86]) meist angebotenen numerischen Pol-Nullstellenberechnung ist die Programmierung der Cardanischen
Lösungsformel immer numerisch stabil. Numerische Pol-Nullstellen-Analysen berechnen, bedingt durch numerisches Rauschen, meist weit mehr als die tatsächlich
9
Der bislang betrachtete Fall einer Vorgabe geeigneten P T2 S-Verhaltens entspricht für
∆C = LQ GQ GP der exakten Pol-Nullstellen-Kompensation in Gl. 5.9. Dem in Abb. 5.5 (unten, rechts) dargestellten Netzwerk liest man ab, daß für diese Ordnungsreduktion in Y T ein
L
LP
Brückenabgleich ( RQ
= R
) der beiden ohmsch-induktiven Zweige vorliegen muß. Der AusQ
P
gangskreis weist in diesem Fall eine gegenüber dem Fall LP = 0 unveränderte
Eigenresonanzp
p
−1
frequenz auf, die Dämpfung ist jedoch um den Betrag ∆d = RP
LQ /CQ / 1 + RQ /RP
reduziert (vgl. Gl. 5.7).
81
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
82
Transadmittanz-Ebene
2
τ RP
LP
RQ
YT
2’
RP
RP
RP
1
ω2CQτ
CQ
RP
LP
τ
τ
τ
RP
reduzibel
ursprüngl. Transadmittanz
(PT2S-Verhalten in Y-1
T )
"Transadmittanz-Zuwachs" ∆Y
-1
YQ
1
LQ
RP
CQ
Lastadmittanz-Ebene
RQ
LP
1’
Abb. 5.5: Erweiterung des Ausgangskreises um die Induktivität LP . Unten, rechts:
Lastadmittanz Y Q . Oben: Transadmittanz Y T . Es ist τ = LQ /RQ . Zu den
Gründen für die Wahl einer reduziblen Darstellung von Y T vgl. Text.
vorhandenen Pol- und Nullstellen, deren Anzahl durch geeignete Kongruenzkriterien reduziert werden müssen (vgl. Seite 128). In dieser Arbeit soll ein qualitativer dafür aber anschaulicherer Weg beschritten werden. Hierzu wird wieder die
Transadmittanz als Abbildung der Lastadmittanz durch den Y-Operator betrachtet. Durch Anwenden der Transformationsregeln gelangt man zu der in Abb. 5.5
(oben) dargestellten Ersatzschaltung für die Transadmittanz. Dabei handelt es
sich um eine reduzible Darstellung, die gerade so gewählt wurde, daß der waagerechte Zweig die Transadmittanz für LP = 0 repräsentiert. Umgekehrt entspricht
somit der abgewinkelte Zweig dem “Transadmittanz-Zuwachs” ∆Y durch LP .
Eine kurze Rechnung liefert
LP
LQ
LQ LP
2 LP
ω
−
1 + ω2
1
−LP
RP RP
RQ
RQ RP
∆Y = −
·
+ jω · 2
LP LP
LP LP
RP
RP
1 + ω2
1 + ω2
RP RP
RP RP
= −∆G(ω) + jω[−∆C(ω)] .
(5.10)
In einem gewissen Sinne kann Gleichung 5.10 als Verallgemeinerung des
Syntheseansatzes nach Abb. 5.7 — jedoch mit nunmehr frequenzabhängigen
Kompensations-Bauelementen — aufgefaßt werden. Die zunächst nur im Realteil
5.1 Der ohmsche Lastfall
83
resonante ursprüngliche Transadmittanz (waagerechtes Netzwerk in Abb. 5.5)
kann jetzt durch den Transadmittanz-Zuwachs (abgewinkeltes Netzwerk in
Abb. 5.5) prinzipiell auch in ihrem Imaginärteil Resonanz aufweisen. Aus deren spezieller Struktur erkennt man, daß ∆C(ω) eine monotone Funktion der
Kreisfrequenz ist. Für tiefe Frequenzen wird der Anfangswert LP /RP2 angenommen, für hohe Frequenzen nähert sich ∆C(ω) dem Endwert LQ /(RQ RP ). Wegen ={Y T } = ω(CQ + LQ /(RQ RP ) − ∆C(ω)) ist Resonanz im Imaginärteil
(={Y T } = 0) nur möglich, wenn gilt10 :
LQ
LP
− 2 ≤ 0}
RQ RP
RP
LQ
LQ
∧ {CQ +
−
≥ 0}, f ür
RQ RP
RQ RP
LQ
LP
≤
RQ
RP
LP
LQ
− 2 ≥ 0}
RQ RP
RP
LQ
LQ
∧ {CQ +
−
≤ 0}, f ür
RQ RP
RQ RP
LQ
LP
≥
RQ
RP
{CQ +
∨
{CQ +
CQ > 0
⇐⇒
0 ≤ CQ RP ≤
LP
LQ
−
RP
RQ
∧
LQ
LP
≤
RQ
RP
.
(5.11)
(Notwendige Bedingung für Resonanz im Imaginärteil von Y T .)
Nach Gl. 5.11 müßte mit RP = 100 Ω (Teilabschluß) und LP ≈ 0,8 . . . 2 nH sowie
LQ ≈ 0,25...0,5 nH, CQ maximal (“LQ = 0”) einen Wert von nur 200 f F aufweisen. Bei den in dieser Arbeit entwickelten Treiberschaltungen tritt deswegen
diese Art der Resonanz im Ausgangskreis nicht auf.
Als Ergebnis der obigen Betrachtungen verbleibt nurmehr die Resonanz im
Realteil von Y T als wesentlich die Bandbreite des Ausgangskreis bestimmender
Effekt. Deren Behandlung ist geschlossen analytisch nicht möglich, da Y T nach
Gl. 5.9 im allgemeinen irreduzibel ist, also drei, zwar algorithmisch angebbare
(Satz des Cardano), analytisch aber nicht überschaubare Nullstellen aufweist.
Möglich sind eine reelle und zwei konjugiert komplexe Lösungen, drei reelle Lösungen, eine reelle Lösung und eine reelle Doppellösung und schließlich eine reelle
Dreifachlösung [83]. Anders als bei den Stabilitätsbetrachtungen in Kap. 6 ist
10
Der Imaginärteil läßt sich mit Gl. 5.10 direkt aus Abb. 5.5 ablesen. Aufgrund der strengen Monotonie von ∆C ist auch (={Y T } streng monoton. Eine Resonanz setzt daher einen
Vorzeichenwechsel im Imaginärteil voraus. Mit dem beschränkten Wertebereich von ∆C(ω)
führt dies, je nach Relation von LQ /RQ zu LP /RP und damit des Anfangs- zum Endwert von
∆C(ω) auf je zwei Ungleichungen.
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
84
die Stabilität im vorliegenden Fall durch das für die Diskussion angesetzte einfache, passive Ersatzschaltbild nach Abb. 5.1 gesichert. Statt der allgemeinen
Übertragungsfunktion Y T (p) kann daher deren Verhalten auf der imaginären Frequenzachse also Y T (jω) betrachtet werden. Hierbei erweisen sich die in Gl. 5.10
definierten Leitwert- und Kapazitäts-Zuwächse ∆G(ω) und ∆C(ω) als hilfreich.
Ebenso wie ∆C(ω) ist auch ∆G(ω) eine gerade, beschränkte und für ω > 0
monoton steigende (LP /RP > LQ /RQ ) Funktion. Daher ist im Realteil
<{Y T } =
1
LQ
1
1
1
+
− ω 2 CQ
− ∆G(ω) =
+
− ∆G̃(ω)
RQ RP
RQ
RQ RP
(5.12)
auch ∆G̃(ω) gerade und monoton steigend für ω > 0. Hieraus resultiert, daß
die Kreisfrequenz (ω = ωre,0 ) der Realteilresonanz von Y T gegenüber dem Fall
LP = 0 abnimmt, da nach Gl. 5.12 |∆G̃(ω)| > |∆G(ω)| gilt. Gleichzeitig nimmt
aber auch die Dämpfung dieser Resonanz durch den abnehmenden Imaginärteil
ab11 . Im Zusammenspiel kann mit der resultierenden Resonanzüberhöhung die
Bandbreite von Y T bzw. der Transimpedanz Z T vergrößert werden.
5.1.1.2
Schaltungstechnische Realisierung
Nachdem der theoretische Hintergrund des Netzwerkes zur Pulsformung der Ausgangsspannung beleuchtet wurde, soll im folgenden ein praktisches Beispiel seine
Notwendigkeit sowie die schaltungstechnische Realisierung demonstrieren.
Das wichtigste Element des Anhebungs-Netzwerkes bilden die Induktivitäten. Gerade dieses Bauelement steht in den in dieser Arbeit verwendeten
Silizium-basierten Technologieprozessen jedoch nur bedingt zur Verfügung. Der
Grund hierfür ist das verlustbehaftete — weil endlich leitende — SiliziumSubstrat, das eine Realisierung von Spulen ausreichender Bandbreite und Güte
auf dem Chip zur Zeit noch nicht zuläßt12 . Bei Verwendung von Siliziumtechnologien muß der Schaltungsentwickler daher ersatzweise Bonddraht-Induktivitäten
verwenden. Werden einige Regeln beachtet, so stellen Bonddrähte auch im höheren GHz-Bereich nahezu ideale Induktivitäten dar.
Der wichtigste Gesichtspunkt, den es nicht zu vergessen gilt, ist die Tatsache, daß das Magnetfeld nur reziprok mit dem Abstand zu dem erzeugenden
11
Neben der Reduktion durch die kleinere Resonanz-Kreisfrequenz, nimmt ={Y T (ωRe,0 )}
zusätzlich durch die (für ω > 0 monoton steigende, aber endliche) Kapazität ∆C(ω) ab.
12
Ein parasitärer Serienwiderstand ist im speziellen Anwendungsfall unproblematisch, da
dieser im internen Abschlußwiderstand RP (Abb. 5.1) berücksichtigt werden kann. Durch parasitäre ohmsch-kapazitive Verkopplungen einzelner Teile der integrierten Spule über das Substrat
wird jedoch der nutzbare Frequenzbereich eingeschränkt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt findet
man integrierte Spulen in SiliziumTechnologien vorwiegend im Mobilfunkbereich.
5.1 Der ohmsche Lastfall
Stromfaden abnimmt. Dies bedingt zweierlei. Einerseits ist die magnetische Verkoppelung parallel liegender Bonddrähte beim Entwurf zu berücksichtigen. Dies
ist nicht notwendig negativ, da der Schaltungsentwickler im Fall von differentiell betriebenen Schaltungen so die effektive, also die Gegentakt-Induktivität,
reduzieren kann (vgl. Gl. 5.2). Natürlich kann eine solche Verkopplung aber auch
unerwünscht sein, zum Beispiel im Fall von Schaltkreisen mit mehreren Signalkanälen, die sich gegenseitig nicht stören dürfen (“Übersprechen”). Zum anderen
darf ein Bonddraht nicht immer pauschal als näherungsweise homogen in Längsrichtung betrachtet werden (Im Sinne einer konstanten längenspezifischen Induktivität). Die in [87] gefundene sehr gute Übereinstimmung der klassischen Zweidrahtleitungsformel mit den durch numerische Integration berechneten Induktivitäts- und Kopplungswerten verliert bei kleinen Bondlängen unterhalb 0.5 mm
zunehmend ihre Gültigkeit. Wiederum ist die magnetische Verkopplung hierfür
ursächlich, dieses Mal in Form einer “Eigenverkopplung” des Bonddrahtes. Betrachtet man Anfangs- und Endsegmente eines bogenförmigen Bonddrahtes als
einzelne Stromfäden die denselben Strom, zueinander jedoch in gegensätzlichen
Richtungen führen, ist offensichtlich, daß hierdurch die Eigeninduktivität reduziert wird, d.h. die Induktivität ist nicht mehr längenproportional. Auch die
Kopplung (im Bogen) parallel verlaufender Bonddrähte ändert sich.
Schließlich sei noch eine Anmerkung zu Bonddrähten von Bondfleck zu Bondfleck auf einem Chip gemacht. Solche “on-chip”-Bonddrähte wurden bei einer nur
für meßtechnische Zwecke realisierten Version eines 40 Gbit/s-Modulatortreibers
vorgesehen, später aber nicht benötigt. In solchen Fällen muß ein Bonddraht
je nach Abstand zu einer metallischen Chipoberfläche, als Leitung modelliert
werden, zumindest jedoch dessen magnetische Einkopplung in die metallische
Chipfläche berücksichtigt werden (quasi-magnetostatische Betrachtung)13 .
Im folgenden soll die Effizienz des Anhebungsnetzwerkes anhand des bereits
bei der Diskussion grundlegender Problemstellungen kennengelernten 10 Gbit/sLaser-/Modulatortreiber ( 4.1, [17]) demonstriert werden. Tabelle 5.1 listet die
für das Ausgangskreis-Modell nach Abb. 5.1 benötigten Parameter auf. Die einzelnen Anteile aus denen sich CQ zusammensetzt werden detailliert in Kap. 3
(Abb. 3.3) behandelt. Trotz konsequenter Anwendung der dort abgeleiteten Optimierungsregeln und Verwendung von kapazitätsoptimierten Sonderstrukturen für
13
Eigeninduktivitäten und magnetische Kopplungen elektrisch konzentrierter dreidimensionaler Strukturen, zudem auch frequenzabhängig (Skin-Effekt, Proximity-Effekt), können mit
sogenannten quasi-magnetostatischen Simulatoren bestimmt werden. Der interessierte Leser sei
auf den Anhang verwiesen, in dem ein mit FastHenry[88] berechnetes Beispiel (Aufbautechnik
des 40 Gbit/s-EAM-Treibers) diskutiert wird.
85
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
86
RP
RQ
LQ
CQ = CQ
LP
100 Ω
50 Ω
0.3 nH
≈ 0.6 pF
einstellbar, typ. 2 nH
Tab. 5.1: Ausgangskreis-Modellparameter des 10-Gbit/s-Laser- und Modulatortreibers nach Abb. 4.1.
die Ausgangstransistoren (Multistreifentransistoren mit gemeinsamem Subkollektor) verbleibt eine — in Anbetracht der geforderten Datenrate von 10 Gbit/s —
augenscheinlich große Summenkapazität CQ ≈ 0.6 pF . Dabei machen allein die
Transistorkapazitäten bereits etwa zwei Drittel der Summe aus. Sie sind auch der
Grund warum CQ überstrichen wurde, denn die Sperrschichtkapazitäten der Ausgangstransistoren sind vom Schaltzustand, also von der Zeit abhängig. Für die
Modellrechnung werden deren integrale Mittelwerte verwendet14 . Auch LQ ist
ein effektiver Wert, der sich aus dem dominierenden Gegentaktbetrieb ableitet
(Gl. 5.2, mit LQe ≈ 0.4 nH , k ≈ 0.25).
Häufig wird bei analogen Schaltungen die notwendige Signalbandbreite einer Übertragungsfunktion aus der Überlegung abgeleitet, daß die dritte Oberwelle
der 11001100-Bitmusterfolge noch ausreichend verzerrungsfrei übertragen werden
muß [59, 64]. Um dies zu gewährleisten, muß als Minimalforderung der Amplitudengang eine entsprechende 3dB-Grenzfrequenz aufweisen (f3dB ≥ 3/4 · fBit )15
und die Phasendifferenz16 bis zu dieser Frequenz kleiner 30◦ bleiben [90]. Einpolige, aber auch mehrpolige Tiefpassfunktionen, mit rein reellen Residuen, weisen
jedoch schon deutlich unterhalb der 3dB-Frequenz merkliche Amplitudendämpfungen auf, welche im Zeitbereich, im Anschluß an eine steile Schaltflanke, sogenanntes “long term”-Verhalten, also eine langsame asymptotische Annäherung an
den Endwert zeigen. Diese Problematik ist ganz typisch für die im Rahmen dieser Arbeit realisierten Laser- und Modulatortreiber und soll anhand von Abb. 5.6
verdeutlicht werden.
Die Diagramme der oberen Hälfte der Abbildung beziehen sich auf das
Modell des Ausgangskreises nach Abb. 5.1. Auf der linken Seite sind für den Fall
ohne Anhebungsinduktivitäten (LP = 0) sowie den Fall mit nominellem Wert,
LP = 2 nH , die auf den Anfangswert normierten Amplitudengänge |ZT (jω)/ZT O |
und die jeweiligen Phasendifferenzen ∆φ der Transimpedanz dargestellt.
14
Auf diesem Prinzip basiert auch der im Rahmen von [89] aufgebaute Analogrechner, der
in der Optimierungsphase des betrachteten 10 Gbit/s-Treibers eingesetzt wurde. Ein Vergleich
der Modellrechnung mit der kompletten Schaltungsimulation folgt noch.
15
Bei der im gewählten Beispiel vorliegenden Datenrate von 10 Gbit/s beträgt die notwendige
Bandbreite f3dB ≈ 7,5 GHz .
16
Hierunter versteht man die Abweichung des realen Phasenverlaufs eines Systems von dem,
durch die Grundlaufzeit des Systems bedingten, rein linearen Phasenverlauf.
5.1 Der ohmsche Lastfall
87
Modell im Frequenzbereich
2
1
0
−1
|ZT/ZT0|
−2
[dB] −3
−4
−5
−6
FFT
Inverse Fouriertransformation
0V
uQ
-3 V
0
2,5
5
7,5
10 12,5 15
40 ps
30
0V
20
∆φ
[°]
10
uQ
0
−10
−20
-3 V
−30
0
2,5
5
7,5 10 12,5 15
f [GHz]
40 ps
Simulation der kompletten Schaltung : Augendiagramm und Pulsflanken
0V
uQ
0V
uQ
uQ
-3 V
-3 V
50 ps
Innerer Kollektorstrom x ( RQ
0V
0V
uQ
uQ
-3 V
-3 V
50 ps
RP )
40 ps
40 ps
Abb. 5.6: Zur Wirkungsweise des Anhebungsnetzwerkes. Oben: Amplitudengang und
Phasendifferenz der auf ihren Anfangswert normierten Transimpedanz (linke Seite).
Der Fall LP = 0 ist gestrichelt, der für LP = 2 nH durchgezogen dargestellt. Auf
der rechten Seite sind die als Augendiagramm überlagerten aus den Frequenzgängen
durch inverse Fouriertransformation berechneten Ausgangsspannungverläufe dargestellt
(B=10 Gbit/s). Unten: Simulation der kompletten Schaltung. Die Augendiagramme
(rechte Seite) gelten für die Fälle wie oben. Links wurden zwei Pulsflanken aufgelöst.
Zum Vergleich entspricht der gestrichelte Verlauf einer idealen Umsetzung (Multiplikation am eff. Lastwiderstand RQ ||RP ) des internen Transistor-Kollektorstroms.
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
88
Die im vorangehenden Kapitel getroffene Wahl der Transadmittanz Y T als
betrachtete Wirkfunktion begründete sich durch rechnerische und didaktische
Vorteile im Zusammenhang mit deren Darstellung als transformierte Lastadmittanz. An dieser Stelle soll hingegen wieder die “natürliche” Übertragungsfunktion
des Ausgangskreises, die Transimpedanz Z T betrachtet werden. Durch Multiplikation von Z T mit der Fouriertransformierten17 eines Bitmusters und anschließende inverse Fouriertransformation wurden die zeitlichen Ausgangsspannungssignale berechnet und in Form von Augendiagrammen dargestellt.
Zunächst sei die Ausgangssituation ohne Anhebungsinduktivitäten betrachtet. Werden für LP = 0 die Werte aus Tab. 5.1 in Gl. 5.5 eingesetzt, so erhält man
eine Eigenkreisfrequenz ω0 = 2π · 14,5 GHz und eine Dämpfung d ≈ 1,0. Dies
ist gerade der sogenannte aperiodische Grenzfall, bei dem bei σ = −ω0 auf der
negativen reellen Frequenzachse ein doppelter Pol auftritt. Sowohl Amplitudengang als auch Phasendifferenz erfüllen die zuvor angesprochene Bandbreiteforderung. Der Amplitudengang fällt jedoch bereits weit vor der 3dB-Grenze merklich
ab. So erfährt beispielsweise die Grundwelle (1010-Bitmuster, f = 5 GHz für
B = 10 Gbit/s) bereits eine Amplitudendämpfung um 10%. Im hieraus berechneten Augendiagramm zeigt sich daher im Anschluß an eine erste steile Schaltflanke eine langsame asymptotische Annäherung an den Endwert (“long termVerhalten”), welche die Augenöffnung merklich beeinträchtigt.
Durch den Einsatz von Anhebungsinduktivitäten mit je LP = 2 nH kann
der frühzeitige Amplitudenabfall kompensiert und die 3dB-Grenzfrequenz deutlich erhöht werden. Dementsprechend zeigt das aus dem Frequenzgang berechnete
Augendiagramm eine deutliche Verbesserung der Flankensteilheit, speziell im ersten und letzten Viertel der Transienten und hierdurch eine Verbesserung der
vertikalen Augenöffnung18 .
Bislang wurden Modellrechnungen betrachtet. In Anbetracht des vereinfachten Ausgangskreismodells der Abb. 5.1 stellt sich die Frage, ob durch die Ver17
Die Flankensteilheit (t0−100% = 45 ps) entspricht derjenigen des internen Kollektorstrom
der Ausgangsstufentransistoren.
18
Der Mechanismus in der Übertragungsfunktion Z T (jω) wird im vorangehenden Kapitel
erläutert. Durch Einbringen von LP wird eine Realteilresonanz in Z T (jω) zu kleineren Frequenzen, also dort wo benötigt, verschoben und entdämpft. Eine Berechnung der komplexen Pol- und Nullstellenverteilung mit [84], zeigt ausgehend von dem reellen Doppelpol bei
σ = 2π · 14,5 GHz mit Zunahme von LP eine Polaufspaltung in ein konjugiert komplexes
Polpaar (P T2 S-Verhalten). Dessen Dämpfungsfaktor nimmt mit zunehmendem LP ab und erreicht für LP = 2 nH und eine Eigenfrequenz f0 = 9,2 GHz√ einen Wert von d = 0,78, der
nah am zuvor diskutierten “Butterworth-Optimum” d = 1/ 2 liegt. Ein dritter Pol nähert
sich von ω = −∞ auf der reellen Achse dem Ursprung, liegt aber für LP = 2 nH noch bei
σ = −2π·20 GHz womit er vernachlässigt werden kann. Schließlich tritt in Z T noch ein Hochpaß
mit der Zeitkonstante LP /RP ≈ 1/(2π · 8 GHz ) auf, der die Bandbreite weiter erhöht.
5.2 Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter
einfachungen gegenüber einer Simulation der kompletten Schaltung mit einem
Schaltungssimulator grundsätzliche Abweichungen auftreten. Daß dem nicht so
ist, dokumentieren die Augendiagramme der unteren Hälfte von Abb. 5.6, die
gut mit den Augendiagrammen der Modellrechnung übereinstimmen. Auf der
rechten Seite sind die Pulsflanken vergrößert dargestellt. Zum Vergleich — gewissermaßen als idealisierte Referenzvorgabe — zeigt der gestrichelt dargestellte
Verlauf den rechnerisch am effektiven Lastwiderstand (RP ||RQ ) in eine Spannung
konvertierten internen Kollektorstrom19 . wird durch die vorderen Schaltungsteile
eine ausreichende Flankensteilheit im internen Kollektorstrom der Ausgangstransistoren sichergestellt, so kann durch das hier beschriebene Konzept in einfacher
Weise die durch die hohe Ausgangskapazität beeinträchtigte Pulsform der Ausgangsspannung deutlich verbessert werden. Wie die Pulsflanken zeigen, gelingt
es im Beispiel die “inherente” Flankensteilheit der Ausgangsstufe (interner Kollektorstrom) vollständig an die externe Last zu transformieren.
Es sei noch erwähnt, daß in [60] auch bei Dimensionierungen mit noch größerer Ausgangskapazität gute Ergebnisse erzielt wurden20 . Auch in zwei weiteren
Treiberschaltungen (bei 10.8 Gbit/s und 20 Gbit/s) wurde das Anhebungsnetzwerk mit Erfolg eingesetzt. Schließlich hat das Konzept mittlerweile auch Einzug
bei anderen Schaltungen gefunden. In [91] wird in einer HEMT-Technologie mit
integrierten Spulen gearbeitet. Dabei werden die einzelnen Stege der Spulen als
“air-bridges” realisiert. Deren parasitäre Kapazitäten nehmen hierdurch ab und
die Eigenresonanz der Spule kann zu höheren Frequenzen verschoben werden.
5.2
Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter
Im vorangehenden Kapitel wird ein wichtiger Lastfall von Treiberschaltungen,
nämlich die Ansteuerung ohmscher Lasten, oder genauer die Ansteuerung näherungsweise mit ihrem Wellenwiderstand abgeschlossener Leitungen betrachtet.
Nicht immer ist jedoch die elektrische Eingangsimpedanz von Modulatormodulen ausreichend breitbandig an einen Wellenleiter angepaßt. Unglücklicherweise
gilt dies im besonderen Maße für einen bestimmten Typ externer optischer Modulatoren, der in den letzten Jahren bei höheren Datenraten (um und oberhalb
19
Gemeint ist der Strom der Transferstromquelle im Gummel-Poon-Modell (vgl. Anhang A.1)
Transistor-Sonderstrukturen konnten dort nur bedingt modelliert werden [45], so daß
während des Strukturentwurfes durch geeigneten Transistor-(Struktur)entwurf noch Kapazität
eingespart werden konnte (vgl. Kap. 3.3).
20
89
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
90
10 Gbit/s 21 , besonders aber in Prototypensystemen mit noch höherer elektrischer
Datenrate, zum Beispiel 40 Gbit/s [2], zunehmend Beachtung findet, den Elektroabsorptionsmodulator (EAM). Dessen elektrische Eingangsimpedanz ist dominant kapazitiv22 . Außerdem bedingt sein Funktionsprinzip eine elektrische Rückwirkung auf die ansteuernde Treiberschaltung und somit, je nach optischer Leistung, eine mehr oder minder starke Zeitvarianz der elektrischen Eingangsimpedanz. Sein entscheidender Vorteil gegenüber dem Mach-Zehnder-Interferometer,
welches wiederum sehr gut an den elektrischen Wellenleiter angepaßt ist, stellt
jedoch der deutlich kleinere benötigte Spannungshub dar (vgl. hierzu Kap. 2).
Die Eingangsimpedanz des EAM stellt für sich genommen noch kein Problem dar. Dies gilt umgekehrt natürlich auch für die Treiberschaltung, deren
Ausgangsimpedanz aufgrund des hohen Spannungshubes, welcher für eine ausreichende optische Extinktion benötigt wird, ebenfalls stark kapazitiv geprägt ist.
Erst im Zusammenspiel von Sender (Treiberschaltung) und Empfänger (Modulatormodul) überlagern sich der modulierenden Spannung Störungen durch Doppelreflexionen. Um dieser Problematik entgegenzutreten, gibt es drei prinzipielle
Möglichkeiten:
✗ Verbesserung der ausgangsseitigen Anpassung der Treiberschaltung.
✗ Verbesserung der Anpassung der elektrischen Eingangsimpedanz des Modulatormoduls.
✗ Direkte Ansteuerung ohne wesentliche Leitungslängen (“back-to-back”).
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Schaltungskonzepte für alle drei
Optionen entworfen, deren Aspekte in den folgenden Teilkapiteln erörtert werden.
5.2.1
Verbesserung der senderseitigen Anpassung
Der Grund für den im Vergleich zu anderen Hochgeschwindigkeitsschaltungen in
E 2 CL-Schaltungstechnik schlechten Ausgangsreflexionsfaktor von Treiberschaltungen liegt letztendlich in der großen Ausgangskapazität CQ . Durch die im vorangehenden Kapitel entwickelte Erweiterung des Ausgangskreises um Anhebungsinduktivitäten LP (vgl. Abb 5.5) kann die integrierende Wirkung von CQ in der
Übertragungsfunktion des Ausgangskreises kompensiert werden. Die Ursache der
21
Oberhalb von 10 Gbit/s befinden sich eine Reihe von Telekommunikations- und Datenkommunikationssystemen im Aufbau, zum Beispiel bei 10.8 Gbit/s [92] oder um 12 Gbit/s im
submarinen Bereich (aufgrund zusätzlicher fehlerkorrigierender Codes im Rahmensignal).
22
Dies ist nicht notwendigerweise immer ein Nachteil bei einer Ansteuerung über eine Leitung,
wie die Diskussion in Kap. 5.2.2 zeigt.
5.2 Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter
Problematik, also die zu große Ausgangskapazität CQ , wird von dieser Maßnahme
aber nicht berührt und bleibt physikalisch weiterhin vorhanden.
Ein, an einer ungenügend an den
(Signalmasse)
Wellenwiderstand der VerbindungsleiLP
tung angepaßten Modulatorlast reflektierter Signalanteil, trifft nach eiRP
ner weiteren Leitungs-Laufzeit auf den
ZW
Ausgang der Treiberschaltung, der verI’Q
einfacht in Abb. 5.7 für eine Seite darLQ
UQ
ZM
gestellt ist. Das hier dargestellte einCQ
phasige Ersatzschaltbild für Gegentakt
U’Q
(Signalmasse)
wurde bereits im vorangehenden KapiAbb. 5.7: Vereinfachtes Ausgangskreis- tel für die Entwicklung des Anhebungsmodell eines Modulatortrei- netzwerkes verwendet und dort quantibers bei Ansteuerung eines tativ mit einer Komplettsimulation verelektrooptischen Modulators glichen. Der Leser mache sich klar, daß
(Z M ) über einen Wellenleiter. die Annahme einer effektiven, durch
den Gegentaktbetrieb reduzierten, Ausgangsbondinduktivität LQ (Gl. 5.2) für die Transmission in Richtung Modulator nach wie vor gut erfüllt ist. Dies gilt aber nicht automatisch auch für die
reflektierte Welle. Wird der nichtbenötigte zweite Ausgang extern nicht mit einer der anderen Seite entsprechenden Lastnachbildung abgeschlossen, so ergeben
sich komplizierte frequenzabhängige Zusammenhänge für die auf eine Seite bezogenen effektive Bondinduktivität. Bezüglich der in den einen Ausgang wieder
einlaufenden reflektierten Welle wirken die Ausgangsbonddrähte der beiden Seiten wie ein Übertrager, mithin wird die Ausgangsimpedanz der anderen Seite auf
die Nutzseite transformiert. Es soll hier aber auch nicht der (kühne) Versuch
unternommen werden ein quantitativ genaues Modell für den einphasigen Ausgangsreflexionsfaktor aufzustellen. Hierzu müssen noch eine Vielzahl weiterer Effekte berücksichtigt werden, beispielsweise die genaue Aufbautechnik sowie durch
den Strukturentwurf (Layout) bedingte parasitäre Elemente. Für qualitative Argumentationen ist das Modell Abb. 5.7 ausreichend, quantitative Betrachtungen
können nur durch eine sorgfältige Berücksichtigung aller (bekannten) Effekte und
Simulation anhand eines Schaltungssimulators erfolgen23 .
Seit den grundlegenden Betrachtungen zur “breitbandigen Anpassung” an
ohmsch-kapazitive Bauelemente mittels Reaktanzfiltern durch Bode [93] (1945)
und Fano [94] (1950), sind von verschiedenen Autoren Theorien zur Anpassung an
23
Insbesondere müssen die Ausgangsbonddrähte in ihrer allgemeinsten Form, also durch gekoppelte Induktivitäten berücksichtigt werden.
91
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
92
RLC-Bauelemente mittels verlustloser Filter veröffentlicht worden24 . Die Nachteile solcher Reaktanzfilter liegen nicht etwa in der sehr komplexen Analytik, diese
ist im Zuge der Verfügbarkeit leistungsfähiger Rechner in der Anwendung vereinfacht worden. Vielmehr sind solche Konzepte auf relative Bandbreiten von etwa
zwei Oktaven beschränkt, gelten doch die von Bode, Fano und verallgemeinert
von Youla aufgestellten Grenzbedingungen an die Reflektanz [96]. Zur prinzipiellen Illustration sei hier die von Bode aufgestellte Integralungleichung betrachtet,
die eine Schranke für die bestmögliche Anpassung einer RC − P arallelschaltung
an einen ohmschen (Wellen-)Widerstand durch ein Reaktanznetzwerk setzt:
Z ∞ 1 dω ≤ π
ln .
(5.13)
%(ω) RC
0
Gemäß dieser Beziehung sind erreichbarer Reflexionsfaktor % und die Bandbreite, über welche dieser erreicht werden kann, in umgekehrter Weise voneinander
abhängig. Die Verhältnisse im Ausgangskreis der in dieser Arbeit entwickelten
Treiberschaltungen sind natürlich komplizierter. Durch eine Anpassung des Reflexionsfaktors ist aber auch nur ein Teil der Aufgabe gelöst, gilt es doch ebenso,
die Übertragungsfunktion des Ausgangskreises in dem im vorangehenden Kapitel
gezeigten Sinne zu optimieren. Neuere Theorien zur Netzwerksynthese befassen
sich mit dieser allgemeinsten Form der Synthese, der Anpassung einer komplexen
Quellimpedanz an eine komplexe Lastimpedanz bei Erfüllung eines vorgegebenen
Übertragungsverhaltens [96]. Die entsprechenden Theorien sind sehr komplex und
führen selbstverständlich nicht grundsätzlich zum Ziel. Eine Reihe von — alles
andere als trivial zu überprüfenden — Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Auch
dann setzt die Realisierung die Verfügbarkeit von möglichst idealen Kapazitäten
und vor allem Induktivitäten bei höchsten Frequenzen voraus.
In dieser Arbeit wird ein anderer Weg beschritten. Für den in einem
10 Gbit/s-Prototypensystem von Siemens (ICN) [63] eingesetzten Laser/Modulatortreiber nach Abb. 4.1 wurde zur Verbesserung des ausgangsseitigen
Reflexionsfaktors ein Dämpfungsglied auf dem keramischen Chip-Träger realisiert [97]. Überträgt man diesen Ansatz auf den Chip selbst, so erhält man den
in Abb. 5.8 vereinfacht dargestellten modifizierten Ausgangskreis.
Zur Verbesserung des Ausgangsreflexionsfaktors muß der Einfluß der Ausgangskapazität CQ bei hohen Frequenzen eingeschränkt werden. Hierzu wird
der ursprünglich vorhandene einzelne Lastwiderstand RP durch ein π-Netzwerk
24
Eine didaktisch empfehlenswerte Aufbereitung, teilweise Weiterentwicklung und Anwendung dieser Anpassungstheorien kann [95] entnommen werden. In gänzlicher Fülle, insbesondere einschließlich der zugrundeliegenden (nicht trivialen) Analytik, wird diese Thematik in [96]
behandelt.
5.2 Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter
Entwurfsvariablen
Schaltungsparameter
Q,eff
LP
RQ,eff
Rν
Rµ
IQ
U’Q
RA
,-
/.0.
,-
/.0.
+
ZW
LQ
CQ
∆UQ
δ=
∆U’Q
Rπ
93
1
2
!#"%$'&(&
*
)
)
*
3
3
4
ZM
1
UQ
2
* )
6575 :
;
<
,>=
? 1
!"8$'&(&
3
)
3
@
Abb. 5.8: Vereinfachtes Modell des um ein resistives Anpassungsnetzwerk erweiterter
Ausgangskreis nach Abb. 5.1 bzw. Abb. 5.7. RA und RQ,ef f bezeichnen die
Werte der entsprechenden Ausgangs- und Lastimpedanzen für ω = 0.
(Dreieckverschaltung) der drei Widerstände Rν , Rµ und Rπ ersetzt. Dem Widerstand Rµ kommt dabei die Aufgabe zu, das in Nähe der Eigenresonanzkreisfrep
quenz ω = 1/ LQ CQ auftretende Betragsminimum der Ausgangsimpedanz (Z A ,
RA = Z A (ω = 0)) zu begrenzen [60], jedoch auf Kosten eines reduzierten externen Hubes ∆UQ . Anhand der in Abb. 5.8 rechts aufgeführten Identitäten werden
die drei Widerstände auf drei Entwurfsvariablen δ, RQ,ef f und RA abgebildet.
Der interne Spannungshub ∆UQ0 ist unter anderem durch den Lawinendurchbruch der Ausgangsstufentransistoren beschränkt. Wählt man ∆UQ0 maximal, um
bei festem externen Hub ∆UQ eine größtmögliche Entkopplung (durch Rµ ) des
Ausgangs von CQ zu erreichen, so ist die statische Dämpfung δ festgelegt. Aus
∆UQ0 ergibt sich der effektive Lastwiderstand RQ,ef f , indem bei konstantem Produkt ∆UQ0 = ∆IQ RQ,ef f die RC-Zeitkonstante nach Gl. 3.9 minimiert wird25 .
Ohne Rπ wäre damit auch RA , der Abschlußwiderstand für tiefe Frequenzen,
festgelegt. Mit Rπ verbleibt in RA die eigentliche Optimierungsvariable.
Für ein bei 10.8 Gbit/s arbeitendes digitales Fernseh-Verteilungssystem
(DIAMANT, [92]) der Firma Bosch-Telecom wurde ein Modulatortreiber mit
entsprechend modifizierten Ausgangskreis entworfen. Abb. 5.9 zeigt ein Blockschaltbild des Treibers. Die Topologie entspricht weitestgehend derjenigen des
für die Betrachtung grundsätzlicher Problemstellungen in Kap. 4 herangezogenen Laser-/Modulatortreibers (Abb. 4.1). Die Ausgangsstufe wird jedoch durch
eine Basisschaltung (BAS ) zu einer Kaskodestufe ergänzt. Hierbei steht weniger die von analogen Verstärkern bekannte Reduktion der Millereffektes im Vor25
Aus der Realisierbarkeit der drei Widerstände ergeben sich weitere Bedingungen an RQ,ef f
in Abhängigkeit von RA und Z M (ω = 0) auf die hier aber nicht eingegangen werden soll.
9
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
94
U2
LP
Rν
RΣ
U1
I
EF2
IN
EF3
SS1
Rπ
Rµ
Rν
Rπ
EF5
ZW
Rµ
50 Ω
Monitor
BAS
EF4
EF1
LP
ZM
UQ
EAM
SS2
EF6
U0
Abb. 5.9: Vereinfachtes Blockschaltbild eines Modulatortreibers zur Ansteuerung eines EAM-Moduls über einen Wellenleiter (Datenrate 10,8 Gbit/s).
dergrund, sondern das verbesserte Durchbruchsverhalten von Bipolartransistoren
in Basisschaltung (Kap. 4.5). Von Nutzen aber auch kritisch ist darüberhinaus
der — in gewisser Weise “zweite Eingang” — einer differentiellen Basisschaltung, nämlich deren Basisknoten. Eine hier eingebrachte Impedanz (RΣ ) wirkt
ausschließlich auf den Gleichtakt-Reflexionsfaktor hat aber kaum Einfluß auf die
durch die Gegentakt-Stromübertragungsfunktion der BAS bestimmte Signalform
der Ausgangsspannung. Dies ist ein Freiheitsgrad in der Optimierung des einphasigen Ausgangsreflexionsfaktors, da dieser sich im wesentlichen als Summe von
Gleich- und Gegentaktreflexionsfaktor ergibt [59]. Ein ausreichend großer Vorwiderstand RΣ ist aber auch zur Vermeidung potentieller Instabilität der BAS
notwendig (vgl. Kap. 6.1.2)26 .
Zunächst sollen die Entwurfsaspekte betrachtet werden, wobei die elektrooptische Last als reine 50 Ω-Last angenommen wird [98]. Für RQ,ef f wird mit 33 Ω
derselbe Wert wie bei dem (mit der gleichen Fertigungstechnologie realisierten)
Laser-/Modulatortreiber nach Abb. 4.1 gewählt. Bei einem geforderten externen
Hub ∆UQ ≈ 2 V wird zur Maximierung von δ der interne Hub ∆UQ0 = 3 V
26
In [98] wurde festgestellt, daß im vorliegenden Fall mindestens RΣ ≈ 6 Ω für ausreichende
Stabilität zu wählen ist. Der realisierte Wert beträgt RΣ = 200 Ω, einerseits für ausreichende
Sicherheit gegen Instabilität, andererseits zur Verbesserung des einphasigen Ausgangsreflexionsfaktors in der oben angedeuteten, im folgenden noch gezeigten Weise.
5.2 Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter
0
|s22|
0V
[dB]
uQ
-5
-10
RA = 50 Ω
-15
-2 V
-25
-30
40 ps
0
[dB]
3
6
9
12
15
0
|s22|
0V
ohne R-Netzwerk
Umsch.pkt.
High-Pegel
Low-Pegel
-20
Umsch.pkt.
High-Pegel
Low-Pegel
-5
-10
RA = 60 Ω
-15
uQ
-20
-2 V
-25
-30
40 ps
0
0V
[dB]
uQ
3
6
9
12
15
0
|s22|
Umsch.pkt.
High-Pegel
Low-Pegel
-5
-10
RA = 70 Ω
-15
-20
-2 V
-25
40 ps
-30
0
3
6
9
12
f [GHz]
15
Abb. 5.10: Augendiagramme der Ausgangsspannung uQ und Betrag des Ausgangsreflexionsfaktor s22 für verschiedene Ausgangswiderstände RA .
gewählt. Neben den zwei Fällen
RA = 60 Ω :
Rν = 82 Ω,
Rµ = 19 Ω,
Rπ = 148 Ω
und RA = 70 Ω :
Rν = 69 Ω,
Rµ = 22 Ω,
Rπ = 310 Ω,
(5.14)
wird als Referenz der Fall RA = 50 Ω ohne Widerstandsnetzwerk betrachtet27 .
Abb. 5.10 zeigt simulierte Augendiagramme (hier und nachfolgend bei einer Datenrate von 11 Gbit/s) der einphasigen Ausgangsspannung über externer 50 ΩLast und zugehörige Ausgangsreflexionsfaktoren [98]. Letztere sind jeweils für
verschiedene logische Zustände der Ausgangsspannung angegeben. Man erkennt
— wie erwartet — mit zunehmendem Gleichstrom-Ausgangswiderstand RA (d.h.
27
Bei gleichem externen Hub ist ∆IQ in diesem Fall 11% kleiner und daher ein strenger
Vergleich nicht möglich. In der verwendeten Technologie sind die Emitterlängen jedoch gerastert
und die nächst kleinere Länge würde zu einem zu starken Eintritt in den Hochstrombereich
(Kap. 4.4) führen. Ohnehin würde CQ merklich schwächer als der Strom abnehmen (Kap. 3).
95
96
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
zunehmendem Rµ ) eine deutliche Verbesserung der Anpassung im Frequenzband
oberhalb 5 GHz . Gleichzeitig wird natürlich die Anpassung für kleine Frequenzen
(f ≤ 3 GHz ) schlechter. Das Augendiagramm bleibt hiervon nahezu unberührt.
Die Abnahme der Überschwinger mit zunehmenden RA kann durch Anpassung
von LP leicht wieder kompensiert werden.
Die Auswirkung des Vorwi|s22| 0
derstandes RΣ auf den Ausgangs-5
[dB]
-10
reflexionsfaktor zeigt Abb. 5.11.
-15
Die Verbesserung des einphasi-20
25 Ω
gen Reflexionsfaktors mit zuneh100 Ω
-25
mendem RΣ beruht auf einer
200 Ω
-30
0
3
6
9
12
15
Veränderung des Gleichtaktreflef [GHz]
xionsfaktors bei konstant gehaltenem Gegentaktreflexionsfaktor.
Abb. 5.11: Dimensionierung RA = 70 Ω: Be[59, 98]. Da RΣ nur für Gleichttrag des Ausgangsreflexionsfaktors
aktsignale wirksam ist, ist in der
(Umschaltpunkt) für verschiedene
Ausgangsspannung uQ gegenüber
Werte des Widerstandes RΣ .
Abb. 5.10 keinerlei Veränderung
beobachtbar. Die Ursache für die Veränderung des Gleichtaktreflexionsfaktors
ist die durch RΣ veränderte Gleichtaktimpedanz am Basisknoten der BAS. Mithin sind Verbesserung von S 22 und die in Kap. 6.1.2 betrachtete Stabilitätsproblematik der BAS miteinander verknüpft. Ausreichende Stabilität ist jedoch
im vorliegenden Fall bereits mit RΣ = 25 Ω gegeben [98]. Abb. 5.11 vermittelt
aber eine noch viel weiterreichende Erkenntnis: Da der einphasige Reflexionsfaktor im selben Maße von Gleich- und Gegentaktimpedanz am Basisknoten der
BAS bestimmt wird, dieser aber an der verteilten Metallisierung der Chipmasse
angreift, erfordert eine genaue Simulation von S 22 auch eine möglichst genaue
Modellierung der parasitären Elemente der Metallisierung auf dem Chip. Selbstverständlich muß auch das Siliziumsubstrat genau modelliert werden. Die Modellierung parasitärer Elemente der Verdrahtungsmetallisierung auf dem Chip wird
detailliert in Kap. 6.2.1 behandelt. Hier sei nur festgehalten, daß von den dort
erörterten Methoden im Zuge der Erstellung des Strukturentwurfs der Schaltung
extensiv Gebrauch gemacht wurde. Darüberhinaus wurde ein relativ aufwendiges
Ersatzschaltbild des Siliziumsubstrates bestimmt [99].
Im weiteren Verlauf wird nurmehr die Dimensionierung RA = 70 Ω betrachtet, die ein Kompromiß zwischen etwas schlechterem Reflexionsfaktor bei tiefen
Frequenzen und besserem Reflexionsfaktor bei mittleren und hohen Frequenzen
darstellt. Die folgenden Ergebnisse berücksichtigen neben allen (bekannten) parasitären Effekten auf dem Chip ebenso die in Abb. 5.12 mit ihrem Ersatzschaltbild
5.2 Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter
U2
LP
LP
428 ps (50 mm)
0,7 nH
s 22
Rν
RΣ
Rπ
Rµ
Rν
Rπ
Rµ
8,6 ps (1 mm)
50 Ω
ZΣ
0,5 nH
k=0,25
ZM
UQW
LQ
BAS
SS2
2 ZΣ Z∆
ZΣ
ZΣ Z∆
59 Ω
50 Ω
Popt
42 Ω
EAM-Modul
U0
Abb. 5.12:
Ersatzschaltbild einer möglichen ausgangsseitigen Aufbautechnik. Unmittelbar am
Treiberausgang tritt über die Ausgangsbonddrähte und den ersten Bereich der Mikrostreifenleitungen auf der Keramik eine Verkopplung der beiden komplementären
Ausgänge auf. Dabei bezeichnen ZΣ und Z∆ Gleich- bzw. Gegentakt-Wellenwiderstand
des Koppelbereiches.
skizzierte Aufbautechnik am Treiberausgang. Um den Vorteil einer Reduktion der
effektiv wirksamen Ausgangsbondinduktivität zu nutzen (Gl. 5.2), wird auch der
nicht benötigte Ausgang QN herausgeführt. Es folgt ein kurzer Koppelbereich28
an dessen Ende die Seite QN mit einem 50 Ω-Dünnfilmwiderstand auf der Meßfassung abgeschlossen wird. Auf der Seite Q wird eine 50 Ω-Mikrostreifenleitung
mit 5 cm Länge angenommen deren Ende der Modulator “abschließt”. Aufbau
und elektrische Kenndaten dieses EAM-Moduls wurden bereits im Kap. 2 behandelt.
Zunächst wird der Einfluß des Siliziumsubstrats betrachtet. Verglichen mit linearen Verstärkern sind Treiberschaltungen eher unkritisch bezüglich parasitärer
Substrateinflüsse. Dies liegt daran, daß der Substratkörper im wesentlichen die
Belastung der Ausgangsknoten des Treibers etwas verändert. Eine hieraus resultierende (leichte) Veränderung der Pulsform der Ausgangsspannung kann in
aller Regel durch einfache Gegenmaßnahmen wieder kompensiert werden [60].
28
Die in Abb. 5.12 dargestellten drei verkoppelten Leitungen modellieren ein gekoppeltes
Leitungspaar [100].
97
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
98
|s22|
[dB]
0
|s22|
Umsch.pkt.
High-Pegel
Low-Pegel
-5
-10
[dB]
0
-10
-15
-15
-20
-20
-25
-25
-30
Umsch.pkt.
High-Pegel
Low-Pegel
-5
-30
0
3
6
9
12
f [GHz]
15
0
3
6
9
12
f [GHz]
15
Abb. 5.13: Betrag des Ausgangsreflexionsfaktors bei Berücksichtigung aller bekannten parasitären Einflüsse durch den Strukturentwurf und Aufbautechnik.
Links: ohne Substratnetzwerk (RSub =0). Rechts: mit Substratnetzwerk.
Dies gilt jedoch nicht zwangsläufig auch für den vorliegenden Fall. Die Notwendigkeit den Ausgangsreflexionsfaktor des Treibers zu verbessern, ergibt sich aus
einem unzureichenden Eingangsreflexionsfaktor des EAM-Moduls. Dies bedeutet,
daß ein merklicher Signalteil am EAM reflektiert wird und wieder an den Ausgang des Treibers gelangt. Im Gegensatz zur (differentiellen) Transmission vom
Treiberchip weg ist der zurücklaufende, reflektierte Signalanteil eine einphasige
Störung, die unsymmetrisch nur in einen Ausgang des Treibers zurückkoppelt29 .
Dies kann zu Instabilitäten führen, wenn Signalanteile (unsymmetrisch) in vordere Schaltungsteile zurückkoppeln und verstärkt wieder an den Ausgang gelangen
(Reflexionsverstärker). Im vorliegenden Fall ist der Einfluß des Substrates jedoch
relativ gering wie ein Vergleich des einphasigen Reflexionsfaktors mit und ohne
Substratmodell [99] anhand Abb. 5.13 zeigt30 .
Die Reflexionsfaktoren des EAM respektive des Treiberausgangs stellen für
sich genommen noch kein Problem dar. Erst im Zusammenspiel von Sender (Treiberschaltung) und Empfänger (Modulatormodul) entstehen durch Doppelreflexionen Störungen. Dies ist aber nicht die einzige elektrische Rückwirkung. Vereinfacht ausgedrückt ist ein EAM eine Fotodiode, welche bei entsprechend anliegender Spannung die von einer Laserdiode (im Dauerbetrieb) emittierten Photonen
absorbiert. Grundsätzlich entsteht hierbei ein aus dem EAM-Modul herausfließen29
Dies kann auch so interpretiert werden, daß neben einer Gegentaktwelle jetzt auch eine
Gleichtaktwelle in das Ausgangs-Zweitor zurückläuft.
30
Das Ersatzschaltbild aus [99] besteht aus 364 Kapazitäten und Widerständen, von denen
viele negative Werte aufweisen. Da die Konvergenz von Schaltungssimulatoren unter diesen
Umständen wohl nicht grundsätzlich gesichert ist, wurden neben Simulationen mit SPICE
Vergleichsimulationen mit dem Simulator ELDO [86] durchgeführt. Meß- oder Simulationsergebnisse aus dem Frequenzbereich können hier eingebunden werden und durch Fourier- und
Hilbert-Transformation auch im Zeitbereich verwendet werden. Im vorliegenden Fall ergab sich
Übereinstimmung, ein Ergebnis, das aber nicht ohne weiteres verallgemeinert werden darf.
5.2 Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter
RA=70 Ω
RA=50 Ω
RA=70 Ω
-1.5 V
-1.5 V
-1.5 V
uQW
uQW
uQW
-3.5 V
-3.5 V
-3.5 V
40 ps
ohne optische
Eingangsleistung
40 ps
40 ps
10 mW
10 mW
Popt
Popt
0 mW
0 mW
40 ps
Spannung über
Quantumwell
optische
Ausgangsleistung
(optische Eingangsleistung: 10 mW)
40 ps
Abb. 5.14: Augendiagramme der Spannung über dem Quantumwell und optische
Ausgangsleistung des EAMs für RA = 50 Ω sowie RA = 70 Ω. Für
RA = 70 zeigt das Augendiagramm ganz links, die “passive” QuantumwellSpannung bei fehlender optischer Eingangsleistung.
der Photostrom. Je nach EAM-Typ und der verwendeten Laseremissionsleistung
führt dies zu einer merklichen Reduktion des ansteuernden Spannungshubes. Die
ersten beiden Augendiagramme (von links) der oberen Reihe von Abb. 5.14 verdeutlichen diesen Effekt. Durch den Photostrom nimmt der effektive Hub über
dem Quantumwell um etwa 250 mV (12,5%) ab, eine Pulsformverzerrung tritt
nicht auf. In der unteren Reihe sind simulierte optische Augendiagramme dargestellt. Der in der ganz rechten Spalte dargestellte “50 Ω-Referenzfall” weist
den in Abb. 5.15 gezeigten Reflexionsfaktor auf. (Für RA = 70 Ω wurde S 22
bereits in Abb. 5.13 (rechts) dargestellt). Erkennbar führt der im Vergleich zum
|s22|
[dB]
0
Umsch.pkt.
High-Pegel
Low-Pegel
-5
-10
Abb. 5.15:
RA = 50 Ω. Betrag des Ausgangsreflexionsfaktors bei Berücksichtigung aller bekannten parasitären Einflüsse durch Strukturentwurf und Aufbautechnik.
-15
-20
-25
-30
0
3
6
9
12
f [GHz]
15
Fall RA = 70 Ω für Frequenzen oberhalb 7 GHz im Mittel etwa 5 dB schlechtere Reflexionsfaktor zu Beeinträchtigung der Signalqualität. Während Amplitudenjitter durch “optische Begrenzung” noch unterdrückt werden kann, bleibt der
99
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
100
Zeitjitter erhalten (Abb. 5.14). Durch Begrenzung an der nichtlinearen optischen
EAM-Kennlinie kann das optische Signal einen Tastverhältnisfehler aufweisen.
Das in Kap. 4.2 diskutierte Konzept zur Pulsformsymmetrierung kann offensichtlich auch zur elektrischen Vorverzerrung mit dem Ziel einer Optimierung der
optischen Pulsform eingesetzt werden. Im vorliegenden Fall mußte hiervon nur
leicht Gebrauch gemacht werden.
5.2.2
Verbesserung der empfangsseitigen Anpassung
Betrachtet man das Funktionsprinzip eines Mach-Zehnder-Interferometers (MZI,
Kap. 2) in Hinblick auf dessen vorzügliche breitbandige Anpassung des Eingangsreflexionsfaktors, so erkennt man, daß das “Erfolgsrezept” dieses Modulatortyps
auf der Verlängerung und dem Abschluß des ihn ansteuernden elektrischen Wellenleiters beruht. Nun entspricht zwar der Modulationseingang eines EAMs nicht
einem elektrischen Wellenleiter, jedoch kann dieser, da nahezu rein kapazitiv,
prinzipiell durch eine geeignete Erweiterung in einer Leitungsumgebung “versteckt” werden. Im folgenden sollen Ergebnisse einiger in der Definitionsphase
eines 40 Gbit/s-Projektes [41] diesbezüglich unternommener Studien präsentiert
werden. Die im anschließenden Kapitel betrachtete, letztendlich getroffene Wahl
der elektrooptischen Schnittstelle wird auf diese Weise verständlich werden.
Betrachtet wird das in Abb. 5.16 dargestellte quersymmetrische Netzwerk
aus Wellenleitern und diskreten Bauelementen. Cqw (quantum well) bezeichnet eine Näherung für die Impedanz des elektrischen Eingangs eines differentiellen EAMs. Symmetrisch aufgeteilt und durch zwei Induktivitäten Lm erweitert,
erhält man die beiden Reaktanzzweitoren N 1 und N 2. Über ein erstes Wellenleiterpaar erfolgt die Ansteuerung des EAMs durch die komplementären Urquellen
E1 und E2 = −E1 . Ein weiteres, mit dessen Wellenwiderstand abgeschlossenes
Leitungspaar, ist dem EAM parallelgeschaltet. Das komplette Netzwerk modelliert eine mögliche hybride Aufbautechnik eines aus Treiberstufe und EAM-Chip
zusammengesetzten Senders einer 40 Gbit/s-Glasfaser-Übertragungsstrecke.
Dem Ziel, einer möglichst optimalen Einbettung des EAMs in eine Wellenleiterumgebung angepaßt, ist die Beschreibung von N 1 und N 2 anhand ihrer Wellenparameter [101], also durch zwei ihren Toren zugeordnete Wellenwiderstände
s
s
Lm p
Lm
1
Z 01 =
· 1 − ω 2 Lm Cqw und Z 02 =
·p
(5.15)
Cqw
Cqw
1 − ω 2 Lm Cqw
und zwei, hier aufgrund Reziprozität identischer, Wellenübertragungsfaktoren
s
p
p
Z 01 U qw ·
S 012 = S 021 =
= 1 − ω 2 Lm Cqw − jω Lm Cqw . (5.16)
Z 02 E 1 Z A,N 2 =Z 02
5.2 Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter
Idealisierter
Treiber-Ausgang
Z W1
E1
Z A,N2
S11
Z W1
Z E,N1
N1
N2
Z 02
Lm
Z 01
Z 02
U qw
2
Z W2
Lm
Z W2
Z 01
Cqw
E2 =-E 1
Z W2
Z W1
Z W2
Z W1
N1
N2
Abb. 5.16:
Zur differentiellen Ansteuerung eines EAM-Chips über Wellenleiter. Der EAM wird
vereinfacht als reine Kapazität Cqw modelliert. Die differentielle Kapazität Cqw kann in
vier (für Gegentakt) erdgebundene Anteile aufspaltet werden und es resultiert das grau
hinterlegte Gegentaktersatzschaltbild. Z 01 und Z 02 sind die ein- und ausgangsseitigen
Wellenwiderstände der beiden Reaktanzzweitore N1 und N2. Die Induktivitäten Lm
resultieren einerseits aus für den Anschluß des EAM-Chips benötigten Bonddrähten
und werden andererseits zur Anpassung der elektrooptischen Schnittstelle verwendet.
Für eine optimale Anpassung am Eingangstor von N 1 muß die nach rechts
gesehene Eingangsimpedanz Z E,N 1 gleich dem Wellenwiderstand Z W 1 der ansteuernden Leitung sein. Hierzu muß aber die den Ausgang von N1 belastende
Impedanz Z A,N 2 gerade dem Wellenwiderstand Z 02 des Ausgangstors von N1
entsprechen31 . Auch dies ist wiederum nur möglich, wenn auch Z W 2 gleich dem
Wellenwiderstand Z 01 am Eingangstor von N 2 ist. Aus der Verlustfreiheit von
N 1 folgt dann mit der 1. Feldtkeller-Gleichung, also
|S11 (jω)|2 + |S21 (jω)|2 = 1,
eine ideale Transmission
|S21 (jω)| = 1 (5.17)
an das den beiden Reaktanzzweitoren gemeinsame mittlere Tor (EAM).
Offensichtlich kann dieses ideale, zudem frequenzunabhängige Ergebnis in
der Praxis (auch bei ideal rein kapazitivem EAM) nicht erreicht werden, denn als
geometrisches Mittel der Kurzschluß- und Leerlaufimpedanz am jeweiligen Tor
sind die Wellenwiderstände Z 01 und Z 02 im allgemeinen nichtrationale Funktionen in ω [101]. Bis zu einer oberen Grenzfrequenz — sie sei aus gleich einsichtigen
Gründen f10dB bezeichnet — können Z 01 und Z 02 jedoch durch ihre Gleichstrom31
Dies folgt aus der Bijektivität der Z A,N 2 auf Z E,N 1 abbildenden, in der Elektrotechnik als
“Möbiustransformation” bekannten, Bilinearfunktion [101].
101
102
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
werte angenähert werden und die Wahl einer Dimensionierung
q
ZW 1 = ZW 2 =
Lm /Cqw = Z 02 (ω = 0) = Z 01 (ω = 0)
(5.18)
ist naheliegend. Wählt man als Kriterium für f10dB die Abnahme beziehungsweise
Zunahme der Beträge von Z 01 beziehungsweise Z 02 um 3 dB , also nach Gl. 5.15
f10dB =
ω10dB
1
= p
2π
2π 2Lm Cqw
,
(5.19)
so prüft man leicht nach, daß jetzt
U qw
=
E1
1
jω
1+ √
+
2 ω10dB
jω
√
2 ω10dB
2
(5.20)
3
und S 11
jω
√
2 2 ω10dB
=
2 3
√ jω
jω
jω
√
1+ 2
+
+
ω10dB
ω10dB
2 2 ω10dB
gelten. Damit ist f10dB gerade die Frequenz, bei der |S 11 | = 1/3, entsprechend
≈ −10 dB gilt. Andererseits ist dies aber auch die Resonanzfrequenz der P T2 SÜbertragungsfunktion U qw /E 1 . Entsprechend der Dämpfung d = 0, 5 tritt nur
eine minimale Resonanzüberhöhung von ≈ 1, 25 dB auf.
6
[dB]
30
0
20
Uqw
E1
-6
-12
-18
s 11
10
[o]
0
∆Φ
-24
-10
-20
-30
-30
0
5 10 15 20 25 30 35 40 45 50
f [GHz]
Abb. 5.17: Betrag von S 11 sowie Betrag und Phasendifferenz ∆Φ der Übertragungsfunktion U qw /E 1 . Der Wellenwiderstand aller Leitungen beträgt 50 Ω.
In einem üblichen 50 Ω-System resultiert für Cqw = 90 fF nach Gl. 5.18 eine
Bondinduktivität Lm = 0, 225 nH und eine Resonanzfrequenz f10dB = 25 GHz .
Abb. 5.17 zeigt für diesen Fall den Reflexionsfaktor S11 an der Stoßstelle zum
EAM (vgl. Abb. 5.16) sowie den Verlauf der Übertragungsfunktion U qw /E 1 in
5.2 Ansteuerung schlecht angepaßter Modulatoren über Wellenleiter
Form ihres Betrages und der Phasendifferenz ∆Φ. Hinsichtlich der Übertragungsfunktion beachte man, daß der Treiberausgang im Modell Abb. 5.16 noch als idealisierte Wellenquelle angenommen ist. Selbstverständlich muß im System die Einbettung des EAMs zwischen Wellenleitern zusammen mit dem Ausgangskreis des
Treibers betrachtet und simuliert werden, um die Interaktion (Doppelreflexion)
zu erfassen. Auch die —aus didaktischen Gründen vorgenommene— vereinfachte
Modellierung der Eingangsimpedanz des EAMs muß verfeinert werden.
Die Interaktion von Sender
0V
(Treiberausgang) und Empfänger
(EAM) ist einerseits eine Chance,
uqw
andererseits aber auch eine Gefahr. Zwar hat man in Form der
-2 V
Anpassung von Sender und EAM
zueinander einen gewissen Frei10 ps
heitsgrad. Gerade hier liegt aber
auch die Gefahr, denn eine solche Abb. 5.18: Augendiagramm (40 Gbit/s) der
Spannung über dem Quantumwell
Optimierung steht und fällt mit
eines über Leitungen angesteuerten
der quantitativ exakten ModelEAMs. (Für Details siehe Text).
lierung beider Komponenten und
deren Verbindungstechnik, eine mehr als große Herausforderung angesichts einer
Datenrate von 40 Gbit/s. Abschließend sei in Abb. 5.18 das Augendiagramm am
Quantumwell des über Leitungen angesteuerten, nun durch sein vollständiges Ersatzschaltbild (vgl. Kap. 2) modellierten EAMs gezeigt. Die Ansteuerung erfolgt
mit dem im nächsten Kapitel besprochenen EAM-Treiber für direkte Ansteuerung, hier jedoch über 50 Ω-Leitungen mit jeweils 86 ps einfacher Laufzeit32 .
Als Fazit ist die Ansteuerung gängiger Elektroabsorptionsmodulatoren bei
Datenraten von 40 Gbit/s über Leitungen wohl schwerlich realisierbar. Man mag
argumentieren, daß bei einphasiger Ansteuerung nur die einfache QuantumwellKapazität Cqw zu treiben ist (statt effektiv 2Cqw im Differenzbetrieb), somit
√
Reflexionsfaktor- und Transmissions-Bandbreite um den Faktor 2 verbessert
sind. Hierbei darf man aber nicht vergessen, daß dann ein doppelt so hoher einphasiger Ausgangshub benötigt wird. Angesichts einer Datenrate von 40 Gbit/s ist
ein einphasiger Ausgang aber ohnehin ein Wagnis, da dessen Signalqualität empfindlich von (schwer modellierbaren) Gleichtaktstörungen beeinträchtigt wird.
Im anschließenden Kapitel wird eine elegante Lösung dieses Problems präsentiert, eine direkte Ansteuerung des EAMs inklusive einstellbarer Vorspannung.
32
Dies entspricht einem grob abgeschätzten mechanischen Aufbau mit jeweils 1 cm langen
Mikrostreifenleitungen auf einer Al2 O3 -Keramik (r = 6,7). Für feste Sender- und Empfängerimpedanzen existiert sicherlich, wie in [102], eine optimale Leitungslänge. Es ist jedoch offensichtlich, daß diese Art der Ansteuerung, die man auch als analoge Wellenfilter beschreiben
kann [101], höchst empfindlich auf Parameterschwankungen und parasitäre Einflüsse reagiert,
so daß auf eine weitergehende Optimierung verzichtet wurde.
103
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
104
5.3
5.3.1
Direkt angekoppelter EAM
Analytische Betrachtungen
In den beiden vorangehenden Teilkapiteln wurde das Ziel — eine möglichst optimale Signalumsetzung von elektrischer Treiberstufe zum elektrooptischen Sendeelement — durch getrennte Betrachtung der Einzelkomponenten angegangen.
Dabei wurde, zum Beispiel aus Gründen einer besseren Entwärmung, von einer
örtlichen Separation ausgegangen, die über Wellenleiter überbrückt wird. Bei hohen Datenraten (40 Gbit/s) ist im Fall eines EAMs eine direkte Kopplung von
Treiber- und Modulatorchip vorteilhaft, da schwer erfüllbare Forderungen an die
Reflexionsfaktoren der beiden Komponenten gewissermaßen “entfallen”33 .
VorspannungsErzeugung
Optische Achse
Durchkontaktierung
(Massekontakt)
Bonddrähte (Au)
EAM
1
2 Q
Rqw
Bondfleck
Uqw
~
RP
LQ
1
2 LZ
Cqw
1
2 Q
Treiberchip
Messing-Klotz (Substratträger)
I
k
LQ
1
2 Q
I’
~
CQ
I
1
2 LZ
~
RP
CQ
1
2 Q
I’
Al 2 O3
EAM
Treiber-Ausgang
Abb. 5.19: Links: Skizze eines Sendermoduls mit Treiberchip und direkt angekoppeltem EAM. Rechts: Ausgangskreis mit vereinfachten Modellen für EAM
und Ausgangsstufe des Treiberchips.
Wie in Abb. 5.19 grob skizziert, wird der Ausgang des Treiberchips über
Bonddrähte direkt mit einem differentiellen EAM-Chip verbunden. Ausreichende
Linearität der elektrooptischen Konversion vorausgesetzt, ist das Ziel somit — wie
beim ohmschen Lastfall (Kap. 5.1.1) — ein möglichst breitbandiger Frequenzgang
der (Gegentakt-)Transimpedanz Z T = U qw /I Q (Abb. 5.19, rechts).
33
Der Reflexionsfaktor sei jetzt im Sinne der Leitungstheorie verstanden. In der im vorangehenden Teilabschnitt angewandten Wellenparametertheorie sind Reflektanz und Transmittanz
auch ohne Wellenleiter definiert. Das Lastsignal kann dann als Überlagerung einer hinlaufenden
und reflektierten virtuellen Welle verstanden werden [101]. Eine solche Betrachtung bietet an
dieser Stelle jedoch keine Vorteile.
5.3 Direkt angekoppelter EAM
Für eine vereinfachte analytische Betrachtung kann der Schaltungsblock über
den Lastwiderständen RP zunächst als Signalkurzschluß idealisiert werden. Der
EAM wird vereinfacht (vgl. Abb. 2.4) durch seine Zuleitungsinduktivität LZ , den
Bahnwiderstand Rqw und die Quantumwell-Kapazität Cqw modelliert. Die Modellierung des Treiberausgangs erfolgt durch zwei im Gegentakt betriebene Stromquellen, die Lastwiderstände RP und die Ausgangskapazitäten CQ (Abb. 5.19).
Nun könnte man, mit etwas mathematischem Aufwand, die GegentaktTransimpedanz in Form einer Tiefpaßfunktion dritter Ordnung angeben. Eine
elegantere, weil das Verständnis der Resonanz-Mechanismen fördernde Methode,
ist jedoch die bereits im ohmschen Lastfall eingeführte “Y-Operatormethode”,
freilich mit einem dem neuen Lastfall angepaßten Operator:
"
2 # 0
I
2d
jω
1
Q
−1
0
Y T = ZT =
= jωCqw + 1 + jω +
·
+ jωCQ
U qw
ω0
ω0
RP
1
0
= jωCqw +
Y P T2 S
+ jωCQ
(5.21)
RP
2d
Rqw
1
LZ
0
0
0
0
wo
= Rqw· Cqw =
·2Cqw und
= LQ ·Cqw = (1−k)LQ +
·2Cqw .
ω0
2
ω02
2
Der Hauptvorteil dieses Formalismus’ wird in Kap. 5.1.1 ausführlich diskutiert.
Im folgenden wird nur von der resultierenden Zweipol-Ersatzdarstellung für Y T
Gebrauch gemacht. Sie gestattet ein anschauliches Verständnis der ResonanzMechanismen bei weitstgehendem Verzicht auf Rechnung. Die Korrespondenztafel Abb. 5.2 läßt sich weiterhin verwenden, wenn τ = 2d/ω0 gesetzt wird und
bei der Transformation dem auf sich selbst abgebildeten Teil des Bauelementes
zusätzlich ein mit dem Faktor −ω 2 /ω02 multiplizierter Teil parallel geschaltet wird.
Mithin bewirkt der neue Operator neben der vom ohmschen Lastfall bekannten
Realteilresonanz zusätzlich eine Imaginärteilresonanz. Abb. 5.20 verdeutlicht den
Sachverhalt: Durch den“Y-Operator” werden die (internen) Lastadmittanzen RP
und CQ auf je drei Transadmittanz-Bauelemente parallel zur relevanten externen
Last(-kapazität) Cqw abgebildet. Dabei entspricht der waagerechte Zweig dem
Ersatzschaltbild für den Fall L0Q = 0, welches (in Z T ) einen stark gedämpften
Tiefpaß zweiter Ordnung darstellt. Umgekehrt kann der abgewinkelte Zweig als
L0Q -abhängiger “Transadmittanz-Zuwachs” gedeutet werden. Durch Nullsetzen
der Leitwert-, respektive der Kapazitätssumme, entnimmt man Abb. 5.20 unmittelbar die beiden Kreisfrequenzen
s
s
0
Cqw
1
2d 1
und ωIm = ω0 · 1 +
+
(5.22)
ωRe = ω0 ·
1 + 2dω0 RP CQ
CQ
ω0 RP CQ
für Resonanz des Realteils beziehungsweise Resonanz des Imaginärteils von Y T .
105
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
106
Transadmittanz-Ebene
2
RP
2d
ω0RP
-1
ω2 2d
ω0CQ
CQ
2 Cqw
2’
RP
ω2
CQ ω
0
ω0 2
ω
2d = 1 R 2 C
qw
ω0 2 qw
1 = (1-k) L + 1 L
Q 2 Z
ω02
YT
2 Cqw
Abb. 5.20: Gegentakt-Transadmittanz des Ausgangskreismodells Abb. 5.19. Der abgewinkelte Zweig entspricht dem “Transadmittanz-Zuwachs” für L0Q > 0.
Für eine möglichst hohe Grenzfrequenz von Y T muß zunächst ω0 möglichst
groß sein. Bei vorgegebener EAM-Kapazität Cqw fällt damit der Aufbautechnik die Aufgabe zu, L0Q zu minimieren. Hierzu werden die Ausgangsbonddrähte
durch Niveauangleichung von EAM- und Treiberchipoberfläche möglichst kurz
ausgeführt. Durch Wahl eines Minimalabstands für die beiden komplementären
Ausgänge wird der Koppelfaktor k maximiert (Abb. 5.19). Eine klassische
Abschätzung der Induktivität anhand längenspezifischer Formeln (z.B. [103]) verliert hier ihre Gültigkeit, weshalb Eigeninduktivität und Kopplung mit einem
quasi-magnetostatischen Simulator berechnet wurden. Als Ergebnis dieser Simulationen — der interessierte Leser sei (für ein ähnliches Beispiel) auf den Anhang
verwiesen — können als Optimum folgende Werte erreicht werden:
L0Q = (1−k)LQ + 1/2 LZ ≈ (1 − 0,33) · 0,22 nH + 0,05 nH ≈ 0,2 nH .
(5.23)
Eine “Erweiterung” (mit L0Q ) des waagerechten Y T -Zweiges (L0Q = 0) in Abb. 5.20
zu einem möglichst breitbandigen Frequenzgang von Y T setzt aber auch voraus,
daß die dominante (kleinere) der beiden Tiefpass-Grenzfrequenzen (D > 1)
1
√
,
Ω0 D ± Ω0 D 2 − 1
0
0
0
RP CQ + Cqw
+ Rqw
Cqw
1
p 0 0
wo Ω0 = p 0 0
und D =
,
Rqw Cqw RP CQ
2 Rqw Cqw RP CQ
2πf1,2 =
(5.24)
bereits ausreichend hoch liegt. Wie man dem Dämpfungsterm D entnimmt, muß
0
hierfür nicht nur die “Treiber-RC-Zeitkonstante” RP CQ , sondern auch RP Cqw
und damit RP selbst ausreichend klein sein34 . Als Kompromiß zwischen möglichst
kleiner Zeitkonstante und zusätzlicher Verlustleistung (Zunahme von ∆IQ ) wird
34
Bei Zugrundelegung einer näherungsweise proportionalen Zunahme von CQ mit dem Stromhub ∆IQ und durch den EAM vorgegebenem Spannungshub, ∆UQ = RP · ∆IQ , ist der erste
Anteil der Zeitkonstante, d.h. RP CQ , nur schwach von ∆IQ abhängig. Zur Minimierung der
Gesamtzeitkonstante ist daher RP ausreichend niederohmig zu wählen.
5.3 Direkt angekoppelter EAM
107
L’Q =0,2 nH
6
3
0
−3
T0 | −6
|ZZTT/ZZT0
−9
[dB] −12
−15
−18
−21
45
30
∆φ
L’Q =0
15
0
[°] −15
L’Q =0
−30
L’Q =0,2 nH
−45
0
10
20
30
f [GHz]
40
50
0
10
20
30
f [GHz]
40
50
Abb. 5.21: Betrag (links) und Phasendifferenz (rechts) der Transimpedanz Z T für
L0Q = 0 und L0Q = 0.2 nH .
0
0
ein Wert RP = 25 Ω gewählt. Mit Cqw
= 2 · 90 fF , Rqw
= 1/2 · 8 Ω und
CQ = 170 fF folgt dann f0 = 26,5 GHz , fRe = 25,4 GHz und fIm = 39,6 GHz .
In der Realteilresonanz von Y T spiegelt sich nahezu genau die ImaginärteilResonanz (Gl. 5.21: f0 = 26,5 GHz , d = 0, 06 !) der externen Lastimpedanz
(Bondinduktivität und EAM) wider. Eine Betrachtung der Kapazitätssumme in
Abb. 5.20 ergibt für die Suszeptanz bei f0 den Wert 2d/RP +4πf0 Cqw ≈ (29 Ω)−1 .
Im Gegensatz zur kaum gedämpften Resonanz der externen Lastimpedanz
ist
−1 die resultierende Realteilresonanz in Y T “optimal” (29 Ω ≈ RP = Y T ω=0 )
gedämpft. Umgekehrt wird die Imaginärteilresonanz in Y T bei annähernd 40 GHz
durch einen ausreichend großen Betrag des (jetzt negativen) Realteils gedämpft.
Abb. 5.21 zeigt, daß hierdurch insgesamt ein breitbandiger Verlauf erzielt wird35 .
Die Grenzfrequenz im Betragsverlauf beträgt annähernd 40 GHz , die der Phasendifferenz (∆Φ = 30◦ , [90]) 34 GHz . Beide Werte liegen oberhalb der dritten Oberwelle einer 1100-Folge bei 40 Gbit/s (→ 30 GHz ). Das Ausgangssignal
kann damit ausreichend verzerrungsfrei an den Quantumwell des EAMs übertragen werden [59]. Die Verläufe für L0Q = 0 sind ebenfalls dargestellt. Wegen
f1 = 17,4 GHz (f2 = 475 GHz , Gl. 5.24) ist die Bandbreite drastisch reduziert.
Abb. 5.21 beinhaltet zwei fundamentale Aspekte: Einerseits kann über L0Q
ein breitbandiges Übertragungsverhalten an den Quantumwell des EAMs erreicht
werden. Andererseits kann der Wert von 0, 2 nH aber wohl schwerlich weiter verkleinert werden. Die eingangs angesetzte Vernachlässigung der Eingangsimpedanz
des Vorspannungsblocks oberhalb der Lastwiderstände RP (vgl. Abb. 5.19) ist somit ein fundamentales Entwurfskriterium dieses Blocks, da weitere Anhebungen
im Frequenzgang von ZT zu vermeiden sind. Im nachfolgenden Kapitel wird eine neuartige Ausgangstufe mit aktiver Last diskutiert, die eine elegante Lösung
dieser Problematik gestattet36 .
35
Während die Transadmittanz für analytische Betrachtungen besonders vorteilhaft ist, soll
hier wieder die “natürliche” Übertragungsfunktion, die Transimpedanz Z T , betrachtet werden.
36
Im Vorfeld des Schaltungsentwurfs wurden auch Studien zu passiven Lösungsansätzen unternommen [104, 82]. Wenngleich diese letztendlich nicht zum Einsatz gelangten, sind einige
ihrer grundsätzlichen Aspekte interessant und so findet der interessierte Leser einige Anmerkungen zu dieser Thematik im Anhang A.4.
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
108
5.3.2
Eine spezielle Ausgangsstufe für die direkte Ansteuerung eines differentiellen EAMs
Bislang wurde der in Abb. 5.19 als “Vorspannungs-Erzeugung” bezeichnete Block
oberhalb der Lastwiderstände nicht berücksichtigt. Für einen korrekten Betrieb
eines EAMs darf dessen Quantumwell jedoch nicht wesentlich in Flußrichtung
betrieben werden. Der differentiellen Signalspannung muß daher in geeigneter
Weise eine differentielle Biasspannung UBias überlagert werden.
Betrachtet man die Aufbauskizze in Abb. 5.19 und berücksichtigt, daß in
der optische Achse keine Leitungen oder Bauelemente plaziert werden können,
ist es naheliegend UBias auf dem Treiberchip zu erzeugen. In jedem Fall sollte
UBias über den Hochfrequenzausgang des Treibers zugeführt werden, sowohl aus
Platzgründen aber auch aufgrund der nicht trivialen (und zudem kostspieligen)
Abblockproblematik bei Datenraten von 40 Gbit/s.
Zu Beginn der Studien wurden Untersuchungen in Richtung einer “passiven Biaseinstellung” unternommen, bei der zwei externe Gleichspannungen über
Bonddrähte in Reihe zu den Lastwiderständen RP in den Ausgangskreis eingeschleift wurden. UBias ergibt sich dann als Differenz der beiden Spannungen
[82]. Ausgehend von Abb. 5.21 führt eine in Reihe zu RP eingebrachte Bonddrahtinduktivität (beispielsweise nur 0,2 nH ) jedoch zwangsläufig zu einer starken Überhöhung im Betragsverlauf von Z T und damit verbunden zu einer zu
kleinen Grenzfrequenz der Phasendifferenz. Durch ein Kompensationsglied —
eine differentiell zwischen den beiden Treiberchip-Ausgängen eingebrachte RCReihenschaltung — kann bei gleichbleibendem Ausgangshub die Güte der Resonanz oberhalb der RC-Grenzfrequenz des Kompensationsgliedes verschlechtert
werden und so die Wirkung der unerwünschten Zusatzbondinduktivität teilweise wieder kompensiert werden [82]. Ein entscheidender Nachteil ist jedoch
die — neben der bereits unumgänglichen Empfindlichkeit gegenüber der Ausgangsbondinduktivität (vgl. Abb 5.21) — zusätzlich eingebrachte Empfindlichkeit
bezüglich der Bonddrähte zu den externen Spannungen und der parasitären Elemente der benötigten Abblockkondensatoren [105, 106]. Eine besondere Problematik erwächst dabei aus der benötigten quantitativen Gleichtakt-Modellierung
der Aufbautechnik, schon allein eine Herausforderung angesichts einer Datenrate
von 40 Gbit/s. Bei einer als “Sicherheit” entwickelten Treiberversion mit passiver Biaslösung wird diese Problematik durch ein spezielles Layout für Leitungen
und Bonddrähte der Ausgangsstufe entschärft. Dabei treten ausschließlich Paare
von im Gegentakt betriebenen Leitungen und Bonddrähten auf. Auf diese Version und ihre Nachteile soll hier jedoch nicht weiter eingegangen werden37 , da
die im folgenden beschriebene, auch kostengünstigere Lösung, in der Praxis volle
37
Der interessierte Leser findet einige Anmerkungen im Anhang A.4.
5.3 Direkt angekoppelter EAM
109
U1
LU1
Cx
EF1
(B 2 )
EF2
Rx
EF1
Ry1
U Bias
EF2
B1
K1
RP
RP
QN
LQ
Ry2
L GND
k
Q
LQ
R V,Σ
u qw
EAM
BAS
Rcond
I
SS2
3 EF
SS1
3 EF
IN
LU0
U0
Abb. 5.22: Vereinfachtes Blockschaltbild eines 40 Gbit/s-Modulatortreibers mit spezieller Ausgangsstufe zur direkten Kopplung mit einem EAM.
Funktionsfähigkeit gezeigt hat.
Um mit den besten heute zur Verfügung stehenden SiGe-Bipolartechnologien
die Elektronik geplanter 40 Gbit/s-Systeme zu realisieren, müssen zunächst geeignete Systemkonzepte [2] mit reduzierten Anforderungen an geschwindigkeitskritische Schaltungskomponenten gewählt werden [8]. Die Verwendung von Elektroabsorptionsmodulatoren reduziert die für ausreichende optische Extinktion benötigten Spannungshübe. Wird wie im vorliegenden Fall ein symmetrischer EAM eingesetzt, resultieren neben einer Halbierung des Spannungshubes (2 × 1 Vss ) eine
Reihe weiterer Vorteile aus dem Differenzbetrieb [44].
Abb. 5.22 zeigt ein Blockschaltbild eines EAM-Treibers, der für ein nach
dem elektrischen Zeitmultiplexverfahren arbeitendes 40 Gbit/s-Glasfaser-Übertragungssystem ([41, 2]) entwickelt wurde. Bis auf die Ausgangsstufe entspricht
die Topologie weitestgehend derjenigen des 10 Gbit/s-Laser-/Modulatortreibers
(Abb. 4.1), der bei der Betrachtung grundsätzlicher Problemstellungen in Kap. 4
herangezogenen wurde. Die Ausgangsstufe wird jedoch durch eine Basisschaltung
(BAS ) zu einer Kaskodestufe ergänzt. Hierbei steht weniger der von analogen
Verstärkern bekannte Millereffekt am Eingang des Stromschalters SS2 im Vor-
5. Ausgangsstufenkonzepte zur Ansteuerung verschiedener
Typen von elektrooptischen Modulatoren
110
dergrund, sondern das verbesserte Durchbruchsverhalten von Bipolartransistoren
in Basisschaltung (Kap. 4.5). Dies wird hier benötigt, denn bedingt durch einen
Einstellbereich der EAM-Vorspannung gemäß −2 V ≤ UBias ≤ 0 V , weist der
Basisschaltungstransistor auf der Seite Q eine um bis zu 2 V höhere KollektorEmitterspannung UCE auf als auf der Seite QN. Dies ist prinzipiell nicht zu vermeiden, denn eine zusätzliche Absenkung des Kollektorpotentials nur auf der Seite Q führt durch zusätzliche Kapazität zu einer nicht tolerierbaren elektrischen
Unsymmetrie der Ausgänge Q und QN. Wird zur Vermeidung von Hochstromeffekten (Kap. 4.4) auf der Seite QN eine minimale Spannung UCE,min = 1 V
gewählt, so gilt bei einem differentiellen Hub von ∆Uqw = 2 V und UBias = −2 V
auf der anderen Seite UCE,max = UCE,min + UBias + 1/2 · ∆Uqw = 4 V .
Selbst im durchgeschalteten Zustand ist UCE = 3 V und entspricht somit etwa
UCE0 = 2,7 V der verwendeten Technologie. Die tatsächliche Durchbruchspannung eines Transistors ist je nach Betriebsbedingungen größer als UCE0 , aber auch
kleiner als die Basis-Kollektor-Diodendurchbruchspannung UCB0 (hier: 8 V ). Parallel zur Schaltungsentwicklung wurden Durchbruchsmessungen an Einzeltransistoren durchgeführt mit dem Ergebnis, daß ein Betrieb oberhalb UCE0 im Fall
der stromangesteuerten Basisschaltung möglich ist38 .
Bevor der obere Teil der Ausgangsstufe betrachtet wird, sei noch auf zwei
Besonderheiten der BAS eingegangen, die Widerstände RV,Σ und Rcond . Die Funktion von RV,Σ , nämlich die Vermeidung potentieller Instabilität, wird ausführlich
in Kap. 6.1.2 behandelt. Rcond definiert das Emitterpotential des jeweils ausgeschalteten BAS -Transistor durch einen geringen, immer fließenden Querstrom.
Die augenscheinlichste Modifikation gegenüber dem Grundkonzept der Ausgangsstufen in dieser Arbeit stellt der Schaltungsblock über den Lastwiderständen
RP (Abb. 5.22) dar. Seine Entwicklung erfolgte unter Maßgabe dreier Aufgaben:
✗ Bereitstellung einer elektronisch einstellbaren EAM-Vorspannung UBias .
✗ Vermeidung jeglicher externer Komponenten, insbesondere von Abblockkondensatoren.
✗ Minimierung zusätzlicher Anhebungseffekte durch niederohmige, nur leicht
induktive Ausgangsimpedanz.
Für die Realisierung der EAM-Vorspannung werden die beiden Lastwiderstände
RP mit den Ausgängen zweier kaskadierter Emitterfolgerstufen EF1 und EF2
verbunden. Die Vorspannung UBias ergibt sich so als die Differenz der Basispotentiale der beiden EF1 -Transistoren, welche über den Spannungsteiler, gebildet
38
Die Modellierung von Durchbruchsmechanismen und deren Berücksichtigung in Transistormodellen ist Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten [79].
5.3 Direkt angekoppelter EAM
aus den Widerständen Rx , Ry1 und Ry2 , eingestellt wird. Der Nominalwert beträgt UBias = −1 V , kann aber durch Beschaltung von B1 (und/oder B2 ) mit
einem Potentiometer bei gleichbleibender Signalqualität kontinuierlich in einem
Bereich −2 V ≤ UBias ≤ 0 V eingestellt werden.
Die Ausgangsimpedanz von EF2 weist über die komplexe Stromverstärkung,
β ≈ jω/ωT , eine kleine induktive Komponente auf39 , welche die Pulsform der
Ausgangsspannung aber nur wenig beeinflußt. Rx an der Basis von EF1 muß zur
Vermeidung eines Anstiegs von dessen Ausgangsimpedanz zu hohen Frequenzen
hin durch die Abblockkapazität Cx kurzgeschlossen werden. In Ermangelung integrierter Kondensatoren wird Cx = 0.3 pF in einfacher Weise durch die Oxidkapazität zwischen benachbarten Metallisierungsebenen realisiert. Hierbei kommt
das zweistufige Emitterfolgerkonzept mit einer kleineren Kapazität aus als bei
Verzicht auf EF1. Aus Symmetriegründen und zur Kompensation des Basisstromeinflusses wird auch EF1 der anderen (in der Regel nicht abgesenkten) Seite
entsprechend beschaltet. Zu einem gewissen Grad kann die Pulsform des Ausgangssignals über den einstellbaren Ruhestrom von EF1 beeinflußt werden [107],
jedoch eher gering aufgrund des “Hochfrequenz-Kurzschlusses” der Ausgangsimpedanz von EF1 über die Basis-Kollektorkapazität von EF2.
Der erste Punkt des oben definierten Anforderungsprofils der Vorspannungserzeugung ist damit erfüllt. Die beiden anderen, Minimierung (induktiver) Anhebungseffekte und Verzicht auf externe Abblockung, sind eng miteinander verknüpft. Stabilität vorausgesetzt, kann auf eine Abblockung dann verzichtet werden, wenn (Gegentakt-)Stromspitzen noch auf dem Chip, vorzugsweise direkt
an ihrem Entstehungsort, kompensiert werden und durch großflächige Überlappung der Metallisierungen der Masse- und Versorgungsspannungen eine stabile
Signalmasse realisiert wird. Offensichtlich trifft dies in besonderen Maße für die
Vorspannungserzeugung zu: Jede Störung, die eine endliche Differenzspannung
zwischen den Basen von EF1 verursacht, wird in voller Höhe dem differentiellen Ausgangs-Nutzsignal überlagert. Im Strukturentwurf muß diesem Punkt
daher besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ein vollsymmetrischer Entwurf mit Seite an Seite angeordneten komplementären Leitungen Widerständen
und Transistoren sorgt für Kompensation von Gegentaktstromspitzen unmittelbar am Entstehungsort. Gleichtaktinduktivitäten, insbesondere die Bondinduktivität LU 1 sind unkritisch. So kann der Treiber in der Praxis trotz einer Datenrate
von 40 Gbit/s und hohen Strömen völlig ohne externe Abblockkondensatoren betrieben werden. Meßergebnissen und deren Vergleich mit der Simulation widmet
sich Kap. 8.3.
39
Im Umschaltpunkt ergibt sich als Ersatzschaltbild der Ausgangsimpedanz von EF2 einer
Seite näherungsweise eine Reihenschaltung eines 8 Ω-Widerstandes mit der Parallelschaltung
aus einer Induktivität und einem Widerstand mit den Werten L ≈ 75 pH und R ≈ 14Ω.
111
Kapitel 6
Die Stabilitätsproblematik in
Treiberschaltungen
Mit dem Aufeinandertreffen hoher Betriebsgeschwindigkeit, großer Strom- und
Spannungshübe und, damit verbunden, verglichen mit anderen Hochgeschwindigkeitsschaltungen deutlich niederohmigeren Schaltungsknoten, sind Treiberschaltungen im besonderen Maße anfällig für Stabilitätsprobleme. Die notwendige Bedingung für Instabilität — das Auftreten negativer Realteile in Wirkungsfunktionen [101] (z.B. Eingangsadmittanz von Schaltungsstufen) — resultiert aus der
frequenzabhängigen Stromverstärkung der Transistoren (vgl. Kap. 6.1.1). Dies
ist natürlich kein nur in Treiberschaltungen beobachtbarer Effekt. Wie sich jedoch zeigen wird, ist in Treiberschaltungen die Größenordnung dieses Effekts eine
andere.
Die Diskussion typischer Stabilitätsprobleme wird nachfolgend von zwei Seiten angegangen. Das unmittelbar anschließende Teilkapitel behandelt die potentielle Instabilität einzelner Teilschaltungen über die Betrachtung des Frequenzgangs geeignet definierter “Test-Admittanzen”. Ausschlaggebend dafür, ob eine
potentielle Instabilität einzelner Schaltungsteile tatsächlich zur Oszillation führt,
sind häufig die parasitären Elemente und Effekte des Strukturentwurfs (Layout),
deren elektrischer Modellierung daher der daran anschließende Abschnitt gewidmet ist. Am Fallbeispiel eines 20 Gbit/s-Modulatortreibers werden schließlich
Regeln für den Strukturentwurf schneller Treiberstufen diskutiert.
6.1
6.1.1
Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
Grundzelle aus Emitterfolgern und Stromschalter
Die wohl am häufigsten in Laser- und Modulatortreibern auftretende Schaltungskonfiguration ist die Grundschaltung der Stromschaltertechnik und hier genauer
114
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
der E 2 CL-Schaltungstechnik. Diese Grundzelle setzt sich aus mehreren kaskadierten Emitterfolgerstufen (EF ) zusammen, die eine Stromschalterstufe (SS ) ansteuern. Aus Gründen, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, hat sich
bei Schaltungen für die optische Übertragungstechnik diese Variante der Stromschaltertechnik gegenüber der vorwiegend in Logikschaltkreisen dominierenden
“klassischen” ECL-Schaltungstechnik durchgesetzt. Weiterhin werden aufgrund
einer Reihe von Vorteilen überwiegend differentielle Schaltungskonzepte eingesetzt (vgl. hierzu z.B. [44]). Alle in dieser Arbeit entwickelten Treiberschaltungen
verwenden (in teilweise leicht modifizierter Form) solche Grundzellen. Deren im
folgenden diskutierten Stabilitätsaspekte sind daher ganz allgemein auf die realisierten Treiberschaltungen anwendbar.
Betrachtet wird die in Abb. 6.1 auf der rechten Seite dargestellte Schnittstelle
zwischen erster und zweiter Zelle des 20 Gbit/s-Modulatortreibers aus Abb. 3.2.
Parallel zu Basis und Kollektor der beiden Transistoren von EF4 werden je zwei
Klemmen herausgeführt, zwischen denen im folgenden als Test-Admittanzen bezeichnete Admittanzen Y K,EF 4,Q und Y K,EF 4,QN definiert werden. In einem Ge−1
dankenexperiment wird jeweils der Leitwert des Lastwiderstands, GSS1 = RSS1
,
subtrahiert und die so gebildeten Admittanzen mit Ỹ K,EF 4,Q und Ỹ K,EF 4,QN bezeichnet. An der eingangsseitigen Schnittstelle, d.h. für die erste Schaltungzelle,
wird analog verfahren. Das ’K’ im Index deutet die Verwandtschaft zu der in [59]
definierten Kernadmittanz an, mit der an dortiger Stelle Stabilität und Bandbreite von Teilstufen eines AGC-Verstärkers untersucht werden.
Im Unterschied zu [59] wird aber keine Gegentakt-Admittanz definiert, sondern eine “einphasige” Betrachtung vorgenommen. Dieses Vorgehen ist aus der
meß- und simulationstechnischen Erfahrung mit den in dieser Arbeit entwickelten
Laser- und Modulatortreibern motiviert, bei denen in keinem Fall reine Gegentaktoszillationen auftraten. Dagegen wurden sowohl reine Gleichtaktoszillationen
(im Umschaltpunkt ohne anliegendes Signal) als auch “einphasige” Oszillationen
(d.h. bei statisch umgeschaltetem Eingang) beobachtet1 .
1
In [59] wurden als “MK-Parameter” bezeichnete Streuparameter für N-Tore im Differenzbetrieb eingeführt. Die dort für Streuparameter vorgenommene Ableitung läßt sich ganz allgemein als Transformation von “Zweitorvariablen” eines Torpaares in Gleichtakt-, Gegentaktund Konversionsvariablen auffassen. Offensichlich könnten so anstatt zweier einphasiger TestAdmittanzen Y K,EF 4,Q und Y K,EF 4,Q auch Gleich-, Gegentakt- und zwei “Modenkonversions”Y-Parameter definiert werden. Während dies für lineare Schaltungen einen Einblick in den Mechanismus etwaiger Stabilitätsprobleme ermöglichen kann (z.B. Klärung ob Gleich- oder Gegentaktproblem) ist diese Vorgehensweise für Treiberschaltungen in der Regel nicht zweckmäßig.
Aufgrund des Großsignalbetriebes sind die einphasigen Test-Admittanzen vom Schaltzustand
abhängig, so daß (ausgenommen im Umschaltpunkt) keiner der beiden symmetrischen Modi
(Gleich- oder Gegentakt) allein auftreten kann.
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
115
1. Zelle 2. Zelle
~
Y
Y K,I
K,I
50 Ω
14 Ω
RI
RSS1
GI
~
Y K,EF4,QN GSS1
EF4
IC,SS1,N
EF2
I
IN
~
~
IE,EF3,N
GI
IE,EF3
IOS1
IEF3
Y K,EF4,Q
Y K,EF4,Q GSS1
IC,SS1
EF3
Y K,IN
Y K,IN
Y K,EF4,QN
SS1
ISS1
IOS2
Signalweg zum
Ausgang Q
U0 = -5 V
1
8 ISS1
Abb. 6.1: Zur Definition von “Test-Admittanzen” an der Schnittstelle zwischen erster
und zweiter Zelle sowie am Eingang der ersten Zelle. Konkret dargestellt
sind die Verhältnisse für den 20 Gbit/s-Modulatortreiber (vgl. Abb. 3.2).
Aufgrund der prinzipiell identischen Topologie gelten entsprechende Definitionen auch für den 10 Gbit/s-Laser-/Modulatortreiber (vgl. Abb. 4.1).
Abb. 6.2 zeigt für den 20 Gbit/s-Modulatortreiber simulierte Ortskurven von
Ỹ K,EF 4,Q in der komplexen Admittanzebene. Dabei wurde der Spannungspegel
an der Basis von EF4 (durch entsprechende statische Beschaltung des Eingangs)
gemäß den beiden logischen Zuständen sowie des Umschaltpunktes eingestellt.
Im “High-Pegel” wird die EF-Kette (EF4, EF5, EF6, vgl. Abb. 3.2) durch einen
den vollen Schaltstrom führenden Ausgangstransistor belastet. Bei “Low-Pegel”
an der Basis von EF4 sperrt der entsprechende Ausgangsstufentransistor hingegen. Um für die folgende Betrachtung einen schnellen Überblick zu gestatten,
lassen sich neben den ohmschen Leitwerten auf der unteren Abszissenachse, auf
116
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
der oberen (jedoch nichtlinearen) Abszissenachse auch die zugehörigen ohmschen
Widerstände ablesen.
(Re {Y~K,EF4 })-1 [Ω]
−10
−20
−∞ ∞
20
~
Im {Y K,EF4 }
[mS]
200
100
50
0
−100
30
6,7
40
35
150
10
30
Umschaltpunkt
High−Pegel
Low−Pegel
25
25
20
15
10
15
5
0
f
[GHz]
✦
−50
0
~
Re {Y K,EF4 }
50
100
150
[mS]
Abb. 6.2: Ortskurven der Admittanz Ỹ K,EF 4,Q für verschiedene Schaltzustände der
Stromschalter-Ausgangsstufe des 20 Gbit/s-Modulatortreibers. (Frequenzen: f = 0, 5, 10, . . . , 35, 40 GHz).
Bei der Erörterung typischer Dimensionierungsaspekte schneller Treiberstufen wurde in Kap. 3 angemerkt, daß zur Erzielung steiler Flanken der Ausgangsspannung auch der differentielle Spannungshub an den Basen der Ausgangsstufentransistoren bereits vergleichsweise hohe Werte aufweist (≈ 1,1 V für den 10sowie den 20 Gbit/s-Treiber). Angesichts solchen Spannungshubes erschien die
niederohmige Dimensionierung der Lastwiderstände (RSS1 = 14 Ω) des ersten
Stromschalters unlogisch, da hiermit ein hoher Schaltstrom (ISS1 = 40 mA) verbunden ist. Anhand von Abb. 6.2 wird jedoch offensichtlich, weshalb die Lastwiderstände für einen so niederohmigen Wert ausgelegt werden. Der Grund hierfür
ist die Vermeidung einer potentiellen Instabilität durch einen sonst in Y K,EF 4,Q
verbleibenden Frequenzbereich mit negativem Realteil. Aus der Ortskurve der
“RSS1 -bereinigten” Admittanz Ỹ K,EF 4,Q läßt sich ablesen, daß hierfür ein maximaler Wert von RSS1,max ≈ (57 mS)−1 ≈ 17,5 Ω zugelassen werden darf.
Letzterer ergibt sich aus dem im High-Pegel auftretenden betragsmäßig größten
negativen Leitwert der Admittanz-Ortskurve.
Der Kernaspekt ist demnach das Auftreten von betragsmäßig großen negativen Leitwerten am Eingang der zweiten Zelle des Treibers. Ursächlich für diese
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
Problematik ist die im Vergleich zu anderen E 2 CL Schaltungen um ein Vielfaches höhere kapazitive Belastung der Emitterfolger. Eine analytische Betrachtung, noch dazu der einphasigen Eingangs-Admittanz, ist aufgrund der Komplexität nicht praktikabel, jedoch sei eine einfache, qualitative Überlegung erlaubt:
Wird die komplexe Stromverstärkung mit β ≈ ωT /jω angesetzt (z.B. [44]) und
nur die kapazitive Belastung von EF4 durch die Kollektor-Basiskapazität des
nachfolgenden EF5 betrachtet, so ergibt sich an der Basis von EF4 ein negativer
Realteil der Admittanz
2
ωT
1
ω 2 CCB,EF 5
f
GK,EF 4,Q =
·
=−
= −0,05 mS
. (6.1)
jω jωCCB,EF 5
ωT
GHz
Für eine Frequenz von 25 GHz ergibt sich allein hierdurch bereits ein negativer Realteil von 31,25 mS = (32 Ω)−1 . Bei der Kaskadierung dreier EF-Stufen
gibt es aber ganz offensichtlich noch eine Vielzahl anderer Möglichkeiten einer
Transformation negativer Realteile an den Eingang der EF-Kette. Darüberhinaus erkennt man in Abb. 6.2 eine merkliche Abhängigkeit vom Schaltzustand der
Ausgangsstufe SS2.
Der optimale Wert von RSS1 ist also ganz wesentlich durch die nachfolgende
Emitterfolgerkaskade und die Ausgangsstufe bestimmt2 . Dieses wichtige Ergebnis
ist nicht auf den 20 Gbit/s-Modulatortreiber oder die hier verwendete Technologie
begrenzt. Vielmehr ist dieser Aspekt ganz typisch für die im Rahmen dieser Arbeit
entwickelten Treiberschaltungen. Dies soll an einem weiteren Beispiel, dem in
Kap. 4 bereits vorgestellten 10 Gbit/s-Lasertreiber, demonstriert werden.
Abb. 6.3 zeigt die simulierten Ortskurven der “RSS1 -bereinigten” Admittanzen Ỹ K,EF 4,Q und Ỹ K,EF 4,QN an der Schnittstelle zwischen erster und zweiter
Zelle des Treibers (vgl. Abb. 4.1). Die Topologie der 10 Gbit/s- und der 20 Gbit/sTreiberschaltung ist ähnlich, so daß der Leser zur Definition der beiden Admittanzen Abb. 6.2 heranziehen möge. Im Unterschied zum 20 Gbit/s-Modulatortreiber,
bei dem die in Kap. 4.2 diskutierte Symmetrierung der Pulsform der einphasigen
Ausgangsspannung (–bei Datenraten um 20 Gbit/s–) nicht benötigt wird, kommt
dieses Konzept beim 10 Gbit/s-Lasertreiber wesentlich zum Einsatz. Anders als
zuvor müssen daher beide “differentiellen” Signalzweige betrachtet werden. Dabei
referenziert Ỹ K,EF 4,Q denjenigen der beiden Signalzweige, über den der Ausgangsstufentransistor der Seite Q ansteuert wird. Dies ist auch die Seite auf welcher
der Offsetstrom IOS2 eingeprägt wird (vgl. Abb.4.1 und Kap. 4.2).
Aufgrund der durch IOS2 eingebrachten elektrischen Unsymmetrie sind die
Admittanzen der beiden Seiten merklich unterschiedlich. Sieht man hiervon ab,
2
Aus diesem Grund ist eine Optimierung der ersten Stufe für sich, d.h. nur unter der Randbedingung eines bestimmten Ausgangshubes, nicht zweckmäßig. Umgekehrt muß aber auch
beachtet werden, daß ein zu kleiner Widerstand RSS1 hohen Strom ISS1 und damit große
Transistoren für SS1 nach sich zieht. Deren CB- und BE-Kapazitäten können Flankensteilheit
und Zeitjitter bereits im Eingangskreis von SS1 verschlechtern. Im allgemeinen ist daher eine
wechselseitige Optimierung des Wertes von RSS1 notwendig.
117
118
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
(Re {Y~K,EF4,Q })-1 [Ω]
Im {
~
Y
−40 −∞ ∞
−13,3 −20
K,EF4,Q
[mS]
}
20
125
40
20
Umschaltpunkt
20 High−Pegel
Low−Pegel
20
(Re {Y~K,EF4,QN })-1 [Ω]
13,3
Im {
−13,3 −20
−40 −∞ ∞
}
40
20
13,3
Umschaltpunkt
High−Pegel
Low−Pegel
K,EF4,QN
[mS] 125
100
20
100
75
f
[GHz]
15
75
50
25
5
−50
Re {
~
Y
−25
K,EF4,Q
✦0
0
}
15
50
10
0
−75
~
Y
f
[GHz]
10
25
25
[mS]
50
75
0
−75
Re {
−50
~
Y
−25
K,EF4,QN
✦
0
}
0
25
50
75
[mS]
Abb. 6.3: Ortskurven der Admittanzen Ỹ K,EF 4,Q und Ỹ K,EF 4,QN für verschiedene Schaltzustände der Stromschalter-Ausgangsstufe des 10 Gbit/sLasertreibers. (Frequenzen: f = 0, 5, 10, 15, 20, 25 GHz).
so weisen die prinzipiellen Verläufe der Admittanzortskurven von 20 Gbit/sModulatortreiber (Abb. 6.2) und 10 Gbit/s-Laser/Modulatortreiber jedoch Parallelen auf: Auch im Fall der letzteren Treiberschaltung muß, zur Vermeidung einer
potentiellen Instabilität, ein Lastwiderstand RSS1 . (62.5 mS)−1 = 16 Ω gewählt
werden. Der gewählte Wert beträgt auch in dieser Schaltung RSS1 = 14 Ω.
Die zunächst verblüffende, sehr niederohmige Dimensionierung des Lastwiderstandes der ersten Zelle ist damit erklärt. Als ein wichtiges Ergebnis ist festzuhalten, daß RSS1 weniger der ersten, sondern vielmehr der zweiten Zelle zuzuordnen ist. Auf eine Konsequenz dieser Feststellung wird Kap. 6.2 zurückkommen.
Mit der Antwort auf die Frage nach der Dimensionierung von RSS1 ist jedoch
eine neue Frage verknüpft. Stabilität einerseits und ausreichend großer Spannungshub zur Ansteuerung der Ausgangsstufe andererseits bedingen auch für
den Stromschalter der ersten Zelle (SS1 ) einen vergleichsweise hohen Schaltstrom (ISS1 = 40 mA bei beiden Treiberschaltungen). Damit stellt sich aber
die Frage, inwieweit die von [87] an typischen Gattern untersuchte Stabilisierung
der Eingangsimpedanz von E 2 CL-Schaltungen im Fall schneller Treiberschaltungen ihre Gültigkeit behält. Im folgenden soll diese Fragestellung am Beispiel des
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
119
10 Gbit/s-Laser-/Modulatortreibers diskutiert werden, da von dessen erster Zelle
aus Entwurf und Messung unter bestimmten (provozierten) Bedingungen Neigung
zur Oszillation bekannt ist [17, 60].
(Re {Y~K,IN })-1 [Ω]
(Re {Y~K,I })-1 [Ω]
Im {
~
Y
−50 −100 −∞ ∞ 100
K,I
}
33,3
25
20
−50 −100 −∞ ∞ 100
~
Im {Y
Umschaltpunkt
High−Pegel
Low−Pegel
50
[mS]
50
K,IN
}
20
20
50
[mS]
40
f
[GHz]
30
f
[GHz]
20
15
15
15
15
−10
0
0
10
~
10
10
10
✦
0
20
Re {Y K,I } [mS]
30
40
−10
−20
0
✦
0
−10
0
10
20
30
~
Re {Y K,IN } [mS]
Abb. 6.4: Ortskurven der Admittanzen Ỹ K,I und Ỹ K,IN für verschiedene Schaltzustände des Stromschalters in der ersten Zelle des 10 Gbit/s-Laser/Modulatortreibers.
Wie schon bei der Definition von Ỹ K,EF 4,Q und Ỹ K,EF 4,Q werden jetzt aber
am Schaltungseingang parallel zu Basis und Kollektor der EingangsemitterfolgerTransistoren Klemmen herausgeführt und um die Eingangsabschlußwiderstände
(50 Ω) “bereinigte” Admittanzen Ỹ K,I und Ỹ K,IN definiert (Abb. 6.1). Deren
Verläufe in der komplexen Admittanzebene sind in Abb. 6.4 dargestellt3 . Wiederum zeigen die drei Schaltzustände merkliche Unterschiede. Gemeinsam ist allen
Ortskurven der Eintritt in die linke Halbebene. Während jedoch die Ortskurven für den Low-Pegel (d.h. wenn der zugehörige SS1-Transistor ausgeschaltet
ist) und den Umschaltpunkt deutlich rechts der Linie (Re{Y K,I })−1 = −50 Ω
verbleiben, nähert sich die Admittanz-Ortskurve im High-Pegel dieser kritischen Grenze. Offensichtlich können bei schnellen Treiberschaltungen am Eingang Impedanzverhältnisse auftreten, die nicht immer, wie in [87] gefolgert,
3
25
Umschaltpunkt
High−Pegel
20
Low−Pegel
30
20
−10
−20
33,3
40
20
10
50
Man beachte, daß die Ortskurven dieser Ỹ -Admittanzen durch die Ansteuerung aus einem
50 Ω-System nicht mehr bei Null, sondern bei 20 mS = (50 Ω)−1 beginnen. Die mit ’Umschaltpunkt’ bezeichnete Kurve bezieht sich auf den Umschaltpunkt des Stromschalters SS1.
40
120
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
“automatisch” durch Parallelschaltung der auf den Chip verlagerten 50 ΩEingangsabschlußwiderstände sicher stabilisiert werden. Diese im folgenden näher
betrachtete Problematik trat beim 10 Gbit/s-Laser-/Modulatortreiber und hier
speziell bei der Abregelung zu kleinen Ausgangshüben auf. Aus der Simulation
von Beginn des Entwurfs an bekannt, konnten jedoch ausreichende Gegenmaßnahmen ergriffen werden, die sich auch in der Praxis bewährt haben (s.u. und [17]).
Es ist bekannt, daß der nichtquasistatische Effekte modellierende Transistorparameter PTF großen Einfluß auf die Stabilität kaskadierter Emitterfolgerstufen
haben kann [59]. PTF ist die sogenannte “excess Phase at frequency 1/(2πTF)”,
wobei TF nicht die Transitzeit, sondern ein Modellierungsparameter der Transitzeit ist [1]4 . Die Wirkung von PTF besteht in einer zusätzliche Phasendrehung (Kleinsignal-Analyse) beziehungsweise Laufzeit (Großsignal-Analyse) in der
Transistorsteilheit [100]. Streng genommen muß nicht nur der Transistorsteilheit,
sondern auch der Basis-Emitter-Diffusionskapazität eine Laufzeit (PQF ) zugeordnet werden [108]. Seit einigen Jahren ist in der Arbeitsgruppe Halbleiterbauelemente ein entsprechendes Transistormodell in einer modifizierten Version des
Schaltungssimulators SPICE3 ([109]) verfügbar [108]5 . Es zeigt sich aber, daß
vor allem die Zusatzlaufzeit der komplexen Stromverstärkung wichtig ist, die sich
als Differenz von PTF und PQF ergibt (z.B. [59, 64]). Aus diesem Grund kann
man im standardmäßigen Bipolarmodell PTF “ersatzweise” die Zusatzphase der
Stromverstärkung zuweisen. Der Fehler aufgrund der dadurch zu kleinen Zusatzphase der Transistorsteilheit ist meist (, aber nicht grundsätzlich, ) unkritisch.
Bei der Entwicklung des 10 Gbit/s-Laser-/Modulatortreibers stand das modifizierte Modell noch nicht zur Verfügung und es wurde daher wie oben beschrieben mit dem Ersatzwert für PTF (13◦ ) simuliert. Gemäß ihrer Definition können
die Zusatzphasen nur bei höchsten Frequenzen gemessen werden. In Ermangelung geeigneter Meßverfahren lassen sich diese Parameter derzeit nur über die
numerische Bauelementesimulation abschätzen. Es ist daher sinnvoll, wie in den
folgenden Abbildungen geschehen, nicht nur mit dem “nominellen” Wert dieses
Parameters sondern zum Beispiel auch mit dem doppelten Wert zu simulieren.
Abb. 6.5 (links) zeigt die Test-Admittanz, Y K,I (vgl. Abb. 6.1, Y K,I =
Ỹ K,I + GI ) am Schaltungseingang I, bei anliegendem High-Pegel und Abregelung
auf minimalen Ausgangshub (750 mVss ). Parameter ist die Zusatzphase PTF 6 .
4
Die in [100] angegebene Formel der Transitzeit ist falsch.
Die Temperaturabhängigkeit des standardmäßigen und damit auch des darauf aufbauenden
modifizierten Modells sind in der ursprünglichen SPICE3 -Version falsch implementiert. Die
Korrektur dieses Fehlers und weitere kleinere Zusätze sind in [110] und in [1] dokumentiert.
6
Untersuchungen zeigen, daß auch bei Einstellung der Schaltung für minimalen Hub, dieser Fall (anliegender High-Pegel) der kritischste bleibt. Dabei sind die auftretenden negativen
Realteile für maximalen und minimalen Hub etwa gleichwertig. In der zweiten Zelle tritt der
betragsmäßig größte negative Realteil bei 3 Vss Ausgangshub auf.
5
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
121
(Re {Y~K,I })-1 [Ω]
~
Im {Y K,I
[mS]
−50 −100 −∞ ∞ 100
}
20
I C,SS1,N
f
[GHz]
−20
−20
10
✦
10 0
PTF=0°
PTF=13°
PTF=26°
−10
0
~
10
20
Re {Y K,I } [mS]
I C,SS1
[mA]
15
15
0
−10
25
20
30
10
33,3
20
40
20
50
30
40
12
9
6
3
0
−3
I E,EF3
I E,EF3,N
250 ps
Abb. 6.5: Links: Ortskurven der Admittanz Ỹ K,I bei anliegendem High-Pegel mit
der Zusatzphase PTF als Parameter. Rechts: Kollektorströme von SS1 und
Emitterströme von EF3 für P T F = 26◦ . Der (nominelle) Ruhestrom
von EF3 ist so bemessen, daß dessen Transistoren während und
im Anschluß an die negative Schaltflanke kurzzeitig ausschalten.
Für den nominellen Wert, P T F = 13◦ , verläuft die Ortskurve ausschließlich in
der rechten Admittanzebene. Selbst beim doppelten Wert, P T F = 26◦ , wird der
Realteil der Admittanz nur in einem kleinen Frequenzbereich leicht negativ. Für
diesen Fall zeigt Abb. 6.5 (rechts) Zeitverläufe der Kollektorströme von SS1 sowie
der Emitterströme der diesen ansteuernden Transistoren des Emitterfolgers EF3
(vgl. Abb. 6.1 bzw. Abb. 4.1). Im Anschluß an eine Schaltflanke tritt nur ein kurzes Nachschwingen auf, die Schaltung bleibt trotz P T F = 26◦ noch ausreichend
stabil.
Das Augenmerk sei hierbei noch auf eine wichtige Besonderheit des Arbeitspunktes der beiden Transistoren von EF3 gerichtet. Im Zusammenhang mit den
grundlegenden Dimensionierungsaspekten der Transistoren in schnellen Treiberschaltungen wurden im Kap. 3.2 die extrem hohen Basisstromspitzen der Ausgangsstufentransistoren demonstriert (Abb. 3.5). Aus den weiter oben diskutierten Gründen ist jedoch auch der Schaltstrom von SS1 (ISS1 = 40 mA) vergleichsweise hoch und somit auch dessen Basisstromspitzen während der Umladevorgänge. Der Ruhestrom von EF3 ist nun bewußt so gewählt, daß — wie
in Abb. 6.5 links ersichtlich — der beim Ausschalten eines SS1 -Transistors
122
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
aus dessen Basis herausfließende Ladungs-Ausräumstrom den zugehörigen EF3 Transistor kurzzeitig ausschaltet (IE ≤ 0).
~
(Re {Y K,I })-1 [Ω]
~
Im {Y K,I
[mS]
}
−50 −100 −∞ ∞ 100
50
33,3
25
20
40
20
20
30
f
[GHz]
20
I C,SS1,N
I C,SS1
[mA]
10
15
−20
−20
10
✦
0
−10
15
0
PTF=0°
PTF=13°
PTF=26°
−10
0
~
10
Re {Y K,I }
20
[mS]
30
40
12
9
6
3
0
−3
I E,EF3
I E,EF3,N
250 ps
Abb. 6.6: Links: Ortskurven der Admittanz Ỹ K,I bei anliegendem High-Pegel mit
der Zusatzphase PTF als Parameter. Rechts: Kollektorströme von SS1 und
Emitterströme von EF3 für P T F = 26◦ . Der Ruhestrom von EF3 ist
soweit erhöht, daß dessen Transistoren immer einen deutlich positiven Emitterstrom führen.
Den Grund für diese Dimensionierung zeigt Abb. 6.6. Auf der linken Seite
sind wiederum die Admittanzortskurven YK,I der Eingangsseite I bei High-Pegel
und verschiedenen PTF -Werten dargestellt. Der Ruhestrom von EF3 ist jetzt
jedoch so bemessen, daß der Emitterstrom der Transistoren von EF3 auch dynamisch immer größer Null bleibt. Im Vergleich zu Abb. 6.5 sind alle drei Ortskurven
deutlich in Richtung kleinerer Realteile verschoben. Bereits für den nominellen
Wert, P T F = 13◦ , besonders stark aber für P T F = 26◦ , liegen Teile der Ortskurven im potentiell instabilen linken Admittanz-Halbraum. Für den letzteren
Fall zeigt der rechte Teil der Abb. 6.6 wiederum die Zeitverläufe der Kollektorströme von SS1 beziehungsweise der Emitterströme von EF3. Im Anschluß an
eine Schaltflanke treten, im Gegensatz zu Abb. 6.5, im Kollektorstrom des jeweils
einschaltenden SS1 -Transistor schwach gedämpfte Oszillation auf. Aufgrund der
durch die Offsetströme IOS1 und IOS2 (vgl. Kap. 4.2) eingebrachten Unsymmetrie sind die Pulsformen der beiden Kollektorströme von SS1 nicht identisch.
Man beachte, daß sogar im ausgeschalteten Zustand die Kollektorströme von
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
SS1 schwache Oszillationen zeigen. Die Ursache hierfür liegt in der KollektorBasis-Kapazität der SS1 -Transistoren, über die, vorbei am “inneren Transistor”,
eine direkte Ladungsverschiebung in den Kollektorkreis erfolgt7 .
Ziel der vorangegangenen Betrachtungen war die Sensibilisierung des Lesers
für typische, bereits mit der vergleichsweise einfachen Topologie von Treiberschaltungen verbundene Stabilitätsaspekte. Die Stabilität der Grundzellen wurde dabei anhand der in Abb. 6.1 definierten “Test-Admittanzen” diskutiert. Exakter
ausgedrückt wurde nicht deren Stabilität sondern deren potentielle Instabilität betrachtet, ist doch ein negativer Realteil in der “Test-Admittanz” notwendig, aber
nicht hinreichend für Instabilität. Beachtet werden muß ferner die Abhängigkeit
vom Schaltzustand. So kann — wie gezeigt — die Kleinsignalbetrachtung in den
Schaltzuständen einen Einblick in den Mechanismus der Problematik vermitteln.
Quantitative Aussagen erfordern jedoch eine Simulation im Zeitbereich. In diesem Zusammenhang sei an den dynamisch ausschaltenden Emitterfolger EF3 erinnert. Die Stabilisierung beruht hier auf zwei Mechanismen, der Veränderung
dessen Übertragungsverhaltens und dem kurzzeitigen dynamischen Sperren der
Transistoren. Eine genauere Betrachtung des letztgenannten Mechanismus findet
der interessierte Leser in [58]. Dort wird gezeigt, daß die Nachschwingneigung
beim Einschalten eines Stromschaltertransistors über den einen der beiden EF3 Transistoren durch eine dynamische Gegenkopplung über den auf der komplementären Seite kurzzeitig sperrenden anderen EF3 -Transistor reduziert wird.
6.1.2
Kaskodezelle
Wird in der zweiten Treiber-Grundzelle der ausgangsseitige Stromschalter SS2
um eine (differentielle) Basisschaltung erweitert, entsteht eine Kaskodezelle. Vorteile einer solchen Anordnung wurden bereits in Kap. 5.3 und Kap. 5.2.1 erörtert.
Einige schaltungstechnische Nachteile wurden ebenfalls an dortiger Stelle diskutiert. Im folgenden wird die Stabilität dieser Zelle — beziehungsweise genauer:
der Basisschaltung — diskutiert.
Im vorangegangenen Teilkapitel wurde über die Betrachtung des Realteils
geeignet definierter Test-Admittanzen entlang der imaginären Frequenzachse
p = jω, die potentielle Instabilität der Treiber-Grundzelle aus Emitterfolgern
und Stromschalter untersucht. Offensichlich ist dieses Vorgehen besonders anschaulich. Zudem gilt:
Eine hinreichende Bedingung für Stabilität ist die Vermeidung der notwendigen
Bedingung für Instabilität.
7
Für den Ausgangsstromschalter wurde der Effekt in Abb. 3.4 bereits detailliert betrachtet.
123
124
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
Als Schaltungsentwickler “liegt man demnach auf der sicheren Seite”, wenn an
keiner Stelle der Schaltung negative Realteile in Übertragungsfunktionen, Impedanzen oder Admittanzen auftreten. Oftmals stellt sich jedoch die Frage nach der
Qualität dieser Sicherheit, zum Beispiel in Verbindung mit Prozeßtoleranzen oder
Unsicherheiten in der Modellierung layoutbedingter parasitärer Elemente. Hierzu muß die Test-Admittanz (beziehungsweise eine andere Netzwerkfunktion) für
die verallgemeinerte, komplexwertige Frequenz betrachtet werden. Eine andere
Möglichkeit besteht in einer geeigneten transienten Simulation8 .
Abb. 6.7 zeigt die vereinfachte Ausgangsstufe des 40 Gbit/s-EAM-Treibers.
Neben den beiden Transistorpaaren des Stromschalters und der Basisschaltung
sind einzelne parasitäre Elemente der Masseverteilung und der Verteilung der negativen Versorgungsspannung auf dem Chip angedeutet. Dabei handelt es sich um
durch den Strukturentwurf bedingte Metallisierungsinduktivitäten. Nicht dargestellt, aber ebenso berücksichtigt, sind magnetische Verkopplung (Gegeninduktivitäten, sowohl zwischen Masse und negativer/positiver Versorgungsspannung
in unterschiedlichen Metallisierungsebenen als auch in ein und derselben Ebene an Verzweigungen), elektrische Verkopplung (Kapazitäten) und die Leitungen
zwischen Stromschalter und Basisschaltung. Hier läßt sich ein Vorgriff auf das
Kapitel 6.2.1, in welchem die Modellierung solcher parasitärer Elemente erörtert
wird, nicht ganz vermeiden. Die folgend diskutierte Thematik einer potentiellen
Instabilität der Kaskodezelle (KAS) ist jedoch nicht ausschließlich an layoutbedingte Blindelemente gekoppelt. Sie kann genauso in Verbindung mit aufbaubedingten Parasiten auftreten. Auf der rechten Seite der Abb. 6.7 sind die im
folgenden verglichenen Vorgehensweisen bei der Charakterisierung der Stabilität
der Kaskodezelle (beziehungsweise der Basisstufe) definiert.
Zunächst sei die Frage nach der Möglichkeit einer Instabilität gestellt. Offensichlich ist die in den “gemeinsamen Basisanschluß” Σ hineingesehene Impedanz
Z Σ (jω) bis auf die kleinen parasitären Induktivitäten L∆ (≈ 2...5 pH ) ähnlich
der eines kapazitiv belasteten Emitterfolgers9 . Wird der Knoten Σ aufgetrennt
und die auf der Seite der Basisschaltung gegen externe Masse liegende Impedanz
Z Σ (jω) (Abb. 6.7 rechts oben) simuliert, ergibt sich der in Abb. 6.8 dargestellte
Verlauf. Durch die dominant kapazitive Ausgangsimpedanz von SS2 weist Z Σ (jω)
8
Ein Problem bei der transienten Simulation von Oszillatoren besteht in der numerischen
Integration. Mathematisch betrachtet wird dabei eine Abbildung eines Differentialgleichungssystems auf ein Differenzengleichungssystem vollzogen. Es ist bekannt, daß je nach Integrationsregel instabile Polstellen der Differentialgleichung in stabile Pole der Differenzengleichung transformiert werden können (“numerical damping”, z.B. [111]). Hierdurch besteht die Gefahr, daß
eine vorhandene Instabilität im simulierten Zeitbereich trotz Störanregung nicht anschwingt.
9
Die Ausgangsimpedanz des Stromschalters SS2 wird in erster Näherung durch die Summe
aus Kollektor-Basis- und Kollektor-Substratkapazität bestimmt.
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
125
U1 (> 0)
Betrachtung der Stabilität ...
EAM-Vorspannungserzeugung
Σ Auftrennung
Σ’
differentielle. Last
uQ,d
Σ
L∆
L∆
Z Σ (j ω)
Z Σ, (j ω)
L BAS
EAM
... auf der imaginären p-Achse
L BAS
1
1
R V, Σ
^
Y
BAS
1’
Chip-Masse
L GND
1’
^
Y
(p)
BAS
... in der komplexen p-Ebene
SS2
i(t)
Negative ChipVersorgungsspannung
U0
10 mA
i(t)
t
t r , t f =5 ps t=220 ps
t=200 ps
Σ
L BAS
... im Zeitbereich
Abb. 6.7:
Ausschnitt aus dem Stromlaufplan (vgl. Abb. 5.19) des 40 Gbit/s-EAM-Treibers: ausgangsseitige Kaskodezelle. Teile der parasitären Elemente von verteilter “Chip-Masse
und -Versorgungsspannung” sind angedeutet. LGN D stehe hier stellvertretend für die
Bonddrahtinduktivitäten der externen Massezuführung. Rechts sind die verwendeten
drei Vorgehensweisen zur Diskussion der Stabilität dieser Schaltungszelle skizziert.
einen bereichsweise negativen Realteil auf, wie aus dem vorangehenden Teilkapitel (Gl. 6.1) bekannt. Besonders ungünstig ist die Tatsache, daß diese Eigenschaft
— die erfüllte notwendige Bedingung für Instabilität — über eine Bandbreite von
0
25 GHz auftritt. Die auf der andere Seite (Σ ) der gebildeten Schnittstelle angreifende Impedanz Z Σ0 hat somit über ein breites Frequenzband die Möglichkeit,
Z Σ zu einer verschwindenden Impedanzsumme zu ergänzen. Als Impedanz der
Chip-Masse einschließlich der Bondinduktivitäten ist die Wahrscheinlichkeit eines
induktiven Imaginärteils in Z Σ0 hoch und in Verbindung mit dem entdämpfend
ohmsch-kapazitiven Verhalten von Z Σ auch die Wahrscheinlichkeit von Oszillationen10 . Offensichtlich kann Oszillation sicher vermieden werden, wenn durch einen
10
Es sei darauf hingewiesen, daß eine Auftrennung am Knoten Σ zur Analyse der beiden
0
Teilimpedanzen Z Σ und Z Σ0 eine Näherung darstellt. Da zwischen beiden Kreisen (Σ und Σ )
durch die Schaltung Verbindungswege existieren, wird durch die Messung an dem einen Knoten
die Belastung durch den anderen Kreis leicht verändert.
126
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
ausreichend dimensionierten Serienwiderstand RV,Σ (Abb. 6.8) der negative Realteil von Z Σ überkompensiert wird. Nach Abb. 6.8 ist hierzu ein Widerstand
in der Größenordnung (vgl. Fußnote 10) RV,Σ ≈ 25 Ω nötig. Bei Dominanz der
Blindwiderstandsanteile in der “Chip-Masse-Impedanz” Z Σ0 wird man erwarten,
daß ohne RV,Σ Oszillation in Nähe der zweiten Nullstelle (f = 26 GHz ) des
Realteils von Z Σ auftritt. Eine Oszillation mit der Frequenz der ersten Nullstelle kann nicht auftreten, da der in deren Umgebung kapazitive Imaginärteil in
Z Σ aufgrund seiner Größe nicht kompensiert werden kann, somit bezüglich der
Realteil-Resonanz “dämpfend” wirkt.
Eine Möglichkeit, eine notwendi100
ℜ {ZΣ,bas}
ge und hinreichende Stabilitäts1 GHz
ℑ {ZΣ,bas}
50
aussage zu treffen, ist die Betrachtung der Pol- beziehungs[Ω]
0
weise Nullstellen einer Netzwerkfunktion [112]. In Abb. 6.7
−50
-25 Ω
26 GHz
(rechts, Mitte) wird hierzu aus
der Schaltung eine Klemme “1”
−100
0
10
20
30
40
herausgeführt und die Test[GHz]
f
Admittanz Ŷ BAS (p) definiert.
Darin bezeichnet die komplexe
Abb. 6.8: Real- und Imaginärteil der in Abb. 6.7
Variable
definierten Impedanz Z Σ (jω).
σ
p = σ + jω = 2π(f + ) (6.2)
2π
die verallgemeinerte komplexe Frequenz [112]. Der Hintergrund dieser Wahl der
Netzwerkfunktion ist die Überprüfung der theoretischen Äquivalenz mit der dritten Methode im Zeitbereich (Abb. 6.7): Wird ein zeitlich begrenzter Störstrom
i(t) am Tor “ 1-1’ ” eingeprägt, so muß nach Ende der Störung die Torspannung,
also die Spannung am Knoten Σ, auf Null abklingen. Dies ist der Fall, wenn die
Test-Admittanz Ŷ BAS (p) nur Nullstellen in der linken offenen p-Halbebene hat.
Abb. 6.9 zeigt die Ergebnisse der beiden Methoden für RV,Σ = 0 mit
der Induktivität LBAS (vgl. Abb. 6.7) als Parameter11 . Links oben ist der
Pol-/Nullstellenplan von Ŷ BAS (p) dargestellt. Bewußt wurden auch die Polstellen (Dreiecksymbole) in Nähe der imaginären Achse aufgenommen. Ganz
typisch treten als Ergebnis entsprechender Simulationen12 viele benachbar11
Der “nominell” aus dem Strukturentwurf abgeschätzte Wert beträgt LBAS = 14 pH . Diese
Induktivität wird wegen der anschaulichen Assoziation mit der Stabilitätsproblematik am Knoten Σ als Parameter gewählt. Im Fall eines eigenen externen Anschlusses der BAS entspricht
sie der zugehörigen Bonddrahtinduktivität.
12
Diese wurden mit dem Schaltungssimulator ELDO durchgeführt [86].
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
50
f
0
24
[GHz]
25
34
14
127
750
grenzstabil
uΣ
44
L BAS =14 pH
[mV]
47
54
0
64
0
−750
reeller Pol
(GND @ DC)
200 ps
750
−25
uΣ
[mV]
L BAS [ pH ]
0
−50
−2
−1
0
1
L BAS =47 pH
2
9 −1
σ/2π [10 s ]
−750
750
uQ,d
uΣ
L BAS =54 pH
[mV]
[mV]
0
0
−750
200 ps
750
0
200 ps
−750
L BAS =54 pH
0
200 ps
Abb. 6.9:
Links oben: Pol-/Nullstellenplan der Test-Admittanz Ŷ BAS (p) bei Variation von LBAS
und zu Null gesetztem Vorwiderstand RV,Σ . Kreise markieren Nullstellen, Dreiecke Polstellen. Die grau hinterlegten Nullstellen bilden die Ortskurve der dominanten Nullstelle
mit f ≈ 28 GHz . Rechts: Zeitverlauf der Spannung uΣ am Knoten Σ nach Störung mit
einem trapezförmigen Stromimpuls zum Zeitpunkt t = 200 ps (Höhe: 10 mA, Anstiegsund Abfallzeit: 5 ps, Gesamtdauer: 20 ps). Links unten: Differentielle Ausgangsspannung für den rechts davon dargestellten Verlauf von uΣ .
te oder sogar übereinanderliegende Pol-/Nullstellen auf, insbesondere dann,
wenn, wie extensiv geschehen, die Metallisierungsflächen der Chip-Masse und
-Versorgungsspannungen verteilt modelliert werden. Während sich in einiger Entfernung der imaginären p-Achse benachbarte Pol-/ und Nullstellen in ihrer Wirkung weitestgehend kompensieren, nimmt dies in Nähe der imaginären p-Achse
exponentiell ab, so daß numerische Kongruenzkriterien sorgfältig gewählt werden
müssen. Im konkreten Fall werden die beiden konjugiert komplexen Nullstellen
bei (σ ≈ 0, 2(ns)−1 , f ≈ 2, 5 GHz ) durch entsprechende Polstellen ausreichend
128
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
kompensiert, sie dürften wohl ohnehin numerische Artefakte darstellen. Die (grau
hinterlegte) dominante Nullstelle liegt bei f ≈ 28 GHz , in guter Übereinstimmung mit der oben diskutierten Abschätzung von 26 GHz . Mit zunehmender
Induktivität LBAS nähert sich die dominante Nullstelle aus der rechten Halbebene der imaginären p-Achse, erreicht diese für LBAS = 47 pH , um anschließend in die instabile rechte p-Halbebene einzudringen. In sehr guter Übereinstimmung zeigen die drei Zeitverläufe von uΣ für LBAS = 14 pH , LBAS = 47 pH
und LBAS = 54 pH gerade noch ausreichend gedämpftes Verhalten, grenzstabile
und schließlich aufschwingende Oszillation. Der im Pol-/Nullstellenplan noch aufgeführte Fall LBAS = 64 pH konnte bereits nicht mehr simuliert werden, da der
Simulator unmittelbar nach Anlegen des Störimpulses divergiert. Am links unten
in Abb. 6.9 dargestellten Verlauf der differentiellen Ausgangsspannung läßt sich
für LBAS = 54 pH bereits das Einsetzen nichtlinearer Effekte beobachten (Differenzspannung ungleich Null), die aber offensichtlich im Fall LBAS = 64 pH für
eine (numerische) Amplitudenstabilisierung nicht ausreichten (Divergenz).
Bevor der Fall mit RV,Σ betrachtet wird, sei noch darauf hingewiesen, daß
die identische Ausgangsstufe des EAM-Modulatortreibers auch für eine spezielle
Leistungsversion eines 2:1-Zeitmultiplexers [7] eingesetzt wurde. In diesem Fall
entspricht dem Stromschalter SS2 in Abb. 6.7 die Kernstufe des Zeitmultiplexers
mit den vier kreuzverknüpften Transistoren. Da jeder Eingang der Basisstufe mit
der Parallelschaltung der Ausgangskapazitäten von zwei Transistoren belastet
wird, erhöht sich bei gleichem Schaltstrom der an den Knoten Σ tranformierte
negative Realteil (Gl. 6.1). Folgerichtig wurden im Gegensatz zum EAM-Treiber
beim Entwurf des Leistungsmultiplexer bereits beim “nominellen” Wert LBAS =
14 pH ohne RV,Σ stärkere Oszillationen beobachtet.
Für beide Schaltungen wurde mit einem Vorwiderstand RV,Σ = 50 Ω
ein sicherer stabiler Betrieb erreicht. Abb. 6.10 zeigt den entsprechenden
Pol-/Nullstellenplan für die gleiche Variation von LBAS wie in Abb. 6.9. Offensichtlich gibt es nur noch stark gedämpfte Nullstellen. Entsprechend zeigt uΣ
eine zeitlich begrenzte Antwort auf den eingeprägten Störimpuls und klingt dann
sofort ab. Weitere Untersuchungen zeigen, daß die ehemals dominante Nullstelle
links aus dem dargestellten σ-Bereich herausgeschoben wird. Bei den stark kompensierten Pol-/Nullstellen bei σ ≈ 1, 2 (ns)−1 handelt es sich um die bereits
vorher links der in Abb. 6.9 grau hinterlegten dominanten Nullstellen gelegenen
Null- und Polstellen.
Drei Möglichkeiten zur Charakterisierung der Schaltungsstabilität wurden
am Beispiel der KAS-Zelle diskutiert. Jede hat ihre Vor- und Nachteile:
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
50
f
129
750
uΣ
[GHz]
L BAS =54 pH
[mV]
25
0
0
−750
200 ps
−25
L BAS [ pH ] : 0, 14, 24,..., 64
−50
−2
−1
0
1
2
9 −1
σ/2π [10 s ]
Abb. 6.10:
Links: Pol-/Nullstellenplan der Test-Admittanz Ŷ BAS (p) bei Variation von LBAS und
realisiertem Vorwiderstand RV,Σ = 50 Ω. Kreise markieren Nullstellen, Dreiecke Polstellen. Rechts: Zeitverlauf der Spannung uΣ am Knoten Σ nach Störung mit einem
trapezförmigen Stromimpuls zum Zeitpunkt t = 200 ps (Höhe: 10 mA, Anstiegs- und
Abfallzeit: 5 ps, Gesamtdauer: 20 ps).
✗ Aus dem Frequenzgang (d.h. p = jω) einer geeigneten — im Prinzip
aber beliebigen — Netzwerkfunktion lassen sich hinreichende Maßnahmen
zur sicheren Vermeidung von Instabilität ableiten. Vorteile des Verfahrens
sind dessen Anschaulichkeit und kurze Simulationszeit. Vom theoretischen
Standpunkt aus ist die Lösung — da hinreichend, aber nicht notwendig —
suboptimal, schaltungstechnisch betrachtet jedoch besonders sicher. Die Interpretation bzw. Gültigkeit in nichtlinearen Schaltungen ist eingeschränkt.
✗ Wird die gewählte Netzwerkfunktion über der verallgemeinerten Frequenz
p betrachtet, kann je nach Funktionstyp über deren Pol- oder Nullstellen eine notwendige und hinreichende Stabilitätsaussage getroffen werden. Auch
hier ist die Interpretation in nichtlinearen Schaltungen eingeschränkt. Ein
weiteres Problem liegt in der Numerik. Pol-/Nullstellen-Kongruenzkriterien
müssen angewandt werden, um die Zahl der Pol/-Nullstellen (typisch:
100...1000) zu begrenzen. Dies erfordert “Fingerspitzengefühl”, damit nur
vernachlässigbare Pol-/Nullstellen-Doublets entfernt werden.
✗ Die Betrachtung im Zeitbereich ist als einzige auch in nichtlinearen Schaltungen uneingeschränkt gültig. Ihr Nachteil liegt zunächst in der deutlich
erhöhten Simulationszeit. Zudem ist auch hier Erfahrung notwendig, um
eine vorhandene Instabilität numerisch geeignet anzuregen. In Abb. 6.9
(rechts, unten) reicht beispielsweise das “numerische Rauschen” im Bereich
130
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
t < 200 ps trotz deutlicher Instabilität nicht aus, die Oszillation anzuregen.
Erst durch den Störimpuls wird die Oszillation gestartet. In den Simulationen wurde ausschließlich die Trapez-Integrationsregel verwendet. Gegenüber anderen Integrationsregeln zeigt die Trapezregel keine signifikante
numerische Dämpfung. Instabile Pole der Differentialgleichung entsprechen
daher instabilen Polen der (numerisch gelösten) Differenzengleichung [111].
6.1.3
Eine analytische Betrachtung der Stabilität des kapazitiv belasteten Emitterfolgers mit induktivem
Kollektorzweig
Die bislang hinsichtlich Stabilität diskutierten Fälle erwuchsen aus dem Zusammenspiel einer Admittanz (bzw. Impedanz) negativen Realteils mit einem, dieser angekoppelten, größtenteils aus Blindwiderstandsanteilen zusammengesetzten
Netzwerk. So fungierte im Fall der Kaskodestufe (Kap. 6.1.2) das mehr oder minder rein induktiv-kapazitive Netzwerk der Chip-Masse als Resonator dessen (ohnehin geringen) Verluste durch Leistungszufuhr aus dem negativen Realteil der
Eingangsimpedanz der Basisschaltung kompensiert wurden. Für die Diskussion
der Stabilität beziehungsweise der Instabilität wurden verschiedene Ansätze —
teils im Zeitbereich, teils im Frequenzbereich — vorgestellt und verglichen. Genauer ausgedrückt wurde meist nicht Instabilität, sondern potentielle Instabilität
diskutiert. Hierbei ist der Grundgedanke, daß bei fehlender Vermeidung der notwendigen Bedingung für Instabilität, also bei negativem Realteil im Frequenzgang
von Netzwerkfunktionen (zum Beispiel in den in dieser Arbeit betrachteten Eingangsadmittanzen), eine hohe Wahrscheinlichkeit für Oszillation besteht. Um ein
stabiles Verhalten zu erreichen, muß in solchen Fällen die “Resonanz im Realteil”
durch einen endlichen Imaginärteil ausreichend “bedämpft” werden [90]. Technologische Toleranzen und Modellierungsunsicherheiten in den durch Strukturentwurf oder aufbautechnisch bedingten parasitären Blindelementen lassen jedoch
eine verläßlich quantitative Aussage diesbezüglich nicht zu.
Der Schaltungsentwickler wird daher versuchen, durch geeignete Maßnahmen
negative Realteile im Frequenzgang von Netzwerkfunktionen zu vermeiden13 .
Wohl eines der bekanntesten Schaltungsbeispiele, bei denen im BetriebsFrequenzbereich negative Realteile in der Eingangsimpedanz auftreten können,
13
Im Kern entspricht diese Vorgehensweise einer Umkehrung des Funktionsprinzips des sogenannten “negative-resistance oscillator”, bei dem ein meist induktiver Resonator verwendet
wird, dessen ohmschen Verluste durch Ankopplung an eine aktiv erzeugte Eingangsimpedanz
negativen Realteils kompensiert werden.
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
CSS1
G SS1
131
L
CL
1
Y K,EF
1’
CCB
IB
U0
rB
CBE
(Signalmasse)
β IB
ω T -j ωτβ
e
jω
ωT
~
~ jω (1- jωτβ )
β =
Abb. 6.11: Kapazitiv belasteter Emitterfolger in Gegenwart einer endlichen Induktivität am Kollektoranschluß und ohmsch-kapazitiver Ansteuerung der Basis. Y (jω) ist eine “Test-Admittanz”, wie sie bereits aus vorangegangen
Kapiteln bekannt ist (Abb. 6.1). Das den analytischen Berechnungen zugrundeliegende vereinfachte Kleinsignal-Ersatzschaltbild des Transistors
ist unten, rechts dargestellt (näheres hierzu zum Beispiel in [59]).
ist der kapazitiv belastete Emitterfolger. Während die Problematik für den Idealfall einer perfekten Signalmasse am Kollektoranschluß des Transistors vielfach
theoretisch beschrieben wurde (zum Beispiel [90, 113]), steht eine zufriedenstellende analytische Behandlung im Fall endlicher Kollektor-Serieninduktivität nach
Kenntnis des Autors noch aus. Andererseits wurde jedoch durch Untersuchungen
in [114] gerade hierin die Ursache einer meßtechnisch beobachteten Oszillation des
20 Gbit/s-Modulatortreibers vermutet, eine Vermutung, die sich im Anschluß eines Neu-Entwurfs (nur) der Metallisierungs- und Via-Masken dieses Chips voll
bestätigt hat [31]14 . Im folgenden soll daher diese “Verständnislücke” geschlossen werden, indem eine analytische Beschreibung des Einflusses einer KollektorSerieninduktivität auf die Stabilität einer Emitterfolgerstufe abgeleitet wird. Im
Vordergrund steht dabei das qualitative Verständnis der Zusammenhänge, wie sie
sich bereits bei einer einzelnen Emitterfolgerstufe beobachten lassen. Natürlich ist
die Realität — und dies wird Kap. 6.2.1 noch zeigen — um einiges komplizierter
und eine mathematisch exakte, quantitative Beschreibung mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. Dies ist aber nach Meinung des Autors auch nicht das Ziel
14
Diese Thematik wird in Kap. 6.2.2 detailliert betrachtet.
132
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
des Schaltungsentwicklers. Vielmehr benötigt dieser die qualitative Information
in welche Richtung ein von ihm beeinflußbarer Schaltungsparameter Auswirkung
auf die Stabilität seiner Schaltung hat. Die genaue Dimensionierung der Schaltung erfolgt schließlich anhand eines Schaltungssimulators.
Betrachtet werde die Abb. 6.11. Dargestellt ist ein mit der Kapazität
CL belasteter Emitterfolger, der über eine ohmsch-kapazitive Quellenimpedanz
(RSS1 = G−1
SS1 , CSS1 ) angesteuert wird. In Reihe zum Kollektoranschluß befinde
sich eine endliche Induktivität L. Der Index “SS1” deutet an, daß es sich beispielsweise um die zuvor anhand numerischer Simulationen behandelte StromSchnittstelle zwischen erster und zweiter Treiberzelle handeln kann (Abb. 6.1).
Natürlich ist die rein kapazitive Lastimpedanz eine erste Näherung, folgen doch
weitere Emitterfolger und die Ausgangsstufe. Für das prinzipielle Verständnis
der in [114] beobachteten Entdämpfung des Einschwingverhaltens der Schaltung
durch parasitäre Induktivitäten im Kollektorkreis der Emitterfolger, ist eine solche Näherung jedoch zulässig und zur Überschaubarkeit der Ergebnisse auch
zweckmäßig beziehungsweise nötig.
Wird das in Abb. 6.11 rechts unten dargestellte, vereinfachte KleinsignalErsatzschaltbild eines Bipolartransistors zugrunde gelegt, ergibt sich nach einigen
mathematischen Umformungen für die gewählte Test-Admittanz
2
3
pCCB · ωT CΣ + pCL + p CL CΣ (rB + ωT L) + p LCL CΣ
+GSS1 +pCSS1 ,
Y K,EF =
CL
2
2
(1 + p LCCB ) ωT CΣ + pCΣ 1 +
+ p rB CL CΣ
CBE
(6.3)
worin die komplexwertige Variable p die verallgemeinerte Frequenz (Gl. 6.2) be−1
−1
zeichnet und CΣ−1 = CBE
+ CCB
+ CL−1 eine kompaktere Notation erlaubt15 . Auch
der Einfluß der Zusatzlaufzeit τβ ([1]) der komplexen Stromverstärkung kann
durch die Substitution ωT → ωT − pωT τβ berücksichtigt werden.
An dieser Stelle bieten sich zweierlei Möglichkeiten für die weitere Verfahrensweise. Von einem netzwerktheoretischen Standpunkt aus wird man fragen:
“Wann genau wird das System instabil ?” Gewissermaßen umgekehrt
wird hingegen der Schaltungstechniker fragen: “Was ist zu tun, damit die
Schaltung sicher stabil ist ?”. Die netzwerktheoretische Fragestellung, d.h.
die Frage nach notwendigen und hinreichenden Bedingungen für Instabilität erfordert erheblichen mathematischen Aufwand, der nicht mit der zuvor formulierten
Zielsetzung einer prinzipiellen und anschaulichen Erklärung der Zusammenhänge
15
Gemäß ihrer Definition ist Y K,EF eine Systemfunktion. Ihre komplexen Nullstellen sind
die Wurzeln der die Stabilität bestimmenden charakteristischen Gleichung des Systems [101].
6.1 Potentielle Instabilität einzelner
Schaltungszellen und Transistorstufen
133
in Einklang zu bringen ist. Der interessierte Leser sei hier nur darauf hingewiesen,
daß die Nullstellen der Testadmittanz Gl. 6.3 offensichtlich gerade die Wurzeln des
charakteristischen Netzwerk-Polynoms sind. Mit dem aus der Regelungstechnik
bekannten Verfahren nach Cremer-Leonhard-Michailow [80] liegt Stabilität
dann, und genau dann vor, wenn die Nullstellen von Real- und Imaginärteil des
charakteristischen Polynoms auf der imaginären Frequenzachse alternieren. In
Form eines Ungleichungssystems könnte demnach eine eineindeutige analytische
Bedingung für Stabilität angegeben werden, die jedoch wenig überschaubar ist,
so daß darauf verzichtet wird. An dieser Stelle soll hingegen die schaltungstechnische Fragestellung, d.h. die hinreichende Bedingung für Stabilität betrachtet
werden. Dazu wird einmal mehr von der Feststellung Gebrauch gemacht, daß die
Vermeidung der notwendigen Bedingung für Instabilität (bereichsweise negativer Realteil von Y K,EF (jω)), gerade eine hinreichende Bedingung für Stabilität
darstellt. Für sichere Stabilität wird der Schaltungsentwickler demnach fordern:
<{Y K,EF } ≥ 0
(hinreichende Bedingung für Stabilität).
(6.4)
Wird die Test-Admittanz Gl. 6.3 auf der imaginären Frequenzachse p = jω
ausgewertet und deren Realteil separiert, so ergibt sich nach einigen mathematischen Umformungen aus Gl. 6.4 die Ungleichung
ωωT LCL
GSS1 ≥
1
ωCCB
CL
ωT
CL
2
1+
−ωT τβ −
−ωrB CL ω LCL (1−ωT τβ ) −
CBE
ω
CCB
"
#
2
ω
2
C
T
L
− ωT τβ
1 − ω 2 LCCB
− ωrB CL + 1 +
ω
CBE
wo ω < √
1
.
LCL
(Eine hinreichende Bedingung für die Stabilität eines kapazitiv belasteten
Emitterfolgers mit endlicher Serieninduktivität am Kollektor in Gegenwart einer ohmsch-kapazitiven Ansteuerung.)
(6.5)
Dabei wurde von der gut erfüllten Näherung für die Stromverstärkung
ω
· e−jωτβ
jω
ω
1
1
2
3
≈
· 1 − j(ωτβ ) − (ωτβ ) − j(ωτβ ) + ...
jω
2
6
ω
≈
· [1 − j(ωτβ )]
jω
π
mit ωτβ = 2πf · (P T F − P QF ) ·T F ·
|
{z
}
180◦
◦
typ. : 18
(6.6)
134
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
√
Gebrauch gemacht16 . Für den in der Regel nicht eintretenden Fall ω > 1/ LCCB
ist der Beziehungsoperator in Gl. 6.5 umzudrehen.
An dieser Stelle sei kurz rekapituliert: Ziel der Betrachtungen ist eine prinzipielle, analytische Bestätigung der in [114] beobachteten Entdämpfung des Einschwingverhaltens durch parasitäre Induktivitäten in Reihe zum Kollektoranschluß von Emitterfolgerstufen. Nun beinhaltet Gleichung 6.5 aber gerade die
Antwort auf die vom Schaltungsentwickler gestellte Frage wie sichere Stabilität
garantiert werden kann. Hierzu ist offensichtlich GSS1 ausreichend groß zu wählen.
Es stellt sich also die Frage, in welcher Richtung der Wert der Serieninduktivität
die Bedingung Gl. 6.5 beeinflußt. Entsprechend den Beobachtungen in [114] ist zu
vermuten, daß der für hinreichende Stabilität notwendige Leitwert GSS1 zunimmt,
so daß bei konstant vorgegebenem GSS1 mit zunehmender Induktivität L, der Realteil der Test-Admittanz Y K,EF in immer größer werdenden Frequenzbereichen
immer stärker negativ wird.
Zur Klärung dieser Frage wird Gl. 6.5 partiell nach L differenziert. Nach
einigen Umstellungen erhält man schließlich
CL
CL
1+
− ωτβ · ωrB CL · ωT
∂GSS1
CBE
CCB
"
=
2 #
2
∂L
2
1
ω
C
T
L
ω2 ·
−L
− ωrB CL + 1 +
− ωτβ
ω 2 CCB
ω
CBE
s
1 + CL /CBE
> 0, für ω <
.
(6.7)
τβ · rB CL
Die im Nenner auftretenden Faktoren sind immer positiv. Dies gilt aber auch für
den Zähler, da die angegebene Schranke für ω in praktischen Fällen erfüllt ist17 .
Damit ist die obige Vermutung bestätigt: Offensichtlich nimmt der der hinreichenden Stabilitätsbedingung Gl. 6.5 genügende Leitwert GSS1 mit zunehmenden
Wert der Serieninduktivität L ebenfalls zu.
Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei nochmals betont, daß es sich um ein
hinreichendes Kriterium handelt. Es kann daher der Realteil von Y K,EF bereichsweise negativ und dennoch das System stabil sein. Solche “netzwerktheoretischen
Fälle” wird der Schaltungsentwickler jedoch möglichst vermeiden, genügt doch
eine kleine Toleranz von Schaltungsparametern, um diese Situation (über den
veränderten Imaginärteil) zu kippen.
16
Für eine detaillierte Erläuterung des theoretischen Hintergrundes der beiden Zusatzphasen P T F und P QF muß auf [1] verwiesen werden. TF ist ein Modellierungsparameter der
Transitzeit im SPICE-Gummel-Poon-Modell des Bipolartransistors.
17
Bei Vernachlässigung der Zusatzlaufzeit der Stromverstärkung, entsprechend τβ = 0, folgt
∂GSS1
> 0 ohne Einschränkung der Frequenz.
∂L
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
6.2
Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
6.2.1
Modellierung parasitärer Elemente und Effekte des
Strukturentwurfs
6.2.1.1
Vorbemerkungen
Von entscheidender Bedeutung beim Entwurf schneller Treiberschaltungen ist die
Modellierung der mit dem Strukturentwurf (Layout) verbundenen parasitären
Effekte. Richtige Antworten kann aber nur der bekommen, der auch die richtigen Fragen stellt. Das Problem liegt hierbei weniger in der Ermittlung der
Parameter eines gewählten Modellansatzes, sondern in der Wahl des Ansatzes
selbst. Zu jedem Modell gehört ein Gültigkeitsbereich der dessen Verwendung
einschränkt. Für den Schaltungsentwickler ist es wichtig diese Beschränkungen
zu kennen, denn nicht modellierte parasitäre Effekte können natürlich in der Simulation auch nicht zu Tage treten, die Funktion des Chips in der Praxis später
aber empfindlich stören. Mit der fortschreitenden Entwicklung in Richtung immer
höherer Betriebsfrequenzen bei gleichzeitiger Miniaturisierung muß der Entwickler integrierter Schaltungen neue Wege gehen und den Halbleiterchip als verteilte
Schaltungszellen, eingebettet zwischen elektrischen Verbindungselementen (Metallisierung), begreifen.
Die im Halbleiterchip von Hochgeschwindigkeitsschaltungen auftretenden
parasitären Effekte sind im wesentlichen zweierlei Natur. Zum einen kann die
Verdrahtungsmetallisierung bei hohen Frequenzen nicht länger als RC-Leitung,
also mit den Elmore’schen Verzögerungs -und Anstiegszeiten ([115]) charakterisiert werden18 . Mit der jetzt zu berücksichtigenden Leitungsinduktivität tritt
an die Stelle der Diffusion (RC-Leitung) die Wellenausbreitung (RLC-Leitung)
[116]. Speziell bei Treiberschaltungen, in denen hohe Geschwindigkeit und hohe Schaltströme zusammentreffen, müssen darüberhinaus auch die parasitären
Induktivitäten der Metallisierung von Masse- und Versorgungsspannung(en) (typisch im Bereich zwischen 5 und 100 pH ) berücksichtigt werden19 .
Der zweite wesentliche parasitäre Effekt in integrierten Schaltungen resultiert
aus dem Halbleitersubstrat. Verglichen mit dem Einfluß der parasitären Elemente
18
Diese für Entwickler von Rechenprozessoren relativ neue Situation könnte möglicherweise
zu einer Verzögerung in der Entwicklung von Prozessoren mit Taktraten deutlich über 1 GHz
führen.
19
Offensichtlich gilt dies prinzipiell für alle Hochgeschwindigkeitsschaltungen. In Treiberstufen tritt diese Problematik aufgrund der drastisch höheren Stromspitzen jedoch bereits bei
wesentlich kleineren Datenraten als bei anderen Schaltungen auf.
135
136
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
der Verdrahtungsmetallisierung spielen Substrateffekte, zumindest bei den im
Rahmen dieser Arbeit realisierten Treiberschaltungen, eine eher untergeordnete
Rolle. Dies gilt aber nicht grundsätzlich und daher wird der letzte Teilabschnitt
des Kapitels auf diesen Punkt zurückkommen.
6.2.1.2
Signalleitungen
Genau genommen sind Signalleitungen keine parasitären Elemente des Strukturentwurfs, da sie bewußt in die Schaltung eingefügt werden, sei es zur thermischen
Entflechtung oder um die durch den Chiprahmen (Bondpadreihen) bestimmten
Abmessungen aufzufüllen. Wenn der Leser sie dennoch an dieser Stelle behandelt
findet, dann deswegen, weil die zunächst zu klärende Frage nicht lautet: “Welche
Parameter hat die Leitung ?” sondern: “Verhält sich diese Geometrie wie eine
Leitung ?” Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei vorweggenommen, daß die
Leitungstheorie natürlich auch für Leitungen auf Halbleiterchips gilt. Sie muß
nur richtig interpretiert werden, um zu geeigneten Modellen zu gelangen.
Anders als bei III-V-Verbindungshalbleiter (z.B. GaAs), stellt das Siliziumsubstrat ein verlustbehaftetes Dielektrikum dar. Es eignet sich daher nur bedingt als Rückleiter für Signalleitungen, zumal je nach Frequenz und spezifischer
Leitfähigkeit neben der (gewünschten) dielektrischen Mode, noch die sogenannte “Slow-Wave-Mode” und die “Skin-Effect-Mode” auftreten [54, 55]. Vermeiden
läßt sich diese Problematik, wenn verschiedene Metallisierungsebenen und die
dazwischen liegenden Siliziumdioxidschichten zur Realisierung von Streifenleitungen benutzt werden. Einige Beispiele für Einzel- und differentielle Leitungen zeigt
Abb. 6.12. Zur unterstützten koplanaren Leitung sei noch angemerkt, daß diese
nicht der im Bereich der III-V-Verbindungshalbleiter sehr häufig anzutreffenden
Koplanarleitung vergleichbar ist. Die Querschnittsproportionen in Abb. 6.12 sind
etwa maßstäblich und typisch für Si-Bipolartechnologien. Es ist einsichtig, daß
dieser Typ nur bei Minimalabständen etwas andere Parameter als die darüber
dargestellte differentielle Mikrostreifenleitung aufweist.
Streifenleitungen sind in der Hochfrequenztechnik von großer praktischer
Bedeutung. Dementsprechend existiert eine Fülle theoretischer, teilweise empirischer Betrachtungen von Streifenleitungen [117]. Mit dem Aufkommen immer
leistungsfähigerer Rechner sind die klassischen Leitungstabellen und -diagramme
nach und nach durch zahlreiche, auf Funktionalapproximation basierende Formeln, abgelöst worden [118]. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine
Programmbibliothek (Lines) entwickelt, die anhand von Formeln aus verschiedensten solcher Quellen die Berechnung von Kapazitäten, Induktivitäten und
Leitungsersatzschaltbilder für unterschiedlichste Geometrien ermöglicht [57]. Die
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
S
Freiluftleitung
bzw. -induktivität
Mikrostreifenleitung
L
Symmetrische Mikrostreifenleitung
G
S
G
L
G
S
C
2
S
C
2
G
Gekoppelte Mikrostreifenleitung
S1
S2
G
∆ : Gegentaktgrößen
Σ : Gleichtaktgrößen
Gekoppelte unterstützte Koplanarleitung
G
S1
S2
G
G
L -L
k= Σ ∆
L Σ+L ∆
CΣ
2
Lk
CΣ
2
S1
Ck
2
k
Ck
2
CΣ
2
Lk
CΣ
2
S2
Lk =
L Σ -L ∆
2
Ck =
G
C∆ -C Σ
2
Abb. 6.12: Beispiele für Streifenleitungsgeometrien in in Si-Bipolarschaltungen. Zwischen den drei angenommenen Metallebenen befinden sich Schichten mit
Siliziumdioxid. Die rechte Seite zeigt zugehörige Ersatzschaltbilder. Deren Parameter können mit dem Programm Lines [57] berechnet werden.
Verluste wurden der besseren Überschaubarkeit wegen vernachlässigt.
Leitungsparameter aller in Abb. 6.12 dargestellten (und weiterer) Geometrien
können mit dem Programm Lines berechnet werden. Für einzelne Typen sind
darüberhinaus auch frequenzabhängige Betrachtungen, wie Dispersion (frequenzabhängige Phasengeschwindigkeit), “Skineffekt” und “Proximityeffekt” aufgenommen worden.
Während die in Abb. 6.12 aufgeführten Ersatzschaltbilder aus der Hochfrequenztechnik weithin bekannt sind, werden die Voraussetzungen, die ihnen
zugrunde liegen, meist vergessen. Betrachtet werde hierzu die in Abb. 6.13 dargestellte Ansteuerung einer Last Z L über eine Leitung. Ist die Leitung elektrisch
137
138
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
kurz20 und können ihre Verluste vernachlässigt werden, so wird sie üblicherweise
in Form des in Abb. 6.13 umrahmten einfachen π-Ersatzschaltbildes modelliert.
Für die interessierende
ZG
"Hinleiter"L
Lastspannung uL ist die Aufteilung
der
GesamtinduktiC
C
uG
uL
ZL
2
2
vität (L) auf den Hin- und
"Rückleiter"
Rückleiterzweig
offensichtlich
gleichgültig, solange die Summeninduktivität stimmt. Dieser Abb. 6.13: Ansteuerung einer Last Z L über eine elektrisch kurze Leitung mit verUmstand hat dazu geführt, daß
nachlässigbaren Verlusten.
die gesamte Induktivität üblicherweise dem oberen, dann zudem fälschlich als “Hinleiter” bezeichneten Zweig
zugewiesen wird (Abb. 6.13). Aber auch eine Trennung in Einzelkomponenten,
die dem Hin- respektive Rückleiter zugeordnet werden, enthält als Voraussetzung
noch die Erfüllung der Torbedingung an den Leitungsenden: In ein Tor hineinfließender Strom und aus dem Tor herausfließender Strom müssen gleich sein.
Diese zunächst trivial anmutende Feststellung hat weitreichende Konsequenzen
für den Entwickler integrierter Silizium-Schaltungen.
Durchkontaktierung
(Massekontakt)
Bonddraht (Al)
Lot
Bondfleck
Au,Cu
GND
Leitungen
GND
Silizium-Chip
externe
Masse
Messing-Klotz (Substratträger)
Epoxy-Kleber
(isolierend)
Abb. 6.14:
Zur Diskontinuität der Wellenleitung
beim Übergang auf den Halbleiterchip.
Mikrowellensubstrat mit versenkt eingebautem Silizium-Chip. Dargestellt
ist die Schnittstelle zwischen den externen Mikrostreifenleitungen und den am
Eingang des Chips befindlichen Mikrostreifenleitungen.
Wie zuvor erörtert, kann das Si-Substrat nicht als Dielektrikum verwendet
werden. Während bei III-V-Halbleiter-Schaltungen über die Rückseitenmetallisierung (Entwurf mit Mikrostreifenleitungen) oder durch Bondverbindung der an
der Oberfläche befindlichen Massen von Mikrowellensubstrat und Chip (Entwurf
mit Koplanarleitungen) der externe Rückleiter (Masse) in einfachster Weise in den
20
Hierzu müssen die Abmessungen der Leitung kleiner als ein Zehntel der Wellenlänge sein.
Mit einer effektiven relativen Dielektrizitätszahl ([57]) r ≈ 3,3 gilt für eine Frequenz von
50 GHz : lLT G < λ/10 = 330 µm. Damit sind alle Leitungen in den in dieser Arbeit entwickelten
Treiberschaltungen “elektrisch kurz”.
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
Chip hinein verlängert wird, ist entsprechendes in (heutigen) Siliziumtechnologien nicht möglich: Koplanarleitungen sind aus den oben beschriebenen Gründen
problematisch und Mikrostreifenleitungen müssen aus denselben Gründen für den
Rückleiter auf eine der Metallisierungsebenen der Technologie zurückgreifen. Als
Folge gelangt die externe “Leitungs”-Masse (Rückleiter), ausgehend vom Endpunkt der Streifenleitungen auf dem Mikrowellensubstrat über Durchkontaktierungen zunächst von der Unter- auf die Oberseite des Substrates, über Bondrähte
auf den Chip und erst dann über die Metallisierung zu den Leitungen (Abb.6.14).
Zwei Fragen stellen sich angesichts dieser Situation:
✗ “Gelten die in Abb. 6.12 dargestellten Leitungsmodelle weiterhin ? ” und
✗ “Wie kann/muß die verteilte Metallisierung der Masse (und Versorgungsspannung) auf dem Halbleiterchip modelliert werden ?”
Wie sich im anschließenden Kapitel zeigen wird, sind die beiden Fragen eng miteinander verknüpft und können nur wechselseitig beantwortet werden, wenn die
erste Frage auch als Frage nach der Qualität der Signalübertragung über diese
Leitungen verstanden wird.
Selbstverständlich gelten die Maxwell’schen Gleichungen auch auf dem Chip
und so sind die Geometrien in Abb. 6.12 ohne jeden Zweifel Wellenleiter im Sinne der Hochfrequenztechnik. Die erste Frage kann vom Standpunkt des Hochfrequenztechnikers daher prinzipiell bejaht werden. Wo der Hochfrequenztechniker
jedoch Tore definiert, an denen Wellen ein- und auskoppeln, muß der Entwickler
integrierter Schaltungen sich zunächst fragen, wie er sein Nutzsignal an dieses
Leitungstor bekommt, beziehungsweise welches Signal dort anliegt. Es stellt sich
daher weniger die Frage nach den Parametern von Leitungen auf dem Chip.
Diese sind prinzipiell nicht anders zu ermitteln als für Leitungen auf dem Mikrowellensubstrat. Der Unterschied liegt in der Einbettung der Rückleiter in den
Strukturentwurf der Gesamtschaltung. Der elektrischen Modellierung der verteilten Metallisierung von Masse- und Versorgungsspannungszuführung auf dem
Chip kommt daher eine fundamentale Bedeutung zu.
6.2.1.3
Verteilte Metallisierung der Masse- und Versorgungsspannungszuführung auf dem Halbleiterchip
Der vorangehende Teilabschnitt schloß mit der Feststellung, daß Leitungsstrukturen, der Art wie in Abb. 6.12 angegeben, grundsätzlich Wellenleiter im hochfrequenztechnischen Sinne sind, denen in der üblichen Weise Ein- und AusgangsWellentor zugeordnet werden können. Die Leitungstheorie ist somit weiterhin
139
140
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
gültig. Stellt der Schaltungstechniker aber die Frage nach dem Einfluß dieser
Leitungen, so muß er sich fragen...
... wie sein Nutzsignal an das eingangsseitige Wellentor der Leitung gelangt.
... wohin das leitungsgeführte Signal das ausgangsseitige Wellentor verläßt.
... welche parasitären Störsignale ebenfalls an die Wellentore gelangen oder
entlang der Leitung einkoppeln.
Zur Beantwortung dieser Fragen bedarf es einer Modellierung der aus dem
Strukturentwurf resultierenden, verteilten Metallisierungen als elektrische Verbindungselemente. Prinzipielle Ansätze hierzu zeigt Abb. 6.15:
Modellierung von Metallisierungen als elektrische Verbindungselemente
Prinzipielle Möglichkeiten
Unterteilen des Layouts in
Teilgeometrien mit bekannten
Lösungen (Modellen)
EM-Simulation für individuelle
Layoutgeometrie
aufwendig, kompl. Randbed.
zeitintensiv, keine Modelle
Full-wave EM-Simulation
Problem der geeigneten Partitionierung
Verifikation
PEEC
Partial
Element
Equiv.
Circuit
Lösen der Einzelgeometrien
Bibliothek
Zusammensetzen zur Gesamtlösung
Abb. 6.15: Modellierung der Metallisierung als elektrische Verbindungselemente [119].
Die genaueste Aussage resultiert aus einer Vollwellen-Simulation, die für praktische Fälle aber große Rechnerresourcen und Rechenzeit benötigt. Das Ergebnis
ist genau, aber in der Regel nicht wiederverwendbar. Deutlich reduzierte Anforderungen haben sogenannte 2,5d-Simulatoren. Ein Beispiel hierfür ist Sonnet ,
mit dem 3d-Strukturen mit planarer Geometrie berechnet werden können [120].
Ein anderer Ansatz ist die auf A.E. Ruehli zurückgehende, sogenannte
PEEC-Methode (Partial Element Equivalent Circuit) [121, 122, 123]. Recheneffiziente Vertreter solcher Simulatoren sind FastCap und FastHenry , die am
Massachusetts Institute of Technology entstanden sind [124, 125, 88]21 .
21
Im Gegensatz zu vielen anderen an Universitäten entstandenen Programmen, sind diese
weithin bekannt, weil sie von Anfang an jedermann als “open source” zugänglich gemacht
wurden. Gegenwärtige Studien dieser Gruppe beschäftigen sich mit effizienten quasistationären
Vollwellenlösern [126].
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
Die Grundidee bei diesen Programmen ist die Diskretisierung der Maxwell’schen
Gleichungen für infinitisemale Elemente und deren Integration mit recheneffizienten Algorithmen. In Rahmen dieser Arbeit wurde an verschiedenen Stellen von
FastHenry Gebrauch gemacht ([127]), einige Beispiele folgen weiter unten22 .
Die PEEC-Methode ist attraktiv, da sie Rechenaufwand und -zeit gegenüber
einer Vollwellensimulation drastisch reduziert und als Ergebnis direkt ein Ersatzschaltbild (wenn notwendig auch frequenzabhängig) vorliegt.
Der dritte Ansatz zur Modellierung der Metallisierung, ist eine “Teile und
herrsche”-Methode. Die Lösung erfolgt durch geeignete Partitionierung des Strukturentwurfs in Einzelgeometrien, die mit elementaren Formeln berechnet werden können. Attraktiv ist, daß so eine wiederverwendbare Bibliothek entstehen
kann23 . Nachteilig ist, daß die Partitionierung Erfahrung voraussetzt. Diese kann
aber durch Verifikation, beispielsweise mittels PEEC-Methoden, aufgebaut werden. Zur Illustration soll das in Abb. 6.14 angedeutete Mikrostreifenleitungspaar
am Eingang eines Chips mit FastHenry diskutiert werden. Es ist von besonderem Interesse, da es den Eingangsreflexionsfaktor beeinflußt. Als konkreter Fall
wird der 20 Gbit/s-Modulatortreiber betrachtet. (Für dessen Schaltplan, siehe
Abb. 3.2).
uI
0
I
u IN
IN
y
[µm]
100
160
-250
-200
Kontakt auf "Masse"
(unterste Metallebene)
-100
0
x
100
[µm]
200
250
Mikrostreifenleitungspaar
(oberste Metallebene)
Abb. 6.16: Draufsicht auf die Mikrostreifenleitungen am Eingang des 20 Gbit/sModulatortreibers (Abb. 3.2). Die Signalleiter in der obersten Metallebene
sind 160 µm lang, 4 µm breit und 0,8 µm dick. Die unterste Metallebene (“Rückleiter”) ist 0,6 µm dick. Die Dicke der Siliziumdioxidschicht
(εr ≈ 4) zwischen den beiden Lagen ist 2,5 µm.
22
23
Im Anhang findet der Leser ein Beispiel für die Berechnung kurzer, gekoppelter Bonddrähte.
Die Programmbibliothek Lines [57] ist beispielsweise ein Teil einer solchen Bibliothek.
141
142
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
Abb. 6.16 zeigt eine Draufsicht auf das mit FastHenry (dreidimensional)
diskretisierte Modell. Mit den in der Bildunterschrift gemachten Geometrieangaben überprüft man leicht (z.B. mit Lines ), daß der Wellenwiderstand dieser
Leitungen 50 Ω und die effektive Permittivität εef f = ε0 · 3,3 betragen. Mit einer
Länge von 160 µm entsprechen die Leitungsabmessungen bis zu einer Frequenz
von f ≈ 50 GHz weniger als einem Zwanzigstel der Wellenlänge, so daß keine
merkliche Retardation auftritt. Da zudem bei den interessierenden Frequenzen
um 10 GHz der Skineffekt noch wenig Einfluß hat (die Eindringtiefe beträgt
δ ≈ 0,85 µm), ist der Leitwert entlang der Strombahnen durch das Metall sehr
hoch. Dann kann aber der Maxwell’sche Verschiebungsstrom im Ampérschen Gesetz gegenüber dem ohmschen Leiterstrom vernachlässigt werden und man spricht
von magnetostatischen Verhältnissen [128], die Voraussetzung für die Einsetzbarkeit von FastHenry.
Die Leitungen werden durch die beiden amplitudengleichen Spannungen uI
und uIN mit einer Frequenz von 10 GHz , also mit der Frequenz einer 1010-Folge
der Datenrate 20 Gbit/s, angesteuert. Neben der Ansteuerung mit Gegentaktsignalen (uI = −uIN ) wird auch die Gleichtaktansteuerung (uI = uIN ) betrachtet.
Wie in der Praxis, erfolgt dabei die Ansteuerung gegen die externe Masse, die
den Rückleiter der Streifenleiter auf dem Mikrowellensubstrat bildet. Bonddrahtinduktivitäten und die 50 Ω-Abschlußwiderstände am Ende der Signalleiter brauchen nicht berücksichtigt werden, da die relative Stromdichteverteilung und nicht
der absolut fließende Strom von Interesse ist. Die Pads können daher als Äquipotentialflächen modelliert werden. Die galvanischen Verbindungen der Signalleiter
auf die Masse-Ebene (50 Ω-Abschlußwiderstände) werden durch Flächenkontakte
(Vias) der beiden Ebenen am Ende der Leitungen modelliert.
Das Ergebnis der Simulation mit FastHenry zeigen die Abb. 6.17 für
Gegentakt und Abb. 6.18 für Gleichtakt. Dargestellt sind jeweils die Ortsverläufe
der — mit gleichem J0 — normierten Beträge der Stromdichte in der Abschirmung. Neben der topographischen Ansicht sind im jeweils unteren Teil der Abbildungen noch Konturdiagramme dargestellt, in denen mit Pfeilsymbolen die
Stromrichtung angedeutet ist. Die senkrecht auf der Ebene stehenden Pfeile deuten den Stromzufluß oder -abfluß aus den oder in die Signalleiter an (über Vias
von oberer auf untere Ebene). Das Ergebnis entspricht voll den theoretischen
Überlegungen im vorangehenden Kapitel, wonach sich Leitungsstrukturen auf
dem Chip prinzipiell nicht anders verhalten als auf einem Mikrowellensubstrat.
Der Unterschied liegt im Rückleitersystem und dessen Anbindung an das Bezugspotential des ansteuernden Signals. Im Fall der Eingangssignale ist dies die
externe Masse.
200
200
J
J0
100
100
x
[ µm
0
0
]
-100
-100
-200
-200
-250
-250
160
160
100
100
y
Abb. 6.17: Ortsverlauf des Betrages der normierten Stromdichte in der Massefläche (Rückleiter) für Gegentaktbetrieb
(uI = −uIN ). Oben: Topographische Ansicht. Unten: Konturdiagramm mit eingezeichneter Stromrichtung.
Die Diagramme sind das Ergebnis einer Simulation mit FastHenry bei einer Frequenz von 10 GHz .
250
0
250
0,5
1
m
[µ
]
0
0
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
143
200
200
J
J0
100
100
x
[ µm
0
0
]
-100
-100
-200
-200
-250
-250
160
160
100
100
y
Abb. 6.18: Ortsverlauf des Betrages der normierten Stromdichte in der Massefläche (Rückleiter) für Gleichtaktbetrieb
(uI = uIN ). Oben: Topographische Ansicht. Unten: Konturdiagramm mit eingezeichneter Stromrichtung. Die
Diagramme sind das Ergebnis einer Simulation mit FastHenry bei einer Frequenz von 10 GHz .
250
0
250
0,5
1
m
[µ
]
0
0
144
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
In beiden Signalmoden fließt der am Ende der Signalleiter in die Abschirmung eingespeiste Signalstrom zunächst unter dem Hinleiter bis zum Anfang der
Leitung. Im Gegentaktfall schließt dann ein Großteil des Stromes eine Schleife
mit dem komplementären Strom der anderen Seite, ein kleinerer Teil wandert
in einem schmalen Kanal zu den in den Ecken liegenden Masse-Bondflecken. Im
Gleichtaktfall fließt ein kleiner Stromanteil nicht unter dem Hinleiter sondern
direkt am Rand entlang zu den Masse-Bondflecken. Solche Ströme werden als
“eddie currents” bezeichnet. Sie kommen zustande durch das Bestreben des Systems seine elektromagnetische Energie zu minimieren. Bei tiefsten Frequenzen,
bei denen magnetische Energie keine Rolle spielt, ist die optimale Stromverteilung die mit dem geringsten effektiven Widerstand und der Strom fächert sich
über die gesamte Abschirmung auf. Entsprechende Untersuchungen zeigen, daß
dieser Effekt bei einer Frequenz von 100 MHz noch merklich beobachtet werden
kann. Bereits bei einer Frequenz von 1 GHz entspricht die Stromdichteverteilung
jedoch dem in den Abbildungen gezeigten Fall bei 10 GHz [127].
Die Stromverteilung zeigt, daß
I
IN
sich das Leitersystem bezüglich
den, jeweils aus Signalleiteranfang
und dem lotrecht darunterliegen50 Ω
50 Ω
den “Knoten” der Abschirmung
gebildeten Toren, wie eine MikroMasse-Bondflecken
streifenleitung verhält. In der Tat
zeigen mit FastHenry sowie über
Abb. 6.19:
Formeln mit Lines (Streifenleitung)
Modellierung des Chip-Eingangs. Die Leiberechnete Schleifeninduktivität an
tungssymbole bezeichnen die “Nutzleitundiesen (virtuellen) Toren eine gute gen” mit 50 Ω-Wellenwiderstand. Die paÜbereinstimmung (L ≈ 62 pH ). rasitären Induktivitäten liegen typisch zwiVon diesen Toren der beiden Lei- schen 75 und 100 pH .
tungen ausgehend fließt ein Strom
zwischen den beiden Toren (Gegentakt) sowie zu den Masse-Bondflecken (v.a.
Gleichtakt). Diese Induktivitätsanteile können anhand einer mittleren Breite
des Stromkanals als Freiluft-Induktivität mit Lines abgeschätzt werden und
man erhält das in Abb. 6.19 dargestellte Modell. Es liegt auf der Hand, daß die
parasitären Zusatzinduktivitäten eine gewisse Frequenzabhängigkeit aufweisen,
bis die Breite des zugehörigen Stromkanals zu höheren Frequenzen hin ein etwa
konstant bleibendes Minimum erreicht. FastHenry bietet allerdings auch die
Möglichkeit aus einer Zustandsraum-Darstellung [80] ein frequenzabhängiges,
direkt als SPICE-Modell ausgegebenes Ersatzmodell abzuleiten [129]. Auf diese
Weise können Proximity- und Skineffekt berücksichtigt werden [128].
145
146
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
An dieser Stelle sei kurz rekapituliert: Leitungsstrukturen auf dem Chip verhalten sich bezüglich ihrer ein- und ausgangsseitigen Wellentore nicht anders als
auf Mikrowellensubstraten. Im gewählten Beispiel fallen die Signalsenken in Form
der 50 Ω-Abschlußwiderstände mit den ausgangsseitigen Wellentoren der Streifenleitungen zusammen, so daß der Rückstrom in beiden Signalmoden überwiegend
unter dem Hinleiter verläuft. Am eigangsseitigen Wellentor weist das Rückleitersystem jedoch eine Diskontinuität auf, verursacht durch die parasitäre Bahninduktivität zu den Bondflecken der Masse, ebenso natürlich durch die Bonddrähte.
Für die (dominanten) Gegentaktsignalanteile, bildet sich in der Rückleiterebene
zwischen den Signalleitern eine Signalmasse aus, welche die Diskontinuität für
diese Signalmode deutlich reduziert.
Das gerade betrachtete Beispiel zeigt wie auf dem Siliziumhalbleiter ein
“wohl definiertes Signalleiterverhalten”24 erreicht werden kann. Hierzu sollte . . .
... die eine Leitung abschließende Impedanz direkt an den lotrecht unter dem
Signalleiterende liegenden “Anfangspunkt” des Rückleiters geführt werden.
... ein Vorteil des Differenzbetriebes, die Ausbildung einer Signalmasse, genutzt werden.
So einfach und einsichtig diese Ratschläge
erscheinen, so schwer ist deren Umsetzung auf dem Halbleiterchip. Eine definierte Abschlußimpedanz kann meist nicht angegeben werden, da praktisch alle Kompo1
2
nenten integrierter Schaltungen nicht nur
Abb. 6.20: Wellenleiter mit “floatenzwei Klemmen, sondern eine Vielzahl von
der” Abschirmung.
Signalwegen aufweisen. Die Geometrie einer Streifenleitung ist schnell realisiert. Solange jedoch nicht klar ist, welcher
Strom im Rückleiter (“Abschirmung”) fließt, gibt es nicht “Signal-Hinleiter”und
“Signal-Rückleiter”, sondern zwei gleichberechtigte Signalleiter.
Oft ist in integrierten Schaltungen die galvanische Verbindung zwischen Hinund Rückleiter(system) eines Wellenleiters nicht genau bekannt oder so hochohmig, daß der “galvanische” Rückstromanteil nur einen Bruchteil des im Hinleiter
fließenden Stromes beträgt. Das Rückleitersystem verhält sich dann bezüglich
der Signal-Hinleiter als eine “floatende” Metallebene (Abb. 6.20). Aufgrund der
hohen Leitfähigkeit wirkt die Metallfläche als Reflektor, in dem “Bildströme”
induziert werden, die ihrer Ursache — dem magnetischen Fluß — entgegenwirken und so die im Signalleiter wirksame effektive Induktivität gegenüber dem
“Freiluft”-Leiter (Abb. 6.12) deutlich verringern [130, 131].
?
1’
24
2’
“Dies sei hier als möglichst getreue Übertragung des ansteuernden Signals an das Leitungsende verstanden. In diesem Kontext sind die über den parasitären Metallisierungsinduktivitäten
und an den Massebonddrähten abfallenden Spannungen Störungen, die sich am Eingangstor der
Leitung dem Nutzsignal überlagern (“ground lift”).
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
Gleichtakt
Gegentakt
a=100 µm
1
147
1
200
0
-100
200
0
-100
100
y [
µm
]
J
J0
0
100
0
100 0
100
x
Gleichtakt
Gegentakt
[µm
]
1
1
200
200
0
-100
0
-100
100
100
0
0
a=10 µm
100
100
Abb. 6.21: Differentielle Mikrostreifenleitung über “floatender” Metallebene (vgl.
Abb 6.20). Topographische Ansicht des Betrages der normierten Stromdichte in der abschirmenden Metallfläche. Querschnittsgeometrie und Simulationsbedingungen entsprechen denjenigen der Abb. 6.16.
Es stellt sich die Frage wie gut dies funktioniert und wie diese Situation mit
vertretbarem Aufwand näherungsweise modelliert werden kann. Betrachtet wird
hierzu die Anordnung der Abb 6.20. Für zwei verschiedene Abstände der Signalleiter in der oberen Metallebene zeigt Abb. 6.21 (mit gleicher Referenz) normierte
148
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
Stromdichteverläufe in der nicht angeschlossenen unteren Metallfläche. Wie erwartet induziert der Stromfluß in den Signalleitern entgegengesetzt gerichtete
“Bildströme” in der Metallfläche. Für Gegentaktansteuerung bilden sich, besonders im Fall des kleinen Signalleiterabstandes (a = 10 µm), aber auch beim
großen Abstand (a = 100 µm), verkoppelnde Stromschleifen zwischen den beiden “Bild-Leitern” in der Metallebene. Selbst beim großen Abstand bildet nur
ein vernachlässigbarer Stromanteil nach außen gerichtete, in schmalsten Kanälen
entlang der Begrenzung der Fläche fließende sogenannte “eddie currents” aus.
Für die Gleichtaktmode sind diese letztgenannten Ströme hingegen ausschlaggebend. Bei Ansteuerung mit gleicher Signalspannungsamplitude halbiert sich
zunächst die Stromdichte unter den Signalleitern im Vergleich zur Gegentaktmode. Während zuvor der Fall mit kurzem Leiterabstand eine höhere Stromdichte
unter den Streifen aufwies, ist im Gleichtaktfall die Stromdichte beim großem
Abstand etwas höher. Verständlich werden die Zusammenhänge anhand der in
Abb. 6.21 (oben) mit Pfeilen angedeuteten Strombahnen.
Im Gegentaktfall bestimmt die Impedanz zwischen den Enden der beiden
“Bild-Leiter” die Höhe der Kreisströme in der Abschirmung. Je kleiner der Abstand, desto niederohmiger diese Impedanz und desto höher der “KurzschlußStrom” in der Abschirmung.
Für die Gleicktaktmode sind die “Bild-Leiter” nicht mehr Quelle und Senke,
sondern gleichphasige Quellen. Bei kleinem Abstand wird der Strompfad in der
Mitte zwischen den “Bild-Leitern” auf einen schmalen Kanal (sehr hochohmige Impedanz) verdrängt, der Großteil des Stromes schließt sich daher über den
weiten Weg der äußeren Stromschleife. Interessant ist in diesem Zusammenhang
der weite Wirkungsbereich der Gleichtaktmode. So sind die “Endeffekte” (Stromkanäle entlang der Flächenberandung) 100 µm von den “Bild-Leitern” entfernt
immer noch merklich, ein weiter Bereich des Strukturentwurfs bestimmt demnach
den über den Signalleitern auftretenden Gleichtakt-Spannungsabfall.
Gemäß der obigen Diskussion charakterisieren zwei Effekte das elektrische
Verhalten eines differentiellen Streifenleiterpaars mit gemeinsamer, jedoch galvanisch nicht angeschlossener Abschirmungs-Metallfläche:
• “Bild-Leiter” resultieren aus der starken magnetischen Verkopplung, die mit
dem geringen vertikalen Abstand der Metallisierungslagen einhergeht25 .
• Die Höhe der den “Bild-Leitern” zuzuordnenden Kurzschlußströme ist
abhängig von der Signalmode und dem Abstand der Leiter.
25
Zur besseren Vergleichbarkeit wurde dieselbe Querschnittsgeometrie wie in den Abb. 6.17
und 6.18 gewählt. Werden zwei direkt benachbarte Metallagen verwendet, nimmt die Kopplung
weiter zu. Zahlenbeispiele werden noch diskutiert.
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
?
1’
1
2’
1
2C
1
k
L1
2
1’
L1
ü2 k2
1
2C
1i
ü x
(1-k 2) L1
2
k L1
ü Ux
3
Ux
2
k L1
4’
2’
1
2C
1
2
L∆
1
2
L∆
4
1
2 LΣ2
3’
1
2
Gegentakt
(1-k 2) L1
ü 2 ( L∆ LΣ1 )
2’
1
2C
4’
1:ü
LΣ1
1’
L1
2
Lks
3’
3
L∆
LΣ1
1
2
4’
L∆
Gleichtakt
1
1
1
4C(ü
k
(1-k 2) L1
1
2C
k2L1
3’
4
ü:1
1
L2
1
2C
ix
1’
Lks
2
L2
1
2C
1
L2
1
2C
4
3
(1-k 2) L1
k2L1
2
1)
1’
1 (1
4C ü
2
1)
ü 2 ( L∆+ LΣ2 ) LΣ1
Abb. 6.22: Zur Modellierung gekoppelter Mikrostreifenleitungen über einer “floatenden” Metallebene.
Betrachtet man einen Signalleiter und dessen “Spiegelbild” in der unteren
Metallfläche als gekoppeltes Signalleiterpaar, erhält man das in Abb 6.22 (oben,
rechts) dargestellte Ersatzschaltbild mit gekoppelten Induktivitäten [119]. Die
beiden zu den “Bild-Leitern” in der Abschirmung gehörenden Induktivitäten
(L2 ) sind über ein den Kreisströmen zugeordnetes Netzwerk von “Kurzschluß”Induktivitäten (Lks ) galvanisch verbunden. Den Schaltungsentwickler interessiert
nun, in welchem Maße der Reflektor die Längsimpedanz über den Signalleiterstreifen (Tore 1-1’ und 2-2’) gegenüber deren hoher Freiluft-Induktivität zu reduzieren vermag. Verschiedene Wege mit (deutlich) unterschiedlichem Rechenaufwand führen zum gesuchten Ergebnis. Eine elegante, übersichtliche und zudem
149
150
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
gänzlich ohne Rechnung auskommende Methode ist die, aus der Netzwerktheorie
bekannte, äquivalente Darstellung gekoppelter Induktivitäten unter Verwendung
idealer Übertrager [101, 132]. Mit dem Übersetzungverhältnis
ü = k ·
r
L1
L2
(6.8)
gelangt man unmittelbar zu der Darstellung in der Mitte der Abb. 6.22. Anhand
der oben gefundenen Stromschleifen wird das Kurzschluß-Netzwerk aufgelöst.
Die mit L∆ bezeichneten Induktivitäten modellieren den zu den “Bild-Leitern”
orthogonalen, diese verkoppelnden Stromfluß, der für die Gegentaktmode (“∆Mode”) entscheidend ist. Für die Gleichtaktmode (“Σ-Mode”) sind zusätzlich
die mit Σ indizierten Induktivitäten wichtig. Dabei steht Σ1 stellvertretend für
die äußeren Stromschleifen und Σ2 für den (geringen) Stromanteil zwischen den
“Bild-Leitern”, der parallel zu diesen verläuft. Über die wohlbekannte Gleichtakt/Gegentaktzerlegung liest man am Tor 3-3’ oder genauso am Tor 4-4’, die beiden
Kurzschluß-Induktivitäten
L3−30 ,∆ = LΣ1 || L∆
und
L3−30 ,Σ = LΣ1 || (L∆ + LΣ2 )
(6.9)
für Gegen-, beziehungsweise Gleichtaktansteuerung ab. Mit den Transformationsregeln des idealen Übertragers können hieraus die am Tor 1-1’ (bzw. 2-2’) resultierenden Gegen- und Gleichtaktimpedanzen direkt angegeben werden (Abb. 6.22,
unten) [101, 132]. Dabei ergeben sich zwei spezielle Fälle:
• Für ü = 1 wirkt die Leitungskapazität C unabhängig von ihrer Größe und
der Frequenz als Leerlauf und hat damit keinerlei Einfluß auf die über den
Signalleitern abfallende Spannung.
• Für k=1 erhält man als Ersatzschaltung eine Parallelschaltung der Signalleiterinduktivität L1 , der mit dem Faktor L1 /L2 (≈ 1,poft) multiplizierten
effektiven Kurzschluß-Induktivität und der mit 1/4 · [ L2 /L1 − 1]2 (≈ 0,
falls L1 ≈ L2 ) multiplizierten Leitungskapazität.
Anhand eines Zahlenbeispiels soll nun gezeigt werden, wie der Schaltungsentwickler ohne zeitaufwendige Simulationen die Größen dieses Ersatzschaltbildes
näherungsweise ermitteln kann. Der Leser betrachte hierzu nochmals die allgemeine Darstellung in Abb. 6.22, oben und erinnere sich an deren physikalischen Hintergrund: Die Wellentore im hochfrequenztechnischen Sinne (Wellenleiter) sind
1’-3’ und 1-3, sowie 2’-4’ und 2-4. Bezüglich dieser Tore verhält sich die Anordnung als Mikrostreifenleitung, deren Parameter (L,C) beispielsweise mit den in
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
Lines [57] implementierten Formeln bestimmt werden können. Auch die Eigeninduktivitäten L1 und L2 können als “Freiluft”-Induktivitäten berechnet werden.
Im Fall von L2 ist die aus der Streifenleitungstheorie bekannte effektive Leitschichtbreite wef f einzusetzen [117]26 . Im Zusammenhang mit Abb. 6.13 wurde
bereits auf den häufig vergessenen Umstand hingewiesen, daß die Induktivität
(L = Lmicro ) in den “klassischen” π-Leitungsersatzschaltbilder eine Schleifeninduktivität und nicht die Induktivität des Hin- oder Rückleiters ist. Durch Umstellen der Gleichung für die Schleifeninduktivität
p
L = Lmicro = L1 −M12 +L2 −M21 = L1 +L2 −2M = L1 +L2 −2·k L1 L2 (6.10)
ergibt sich der gesuchte Kopplungsfaktor k.
Als ein Beispiel sei der untere Fall der Abb. 6.21 betrachtet. Für eine einzelne Mikrostreifenleitung erhält man mit Lines eine Induktivität Lmicro = 62 pH
und eine effektive Leitschichtbreite wef f = 4,6 µm. Die Eigeninduktivitäten bestimmen sich zu L1 = 197 pH und L2 = 193 pH . Eingesetzt in Gl.6.10 erhält
√
man den Koppelfaktor k = 0,84 und das Übersetzungverhältnis ü = 0,72.
Die effektive Kurzschluß-Induktivität für Gegentakt ergibt sich zu L∆ ||LΣ1 =
15,5 pH ||530 pH ≈ 15 pH , wobei aus dem simulierten Stromdichteverlauf eine
Stromkanalbreite von 1 µm bei einer Länge von 400 µm für LΣ1 und einer Länge
von 2 × 12 µm für L∆ zugrundegelegt wurde. Hieraus resultiert eine über den
Leiterstreifen wirksame Induktivität L = (1 − k 2 )L1 + (k 2 L1 ||ü2 (L∆ ||LΣ1 )) ≈
58 pH + 10 pH = 68 pH . Aus der Simulation mit FastHenry erhält man bezogen auf die Schaltungstore 1-1’ und 2-2’ zunächst L11 = L22 = 130 pH und
L12 = L21 = 66 pH . Die über dem Leiterstreifen wirksame Induktivität für
Gegentakt ergibt sich hieraus zu L = (130 − 66) pH = 64 pH in guter Übereinstimmung zur Rechnung. Der Zahlenwert selbst spiegelt wider, daß aufgrund der
starken Kopplung und der geringen Kurzschlußinduktivität die im Gegentaktfall
wirksame Ersatzinduktivität etwa dem Wert für die ideale Mikrostreifenleitung
entspricht (62 pH ).
Im Gleichtaktfall gilt (bei kleinem Leiterabstand) zunächst näherungsweise (L∆ + LΣ2 )||LΣ1 ≈ LΣ1 ≈ 530 pH . Für die wirksame Induktivität ergibt sich hieraus L = (1 − k 2 )L1 + k 2 L1 ||(ü2 LΣ1 ) ≈ 162 pH . Wie zu erwarten, ist hier die Übereinstimmung mit dem von FastHenry berechneten Wert
L = (130 + 66) pH = 196 pH aufgrund der wesentlich komplexeren Verhältnisse schlechter, jedoch in der richtigen Größenordnung. Interessanterweise ist dieser Wert etwa genauso hoch wie die “Freiluft”-Induktivität des Leiterstreifens.
Genauere Untersuchungen der Ursachen zeigen, daß die magnetische Verkopplung der Leiterstreifen und der “Bild-Leiterstreifen” untereinander nicht ganz
vernachlässigt werden kann [127], da im Beispiel deren Abstand (a = 10 µm) nur
26
wef f , und die “Freiluft”-Induktivitäten können ebenfalls mit Lines [57] berechnet werden.
151
152
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
viermal größer als der Abstand der beiden Metallisierungslagen ist. Durch diesen,
von Bonddrähten bekannten Effekt, kann die Gleichtaktinduktivität auch größer
als die Eigeninduktivität eines Leiters werden.
Auch der Fall mit merklichem Abstand der beiden Leitungen (a = 100 µm)
kann in analoger Weise abgeschätzt werden und es ergibt sich eine gute Übereinstimmung mit FastHenry . Die Kopplung zwischen den beiden Metallebenen
bleibt ebenso wie die Eigeninduktivitäten etwa gleich, die Verkopplung der
Signaltore 1-1’ und 2-2’ nimmt aber um ein Drittel ab. Dies ist nicht verwunderlich, resultiert doch die erhöhte Kurzschluß-Induktivität zwischen den
“Bild-Leiterstreifen” (vergrößerter Abstand) in einer Reduktion des GegentaktKreisstromes zugunsten der Gleichtakt-Kreisströme (Abb. 6.21).
Die beiden ersten auf S. 140 aufgeworfenen Fragen sind somit beantwortet: Zur optimalen Ein- und Auskopplung von Nutzsignalen in Leitungen auf
dem Halbleiterchip müssen die Wellentore der Leitungen mit den Toren von Signalquelle und -senke zusammenfallen. Jegliche Impedanz im Verbindungsweg
zwischen eingangseitigem Wellentor der Leitung und Signalquelle oder ausgangsseitigem Wellentor und Signalsenke resultiert sonst in einer Störung der Übertragung durch die daran abfallende Spannung (“ground lift voltage”). Während
im Gegentaktfall die Tore von Signalquelle und Signalsenke gegen die virtuelle
Masse definiert werden können, sind die beiden Tore für die Gleichtaktmode über
ein kompliziertes, nicht ohne Weiteres anzugebendes Netzwerk verbunden.
Bislang wurden im Rückleitersystem nur direkt mit dem Nutzsignal korrelierte Ströme betrachtet. Anders ausgedrückt wurde die verteilte Metallisierung
von Masse und Versorgungsspannung nur lokal, als Rückleiter von Nutzsignalleitungen betrachtet. Angesichts hoher Datenraten und den bei Treiberschaltungen
auftretenden hohen Stromspitzen müssen diese Metallisierungen selbst jedoch
auch als elektrische Verbindungselemente modelliert werden. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, muß das in Abb. 6.22 eingeführte Ersatzschaltbild mit
verkoppelten Induktivitäten verallgemeinert werden, indem es in das Netzwerk
der verteilt modellierten Metallisierungen von Masse und Versorgungsspannung
eingebettet wird. Ein Beispiel für das hieraus resultierende (vereinfachte) Netzwerk der parasitären Elemente der Metallisierung zeigt Abb. 6.23. Dargestellt
sind die Verhältnisse beim 20 Gbit/s-Modulatortreiber (vgl. Kap 6.2.2).
Die Vorgehensweise bei der Bestimmung der Ersatzschaltbildelemente (genau dieses Beispiels) wird detailliert in [114] diskutiert. Deren wichtigste Aspekte
sollen im folgenden zusammengefaßt werden. Den Startpunkt bildet die Partitionierung des Strukturentwurfs in unabhängige Teilbereiche, die mit bekannten
Formeln ([57, 114]) berechnet also modelliert werden können.
magnetische
Verkopplung
U0
U0
kapazitive
Kopplung
?
?
Masse
U0
?
IN
Abb. 6.23: Die Illusion der Masse in integrierten Schaltungen: Modellierung parasitärer Elemente der Masse- und Versorgungsspannungsmetallisierung auf
einem Halbleiterchip. Dargestellt sind die (vereinfachten) Verhältnisse beim
20 Gbit/s-Modulatortreiber (vgl. Kap 6.2.2). Oben rechts ist — am Beispiel
der Eingangsleitung — die Einbettung von “Signalleitungen” in das verteilte
Netzwerk gezeigt. Der Übersicht wegen wurde die lokale Verfeinerung des Gitters im Bereich der anderen Signalleitungen (Abb. 6.24) nicht eingezeichnet.
U0
Versorgungsspannung
I
GND
GND
50 Ω
IN
Streifenleitungen
50 Ω
I
GND
GND
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
153
154
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
Bereiche nicht überlappender Metallisierungsflächen werden als FreiluftInduktivitäten abgeschätzt. Überlappende Bereiche von Masse- und Versorgungsspannungsmetallisierung werden hingegen als “Leitung” (aufgrund häufig gleicher
Breitenabmessungen meist als Bandleitung [57]) berechnet und analog der oben
beschriebenen Vorgehensweise über den Weg der Schleifeninduktivität (Gl. 6.10)
durch ein Ersatzschaltbild mit gekoppelten Induktivitäten und Kapazitäten modelliert. Die Signalleitungen, beziehungsweise genauer deren Rückleiter, werden
schließlich in das so entstehende Netzwerk eingebettet. In Abb. 6.23 ist dies der
Übersichtlichkeit wegen nur für die Eingangsleitung dargestellt, analoges gilt jedoch auch für die anderen Leitungen (vgl. Abb. 6.26) . Gegenüber dem aus
Abb. 6.19 bekannten Ansatz mit einem reinen Wellenleiterbereich (Streifenleitung) und einer parasitären Bahninduktivität zum Endpunkt des Rückleiters
auf dem Mikrowellensubstrat, wird das Rückleitersystem der Eingangsleitung
auf dem Chip jetzt durch ein verfeinertes Netzwerk aus Induktivitäten modelliert. Zwar fließt der Signalstrom größtenteils unter dem Hinleiter zurück (vgl.
Abb. 6.17 und 6.18)27 und damit orthogonal zu einem zeitabhängigen Ausgleichsstrom zwischen linker und rechter Massemetallisierung, durch den dabei resultierenden Spannungsabfall können jedoch Störungen kapazitiv in die Signalleiter
einkoppeln oder direkt über die 50 Ω-Widerstände des Eingangsabschlusses (vgl.
Abb. 6.23, oben rechts).
Offensichtlich ist die Partitionierung des Strukturentwurfs ein entscheidender Punkt bei der Bestimmung von Ersatzschaltbildern für die Metallisierung. In
einem gewissen Sinne muß nämlich die Antwort angedacht sein, noch bevor die
Frage gestellt wird, setzt doch die Partitionierung die Identifikation unabhängiger Wirkungsbereiche voraus. Hierzu muß der Schaltungsentwickler zumindest ein
grobes Verständnis der Strombelegung in der Metallisierung haben. Es existiert in
diesem Bereich noch keine allgemeine Lösung, wenngleich in kommerziellen Entwicklungswerkzeugen die kapazitive Extraktion (“backannotation”) seit längerem
verfügbar ist. Die Berücksichtigung parasitärer Induktivitäten ist jedoch ungleich
komplizierter, nicht zuletzt auch wegen des großen Wirkungsbereiches28 . Elektromagnetische Simulatoren können helfen, einen Erfahrungschatz beziehungsweise
eine Bibliothek aufzubauen, mit dem Ziel, in vielen Fällen den nochmaligen zeitund rechenintensiven Einsatz von Simulatoren überflüssig zu machen.
Eine Vielzahl von Simulationen und Berechnungen wurden im Rahmen
der vorliegenden Arbeit zu diesem Thema gemacht [127]. So wurden für ein
27
Dies tritt genauso im Ersatzschaltbild auf, da bei höheren Frequenzen der Pfad direkt
unterhalb der Signalleiterstreifen durch die starke magnetische Verkopplung den geringsten
Impedanzbetrag aufweist.
28
Das Magnetfeld um einen Stromfaden nimmt nur reziprok mit dem Abstand zu diesem ab.
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
40 Gbit/s-Projekt [133] auch Mehrleitersysteme (zum Beispiel Paare von Differenzleitungen) untersucht. Auch die Frequenzabhängigkeit wurde mit reduzierten Zustandsraum-Modellen ([80]) — ermittelt mit FastHenry — berücksichtigt. Solche Modelle sind verhältnismäßig rechenintensiv und so beschäftigen sich
laufende Arbeiten mit einer einfachen aber hinreichend genauen empirischen Modellierung typischer Konfigurationen von Mikrostreifenleitungen auf Si-basierten
Halbleiterchips [134].
Längst sind noch nicht alle Antworten in diesem Bereich gefunden und wohl
viele Fragen noch nicht gestellt. Es ist absehbar, daß in naher Zukunft die Simulation elektromagnetischer Effekte auf der Chipebene enorme Bedeutung erlangen
wird. Eine “automatische”, in eine IC-Entwicklungsumgebung integrierte RLCExtraktion, dürfte allerdings wie im Fall der im folgenden Abschnitt aufgegriffenen Substratmodellierung noch länger auf sich warten lassen. Dies darf aber nach
Meinung des Autors auch nicht das Ziel des Schaltungsentwicklers sein. Genau
wie bei der Optimierung der Bauelemente müssen Leitungen und parasitäre Metallisierungsinduktivitäten frühzeitig als Optimierungsvariablen begriffen werden.
Ziel muß das Verständnis der Effekte sein und nicht ein blinder Automatismus.
Nur so kann die Zahl kostspieliger Iterationszyklen zwischen Schaltungs- und
Strukturentwurf minimiert werden.
6.2.1.4
Anmerkungen zur Substratmodellierung
Ein weiterer wesentlicher parasitärer Effekt in integrierten Schaltungen ist mit
dem Halbleitersubstrat verbunden, das die Bauelemente trägt. Man unterscheidet
zwischen einer Kopplungsproblematik und der Veränderung der Last an Schaltungsknoten [50, 51]. Die parasitäre Verkopplung ist besonders für empfindliche
Verstärker wichtig, da sie bei großen Verstärkungen leicht zu Instabilitäten führen
kann, wenn ein ausreichend großer Teil des verstärkten Signals über das Substrat
auf den Eingang zurückkoppelt [53].
In Treiberschaltungen wirkt sich die Veränderung der Last am Kollektorknoten von Transistoren aus. Aufgrund der niederohmigen Impedanzverhältnisse im
Inneren der Schaltung ist der Effekt praktisch ausschließlich auf den Ausgangskreis beschränkt. Im Zusammenhang mit der Diskussion des Anhebungsnetzwerks
wurde im Kap. 5.1.1 bereits darauf hingewiesen, daß für dessen quantitative Simulation auch der Substrateffekt berücksichtigt werden muß. Da die Substratkapazität aber nur einen Teil der gesamten Ausgangskapazität ausmacht (Gl. 3.2),
ist der Effekt im Fall einer Ansteuerung abgeschlossener Leitungen eher gering
und kann zudem durch Anpassung der Bondinduktivitäten wieder kompensiert
werden [60].
155
156
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
Eine andere Situation ergibt sich bei Ansteuerung von Modulatoren, deren
elektrische Eingangsimpedanz wesentliche Blindanteile aufweist. In diesem Fall
bestimmt auch der Reflexionsfaktor der Treiberstufe das am Modulator anliegende elektrische Signal (Doppelreflexion). Das Substrat stellt dann einen möglichen
Weg für eine Rückkopplung des vom Modulator reflektierten Signals in vordere
Schaltungsteile des Treibers dar. Dies ist der Grund, warum für den im Kap. 5.2.1
diskutierten EAM-Treiber von [99] ein aufwendiges Substratersatzschaltbild des
Ausgangskreises bestimmt wurde. In diesem konkreten Fall zeigt sich nur eine
geringe Beeinflussung der Signalqualität durch Substrateffekte, ein Ergebnis, das
aber nicht ohne weiteres verallgemeinert werden kann.
Schließlich ist bei der Modellierung der verteilten Metallisierung strenggenommen zu beachten, daß jeder Emitterfolger, in Form seiner KollektorSubstratkapazität und dem hierzu in Reihe liegenden Substrat, eine weitere Verkopplung von Masse und Versorgungsspannung bedeutet. Da letztere aber ohnehin (absichtlich) durch großflächig überlappende Metallbereiche auf dem Halbleiterchip für hohe Frequenzen “kurzgeschlossen” werden, zeigen entsprechende
Simulationen nur einen geringen Einfluß auf das Verhalten der Schaltung [114].
6.2.2
Fallbeispiel: 20 Gbit/s-Modulatortreiber
Mit den vorangehenden Teilabschnitten, welche die potentielle Instabilität einzelner Schaltungsstufen (Kap. 6.1) und die Modellierung parasitärer Elemente und Effekte des Strukturentwurfs (Kap. 6.2.1) zum Gegenstand haben,
sind die Grundlagen für das Verständnis der speziellen Stabilitätsproblematik
in schnellen Treiberschaltungen gelegt. Als ein typisches Fallbeispiel soll der
20 Gbit/s-Modulatortreiber betrachtet werden, anhand dessen in Kap. 3.2 bereits
grundsätzliche Gesichtspunkte der Transistoroptimierung diskutiert wurden.
Bei einem ersten Entwurf dieses Treibers wurden — auch aufgrund knapper
Zeitvorgaben bei der externen Erstellung des Strukturentwurfes — “Schwächen”
in der Verdrahtung von Masse- und Versorgungsspannung nicht rechtzeitig aufgedeckt29 . Bei der praktischen Vermessung der Schaltung traten hierdurch Stabilitätsprobleme auf, die deren Einsatz bei nomineller Datenrate (20 Gbit/s) auf
einen einphasigen Ausgangshub von 2 Vss (nominell 3 Vss ) beschränkten [23].
Im Bewußtsein dieser zunächst ungeklärten Problematik wurden bei der Modellierung des Strukturentwurfs eines 40 Gbit/s-EAM-Treibers (Kap. 5.3) gänzlich
neue Wege beschritten, deren Ergebnis die im vorangehenden Kapitel erörter29
Der Strukturentwurf dieser Treiberschaltung orientierte sich an früheren Entwürfen [11].
Daß bereits kleinste parasitäre Induktivitäten (z.B. 20 pH ) drastischen Einfluß auf die Stabilität
haben können, war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt.
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
te, detaillierte Modellierung auf dem Chip befindlicher Metallisierungen ist. So
mußte ein erster Strukturentwurf der Ausgangsstufe dieses EAM-Treibers verworfen werden, weil die Berücksichtigung kleinster Metallisierungsinduktivitäten
(10 . . . 30 pH ) deutliche Verschlechterung der Signalqualität zeigte [135]. Angesichts zwar halbierter Datenrate, jedoch fast dreimal so großem Ausgangsspannungshub lag die Vermutung nahe, daß die beim 20 Gbit/s-Modulatortreiber
beobachtete Stabilitätsproblematik auf parasitäre Metallisierungsinduktivitäten
der Masse- und Versorgungsspannung zurückzuführen sein könnte. Extensive Simulationen mit rigoroser und allgemeinster Berücksichtigung (Eigeninduktivität,
magnetische und kapazitive Kopplung) der kompletten Metallisierung konnten
diese Vermutung bestätigen [114]. In einem folgenden Prozeßdurchlauf mit lediglich modifizierten Metallisierungsmasken konnte die Stabilitätsproblematik,
in Übereinstimmung zur Simulation, vollständig beseitigt werden. Dem detaillierten meß- und simulationtechnischen Vergleich des ursprünglichen mit dem
modifizierten Treiberbaustein ist ein eigenes Kapitel (Kap. 8.2) gewidmet. Im
folgenden sollen an diesem Fallbeispiel typische Elemente des Strukturentwurfs
von Treiberschaltungen im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Stabilität
der Schaltung betrachtet werden [114].
Der reine Stromlaufplan des 20 Gbit/s-Modulatortreibers wurde bereits in
Abb. 3.2 dargestellt. Wird dieser um die Elemente der metallischen Verbindungstechnik ergänzt, so ergibt sich die schematische Darstellung nach Abb. 6.24. Darin
können drei funktionelle Komponenten der metallischen Verbindungstechnik auf
dem Chip unterschieden werden:
• Leitungen im Sinne von Wellenleitern sind durch Leitungssymbole angedeutet. Realisiert werden diese als Streifenleitungen unter Verwendung verschiedener Metallisierungslagen und dem dazwischenliegenden Siliziumdioxid als
Dielektrikum (vgl. Abb. 6.12). Aus den im vorangehenden Kapitel diskutierten
Gründen müssen solche Leitungen grundsätzlich im Kontext der Einbettung ihrer
“Rückleiter” in die verteilte Metallisierung der Masse- und Versorgungsspannung
betrachtet werden. Zwar wird aus verschiedenen Gründen [44] in Hochgeschwindigkeitsschaltungen die dargestellte differentielle E 2 CL-Schaltungstechnik bevorzugt, so daß vor allem der Gegentaktsignalmode (Nutzsignal) größte Wichtigkeit
zukommt. Es ist jedoch gefährlich, aus diesem Grund die Gleichtaktmode von
differentiellen Leitungen nicht zu modellieren, da auf diese Weise eine potentielle
Gleichtakt-Instabilität nicht erkannt werden kann. In diesem Zusammenhang sei
nochmals auf die Abb. 6.22 verwiesen. Man macht sich leicht klar, daß hier bei
Reduktion des Signalleiterabstands die effektive Signalleiterinduktivität für die
Gegentaktmode verbessert, für die Gleichtaktmode jedoch verschlechtert wird.
157
158
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
verteilte Metallisierung
der Masse auf dem Chip
lokale Verdrahtung
2. Zelle
1. Zelle
globale
Verdrahtung
Bonddrahtinduktivitäten
LGND
LGND
globale
Verdrahtung
Pegelabsenkung
EF5
EF2
EF4
R SS1
RI
u Id
L PN
LP
RQN
RQ
uQ
RL
R LN
L Q 50Ω
Q
EF6
EF3
I LI
U1= 0...2,8 V
LQN
QN
L IN
IN
1
2 I SS1
parasitäre
Verdrahtungsinduktivitäten
SS2
SS1
1
2 ISS1
IEF6
IEF6
1
2 ISS2
1
2 ISS2
verteilte Metallisierung der
negativen Betriebsspannung
des Chips
1
8 ISS1
U0 = -5 V
L U0
1
8 IEF6
1
8 ISS2
Streifenleitungen
Abb. 6.24: 20 Gbit/s-Modulatortreiber: Einbettung der Bauelemente in das Netzwerk
der metallischen Verbindungstechnik auf dem Chip. Kritische Leitungen
sind mit Ausrufezeichen, unkritische durch ein Häkchensymbol markiert.
Idealen Rückleiter und getrennt erfüllte Torbedingungen für beide Wellenleiter
vorausgesetzt, kann dieses Verhalten durch das wohlbekannte klassische Ersatzschaltbild nach Abb. 6.12 (unten rechts) beschrieben werden. Nur das Ersatzschaltbild nach Abb. 6.22 (oben rechts) kann jedoch den allgemeinen Fall eines
realen Rückleiters und a priori nicht garantierten Torbedingungen (beliebige Einströmungen in das Rückleitersystem) korrekt modellieren.
• Die zweite Komponente der Verbindungstechnik auf dem Chip, die verteilte Metallisierung von Masse- und Versorgungsspannung, ist in Abb. 6.24 nur
schematisch durch graue (Metall-)Flächen angedeutet. Das hier tatsächlich resultierende Netzwerk aus Induktivitäten, verkoppelten Induktivitäten30 und Kapazitäten wurde bereits in Abb. 6.23 dargestellt. Zwei Aufgaben, die Leistungszufuhr zu den Bauelementen und die bereits oben betonte Funktion als Rückleiter30
In der Regel ist hiermit die Verkopplung zwischen Masse und Versorgungsspannung oder
“Hin- und Rückleiter” in verschiedenen Metallisierungslagen gemeint. An Verzweigungen wird
teilweise auch die magnetische Eigenverkopplung in ein und derselben Metallisierungslage
berücksichtigt. Deren beobachteter Einfluß ist jedoch nur gering.
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
system der auf dem Chip befindlichen Wellenleiter, kommen diesem Netzwerk zu.
• Die dritte Komponente der metallischen Verbindungsstrukturen auf dem
Chip stellen schließlich die parasitären Leitungen dar. Sie seien hier als Leitungen
(oder besser: Leiter) verstanden, denen keine definierte Abschirmung, respektive
kein definierter “Rückleiter” zugeordnet werden kann, so daß sie im “schlimmsten
Fall” (größte Signalinduktivität) als Freiluft-Induktivität zu modellieren sind31 .
Aus der obigen Diskussion geht hervor, daß die korrekte Berücksichtigung
der mit der Verbindungsmetallisierung verbundenen parasitären Effekte aufwendig ist32 . Die verteilte Metallisierung muß als Ganzes simuliert werden, denn
eine “Idealisierung” an einer Stelle des verteilten Netzwerks hat in der Regel
nicht nur einen “lokalen Einfluß”, sondern verändert die Stromverteilung in einer
größeren, a priori nicht angebbaren Umgebung. Diese Interaktion einzelner parasitärer Elemente, erschwert eine Separation in Teileffekte. Aus den detaillierten
Untersuchungen in [114] und der Erfahrung des Autors mit anderen Treiberschaltungsentwürfen lassen sich dennoch einige grundsätzliche Empfehlungen für den
Strukturentwurf schneller Treiberschaltungen ableiten. Dies kann und soll keineswegs die sorgfältige Berücksichtigung des Strukturentwurfs in der Simulation
ersetzen, sondern durch Verständnis der grundlegenden Effekte helfen, die Zahl
der Iterationszyklen zu minimieren.
Als erstes werden die Streifenleitungen im Nutzsignalweg betrachtet. In
Abb. 6.24 sind diese durch Leitungssymbole angedeutet. Natürlich wäre die beste
Lösung die vollständige Vermeidung von wesentlichen Leitungslängen im Strukturentwurf. Dies ist aber aus zweierlei Gründen nicht möglich. Einerseits sind
die Chipabmessungen meist nicht durch den Schaltungskern, sondern durch den
benötigten Chiprahmen, also durch die benötigte Zahl von Bondpads bestimmt.
Speziell in Schaltungen mit hoher Verlustleistung muß aber zur Vermeidung sogenannter “hot spots” im Strukturentwurf auch auf eine ausreichende thermische
Entflechtung geachtet werden. Da auf Leitungen also nicht gänzlich verzichtet
werden kann, gilt es eine Klassifizierung in kritische und unkritische Leitungen
vorzunehmen. Bei vorgegebenen Chipabmessungen können dann die Längen unkritischer Leitungen größer gewählt werden, mit dem Ziel einer entsprechenden
Längenreduktion der kritischen Leitungen [44]. Eine solche Klassifizierung ist
31
Im selben Maße in dem Si-basierte Technologien Frequenzbereiche besetzen, die vormals nur
mit GaAs-Technologien erreicht werden konnten, beobachtet man in jüngster Zeit eine Zunahme
von Untersuchungen zu der recht komplizierten Modellierung von Leitungen über Siliziumsubstrat [54, 55]. Ein anderer Ansatz besteht in der Wahl eines hochohmigen Siliziumsubstrats
[136].
32
Für das hier betrachtete Beispiel beträgt in der Simulation das Verhältnis der parasitären
zu den Nutzbauelementen etwa 20:1.
159
160
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
in Abb. 6.24 durch zwei Symbole, Ausrufezeichen für kritische Leitungen und
Häkchensymbol für unkritische Leitungen vorgenommen worden.
Kritisch sind Leitungen, die von Emitterfolgern angesteuert werden. Dies
gilt in besonderem Maße für Treiberschaltungen, deren Emitterfolger in Richtung
möglichst niederohmiger Ausgangsimpedanzen optimiert werden (vgl. Kap. 3). So
ergibt eine Abschätzung des (DC-)Ausgangswiderstandes von EF6 (Abb. 6.24)
einen Wert rA ≈ 1 Ω. Eine Induktivität von nur 16 pH erreicht bei einer Frequenz
von 10 GHz ebenfalls diesen Betrag33 . Bereits kleinste parasitäre Leitungsinduktivitäten können daher an der Schnittstelle zwischen Emitterfolgern oder zwischen
letztem Emitterfolger und nachfolgendem Stromschalter die Funktion von Treiberschaltungen empfindlich stören.
Gravierender als die Störung durch induktive Spannungsspitzen im Signalpfad ist die Stabilitätsproblematik. Am Eingang von E 2 CL-Schaltungen ist diese Problematik wohlbekannt [102]. Der negative Realteil in der Eingangsimpedanz von Emitterfolgern (vgl. Gl. 6.1) zusammen mit der Eingangskapazität und
der Bonddrahtinduktivität kann hier leicht zu Instabilität führen. Durch einen
auf den Chip verlagerten 50 Ω-Leitungsabschluß und sorgfältige Dimensionierung der Emitterfolger kann dies jedoch vermieden werden (vgl. Kap. 6.1.1).
Problematischer sind die Verhältnisse in der zweiten Treiberzelle. Um eine ausreichend schnelle Umladung des Ausgangsstromschalters (SS2 ) sicherzustellen,
werden statt zwei (erste Zelle) hier drei Emitterfolger (EF) kaskadiert. Zwar ist
der Sachverhalt zu komplex, um eine grundsätzliche Aussage zuzulassen, es ist
jedoch zu beobachten (nicht nur bei Treiberschaltungen), daß mit der Anzahl kaskadierter EF im allgemeinen auch die Gefahr der Oszillation steigt. Werden beispielsweise die drei Leitungen an den Ausgängen der Emitterfolger in der zweiten
Treiberzelle (EF4, EF5 und EF6 in Abb. 6.24) durch “Freiluft-Induktivitäten”
(≈ 20 . . . 40 pH ) modelliert, lassen sich bei umgeschalteter Ausgangsstufe im Kollektorstrom von EF6 schwach gedämpfte Oszillationen beobachten [114] 34 . Hier
offenbart sich ein für den Entwurf schneller Treiberschaltungen typischer “Teufelskreis”: Hohe Ausgangshübe bedingen — auch im Inneren der Schaltung — große
Transistorkapazitäten. Deren betragsmäßig kleine negative Reaktanzen −1/(ωC)
33
Ein Leiterstück mit einer Breite von 20 µm und einer Länge von 40 µm weist eine FreiluftInduktivität von 16 pH auf. Bei einer Breite von 5 µm wird derselbe Wert bereits bei einer
Länge von nurmehr 28 µm erreicht[57].
34
Induktive Anteile müssen nicht ausschließlich mit Metallisierungsinduktivitäten verknüpft
sein. Auch ein Widerstand in Reihe zur Basis eines EF erscheint, dividiert durch die Transitkreisfrequenz, als Induktivität an dessen Emitter. Mit typischen Transitfrequenzen fT ≈
70 GHz der für den 20 Gbit/s-Modulatortreiber verwendeten Technologie [46] entspricht ein
10 Ω-Widerstand an der Basis einer Induktivität von L = 22 pH im Emitterkreis.
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
können bei den angestrebten Betriebsfrequenzen bereits durch kleine positive Reaktanzen ωL, also kleine parasitäre Leitungsinduktivitäten, kompensiert werden
(Imaginärteilresonanz). Speziell am niederohmigen Ausgangsknoten eines Emitterfolgers genügt dann ein kleiner negativer Realteil in der Eingangsimpedanz
der nachfolgenden Emitterfolger- oder Stromschalterstufe, um diese Situation in
Richtung Instabilität zu kippen. Können solche Leitungen nicht gänzlich vermieden werden, so ist unbedingt deren Induktivität zu minimieren. Zu diesem Zweck
werden kurze (l ≤ 75 µm) symmetrische Mikrostreifenleitungen (Abb. 6.12) verwendet. Deren Signalleiterbreite wird zur weiteren Reduktion der Leitungsinduktivität absichtlich groß dimensioniert (w = 20 µm). In jedem Fall muß der
Schaltungsentwickler das Leitungsverhalten aber möglichst frühzeitig durch ein
allgemeines, Gegen- und Gleichtakteffekte sowie reales Rückleitersystem berücksichtigendes Ersatzschaltbild (Abb. 6.22) modellieren.
In der Regel unkritisch sind Leitungen, die durch Stromquellen angesteuert
werden [44]. In Abb. 6.24 trifft dies für die Leitungen in Reihe zum Ausgang
des ersten Stromschalters SS1 zu. Aufgrund der in Kap. 6.1.1 detailliert untersuchten Problematik ist aber zu beachten, daß die Lastwiderstände von SS1
unmittelbar am Eingang der zweiten Treiberzelle, parallel zu Basis und Kollektor
des jeweiligen EF4-Transistors plaziert werden. Offensichtlich führt eine Vertauschung der Abfolge von Leitung und Lastwiderstand zu einer kritischen Leitung
des oben diskutierten Typs. Allerdings können solche Leitungen nicht pauschal
als unkritisch eingestuft werden. So ist im Fall einer über Leitungen von einer
Stromschalter- bzw. Transadmittanzstufe angesteuerten Basisschaltung zu beachten, daß die Leitungskapazität die in Kap. 6.1.2 diskutierte Stabilitätproblematik
quantitativ beeinflußt.
Als letzte Leitungen verbleiben schließlich die Ein- und Ausgangsleitungen.
Bezüglich der Schaltungsstabilität können diese Leitungen als unkritisch eingestuft werden. Die Anordnung der Widerstände RI an das Ende der Eingangsleitungen begründet sich einerseits wie bei den Widerständen RSS1 . Mit den
typischen Metallisierungsabständen (Oxiddicken zwischen den einzelnen Metallebenen) Si-basierter Bipolartechnologien kann die Eingangsleitung zudem für
einen Wellenwiderstand von 50 Ω ausgelegt werden, deren Abschluß dann die
Widerstände RI bilden. Der Gegentaktanteil des Eingangssignals erfährt so nur
eine geringe Störung am Chipeingang (vgl. die Diskussion zu Abb. 6.17). Die
Ausgangsleitung muß aufgrund der großen Ströme (Elektromigration) so breit
bemessen werden, daß ihre Kapazität dominiert. Wie in Kap. 3.2 erläutert, wird
man die Lage der internen Teil-Abschlußwiderstände RP (vor/nach der Leitung)
unter dem Gesichtspunkt minimierter Ausgangskapazität wählen. Bei Schaltun-
161
162
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
gen mit kleineren Ausgangsströmen kann sich aufgrund der Leitungsinduktivität
je nach Anordnung ein gewisser Unterschied in der Wirkung der Leitung auf das
Ausgangssignal zeigen [3, 44].
Allein die oben diskutierten kritischen Leitungen am Ein- und Ausgang von
Emitterfolgern können eine Treiberschaltung bereits instabil machen35 . Im betrachteten Fall wurden die induktiven Komponenten dieser Leitungen jedoch bereits im Orginalentwurf ausreichend klein gehalten, indem kurze und niederohmige Streifenleitungsstrukturen (mit wohldefinierten Ansteuerungsbedingungen,
siehe unten) verwendet wurden. Erst die aufwendigen Untersuchungen im Rahmen von [114] konnten die Ursache der meßtechnisch beobachteten Schwingneigung des Treibers auf parasitäre Induktivitäten der verteilten Metallisierungen
von Masse- und Versorgungsspannung zurückführen. In der im vorangehenden
Kapitel beschriebenen Weise wurde hierbei die komplette Metallisierung auf dem
Halbleiterchip in einzelne Verbindungssegmente unterteilt, deren Ersatzschaltbilder mit den in Lines [57] implementierten Formeln berechnet werden können.
Das sich ergebende Netzwerk wurde (vereinfacht) bereits in Abb. 6.23 gezeigt36 .
Betrachtet man dieses komplexe System aus Eigeninduktivitäten, gekoppelten Induktivitäten und Kapazitäten, so drängt sich natürlich die Frage auf, ob der
Aufwand nicht reduziert werden kann. Grundsätzlich liegt es in der Natur eines
verteilten Systems, daß erst dessen Gesamtheit sein Verhalten vollständig beschreibt. Als Schaltungstechniker ist man allerdings geneigt, die Größe einzelner
Komponenten des Netzwerkes zu verändern, um deren Einfluß zu ermitteln und
gegebenenfalls das Netzwerk zu vereinfachen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß dies mit Bedacht geschehen muß, da eine örtliche Veränderung eine über
den unmittelbaren Bereich hinausgehende Wirkung haben kann (Änderung der
Strombelegung). Im allgemeinen ist jedoch zumindest eine Unterteilung in eine
lokale und eine globale Masse- und Versorgungsspannungs-Verdrahtung möglich.
Globale Metallisierungsbereiche seien hier als diejenigen Bereiche des Strukturentwurfs verstanden, welche die an der Peripherie liegenden Bondflecken von
Masse und Versorgungsspannung mit den beiden Schaltungszellen verbinden (vgl.
Abb. 6.23). Für diese auch als “top-level Verdrahtung” bezeichneten Bereiche
35
Schon die Kaskadierung mehrerer Emitterfolger birgt potentielle Oszillationsgefahr. Der
Leser sei an die Ortskurven Abb. 6.2 und den dort auftretenden bereichsweise negativen Leitwert
der Eingangsadmittanz am Emitterfolger EF4 erinnert.
36
Im Anschluß an [114] wurde die dort vorgenommene Parasitenextraktion in einigen Bereichen verfeinert. Insbesondere wurden anhand elektromagnetischer Simulationen gewonnene Erkenntnisse zur Leitungsmodellierung [130, 119, 127] eingebracht und mittels FastHenry [124]
und Sonnet [120] einzelne Annahmen zur Strombelegung geprüft. Durch absichtlich zu
ungünstige Annahmen in [114] ergaben sich kleinere quantitative nicht aber qualitative Unterschiede.
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
werden zwei der drei zur Verfügung stehenden Metallisierungslagen verwendet.
Hierbei werden bewußt großflächige Überlappungen der in verschiedenen Ebenen
geführten Masse und Versorgungsspannung vorgesehen. Mit der zwischen den
Ebenen wirksame Oxidkapazität (SiO2 , r ≈ 4) wird eine effektive Abblockung
der Versorgungsspannung auf dem Chip erreicht (Ctot ≈ 2,5 pF ), welche die externe Abblockung vereinfacht oder sogar ganz überflüssig macht [137]. Modelliert
werden solche Bereiche durch das aus Kap. 6.2.1 bekannte allgemeinste Ersatzschaltbild eines Leitungssegmentes, wie es in Abb. 6.25 nochmals dargestellt ist37 .
L1
In den globalen Bereich wie “InU0
seln” eingebettet sind die lokalen
Metallisierungsbereiche von Masse
1
1
k
2C
2C
und Versorgungsspannung innerhalb
GND
der beiden Schaltungszellen (vgl.
Abb. 6.23). Dieser Bereich wird auch
L2
als sogenanntes “intracell wiring” Abb. 6.25: Allgemeinstes Modell überlapbezeichnet. Die Unterteilung eines
pender Metallisierungssegmente
(Verluste in der Darstellung verStrukturentwurfs in globale Bereiche
nachlässigt).
und lokale Bereiche bietet eine (jedoch später zu verifizierende) Möglichkeit, den Aufwand bei der Berücksichtigung
parasitärer Elemente der Metallisierungen zunächst auf die lokalen Bereiche der
Schaltungszellen zu begrenzen. Tatsächlich konnte — als Ergebnis zahlreicher
Simulationen — im Fall des 20 Gbit/s-Treibers die Hauptursache der meßtechnisch beobachteten Stabilitätsproblematik auf die lokale Masseverdrahtung in der
zweiten Treiberzelle eingekreist werden [114].
Abb. 6.26 zeigt das Netzwerk der parasitären Metallisierungsinduktivitäten
dieses Bereichs. Aus didaktischen Gründen handelt es sich dabei bereits um das
Netzwerk des modifizierten Strukturentwurfs. So kann einerseits die Schwingneigung des Originalentwurfs auf fehlende Metallisierungsverbindungen zurückgeführt werden. Andererseits ist die dargestellte Topologie aber auch bereits die
allgemeinste Topologie einer Verbindung der Kollektorknoten der Emitterfolger
untereinander, mit den Lastwiderständen RSS1 und mit der globalen Massemetallisierung. Abb. 6.26 eignet sich damit für eine ganz allgemeine Diskussion
der Problematik. Auch in diesem Abschnitt überlappen die Metallisierungen
37
In [138] wird die Versorgungsspannung durch einzelne über der Massemetallisierung verlaufende Streifen zugeführt, die — als Mikrostreifenleitungen bezeichnet — die Leiter-Induktivität
reduzieren sollen. Die Autoren machen leider keine Aussagen, wie sie diese “Mikrostreifenleitungen” modellieren. Die klassischen aus der Hochfrequenztechnik bekannten Ersatzschaltbilder
nach Abb. 6.12 dürfen nicht verwendet werden. Die hier zugrundeliegende Annahme erfüllter
Torbedingungen (vgl. Kap. 6.2.1) ist auf dem Halbleiterchip oftmals nicht zulässig. Im Fall von
Masse und Versorgungspannung dürften die Torbedingungen praktisch nie erfüllt sein, da die
Stromspitzen in der Masse (durch Emitterfolger) keine Entsprechung in der Versorgungsspannung haben. Nur das Ersatzschaltbild Abb. 6.25 mit kapazitiver und induktiver Kopplung kann
dieses Verhalten korrekt modellieren.
163
164
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
SS1
20 pH
L R1
5 pH
10 pH
LE
25 pH
5 pH
15 pH
LE
15 pH
R SS1
30 pH
EF4
20 pH
Ltg4
38 pH
K
L R4
Detailauschnitt
EF4
Ltg4
LD
k
LC
Ltg5
40 pH
Ltg6
SS2
k
LD
EF5
"differentielle Zweige"
1
2 ISS2
i hin
Ltg4
EF5
EF6
L R2
i rück
LE
Ltg5
15 pH
LC
EF4
EF5
15 pH
L R3
42 Ω
LD
35 pH
30 pH
15 pH
21Ω
EF6
1
2 ISS2
Ltg6
SS2
Symmetrielinie: Kurzschluß für Gegentakt,
Auftrennung für Gleichtakt
Abb. 6.26: Netzwerk parasitärer Induktivitäten der lokalen Masseverdrahtung in der
2. Treiberzelle. Der besseren Übersicht wegen, wurde die Verfeinerung im
Bereich der Rückleiter der Streifenleitungen nicht eingezeichnet. Ein entsprechender Detailausschnitt ist für die Leitung Ltg4 dargestellt.
von Masse- und Versorgungsspannung teilweise und so resultiert ein weiteres,
an das erste induktiv und kapazitiv angekoppeltes Netzwerk der Metallisierung
der Versorgungsspannung (hier nicht dargestellt, vgl. Abb. 6.23). Dies wird ebenfalls berücksichtigt. Simulationen zeigen jedoch, daß dessen Einfluß nur gering
ist [114]. Mit einem bereits betrachteten Spezialfall des Ersatzschaltbildes nach
Abb. 6.22 (jetzt aber auf einen Leiter angewandt) kann dies erklärt werden:
Bezüglich der lokalen Massemetallisierung verhält sich die teilweise darüberverlaufende Metallfläche der Versorgungsspannung wie ein Reflektor (Metallplatte
ohne direkte galvanische Verbindung zur Masse). Für starke Kopplung (k > 0,9),
und dies ist aufgrund des geringen Abstands der Metallisierungslagen (1,25 µm)
der Fall, wurde gezeigt, daß ein solcher Reflektor in der Längsimpedanz eines
über ihr verlaufenden Leiters, eine Parallelschaltung seiner Kurzschlußindukti-
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
vität zur Eigeninduktivität des Leiters bewirkt (vgl. S. 150). Bei etwa gleichen
Abmessungen von Leiter (Masse) und Reflektor (Versorgungsspannung) ist diese
Kurzschlußinduktivität aber vernachlässigbar, da sich im Reflektor kaum “eddie
currents” ausbilden können.
Die Quintessenz der folgenden Diskussion kritischer Punkte beim Strukturentwurf der Massemetallisierung könnte überspitzt lauten: “Ganz oder gar nicht”.
Tatsächlich sind die einzelnen, die Stabilität oder Signalqualität herabsetzenden
Mechanismen im Netzwerks der Abb. 6.26 schwerlich zu separieren und im Einzelfall kann durchaus erst deren Kombination den Ausschlag geben [114]. Wenn
hier dennoch Teilmechanismen für sich betrachtet werden, dann deswegen, weil
bereits jeder einzelne von ihnen die Schaltung unbrauchbar machen kann.
• Rückleitersystem der Signalleitungen: Wie oben diskutiert, sind die kritischen Leitungen am Ausgang von Emitterfolgern unbedingt unter der Prämisse minimaler Induktivität zu dimensionieren. Eine geeignete Querschnittsgeometrie (breite Leitung, deutlich breitere Abschirmung, geringer Abstand LeiterAbschirmung) ist hierfür eine Vorbedingung. Erst die Erfüllung der Torbedingung
führt aber zum gewünschten niedrigen Induktivitätsbelag (vgl. die Diskussion im
Kap. 6.2.1). Betrachtet man den zeitlichen Verlauf von Emitter- und Kollektorstrom eines Emitterfolgers (z.B. von EF6 in Abb. 3.5) so zeigt sich, daß beide
bis auf eine geringe Zeitverzögerung (hier ≈ 5 ps) nahezu betragsgleich und gegenphasig verlaufen. Indem man die “Abschirmung” der Leitung unmittelbar mit
dem Kollektor des sie treibenden Transistors verbindet (Abb. 6.26, rechter Detailauschnitt), wird die eingangsseitige Torbedingung, (iC = irück ≈ ihin = −iE )
durch Schaltungszwang näherungsweise erfüllt und der Rückleiterstrom konzentriert sich unter dem Hinleiter (Pfeile in Abb. 6.26). Hierdurch entspricht die
längs der Signalleiter “sichtbare” Induktivität, und zwar für Gleich- und Gegentaktmode, der niedrigen Schleifeninduktivität eines entsprechenden Wellenleiters38 . Der Leser sei an dieser Stelle nochmals daran erinnert, daß eine bezüglich
des Signals floatende Abschirmung die effektive Signalleiter-Längsinduktivität
gegenüber dem Freiluftwert bestenfalls durch die Parallelschaltung der ihr zugeordneten Kurzschlußinduktivität vermindern würde. Im Vergleich zur Schleifeninduktivität des Wellenleiters liegt der dann resultierende Längsinduktivitätswert typisch um eine ganze Größenordnung höher ! Für die Gegentaktmode kann,
durch eng benachbarte Führung des Differenzleitungspaars, die Kurzschlußinduktivität drastisch verringert werden. Untersuchungen [127, 130] zeigen, daß dann
der Idealwert des Wellenleiters nahezu erreicht wird. “Bezahlen” muß der Schal38
Dies ist der Grund warum diese Leitungen näherungsweise, wie in [114], durch die klassischen Ersatzschaltbilder nach Abb. 6.12 berücksichtigt werden können.
165
166
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
tungsentwickler dies mit einer entsprechenden Erhöhung der Gleichtakt-Längsinduktivität, die Gleichtaktoszillationen begünstigt. Daher müssen durch ein geeignetes Modell (Abb. 6.22) beide Modi berücksichtigt werden. Eine alleinige
Modellierung nur des Gegentaktes, (fälschlich) motiviert durch das differentielle
Schaltungskonzept, kann eine Gleichtaktoszillation schlicht “unterschlagen”.
• Schnittstelle zwischen erster und zweiter Treiberzelle:
Wie Kap. 6.1.1 zeigt, ist in der zweiten Treiberzelle die kapazitive Belastung
der Emitterfolger so stark, daß betragsmäßig große negative Leitwerte in deren
Eingangsadmittanz resultieren. Um diese zu kompensieren, müssen die Lastwiderstände des Stromschalters der ersten Zelle am Eingang der zweiten Treiberzelle
plaziert (Stromschnittstelle) und mit effektiv 14 Ω relativ niederohmig gewählt
werden. Dies ist nicht unproblematisch, da zwangsläufig relativ kleine, zu RSS1
in Reihe liegende Induktivitäten (Abb. 6.26 : LR1 − LR4 ), die Kompensation
zu hohen Frequenzen hin unwirksam machen können. Darüberhinaus wird in
Kap. 6.1.3 gezeigt, daß eine dem Kollektor eines Emitterfolgers in Reihe geschaltete Induktivität (Abb. 6.26: LC , LD ) dessen Einschwingverhalten entdämpft. Zur
Vermeidung dieser Probleme ist der jeweilige Lastwiderstand RSS1 möglichst kurz
mit dem Kollektor des ihm folgenden EF4-Transistors zu verbinden. Dieser Maßnahme ist gegenüber einer kurzen Verbindung beider Widerstände miteinander
(zur Vermeidung von Differenzspannungsoffsets und -störungen [139]) Priorität
einzuräumen. Wird der Widerstand direkt unterhalb der Leitung mit der Masse
verbunden, können die durch LR1 − LR4 eingeschleiften Störspannungen vermindert werden, da der dort beginnende Leitungsrückleiter den Schaltstrom “absaugt”. Der Deutlichkeit halber sei darauf hingewiesen, daß dies die induzierte
Störspannung betrifft, die potentielle Stabilitätsproblematik bleibt erhalten.
• Verbindung der Kollektoren der Emitterfolger:39
Nachdem der Massemetallisierung bereits als Rückleiter der Streifenleitungen
und als parasitäre Lastimpedanz (in Reihe zu RSS1 ) eine entscheidende Rolle
zukommt, ist eine dritte, für Treiberschaltungen besonders wichtige Problematik
mit ihr verbunden. Aufgrund des hohen zu schaltenden Ausgangshubes treten
in der Kette der Emitterfolger, welche die Ausgangsstufe treiben, extrem hohe
und steilflankige Kollektorstromspitzen auf (vgl. Abb. 3.5). Diese konzentrieren
sich zunächst als Rückstrom unter der jeweiligen Leitung, um schließlich nach
innen und außen abzufließen (Pfeile im Detailplot der Abb. 6.26). Bereits kleine
parasitäre Induktivitäten in diesem Bereich der Massemetallisierung verursachen
39
Die angeführten Punkte gelten sinngemäß auch für die erste Zelle. Deren Masseverdrahtung
kann aufgrund der geringeren Verlustleistung jedoch problemlos kompakt (und damit nahezu
ideal) ausgeführt werden.
6.2 Einfluß des Strukturentwurfs auf die Stabilität von Treiberschaltungen
Spannungsspitzen40 , den sogenannten “ground bounce effect”. Über RSS1 und die
Kollektor-Basiskapazitäten der EF koppeln diese Störungen zurück in den Signalpfad. Im günstigsten Fall resultiert eine Degradation (“induktives Störrauschen”)
der Signalqualität. Das verteilte Massenetzwerk kann jedoch auch als rückkoppelnder Resonator interpretiert werden, der bei ausreichender Mitkopplung zur
Instabilität führt.
Obwohl die Stromspitzen prinzipiell nichtlinear sind, zeigt eine Analyse, daß
ein wesentlicher Teil der Kollektorströme eines differentiellen EF-Paares ein Gegentaktsignalpaar bildet [114]. Ein großer Teil der induktiven Störspannungen
kann daher reduziert werden, wenn die Kollektoren eines EF-Paares beide mit
einem möglichst nah gelegenen “Kompensationspunkt” K in der Symmetrielinie
der Zelle verbunden werden (Abb. 6.26). Das Emitterfolgerpaar bezieht dann den
wesentlichen Anteil seiner Schaltleistung nur aus den “differentiellen Zweigen” der
lokalen Schaltungsmasse. Zur Minimierung der hierüber auftretenden Störung ist
eine möglichst kurze und breite Verbindung (kleines LD ) anzustreben. Der verbleibende Gleichtaktstörstrom ist deutlich geringer als der (lokal kompensierte)
Gegentaktstörstrom, und so erzeugt das EF-Paar in der globalen Metallisierung
kaum Störungen.
Deutlich komplizierter sind die Verhältnisse für die Gleichtaktmode, für die
neben den Induktivitäten LD auch die Induktivitäten LE , das globale Massenetzwerk und die Aufbautechnik (zumindest in Form der Bonddrähte) maßgeblich
sind. Hiermit verknüpft ist weniger ein “ground bounce-” als ein Stabilitätsproblem. Aus der Ruhelage (Umschaltpunkt) heraus tritt, wenn, in der Regel eine reine Gleichtaktschwingung auf. Dies scheint plausibel, da das Netzwerk der
Abb. 6.26 für Gleichtakt in seine beiden Hälften zerfällt und so an allen Netzwerkknoten die “induktive Belastung” zunimmt. Auch die Induktivitäten der
“differentiellen Zweige” haben hierauf einen signifikanten Einfluß.
Im Originalentwurf des betrachteten Treibers wurde die zweite Zelle von
einem Massering umgeben, von dem aus die Kollektoren der Emitterfolger angeschlossen wurden. In der oben diskutierten Weise wurde für die Abschirmungen
der Streifenleitungen und damit für die Leitungen selbst bereits definiertes niederohmiges Verhalten sichergestellt. Direkte Masse-Verbindungen im mittleren
Bereich (LD -Richtung, Abb. 6.26) zwischen den Emitterfolgern, waren jedoch
nicht vorhanden. Untersuchungen in [114] zeigten hierin eine Hauptursache der
Stabilitätsproblematik. Ein weiteres Problem betraf die Lastwiderstände RSS1 ,
Für EF6 ist ∂i∂tC ≈ 2 mA/ ps. Eine Induktivität von nur 50 pH erzeugt also bereits eine
Störung von 100 mV . Solche Störungen werden als “ground bounce”, im Zusammenhang mit
Leitungen auch als “common mode lift voltage” bezeichnet.
40
167
168
6. Die Stabilitätsproblematik in Treiberschaltungen
die zur Vermeidung einer Einkopplung differentieller Störspannungen im Originalentwurf zunächst miteinander und dann erst an die Masse angeschlossen
wurden. Im Redesin wurden die Metallisierungsmasken im Bereich der zweiten
Stufe grundlegend neu entworfen. Im Kern der zweiten Zelle wurde die im alten
Entwurf dort zugeführte Versorgungsspannung in die dritte Metallebene verlagert, um so den Platz für eine flächige Verbindung aller Kollektoren mit der
Masse zu schaffen [31, 114]. Die direkte Verbindungen über die “differentiellen
Zweige” (LD für Differential Mode, Abb. 6.26) reduzieren einerseits die im MasseNetzwerk auftretenden induktiven Spannungsspitzen. Zusammen mit den Induktivitäten LE (Gleichtakt, Even Mode) ergibt sich jedoch auch eine signifikante
Reduktion der Gleichtakt-wirksamen Induktivität an den Kollektorknoten der
Emitterfolger, welche die zuvor beobachtete Gleichtaktoszillation41 unterbindet.
Desweiteren wurde die Zwangssymmetrierung an den Lastwiderständen (Minimierung der Gegentakt-wirksamen Serieninduktivität durch Zusammenführung
beider Widerstände und gemeinsamen Anschluß an die Masse) zu Gunsten einer
Minimierung der Gleichtakt-Serieninduktivität (so kurz wie mögliche Verbindung
an den Kollektorknoten des jeweilig folgenden EF4 -Transistors) aufgelöst. Als Ergebnis wurde bei identischer Aufbautechnik, identischen Meßbedingungen, identischer Dimensionierung und Plazierung aller Bauelemente, sowie Fertigung mit
der gleichen Technologie, allein durch Modifikation der Metallisierungsmasken
eine drastische Verbesserung der Leistungsdaten erreicht. Letzteres in Übereinstimmung mit der Simulation, wie Kap. 8 zeigt.
Abschließend sei kurz auf die als “parasitäre Leiter” bezeichneten, nicht
zur Masse- und Versorgungsspannung gehörigen Verdrahtungsinduktivitäten im
Emitterkreis der Stromschalter eingegangen. Bezüglich der Stabilität sind diese
unkritisch. Durch die dynamische Gegenkopplung während der Flanke des ansteuernden Spannungssignal wird diese sogar eher verbessert. Die Gesamtinduktivität
zwischen den Transistoren der Ausgangsstufe (SS2 ) beträgt circa 70 pH und resultiert beim Umschalten in einer kurzzeitigen induktiven Spannungsspitze von
etwa 150 mV , die aber die Flankensteilheit des Ausgangssignals kaum merklich
beeinflußt. Bei höchsten Datenraten müssen solche als “Drossel” wirkende parasitäre Induktivitäten unbedingt minimiert werden. Dies fällt nicht schwer, da die
beiden komplementären Schaltungszweige dann ohnehin viel dichter zusammengelegt werden müssen (und wurden) als beim 20 Gbit/s-Modulatortreiber.
41
Eine reine Gleichtaktoszillation kann nur in der (symmetrischen) Ruhelage (Umschaltpunkt) auftreten. Im umgeschalteten Zustand sind die Schwingbedingungen der beiden komplementären Signalzweige verschieden. Eine Argumentation über Gleich- und Gegentakt macht
dann wenig Sinn, weil per Definition der vorhandenen elektrischen Unsymmetrie von Beginn
der Schwingung an beide Modi gleichberechtigt sind. In diesem Fall ist die Oszillation einphasig
zu interpretieren, wobei allerdings beachtet werden muß, daß natürlich die beiden Signalzweige
miteinander verkoppeln.
Kapitel 7
Temperaturmessung
7.1
Vorbemerkungen zur Messung der Temperatur in integrierten Schaltungen
Verglichen mit anderen Schaltungen für optische Übertragungssysteme liegen
die typischen in Treiberschaltungen auftretenden Ausgangsstrom- bzw. Spannungshübe um eine Größenordnung höher. Auch interne Signalhübe und Transistorströme weisen aufgrund der stärkeren Belastung (durch die Ausgangsstufe)
höhere Werte auf. Insgesamt ergeben sich daher im Vergleich zu anderen Hochgeschwindigkeitsschaltungen deutlich höhere Verlustleistungen und als Konsequenz
höhere Temperaturen im Halbleiterchip. Die Kenntnis der auftretenden Temperaturen ist einerseits in Hinblick auf Zuverlässigkeitsaspekte (z.B. Elektromigration)
von Bedeutung. Andererseits verschlechtern sich wesentliche Transistorparameter
(u.a. die Transitzeit und der Basisbahnwiderstand) mit zunehmender Temperatur, was bei der Dimensionierung der Schaltung berücksichtigt werden muß.
Der klassische Ansatz zur Messung der Temperatur in integrierten Schaltungen besteht in der Verwendung eines mit auf dem Halbleiterchip integrierten
Temperaturwandlers (Transducer), der die Temperatur in eine elektrisch meßbare
Größe wandelt. Neben der Temperaturabhängigkeit von Widerständen wird für
solche Meßfühler häufig die Temperaturabhängigkeit von Diodenflußspannungen
verwendet. Prinzipbedingt spiegelt die so gemessene Temperatur nur die Temperatur am Ort des Meßfühlers wider. Ein solcher Temperaturfühler ist sinnvoll,
wenn nur ein grobes quantitatives Maß für eine mittlere Chiptemperatur ermittelt werden soll. Wird aber die Frage nach der Sperrschichttemperatur in einem
Transistor gestellt, resultieren bei modernen Bipolartechnologien aufgrund der
geringen Abmessungen des aktiven (inneren) Transistorbereiches große Fehler.
Aus der Theorie der Wärmeleitung in Halbleitern [140, 141, 142] ist bekannt,
170
7. Temperaturmessung
daß die Temperaturüberhöhung durch eine Volumen-Wärmequelle lateral auf
einen Bereich von weniger als das Zehnfache der entsprechenden Abmessungen
des Volumens begrenzt ist. Im Fall des Bipolartransistors konzentriert sich die
Verlustleistung in erster Näherung in der Basis-Kollektorraumladungszone unter
den Emitterstreifen. Aus einer effektiven Emitterbreite von 0,3 µm der in dieser Arbeit verwendeten Bipolartechnologie ergibt sich durch grobe Abschätzung
der Stromauffächerung eine Breite von ca. 0,5 µm des Volumens, in dem sich
die Verlustleistung konzentriert. Die zugehörige Temperaturüberhöhung ist somit in Richtung der Emitterstreifenbreite auf einen Bereich von etwa ±5 µm
um das Zentrum des Streifens begrenzt. In der Regel klingt daher die Temperaturüberhöhung noch innerhalb des Transistorbereichs ab [140, 143], kann also
mit einem zusätzlich integrierten Temperaturfühler nicht gemessen werden.
Abhilfe schaffen hier zum Teil Mikrothermografieverfahren, welche die Temperaturmessung auf eine Wärmeemissionsmessung zurückführen. Nachteilig an
diesen Verfahren ist jedoch zum einen die Tatsache, daß nur Oberflächentemperaturen gemessen werden können. Einfachere optische Verfahren, wie Infrarot- oder
Mikrofluoreszenz-Thermografie weisen zudem – beschränkt durch Beugungseffekte – nur Ortsauflösungen von einigen 10µm auf1 . Zur thermischen Charakterisierung aktiver Bauelemente in integrierten Hochgeschwindigkeitsschaltungen sind
solche Verfahren daher nur bedingt einsetzbar. Für die benötigte Ortsauflösung
um und unter 1 µm müssen stattdessen wesentlich aufwendigere Verfahren wie
z.B. die Fotoreflektanz-Mikroskopie mittels Laserlicht [144, 145] eingesetzt werden. Das Potential für Auflösungen im Bereich von 50 nm hat eine Methode
auf Basis der Kernfeldkraft-Mikroskopie. In [146] wurde mit einem noch nicht
optimierten Verfahren bereits eine Ortsauflösung von 500 nm bei gleichzeitiger
Temperaturauflösung von 0, 1 K erreicht.
In dieser Arbeit wird ein anderer Weg beschritten. Durch ein spezielles elektrisches Meßverfahren wird ein vorhandener Hochfrequenztransistor innerhalb der
Schaltung als “in-situ”-Meßfühler für seine Sperrschichttemperatur benutzt.
7.2
Elektrisches Temperaturmeßverfahren
Elektrische Verfahren zur Bestimmung des thermischen Widerstandes bzw.
der Temperatur von Transistoren führen die Temperaturmessung auf die Messung einer elektrischen Transistorgröße zurück. Eine im Fall des (Silizium-)
Bipolartransistors besonders hierfür geeignete Transistorgröße stellt die BasisEmitterspannung dar. Diese ist einerseits auch innerhalb einer integrierten Schal1
Vergleiche hierzu die Ergebnisse einer Infrarot-Thermografie Kapitel 7.3.3.
7.2 Elektrisches Temperaturmeßverfahren
171
tung meßtechnisch einfach erfaßbar und weist andererseits eine ausreichende Temperaturabhängigkeit auf, so daß sie als “Thermometer” eingesetzt werden kann.
Für die meßbare “Klemmenspannung”, d.h. die äußere Basis-Emitterspannung
gilt
1
IC
UBE = UB 0 E 0 + rB
+ rE IC 1 +
,
(7.1)
BN
BN
worin UB 0 E 0 die innere Basis-Emitterspannung, IC den Kollektorstrom, BN die
(Vorwärts-)Stromverstärkung, rB den gesamten Basisbahnwiderstand und rE
den Emitterwiderstand bezeichnen. Die Temperaturabhängigkeit von UBE ist
hauptsächlich durch diejenige der inneren Basis-Emitterspannung bestimmt. Mit
dem Emitteremissionskoeffizienten mE , der Temperaturspannung UT und der
(stark temperaturabhängigen) Sättigungstromdichte JSN ist
IC
UB 0 E 0 = mE UT · ln
.
(7.2)
JSN AE
Einsetzen der Temperaturabhängigkeit von JSN und differenzieren nach der Temperatur T liefert (z.B. [147]) mit der Bandabstandsspannung UGO ,
∂UB 0 E 0
1
= − (UG0 + 3UT − UB 0 E 0 ).
∂T
T
(7.3)
Für Silizium2 ergibt sich aus einer Bandabstandsspannung von UG0 = 1, 205 V
ein typischer Wertebereich der Temperaturabhängigkeit von
∂UB 0 E 0
mV
≈ −(1, 5...1, 8)
.
∂T
K
(7.4)
Von besonderem Vorteil bei der Wahl der Basis-Emitterspannung als “Thermometer” ist die Tatsache, daß die Temperaturabhängigkeit in einem relativ weiten
Temperaturbereich linear ist, so daß die Empfindlichkeit der Temperaturmessung
über einen weiten Bereich gleichbleibend gut ist.
Will man von einer gemessenen Basis-Emitterspannung auf die zugehörige
Sperrschichttemperatur schließen, ist zunächst eine Kalibrationsmessung nötig, in
der die Sperrschichttemperatur vorgegeben wird und die Basis-Emitterspannung
als Funktion dieser gemessen wird. Grundsätzlich kann jedoch nur eine Umgebungstemperatur Tamb (Gehäusetemperatur) vorgegeben werden. Statisch, d.h.
2
In fortschrittlichen Silizium-Bipolartechnologien wird in die Basis des Transistors zusätzlich ein Germaniumanteil eingebaut. Dies führt je nach verwendetem Konzept zum sogenannten
SiGe-Drifttransistor oder zum SiGe-Heterobipolartransistor. In beiden Fällen bewirkt der Germaniumanteil über die Reduktion der (mittleren) Bandabstandsspannung UG0 eine Reduktion
der Temperaturabhängigkeit von UB 0 E 0 .
172
7. Temperaturmessung
im thermodynamischen Gleichgewicht hängt die Sperrschichttemperatur Tj mit
dieser über die Beziehung
Tj = Tamb + Rth · P,
1
P = IC · 1 +
· UBE + UCB
BN
(7.5)
zusammen. Gemäß dieser Gleichung erzeugt die im Transistor umgesetzte Verlustleistung P , am zwischen Transistor und Umgebung liegenden (unbekannten)
thermischen Widerstand Rth , einen Temperaturabfall ∆T = Rth ·P . Um die Sperrschichttemperatur (von außen) vorgeben zu können, muß demnach eine Kalibration von UBE bei kleiner Leistung, d.h. kleinem Kollektorstrom, vorgenommen
werden, bei der die Eigenerwärmung ∆T vernachlässigt werden kann.
Eine andere Methode, die in den letzten Jahren aufgrund der fortschreitenden Miniaturisierung der Abmessungen moderner Bipolartransistoren (Zunahme
des thermischen Widerstands) bei gleichzeitig zunehmenden Verlustleistungsdichten Einzug in die Meßtechnik der Transistorparameterextraktion gefunden hat, ist
die quasistatische Messung mit gepulsten Quellen. Hierbei nutzt man aus, daß die
Sperrschichttemperatur einem Verlustleistungssprung dynamisch nur mit einem
mehrpoligen Tiefpaßverhalten folgt. Wird der Kollektorstrom mit einer Pulsdauer Tpuls τth (τth kleinste thermische Zeitkonstante) gepulst, liegen isotherme
Verhältnisse vor, d.h. die Sperrschichttemperatur entspricht der Umgebungstemperatur. Auf diese Weise lassen sich isotherme Messungen auch in Arbeitspunktbereichen mit merklicher Verlustleistung (genauer: Verlustleistungsdichte) vornehmen. Nachteilig bei diesen Verfahren ist die relativ aufwendige Meßtechnik
(spezielle Gerätetechnik), die benötigt wird. Aus diesem Grund wird im Rahmen
dieser Arbeit auf das erste Verfahren, die Kalibration bei kleinen Verlustleistungen zurückgegriffen. Um aus einer solchen Kalibration dennoch auf die Sperrschichttemperatur des Transistors bei voller Leistung schließen zu können, wird
das im folgenden anhand von Abb. 7.1 erläuterte Meßverfahren im Zeitbereich
eingesetzt.
Im Zeitraum t < t0 wird der Transistor mit dem Kollektorstrom IC = IC1 betrieben, für den die Temperatur der Basis-Emittersperrschicht bestimmt werden
soll. Diesem Arbeitspunkt (A1 ) können neben IC1 die Basis-Emitterspannung
UBE1 , die Temperatur T1 und die Verlustleistung P1 zugeordnet werden. Zum
Zeitpunkt t = t0 wird der Kollektorstrom sprungförmig auf den kleineren Wert
IC2 geschaltet, entsprechend dem Arbeitpunkt A2 . Aufgrund der relativ großen
thermischen Zeitkonstanten bleibt die Sperrschichttemperatur hierbei zunächst
konstant (T2 = T1 ), so daß die Basis-Emitterspannung mit einem rein elektrisch
7.2 Elektrisches Temperaturmeßverfahren
173
IC
I
A1
C1
A3
I
C2
A2
t
t0
U
BE
A1
U
BE1
∆U
A3
BE,el
U
BE3
∆U
BE,th
U
BE2
A2
t
t0
Abb. 7.1:
Prinzipielle Zeitverläufe von Kollektorstrom (oben) und BasisEmitterspannung (unten) beim
elektrischen Temperaturmeßverfahren.
bedingten Sprung der Höhe
∆UBE,el = mE UT (T1 ) · ln
IC1
IC2
rB
1
+
+ rE 1 +
· (IC1 − IC2 ) (7.6)
BN
BN
reagiert. Daran anschließend vollzieht sich aufgrund der auf den Wert P2 reduzierten Verlustleistung ein thermischer Ausgleichvorgang bis die Sperrschicht den
durch Gleichung 7.5 charakterisierten neuen thermodynamischen Gleichgewichtszustand (Arbeitspunkt A3 ) erreicht hat. Aufgrund des nach Gl. 7.4 negativen
Temperaturkoeffizienten von UBE resultiert die Abkühlung der Sperrschicht in
einer Zunahme von UBE um
∆UBE,th = UBE {T1 − Rth · (P3 − P1 ), IC2 } − UBE {T2 = T1 , IC2 }
|
{z
}
T3
(7.7)
Wird der Kollektorstrom IC2 ausreichend klein gewählt, so ist der Arbeitspunkt
A2 in Abb. 7.1 durch eine Verlustleistung P2 charakterisiert, mit der eine vernachlässigbare Eigenerwärmung des Transistors verbunden ist. Wie zuvor diskutiert, kann daher für diesen Arbeitspunkt eine Kalibrationsmessung durchgeführt
werden, so daß UBE2 einer Temperatur T2 und damit der gesuchten Temperatur
T1 = T2 bei voller Leistung zugeordnet werden kann.
174
7. Temperaturmessung
7.3
Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
Das im vorangegangenen Kapitel beschriebene Verfahren wird in dieser Arbeit
zur Messung der Sperrschichttemperatur der Stromschaltertransistoren in der
Ausgangsstufe des 20 Gbit/s - Modulatortreibers verwendet. Die Forderung nach
(einphasigen) Ausgangsspannungshüben von ∆VQ ≥ 3 Vss führt in diesen Transistoren zu maximalen Kollektorströmen von größer 90 mA. Bedingt durch die Anforderungen an die Schaltgeschwindigkeit müssen die Stromschaltertransistoren
für hohe Kollektorstromdichten dimensioniert werden, wobei zur Vermeidung von
Hochstromeffekten gleichzeitig relativ hohe Kollektor-Emitterspannungen vorgesehen werden müssen (vgl. Kap. 4.4). Als Konsequenz ergeben sich hohe Transistorverlustleistungen im Bereich von 200 mW bei hohen Verlustleistungsdichten von 4 mW /µm2 . Dies führt zu hohen Temperaturen, die neben möglichen
Zuverlässigkeitsproblemen zu einer merklichen Verschlechterung der elektrischen
Eigenschaften der Transistoren führen können.
Im Unterschied zu den in der Literatur beschriebenen Verfahren (z.B.
[148, 149, 150]), soll hier nicht nur der thermische Streuwiderstand eines Bauelementes bestimmt werden, sondern die im Betrieb der Gesamtschaltung im
Ausgangsstufentransistor auftretende Temperatur. Neben der Verlustleistung des
Ausgangsstufentransistors selbst hängt letztere von der Verlustleistung der Restschaltung und deren räumlicher Verteilung auf dem Chip und (wie sich zeigen
wird) im besonderen Maße von der Aufbautechnik ab.
Für das Temperaturmeßverfahren müssen in der Ausgangsstufe einige schaltungstechnische Zusätze angebracht werden. Zwar sind die im folgenden erläuterten Zusätze relativ gering, in Anbetracht der hohen Datenrate (≥ 20 Gbit/s)
besteht jedoch die Gefahr, daß zusätzlich eingebrachte Verdrahtungsparasiten
(z.B. durch sich hierdurch ergebende Unsymmetrien) die hochfrequenztechnische
Funktion der Schaltung einschränken. Aus diesem Grund wurde für die Temperaturmessung eine eigene Version vorgesehen.
Abb. 7.2 zeigt den Meßaufbau für die Temperaturmessung zusammen mit einem detaillierten Ausschnitt der Ausgangsstufe [114]. Die zusätzlichen Elemente
für die Temperaturmessung auf dem Chip sind grau hinterlegt. An einem der beiden Transistoren des Ausgangsstromschalters SS2 werden Basis- und Emitteranschluß über zusätzliche Anschlußpads nach außen geführt. Aufgrund der Symmetrie des Ausgangsstromschalters genügt die Messung der Basis-Emitterspannung
nur eines der beiden Transistoren. An der Basis sind zwei Anschlußpads vorgesehen, um einerseits alternativ mit und ohne Vorwiderstand (zur Vermeidung mögli-
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
175
V1
50 Ω
RP
Q118
Analoger Speicheroszillograf mit
Differenzkomparator
SS2
Tastköpfe
100 Ω
10 : 1
220 Ω
10 : 1
I2
TRG
I1
Verzögerungsleitung
(60 ns)
V0
Pulsgenerator
"Meßstromquelle" "Hauptstromquelle"
Chip
Abb. 7.2: Ausschnitt aus der Ausgangsstufe der Treiberversion zur Temperaturmessung zusammen mit dem Meßaufbau. Die geringfügigen Unterschiede
(Zusätze) gegenüber der Hochfrequenzversion sind grau hinterlegt.
cher Oszillationsprobleme) zu messen. Andererseits kann bei der Temperaturkalibration der UBE -Spannung über den einen Anschluß eine Biasspannung eingestellt
werden und über den anderen Anschluß (“sense-Anschluß”) spannungsrichtig gemessen werden. Irrtümlich wurde am Emitteranschluß kein Vorwiderstand auf
dem Chip realisiert. In der Praxis ergaben sich hierdurch aber keinerlei Probleme. Wie in Abb. 7.2 dargestellt, werden die Potentiale in Reihe zu in Chipnähe
auf der Meßfassung aufgebrachten Dünnfilm-SMD-Widerständen gemessen3 . Als
wichtigste Änderung gegenüber der Hochfrequenzversion des Treibers besitzt die
für die Temperaturmessung modifizierte Variante neben der Hauptstromquelle
für den Modulationsstrom IM od = I1 zusätzlich einen Stromspiegel, der einen um
etwa 2 Größenordnungen kleineren Strom (I2 = 1 mA) bereitstellt. Der für das
3
Messungen mit und ohne Vorwiderstand an Basis und Emitter zeigen, daß der Emitter diesbezüglich unkritisch ist. Am Basisanschluß wird ein Vorwiderstand (≥ 100 Ω) benötigt, da
sonst störende Nachschwinger die Messung des UBE -Sprungs beeinträchtigen. Da ein differentielles Signal gemessen wird, ist es aus Symmetriegründen (Minimierung von Gleichtaktstörungen) zweckmäßig Vorwiderstände symmetrisch an beiden Anschlüssen zu verwenden.
176
7. Temperaturmessung
Meßverfahren benötigte Sprung im Kollektorstrom des zu vermessenden Transistors (vgl. Kap 7.2) wird dadurch realisiert, daß der Stromspiegel der Hauptstromquelle über einen negativen Spannungssprung in seinem Referenzzweig deaktiviert wird. Der Kollektorstrom des Ausgangsstufentransistors wird dadurch
vom vollen Strom I1 auf den Meßstrom I2 heruntergeschaltet4 . Dieses indirekte Verfahren wird benötigt, da ein Schalten des Stromes der Hauptstromquelle
selbst auf einen kleinen (aber endlichen) Strom I2 nicht definiert, d.h. ohne die
Messung störende Nachschwingvorgänge möglich ist. Prinzipiell kann der Strom
I2 auch extern bereitgestellt werden. Dann erhöht sich allerdings der Aufwand, da
der Meßkanal mit dem dynamischen Emitterpotential durch ein geeignetes “BiasTee” (Frequenzweiche) von dieser Stromquelle (mit unbekannter Impedanz) entkoppelt werden muß. Im Layout ist die Zusatzstromquelle räumlich weit weg vom
vermessenen Stromschaltertransistor plaziert, um etwaige (insbesondere schnelle)
Wärmekopplungen auf den Meßstrom I2 zu verhindern. Bis auf die beschriebenen minimalen Zusätze ist die Version zur Temperaturmessung mit der Hochfrequenzversion sowohl elektrisch als auch vom Layout her absolut identisch. Die
zusätzliche Verlustleistung (≈ 10 mW ) des hinzugekommenen Stromspiegels ist
verglichen mit der Gesamtverlustleistung (je nach Anwendungsfall 1, 4...2, 5 W )
vernachlässigbar.
Die Hauptstromquelle wird von einem Rechteckgenerator mit einer Frequenz
f ≤ 100 mHz zwischen I1 und 0 geschaltet und der resultierende UBE -Sprung
über 10:1-Tastköpfe mit dem Differenzkomparator eines analogen Speicheroszillografen gemessen. Um den Sprung selbst darstellen zu können, wird der Signalausgang des Generators über eine Leitung gegenüber dem Triggerausgang zeitlich verzögert (sogenanntes “pre-triggering”). Aufgrund der hohen Zeitauflösung
(schnelle Horizontalablenkung) sind zur Darstellung auf dem Speicheroszillografen mehrere Schreibvorgänge (zur ausreichenden Ladungsakkumulation in der
Speichermatrix) notwendig. Die Repetitionsfrequenz ist hierbei so zu wählen,
daß innerhalb der halben Periodendauer die statischen Sperrschichttemperaturen erreicht werden, d.h. Abkühlung bzw. Erwärmung abgeschlossen sind. Eine
Schaltfrequenz von 100 mHz (halbe Periodendauer: 5 sec) hat sich hierbei in der
Messung als ausreichend klein herausgestellt5 .
Wie im Kap. 6.2.2 erläutert, zeigte ein erster Entwurf des 20 Gbit/sModulatortreibers Stabilitätsprobleme, die seinen Einsatz bei nomineller Datenrate auf einen einphasigen Ausgangshub von 2 Vss beschränkten. In einem
folgenden Prozeßdurchlauf mit modifizierten Metallisierungsstrukturen der Masseverdrahtung konnten diese Probleme beseitigt werden. Temperaturmessungen
4
Der Stromschalter wird durch Einspeisung eines Offsets am Eingang umgeschaltet, so daß
der volle Stromquellenstrom durch den “Meßtransistor” Q118 (Abb. 7.2) fließt.
5
Der Generator kann auch manuell (“single shot”) getriggert werden.
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
wurden sowohl für die Treiberchips der “I. Generation” (bei reduziertem Ausgangshub) als auch für die “II. Generation” (voller Ausgangshub) durchgeführt.
Darüberhinaus wurde eine einfache, in der Arbeitsgruppe Halbleiterbauelemente
praktizierte Aufbautechnik [3]( im folgenden kurz als RUB-Aufbautechnik bezeichnet) mit einer industriellen, wärmeableitungsoptimierten Aufbautechnik verglichen. Schließlich wurde mit einem der letzteren Aufbauten im Anschluß an die
“elektrische Temperaturmessung” eine Infrarotthermografie durchgeführt.
Bevor in den folgenden KapiU BE
teln die Ergebnisse dieser Messun803 mV
gen präsentiert werden, soll zunächst
an einem der vermessenen Aufbauten, der bei der Messung auftretende quantitative Zeitverlauf der BasisEmitterspannung betrachtet werden. 30 mV
627 mV
Dabei handelt es sich um einen in
der RUB-Aufbautechnik aufgebauten
Chip der I. Generation [114]. Am lint
200 ns
ken Rand von Abb. 7.3 ist für etwa
200 ns noch der statische UBE -Wert Abb. 7.3: Basis-Emitterspannung des be(UBE1 = 803 mV ) bei vollem Strom
trachteten SS2-Transistors beim
(hier: 60 mA) zu erkennen. Durch
Schalten seines Kollektorstromes
von 60 mA auf 1 mA.
den Sprung im Kollektorstrom tritt
zunächst ein elektrischer Sprung in
der Basis-Emitterspannung (vgl. Gl. 7.6) auf den Wert UBE2 = 627 mV auf6 .
Aus der zuvor durchgeführten Temperaturkalibration der UBE -Spannung kann
aus dem Wert von UBE2 auf eine Sperrschichttemperatur von 140 ◦ C geschlossen werden. An den elektrischen Sprung anschließend erkennt man den ersten
Bereich des Temperaturausgleichvorganges (mehrpoliges Tiefpassverhalten). Innerhalb der ersten 50 bis 100 ns bleibt die Temperatur (und damit UBE ) offensichtlich konstant. Ein merklicher Temperaturausgleichvorgang (Abkühlung)
zeigt sich erst für Zeitpunkte t ≥ 200 ns. Auf die Frage nach der Existenz noch
kleinerer thermischer Zeitkonstanten wird weiter unten eingegangen.
Die Oszillografenbilder in Abb. 7.4 (a)-(f) zeigen einen kompletten Temperaturausgleichvorgang in der Basis-Emitterspannung. Dabei wird im Gegensatz zu
Abb. 7.3 zugunsten einer besseren vertikalen Auflösung auf eine Darstellung des
Sprungbeginns verzichtet. Aufgrund der stark unterschiedlichen einzelnen thermischen Zeitkonstanten werden verschiedene Zeitablenkungen gewählt, um die einzelnen Bereiche sichtbar zu machen. Zur besseren Orientierung sind Kreissymbole
mit Nummern eingefügt. Diese markieren im jeweils betrachteten Zeitabschnitt
6
In Abb. 7.3 wurden horizontale und vertikale Auflösung zu Demonstrationszwecken so
gewählt, daß das Oszillogramm des gesamten Sprunges mit ausreichender Qualität fotografiert
werden kann. In der eigentlichen Messung ist die Darstellung des statisch meßbaren Anfangswertes überflüssig.
177
178
7. Temperaturmessung
U BE
mV
(a)
(b)
680
660
2
1
640
mV
20 µs
t
500 ns
U BE
1
(c)
(d)
680
4
660
3
2
3
640
t 50%
200 µ s
U BE
mV
t
t
t
100 ms
t
(f)
(e)
680
660
2 ms
5
5
4
640
20ms
t
Abb. 7.4: Temperaturausgleichvorgang des Stromschaltertransistors SS2 nach Abschalten der Leistung in der Ausgangsstufe. Dargestellt sind verschiedene
zeitliche Ausschnitte der Basis-Emitterspannung. Kreissymbole mit Nummern markieren im jeweils betrachteten Zeitabschnitt den Endpunkt des im
unmittelbar vorangehenden Teilbild dargestellten Zeitbereiches.
den Endpunkt des im unmittelbar vorangehenden Teilbild dargestellten Zeitbereiches. Im Ausschnitt Abb. 7.4 (d) ist bei t50% ≈ 8, 4 ms die Hälfte des Temperaturausgleiches abgeschlossen. Der neue “thermodynamische Gleichgewichts-
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
zustand” wird erst nach zirka 900 ms erreicht. Insgesamt steigt die Spannung
um ∆UBE,th = (685 − 623) mV = 62 mV , was einer Abkühlung der BasisEmittersperrschicht um ∆T ≈ 43 K entspricht. Der Ausdruck “thermodynamischer Gleichgewichtszustand” wurde in Anführungsstriche gesetzt, da streng genommen bei unverändertem Arbeitspunkt der Schaltung in den folgenden 60 min
die Absoluttemperatur noch um 2 K abnimmt. Diese sehr große Zeitkonstante
resultiert aus der Abkühlung des Messingklotzes mit der die Rückseite des Chips
(elektrisch isolierend) verbunden ist7 . Aufgrund der kurzen Meßzeit tritt dieser
Effekt während der Temperaturmessung nicht auf. Er muß jedoch insofern berücksichtigt werden, als daß zu Beginn der Messung (Kaltstart) der Aufheizvorgang
des Aufbauklotzes (und damit der Schaltung) zunächst abgewartet werden muß8 .
Wie die Abb 7.4 (a)-(f) zeigen, sind die thermischen Zeitkonstanten verglichen mit den Schaltzeiten der Transistoren (einige 10 ps) groß, jedoch wird
innerhalb der ersten 500 ns immerhin bereits 8% des Ausgleichvorgangs beendet.
Die Ursache für diese erstaunlich schnelle thermische Reaktion liegt in den sehr
kleinen Abmessungen der verlustleistungsumsetzenden Volumina in heutigen modernen Bipolartechnologien. Das unmittelbar angrenzende Substratvolumen, d.h.
die im ersten Moment umzuladende thermische Masse (thermische Kapazität) ist
damit ebenfalls klein (wenige picogramm). Im Verlustleistungszentrum9 und dessen näherer Umgebung (d.h. z.B. auch in der Basis-Emittersperrschicht) können
daher schnelle thermische Zeitkonstanten auftreten.
In dieser Arbeit wird ein dynamisches Verfahren zur Temperaturmessung
verwendet, wobei in dem bislang betrachteten hochohmigen Meßsystem die Abfallzeit des Basis-Emitterspannungsprungs von tf ≈ 10 ns (beschränkt durch
Pulsgenerator und Oszilloskop) nicht weiter unterschritten werden kann. Es stellt
sich daher die Frage, ob es möglicherweise noch kleinere als bislang beobachtete Zeitkonstanten, d.h. thermische Ausgleichvorgänge zum Beispiel in den ersten
25 ns nach dem Abschalten der Verlustleistung gibt. Um diese Frage zu klären,
wird das hochohmige Meßsystem nach Abb. 7.2 auf eine 50 Ω-Meßumgebung
umgestellt. Der negative Spannungssprung für das Herunterschalten des Kollektorstroms wird aus einem schnellen Pulsgenerator mit einer typischen Anstiegsbzw. Abfallzeit von 0,7 ns geliefert. Anstelle des hochohmigen analogen Speicheroszilloskops wird ein Hochfrequenz-Abtastoszilloskop (Bandbreite 12 GHz )
Die auf die Klotztemperatur (typ. Wert: 33 ◦ C) bezogene relative Temperaturdifferenz
bleibt konstant.
8
In [114] ist ein solcher Aufheizvorgang dargestellt. Bei etwa bekannter Endtemperatur kann
der Vorgang durch externe Wärmezufuhr (Heizplatte) beschleunigt werden.
9
Im Fall des Bipolartransistors konzentriert sich die Verlustleistung im wesentlichen auf
denjenigen Teil der Basis-Kollektorraumladungszone, der den Großteil des Transferstroms trägt.
7
179
180
7. Temperaturmessung
verwendet, dessen 50 Ω-Eingänge über Hochfrequenz-Koppelkondensatoren potentialfrei an Basis und Emitter des vermessenen Ausgangsstromschaltertransistors angeschlossen werden. Andere Änderungen gegenüber dem Meßaufbau nach
Abb. 7.2 müssen nicht vorgenommen werden, da das Meßsubstrat, auf dem der
Halbleiterchip aufgebaut ist, bereits 50 Ω-(Mikrostreifen-)Leitungen aufweist.
Durch die zur Vermeidung von Oszillationen benötigten Vorwiderstände (vgl.
Abb. 7.2) tritt in Verbindung mit der 50 Ω-Eingangsimpedanz des Oszilloskops
eine Spannungsteilung der Meßgröße auf, wodurch die Empfindlichkeit der Spannungsmessung gegenüber dem hochohmigen Meßsystem reduziert wird. Aufgrund
dieses Nachteils und der zur Wahrung der Potentialfreiheit notwendigen Koppelkondensatoren wird das Hochfrequenz-Meßsystem nur für die Untersuchung
bezüglich kleinster thermischer Zeitkonstanten verwendet.
Abb. 7.5 zeigt den so gemessenen Zeitverlauf der an den Eingängen des Oszilloskopes anliegenden Spannung ŨBE . Der elektrische Sprung erfolgt innerhalb
~
U BE
BE
(t
)
8
~
U
5 mV
5 ns
t
Abb. 7.5: Zeitverlauf der (spannungsgeteilten Basis-Emitterspannung ŨBE . Die punktierte Linie ŨBE (t → ∞) markiert den Endwert nach vollständigen Temperaturausgleich.
einer Nanosekunde. Daran anschließend ist zu erkennen, daß in den – im hochohmigen Meßsystem nicht auflösbaren – ersten 25 ns die Spannung konstant bleibt,
d.h. kein merklicher Temperaturausgleich erfolgt. Noch schnellere als die bereits
in den Abb. 7.4 (a)-(f) festgestellten thermischen Reaktionszeiten werden nicht
beobachtet.
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
7.3.1
Ergebnisse bei Verwendung einer einfachen Standardaufbautechnik
Für die meßtechnische Charakterisierung der in dieser Arbeit entwickelten Laserund Modulatortreiber wird ausschließlich eine einfache und sehr kostengünstige
Aufbautechnik verwendet, die in der Arbeitsgruppe Halbleiterbauelemente bereits
für eine Vielzahl von Hochfrequenzschaltungen eingesetzt wurde [139, 87, 8]. Für
das Verständnis der Ergebnisse der Temperaturmessungen ist eine kurze Diskussion der Aufbautechnik10 anhand von Abb. 7.6 nötig.
Als SubstratmateriDurchkontaktierung Bonddrähte (Al)
(Massekontakt)
al wird 254 µm (10mil)
Teflon
(PTFE)
starkes PTFE (glasfaε r = 2.2
Au,Cu
Bondfleck
serverstärktes
Teflon
[151]) mit einer niedrigen
Lot
254 µm
Dielektrizitätszahl von
Chip
r = 2, 2 und beidseitiger
~
~
17, 5
µm KupferkaMessing-Klotz (Substratträger)
chierung
verwendet.
Epoxy-Kleber
(elektrisch isolierend)
Mittels
Fotolithografie
und Ätztechnik werden
Abb. 7.6: Skizze der RUB-Aufbautechnik. Dargestellt
auf der Oberseite 50 Ωist der (aufgeschnittene) innere Bereich der
Mikrostreifenleitungen
Mikrowellenmeßfassung.
für die Hochfrequenzsignale sowie Anschlußleitungen für Versorgungsspannung- und Korrekturanschlüsse hergestellt. Das Mikrowellensubstrat wird zur mechanischen
Stabilisierung und Kontaktierung der Mikrostreifenleitungen mit koaxialen
Hochfrequenzflanschen, ganzflächig auf einen Messingklotz aufgelötet, der
gleichzeitig die elektrische Systemmasse bildet. Masseflächen auf der Oberseite
des Substrates werden über möglichst viele Durchkontaktierungen in Chipnähe
(verlötete Bohrlöcher mit durchgezogenen Kupferstreifen) mit der Substratrückseite und damit dem Messingklotz verbunden. Der Siliziumchip wird in einer
seiner Größe entsprechenden Aussparung von Substrat und Messingklotz mittels
eines elektrisch isolierenden Epoxy-Klebers fixiert. Auf diese Weise liegen Chipund Mikrowellensubstratoberfläche auf gleicher Höhe, wodurch die Länge der
Bonddrähte minimiert werden kann 11 .
Laser- und Modulatortreiber mit Datenraten von 10, 20 und 40 Gbit/s wurden im Rahmen dieser Arbeit erfolgreich in der oben beschriebenen Weise aufgebaut und vermessen. Sogar für eine Rekorddatenrate von 60 Gbit/s wurde in [3]
die elektrische Tauglichkeit dieser einfachen Aufbautechnik gezeigt. Die folgen
10
Im folgenden kurz als “RUB-Aufbautechnik” bezeichnet
Darüberhinaus dürfte ein direktes Fixieren des Chips auf der Substratoberfläche aufgrund
der schlechten Wärmeleitfähigkeit von PTFE bereits bei Schaltungen mit mittlerer Verlustleistung zu Entwärmungsproblemen führen.
11
181
182
7. Temperaturmessung
den Temperaturmeßergebnisse werden jedoch zeigen, daß diese Aufbautechnik zu
(sehr) hohen Temperaturen im Modulatortreiberchip führt.
Mit dem in vorangegangenen Kapitel beschriebenen Meßverfahren wurde die
Temperaturüberhöhung gegenüber dem Messingklotz (Wärmesenke) der BasisEmittersperrschicht eines der beiden Ausgangs-Stromschaltertransistoren SS2
ermittelt. Durch die Variation der positiven Versorgungsspannung V1 der Ausgangsstufe (vgl. Abb. 7.2) kann bei gleichbleibender Verlustleistung in allen anderen Schaltungsteilen die Verlustleistung PSS2 nur des zu vermessenden Transistors SS2 variiert werden. Trägt man die so erhaltenen Meßwerte der Temperaturüberhöhung ∆TSS2 über der eingestellten Verlustleistung PSS2 des Transistors
auf, so erhält man eine (Ausgleichs-)Gerade, gemäß
∗
∆TSS2 = ∆TSS2,0 + Rth,SS2
· PSS2 .
(7.8)
Hierin ist ∆TSS2,0 der aus den Meßpunkten für PSS2 → 0 extrapolierte Achsenabschnitt der Geradengleichung. Diese Größe gibt denjenigen Anteil der Temperaturüberhöhung am Ort von SS2 an, der durch die Verlustleistung der Restschal∗
tung verursacht wird. Die Geradensteigung Rth,SS2
setzt sich aus dem thermischen
Streuwiderstand des Transistors (Temperaturabfall im Siliziumsubstrat) und dem
thermischen Widerstand des Epoxy-Chipklebers zusammen.
Vermessen wurden insgesamt fünf Exemplare, wovon die mit RUB#2,
RUB#3 und RUB#4 bezeichneten, zeitlich als erstes vermessenen Aufbauten,
Chips der I. Generation enthalten und daher bei der Einstellung für den mit diesen
Chips maximal möglichen Ausgangsspannungshub von 2 Vss (typ. Verlustleistung
1, 35 W ) gemessen wurden. Nach erfolgtem Re-Entwurf (vgl. Kap. 6.2.2) konnten
mit Chips der II. Generation (Aufbauten RUB#5 und RUB#6 ) Temperaturmessungen auch bei nominellem Ausgangshub von 3 Vss (typ. Verlustleistung 1, 8 W )
sowie für den maximal erreichten Ausgangshub von 3, 5 Vss (typ. Verlustleistung
2, 5 W ) durchgeführt werden12 .
Abb 7.7 zeigt die Meßwerte der fünf Aufbauten (durch Symbole markiert)
zusammen mit den durch lineare Regression bestimmten Ausgleichsgeraden. In
Tab. 7.1 sind die Parameter der jeweiligen Ausgleichsgeraden aufgelistet. Zum
Vergleich mit den Aufbauten RUB#2 bis RUB#4 (I. Generation mit maximal
2 Vss Ausgangshub) wurden die Aufbauten RUB#5 und RUB#6 neben den
12
Die Numerierung der Aufbauten entspricht der getroffenen Festlegung bei der Numerierung
der Chips. Das Fehlen eines Aufbaus RUB#1 begründet sich aus einem defekten Chip. Die
Nomenklatur wurde in einem solchen Fall — und soll auch in dieser Arbeit — beibehalten
werden, um etwaige Konfusion bei der Zuordnung zu Meßprotokollen und Projektberichten
[152] zu vermeiden.
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
Einstellungen für Maximalhub (3, 5 Vss ) und Nominalhub (3 Vss ) ebenfalls für
die Einstellung bei 2 Vss Ausgangshub gemessen.
200
∆UQ=3,5 Vss
175
∆UQ=3 Vss
∆T [ K ]
150

 ∆UQ=2 Vss

125
100
75
50
RUB#2
RUB#3
RUB#4
RUB#5
RUB#6
25
0
0
50
100
150
200
250
PSS2 [ mW ]
Abb. 7.7: Temperaturüberhöhung des Ausgangsstufentransistors SS2 als Funktion
seiner Verlustleistung. Die typischen Einstellungen der Hochfrequenzmessungen (optimales Augendiagramm) sind durch ausgefüllte Symbole markiert. Für den Ausgangshub ∆UQ = 3 Vss wurde – der besseren Übersicht
halber – nur die Temperatur der typischen Einstellung eingetragen. Die
Parameter der Ausgleichsgeraden können Tab. 7.1 entnommen werden.
Bei der Betrachtung von Abb. 7.7 bzw. der Parameter in Tab. 7.1 fallen zwei
Dinge auf. Dies sind zum einen die insgesamt sehr hohen Temperaturen. Auffallend ist hierbei besonders der bereits große Anteil (∆TSS2,0 ), den die nicht am
Meßort SS2 lokalisierte Verlustleistung der Restschaltung ausmacht. Andererseits erkennt man aus einem Vergleich der Aufbauten bei gleicher Einstellung des
Ausgangshub — ob nun aller fünf für ∆UQ = 2 Vss , oder der Aufbauten RUB#5
und RUB#6 bei 3 Vss bzw. 3, 5 Vss — eine merkliche Streuung der Meßergebnisse. In Abb. 7.7 äußert sich diese in erster Linie in einer Parallelverschiebung der
zugehörigen Ausgleichsgeraden. Tendenziell (vgl. Tab 7.1) nimmt jedoch auch die
∗
Steigung Rth,SS2
mit zunehmenden Werten ∆TSS2,0 zu.
Sowohl die hohen Temperaturen als auch die Temperaturstreuung lassen sich
auf den thermischen Widerstand des Epoxy-Klebers zurückführen, mit dem die
183
184
7. Temperaturmessung
Aufbau
∆UQ /Vss
∆TSS2,0 /K
K
∗
Rth,SS2
/ mW
RUB#2
2,0
65,0
0,225
RUB#3
2.0
73,1
0,222
RUB#4
2,0
78,2
0,281
2,0
69,6
0,226
3,0
106,3
0,277
3,5
126,2
0,282
2,0
63,1
0,218
3,0
97,2
0,267
3,5
113,9
0,279
RUB#5
RUB#6
Tab. 7.1: Parameter der in Abb. 7.7 eingezeichneten Ausgleichsgeraden (vgl. Gl. 7.8).
Chips in der hier verwendeten Aufbautechnik (vgl. Abb. 7.6) fixiert werden. Eine
Abschätzung dieses thermischen Widerstandes, zur Verallgemeinerung bezogen
auf eine Chipfläche von 1 mm 2 , liefert die folgende Gleichung:
0
Rth,epoxy =
d
(30 . . . 60µm)
K
=
≈ 31, 5
· mm2 ± 33%.
W
κth
W
1, 43 mK
(7.9)
Dabei wurde die thermische Leitfähigkeit κth dem Datenblatt des Herstellers [153]
entnommen. Die Varianz in der Kleberdicke wurde unter dem Mikroskop aus drei
demontierten (defekten) Aufbauten grob abgeschätzt. Diese Abschätzung erhebt
natürlich keinen Anspruch auf statistische Genauigkeit. Hierzu müßten wesentlich
mehr Exemplare und zudem mit genaueren Verfahren (z.B. mittels Laseroptik)
vermessen werden13 . Ziel der folgenden Betrachtungen ist lediglich eine qualitative
Abschätzung des thermischen Widerstandes und der durch das Hauptproblem,
der Dickentoleranz, verursachten Streuung in den Meßergebnissen.
Der thermische Widerstand allein ist noch nicht ausschlaggebend. Erst die
Kombination der Gl. 7.9 mit der hohen Verlustleistungsaufnahme bei gleichzeitig
kleiner Chipgröße des Modulatortreibers zeigt die Ursache für die gemessenen
hohen Temperaturen. Die typische Gesamtverlustleistung bei der Einstellung für
2 Vss Ausgangshub beträgt Ptot = 1, 4 W , wovon etwa 130 mW auf den Ausgangstransistor SS2 entfallen. Die Chipgröße beträgt 1030 × 760 µm. Damit folgt
13
In der Praxis überlagern sich der Fertigungstoleranz der Dicke noch weitere Toleranzen.
So ist beispielsweise die vom Hersteller spezifizierte Wärmeleitfähigkeit von der Einhaltung der
(i.d.R. Tieftemperatur-) Lagervorschrift und des Mischungsverhältnisses der zwei Komponenten
des Epoxy-Klebers abhängig.
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
185
für den Temperaturabfall am Epoxy-Kleber für PSS2 → 0:
∆Tepoxy = (Ptot − PSS2 ) ·
1
0
· Rth,epoxy
Achip
|
{z
}
K
= (1, 4 − 0, 13)W · (40 ± 33%)
W
= 51K ± 33%
(7.10)
Nach dieser Abschätzung fallen also etwa 50 K der gesamten Temperaturüberhöhung bereits über dem Epoxy-Kleber ab. Ein quantitativer Vergleich
mit den entsprechenden Achsenschnittpunkten ∆TSS2,0 ist nur bedingt möglich.
Einerseits schlagen sich wie oben diskutiert neben der Dicke auch noch andere Toleranzen im thermischen Widerstand des Klebers nieder. Die Temperaturüberhöhung ∆TSS2,0 enthält aber neben dem Anteil des Klebers auch noch den
(kleineren) unbekannten Temperaturabfall im Siliziumsubstrat. Die Größenordnung der für PSS2 → 0 auftretenden Temperaturüberhöhung wird jedoch durch
die Gl. 7.10 voll bestätigt. Insbesondere läßt die Abschätzung den Schluß zu, daß
∆TSS2,0 durch den thermischen Widerstand des Klebers dominiert wird. Dieses
wichtige Ergebnis wird durch weitere Meßergebnisse bestätigt. An entsprechender
Stelle wird hierauf nochmal zurückgekommen.
Die abgeschätzte Streuung von 33% bezieht sich nur auf den Anteil des
Klebers und ist damit prinzipiell immer größer als die gemessene Streuung der
∆TSS2,0 -Werte (ca. 11%). Die relativ große Diskrepanz läßt aber vermuten, daß
die Kleberdicke der Aufbauten in Abb. 7.7 eine kleinere Toleranz aufweist als bei
den für die Abschätzung Gl. 7.10 demontierten Aufbauten.
Die beiden mit RUB#5 und RUB#6 bezeichneten Aufbauten enthalten
Chips der II. Generation (vgl. hierzu die Anmerkungen auf S. 176), für die auch
bei nominellem (3 Vss ) und maximalem Ausgangshub (3, 5 Vss ) Temperaturmessungen durchgeführt werden konnten. Vergleicht man in Tab. 7.1 die Achsenschnittpunkte ∆TSS2,0 bei der Einstellung für maximalem Hub mit den Werten
für den Ausgangshub 2 Vss ergibt sich eine Zunahme um den Faktor 1, 81. Dieser
Faktor stimmt innerhalb der Meßgenauigkeit mit der entsprechenden Zunahme
der Verlustleistungsaufnahme (für PSS2 → 0) von 1, 27 W = 1, 4 W − 0, 13 W
auf 2, 275 W = 2, 5 W − 0, 225 W , also um einen Faktor 1, 79, überein. Der
∗
thermische Widerstand Rth,SS2
nimmt um den Faktor 1, 25 (RUB#5 ) bzw. 1, 28
(RUB#6 ) zu. Dies kann durch die Abnahme der thermischen Leitfähigkeit im
Siliziumsubstrat mit merklich zunehmender Temperatur erklärt werden.
186
7. Temperaturmessung
Nach [154, 155] gilt
κth,Si = κth,0 ·
T
T0
−1,25
W
für T0 = 300K.
(7.11)
mK
Für eine Abschätzung des Einflusses wird aus Abb. 7.7 in der Mitte des jeweiligen Meßbereiches (durchgezogene Linien) die Temperaturüberhöhung abgelesen. Im Mittel erhält man für die beiden Aufbauten ∆T1 ≈ 170K bei “3, 5 Vss Einstellung” und ∆T2 ≈ 95K bei “2 Vss -Einstellung”. Hierzu sind noch die Bezugstemperaturen der Aufbausockel von 38 ◦ C und 32 ◦ C zu addieren. Eingesetzt
in Gl. 7.11 ergibt sich
−1,25
((95 + 32) + 273)K
κ1
=
≈ 1, 26 ,
(7.12)
κ2
((170 + 38) + 273)K
mit κth,0 = 150
∗
welches mit der Zunahme von Rth,SS2
gut übereinstimmt.
Neben dem Zusammenhang mit der eigenen Verlustleistung wurde mit einigen Aufbauten auch die Abhängigkeit der Temperatur des Stromschaltertransistors SS2 von der Verlustleistung der Emitterfolgerstufe EF6 (vgl. Schaltplan in
Abb, 3.2) untersucht. Dabei handelt es sich um die dem Ausgangsstromschalter
unmittelbar vorangehende Schaltungsstufe. Das Meßverfahren bleibt hierbei unverändert. Statt der Verlustleistung PSS2 wird jetzt jedoch die Leistung PΣ,EF 6
der Emitterfolgerstufe EF6 variiert14 . Für die Verlustleistung PSS2 , d.h. für die
positive Versorgungsspannung V1 der Ausgangsstufe, wird der in Abb. 7.7 durch
die ausgefüllten Symbole gekennzeichnete typische Zustand eingestellt. Abb. 7.8
zeigt die gemessene Temperaturüberhöhung (Symbole) als Funktion der eingestellten Verlustleistung PΣ,EF 6 . Wiederum wurden Ausgleichsgeraden durch die
Meßwerte gelegt. Deren Parameter — Achsenschnittpunkt ∆TSS2←EF 6 und Steigung Rth,SS2←EF 6 — sind in Tabelle 7.2 aufgelistet. Aus der Steigung Rth,SS2←EF 6
läßt sich die thermische Verkopplung zwischen der Stufe EF6 und dem vermessenen Stromschaltertransistor SS2 ablesen.
∗
Verglichen mit den zuvor diskutierten Werten von Rth,SS2
(“thermische
Eigen-Verkopplung”) liegen die Werte von Rth,SS2←EF 6 deutlich — im Mittel
um einen Faktor 4 — tiefer. Vergleicht man die Werte dieses thermischen Verkopplungswiderstandes mit dem in Gl. 7.10 (2. Zeile) abgeschätzten thermischen
Widerstand des Epoxy-Klebers (40 K/W = 0, 04 K/mW ) liegt aufgrund der gleichen Größenordnungen die Vermutung nahe, daß eine indirekte thermische Verkopplung dominiert: Der von EF6 ausgehende Wärmefluß koppelt nur schwach
14
Das Summenzeichen im Index weist darauf hin, daß PΣ,EF 6 sich aus der Leistung der
Emitterfolgertransistoren und ihrer Stromquellen zusammensetzt. Im Strukturentwurf (Layout)
befindet sich die Stufe EF6 etwa 90 µm vom Stromschalter SS2 entfernt.
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
187
200
∆UQ=3,5 Vss
175
∆T [ K ]
150
∆UQ=2 Vss
125
100
75
50
RUB#2
RUB#3
RUB#4
RUB#6
25
0
0
100
200
300
400
500
600
700
PΣ,EF6 [ mW ]
Abb. 7.8: Temperaturüberhöhung in der Basis-Emittersperrschicht des Ausgangsstufentransistors SS2 als Funktion der Verlustleistung der Emitterfolgerstufe
EF6. Die typische Einstellung (vgl. Abb. 7.7) ist durch ausgefüllte Symbole
markiert.
direkt in den Transistor SS2 ein. Am thermischen Widerstand der Aufbautechnik (Epoxy-Kleber), zu einem geringeren Teil auch im Siliziumsubstrat, erzeugt
er jedoch einen auf die Temperatur von SS2 rückwirkenden Temperaturabfall.
Dieses Ergebnis wurde im Prinzip bei der Diskussion der ∆TSS2,0 -Werte bereits
vorweggenommen. Hier wurde festgestellt, daß diese vom Temperaturabfall am
Epoxy-Kleber dominiert werden. In der Tat ergibt daher eine kurze Rechnung
für den Aufbau RUB#2 :15
∆TSS2,0
Ptot =
65K
K
≈ 0, 051
(1, 4 − 0.13)W
mW
,
(7.13)
PSS2 →0
also etwa den Wert 0, 055 K/mW des thermischen Verkopplungswiderstandes
gemäß Tab. 7.2.
Ohne Zweifel trägt der deutliche Abstand von ca. 90 µm der Stufen EF6
und SS2 im Layout des Schaltung dazu bei, daß eine indirekte thermische Kopp15
Auch für die anderen Aufbauten ergibt sich eine entsprechende Übereinstimmung.
188
7. Temperaturmessung
Aufbau
∆UQ /Vss
∆TSS2←EF 6 /K
K
Rth,SS2←EF 6 / mW
RUB#2
2,0
82,4
0,0553
RUB#3
2,0
93,8
0,0584
RUB#4
2,0
101,7
0,0768
RUB#6
3,5
147,8
0,0489
Tab. 7.2: Parameterwerte der in Abb. 7.8 eingezeichneten Ausgleichsgeraden.
lung dominiert. Aus der Theorie der Wärmeleitung in Halbleitern [140, 141, 142]
ist jedoch ganz allgemein bekannt, daß die Temperaturüberhöhung durch ein verlustleistungsumsetzendes Volumen auf einen Bereich von weniger als dem Zehnfachen der lateralen Abmessungen des Volumens begrenzt ist. Aufgrund der geringen Abmessungen des aktiven (inneren) Transistorbereiches in modernen Bipolartechnologien treten zwar zunehmend größere thermische (Streu-)Widerstände
auf. Die hiermit verbundene Temperaturüberhöhung klingt aber bereits innerhalb
des Transistors bzw. seiner unmittelbaren Umgebung stark ab. Häufig ist daher
die thermische Kopplung zwischen Bauelementen einer integrierten Schaltung
gegenüber der Eigenerwärmung eines Bauelementes durch dessen thermischen
Streuwiderstand vernachlässigbar [142]. Im Einzelfall muß dies natürlich durch
Temperatursimulationen hinterfragt werden.
Selbst wenn bei einer Schaltung thermische Kopplungen im Halbleitersubstrat vernachlässigbar sein sollten, ist dies nicht damit gleichzusetzen, daß (aus
elektrischen Gründen) grundsätzlich ein möglichst dichtes Layout anzustreben
ist. Der thermische Widerstand der Aufbautechnik läßt sich nämlich nicht einfach
durch eine große Gesamtfläche des Chips reduzieren. Wieviel von der physikalisch
vorhandenen Fläche des Übergangs tatsächlich vom Wärmefluß ausgenutzt wird,
hängt davon ab wie stark sich dieser ausgehend von einer lokal konzentrierten
Quelle (dicht gepacktes Layout) bis zum Übergang lateral aufgefächert hat.
Von GaAs-Schaltungen, mit ihrer im Vergleich zu Silizium dreimal schlechteren Wärmeleitfähigkeit ist die Dünnung des Chips zur Verbesserung der
Entwärmung bekannt. Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei der Leser darauf hingewiesen, daß dies keinen Vorteil, ja sogar eine Verschlechterung mit sich
bringt, wenn der thermische Widerstand der Aufbautechnik im Vergleich zu dem
des Substrates hoch ist. In diesem Fall kann ein virtuelles Wärmequellen-Bild
(Spiegelungsprinzip, Schattenquelle) trotz Dünnung zu höheren Chiptemperaturen führen [156].
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
7.3.2
Ergebnisse bei Verwendung einer wärmeableitungsoptimierten Aufbautechnik
Im vorangegangenen Kapitel wurde festgestellt, daß die relativ hohe Verlustleistungsaufnahme beim Aufbau des Modulatortreibers unter Verwendung der
“RUB-Aufbautechnik” zu hohen Sperrschichttemperaturen führt. Als Ursache
hierfür wurde die relativ schlechte spezifische thermische Leitfähigkeit des verwendeten Epoxy-Klebers ausgemacht. In Verbindung mit der kleinen Chipfläche
führt diese zu einem hohen thermischen Widerstand zwischen Chiprückseite und
Messing-Klotz (Wärmesenke). Wenngleich die mit dieser Aufbautechnik gemachten Hochfrequenzmessungen einen eher geringen Einfluß der hohen Temperaturen auf die Qualität der Ausgangssignale zeigen16 , können Langzeit-Zuverlässigkeitsprobleme (z.B. Elektromigration) nicht ausgeschlossen werden. Für eine Produktlösung mit spezifizierter Lebensdauer (im Telekombereich sind dies typisch
10-15 Jahre) muß daher eine Aufbautechnik mit verbesserter Entwärmung eingesetzt werden.
Der Modulatortreiber wurde bereits erfolgreich in einem experimentellen
20 Gbit/s-Übertragungssystem der Firma SIEMENS eingesetzt [2]. Darüberhinaus ist sein Einsatz in einem kommerziellen 10 Gbit/s-System der gleichen Firma
geplant. Für die Prototypen wurde bereits eine Aufbautechnik mit verbesserter
Wärmeableitung eingesetzt. Einzelne Exemplare der Modulatortreiberversion zur
Temperaturmessung wurden ebenfalls mit dieser Technik aufgebaut, um einen
quantitativen Vergleich mit der “RUB-Aufbautechnik” hinsichtlich der auftretenden Sperrschichttemperaturen zu ermöglichen. Aufgrund der Wahrung von
Industriegeheimnissen kann hier nur eine grobe Beschreibung der Aufbautechnik
gegeben werden, wobei bewußt auf eine Benennung der Materialien verzichtet
wird. Für das Verständnis der im folgenden präsentierten Temperaturmeßergebnisse ist dies jedoch auch ausreichend. Abb. 7.9 zeigt einen Schnitt durch den
relevanten inneren Bereich des mechanischen Aufbaus.
Wie bei der “RUB-Aufbautechnik” wird der Halbleiterchip zur Minimierung von Bonddrahtlängen versenkt in einer Aussparung eines Mikrowellensubstrates aufgebaut. Statt eines Teflon-Substrates wird eine 15mil-AluminiumoxidKeramik verwendet. Mit einem speziellen Lot wird die Rückseite des Chips auf
einen Stempel eines sehr gut wärmeleitenden Materials (elektrisch leitendend)
auflegiert. Dieser wird mit einem isolierenden Epoxy-Kleber auf der Rückseite
der Keramik fixiert. Das gesamte Substrat wird zur mechanischen Stabilisierung
auf einem Kupfer-Klotz befestigt, der gleichzeitig die Wärmesenke bildet. Der
Klotz weist eine Aussparung auf, die den Stempel kontaktfrei aufnimmt.
16
Über einen Thermochuck wurde der Aufbau um 30 K auf 65◦ C erhitzt.
189
190
7. Temperaturmessung
Bonddrähte
AluminiumoxidKeramik
Au
Bondfleck
Massefläche (Au)
381 µ m
Chip
Lot
~
~
5 mm κ th = 252 W/(mK)
~
~
~
~
Epoxy-Kleber
(elektrisch isolierend)
~
~
~
~
Stempel
Kupfer-Klotz (Substratträger)
Abb. 7.9: Skizze einer Aufbautechnik mit verbesserter Wärmeableitung. Dargestellt
ist der aufgeschnittene innere Bereich des mechanischen Aufbaus. Für detaillierte Angaben muß auf [157] verwiesen werden.
Die hier verwendete Technik zur Verbesserung der Entwärmung ist sehr
ähnlich dem bei Kühlkörpern verwendeten Prinzip. Ein Kühlkörper kühlt über
konvektive Wärmeabgabe, die spezifisch, d.h. flächenbezogen, einen schlechten Wärmeübergang darstellt. Durch die Lamellenstruktur wird die Fläche des
Kühlkörpers aber maximiert, um den thermischen Übergangswiderstand zu minimieren. Diesen Trick macht man sich auch hier zunutze. In Abb. 7.9 gelangt
der Wärmefluß über die Lotschicht ohne großen Temperaturabfall in den sehr
gut wärmeleitenden Stempel. Der Wärmefluß wird hier aufgefächert und durchtritt dann die Schicht des Epoxy-Klebers auf einer großen Fläche. Der schlechte
spezifische Wärmewiderstand des Klebers wirkt sich durch die große Fläche des
Übergangs nicht annähernd so drastisch wie bei der “RUB-Aufbautechnik” aus.
Die erhebliche Verbesserung der Wärmeableitung in dieser Aufbautechnik
dokumentiert die Abb. 7.10. Dargestellt sind die Temperaturmeßwerte (Symbole) zweier Aufbauten LEG#1 und LEG#3 sowie die zugehörigen Ausgleichsgeraden17 . Die Meßergebnisse gelten für einen Ausgangshub von 2 Vss (Chips der I.
Generation, vergleiche hierzu die Anmerkungen auf S. 176). Ebenfalls dargestellt
sind die bereits aus Abb. 7.7 bekannten entsprechenden Ergebnisse in “RUBAufbautechnik”. Die Parameter der Ausgleichsgeraden können der Tab. 7.3 ent17
LEG steht für aufLEGierte Chips. Bezüglich der Numerierung vergleiche die Anmerkungen
der Fußnote auf S. 182.
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
130
120
∆T [ K ]
RUB-Aufbautechnik
(Epoxy-Kleber)
110
100
90
80
70
verbesserte
Aufbautechnik
(Chips auflegiert)
60
50
40
RUB#2
RUB#3
RUB#4
RUB#5
RUB#6
LEG#1
LEG#3
30
20
10
0
0
50
100
150
200
PSS2 [ mW ]
Abb. 7.10: Temperaturüberhöhung des Ausgangsstufentransistors SS2 als Funktion
seiner Verlustleistung. Die typischen Einstellungen der Hochfrequenzmessungen (optimales Augendiagramm) sind durch ausgefüllte Symbole markiert. Vergleich der “RUB-Aufbautechnik” (RUB) mit einer wärmeableitungsoptimierten Aufbautechnik (LEG).
nommen werden. In dieser Tabelle sind auch die Werte eines weiteren gemessenen
Aufbaus (LEG#4 ) angegeben. Dessen Meßwerte wären in Abb. 7.10 kaum von
denen der beiden anderen Aufbauten zu unterscheiden. Aus diesem Grund wurde
auf eine grafische Darstellung verzichtet.
Ein Vergleich zeigt für die typische Einstellung (ausgefüllte Symbole in
Abb. 7.10) im Mittel eine Reduktion der Temperaturüberhöhung von 102 K
im Fall der RUB-Aufbautechnik auf nur 48 K für die verbesserte Aufbautechnik,
also eine Verbesserung um mehr als einen Faktor 2 !
Mindestens genauso bemerkenswert ist die gute Reproduzierbarkeit des
Wärmeübergangs der verbesserten Aufbautechnik, wie man den fast deckungsgleichen Meßergebnissen der drei Aufbauten entnehmen kann. Dies dürfte einerseits darauf zurückzuführen sein, daß durch die Vergrößerung der Fläche der
Kleberschicht deren Anteil am thermischen Widerstand der Aufbautechnik deutlich abgenommen hat. Andererseits läßt sich der Kleber auf einer größeren Fläche
auch gleichmäßiger auftragen, so daß die Schichtdicke eine eher kleine Toleranz
aufweist.
191
192
7. Temperaturmessung
Aufbau
∆UQ /Vss
∆TSS2,0 /K
K
∗
Rth,SS2
/ mW
LEG#1
2,0
24,2
0,175
LEG#3
2.0
22,0
0,182
LEG#4
2,0
22,6
0,176
Tab. 7.3: Parameter der Ausgleichsgeraden (vgl. Gl. 7.8) in Abb. 7.10. Für die entsprechenden Werte der RUB-Aufbauten vgl. Tab. 7.1.
Für einen der drei Aufbauten (LEG#3 ) wurde wiederum die Temperatur
des Ausgangsstromschaltertransistors SS2 als Funktion der Verlustleistung der
Emitterfolgerstufe EF6 gemessen. Im Vergleich mit den entsprechenden, bereits
aus Abb. 7.8 bekannten Resultaten der “RUB-Aufbautechnik”, ist das Ergebnis
in Abb. 7.11 dargestellt. Die Parameter der Ausgleichsgerade sind in Tab. 7.4
angegeben.
130
120
∆T [ K ]
110
RUB-Aufbautechnik
(Epoxy-Kleber)
100
90
80
70
60
verbesserte
Aufbautechnik
(Chips auflegiert)
50
40
30
RUB#2
RUB#3
RUB#4
LEG#3
20
10
0
0
50
100
150
200
250
PΣ,EF6 [ mW ]
Abb. 7.11: Temperaturüberhöhung in der Basis-Emittersperrschicht des Ausgangsstufentransistors SS2 als Funktion der Verlustleistung der Emitterfolgerstufe EF6. Vergleich der “RUB-Aufbautechnik” (RUB) mit einer wärmeableitungsoptimierten Aufbautechnik (LEG).
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
Aufbau
∆UQ /Vss
∆TSS2←EF 6 /K
K
Rth,SS2←EF 6 / mW
LEG#3
2,0
43,8
0,024
Tab. 7.4: Parameter der Ausgleichsgerade in Abb. 7.11 (Aufbau LEG#3 ). Für die
entsprechenden Werte der RUB-Aufbauten vgl. Tab. 7.2.
Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert, spiegelt die thermische Verkopplung Rth,SS2←EF 6 , speziell in der “RUB-Aufbautechnik”, wesentlich den thermischen Widerstand der Aufbautechnik wider. Verglichen mit dem Mittelwert der
drei RUB-Aufbauten Rth,SS2←EF 6 ≈ 63, 5 K/W nimmt daher der Wert für die
verbesserte Aufbautechnik entsprechend deutlich um einen Faktor 2, 6 ab.
Bislang wurden für Prototypen eines 10 Gbit/s-Übertragungssystems noch
Chips der I. Generation eingesetzt, insbesondere, da für den geplanten zum Einsatz kommenden Elektroabsorptionsmodulator (EAM) ein einphasiger Hub von
1.8 Vss eine ausreichende optische Extinktion sicherstellt. Wärmeableitungsoptimierte Aufbauten mit Chips der II. Generation standen für eine Temperaturmessung im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr zur Verfügung.
Analog den für die Temperaturmessungen in “RUB-Aufbautechnik” gemachten Modellrechnungen (vgl. S. 185) ist aber eine Extrapolation von den bei 2 Vss Ausgangshub gemessenen auf die bei maximalem Hub zu erwartenden Temperaturen auch für die Aufbautechnik mit verbesserter Wärmeableitung möglich.
Berücksichtigt man die entsprechende Zunahme der Verlustleistung (gesamt und
lokal bei SS2 ) so läßt sich für den Maximalhub von 3, 5 Vss eine typische Übertemperatur von ∆TSS2 ≈ 84K abschätzen.
7.3.3
Vergleich der Ergebnisse des elektrischen Meßverfahrens mit Ergebnissen einer OberflächenInfrarotthermografie
In den vorangegangenen Kapiteln wurden Temperaturmessungen am Ausgangsstufentransistor des 20 Gbit/s-Modulatortreibers auf Basis eines speziellen elektrischen Meßverfahrens präsentiert. An einem in wärmeableitungsoptimierter
Aufbautechnik gemessenen Exemplar (LEG#1, vgl. Abb. 7.10) wurde zusätzlich
eine Oberflächen-Infrarotthermografie durchgeführt18 .
18
Diese Messungen wurden bei einer Qualitätssicherungsabteilung der Firma SIEMENS
durchgeführt [158].
193
194
7. Temperaturmessung
x / µm
0
200
400
600
0
0
y / µm
Q122
Bondfleck
(Pad)
400
600
14
17
Q114
20
Q112
Q118
200
Q116
17
200
20
20
"Meßtransistor"
(el. Verfahren)
Q108
Widerstand
(R114)
Q107
14
23
36
23
17
17
11
23
29
14
400
23
17
Q117
20
Q115
Q111
Q113
14
14
Q121
Transistor
11
14
600
Abb. 7.12: Oberflächen-Infrarotthermografie des Aufbaus LEG#1. Links: Einzelne
Ebenen im Strukturentwurf (Layout) des vermessenen Chipbereiches.
Rechts: Isothermen der gemessen Temperaturüberhöhung ∆T [K].
Bei diesem Verfahren verhält sich die Oberfläche des Chips durch eine aufgebrachte spezielle Lackschicht näherungsweise wie ein schwarzer Strahler. Eine Infrarotdiode rastert den Chip ab und setzt dabei die von der Oberfläche
ausgehende Wärmestrahlung in einen proportionalen Meßstrom um. Über eine
Referenzmessung (Temperatur des Aufbausockels) läßt sich auf die Oberflächentemperatur schließen.
Das Ergebnis einer solchen Temperaturmessung zeigt Abb. 7.12. Das linke
Teilbild zeigt den abgerasterten Chipbereich in Form einer Überlagerung einzelner Ebenen des Strukturentwurfs (Passivierungsöffnung der Bondflecken, Polywiderstandsschicht, Transistor-Isolationsbox und Emitter-Polysilizium) mit dem
Koordinatengitter der Messung. Der vermessene Bereich umfaßt die zweite Zelle
des Treibers mit den drei Emitterfolgerstufen Q111-Q116 und dem Ausgangsstromschalter Q117,Q118. Das rechte Teilbild zeigt die gemessene Verteilung der
Temperaturüberhöhung als Isothermengrafik. Eine Detailvergrößerung des linken oberen Viertels, in dem sich der “Meßtransistor” des elektrischen Verfahrens
(Q118, x = 195 µm, y = 195 µm) befindet, ist in Abb. 7.13 dargestellt.
7.3 Temperaturmessungen am 20-Gbit/s - Modulatortreiber
x / µm
0
200
100
300
18
18
18
17
y / µm
17
16
100
20
21
200 13
14
19
18
17
16
15
14
13
12
11
19
20
21
15
18
13
10
17
300
Abb. 7.13: Isothermen der Temperaturüberhöhung. Detailausschnitt aus Abb. 7.12.
Zwei Dinge fallen bei der Betrachtung der Abbildungen auf. Zum einen
beträgt die durch das Infrarotverfahren angezeigte Temperaturüberhöhung des
Transistors Q118 mit 21; K deutlich weniger als der entsprechende Wert von
54 K der elektrischen Messung (vgl. Abb. 7.10)19 . Darüberhinaus werden als heißeste Stellen die Zentren der Widerstände zur Arbeitspunkteinstellung des ersten
(Q111,Q112 ) und zweiten Emitterfolgerpaares (Q113,Q114 ) angezeigt. Auf der
durchgeschalteten Seite tritt am Widerstand R114 (x = 400 µm, y = 260 µm)
eine maximale Temperaturüberhöhung von 36 K auf.
Beide Beobachtungen lassen sich auf die limitierte Ortsauflösung des Infrarotverfahrens zurückführen. Über einem bestimmten Ort der Chipoberfläche
nimmt die Infrarotdiode keine “punktuelle” Wärmestrahlung, sondern die Strahlung aus einem Umgebungskreis mit 30 µm Durchmesser (Fokus der Diode) auf.
Da dies auch bei der Referenzmessung (Kalibration des Dioden-Fotostroms) gilt,
zeigt das Meßverfahren nur dann die exakte Temperatur an einem angefahrenen
Ort an, wenn die emittierende Oberfläche mindestens so groß wie der “Meßfleck”
der Diode (d.h. ca. 30 × 30 µm2 ) ist und eine homogene Temperatur aufweist.
Die Verlustleistung der Transistoren konzentriert sich im wesentlichen in
der Basis-Kollektorsperrschicht unmittelbar unter den Emitterstreifen. Hierdurch
treten über dem Transistorbereich scharfe Temperaturmaxima (”hot spots”) auf,
die lateral auf einen Bereich begrenzt sind, der etwa der Emitterstreifengeome19
Die Vergleichsmessung gilt für den Arbeitspunkt mit maximaler Leistung PSS2 .
195
196
7. Temperaturmessung
trie entspricht [140, 143]. Im Fall des Ausgangsstufentransistors Q118 haben
dessen 8 Emitterstreifen Abmessungen von jeweils nur 0, 6 × 9, 4 µm2 . Fährt
nun die Infrarotdiode das Zentrum dieses Transistors an, so machen die “hot
spots” der Emitterstreifen nur einen kleinen Anteil der Gesamtfläche aus, aus
dem Wärmestrahlung aufgenommen wird. Kältere Bereiche neben den Emitterstreifen werden dadurch überproportional stark “gewichtet”. Der resultierende
Mittelwert täuscht also eine wesentlich zu geringe Temperatur vor. Auf Basis von
vereinfachten Temperatursimulationen läßt sich dieser Effekt bestätigen und die
zunächst verschiedenen Ergebnisse der beiden Temperaturmeßverfahren können
in Einklang gebracht werden [152].
0
Der Widerstand R114 weist mit P = 0,11 mW/ µm2 zwar eine um
0
ein Vielfaches geringere Verlustleistungsdichte als der Transistor Q118 (P =
3,8 mW/ µm2 ) auf, seine lateralen Abmessungen von 23 × 26 µm2 entsprechen
aber nahezu genau dem “Meßfleck” der Infrarotdiode. In diesem Fall tritt keine
wesentliche Mittelung auf. Die angezeigte Temperatur dürfte daher – im Gegensatz zu Q118 – gut der tatsächlich vorhandenen entsprechen.
Es darf nun aber nicht der Fehler gemacht werden auf Basis eines Vergleichs
der Verlustleistungsdichten von R114 und Q118 aus der Temperaturüberhöhung
des Widerstandes auf diejenige des Transistors schließen zu wollen. Während der
Transistor seine Wärmeleistung im wesentlichen nach unten in das Siliziumsubstrat hinein abführt, ist dies im Fall des Polysiliziumwiderstandes nur bedingt
möglich, da sich unter der Widerstandsschicht eine schlecht wärmeleitende Siliziumdioxidschicht (Dicke ca. 600 nm) befindet. Die Wärme wird hier seitlich und
zwar vor allem in Richtung der Poly-Kontakte und über diese an die Metallisierung abgeführt20 . Aus diesem Grund ist die vom Halbleiterhersteller angegebene
maximale Stromdichte für Polysiliziumwiderstände oft durch die zulässige Eigenerwärmung des Widerstandes begrenzt.
20
Ist der Widerstandskontakt temperaturkritisch, kann eine zweite Kontaktreihe vorgesehen
werden. Während nach wie vor der Abstand der innersten Reihen den Widerstand bestimmt,
wird der Wärmefluß durch die Kontakte halbiert. In GaAs-Leistungsverstärkern werden zum
Teil eigens “Kühlfahnen” (thermo shunts) aus Metall vorgesehen, um die Entwärmung zu
begünstigen. Aus der im Vergleich zu Silizium dreimal schlechteren Wärmeleitfähigkeit resultiert hier leicht eine inhomogene Stromverstärkung in Multistreifen-Transistoren und als Folge
ein temperaturgetriggerter sogenannter β-Kollaps [159, 160, 161, 162].
Kapitel 8
Realisierte Treiberschaltungen
— Meßergebnisse und deren
Vergleich mit der Simulation
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden insgesamt fünf Laser- und Modulatortreiber entworfen. Mit einer Ausnahme (siehe Schlußabschnitt des Kap. 8.3)
handelt es sich bei den verwendeten Halbleiterprozessen durchweg um Siliziumbasierte Bipolartechnologien. Ausgehend von 10 Gbit/s wurde die Datenrate auf
20 Gbit/s und schließlich auf 40 Gbit/s gesteigert, um dem absehbaren Bedarf
an immer größeren Übertragungkapazitäten gerecht zu werden. Ausnahmslos alle
Schaltungen wurden im aufgebauten Zustand vermessen, wobei in allen Fällen
die in Kap. 7.3.1 beschriebene einfache Aufbautechnik angewandt wurde.
8.1
10-Gbit/s-Laser-/Modulatortreiber
Für den Einsatz im Sender eines 10-Gbit/s-Übertragungssystems der Firma Siemens (ICN) [63] wurde eine spezielle Treiberschaltung entwickelt, die sowohl die
direkte Modulation, als auch die externe Modulation des Sendelasers ermöglicht
[17]. Entwurfsgesichtspunkte dieser Schaltung werden detailliert in Kap. 4 diskutiert, welchem in Abb. 4.1 auch der Stromlaufplan der Schaltung entnommen
werden kann. Abb. 8.1 zeigt ein Foto des Halbleiterchips, der in der Produktionstechnologie B6HF [69] der Firma Infineon Technologies (ehemals Siemens)
realisiert wurde. Der untere der beiden Ausgänge, bezüglich dem die in Kap. 4.2
erörterte Pulsformsymmetrierung erfolgt, wird zur Ansteuerung des optischen
Moduls benutzt. Der andere Ausgang kann im System als elektrischer Monitor
eingesetzt werden1 . Kratzbare (z.B. mittels Ultraschall-Cutter) Metallisierungs1
Allerdings nur zur Anzeige der prinzipiellen Funktion, da eine Symmetrierung bezüglich
des einen Kanals eine stark unsymmetrische Signalform am anderen Ausgang zur Folge hat.
8. Realisierte Treiberschaltungen— Meßergebnisse
und deren Vergleich mit der Simulation
198
1. Zelle
Eingang
Ausgang
2. Zelle
Abb. 8.1: Foto des Halbleiterchips. Ein Großteil der Bondflecken entlang der oberen
und unteren Chipkante sind nur für Testzwecke vorgesehen und werden
normalerweise nicht benötigt. Die Abmessungen betragen 1, 2 × 1, 1 mm2 .
stege ermöglichen jedoch optional auch einen voll differentiellen Betrieb, beispielsweise als begrenzender Meßverstärker oder differentieller Leitungstreiber.
Es sei noch darauf hingewiesen, daß die oben und unten an den Chipkanten
vorgesehenen Bondflecken größtenteils Testzwecken dienen. Sie ermöglichen eine
Variation der Konstantstromanteile des in Kap. 4.3 behandelten Konzepts einer Ausgangshub-gesteuerten Nachstellung interner Stromquellen. Bei genauerer
Betrachtung erkennt der Leser darüberhinaus Bondflecken, die einen Spalt aufweisen. Diese wurden vorgesehen, um gegebenenfalls über “Kurzschlußbonds”2 ,
die Steilheit der linearen Strom-Stellcharakteristika zu verändern. In der Praxis
mußte hiervon jedoch kein Gebrauch gemacht werden.
Die Meßergebnisse des Laser/-Modulatortreibers sind in Tab. 8.1 zusammengefaßt [17]. Die dort angegebenen Leistungsmerkmale — insbesondere der
maximale Ausgangshub — sind bis zum heutigen Tag Rekordwerte für Siliziumbasierte Modulatortreiberschaltungen3 und werden auch sonst nur von wenigen,
in kostspieligen III-V-Verbindungshalbleiter-Technologien realisierten Treibern
erreicht (vgl. Tab. 1.1). Ebenso herausragend ist der weite Einstellbereich des
Modulationsstromhubes über einen Faktor 4, der für den Betrieb als Lasertreiber
benötigt wird. Üblicherweise weisen Laserdiodenmodule neben der Sendediode
2
Hierbei wird der Bonddraht auf den Bondfleck aufgesetzt und direkt oberhalb des Pads
gekappt, so daß der Spalt des Bondflecks kurzgeschlossen wird.
3
Ausgenommen ist der ebenfalls im Rahmen der vorliegenden Arbeit realisierte 20-Gbit/sModulatortreiber.
8.1 10-Gbit/s-Laser-/Modulatortreiber
199
Maximale Datenrate
Maximaler Spannungshub
Ausgangswiderstand
14 Gbit/s
3,6 Vss an extern 50 Ω
100 Ω
Externer Modulationsstromhub
• bei automatischer Optimierung:
• maximal (manuelle Optimierung):
15 . . . 60 mA
72 mA
Eingangsspannungsbereich
Eingangsreflexionsfaktor (einphasig)1
Ausgangsreflexionsfaktor (einphasig)1
Negative Betriebsspannung
Positive Betriebsspannung (Ausgangsstufe)
Verlustleistung
diff. 2 × 250 mV . . . 2 × 400mV
< −20 dB , 0 . . . 3 GHz
< −12 dB , 3 . . . 10 GHz
< −7 dB , 0 . . . 3 GHz
< −3 dB , 3 . . . 10 GHz
-5,2 V
0 . . . 2, 4 V
2,2 W (3 Vss externer Hub)
Tab. 8.1: Leistungsmerkmale des 10-Gbit/s-Laser-/Modulatortreibers.
eine Monitor-Fotodiode auf, deren Fotostrom der emittierten Lichtleistung proportional ist. Umgesetzt in einen geeigneten Spannungsbereich, kann mit dem
Stelleingang des Modulationsstroms des Lasertreibers eine optische Leistungsregelung aufgebaut werden, um auf diese Weise Alterungseffekte der Sendediode zu
kompensieren (vgl. Abb. 2.6).
Abb. 8.2 zeigt die Augendiagramme der einphasigen Ausgangsspannung an
den Grenzen (∆IQ = 60 mA und ∆IQ = 15 mA) und in der Mitte des Stellbereichs des Modulationsstromhubes (∆IQ = 30 mA). Dabei sind auf der linken
Seite die Meßergebnisse und auf der rechten Seite die zugehörigen Simulationsergebnisse dargestellt. Über dem gesamten Einstellbereich werden weit geöffnete
Augendiagramme hoher Flankensteilheit und geringen Zeitjitters beobachtet, wobei Messung und Simulation gut übereinstimmen4 .
Beim Entwurf des Treibers wurde am unteren Rand des Einstellbereiches
im Anschluß an die Einschaltflanke leichtes Nachschwingen auf dem Low-Pegel
der Ausgangsspannung beobachtet, das eine Abhängigkeit von den unsicheren
Transistorparametern Substratwiderstand (bzw. -netzwerk) und nichtquasistati1
Entsprechende Messungen wurden in [97] durchgeführt. Durch Transformation in den Zeitbereich, geeignete Fensterausblendung und Retransfomation in den Frequenzbereich sind die
Ergebnisse um Einflüsse der Leitungen auf der Meßkeramik bereinigt. Bei einem ersten Prozeßdurchlauf wurde in [97] teilweise aktives Verhalten beobachtet, was auf Rückwirkungen in der
Schaltung und/oder der Aufbautechnik schließen läßt (vgl. auch Kap. 8.2).
4
Der gemessene Zeitjitter entspricht nahezu dem systembedingten Eingangsjitter durch Triggerjitter und Jitter des ansteuernden Signals.
8. Realisierte Treiberschaltungen— Meßergebnisse
und deren Vergleich mit der Simulation
200
0V
uQ
-3 V
Messung
Simulation
Messung
Simulation
40 ps
40 ps
0V
uQ
-1,5 V
0V
uQ
-0,75 V
Abb. 8.2: Augendiagramme der Ausgangsspannung des Laser-/Modulatortreibers bei
der Systemdatenrate von 10 Gbit/s. Dargestellt sind Meß- und Simulationsergebnisse an der oberen Grenze (∆IQ = 60 mA, ∆UQ = 3 V ) in
der Mitte (∆IQ = 30 mA, ∆UQ = 1,5 V ) und an der unteren Grenze
(∆IQ = 15 mA, ∆UQ = 0,75 V ) des Einstellbereichs.
sche Zusatzlaufzeiten zeigte. Da dieses Verhalten, das durch Gegenkopplungswiderstände im Ausgangsstromschalter zum Teil reduziert werden konnte, nur
schwach ausgeprägt und daher tolerierbar war, wurden keine weiteren Maßnahmen ergriffen. Aufgrund der in [60] jedoch festgestellten Möglichkeit, etwaiges
Nachschwingen durch Reduktion des Ruhestroms des mittleren der drei Emitterfolger (EF5, Abb. 4.1) in der zweiten Treiberzelle wirksam zu unterdrücken, wurde
auch dieser Strom einstellbar realisiert. Unglücklicherweise trat dieser störende
Effekt in der Praxis stärker in Erscheinung. Zu dessen ausreichender Dämpfung
wurde in Abb. 8.2 neben den automatisch abgeregelten Ruheströmen auch der
Ruhestrom von EF5 an den Modulationsstromhub angepaßt5 .
Bei Datenraten um und über 10 Gbit/s und vor allem in Weitverkehrsverbindungen ist der kostengünstige Einsatz von direkt modulierten Laserdioden durch
das sogenannte “laser chirping” (Kap. 2) begrenzt. Abhilfe schaffen indirekte Verfahren, für die ein Modulatortreiber jedoch Spannungshübe von mehreren Volt
(um und über 3 Vss ) an 50 Ω bereitstellen muß.
Abb. 8.3 zeigt das Augendiagramm sowie einen kurzen Ausschnitt aus
5
Eine Stromreduktion war nur in unmittelbarer Nähe der unteren Einstellgrenze nötig. Zum
Zeitpunkt der Vermessung der Chips durch den Autor befand sich die B6HF-Prozeßlinie noch
in der Validierungsphase. Die übereinstimmend vom Autor und von [163] in der Messung festgestellte Empfindlichkeit der Stromeinstellung von EF5 dürfte auf Prozeßtoleranzen zurückzuführen sein. In [164] vermessene Chips aus einem folgenden Prozeßdurchlauf mit stabilisierten
Technologieparametern zeigen diesen Effekt nicht mehr.
8.1 10-Gbit/s-Laser-/Modulatortreiber
201
Messung
0V
uQ
-3,6 V
Simulation
0V
uQ
-3,6 V
40 ps
250 ps
Abb. 8.3: Augendiagramme und Pulssequenzen der (einphasigen) Ausgangsspannung
des Laser-/Modulatortreibers bei der Systemdatenrate von 10 Gbit/s und
maximaler Ausgangsspanung. Oben: Messung. Unten: Simulation.
der Pulssequenz der Ausgangsspannung für die angestrebte Systemdatenrate von 10 Gbit/s und maximalen, durch Hochstromeffekte begrenzten Hub
∆UQ,max = 3,6 Vss . Wiederum zeigt das im unteren Teil der Abbildung dargestellte Simulationsergebnis eine relativ gute Übereinstimmung mit dem experimentellen Ergebnis. In diesem Fall wurde in der Simulation das Hochstrommodell
HICUM [66, 67, 75] verwendet. Als Ergebnis wird speziell das auf dem Pulsboden
fehlende Unterschwingen (Hochstromeffekt, vgl. Kap 4.4) korrekt modelliert.
Während Unterschwinger und auch die Flankensteilheit im Kreuzungspunkt
positiver und negativer Flanken sehr gut übereinstimmen, zeigt das simulierte
Augendiagramm ein zeitlich eng begrenztes Überschwingen, welches in der Messung verbreitert auftritt. Diese prinzipiell nicht störende Tendenz ist auch bereits
in der obersten Reihe der Abb. 8.2 (∆UQ = 3 Vss ) zu beobachten. Mögliche
Ursachen könnten der Einfluß des Substrateffektes [60] auf das ausgangsseitige
Anhebungsnetzwerk (Kap. 5.1.1) oder eine magnetische Signaleinkopplung in die
Anhebungsbonddrähte sein. Man mag über die genauen Ursachen mutmaßen,
sollte aber nicht vergessen, daß hier ein einphasiges Signal betrachtet wird, für
das quantitativ nur schwer modellierbare Gleichtakteffekte eine Rolle spielen.
Gegenüber der vorgesehenen Systemdatenrate von 10 Gbit/s weist der
Laser-/Modulatortreiber eine große Sicherheitsreserve auf, wie das immer noch
weit geöffnete Augendiagramm bei 14 Gbit/s und maximalem Ausgangshub in
Abb. 8.4 zeigt. Auch hier ist dem auf der linken Seite dargestellten Meßergebnis
auf der rechten Seite das Ergebnis der Simulation gegenübergestellt. Bemerkenswerterweise zeigt die Simulation — genau wie die Messung — in Form einer
Zunahme des Zeitjitters, die Grenzsituation auf. Flankensteilheit und fehlendes
Unterschwingen stimmen sehr gut überein. Das Überschwingen ist in der Messung
wiederum breiter ausgeprägt als in der Simulation. Man beachte jedoch, daß die
8. Realisierte Treiberschaltungen— Meßergebnisse
und deren Vergleich mit der Simulation
202
Messung
Simulation
29 ps
29 ps
0V
uQ
-3,6 V
Abb. 8.4: Augendiagramme der Ausgangsspannung bei der maximalen Datenrate von
14 Gbit/s. Links: Messung. Rechts: Simulation.
Tendenz, also die Verbreiterung des Überschwingens bei Erhöhung der Datenrate
von 10 auf 14 Gbit/s, richtig wiedergegeben wird.
Neben der rein elektrischen
Charakterisierung wurden auch
Popt
eine Reihe optischer Messungen
durchgeführt. So zeigt beispielsein
weise Abb. 8.5 das mit einer
optisch (LD)
0V
Breitband-Fotodiode detektierte
uQ
Lichtsignal einer durch den Treiber direkt modulierten kommerzi-3 V
ellen Laserdiode [165]6 . Ein Verelektrisch
25 ps
gleich mit dem ebenfalls darAbb. 8.5: Augendiagramme bei 10 Gbit/s und gestellten elektrischen AugendiaAnsteuerung einer Laserdiode bzw. gramm (gemessen an 50 Ω) zeigt,
elektrisch an 50 Ω.
daß der Unterschwinger im optischen Signal nicht dem Lasertreiber, sondern der gedämpften EinschaltRelaxationsschwingung der Laserdiode zuzuschreiben ist [38].
aus
optisch (EAM)
aus
Abb. 8.6:
Optisches Augendiagramm bei Ansteuerung eines EAMs. Die Datenrate
beträgt 10 Gbit/s.
Popt
ein
25 ps
Auch in einer Zusammenschaltung mit einem kommerziellen EAMLasermodul7 wurden gute Resultate erzielt [164]. Das optische Augendiagramm
des durch den angesteuerten EAM modulierten Laserlichts zeigt Abb. 8.6. Hierbei
wurde zur Verbesserung des Treiber-Ausgangsreflexionsfaktors auf der Treiber6
7
Firma NEL, NLK 1561 HSB.
Firma Philips, CQF 195/D S.Nr. 123. f3dB ≈ 10 GHz .
8.2 20-Gbit/s-Modulatortreiber
203
keramik ein Dämpfungsglied mit ca. 2 dB Einfügungsdämpfung realisiert [164].
Der eingestellte externe Stromhub beträgt 60 mA.
Schließlich wurde der vielseitige Treiber auch erfolgreich zur externen Lichtwellenmodulation mittels MZI eingesetzt8 . Entsprechende Messungen konnte
der Autor bei der Firma Bosch-Telecom in Backnang (inzwischen Marconi)
durchführen. Die Messungen wurden bei 10,8 Gbit/s vorgenommen, der Datenrate eines sich damals gerade in der Entwicklung befindlichen Fernsehverteilsystems
[92]. Abb. 8.7 zeigt das erreichte Ergebnis.
optisch (MZI)
aus
Popt
11 dB
ein
Abb. 8.7: Optisches Augendiagramm bei
Ansteuerung eines MZIs mit
Maximalhub (3,6 Vss ). Die Datenrate beträgt 10,8 Gbit/s.
50 ps
Der in Kap. 5.2.1 beschriebene 10,8-Gbit/s-EAM-Treiber (Abb. 5.9) ist aus
dem 10-Gbit/s-Laser-/Modulatortreiber abgeleitet. Am Ausgang vermindert jedoch eine zusätzlich eingeführte Basisschaltung die Gefahr eines Lawinendurchbruchs der Transistoren und sorgt darüberhinaus für einen Freiheitsgrad in der
Optimierung des einphasigen Ausgangsreflexionsfaktors. Leider wurde das Projekt, für das der Treiber entwickelt wurde [92], noch vor der IC-Fertigung eingestellt, so daß nur die in Kap. 5.2.1 gezeigten Simulationsergebnisse vorliegen.
8.2
20-Gbit/s-Modulatortreiber
Im Rahmen des JESSI -Projektes TIBIA [166] wurde auf Basis einer neuartigen Silizium-Bipolartechnologie der Firma Infineon Technologies (seinerzeit noch
Siemens HL) ein 20-Gbit/s-Modulatortreiber entwickelt. Ursprünglich als Demonstrator für die reine Si-Technologie entworfen, wurde die Schaltung direkt
in einer darauf aufbauenden SiGe-Drifttransistortechnologie [46] gefertigt9 . Im
Kap. 3 werden am Beispiel dieser Schaltung typische Dimensionierungsaspekte schneller Treiberstufen diskutiert. Der Stromlaufplan der Schaltung kann der
Abb. 3.2 dieses Kapitels entnommen werden.
8
MZI der Firma Sumicem mit Vπ ≈ 3,8 V , f3dB ≈ 15 GHz und |us22 | < −15 dB .
Die Transistorparameter dieser Technologie unterscheiden sich gegenüber dem reinem SiProzeß in erster Linie durch eine Reduktion der Transitzeit (genauer: Basislaufzeit). Erreicht
wird dies durch den Einbau eines Germaniumgradienten in die Basis, welcher ein elektrisches
Driftfeld erzeugt.
9
8. Realisierte Treiberschaltungen— Meßergebnisse
und deren Vergleich mit der Simulation
204
1. Zelle
Layoutmodifkationen
(Kap. 6.2.2)
Eingang
Ausgang
2. Zelle
Abb. 8.8: Foto des Halbleiterchips. Die Abmessungen betragen 1 × 0, 8 mm2 .
Abb. 8.8 zeigt ein Foto des Halbleiterchips. Die in Kap. 4.2 beschriebene
Pulsformsymmetrierung kann wahlweise für den einen oder den anderen Ausgangskanal erfolgen. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Meßergebnisse ist
Tab. 8.2 zu entnehmen [31]. Die dort angegebenen Leistungsmerkmale — insbesondere die Kombination aus maximalem Ausgangshub und Datenrate — sind
bis zum heutigen Tag Rekordwerte für Silizium-basierte Modulatortreiberschaltungen.
Maximale Datenrate
Maximaler Spannungshub
Ausgangswiderstand
Externer Modulationsstromhub
Eingangsspannungsbereich
23 Gbit/s
3,5 Vss an extern 50 Ω
84 Ω
max. 77 mA (intern 112 mA)
diff. 2 × 250 mV . . . 2 × 400mV
Eingangsreflexionsfaktor
• Gegentakt:
• Gleichtakt:
< −10 dB ,
< −5 dB ,
Ausgangsreflexionsfaktor (einphasig)
Negative Betriebsspannung
Positive Betriebsspannung (Ausgangsstufe)
Verlustleistung
< −5 dB , 0 . . . 10 GHz
-5 V
0 . . . 2, 8 V
2 W (3 Vss externer Hub)
0 . . . 13 GHz
0 . . . 13 GHz
Tab. 8.2: Leistungsmerkmale des 20-Gbit/s-Modulatortreibers.
Vergleichbare oder bessere Ergebnisse werden bislang nur mit aufwendigen III-V-
8.2 20-Gbit/s-Modulatortreiber
205
0V
modifiz.
Entwurf
uQ
-3 V
Messung
0V
Originalentwurf
uQ
-3 V
0V
modifiz.
Entwurf
uQ
-3 V
Simulation
0V
Originalentwurf
uQ
-3 V
20 ps
150 ps
Abb. 8.9:
Obere Hälfte: Gemessene Augendiagramme und Pulssequenzen der Ausgangsspannung
im Vergleich zwischen dem modifizierten und dem Originalentwurf. Untere Hälfte: Zugehörige Simulationsergebnisse. Technologie, Transistoren und Widerstände, Aufbautechnik, Ansteuerung, sowie alle Ströme in der Schaltung sind identisch.
Verbindungshalbleiter-Technologien erreicht (vgl. Tab. 1.1), deren veröffentlichte
Ergebnisse jedoch auf dem Wafer und nicht, wie in der vorliegenden Arbeit, im
aufgebauten Zustand gemessen wurden10 .
Wie in Kap. 6.2.2 diskutiert, zeigte ein erster Entwurf der Schaltung Stabilitätsprobleme, die deren Einsatz bei nomineller Datenrate (20 Gbit/s) auf einen
einphasigen Ausgangshub von 2 Vss (nominell 3 Vss ) beschränkten [23]. Mit den
in Kap. 6.2.1 beschriebenen Methoden und einer rigorosen und allgemeinsten
Berücksichtigung der kompletten Metallisierung auf dem Halbleiterchip, gelang
in [114] die Identifikation der Problematik als eine Schwäche in der Masse- und
Versorgungsspannungsverdrahtung der zweiten Treiberzelle. In einem Redesign
ausschließlich der Metallisierungsmasken konnte die Problematik, wie durch Simulationen in [114] vorhergesagt, vollständig beseitigt werden.
Abb. 8.9 zeigt Augendiagramme und Ausschnitte aus der Pulssequenz der
Ausgangsspannung bei nomineller Datenrate (20 Gbit/s) und nominellem Spannungshub (3 Vss einphasig). In der oberen Bildhälfte sind Meßergebnisse des
10
Neben der möglichen Degradation der Signalqualität durch Eigenerwärmung bleibt auch
der Einfluß von Bondinduktivitäten auf diese Weise unberücksichtigt.
8. Realisierte Treiberschaltungen— Meßergebnisse
und deren Vergleich mit der Simulation
206
Messung
Messung
0V
Originalentwurf
uQ
-2 V
Messung
Stabilisierung durch
Stromreduktion im EF6
Simulation
fosz 13,3 GHz
0V
Originalentwurf
uQ
-2 V
Messung
0V
modifiz.
Entwurf
uQ
-2 V
Simulation
0V
modifiz.
Entwurf
uQ
-2 V
20 ps
150 ps
Abb. 8.10:
Oberste Reihe: Augendiagramm und Pulssequenz, gemessenen an einem Aufbau mit
Originalentwurf des Treibers, B = 20 Gbit/s, ∆UQ = 2 Vss . Zweite Reihe, rechts: Simulierter Pulsverlauf. Zweite Reihe, links: Stabilisierung der Schaltung durch Reduktion des Ruhestroms des letzten EF der zweiten Treiberzelle auf ein Minimum (IEF 6 ≈
2 mA). Dritte und vierte Reihe: Augendiagramme und Pulssequenzen des modifizierten
Entwurfs im Vergleich zwischen Messung und Simulation (IEF 6 = nom. ≈ 50 mA).
modifizierten Entwurfs im Vergleich zum Originalentwurf dargestellt. Die untere
Hälfte zeigt die gleichen Größen als Ergebnis der Simulation. Meß- und Simulationsergebnisse zeigen für den modifizierten Entwurf eine gute Übereinstimmung.
Die Stabilitätsproblematik des Originalentwurfs zeigt sich nun auch in der Simulation, jedoch ist die Simulation eher zu ungünstig11 .
Stärker läßt sich die Oszillation bei auf ∆UQ = 2 Vss reduziertem Hub
beobachten, wie die Meßergebnisse der oberste Reihe in Abb. 8.10, aber auch
11
Ein Vergleich von Simulation und Messung ist nur für die externen Spannungsverläufe
möglich, in welchen durch die Tiefpaßfilterung in der Ausgangsstufe, die intern auftretende
Oszillation abgedämpft wird. Man erkennt sie jedoch im Meßergebnis an dem kaum mehr unter
die Umschaltschwelle reichenden vorletzten Bit. In anderen Zeitausschnitten findet man dieses
Verhalten auch in der Simulation. Es kommt zustande, wenn Oszillation und Nutzsignal an den
Basen des Ausgangsstromschalters nahezu gegenphasig anliegen.
8.2 20-Gbit/s-Modulatortreiber
207
der simulierte Pulsverlauf rechts darunter zeigen. Messung und Simulation zeigen in guter Übereinstimmung eine Oszillation bei etwa 13 GHz 12 . Ausgehend
von dem fast völlig geschlossenen Augendiagramm in der obersten Reihe der
Abb. 8.10 führt eine starke Reduktion des Stroms durch EF6 (vgl. Abb. 3.2)
zu dem darunterliegenden weit geöffneten Augendiagramm. Eine entsprechende
Simulation in [114] zeigt diesen Effekt ebenfalls. Bei höheren Hüben erfolgt durch
diese Maßnahme jedoch eine zu langsame Umladung der Minoritätenladung der
Ausgangsstufentransistoren, welches den Grund für die Beschränkung des Maximalhubs auf ∆UQ = 2 Vss (für B = 20 Gbit/s) in [23] darstellt.
Die folgenden Meßergebnisse gelten für Treiberchips mit dem modifiziertem Strukturentwurf. Gemessene und simulierte Eingangsreflexionsfaktoren
des Modulatortreibers zeigt Abb. 8.11. Sowohl Gegen- als auch GleichtaktReflexionsfaktor zeigen eine passable Übereinstimmung von Messung und Simulation, wenn man von den durch Mehrfachreflexion und parasitäre Verkopplungen
auf dem Meßsubstrat in der Messung einfließenden Störungen absieht.
Gleichtaktmode
10
Messung
0
Gegentaktmode
10
Simulation
0
S 11
S 11
[dB]
[dB]
−10
−20
−10
Messung
−20
−30
Simulation
−40
0
5
Ruhelage
umgeschaltet
10
15
f [GHz]
Ruhelage
umgeschaltet
−30
−40
20
0
5
10
15
20
f [GHz]
Abb. 8.11: Eingangsreflexionsfaktoren. Vergleich zwischen Messung und Simulation.
Am Ausgang des Treibers ist der einphasige Reflexionsfaktor von Interesse,
da zum gegenwärtigen Zeitpunkt die meisten Modulatoren einphasig und nicht
differentiell arbeiten. Abb. 8.12 zeigt Meßergebnisse und Simulationen in den drei
Schaltzuständen des Ausgangs (für nominellen Ausgangshub UQ = 3 Vss ).
Wiederum stimmen Messung und Simulation in der Tendenz gut überein.
Die Simulation zeigt jedoch im Low-Pegel, wenn also der gesamte Strom auf
den Transistor der betrachteten Ausgangsseite umgeschaltet ist, im Frequenzbereich zwischen 18 und 19 GHz aktives Verhalten, was auf eine Rückwirkung
mit der inneren Schaltung schließen läßt. Ein am Ausgang anliegendes Signal
hat im wesentlichen zwei Möglichkeiten, in die innere Schaltung einzukoppeln.
12
Simulationen zeigen, daß die im Vergleich zu Abb. 8.9 stärker sichtbare Oszillation sowohl auf eine etwas stärkere Oszillation im Innern der Schaltung als auch auf den geringeren
Schaltstrom (und damit geringere Dämpfung) der Ausgangsstufe zurückzuführen sind.
8. Realisierte Treiberschaltungen— Meßergebnisse
und deren Vergleich mit der Simulation
208
Eine Möglichkeit ist der Substratkörper, in den der Subkollektor der Ausgangsstransistoren genauso wie die Subkollektor-Abschirmung der Ausgangsbondpads
einkoppeln. Eine weitere Möglichkeit der Einkopplung besteht offensichtlich über
die Kollektor-Basiskapazitäten der beiden Ausgangsstufentransistoren13 .
Ein interessantes Detail ist die
Tatsache, daß diese Problematik
5
Simulation
gerade im eingeschalteten Zustand
0
(Spannungs-Low-Pegel) und nicht in
S 22 −5
der Ruhelage auftritt. Dies ist jedoch
[dB] −10
leicht verständlich, wenn man nicht
−15
Ruhelage
der verbreiteten Illusion unterliegt,
high
−20
ein umgeschalteter StromschalterMessung
low
−25
0
5
10
15
20 transistor verstärke nicht, denn mehr
f [GHz]
als Umschalten könne man nicht.
Daß dem keineswegs so ist, zeigt
Abb. 8.12: Einphasiger AusgangsreflexiAbb. 8.13. Dargestellt sind hier die
onsfaktor in den drei (auf den
simulierten Betragsverläufe der auf
Ausgang bezogenen) Schalteinen der Treiberausgänge bezogenen
zuständen.
Kleinsignal-Verstärkung der differentiellen Eingangsspannung. Dabei werden wiederum die drei Schaltzustände des
Stromschalter-Transistors am betrachteten Ausgang unterschieden.
Daß ein Kleinsignal-Frequenzgang für
eine Großsignalschaltung wie den Mo30
20
dulatortreiber wenig Relevanz hat, ist
10
offensichtlich und so verwundert es
∆
S21
0
nicht, daß der Frequenzgang in Ru[dB]
−10
helage sehr schnell gegenüber seinem
−20
Ruhelage
Niederfrequenzwert14 abfällt. Ungleich
aus
−30
interessanter ist das Verhalten in den
ein
−40
0
5
10
15
20 beiden umgeschalteten Zuständen. Im
f [GHz]
Low-Pegel tritt bereits für Frequenzen
oberhalb von etwa 7,5 GHz
Abb. 8.13: Simulierte “einphasige Differenzverstärkung” in den drei Verstärkung auf. Sogar im eigentlich
(auf den Ausgang bezogenen) “passiven” — weil ausgeschalteten —
Zustand (high-Pegel) tritt im Bereich
Schaltzuständen.
von 19 GHz Verstärkung auf. Die Ur13
Durch eine Basisschaltung mit ausreichendem Vorwiderstand wie bei dem in Kap. 5.2.1
beschriebenen EAM-Treiber kann dieser Koppelweg vermieden werden.
14
Der simulierte Wert stimmt gut mit dem Ergebnis einer einfachen Handrechnung überein.
8.3 40-Gbit/s-EAM-Treiber
209
0V
uQ
einphasig
-3,5 V
Messung
Simulation vs. Messung
3,5 V
uQ
differentiell
0
-3,5 V
17 ps
17 ps
Abb. 8.14: Gemessene Augendiagramme der einphasigen (oben) sowie der differentiellen (unten) Ausgangsspannung im Vergleich zur Simulation. Die Datenrate beträgt 23 Gbit/s und die Spannungshübe 3,5 Vss einphasig und 7 Vss
differentiell.
sache für dieses Verhalten liegt in der kapazitiven Ausgangsimpedanz der
Stromquellen des ersten und zweiten Stromschalters und der Basis-EmitterSperrschichtkapazität der gesperrten Stromschaltertransistoren, welche die “ideale Gegenkopplung” (Stromquelle) über der Frequenz schnell verschlechtern, bis
die beiden Transistoren als getrennte Emitterschaltungen zu arbeiten beginnen.
Abschließend sei noch gezeigt, daß auch dieser Treiber eine deutliche Sicherheitsreserve in Bezug auf nominelle Datenrate (20 Gbit/s) und Ausgangsspannung (3 Vss einphasig) aufweist. Abb. 8.14 zeigt auf der linken Seite die Augendiagramme der einphasigen (oben) und der differentiellen Ausgangsspannung
(unten) bei einer Datenrate von 23 Gbit/s und einem Ausgangshub von 3,5 Vss ,
respektive 7 Vss . Auf der rechten Seite sind die entsprechenden Simulationsergebnisse überlagert mit den Meßergebnissen dargestellt. Trotz der hohen Datenrate
zeigen sowohl das Augendiagramm der einphasigen Ausgangsspannung als auch
das der differentiellen Ausgangsspannung eine sehr gute Übereinstimmung mit
den jeweiligen Meßergebnissen.
8.3
40-Gbit/s-EAM-Treiber
Für ein künftiges 40 Gbit/s-System mit elektrischem Zeitmultiplexverfahren wurde für die Firma Siemens (ICN) im Rahmen des BMBF-Projektes PhotonikII
[41] ein spezieller Modulatortreiber zur Ansteuerung eines differentiellen Elektroabsorptionsmodulators (EAM) entworfen und realisiert. Entwurfsgesichtspunkte dieses EAM-Treibers werden in Kap. 5.3 beschrieben, welchem in Abb. 5.22
8. Realisierte Treiberschaltungen— Meßergebnisse
und deren Vergleich mit der Simulation
210
auch der Stromlaufplan der Schaltung entnommen werden kann15 . Ein Foto der
integrierten Schaltung zeigt Abb. 8.15. Sicherlich fällt dem Leser der große “un-
1. Zelle
Aktive
Vorspannungserzeugung
(EAM-Bias)
Eingang
Ausgang
2. Zelle
Abb. 8.15: Foto des Halbleiterchips. Die Abmessungen betragen 1 × 1, 1 mm2 .
genutzte” Bereich in Abb. 8.15 auf. Parallel zu dem in Kap. 5.3 beschriebenen
Standardkonzept [27] wurde eine spezielle “Leistungs-Version” eines Zeitmultiplexers entwickelt, welcher systemseitig aus einer Reihe von Gründen [7] von Beginn
an der Vorzug gegeben wurde. Das Standardkonzept wurde dennoch realisiert,
um das mit dem neuen Konzept verknüpfte Risiko zu minimieren. Dabei wurde
auf eine völlige Kompatibilität mit den Abmessungen, sowie der Padanordnung
und -belegung des Leistungs-MUX geachtet, um potentiell für den Modulaufbau
das gleiche Keramiksubstrat verwenden zu können16 .
Eine Zusammenfassung der Meßergebnisse ist in Tab. 8.3 dargestellt [27].
Eine der inhärenten Vorteile eines Multiplexers liegt in seiner Geschwindigkeitsreserve gegenüber einem Standardtreiber. Während beim letzteren der Aus15
Auf eine detaillierte Darstellung der vorderen Stufen kann verzichtet werden, da sich deren
Topologie nicht wesentlich von derjenigen der anderen Treiber unterscheidet.
16
Letztendlich wurde der Standardtreiber — wie alle Schaltungen in dieser Arbeit — mit
der einfachen Aufbautechnik nach Abb. 7.6 aufgebaut und es wurden keinerlei Kühlungsmaßnahmen ergriffen. Hingegen mußte der Leistungs-MUX direkt in einer industriellen, wärmeableitungsoptimierten Aufbautechnik aufgebaut werden. Trotz etwa gleicher Verlustleistung wie
beim Standardtreiber konnte der Leistungs-MUX aufgrund ungeklärter Temperaturprobleme
nicht in der einfachen Aufbautechnik betrieben werden.
8.3 40-Gbit/s-EAM-Treiber
Datenrate
Maximaler Spannungshub
Einstellbarer EAM-Bias
Ausgangswiderstand
Modulationsstromhub
Eingangsspannungsbereich
Negative Betriebsspannung
Positive Betriebsspannung (Ausgangsstufe)
Verlustleistung
Externe Abblockung
211
40 Gbit/s
2,5 Vss differentiell
0 . . . − 2 V (kontinuierlich)
25 Ω
max. 50 mA
diff. 2 × 300 mV . . . 2 × 400mV
−5,2 V
4V
2 W (für 2,5 Vss Hub)
keinerlei Abblockung nötig !
Tab. 8.3: Zusammenfassung der Meßergebnisse des 40-Gbit/s-EAM-Treibers.
gangsstromschalter über die Differenz-Basisspannung geschaltet wird, erfolgt dies
im Multiplexer über den Emitterstrom (welcher der Kollektorstrom des TaktStromschalters ist), bei bereits umgeladener Basis-Emitter-Sperrschichtkapazität.
Tatsächlich vermag der Leistungs-MUX auch bei einer Datenrate von 50 Gbit/s
noch den nominellen Differenz-Spannungshub von 2 V zu liefern [7] und weist
somit gegenüber dem Standardtreiber eine Geschwindigkeitsreserve von 25% auf.
Beim Entwurf wurde der Treiber von Beginn an durch ein elektrisches Ersatzschaltbild des EAMs belastet (vgl. Kap. 2), wobei nicht bezüglich dessen
Eingangsspannung, sondern der über dem inneren Bereich des Quantumwells
liegenden elektrischen Spannung optimiert wurde. Eine (erfüllte) Voraussetzung
hierfür ist zunächst eine ausreichende Linearität der optischen Dämpfungscharakteristik, welche eine nichtlineare Pulsformung beim Übergang vom elektrischen in
den optischen Bereich vermeidet. Ein EAM kann vereinfacht als eine Fotodiode
aufgefaßt werden, die je nach anliegender Spannung Photonen absorbiert und in
einen Fotostrom umsetzt. Wird, wie im vorliegenden Fall, mit geringer optischer
Leistung gearbeitet, kann der Fotostrom näherungsweise vernachlässigt werden17 .
Für die Prüfung des Treibers ist zunächst ein rein elektrischer Test
zweckmäßig. Prinzipiell könnte auf der Meßkeramik — wie in [64] für Fotodioden — ein vereinfachtes elektrisches Ersatzschaltbild realisiert werden. Die
relevante Spannung müßte jedoch hochohmig gemessen werden, was angesichts
der hohen Datenrate von 40 Gbit/s nur schwerlich möglich ist18 . Zur Vermeidung dieses Problems wird ein anderer Weg beschritten. Der Ausgang des Treibers wird ac-gekoppelt mit den beiden 50 Ω-Eingängen eines HochfrequenzSamplingoszilloskops verbunden. Um denselben Spannungshub einzustellen, wer17
Im Gegensatz hierzu sind bei dem in Kap. 5.2.1 diskutierten EAM-Treiber beide Voraussetzungen nicht gegeben.
18
Hochohmig bedeutet in diesem Fall auch für hohe Frequenzen. Eine ac-Kopplung an das
für die Messung benötigte Hochfrequenz-Oszilloskop genügt keinesfalls.
8. Realisierte Treiberschaltungen— Meßergebnisse
und deren Vergleich mit der Simulation
212
den die Lastwiderstände RP (Abb. 5.22) durch Trennung von Metallstegen von
nominell 25 auf 50 Ω erhöht, so daß die effektive ac-Gesamtlast 25 Ω beträgt.
Abb. 8.16 zeigt simulierSimulation
te Augendiagramme der dif0V
ferentiellen Spannnungen über
u qw
EAM-Last
dem Quantumwell des EAM
-2 V
und über den ac-gekoppelten
UBias=-1V
50 Ω-Widerständen des Oszil1V
loskops. In den wesentlichen
50 Ω -Last
uQ
(ac-Kopplung) Merkmalen stimmen die bei-1 V
den Augendiagramme überein,
so daß die “Ersatzmessung”
10 ps
mit ac-gekoppeltem OszilloAbb. 8.16: Simulierte Augendiagramme über dem skop eine Aussage zur FunkQuantumwell des EAMs (oben) und tionalität im elektrooptischen
am Eingang des ac-gekoppelten Oszil- System zuläßt. Abb. 8.17 zeigt
loskops (unten). B = 40 Gbit/s.
auf der linken Bildhälfte gemessene Augendiagramme für nominellen Hub ∆UQ = 2 V und maximal gemessenen Hub ∆UQ = 2,5 V . Die rechte Hälfte zeigt entsprechende Simulationsergebnisse, denen die Meßergebnisse für einen leichteren Vergleich überlagert wurden.
In beiden Fällen zeigen die Augendiagramme noch klare Öffnungen, man erkennt
1V
uQ
-1 V
Messung
Simulation vs. Messung
1,25 V
uQ
-1,25 V
10 ps
Abb. 8.17: Augendiagramme für Nominal- und maximalen Hub (Links) im Vergleich
mit grafisch überlagerten Simulationsergebnissen (Rechts). B = 40 Gbit/s.
jedoch auch, daß die Datenrate von 40 Gbit/s bereits die Geschwindigkeitsgrenze
für die Schaltung darstellt. Trotz der hohen Datenrate zeigt sich noch eine bemerkenswert gute Übereinstimmung von Messung und Simulation. Im gezeigten
Fall hat der EAM-Bias seinem nominellen Wert von −1 V . Weitere Messungen
zeigen, daß über dem gesamten vorgesehenen Einstellbereich von 0 bis −2 V
keinerlei Degradation des Augendiagramms auftritt.
8.3 40-Gbit/s-EAM-Treiber
Neben dem in SiGe-Technologie [46] realisierten EAM-Treiber wurde eine
geringfügig modifizierte Variante auch in einer InGaAs/GaAs-HBT-Technologie
[167] entworfen. Die Transistorparameter dieser Technologie sind etwas besser
als diejenigen der SiGe-Technologie, ein Umstand der jedoch durch die nur
zwei verfügbaren Metallisierungsebenen (mit zusätzlichen geometrischen Einschränkungen) durch Probleme beim Strukturentwurf teilweise wieder kompensiert wird [58].
Bei der Messung dieser Chips mußte jedoch eine extreme Ausfallquote konstatiert werden. Die Technologie befand sich noch in einen frühen Laborstudium
mit schlechter Ausbeute und zusätzlich standen aufgrund der kleinen Wafergrößen
(3 Zoll) nur eine begrenzte Anzahl an Chips zur Verfügung. Ein Aufbau zeigte
zunächst volle Funktionalität, so daß Layoutfehler ausgeschlossen werden können
[168], fiel dann aber aus. Die genauen Ursachen konnten mangels Aufbauten nicht
geklärt werden. In Anbetracht der für das 40 Gbit/s-System ausreichend guten
Ergebnisse der SiGe ICs wurde von weiteren Versuchen abgesehen.
Auf eine Darstellung des mit dem zunächst intakten Modul gemessenen Augendiagramms bei 20 Gbit/s — welches im übrigen gut mit dem Ergebnis einer
entsprechenden Simulation übereinstimmt — soll an dieser Stelle verzichtet werden, da es sich nur um die halbe Systemdatenrate handelt.
213
Kapitel 9
Zusammenfassung
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden eine Reihe von Laser- und Modulatortreiber in Silizium-Bipolartechnologie entworfen, realisiert und vermessen.
Dabei wurde die Datenrate von anfangs 10 Gbit/s [17] über 20 Gbit/s [23, 31]
auf schließlich 40 Gbit/s [27, 7] gesteigert.
Verglichen mit bisher publizierten Schaltungen — nahezu ausschließlich unter Verwendung aufwendiger und kostspieliger VerbindungshalbleiterTechnologien realisiert — sind die Leistungsdaten der realisierten SiliziumTreiberschaltungen meist gleichwertig, teilweise sogar besser (vgl. Tab 1.1 in
Kap. 1). Bis zum heutigen Tag sind ausnahmslos alle in dieser Arbeit entwickelten
Schaltungen weltweite Rekordhalter für Silizium-basierte Technologien1 .
Möglich wurden die erzielten Ergebnisse durch den konsequenten Einsatz
physikalisch basierter Entwurfsprinzipien. Als deren wichtigste Säule sind Transistorentwurf und -modellierung zu nennen. Hierfür wurde in dieser Arbeit
Tramod [1], ein spezielles Rechnerprogramm entwickelt. Es erlaubt die Berechnung der Modellparameter nahezu beliebiger Transistorkonfigurationen aus deren
geometrischen Abmessungen sowie spezifischen elektrischen und technologischen
Parametern. Ein weiteres darauf aufbauendes Modul, Tramod2Kic [48], generiert entsprechende, technologiekonforme CAD-Module für Transistoren und Widerstände. Damit wurde eine ideale Voraussetzung für die Transistoroptimierung
in schnellen Treiberschaltungen geschaffen, in denen die entworfenen TransistorSonderstrukturen mit Vorteil eingesetzt wurden.
Eine Vielzahl grundlegender Problemstellungen ist untrennbar mit dem Entwurf von Treiberstufen verbunden und mußte gelöst werden. Datenrate und Ausgangshub von Treiberschaltungen werden im besonderem Maße durch die RCTiefpaßzeitkonstante des Ausgangskreises begrenzt. Hierfür wurde ein auf tech1
Stand: Mai 2000.
216
9. Zusammenfassung
nologischen und elektrischen Parametern basierender Ausdruck angegeben, mit
dem die Eignung einer Technologie zur Realisierung von schnellen Treiberstufen evaluiert werden kann. Auch bei konsequenter Umsetzung der hieraus abgeleiteten Dimensionierungsaspekte reicht die resultierende maximale Bandbreite
oftmals nicht aus. Zur Lösung dieser Problematik wurde die Transimpedanz des
Treiber-Ausgangskreises um “Anhebungsinduktivitäten” zu einem ausreichend
breitbandigen Tiefpaß höherer Ordnung erweitert. Dessen Wirkungsweise wurde
durch die Einführung eines problemangepassten Operators (Y−Operator) diskutiert.
Die aus dem einphasigen Abgriff des Ausgangssignals resultierende Unsymmetrie der elektrischen Pulsform konnte durch Adaption eines bestehenden Ansatzes [65] mit gezieltem Einsatz zweier differentieller Offsetspannungen vermieden werden. Darüberhinaus wurde das Konzept auch zur Entzerrung optischer
Pulse eingesetzt, indem eine elektrische Vorverzerrung vorgenommen wurde.
Die Ausgangstransistoren schneller Treiberschaltungen arbeiten bei Stromdichten knapp unterhalb, teilweise leicht innerhalb des Hochstrombereichs.
Grundlegende Hochstrommechanismen — vor allem in Hinblick auf die heute
gebräuchlichen drei verschiedenen Vertreter Silizium-basierter Bipolartechnologien — wurden diskutiert und am Beispiel des 10 Gbit/s-Laser-/Modulatortreibers
Auswirkungen des Hochstromeffektes auf die Signalqualität studiert.
Hochgeschwindigkeits-Siliziumbipolartechnologien weisen vergleichsweise
kleine Durchbruchsspannungen auf. Häufig angegebene Werte sind UCEO und
UCBO , die Durchbruchspannungen für offene Basis sowie offenen Emitter. In der
Schaltung treten beide Fälle, insbesondere der Fall offener Basis, in Reinform
nicht auf und so ist die tatsächlich tolerable Kollektor-Emitterspannung größer als
UCEO aber auch kleiner als UCBO . Eine Beschränkung auf Spannungen unterhalb
UCEO war aufgrund der geforderten Ausgangshübe nicht möglich. Durch Anwendung geeigneter schaltungstechnischer Maßnahmen, unterstützt durch sorgfältige
Durchbruchsmessungen, konnte ein Betrieb oberhalb UCEO toleriert werden.
Je nach verwendetem Modulationskonzept, ob direkte Modulation des Laserdiodenstroms oder externe Lasermodulation mittels MZI oder EAM, ergeben
sich für die benötigten Treiberschaltungen verschiedene Lastfälle. Problemangepaßte Schaltungskonzepte für alle drei Fälle wurden entwickelt. Im einfachsten
Fall genügte die Anwendung geeignet modifizierter Ausgangsstufenkonzepte. Der
im Fall der direkten Modulation benötigte hohe Dynamikbereich des Ausgangsstromhubes erforderte hingegen ein spezielles Netzwerk über den Ausgangshub
gesteuerter Stromquellen.
Aufgrund der vergleichsweise niederohmigen, stark kapazitiven Schaltungsknoten sind Treiberschaltungen in besonderem Maße anfällig für Stabilitätspro-
9. Zusammenfassung
bleme in Verbindung mit bereits kleinsten parasitären Induktivitäten. So wurde
für den kapazitiv belasteten Emitterfolger durch eine bislang unbekannte analytische Betrachtung der destabilisierende Einfluß einer Induktivität in dessen Kollektorkreis gezeigt. Methoden zur elektrischen Modellierung der Metallisierung
in allgemeinster Form wurden aufgezeigt und hieraus am Beispiel des 20 Gbit/sModulatortreibers fundamentale Regeln für den Strukturentwurf schneller Treiberstufen abgeleitet.
Hohe Ausgangshübe bedingen hohe Verlustleistungen und diese wiederum
hohe Sperrschichttemperaturen, welche die Funktion der Schaltung beeinträchtigen können. Ein spezielles elektrisches Meßverfahren wurde realisiert, bei dem
ein vorhandener Hochfrequenztransistor innerhalb der Schaltung als “in-situ”Meßfühler für seine Sperrschichttemperatur benutzt wird. Das Verfahren wurde
auf den 20 Gbit/s-Modulatortreiber angewandt und der Einfluß zweier unterschiedlicher Aufbautechniken quantitativ verifiziert.
Großer Wert wurde auf den Vergleich von Simulation und Experiment gelegt.
Als Ergebnis der konsequenten physikalischen Modellierung, angefangen bei den
Bauelementen, über die parasitären Elemente und Effekte des Strukturentwurfs,
bis hin zu aufbautechnischen Elementen ist in allen Fällen — trotz der hohen Datenrate und trotz des modellierungsempfindlichen ausgangsseitigen einphasigen
Betriebes — eine sehr gute Überstimmung gegeben.
217
218
Anhang
Anhang
A.1
Verwendete Transistorersatzschaltbilder
Die Simulation der Treiberschaltungen erfolgt überwiegend mit dem Schaltungssimulator SPICE (3f4) unter Zugrundelegung des in Abb. A.1 dargestellten modifizierten SPICE-Gummel-Poon-Modells. Neben dem in SPICE implementierten
Modell werden durch die beiden Zeitkonstanten τ1 und τ2 zusätzlich nichtquasistatische Effekte und durch die Kapazität CrBi die dynamische Emitterrandverdrängung modelliert [108, 1]. Die Parameter dieses Modells werden mit den im
Rahmen dieser Arbeit entwickelten Transistormodellierungsprogrammen ermittelt [1, 45].
C
rCa
CCS (U) rSub
S
C Cox
CCBa (U)
CCBi (U)
i T
C rbi
B
rBa1
C Eox
rBa2 rBi (Ic )
i Bi
CBE (U)
CdE
rE
-j ωτ2
CdE = CdE e
E
-j ω ( τ1+ τ2 )
i T = i T e
Abb. A.1: Modifiziertes Spice-Gummel-Poon Modell mit zusätzlicher Berücksichtigung nichtquasistatischer Effekte und dynamischer Emitterrandverdängung.
Bereits 1987 wurde in [66, 67] ein dem SPICE-Gummel-Poon Modell in
mehrerlei Hinsicht überlegenes Bipolartransistormodell mit dem Namen HICUM
(für High CUrrent Modell) vorgestellt. Neben einer konsequenten, physikalisch
konsistenten Ableitung aus der Ladungssteuerungstheorie behält dieses Modell
als wichtigste Verbesserung seine Gültigkeit auch bis tief in den Hochstrombereich des Transistors hinein. Mitte 1998 war das Modell in verschiedenen weiter
entwickelten Versionen in mehreren kommerziellen Schaltungssimulatoren (z.B.
SABER und ELDO) bei einzelnen Firmen eingebaut.
A.2 Verwendete Silizium-Bipolartechnologien
219
rSu
S’
i TS
CjS
S
CSu
rCx
0
C’BCx
C’’BCx
i BCx
CdS
B
rBx
0
i BEp
C Eox
CjEp
C
0
i BCi
i AVL
*
rBi
0
i BEi
CjCi
CdC
CjEi
CdE
iT
rE
Tj
E
P
Rth
Cth
Abb. A.2: Ersatzschaltbild des in ELDO zuladbaren HICUM-Modells
Im Rahmen von [75] wurde eine aktuelle HICUM-Version als zuladbares Bibliotheksmodul für den Schaltungssimulator ELDO [86] realisiert. Abb. A.2 zeigt
die Ersatzschaltbildstruktur dieses Modells. Für eine detailierte Diskussion dessen
einzelner Elemente muß auf [75] verwiesen. Aus Meßergebnissen wurden in der
vorliegenden Arbeit für die beiden verwendeten Fertigungstechnologien Technologieparameter ermittelt, anhand derer (vgl. [1]) Hicum-Transistormodelle erzeugt
wurden. In Kap. 4.4 konnte hiermit der Einfluß des Hochstromeffektes auf das
Schaltverhalten der Ausgangsstufe untersucht werden. Deren Modellparameter
sind in [75] aufgelistet.
A.2
Verwendete Silizium-Bipolartechnologien
Die Realisierung der in dieser Arbeit entworfenen Treiberschaltungen erfolgte
unter Verwendung zweier Silizium-basierter Bipolarprozesse der Firma Infineon
Technologies. Der 10-Gbit/s-Laser-/Modulatortreiber wurde in der Produktionstechnologie B6HF [69] gefertigt. Auch der 10,8-Gbit/s-EAM-Treiber wurde auf
Basis dieser Technologie entworfen, aufgrund des Projektstops seitens des Auftraggebers Bosch-Telecom trotz vielversprechender Ergebnisse jedoch nicht gefertigt.
220
Anhang
bE
fT
[µm] [Ω]
τF
rB
CEB
CCB
CCS
jCK
UCE0
UCB0
[ps]
[Ω]
[f F ]
[f F ]
[f F ]
[mA/µm2 ]
[V ]
[V ]
B6HF
0,4
27
4,5
51
37
18
51
≈ 0,75
3,6
12
SiGe-Lab.
0,3
72
1,7
38
28
19
20
≈2
2,5
8
Tab. A.1: Gegenüberstellung der wichtigsten Transistorparameter der verwendeten
Silizium-Bipolartechnologie B6HF sowie der SiGe-Labortechnologie. Dabei
referenzieren die Kapazitäten den jeweiligen Wert bei 0 V . In den GesamtBasisbahnwiderstand geht der innere, stromabhängige Anteil, für halbe
Hochstromeinsatzstromdichte 21 · jCK ein. Die Einsatzstromdichte jCK gilt
in beiden Fällen für eine Kollektor-Basispannung UCB = 0.
Der 20-Gbit/s-Modulatortreiber und der 40-Gbit/s-EAM-Treiber wurden in
einem fortschrittlichen Laborprozess des Bereichs Zentrale Forschung und Entwicklung von Infineon Technologies gefertigt. Statt des zunächst angestrebten
reinen Siliziumprozesses wurde letzendlich ein SiGe-Drifttransistorkonzept realisiert, in welchem ein Ge-Gradient in der selektiv aufgewachsenen Basis die Basislaufzeit reduziert2 . Mittlerweile steht ein darauf aufbauender künftiger Produktionsprozeß (B7HF ) unmittelbar vor der Freigabe.
Im folgenden seien kurz die wichtigsten Charakteristika der beiden Technologien diskutiert. Hierzu zeigt Tab. A.1 in einer Gegenüberstellung die wichtigsten
Transistorparameter der beiden Technologien. Dabei handelt es sich um die Daten
eines Transistors mit einem 10 µm langen Emitterstreifen in minimaler technologisch möglicher Breite (Effektivmaße) einem Kollektor- und zwei Basisstreifen.
Beim Vergleich beachte der Leser, daß der SiGe-Transistor trotz der um
25% kleineren Emitterfläche den doppelten Strom (6 mA) des B6HF -Transistors
führen kann, bevor Hochstromeffekte einsetzen. Es ist genau dieser Umstand,
der es ermöglicht, in dieser Technologie hohe Ausgangshübe und hohe Datenraten zu realisieren. Offensichtlich führen die kleinen Durchbruchspannungen aber
zwangsläufig zu einem merklichen Eintritt in den Spannungsbereich oberhalb
UCE0 und unterhalb UCB0 . Sorgfältige Durchbruchsmessungen und/oder Simulationen [79] sind nötig, um zu gewährleisten, daß Transistoren die oberhalb UCE0
betrieben werden, dies aufgrund der vorliegenden Beschaltung auch können.
2
Oftmals werden solche Prozesse fälschlicherweise als SiGe-HBT-Technologie referenziert.
Beim SiGe-Drifttransistorkonzept wird durch den Ge-Gradienten jedoch lediglich ein zusätzliches Driftfeld erzeugt und nicht — wie beim SiGe-HBT-Konzept — die speziellen Verhältnisse
eines Basis-Emitter-Heteroübergangs ausgenutzt.
A.3 Ersatzschaltbild gekoppelter Bonddrähte
221
Zu der SiGe-Labortechnologie sei noch angemerkt, daß derart hohe Kollektorstromdichten für Treiberschaltungen nur dann sinnvoll ausgenutzt werden
können, wenn auch die zuführenden Metallisierungsstreifen ausreichend Stromtragfähigkeit aufweisen. Ein starkes Ungleichgewicht zwischen Transistor- und
Metallstromdichten führt zu einer hohen Zahl kurzer Emitterstreifen. Bei der
Diskussion der Ausgangs-RC-Zeitkonstante (Abb. 3.3) wurde gezeigt, daß dies in
Bezug auf die Transistorkapazität ungüstig ist.
A.3
Ersatzschaltbild gekoppelter Bonddrähte
In Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde an verschiedenen Stellen von
FastHenry Gebrauch gemacht [127]. Neben der Modellierung der Metallisierung auf dem Halbleiterchip wurden an mehreren aufgebauten
40 Gbit/s-EAM-Treibern deren Ausgangsbonddrähte optisch vermessen und mit
FastHenry modelliert. Abb. A.3 zeigt ein Geometriebeispiel und die zugehörigen mit FastHenry berechneten Ersatzschaltbildelemente.
Meßfassungsseite (Mikrostreifenleitung)
LQ = 0,18 nH
k = 0,22
LQ
200 µm
100 µm
100 µm
Chipseite (Bondpads)
250 µm
k
LQ
L∆Q = 0,14 nH
L ΣQ = 0,22 nH
Abb. A.3:
Gekoppelte Ausgangsbonddrähte des 40 Gbit/s-EAM-Treibers. Geometrisches Modell
und Ersatzschaltbild aus Fasthenry-Simulation. Der Kreisquerschnitt (25 µm) der
Bonddrähte wird durch eine quadratische Querschnittsfläche gleichen Flächeninhaltes
modelliert. Der Abstand von 100 µm ist an den EAM angepaßt. Wegen der niedrigen
Permittivität des verwendeten PTFE-Substrates (r = 2,2) müssen die Bonds im elektrischen Aufbau auf den Minmalabstand der differentiellen Leiter (200 µm) aufgefächert
werden. Die griechischen Buchstaben ∆ und Σ indizieren Gegen- und Gleichtaktmode.
Häufig kann man wie in [87] und [64] die Bondinduktivität und Kopplung
mit einfachen Zweidrahtleitungs-Formeln abschätzen. Ohne Kopplung ergibt sich
dann pro Millimeter ca. 0,8 nH Induktivität. Bei kurzen Bondrähten kommt
222
Anhang
man so jedoch zu falschen Ergebnissen. Anfang und Ende kurzer Bonddrähte
erzeugen offensichtlich entgegengesetzt gerichtete Magnetfelder, die sich teilweise
kompensieren und so die effektive Induktivität reduzieren. Im Beispiel Abb. A.3
ist die Bogenlänge etwa l ≈ 340 µm. Die Eigeninduktivität ist jedoch deutlich
kleiner als 0,27 nH = 0,8 · 0,34 nH . Auch die Kopplung läßt sich im gezeigten
Fall — aufgrund der durch den Minimalabstand der differentiellen Leitungen auf
dem PTFE-Substrat bedingten — Auffächerung nicht trivial bestimmen3 .
Festzuhalten ist, daß bei sorgfältigem manuellem Bonden (konventioneller
Ultraschallbonder) und optimaler Anpassung der Chipausparung auf dem Substrat, mit der in dieser Arbeit auschließlich verwendeten einfachen Aufbautechnik (vgl. Kap 7, Abb. 7.6) durchaus Eigen- und Gegeninduktiväten im Bereich
von 200 pH bzw. 40 pH erreicht werden können. Bei der Simulation solch kurzer Bonddrähte muß aber neben der grundsätzlich immer zu berücksichtigenden
Endkapazität der Mikrostreifenleitung, auf die gebondet wird, unter Umständen
auch ein magnetischer Endeffekt berücksichtigt werden. Letzterer kommt zustande durch einen vom Bonddraht in das Endstück der Mikrostreifenleitung beziehungsweise umgekehrt einkoppelnden magnetischen Fluß. Dies kann in einfacher
Weise in einem entsprechend angepaßten Modell berücksichtigt werden. Wenn
dies hier nicht vorgenommen wird, dann vor allem deswegen, weil die Streuung
durch Bondtoleranz demgegenüber bereits einen größeren Einfluß haben dürfte.
A.4
Passive Konzepte für die Vorspannungserzeugung beim 40-Gbit/s-EAM-Treiber
In Kap 5.3.2 wird eine neuartige Ausgangstufe mit aktiver Last vorgestellt, mit
der in eleganter — weil zuverlässiger Weise — der hochfrequenten Modulationsspannung eines EAM eine einstellbare Vorspannung addiert überlagert werden
kann. Ein Hauptentwurfskriterium für diesen Schaltungsblock ist die Realisierung einer möglichst niederohmigen (insbesondere niederinduktiven) Eingangsimpedanz, um zusätzliche Anhebungseffekte in der Übertragungsfunktion des Ausgangskreises zu vermeiden.
In der Startphase des Schaltungsentwurfs wurden auch Studien zu passiven
Lösungsansätzen für die Realisierung der differentiellen EAM-Vorspannung unternommen [104, 82]. Dabei werden die beiden Lastwiderstände RP (Abb. 5.19)
an zwei externe Spannungsquellen angeschlossen, deren Differenz die benötigte
3
Offensichtlich reduziert davon unabhängig aber auch die Kreuzkopplung von Anfang des
einen und Ende des anderen Bonddrahtes (und umgekehrt) die effektive Kopplung gegenüber
dem nur von Abstand abhängigen Fall bei langen Bonddrähten.
A.4 Passive Konzepte für die Vorspannungserzeugung beim
40-Gbit/s-EAM-Treiber
223
Vorspannung realisiert. Ausreichende externe Abblockung4 vorausgesetzt, erhält
man hierdurch — zumindest in Form der Bonddrahtinduktivitäten LP — eine
störende Impedanz Z̃ in Reihe zu den Lastwiderständen RP (Abb. A.4).
(Signalmasse)
ZP
Störimpedanz
RP
L’Q
Störimpedanz
1
2 R qw
ZP
I’Q
RK =RP
1’
2
CQ
2Cqw
Uqw
RP
Z K=
RP
ZP
1
(Signalmasse)
RP
Kompensationszweig
Abb. A.4: Links: Gegentaktersatzschaltbild des Ausgangskreises eines EAM-Treibers
(vgl. Abb. 5.19). Rechts: Kompensation der Störimpedanz Z̃ durch Parallelschaltung eines Kompensationszweiges.
Um die hieraus resultierende unerwünschte Anhebung — oder allgemeiner
Verzerrung — der Übertragungsfunktion des Ausgangskreises zu vermeiden, wird
ein Kompensationszweig (Abb. A.4 rechts) eingeführt [168]. Bei entsprechender Dimensionierung wird der interne Lastzweig mit Störimpedanz exakt in die
erwünschte rein resistive Last RP tranformiert. Ist beispielsweise Z̃ = jωLP , so
besteht der Kompensationszweig aus einer Reihenschaltung eines Widerstands
RK = RP und einer Kapazität CK = LP /RP2 . Damit ergeben sich virtuell dieselben Verhältnisse wie bei den Betrachtungen in Kap. 5.3.1. Bei der schaltungstechnischen Realisierung kann man sich den Umstand zunutze machen, daß aufgrund
des differentiellen Betriebes die Gegentaktmode überwiegt. Durch die sich ausbildende virtuelle Masse zwischen den Ausgängen kann der Kompensationszweig
differentiell zwischen die beiden Ausgänge geschaltet werden, wobei natürlich RK
zu halbieren und CK zu verdoppeln sind.
Mit dem Ziel eines prinzipiellen Verständnis des Kompensationsansatzes
wurde hier ein vereinfachtes EAM-Modell verwendet. In [82] wird dieses Konzept
zusammen mit einem sehr genauen EAM-Ersatzschaltbild verwendet. Eine exakte
4
Eine interne Abblockung scheidet in Ermangelung integrierter Kapazitäten in der verwendeten Technologie aus. Auch mit entsprechenden Bauelementen ist von einer solchen Maßnahme
abzuraten, da mit einer Abblockung gegen die Masse auf dem Chip schwer kontrollierbare Resonanzen (verteilte Metallisierung) verbunden sind.
224
Anhang
Kompensation ist dann nicht notwendig optimal, kann aber als Ausgangspunkt
der Optimierung verwendet werden. Eine analytische Beschreibung des exakten
Falls erfordert einigen mathematischen Aufwand und führt zu kaum überschaubaren Zusammenhängen, weshalb hier darauf verzichtet sei [82].
Ein weiteres untersuchtes Kon500 Ω 110 Ω 500 Ω
U2
zept baut auf dem Gegentaktbetrieb
U1
des Ausgangs auf. Durch einen spek
LP
LP
ziellen Strukturentwurf (Layout) für
die Leitungen der Ausgangsstufe und
Chip
eine geeignete Anordnung von Bond∆
Σ
drähten wird die Störimpedanz miniZW , ZW
miert. Abb. A.5 zeigt eine schematische Darstellung der Konfiguration.
1
LQ
2 I’Q
Die beiden Spannungen U1 und
U2 dienen der Einstellung der EAM1
k
EAM
I’
2 Q
Vorspannung5 . Die ursprünglich getrennten beiden internen Lastzweige
LQ
werden parallelisiert, so das sich zwei
vollständig differentielle Lastzweigpaare mit im Gegentakt betriebenen
Leitungen und Bonddrähten ergeben. Wird der Gegentaktwiderstand
Z∆
W der gekoppelten MikrostreifenleiLP
LP
k
tungen6 an die effektive differentielle
U2
U1
100 Ω-Last angepaßt, ist die verblei500 Ω 110 Ω 500 Ω
bende Störung durch die BondindukAbb. A.5: Vollständig differentielles Kon- tivitäten LP gegeben. Durch den Gezept einer passiven Realisierung gentaktbetrieb kann die effektiv wirksame Induktivität jedoch bei starker
der EAM-Vorspannung.
magnetischer Kopplung (eng benachbartes Bondpaar) gegenüber dem Wert der Eigeninduktivität deutlich reduziert
werden (vgl. Anhang A.3). Eine weitere Reduktion deren Einflusses kann durch
den oben beschriebenen Kompensationsansatz erreicht werden (Einbringen eines
RK CK -Zweiges zwischen den Ausgängen der Leitungspaare).
Die mit den beiden passiven Konzepten simulierten Ergebnisse sind schlechter als die der aktiven Variante [168]. In der Praxis hat die letztere, zudem auch
weniger aufwendige Variante, volle Funktionsfähigkeit gezeigt, so daß auf die passiven Lösungen nicht zurückgekommen werden mußte.
5
Ebenso natürlich der Arbeitspunkteinstellung der Ausgangsstufentransistoren, welche hier
als gegenphasige Stromquellen angedeutet sind.
6
Elektrisch kurze gekoppelte Leitungen können durch das in Abb. A.5 dargestellte Ersatzschaltbild mit drei Leitungen modelliert werden [100].
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PhotonikII-Projektes, 1998. Persönliche Notizen.
241
Nachwort
Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Halbleiterbauelemente der RuhrUniversität Bochum.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. Hans-Martin Rein für das
mir entgegengebrachte Vertrauen und die von ihm eröffneten Möglichkeiten zur
Verwirklichung dieser Arbeit. Neben zahlreichen Anregungen und Hinweisen sei
ihm an dieser Stelle auch für seinen menschlichen Rückhalt gedankt.
Herrn Prof. Dr.-Ing. Peter Dullenkopf danke ich für sein Interesse an meiner Arbeit und für die Übernahme des Korreferats trotz der damit verbundenen
Mühen.
Den Firmen Siemens AG und Infineon Technologies AG danke ich für die
Unterstützung in Form von Projekten und die Möglichkeit zahlreiche Testschaltungen zu realisieren.
Dank schulde ich auch allen Mitarbeitern und Kollegen in der Arbeitsgruppe
Halbleiterbauelemente und am Lehrstuhl für Elektronische Bauelemente sowie
meinen Studienarbeitern und Diplomanden, deren Beiträge mich bei dieser Arbeit
wesentlich unterstützt haben.
Schließlich möchte ich allen mich umgebenden Mitmenschen, ganz besonders
aber meiner Mutter, für die moralische Unterstützung der vergangenen Monate
danken.
Bochum, im Dezember 2000
Rolf Schmid
Lebenslauf
2/10/1968 geboren in Lengnau/AG (Schweiz)
1975 bis
Mai
1977 Primarschule in CH-5424 Unterehrendingen/AG
1977 Umzug in die Bundesrepublik Deutschland
1977 bis
1979 Städt. Gemeinschaftsgrundschule Wuppertal-Barmen
1979 bis
1988 Märkisches Gymnasium Schwelm
1988 bis
1993 Studium der Elektrotechnik an der Ruhr-Universität
Bochum
1993 bis
1998 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe
Halbleiterbauelemente der Ruhr-Universität Bochum
seit
1998 Projektleiter im Bereich Microelectronic der Firma
MICRAM AG in Bochum
Juli
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