Universität Freiburg, Fakultät für Physik Seminar Teilchenphysik und Kosmologie WS 2001/02 Lutz Feld Elementarteilchenphysik • ein sehr kurzer Überblick über ein großes Forschungsgebiet • keinesfalls ein Ersatz für die Vorlesung Teilchen und Kerne • Schwerpunkt auf der Struktur des Standardmodells und möglicher Erweiterungen Die folgenden Folien enthalten zum Teil urheberrechtlich geschütztes Material und dürfen daher nicht unerlaubt verwendet werden. Fragen • Was sind die elementaren Bausteine der Materie? • Welche Kräfte wirken zwischen ihnen? • Wie können wir möglichst viel über die elementaren Teilchen und ihre Dynamik lernen? • Wie ist die makroskopische Welt aus diesen Komponenten zusammengesetzt? • Welche möglichst einfache Theorie kann alle Beobachtungen beschreiben? • Warum ist die Welt gerade so wie sie ist? • Wie ist die Welt entstanden? Elementarteilchenphysik Lutz Feld Einheiten & Größenordnungen • Energieeinheit in der Teilchenphysik ist das „Elektronvolt“: 1 eV = 1 Elementarladung ×1V = 1.6 ×10 −19 J 1 keV = 103 eV Kilo - Elektronvolt 1 MeV = 106 eV Mega - Elektronvolt 1 GeV = 109 eV Giga - Elektronvolt • In der Teilchenphysik geben Lichtgeschwindigkeit und Planck‘sches Wirkungsquantum die Skala vor c =1 • • ≡ h =1 2π k =1 Damit haben alle Größen als Einheit eine bestimmte Potenz der Energie: E p = E/c m = E/c 2 E E/c E/c 2 λ t T hc/E 1/E h/E 1/E E/k E = h/p ∝ h/E = E/k E E E Nützliche Umrechnungsfaktoren: c ≈ 200 MeV fm 1 GeV ≈ 1013 K Elementarteilchenphysik Lutz Feld Auflösungsvermögen Wellenlänge bestimmt das Auflösungsvermögen hc E = pc = λ Objekte und ihre Größe ( m ≈ 0) Beobachtungsinstrument typische Energie Lichtmikroskop 1 eV Elektronenmikroskop 10 keV Streuexperimente niederenergetisch 100 MeV Streuexperimente hochenergetisch 100 GeV Auflösen kleiner Strukturen erfordert hohe Energie Elementarteilchenphysik Lutz Feld Elementarteilchenphysik 2x10-4 eV 2.7 K 20x109 a 2x10-4 eV K 5x109 a 10-3 eV 11 K 109 a 0.1 eV 103 K 300000a 100 keV 109 K 102 s 100 GeV 1015 K 10-10 s 1014 GeV 1027 K 10-35 s 1019 GeV 1032 K 10-43 s Lutz Feld Teilchenphysik & Kosmologie • zur Untersuchung kleinster Strukturen benötigt man hochenergetische Proben (d.h. mit kleiner Wellenlänge) • bei den hohen Energien treten neue Phänomene und Teilchen auf • die Untersuchung des Ursprungs des Weltalls führt ebenfalls zu immer höheren Energien • gibt es eine Theorie die die Prozesse bis zu höchsten Energien konsistent beschreiben kann? • die Teilchenphysik und die Kosmologie führen auf die gleichen Fragen und suchen gemeinsam nach Lösungen Elementarteilchenphysik Lutz Feld Elementare Kräfte & Teilchen Kräfte werden vermittelt durch Bosonen (Spin 1) Austausch Masse Wechselwirk. Stärke Reichweite teilchen (GeV) q stark 1 1 fm 8 Gluonen 0 0 1/137 unendlich Photon 0 0 schwach 10-6 0.001 fm W+/-,Z0 Gravitation 10-40 unendlich Graviton elektromag. Fermionen 0 (Spin 2) 0 (Spin 1/2) mit je einem Antiteilchen Wechselw. charm top 0.003 1.3 Grav. up schw. q elmag. Masse (GeV) stark Flavour Quarks 80,91 +/-1,0 +2/3 x x x x 175 down strange bottom -1/3 x x x x 0.006 Leptonen 0.1 4.3 ν e ν µ ντ <3x10-9 e <2x10-4 µ 0.00051 0.106 Elementarteilchenphysik 0 - - x x -1 - x x x <2x10-2 τ 1.777 Lutz Feld Austauschteilchen • Kraftwirkung wird durch den Austausch eines Bosons beschrieben e e Photon oder Z0 e e Zeit • Abstoßung • Anziehung Elementarteilchenphysik Lutz Feld Quanten-Elektro-Dynamik • QED ist der Prototyp für die Quantenfeldtheorie einer Wechselwirkung • Photon ist Feldquant der QED • elektrisch geladene Teilchen wechselwirken durch Austausch eines Photons • Beispiel: Elektron-Positron-Streuung e- e- α α e+ e+ e- α α e+ e- e+ 1 e2 α≡ ≈ 4π 137 • Kopplungsstärke an jedem Vertex: α • solche Diagramme heißen Feynman-Diagramme; es gibt genaue Regeln wie man die Diagramme in Wirkungsquerschnitte umsetzt: Feynman-Regeln • alle Diagramme mit einer bestimmten Anzahl α bilden eine bestimmte Ordnung der Störungsreihe • höhere Ordnungen Elementarteilchenphysik Lutz Feld QED-Feynman-Regeln Elementarteilchenphysik Lutz Feld QED: Lokale Eichsymmetrie • • QED kann aus einer lokalen U(1)-Eichsymmetrie hergeleitet werden iα globale Eichsymmetrie ψ ( x ) → e ψ ( x ) führt zur Erhaltung der elektrischen Ladung (Noether-Theorem) • 2 ( die Aufenthaltsdichte bzw. Ladungsverteilung eψ x ) ändert sich nicht wenn man eine lokale iα ( x ) ( ) ( ) ψ x → e ψ x Eichtransformation durchführt: • • ( µ ) die Lagrangedichte L = ψ iγ ∂ µ − m ψ ändert sich! die Lagrangedichte kann invariante gemacht werden durch Einführung eines Vektorfeldes Aµ das sich 1 Aµ → Aµ + ∂ µα transformiert und Übergang e zur „kovarianten Ableitung“ Dµ ≡ ∂ µ − ieAµ nach • ( = ψ (iγ ) − m )ψ L = ψ iγ µ Dµ − m ψ µ ∂µ + eψ γ µψAµ Dirac − Gl. für Elektron Elektron - Photon - Kopplung + Energie des Photon - Feldes • ein Masseterm Elementarteilchenphysik 1 2 m 2 Aµ A µ ist nicht eichinvariant Lutz Feld Renormierung & laufende Kopplung • Berechnung höherer Ordnungen führt auf ein Problem: die Wirkungsquerschnitte divergieren! ok • divergent die Lösung heißt „Renormierung“: divergente Terme werden durch eine Neudefinition der Kopplungskonstante absorbiert (die Kopplung an den Feynman-Graphen muß ja nicht die beobachte Elementarladung sein) α (µ 2 ) α (Q ) = α (µ 2 ) § Q 2 · 1− log¨¨ 2 ¸¸ 3π ©µ ¹ 2 • • mit Renormierung erhält man endliche Wirkungsquerschnitte, die allerdings von der „Renormierungsskala“ µ abhängen; diese Abhängigkeit wird umso schwächer je mehr Ordnungen einbezogen werden; die Kopplungskonstante läuft jede lokale Eichtheorie ist renormierbar Elementarteilchenphysik Lutz Feld Laufende Kopplung: QED ee+ e+ F(0) e- e+ F(Q2) e- e+ e- e- e+ e- e+ e- e+ e+ e- e- Elementarteilchenphysik Lutz Feld QED: Präzisionstests • QED-Rechnungen liefern sehr genaue Vorhersagen, die mit den Messungen sehr gut übereinstimmen • Beispiel: anomales magnetisches Moment e , g = 2, s = 12 – Dirac-Theorie µ = gµ B s mit µ B ≡ 2mc – mit Strahlungskorrekturen: • für das Elektron: (g-2)/2 10-12 Wert Rechnung 1159652201 Messung 1159652188.4 Unterschied 12.6 Fehler 27 4.3 27 • seit kurzem gibt es eine noch genauere Messung die für das Myon, die eine knapp 3 Sigma Abweichung von der (genaueren) Rechnung zeigt: (g-2)/2 10-10 Wert Rechnung 11 659 159.6 Messung 11 659 203 Unterschied 43 Fehler 6.7 15 16 Hinweis auf „neue Physik“? Supersymmetrie? Elementarteilchenphysik Lutz Feld Drei Wege zu den Quarks Quarks wurden noch nie als freie Teilchen beobachtet. Wie hat man sie dann gefunden? 1. Ordnung im Teilchenzoo 2. Streu-Experimente 3. Vernichtungsreaktionen Elementarteilchenphysik e+ q e- q Lutz Feld Ordnung im Teilchenzoo • an den Teilchenbeschleunigern wurden in den 50er und 60er Jahren (und danach) eine große Zahl „Elementarteilchen“ entdeckt, über 100 • Ordnung nach Masse, Spin, Ladung, Lebensdauer, Verhalten unter best. Ww, ... • Beispiel: Neutron und Proton werden zu einem „Isospin-Dublett“ zusammengefasst Proton Neutron 1 1 ,+ 2 2 1 1 ,− 2 2 §1· oder ¨¨ ¸¸ © 0¹ § 0· oder ¨¨ ¸¸ ©1¹ – Neutron und Proton bilden eine „fundamentale Darstellung“ einer SU(2)-Gruppe, die Generatoren sind die Pauli-Matrizen §0 1· §0 − i· §1 0 · ¸¸, τ 2 = ¨¨ ¸¸, τ 3 = ¨¨ ¸¸ τ 1 = ¨¨ 1 0 0 0 1 − i © ¹ © ¹ © ¹ – Isospin zusammengesetzter Systeme ­ 1,1 = pp ° 1 ° (pn + np ) Triplett ® 1,0 = 2 ° ° 1,−1 = nn ¯ 1 ­ (pn − np) Singlett ® 0,0 = 2 ¯ – wenn der Isospin erhalten ist (z.B. starke Ww) kann man damit Verhältnisse von Wirkungsquerschnitten vorhersagen Elementarteilchenphysik Lutz Feld Ordnung im Teilchenzoo • Entdeckung „seltsamer“ (strange) Teilchen 1947 – – – – werden schnell erzeugt -> starke Ww zerfallen langsam -> schwache Ww Einführung der Hyperladung Y=B+S neben Isospin > neue Symmetriegruppe muß zwei gleichzeitig diagonale Generatoren deren Eigenwerte Isospin und Hyperladung darstellen – > SU(3) • wenn SU(3)-Symmetrie vorliegt muß es Gruppen von Hadronen mit gleichem Spin, Masse etc geben, die unter den SU(3)-Transformationen invariant sind • Darstellungen der SU(3) fundamentale Darstellungen höhere Darstellungen §u· §u· ¨ ¸ ¨ ¸ 3 = ¨ d ¸ und 3 = ¨ d ¸ ¨s¸ ¨s¸ © ¹ © ¹ 3 ⊗ 3 ⊗ 3 = 10 ⊕ 8 ⊕ 8 ⊕ 1 3 ⊗ 3 = 8 ⊕1 • Baryonen passen in ein Spin-1/2 Oktett und ein Spin-3/2 Dekuplett, Mesonen analog • Gell Mann, Zweig 1964:die fundamentale Darstellung der Flavour-SU(3) entspricht drei physikalischen Teilchen, genannt „Quarks“ Hadronen sind aus Quarks zusammengesetzt Elementarteilchenphysik Lutz Feld Meson- und Baryon-Multipletts Mesonen: Quark-Antiquark pseudoskalare Spin 0, Parität -1 Vektormesonen Spin 1, Parität -1 Baryonen: Quark-Quark-Quark Spin 1/2, Parität +1 Spin 3/2, Parität +1 Ω- wurde so 3 Jahre vor seiner Entdeckung vorhergesagt Elementarteilchenphysik Lutz Feld Ω• vorhergesagt durch Quarkmodell • entdeckt 1964 am Brookhaven National Laboratory in einer großen Blasenkammer Elementarteilchenphysik Lutz Feld Teilchenzoo - verstanden • alle beobachten Teilchen passen in das Quarkmodell • alle vom Modell vorhergesagten Teilchen werden auch beobachtet • viele Anregungszustände Elementarteilchenphysik Lutz Feld Meson-Spektroskopie es wurden viele Anregungszustände beobachtet, z.B bei Charmonium und Bottomium damit sind Rückschlüsse auf das Bindungs-Potential möglich Elementarteilchenphysik Lutz Feld Relativistische Kinematik • Spezielle Relativitätstheorie: physikalischen Gesetze in allen Inertialsystemen gleich (insbesondere die Lichtgeschwindigkeit) • Lorentz-Transformationen zwischen Inertialsystemen lassen (c2t2-x2) invariant • „Vierervektor“ ist jeder Satz aus 4 Größen, die sich wie (ct,x) transformieren, Notation: (ct , x ) ≡ x 0 , x1 , x 2 , x 3 ≡ x µ ( ) • nach der speziellen Relativitätstheorie ist ( ) § E · 0 1 2 3 µ ¨ , p¸ ≡ p , p , p , p ≡ p ©c ¹ auch ein Vierervektor • für ein freies Teilchen E 2 2 2 p = 2 − p = m 2c 2 c m : Ruhemasse • Lorentz-invariantes Skalarprodukt µ µ A ⋅ B ≡ A B − A ⋅ B = Aµ B = A Bµ 0 0 mit Aµ ≡ A ,− A ( 0 ) implizite Summation über gleiche Indizes § · • Schwerpunktsenergie: s ≡ ¨ ¦ pi ¸ © i ¹ Elementarteilchenphysik 2 Lutz Feld Wirkungsquerschnitt NStrahl NZiel Fläche A NWechselwirkung Wirkungsqu erschnitt σ ≡ NWechselwirkung N Strahl N Ziel A 2 dN 2π Fermi' s goldene Regel W = M fi dE f Matrixelem ent M fi = f HStörung i partieller Wirkungsq uerschnitt 2 1 dσ = M fi d (Phasenraum ) Fluß Elementarteilchenphysik Lutz Feld Streuexperimente (elmag.) Auflösungsvermögen eines Mikroskops (reelle Photonen) ∆x = 1 1 λ = = n sin θ p n sin θ n pt ; n sin θ : numerische Apertur Im Streuexperiment sind die Photonen virtuell und das Auflösungsvermögen wird durch das Quadrat ihres Viererimpulses gegeben (i=initial, f=final) Q 2 ≡ − q 2 ≡ (ki − k f ) 2 = ( Ei − E f ) 2 − ( pi − p f ) 2 ≠ 0 Elastische Streuung: kein Energieübertrag auf das Streuobjekt kf ki θ q Winkelverteilung wird mit der Streuung an punktförmigen Objekt verglichen dσ dσ = d Ω dΩ F (Q 2 ) 2 punktförmig F(Q²) ist ein „Formfaktor“, seine Fouriertransformierte beschreibt die Dichteverteilung des Objekts an dem gestreut wird • punktförmiges Streuobjekt: F(Q²)=1 • ausgedehntes Streuobjekt: F(Q²) verschwindet für große Q² Elementarteilchenphysik Lutz Feld Elastische ep-Streuung Spins und magnetische Momente müssen berücksichtigt werden -> der punktförmige Wirkungsquerschnitt wäre Dirac-Streuung -> es ergeben sich zwei Formfaktoren Formfaktor · E f § GE 2 + τ GM 2 α2 dσ 2 2θ 2θ ¸, τ ≡ − q 2 4m p 2 ¨ cos 2 τ G sin = + M ¨ 1+τ 2 2 ¸¹ dΩ lab 4 E 2 sin 4 θ Ei © 2 Ladungsverteilung des Protons hat exponentielle Form, Radius ~0.8 fm -(Viererimpulsübertrag)2 Elementarteilchenphysik Lutz Feld Inelastische ep-Streuung höheres Auflösungsvermögen = höhere Energie dann ist die Streuung aber nicht mehr elastisch, sondern das Proton wird angeregt oder bricht sogar auseinander -> inelastische Streuung kf ki θ p q W = (¦ pi ) 2 2 neben Q² braucht man eine zweite Variable um die Reaktion zu beschreiben: • invariante Masse W des Proton-Systems • Skalenvariable Q2 Q2 x≡ = 2 p ⋅ q W 2 − mp2 + Q2 der Wirkungsquerschnitt lautet dann · d 2σ Q2 4πα 2 1 E f §¨ 2 2θ ¸ 2 2θ F2 ( x, Q ) cos − = 2 xF1 ( x, Q ) sin dQ 2 dx Q 2 x Ei ¨© 2 2m p 2 x 2 2 ¸¹ mit den beiden Strukturfunktionen F1 und F2 Elementarteilchenphysik Lutz Feld Scaling und Partonen F2 hängt offenbar nur schwach von Q2 ab -> Bjorken-Scaling -> Streuung findet an punktförmigen Bestandteilen des Protons statt, den „Partonen“ Elementarteilchenphysik Lutz Feld Interpretation von x kf ki xp p q θ 0 ≈ m parton = (xp + q ) = x 2 p 2 + 2 x p ⋅ q + q 2 ≈ 2 x p ⋅ q − Q 2 2 Q2 x= 2 p⋅q x: Anteil des getroffenen Partons am Protonimpuls Elementarteilchenphysik Lutz Feld Erwartung für F2(x) Elementarteilchenphysik Lutz Feld F2-Anstieg bei kleinen x Elementarteilchenphysik Lutz Feld HERA (DESY, Hamburg) • • • • seit 1992 in Betrieb Elektronen oder Positronen (27.5Gev) kollidieren mit Protonen (920GeV) Schwerpunktsenergie 318 GeV vier Experimente: H1, ZEUS, Hermes, HERA-B Elementarteilchenphysik Lutz Feld R-Verhältnis e+ ( ) eσ e + e − → hadrons = + R≡ + − + − e σ e e →µ µ ( ) α eq α q α α e­ ° ° ° R=® ° ° ° ¯ 2 2 2 q 2 §2 · §1 · §2 · ¨ ¸ +¨ ¸ +¨ ¸ ©3¹ ©3¹ ©3¹ 2 2 §2· +¨ ¸ 3 ©3¹ 2 10 §1 · +¨ ¸ 9 ©3¹ µ+ 2 = ¦ eq 2 q µ- 2 3 10 = 9 11 = 9 = für u, d, s für u, d, s, c für u, d, s, c, b R → 3R ! ! ! Quarks kommen in 3 Sorten vor: rot, grün, blau Elementarteilchenphysik Lutz Feld Quanten-Chromo-Dynamik • Theorie die eine Kraft zwischen Quarks vermittelt welche – bei kleinen Abständen ähnlich wie QED ist – bei großen Abständen konstant wird (confinement) • lokale Eichsymmetrie bezüglich SU(3)Farbe • Kopplungsstärke • SU(3) hat 8 Generatoren -> 8 Eichbosonen: Gluonen • SU(3) ist nicht-abelsch -> Eichbosonen koppeln aneinander, die Gluonen tragen Farbe/Antifarbe • hohe Energien, kleine Abstände: αs αs q q q • αs 4 αs 3 r ( ) q g rb g q V (r ) = − q q q Einschnürung des Farbfeldes bei wachsendem Abstand: V (r ) = k r Elementarteilchenphysik Lutz Feld Entdeckung der Gluonen (DESY, 1979) e+ q 3-Jet Ereignisse e- q JADE, PETRA TASSO, PETRA Elementarteilchenphysik Lutz Feld Laufende Kopplung QCD R R R F(0) R 12π R R § Q2 · (33 − 2n flavour )log¨¨ Λ2 ¸¸ © ¹ R R R R R F(Q2) R R α s (Q 2 ) = R R R R S. Bethke, hep-ex/0004021 20 Apr 2000 Elementarteilchenphysik Lutz Feld Schwache Wechselwirkung • schwache Wechselwikung vermittelt radioaktive Zerfälle wie den Betazerfall n → p + e− +ν e • sie tritt nur in Erscheinung wenn Übergänge mit der elmag. oder starken Ww verboten sind • nur die schwache Ww kann Übergange zwischen verschiedenen Quarks und zwischen verschiedenen Leptonen erzeugen • Neutrinos wechselwirken nur schwach • „schwach“ bedeutet lange Zerfallszeiten (10-8 bis 103 s), kleine Wirkungsquerschnitte • sehr kurze Reichweite (~10-18 m) • Fermi-Theorie (1933): Punktwechselwirkung 2π 2 dN W= GF M dE M 2 konstant, von Ordnung 1 1 −5 3 GF ≈ 1.02 ×10 ≈ 8 . 7 × 10 MeV fm 2 mp −5 • Fermikonstante ist dimensionsbehaftet Elementarteilchenphysik Lutz Feld W-Bosonen n → p + e− +ν e Punktwechselwirkung -> GF hat Einheit (Energie)-2 -> Wirkungsquerschnitte ~ Energie -> verletzt Unitärität n p GF νe e- führe geladenes Vektorboson W als Austauschteilchen ein (Glashow, Salam, Weinberg 1967/68) -> Propagator im Matrixelement: u u n d d p 1 u d 2 2 MW − q W q2 klein im Betazerfall ->Identifizierung 2 GF g = 2 2 8M W νe W-Boson wurde 1983 am CERN entdeckt: M W e- ≈ 81 GeV damit folgt daß g ≈ 1 die schwache Wechselwirkung ist schwach und kurzreichweitig, weil das Austauschboson so schwer ist; die Kopplung ist vergleichbar mit QED Elementarteilchenphysik Lutz Feld Paritätsverletzung • Paritätstransformation P= Spiegelung am Ursprung • elektromagnetische und starke Ww sind invariant unter P • Betazerfall verletzt P-Symmetrie maximal denn die entstehenden Anti-Neutrinos sind rechtshändig (Wu, 1957) νe beobachtet: n rechtshändig p e- P enicht beobachtet: n p νe linkshändig -> V-A Theorie (Feynman, Gell-Mann, ..., 1958) Elementarteilchenphysik Lutz Feld CP-Verletzung • Ladungskonjugation C ändert das Vorzeichen aller ladungsartigen inneren Quantenzahlen • elektromagnetische und starke Ww sind invariant unter C • schwache Ww ist nicht invariant unter C (wie P) • schwache Ww verletzt sogar CP, wenn auch nur leicht mit einem Anteil in der Größenordnung 10-3 • CP-Verletzung zuerst im Kaon-System beobachtet bei Zerfällen in 2 bzw. 3 Pionen, wird jetzt im BMeson-System vermessen • weiteres Beispiel: K L → e ν eπ + − häufiger CP K L → e ν eπ − • + CP-Verletzung könnte bei der Entstehung der Materie-Antimaterie-Asymmetrie eine entscheidende Rolle spielen Elementarteilchenphysik Lutz Feld Geladene und neutrale Ströme • geladene Ströme vermitteln Übergänge in folgenden Doubletts §ν e · ¨¨ − ¸¸ © e ¹L §u· ¨¨ ¸¸ © d '¹L • §ν µ · ¨¨ − ¸¸ © µ ¹L §c· ¨¨ ¸¸ © s' ¹ L §ν τ · ¨¨ − ¸¸ ©τ ¹ L §t· ¨¨ ¸¸ © b' ¹ L W+ §ν e · ¨¨ − ¸¸ © e ¹L W- um Übergänge z.B. von s nach u erklären zu können schlug Cabbibo vor (1963) daß die die „schwachen“ und „starken“ Eigenzustände der Quarks verschieden seien: d ' = d cosθ C + s sin θ C s ' = − d sin θ C + s cosθ C θ C ≈ 0.21 Verallgemeinerung auf (d‘,s‘,b‘): Cabbibo-Kobayashi-Maskawa-Matrix • 1973 wurden am CERN neutrale schwache Ströme beobachtet: ν µ + N →ν µ + X ν µ + e− → ν µ + e− die Neutrinos sind auch hier alle linkshändig, die anderen Teilchen treten aber auch rechtshändig auf • 1983 wurde das dazugehörende Austauschboson am CERN entdeckt: das Z0 Elementarteilchenphysik Lutz Feld Elektroschwache Vereinigung • bei Energien oberhalb der Masse der schwachen Vektorbosonen sind elektromagnetische und schwache Ww ähnlich • die W-Bosonen wirken auf den Dubletts des schwachen Isospins, also wäre SU(2)I eine naheliegende Symmetriegruppe, um die schwache Ww aus einer lokalen Eichinvarianz abzuleiten; 3 Generatoren: W+,W,Z0? • • Problem: Z0 koppelt auch an rechtshändige Teilchen Idee (Glashow, Weinberg, Salam, 1961-68): Z0 und A(Photon) sind gemischte Zustände aus dem W0 und einem geeignet konstruierten „B“ (ergibt sich als Eichboson einer U(1)Y zur „schwachen Hyperladung“ Y=2(Q-I3)) A = B cos θ W + W 0 sin θ W Z = − B sin θ W + W 0 cos θW θ W ist der Weinberg-Winkel sin2 θ W ≈ 0.23 • aus der lokalen Eichinvarianz unter SU ( 2) I ⊗ U (1)Y ergibt sich die gesamte elektroschwache Ww. • für die Kopplungen g der SU(2) und g‘ der U(1) gilt g sin θW = g ' cosθW = e GF g2 = 2 2 8M W Elementarteilchenphysik MW = 2 e = 78 GeV 8GF sin θ W Lutz Feld Higgs-Mechanismus • • die W- und Z-Bosonen sind sehr schwer (80,91GeV) M2 Masseterme der Form WµW µ zerstören die 2 Eichinvarianz und damit die Renormierbarkeit • Higgs-Mechanismus (Higgs 1964): Masseterme werden durch Kopplung der Bosonen an ein neues „Higgs-Feld“ erzeugt, dessen VakuumErwartungswert nicht verschwindet, sondern geeignet gewählt wird (spontane Symmetriebrechung) derart erzeugte Masseterme erhalten die Renormierbarkeit (t‘Hooft 1971) • • § φ1 + iφ2 · ¸¸ Higgsfelder als Isospin - Doublett ¨¨ φ i φ + 4¹ © 3 2 2 L = i∂ µ − gT ⋅ Wµ − g ' Y2 Bµ φ − µ 2φ tφ + λ φ tφ mit µ 2 < 0 und λ > 0 §φ + · φ ≡ ¨¨ 0 ¸¸ = ©φ ¹ 1 2 ( ( )) ( ) V Wähle φ = 1 2 § 0· µ2 2 ¨¨ ¸¸ mit v ≡ − λ ©v¹ ( φ L(φ0 ) = ( 21 vg ) W µ W − µ + 81 v 2 gW µ − g ' Bµ 2 + MW = 21 vg M Z = 21 v g 2 + g ' 2 MA = 0 Elementarteilchenphysik 3 ) + 0 ⋅ (g 'W 2 3 µ − gBµ ) 2 MW = cos θ W MZ Lutz Feld Photon-Z0-Interferenz e+ γ e- µ+ e+ µ- e- Z0 µ+ µ- dσ α 2 = A0 1 + cos 2 θ + A1 cosθ dΩ 4 s A1 = 0 γ : A0 = 1 Z 0 : A0 = f (V − A Parameter) A1 = f (V − A Parameter) ≠ 0 [ ( ) ] PETRA Messung der Asymmetrie erlaubt Bestimmung des Weinbergwinkels Elementarteilchenphysik Lutz Feld Z0-Präzisionsmessungen an LEP σ Z ff 12π Γee Γ ff sΓZ2 = 2 mZ ΓZ2 s − m 2 2 + s 2 ΓZ2 Z ( ) Breit - Wigner - Formel mZ2 Anzahl der Neutrino - Familien : Nν = Elementarteilchenphysik ΓZ − Γhadrons − 3Γll Γν Lutz Feld Boson-Selbstwechselwirkung vom SM vorhergesagt W W γ Z W verboten Z Z W Z W γ W W W γ W γ W W W e+ Z Z γ Z W γ/Z e- W e+ e- ν W e+ W e- Z e Z e + e − → W +W − e+e− → Z 0 Z 0 Elementarteilchenphysik Lutz Feld Standardmodell vs. Daten Elementarteilchenphysik Lutz Feld Und das Higgs? • alle direkten Suchen bisher negativ LEP2: mH > 114 Gev (95%C.L.) • Higgs-Strahlungskorrekturen tragen zu Standardmodell-Meßgrößen bei ( ~log(mH) ) -> indirekte Bestimmung der Higgsmasse e+ H µ+ e- Z0 µ- M H = 88+−53 35 GeV M H < 196 GeV (95% C.L.) Elementarteilchenphysik Lutz Feld Große Vereinheitlichung • das Standardmodell funktioniert sehr gut; warum sollen wir darüber hinaus gehen? – Gravitation ist nicht eingeschlossen, und eine Quantentheorie der Gravitation allein ist nicht renormierbar – die elektroschwache Theorie ist keine vollständige Vereinigung, da es zwei unabhängige Kopplungen gibt, bzw. der Weinbergwinkel nicht vorhergesagt wird – die Zahl der Familien erscheint willkürlich – Quantisierung der elektrischen Ladung ist unverstanden, warum ist |Q(e)|=|Q(p)| mit einer Genauigkeit von 10-20? – es gibt im SM 18 freie Parameter: α ,θ W , ΛQCD , M H , λ,CKM (3 Winkel, 1Phase) me , mu , md , mµ , mc , ms , mτ , mt , mb • eine Grand Unified Theory (GUT) enthält eine große Symmetriegruppe G, aus der bei einer Skala MX durch Symmetriebrechnung die bekannten Gruppen entstehen: G ⊃ SU (3)C ⊗ SU (2)L ⊗ U (1)Y alle Kopplungen leiten sich aus der einen Kopplung der GUT ab SU (3)C ⊗ U (1)Q → SU (3)C ⊗ SU (2)L ⊗ U (1)Y → G →? E MW • MX MP bei der „Planck-Masse“ M P ≡ (GN ) 2 ≈ 1019 GeV muß die Gravitation berücksichtigt werden Elementarteilchenphysik −1 Lutz Feld Vereinigung der Kopplungen • die Eichgruppe legt Laufen der Kopplung mit Q fest (Renormierungsgruppengleichung) α1 = C 2 g' ; 4π (C 2 ist ein C.G. - Koeffizient der Gruppe G g 4π α3 = αs 1 1 M = + bi log X ; α i (µ ) αG µ ) α2 = bi ≡ 1 6π (− 11N Gruppe + 4nGenerationen ) NGruppe = 0,2,3 für U (1),SU (2), SU (3) nGenerationen = 3 • M X ≈ 1015 GeV Elementarteilchenphysik Lutz Feld GUT-Vorhersagen • neue Eichbosonen (X,Y) führen zu Übergängen zwischen Quarks und Leptonen in den G-Multipletts – Folge: Protonzerfall e+ ­d ° X u½ 0 p ®u ¾π °u u ¿ ¯ 1 M X4 τ p ≈ 2 5 ≈ 10 30 ±1 a für M X = 1015 GeV α mp Messung: τ p > 5 × 10 32 a • Q ist Generator der (nicht-abelschen) G – hat diskrete Eigenwerte, d.h. elektr. Ladung quantisiert – Spur(Q)=0, d.h. Summe der Ladungen eines Multipletts verschwindet: verbindet Ladung der Leptonen und Quarks • |Q(e)|=|Q(p)| erklärbar 1 • SU(5) Multiplett ν e , e - , d r , d g , d b → Q (d ) = Q (e) 3 3 8 • sin2 θ W = • mb ≈3 mτ • kleine Neutrinomassen • magnetische Monopole • mögliche Gruppen: SU(5), SO(10), E6 an der GUT - Skala (SU(5)) Elementarteilchenphysik Lutz Feld SUSY • diese GUTs haben einige Schwierigkeiten: – zwei Skalen, die 13 Größenordnungen auseinanderliegen: MX/MW=1013, Strahlungskorrekturen zur Higgsmasse δM H ∝ (M X2 − m 2 )Bosonen − (M X2 − m 2 )Fermionen (Hierarchie-Problem) – Kopplungen treffen sich nicht in einem Punkt • SUperSYmmetrie postuliert daß es zu jedem Fermion ein Boson mit gleichen Eigenschaften gibt, und umgekehrt – dies löst das Hierarchie-Problem – die Energieabhängigkeit der Kopplungen ändert sich: – M X ≈ 10 GeV – damit steigt die vorhergesagte Proton-Lebensdauer über die derzeitig gemessene Untergrenze – offenbar muß SUSY gebrochen sein, denn die supersymmetrischen Partner wurden bisher nicht gefunden – lokale SUSY führt auf ein Spin-2 Eichboson, das als Graviton gedeutet werden kann -> SUGRA 16 Elementarteilchenphysik Lutz Feld Large Hadron Collider 7 TeV Elementarteilchenphysik 7 TeV Lutz Feld Geschichte der Teilchenphysik 1897 • Elektron 1905 • Photon 1919 • Proton 1930 • Neutrino-Hypothese 1932 • Neutron • Positron • anomles magnetisches Moment des Protons Substruktur • Myon 1933 1936 1964 • Pion und langlebiger V-Teilchen (K0, Lambda) in kosm. Höhenstrahlung • V-Teilchen an Beschleunigern produziert ->”strangeness” als neue innere Quantenzahl “Teilchenzoo” • Elektron-Neutrino direkt nachgewiesen • statisches Quark-Modell, Farbe 1969 • dynamisches Quarkmodell 1973 • • • • 1947 1953 1977 Elektro-schwache Theorie neutrale Ströme Theorie der starken Ww: QCD Tau-Lepton c-Quark • b-Quark 1979 • Gluon 1983 • W- und Z-Bosonen 1990 • 3 Neutrino-Generationen 1995 • t-Quark 2000 • Tau-Neutrino 1974 Elementarteilchenphysik Lutz Feld Zusammenfassung Die Welt besteht aus Quarks und Leptonen, die durch die Eichbosonen einer spontan gebrochenen SU (3) C ⊗ SU (2) I ⊗ U (1)Y sowie durch Gravitation miteinander wechselwirken • das Standardmodell der Teilchenphysik beschreibt (fast) alle Messungen sehr gut • es ist aber nicht vollständig • es gibt ziemlich viele freie Parameter • die große vereinheitlichte Theorie ist noch nicht gefunden • neue experimentelle Ergebnisse sind nötig um den fundamentalen Aufbau unserer Welt besser zu verstehen Elementarteilchenphysik Lutz Feld Literatur • „Quarks & Leptons“, F. Halzen, A.D. Martin, Wiley,1984 • „Particle Physics and Cosmology“, P.D.B. Collins, A.D. Martin, E.J. Squires, Wiley, 1989 • „Hochenergiephysik“, D.H. Perkins, Addison-Wesley, 1990 „Introduction to High Energy Physics“, D.H.Perkins, Cambridge University Press, 2000. • „Teilchenphysik“, C. Berger, Springer, 1992 • „Elementarteilchen“, K. Bethge, U.E. Schröder, Wiss. Buchges., 1991 • „Teilchenastrophysik“, H.V. Klapdor-Kleingrothaus, K. Zuber, Teubner, 1997 Elementarteilchenphysik Lutz Feld