WMM 8_Umbruch.indd - Sanitätsdienst Bundeswehr

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Fachorgan des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
59. Jahrgang - Heft 8 - 20. August 2015
Wehrmedizinische Monatsschrift
Herausgegeben durch das Bundesministerium der Verteidigung
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V.
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Unser Leitbild
Sanitätsdienst der Bundeswehr
Wir
sind aktive Soldatinnen und Soldaten, zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sowie Reservediestleistende des Sanitätsdienstes.
Wir
schützen und erhalten die Gesundheit der uns anvertrauten Patientinnen und Patienten.
Wir
leben und handeln nach den ethisch-moralischen Werten unseres demokratischen Rechtstaates und des huminitären Völkerrechtes.
Wir
folgen den geltenden Standards und dem aktuellen Stand der Wissenschaft
Wir
nutzen unsere Waffen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht ausschließlich
zur Verteidigung unserer Patientinnen und Patienten und zum eigenen Schutz.
Wir
fördern durch offene Kommunikation, vertrauensvollen Umgang miteinander,
kurze Entscheidungswege und Stärkung der Eigenverantwortung die Motivation und
Arbeitszufriedenheit des einzelnen Mitarbeiters.
Wir
arbeiten mit unseren militärischen und zivilen Partnern zusammen, in Deutschland,
international, weltweit.
Wir
sind stolz auf die Leistungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr.
Wir
leisten einen entscheidenden Beitrag zur Einsatzbereitschaft,
Einsatzfähigkeit und Auftragserfüllung der Bundeswehr.
Wir
sind der Sanitätsdienst der Bundeswehr.
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Sehr geehrte Leserinnen
und Leser,
liebe Kameradinnen und
Kameraden,
als neuer Inspekteur des Sanitätsdienstes
der Bundeswehr freut es mich, dass ich
mich mit der ersten in meiner Amtszeit erscheinenden Ausgabe unserer Wehrmedizinischen Monatsschrift an Sie wenden kann.
Dieses gilt umso mehr, als mit dem Heft
8/2015 ein wichtiger erster Schritt in Richtung auf die Neugestaltung der „Truppenzeitung WMM“ getan wird. Zum ersten Male
erscheinen wissenschaftliche Beiträge, die ein formales Peer Review durchlaufen haben – eine wichtige Voraussetzung für die zukünftige Repräsentanz unseres Sanitätsdienstes in nationalen und
internationalen wissenschaftlichen Informationssystemen. Insbesondere unser akademischer Nachwuchs kann damit für die eigene
wissenschaftliche Arbeit auf erfahrene Gutachter zurückgreifen,
die sich dabei vor allem als kameradschaftliche Mentoren sehen.
Wir verfügen mit unserem Sanitätsdienst über ein einzigartiges Versorgungssystem. Der Wirkverbund im Zentralen Sanitätsdienst,
aber auch in den Sanitätsdiensten der Teilstreitkräfte und der Streitkräftebasis erfährt eine überaus hohe Wertschätzung. Aus den Einsätzen gewonnene und sorgfältig mit wissenschaftlichen Methoden
evaluierte Erkenntnisse finden zunehmendes Interesse auch in den
zivilen medizinischen und pharmazeutischen Fachgesellschaften.
Mit der Publikation von Beiträgen in einer eigenen Zeitschrift haben wir dabei die einmalige Chance, alle Angehörigen des Sanitätsdienstes, unsere „Reservisten“ sowie eine große Zahl ziviler Einrichtungen zu erreichen und approbationsübergreifend Wissen zu
vermitteln.
Die ersten Beiträge mit Peer Review, die in dieser Ausgabe der
WMM erscheinen, beleuchten aus dem breiten Spektrum der Wehrmedizin die Facetten Klinik, Ausbildung und Forschung. Die daran
anschließende umfassende Analyse der medizinischen Versorgung
der Deutschen Mittelmeerkräfte 1914 - 1918 macht deutlich, dass
das Befassen mit der Geschichte der Wehrmedizin uns auch für
heutige und zukünftige Einsätze wichtige Hinweise geben kann.
Die von Oberstarzt Dr. Funke vorgestellten Ideen und Vorgaben zur
Weiterentwicklung der WMM, von denen einige bereits realisiert
wurden, zeigen einen Weg auf, der allen Angehörigen des Sanitätsdienstes eine Plattform bietet, auf der sie sich austauschen können.
Ich erwarte von allen Vorgesetzten, dass sie Publikationen ihrer
Mitarbeiter in unserer WMM nachdrücklich unterstützen. Die Angehörigen der Gesundheitsfachberufe fordere ich auf, sich mit ihrem ganz speziellen Fachwissen an der Gestaltung der WMM zu
beteiligen – auch als Ausdruck meiner Wertschätzung ihrer fachlichen Leistungen. Und nicht zuletzt würde ich mich ganz besonders
darüber freuen, wenn weiterhin auch Beiträge aus dem zivilen Bereich den Weg in die Redaktion fänden.
Ich danke den „Machern“ unserer WMM für die auf dem Weg in
die Zukunft geleistete Arbeit und wünsche Ihnen allen viel Freude
beim Lesen dieses Heftes.
Ihr
Dr. Michael Tempel
Generaloberstabsarzt
Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
Inhaltsverzeichnis
ISSN 0043-2156
Heft 8/59. Jahrgang
August 2015
Editorial
229
Tempel, M.
Originalia
Sammito, S., Schlattmann, A., Felfe, J., et al.:
Betriebliches Gesundheitsmanagement im Geschäftsbereich 230
des Bundesministeriums der Verteidigung –
Wissenschaftliche Begleitung eines ehrgeizigen Projektes
Willy, C., Kern, E.-M., Kehe, K., Weller, N.
Strukturierung und Evaluation der Chirurgischen
Weiterbildung innerhalb der Bundeswehrkrankenhäuser –
Update 2015
236
Kasuistik
Schreyer C., Willms A., Schaaf S., Schwab R.
Eine außergewöhnliche Ursache des penetrierenden
Thoraxtraumas: Hydrauliköldurchschuss des linken
Lungenoberlappens
244
Geschichte der Wehrmedizin
Machalett, G., Finke, E.-J.
Die medizinische Versorgung der Deutschen
Militärmission in Vorderasien 1914 - 1918
248
Aus den Fachgebieten
Jänig, C., Laumann, S., Karg, M., Köster, M.
Einsatz im Rahmen der Bordfacharztgruppe:
Konventionelle Appendektomie an Bord der
Fregatte KARLSRUHE
259
Raab, D.
263
Fünf Strategien zur Prävention einer Sekundärkaries –
Von der Verringerung des Randspaltes bis zum Kupferzement
Funke, S.
Weiterentwicklung der WMM
266
Aus dem Sanitätsdienst
270
Truppenärtzliche Praxis
276
Wehrmedizinische Kurzinformation
278
Tagungen und Kongresse
279
Buchbesprechungen
Mitteilungen der DGWMP e. V.
269, 283
284
Titelbild: Anlässlich der Übergabe des Kommandos über den Sanitätsdienst der Bundeswehr auf der Festung Ehrenbreitstein, Koblenz,
angetretene Ehrenformation
Bildquelle: PIZ SanDstBw
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Originalia
Aus der Task Force Betriebliches Gesundheitsmanagement des Kommandos Sanitätsdienst der Bundeswehr (Führung: Generaloberstabsarzt Dr.
M. Tempel, Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr), der Abteilung Führung Streitkräfte II 6 im Bundesministerium der Verteidigung
(Abteilungsleiter: Vizeadmiral H. Lange) und den an der wissenschaftlichen Evaluierung beteiligten Instituten
Betriebliches Gesundheitsmanagement im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Verteidigung –
Wissenschaftliche Begleitung eines ehrgeizigen Projektes
Occupational health management in the ministry of defense – scientific steering
of a comprehensive project
Stefan Sammito1,2; Andreas Schlattmann3; Jörg Felfe4; Karl-Heinz Renner5; Jens Kowalski6; Michael Stein6; Gertrud
Winkler7; Ulrike Arens-Azevedo8; Christian Krauth9; Ute Latza10; Dirk Densow1; Oliver Maria Erley11; Dirk-Matthias Rose2
Zusammenfassung
Summary
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) hat sich in
den letzten Jahren zum Erhalt und zur Steigerung der Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Arbeitnehmer sowie zur
Attraktivitätssteigerung der Arbeitgeber etabliert. Seit dem
01.01.2015 wird im Rahmen einer Erprobungsphase BGM
im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung eingeführt. Diese Erprobungsphase wird von acht
Hochschulinstituten wissenschaftlich begleitet.
Es soll eine Vorstellung der Online- und Paper-Pencilbefragung
im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung sowie ein Ausblick auf die Datenauswertung und die weitere Einbindung wissenschaftlicher Erkenntnisse in eine anschließende Ausbreitung
des BGM über die Erprobungsdienststellen hinaus gegeben
werden. Hierbei wird auf die Datenerhebung im Kontext unterschiedlicher Erprobungsdienststellen und die geplante Auswertungsstrategie eingegangen.
Die Nutzung moderner Technologien, hier die Durchführung
einer webbasierten Onlinebefragung, stellt eine geeignete
Maßnahme dar, um schnell, kostengünstig – insbesondere
bei der großen Anzahl der Mitarbeiter (>10 000) – eine wissenschaftliche Ist-Erhebung zu erhalten. Die Auswertung der
ersten Befragungswelle, insbesondere der Rücklaufquoten,
wird zeigen, ob die im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung ergriffenen Maßnahmen zu einer möglichst hohen
und – auf die Dienststellen bezogen – vergleichbaren Verteilung der Teilnahme der Mitarbeiter geführt haben.
Schlüsselwörter: Betriebliches Gesundheitsmanagement, Gesundheitsförderung, Stressprävention, Militär, Bewegung, Ernährung
1
2
3
4
5
Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Abteilung A (Abteilungsleiter:
Admiralarzt Dr. Stephan Apel)
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Institutsleiter: Prof. Dr. Stephan Letzel)
Department für Sportwissenschaft der Universität der Bundeswehr München
(Departmentsprecher: Prof. Dr. Dieter Hackfort)
Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Helmut-SchmidtUniversität/Universität der Bundeswehr Hamburg (Leiter: Prof. Dr. Jörg Felfe)
Department für Psychologie, Professur für Differentielle und Diagnostische
Psychologie der Universität der Bundeswehr München (Leiter: Prof. Dr.
Karl-Heinz Renner)
Occupational health management (OHM) has been established over the last years to improve or enhance performance
ability and health of employees and to improve attractiveness of the employers. Since January 1, 2015 OHM has been
implemented in the area of responsibility of the German Federal Ministry of Defense. Eight universities are involved in
the scientific evaluation of this pilot scheme.
This paper presents the methods of the survey of all employees, the used analysis and the integration of these results in
the future expansion of the OHM amongst the Federal Armed
Forces. The challenges of the survey methods and the analysis in the context of the different participating departments of
this pilot scheme are described.
The use of modern technology (web based survey tool) is a
suitable measurement method for a fast and also cost-effective survey, especially in regard to the great number of employees (>10,000).
Particularly, the response rate to the web-based questionnaire of the first survey will indicate whether all taken mea­
sures have been effective to achieve a high participant quota
as an indicator of the degree of acceptance amongst the involved employees.
Keywords: occupational health management, health promotion, stress prevention, military, activity of daily life, nutrition
6
Streitkräfteamt, Gruppe Angewandte Militärpsychologie und Forschung
(Amtschef: Generalmajor Werner Weisenburger)
7
Fakultät Life Sciences der Hochschule Albstadt-Sigmaringen (Dekan: Prof.
Dr. Andreas Schmid)
8
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Fakultät Life Sciences, (Dekan: Prof. Dr. Claus-Dieter Wacker)
9
Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung
der Medizinischen Hochschule Hannover (Direktorin: Prof. Dr. Ulla Walter)
10
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, FG 3.1 “Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen” (Leiterin: Prof. Dr. Ute Latza)
11
Bundesministerium der Verteidigung, Führung Streitkräfte (FüSK) II 6 (Abteilungsleiter: Vizeadmiral Heinrich Lange)
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S. Sammito et al.: Betriebliches Gesundheitsmanagement im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung
Einleitung
Betriebliche Gesundheitsmanagementmaßnahmen (BGM-Maßnahmen) haben sich in den letzten Jahren zum Erhalt und Steigerung der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer und zur Attraktivitätssteigerung der Arbeitgeber etabliert. Insbesondere
im Kontext des demographischen Wandels gewinnt BGM zunehmend an Bedeutung [1, 7]. Dies trifft gleichermaßen für Industrie- und Dienstleistungsbereiche, wie auch auf den Arbeitgeber Bundeswehr zu. Gerade die hohen psychophysischen
Herausforderungen mit Dienst im Heimatland und in den Einsatzgebieten [8, 16] erfordern ein hohes Maß an Gesundheit,
Leistungsfähigkeit und Motivation von jedem Einzelnen. Im
Kontext zunehmender Zivilisationskrankheiten wie Hypertonus, Diabetes mellitus und Übergewicht [10], deren zunehmendes Auftreten bei potenziellem Nachwuchs [13, 17], verbunden
mit der ständigen Zunahme stressbedingter Ausfalltage [9],
führen zu Herausforderungen für den Erhalt der Gesundheit
und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten und der Gewinnung
von geeignetem Nachwuchs.
Mit dem Konzept „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ für
den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) [2] wurde vor dem Hintergrund der Forderung
einer hohen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr und der Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn bzw. Arbeitgebers „die Notwendigkeit einer Gesundheitsprävention und -förderung für
alle Angehörigen des Geschäftsbereichs BMVg“ festgestellt.
Auf Basis einer systematischen, bedarfs- und zielorientierten
und sukzessiven Einführung und Anpassung von Maßnahmen
eines BGM sollen die physische und psychische Gesundheit
und Leistungsfähigkeit aller Mitarbeiter im Geschäftsbereich
(militärisch wie zivil) erhalten bzw. gefördert werden und die
Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber im Rahmen der
Initiative „Bundeswehr in Führung - Aktiv. Attraktiv. Anders.“
gesteigert werden.
Um nachhaltig zu sein, ist es zwingend notwendig, den tatsächlichen Bedarf zu erfassen und die Maßnahmen entlang der vor-
Abb. 1: Verteilung der Erprobungsdienststellen
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handenen Ressourcen bedarfsgerecht zu entwickeln. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, auch wenn vieles schon bekannt
zu sein scheint, eine Erprobung durchzuführen.
Dazu wurden elf Dienststellen ausgewählt, die hinsichtlich ihres jeweiligen Auftrages und vor allem ihrer personellen Zusammensetzung für die Diversität der Bundeswehrdienststellen
repräsentativ sind (siehe Abbildung 1). Daraus sind Erkenntnisse zu gewinnen, die für die weitere Implementierung in anderen
Dienststellen hilfreich sind.
Aufgrund des hohen personellen Einsatzes einerseits und der
hohen Bedeutung für den Einzelnen anderseits, sollten die Entscheidungen hierzu evidenz-basiert getroffen werden. Dazu
wurde im Auftrag des BMVg eine Forschungskooperation von
acht Hochschuleinrichtungen geschaffen, um eine zeitgleiche
wissenschaftliche Evaluierung der Einführung durchzuführen.
Begleitet wird diese Forschungskooperation durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) - Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Die BAuA bringt
umfangreiche Erkenntnisse und fundierte empirische Daten zur
Entwicklung von Arbeit und Gesundheit der Beschäftigten in
das Evaluierungsvorhaben ein. Spezifisch beteiligt sie sich mit
einem Forschungsprojekt zur Evaluierung der Tätigkeit und
Wirksamkeit der BGM-Koordinatoren (Projektnummer: F2370;
Erläuterungen zu Aufgaben und Ausbildung der BGM-Koordinatoren finden sich im Kapitel „Vorbereitung und Durchfüh­
rung der Befragung“).
Mit der Evaluierung sollen mit Blick auf den Roll-out folgende
Ziele verfolgt werden:
• Systematische Erfahrungsaufbereitung aus der Erprobungsphase;
• Machbarkeit und Wirkung der Maßnahmen abschätzen;
• Stärken und Schwächen identifizieren, sowie Chancen und Ri­
siken erkennen;
• Klärung, was bei einem bundeswehrweiten Roll-out zu beachten ist.
Dazu sollen unter anderem folgende Fragestellungen beantwortet werden:
• Machbarkeit: Wie gut funktioniert die praktische,
organisatorische Umsetzung?
• Akzeptanz: In welchem Umfang und von welchen
Beschäftigtengruppen werden die Angebote genutzt?
• Nachhaltigkeit: Wie groß sind Interesse bzw. Bedarf an einer Fortsetzung?
• Gesundheit: Wie wirken sich die Maßnahmen zur
betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF-Maßnahmen) auf das individuelle Gesundheitserleben
aus?
• Bundeswehr: Wie wirken sich die BGF- Maßnahmen auf Commitment, Arbeitgeberattraktivität
und die Zufriedenheit aus?
• Bedingung: Welche förderlichen und hinderlichen
Rahmenbedingungen beeinflussen die Teilnahme
bzw. Akzeptanz der BGF-Angebote?
• Differenzierung: Systematische Erfahrungsaufbereitung nach Dienststellen, Mitarbeitergruppen,
Maßnahmen, etc.
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Bei der Evaluation kommen unterschiedliche Zugänge und Methoden zum Einsatz:
• Standardisierte Online-Befragung: zu Beginn und am Ende
der Pilotphase (Federführung: Universitätsmedizin Mainz);
• Qualitative Interviews: strukturierte Interviews mit „Stakeholdern“: Betriebsärzte, Dienststellenleiter, BGM-Koordinatoren, Truppenpsychologen mit ausgewählten Teilnehmern zu
Beginn und zum Ende der Pilotphase (unter anderem Helmut-Schmidt Universität Hamburg und Streitkräfteamt, Gruppe Wehrpsychologie);
• Teilevaluationen zu einzelnen Maßnahmenpaketen: Bewegung, Stressprävention, Schlafcoaching, Ernährung.
Methoden
Beginnend mit dem 01.01.2015 wurde aus dem BMVg von hierfür speziell ausgebildeten BGM-Koordinatoren an elf ausgewählten Dienststellen eine Erprobungsphase gestartet. Die Erprobungsdienststellen wurden so ausgewählt, dass die im Zuständigkeitsbereich des BMVg vorkommende Breite der Zusammensetzung von Mitarbeitern (Soldaten und zivile Mitarbeiter) und
die Unterschiedlichkeit von Dienststellen (zum Beispiel Verwaltung und militärischer Kampfverband) während der Erprobungsphase repräsentiert werden. Im Folgenden sollen die Onlinebefragung präsentiert sowie ein Ausblick auf die Datenauswertung und die weitere Einbindung wissenschaftlicher Erkenntnisse in eine Ausbreitung des BGM über die Erprobungsdienststellen hinaus gegeben werden. Dabei hat jedes Fachgebiet seine eigenen „Tools“. Insbesondere für die geplante adressatengerechte
Bedarfsanalyse ist die Befragung jedes einzelnen Mitarbeiters
von hohem Wert. Für die hier vorgestellte Befragung der Mitarbeiter liegen ein positives Votum der Ethikkommission des Landes-Rheinland-Pfalz, eine positive Stellungnahme des Datenschutzbeauftragen des Kommandos Sanitätsdienst der Bundeswehr (Kdo SanDstBw) sowie eine Zustimmung des Gesamtvertrauenspersonenausschusses und des Hauptpersonalrates beim
BMVg vor. Es ist unter der Forschungsnummer E/U2AD/ED003/
EF555 bei der Sanitätsakademie der Bundeswehr registriert und
wird vom BMVg finanziell gefördert.
Entwicklung des Fragebogens Teil I und II
Aufbauend auf einem webbasierten Befragungstool wurden zu
Beginn (Februar/März 2015) und zum Ende der Erprobungsphase (Juni 2015) in zwei Befragungswellen die Mitarbeiter der
Erprobungsdienststellen gebeten, freiwillig und anonym an der
Befragung teilzunehmen. Hierzu wurde durch das Institut für
Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, basierend auf Vorerfahrungen mit Onlinebefragungen bei Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften des Landes Rheinland-Pfalz [3, 4], eine webbasierte Onlineplattform geschaffen. Diese wurde aus datenschutzrechtlichen
Gründen auf dem Server der Universitätsklinik Mainz hinterlegt, wodurch ein hohes Maß an Sicherheit für die erhobenen
Daten gewährleistet werden kann.
Im Rahmen mehrerer Workshops und elektronischer Abstimmungsrunden wurde gemeinsam mit den Forschungspartnern
ein Fragebogen entwickelt, welcher zum einen noch überschaubar und in 15 - 20 Minuten ausfüllbar ist, zum anderen möglichst viele Facetten des BGM abdecken soll (Arbeitssituation,
Gesundheit, Stress, Bewegung, Ernährung und Arbeitgeberattraktivität) sowie zusätzlich einige soziodemographische Daten
zwingend umfassen musste. Im Zuge der Erstellung des Fragebogens wurde schnell erkannt, dass lediglich durch Splittung
der Ist-Erhebung auf beide Befragungswellen ein den Mitarbeitern vom Umfang noch zumutbarer Fragebogen vorgegeben
werden konnte. Fragen zu Aspekten, bei denen kurzfristige Veränderungen zu erwarten sind, wurden zu beiden Zeitpunkten
erhoben. Fragen zur Teilnahme an BGM-Maßnahmen und deren Einschätzung wurden in die zweite Befragungswelle gelegt.
Aufgrund der Fristen im Rahmen der Mitwirkung der Beteiligungsgremien, konnte der ursprünglich geplante Starttermin
der ersten Befragungswelle im Anschluss an die im Januar stattfindenden Kick­Off­Veranstaltungen der BGM­Koordinatoren
nicht gehalten werden, wodurch es zu einer Verschiebung der
ersten Befragung in die Monate Februar und März 2015 kam.
Tabelle 1 zeigt die Zusammenstellung der Themen in den beiden Befragungswellen. Der Großteil der Fragen kann auf einer
Tab. 1: Übersicht über die Themeninhalte der ersten und zweiten
Befragungswelle
1. Befragungswelle
Ernährung (5 Items)
Bewegung und körperliche Leistungsfähigkeit (8 Items)
Arbeitssituation, -platz, -verhalten (36 Items)
Gesundheit (29 Items)
Lifestyleverhalten (2 Items)
Gesundheitsverhalten (5 Items) [6]
Stresserleben (3 Items) [15]
Commitment (5 Items) [5]
Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber (8 Items)
Teilnahmebereitschaft an BGM-Maßnahmen (3 Items)
Soziodemographische Daten (13 Items)
2. Befragungswelle
Ernährung (7 Items)
Bewegung und körperliche Leistungsfähigkeit (3 Items)
Arbeitssituation, -platz, -verhalten (1 Item)
Gesundheit und Krankheitstage (8 Items)
Commitment (5 Items) [5]
Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber (8 Items)
Information, Interesse und Hindernisgründe zur Teilnahme an BGF-Maßnahmen (16 Items)
Individuelle Teilnahme und Zufriedenheit an/mit den
BGF-Maßnahmen (15 Items)
Stellenwert der Gesundheit (2 Items)
Achtsamkeit (4 Items)
Arbeitsverhalten und Lebensstil (2 Items)
Arbeitsplatzmerkmale (6 Items)
Stress (6 Items)
Denk- und Handlungsweisen (7 Items)
Soziodemographische Daten (13 Items)
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4­, 5­ oder 6­stufigen Likertskala beantwortet werden, wobei
die Angaben „keine Aussage“ und „trifft für mich nicht zu“
durchgängig bei jeder Frage zur Verfügung gestellt werden. Bei
der Zusammenstellung der Items wurde, soweit möglich, auf
wissenschaftlich erprobte Instrumente und Skalen zurückgegriffen. Darüber hinaus werden Freitexteinträge, sowie, wo immer möglich, vorgegebene Antwortoptionen (zum Beispiel
männlich / weiblich) angeboten. Im Zuge eines Vortestes zur
Verständlichkeit und Beantwortbarkeit der Fragebögen, konnte
das angepeilte Zeitmaß von 15 - 20 Minuten Dauer für die Beantwortung der Fragen verifiziert sowie die zielgruppenspezifi­
sche Frageformulierung weiter verbessert werden.
Vorbereitung und Durchführung der
Befragung
Im Rahmen von Kick-Off-Veranstaltungen im Januar und der
ersten Februarhälfte 2015 wurden durch die BGM-Koordinatoren in den Erprobungsdienststellen die Mitarbeiter bei zentralen
Informationsveranstaltungen auf die geplanten Maßnahmen
hingewiesen und die Ansprechpartner und der Ablauf des
BGM-Erprobungsprojektes vorgestellt. Bei den BGM-Koordinatoren handelt es sich um Truppenoffiziere mit einem abge­
schlossenen Studium der Sportwissenschaften, die für jeweils
eine der Erprobungsdienststellen ab Dezember 2014 als VorortAnsprechpartner und Koordinator zu Verfügung standen. Im
Vorfeld wurden diese zusätzlich während eines mehrwöchigen
Lehrganges an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf
eingewiesen und zum Fachsportleiter Gesundheitssport ausgebildet. Ihre Aufgaben während der Erprobungsphase sind die
Koordination, Erfassung und die Durchführung von BGF-Maßnahmen in den jeweiligen Erprobungsdienststellen. Sie stellen
zugleich für den Dienststellenleiter und für Vorgesetzte, wie
auch für alle Mitarbeiter und Soldaten die Ansprechstelle für
Maßnahmen im Rahmen der Erprobungsphase dar. In diesem
Zusammenhang wurden die beiden geplanten Befragungswellen vorgestellt und eine erste Einweisung in die Nutzung der
Onlineplattform durchgeführt. Hierzu wurden den BGM-Koordinatoren Musterpräsentationen zur Verfügung gestellt, um eine
einheitliche Informationsweitergabe sicherzustellen. Zusätzlich
wurden für jede Dienststelle dienststellenbezogene Flyer erarbeitet (Abbildung 2), welche diese erste Einweisung im Rahmen der Kick-Off-Veranstaltung unterstützen sollten.
Da – um die Anonymisierung der Befragung sicherzustellen –
weder IP-Adressen noch personenbezogene Login-Daten genutzt werden sollten, jedoch eine spätere Subanalyse auf
Dienststellen- und gegebenenfalls Abteilungsebene (bei mindestens 10 Teilnehmern) möglich sein sollte, wurde im Vorfeld
für jede Dienststelle eine spezielle Dienststellen­Identifikati­
onsnummer (ID) erstellt, die im Normalfall aus einem Buchstaben (für die Dienststelle) und einer arabischen Nummerierung
(für die Abteilung) bestand. Sollte die Dienststelle in ihrer Gesamtheit keine weitere Abteilungsunterteilung zulassen (zum
Beispiel Verpflegungsamt der Bundeswehr bzw. Bundesamt für
Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, Standort Lahnstein), so wurde lediglich ein Buchstabe für
die Dienststelle als ID hinterlegt (Abbildung 3). Darüber hinaus
bedurfte es der Eingabe einer gemeinsamen Zugangskennung
und eines Passworts durch die Mitarbeiter, um Manipulationen
Abb. 2: Informationsschreiben zum Hintergrund und zur Durchführung der ersten Befragungswelle
Abb. 3: Dienststellencodierung, hier
am Beispiel des
Panzergrenadierbataillon 391
und/oder bewusste Falscheingaben durch Personen außerhalb
der Erprobungsdienststellen zu vermeiden. Diese Information
wurde unter anderem im Rahmen der Kick-Off-Veranstaltungen und auf den dienststellenbezogenen Flyern den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt.
Ein zu Beginn der Befragung von den Mitarbeitern selbst zur
erstellender individueller Code konnte auf freiwilliger Basis
eingegeben werden, um eine spätere Verknüpfung der Angaben
aus der ersten Befragungswelle mit denen aus der zweiten Befragungswelle zur ermöglichen (Zeitschiene der Befragungen
siehe Abbildung 4). Der Code wurde in Anlehnung an Empfehlungen des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und des Hessischen Datenschutzbeauftragten [14]
gebildet.
Die Befragung sollte möglichst online stattfinden, jedoch stand
nicht für alle Mitarbeiter an den elf Erprobungsdienststellen ein
Internetzugang zur Verfügung. Daher wurde ergänzend eine digital erfassbare Paper-Pencil-Version erstellt und über Kdo
SanDstBw den BGM-Koordinatoren zur Verteilung vor Ort zur
Verfügung gestellt.
Auswertung
Parallel zur Datenerfassung wurde durch die Universität Mainz
wöchentlich ein Lage-Update über die Teilnahmequoten, mögliche auftretende Unstimmigkeiten (zum Beispiel gehäuft falsche oder fehlende Dienststellen-ID, gehäufte Abbrüche während der Befragung und gegebenenfalls gehäuftes Abbrechen
vor Beantwortung des gesamten Fragebogens) erstellt. Dieses
Lage-Update wurde den BGM-Koordinatoren zur Verfügung
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und insbesondere bei der
großen Anzahl der Mitarbeiter (>10 000) eine wissenschaftliche Ist-Erhebung
zu erhalten. Onlinebefragungen wurden erfolgreich
in einer Reihe von Untersuchungen in verschiedenen
wissenschaftlichen Fachgebieten eingesetzt [3, 4,
11].
Abb. 4: Geplante Zeitschiene der ersten und zweiten Befragungswelle
gestellt, so dass jederzeit ein Sachstand über die laufende Befragung in den einzelnen Erprobungsdienststellen zur Verfügung stand, und bei Auftreten von systematischen Eingabefehlern bei Bedarf durch zusätzliche Schulungen oder Informationsveranstaltungen nachgesteuert werden konnte.
Darüber hinaus wurde durch die Erfassung weiterer Kenngrößen (zum Beispiel Verlauf der Teilnehmerraten, Erhebung der
Art der Informationsweitergabe und andere mehr) die Möglichkeit geschaffen, im Sinne eines „lessons learned“ für die zweiten Befragungswelle und für die ab 2016 geplante weitere Etablierung des BGM im Geschäftsbereich des BMVg Erkenntnisse zu sammeln, um zukünftig eine noch bessere und effektivere
Datenerhebung zu erreichen.
Mit Abschluss der Onlinebefragung zum 31.03.2015 wurden
die, im Rahmen der Paper-Pencil-Befragung erhobenen Fragebögen in der Datenbank ergänzt und eine erste dienststellenbezogene Auswertung bis Ende April 2015 durchgeführt. Diese
Auswertung wurde den einzelnen BGM-Koordinatoren zur
Verfügung gestellt, um ggf. gemeinsam mit der Leitung der
Dienststelle erkannte Schwerpunkte zu besprechen und darauf
abgestimmte BGM-Maßnahmen zu initiieren.
Diskussion
Die Einführung des BGM an elf Erprobungsdienststellen im
Geschäftsbereich des BMVg stellt nicht nur aufgrund der Vielschichtigkeit von BGM, sondern insbesondere aufgrund der
sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen an den einzelnen
Erprobungsdienststellen eine große Herausforderung dar. Die
hierbei vorgesehene Erprobungsphase von insgesamt lediglich
sechs Monaten ist darüber hinaus eine zeitliche Vorgabe, die
eine schnelle und vor allem verlässliche wissenschaftliche Begleitung notwendig macht. Die Nutzung moderner Technologien, hier die Durchführung einer webbasierten Onlinebefragung,
stellt eine geeignete Maßnahme dar, um schnell, kostengünstig
Diesen Vorteilen steht als
Nachteil gegenüber, dass es
nur bedingt möglich ist,
Selektionseffekte
auszuschließen. Es ist anzunehmen, dass insbesondere
Gruppen, die den Maßnahmen des BGM offen gegenüberstehen, verstärkt an Befragungen und Maßnahmen
teilnehmen [12]. Hierdurch
kann es zu einem Verzerrungseffekt in den Antworten und damit zu einer insgesamt eher
positiven Gesundheitserhebung kommen. Lediglich ein Vergleich zwischen der Gruppe der Teilnehmer in ihrer Zusammensetzung (Geschlecht; Zivilbediensteter versus Soldat) lässt
einen Vergleich mit den jeweiligen Gesamtangaben bei den Erprobungsdienststellen zu, um so unter Umständen auch statusbedingte Gruppen der Nicht­Teilnehmer zu identifizieren. Hier­
aus kann jedoch noch keine Aussage über deren potenzielles
Antwortverhalten abgeleitet werden.
Durch die Nutzung eines webbasierten Befragungstools im ansonsten freien Internet wäre eine Beeinflussung von dritter Sei­
te durch das Ausfüllen des Fragebogens prinzipiell denkbar.
Durch die zu Beginn der Befragung notwendige Eingabe einer
Benutzer-ID und eines Passworts konnte dies weitestgehend
verhindert werden. Da jedoch aufgrund der notwendigen Anonymisierung nur ein ubiquitäres Passwort möglich war, ist eine
Beeinflussung nicht völlig auszuschließen. Insgesamt ist davon
auszugehen, dass mit den Maßnahmen zur sicheren Datenablage der Antworten, dem Verzicht auf eine, auf den eingebenden
Mitarbeiter zurückführbare IP-Adresse und der Wahl eines eigenen Probandencodes zur Verknüpfung der ersten und zweiten
Befragungswelle in Anlehnung an Empfehlungen des Berliner
Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und des
Hessischen Datenschutzbeauftragten [14] das höchstmögliche
Maß an Sicherheit und Anonymisierung bei gleichzeitiger wissenschaftlicher Mach- und Auswertbarkeit erreicht werden
konnte.
Die Auswertung der ersten Befragungswelle – insbesondere der
Rücklaufquoten – wird zeigen, ob die im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung ergriffenen Maßnahmen zu einer möglichst hohen und auf die Dienststellen bezogenen gleichmäßigen Verteilung der Teilnahme der Mitarbeiter geführt haben.
Diese Aspekte sind bei der Interpretation der gewonnen Daten
zu berücksichtigen.
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Kernaussagen
• Betriebliche Gesundheitsmanagementmaßnahmen (BGMMaßnahmen) haben sich in den letzten Jahren zum Erhalt
und zur Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Gesundheit der Arbeitnehmer und zur Attraktivitätssteigerung der
Arbeitgeber etabliert.
• Seit dem 01.01.2015 wird im Rahmen einer Erprobungsphase an elf Erprobungsdienststellen BGM im Geschäftsbereich des BMVg eingeführt.
• Acht Hochschulinstitute begleiten wissenschaftlich die Erprobungsphase.
• Im Rahmen einer Ist-Erhebung werden mittels wiederholter Online- und Paper-Pencil-Befragungen bei mehr als
10 000 Mitarbeitern die Themenkomplexe Arbeit, Bewegung, Ernährung und Stress erhoben.
• Das vorliegende Methodenpapier fokussiert auf die Erarbeitung und die Durchführung der beiden geplanten Befragungswellen.
Interessenkonflikte
Sammito, Densow und Erley sind aktive Sanitätsoffiziere.
Schlattmann, Felfe und Renner sind als wissenschaftliche Zivilangestellte bzw. Beamte im Ressortbereich des BMVg tätig.
Schlattmann, Felfe, Renner, Winkler, Arens-Azevedo, Krauth
und Rose erhalten Forschungsmittel aus dem BMVg.
235
6.
Franke F, Felfe J: Diagnose gesundheitsförderlicher Führung –
Das Instrument „Health oriented Leadership“. In Badura B et al.
(Hrsg.). Fehlzeitenreport 2011. Berlin: Springer Verlag 2011:
3-13
7.
Hadler C: Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Praxis.
Präv Gesundheitsf 2010; 5: 203-214
8.
Knapik JJ, Reynolds KL, Harman E: Soldier Load Carriage: Historical, Physiological, Biomechanical and Medical Aspects. Mil
Med 2004; 169: 45-56
9.
Kordt M: DAK-Gesundheitsreport 2013. DAK-Gesundheit,
Hamburg, Februar 2013
10. Kurth BM: Erste Ergebnisse aus der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS). Bundesgesundheitsbl 2012;
55: 980-990
11. Leyk D, Erley O, Ridder D, Leurs M, Rüther T, Wunderlich M,
Sievert A, Baum K, Essfeld D: Age-related Changes in Marathon
and Half-Marathon Performances. Int J Sport Med 2007; 28: 513517
12. Leyk D, Rohde U, Hartmann ND, Preuß PH, Sievert A, Witzki A:
Ergebnisse einer betrieblichen Gesundheitskampagne - Wie viel
kann man erreichen? Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 320-307
13. McLaughin R, Wittert G: The obesity epidemic: implications for
recruitment and retention of defence force personnel. Obes Rev
2009; 10: 693-699
14. Metschke R, Wellbrock R: Datenschutz in Wissenschaft und Forschung. Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, 3., überarbeitete Auflage, Berlin: Druckerei Conrad
GmbH 2002
Ethikfragen
Für die hier vorgestellte Befragung der Mitarbeiter liegt ein positives Votum der Ethikkommission des Landes-Rheinland-Pfalz, eine positive Stellungnahme des Datenschutzbeauftragen des Kdo SanDstBw und eine Zustimmung des Gesamtvertrauenpersonenausschusses und des Hauptpersonalrates
beim BMVg vor.
15. Mohr G, Rigotti T, Müller A: Irritation scale for the assessment of
work-related strain. Oxford: Hogrefe 2009
Literatur
Manuskriptdaten:
1.
Eingereicht: 18.06.2015
Revidierte Fassung angenommen: 04.07.2015
2.
3.
Altenhöner T, Köhler M, Philippi M, Alaze F: Maßnahmen des
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Dudenhöffer S, Claus M, Schöne K, Adams J, Beutel T, Rose
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Mainz, Institut für Lehrergesundheit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Mainz, 2014
4.
Dudenhöffer S, Schöne K, Letzel S, Rose DM: Gefährdungsbeurteilung in der Schule: Ergebnisse zur individuellen Arbeitssituation und dem Gesundheitsempfinden der Lehrkräfte. In: Dokumen­
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Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin e. V. (DGAUM),
13.-16. März 2013 in Bregenz. Hrsg: DGAUM, 2013: 101-103
5.
Felfe J, Franke F: Commit. Verfahren zur Erfassung von Commitment gegenüber der Organisation, dem Beruf und der Beschäftigungsform. Bern: Verlag Hans Huber 2012
16. Sammito S, Hödel U: Sport im Einsatz aus sanitätsdienstlicher
Sicht – Am Beispiel CAMP MARMAL, Masar-E-Sharif. Wehrmed Mschr 2010; 54: 123-125
17. Yamane G: Obesity in civilian adults: potential impact on eligibility for U.S. military enlistment. Mil Med 2007; 172: 1160-1165
Zitierweise:
Sammito S, Schlattmann A, Felfe J, et al.: Betriebliches Gesundheitsmanagement im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung – Wissenschaftliche Begleitung eines ehrgeizigen Projektes. Wehrmedizinische Monatsschrift 2015; 8:
230 - 235
Für die Verfasser:
Flottillenarzt Dr. Stefan Sammito
Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr
Unterabteilung I
Andernacherstraße 100, 56070 Koblenz
Email: [email protected]
Der Beitrag wird im Internet unter www.wehrmed.de veröffentlicht.
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Aus der Abteilung Unfallchirurgie/Orthopädie, Septisch-Rekonstruktive Chirurgie1 (Leitender Arzt: Oberstarzt Prof. Dr. C. Willy) des
Bundeswehrkrankenhauses Berlin (Chefarzt: Flottenarzt Dr. K. Reuter), der Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften2 (Dekan:
Universitätsprofessor Dr. T. Hartung) der Universität der Bundeswehr München (Präsidentin: Professor M. Niehus) und dem Direktorat
Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung Sanitätsdienst3 (Direktor: Generalarzt Dr. N. Weller) der Sanitätsakademie der Bundeswehr München
(Kommandeurin: Generalstabsarzt Dr. E. Franke)
Strukturierung und Evaluation der chirurgischen Weiterbildung
innerhalb der Bundeswehrkrankenhäuser – Update 2015
Design and evaluation of the postgraduate military surgeons training program
in German Armed Forces military hospitals – update 2015
Zum Gedenken an den 10. Todestag von Oberstarzt Professor Dr. Heinz Gerngroß
Christian Willy2, Eva-Maria Kern2, Kai Kehe3 und Norbert Weller3
Zusammenfassung
Summary
Verwundungen in militärischen Konfliktsituationen gehen
mit Verletzungsmustern einher, die in aller Regel in der zivilen ärztlichen Versorgung in Ausprägung und Art selten bis
gar nicht gesehen werden. In einer Zeit der zunehmenden
Subspezialisierung ist es erforderlich, dass der im Auslands­
einsatz arbeitende Chirurg eine breite Kenntnis auf verschiedenen Gebieten der Chirurgie erwirbt und erhält. In der aktuellen globalen Sicherheitslage können aber auch zivile
Einrichtungen Ziele terroristischer Gewalt sein, was mit dem
Auftreten von Explosionsverletzungen (improvisierte
Sprengfallen, Bombenanschläge) einhergehen kann. So
muss man sich heute im Extremfall auch in der Heimat auf
„kriegsähnliche“ Verletzungsmuster einstellen. Daher sind
Kenntnisse zur Behandlung dieser Verletzungen und deren
Training für den Militär- wie auch für den zivilen Chirurgen
von Bedeutung.
Um Chirurgen der Bundeswehr bestmöglich auf die autonome Einsatzversorgung vorzubereiten und hierfür auszubilden, wurde ein sogenanntes „DUO-plus“-Ausbildungskonzept entwickelt, mit dem der angehende Chirurg zunächst
zum Facharzt für Allgemeine Chirurgie und dann wahlweise
zum Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie, Viszeral-, Gefäß- oder Thoraxchirurgie beziehungsweise zum plastischen
Chirurgen weitergebildet wird. Weitere Inhalte der Weiterbildung sind ein Neurotrauma-, ein Einsatzchirurgie- und ein
gefäßchirurgischer Notfallkurs. Mit erfolgreichem Abschluss
des Kompetenzerwerbs zum Sanitätsoffizier „Einsatzchi­
rurg“ wird diese Bezeichnung zeitlich befristet zuerkannt.
Der Erhalt dieser Kompetenz erfordert die regelmäßige Tätigkeit in den genannten Facharztkompetenzen, in denen der
Chirurg nicht arbeitstäglich eingesetzt ist. Derzeitige Haupt­
anstrengung ist es, modernen Anforderungen eines Qualitätsmanagements genügend, ein im chirurgischen Routinealltag
praktikables Verfahren für den Kompetenzerwerb/-erhalt und
die Evaluation dieser Maßnahme zu entwickeln.
Schlüsselworte: Einsatzchirurgie, Militärchirurgie, militärchirurgisches Weiterbildungsprogramm
Military conflicts are leading to injury patterns and diseases
that are rarely seen in patients treated in the civilian health
systems. The high grade of specialization among surgeons requires a broad spectrum of surgical skills that has to be
achieved and maintained by deployed military surgeons. Regarding to global security aspects even civilian facilities can
become targets of acts of terrorism leading to blast injuries by
improvised explosive devices or bomb attacks – leading to patients with similar injuries as observed in military conflicts
even in our homeland. Therefore knowledge about the treatment of those injuries as well as the training of their treatment
is highly important for surgeons in the civilian health system
as well. To train and prepare military surgeons of the German
Armed Forces in the best way for stand-alone deployments a
so called “DUO-plus” training concept was developed. This
means that all military surgeons achieve the qualification as a
general surgeon before they start their specialists training in
trauma surgery / orthopedics, abdominal - , thoracic- , vascular- or plastic surgery. A basic training in neuro-traumatology,
an emergency course in vascular surgery and a special course
in surgical treatment principles on deployment are part of the
training. If passing all training parts successfully the expertise
as a “Combat Ready Military Surgeon” (“Einsatzchirurg”) is
approved for a limited time. Depending on his own specialization a military surgeon has to repeat a catalogue of training
procedures in the other above mentioned surgical fields. This
paper describes the quality management procedures which
were started to integrate this training and its evaluation process into daily clinical routine.
Keywords: deployment surgery, military surgery, military
surgeon training program
Einleitung
Oberstarzt Professor Dr. Heinz Gerngroß (1947 - 2005) war der
erste Chirurg der Bundeswehr, der 1990 im Rahmen des „Neuen Aufgabenspektrums“ der Bundeswehr „in den Einsatz“ ging
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(Kambodscha). Noch knapp eineinhalb Jahrzehnte später leitete
sches Fachpersonal im Ergebnis ebenso gewährleistet ist wie
er im Jahre 2004 die Klinik in Kunduz (Afghanistan) im Raheine hochwertige Inlandsversorgung im System der Bundesmen des ISAF-Einsatzes. Die in seinen Einsätzen gemachte Erwehrkrankenhäuser, die in die reguläre zivile medizinische
fahrung, aber auch das breite Spektrum seiner eigenen WeiterKrankenversorgung voll eingebunden sind. Angesichts der gebildung zum Chirurgen und Unfallchirurgen, trugen entscheimeisterten und weiter zu bewältigenden immensen Herausfordend zur Prägung der von ihm mitgestalteten Weiterbildungsderungen der Einsatzmedizin kann man annehmen, dass zivile
struktur in seiner Heimatklinik, dem Bundeswehrkrankenhaus
Standards hier nicht allein das Maß der Versorgungsgüte sein
Ulm, bei. Seinen ganzen Einfluss verwandte er darauf, gegen
können, da eine Kompatibilität nicht gegeben ist. Vor dem Hineine zu frühe Spezialisierung des jungen Chirurgen zu wirken
tergrund der hohen internationalen Reputation des deutschen
und vielmehr eine anfängliche Breite zu fordern und zu ermögSanitätsdienstes kann ein Benchmarking nur im Vergleich mit
lichen. Um hier auch nachhaltig einen klaren und für alle transanderen Sanitätsdiensten befreundeter Nationen erfolgen. Dies
parenten Weg aufzubauen, arbeitete er innerhalb
des Sanitätsdienstes sehr eng mit dem seinerzei- Tab. 1: Liste der chirurgischen Schlüsselkompetenzen, die vor dem Hintergrund der
tigen Ausbildungsreferat im Führungsstab des Auslandserfahrungen als wichtig beurteilt wurden; abgestimmt wurden die Erfahrungen
mit den publizierten Inhalten der vorwiegend US-amerikanischen Literatur und den
Sanitätsdienstes im Ministerium der Verteidi- notfallchirurgischen Kernfähigkeiten (core skills), die im „Definitive Surgical Trauma
gung, aber auch berufspolitisch sehr aktiv mit Care“ (DSTC™)-Kursmanual [2] definiert wurden.
dem Referenten des Weiterbildungsreferates der
Einsatzchirurgisch relevantes Wissen: Theorie und Praxis
Bundesärztekammer zusammen. Dadurch prägte er wesentlich das heutige Weiterbildungskon- Theorie
Darmanastomose und Darmresektion mit
zept des Einsatzchirurgen.
Einwirkung von Waffen, Ballistiklehre
Handnaht
Von Professor Gerngroß wurde seinerzeit immer Schuss- und Splitter-, Minenverletzungen Magenteilresektion
Kocher’sches Manöver
wieder gefordert, die Evaluation der Weiterbil- Intensivtherapie der Verbrennung
Transfusionsmedizin
Naht des Duodenums
dungsqualität wissenschaftlich zu unterstützen
Drainage an Verletzung ableitender
– ein von ihm formuliertes Ziel, das heute (end- Diagnostik
Gallenwege, Pankreas
lich) Gestalt annimmt. Der nachfolgende Bei- Sonographische Notfalldiagnostik
Mobilisation des Pankreas
trag soll die aktuelle Situation kurz darstellen
Pringle’sches Manöver
und wird uns wissen lassen, dass der Trauma-Management
Nephrektomie
Gerngroß’sche Geist mit dem bisher schon Erar- Schwerstverletztenversorgung (ISS: >16) Harnblasennaht
Ureterdarstellung, Drainage
beiteten sicherlich noch nicht ganz zufrieden
Cystofix-Anlage
wäre, wir jedoch auf einem guten und im inter- Schädel-Kopf-Hals
Proktologischer Notfall
nationalen Vergleich sicherlich sogar auf einem Schädeltrepanation, Craniotomie
Blutstillung
im
Mittelgesicht
sehr guten Weg sind.
Septische Chirurgie des Hals- und
Gefäßverletzung
Vorbemerkt soll sein, dass die Einsatzrealität des Rachenraumes
Indikationsstellung zur Gefäßligatur
Sanitätsdienstes der Bundeswehr auch heute be- Tracheotomie
Gefäßnaht
stimmt wird durch Aufgaben der internationalen Drainage cervicaler Ösophagusverletzung Arterio-arterieller Shunt, temporär
Veneninterposition, Patchplastik
Konfliktverhütung und Krisenbewältigung mit Zugang zur proximalen Carotis interna,
einem hierfür breiten Spektrum möglicher mili- externa und communis
Extremitäten
tärischer Operationen der Land-, Luft- und SeeThorax
Notfalleingriffe der Handchirurgie
streitkräfte. Hinzu kommen nun potenziell kurzLegen Thoraxdrainage
Sehnenverletzungen an der Hand
fristige Einsätze wie zum Beispiel GeiselbefreiThorakotomie
Fixateur externe an langen Röhrenknoungen deutscher Bundesbürger oder auch die Sternotomie
chen
Unterstützung ziviler Organisationen bei globa- Naht des Lungenparenchyms
Darstellung des N. radialis an Oberarm
len Gesundheitsherausforderungen. Aktuelles Atypische Lungengeweberesektion
Oberschenkelamputation
Beispiel (2014) ist die „Ebola-Hilfe“ in Westaf- Versorgung Myokard-, Perikardverletzung Unterschenkelamputation
rika. Aus diesen Rahmenbedingungen, zu denen Drainage thorakaler Ösophagusverletzung
auch die steigenden Anforderungen an Qualität
Körperstamm
Ruhigstellung Wirbelsäulenfraktur
und Wirtschaftlichkeit im zivilen Gesundheits- Abdomen
Anlegen Beckenzwinge/Fixateur externe
wesen, gesetzliche Regelungen sowie Vorgaben Laparotomie
Splenektomie
Blutstillung in Sakralhöhle („packing“)
der Beschlussgremien der gemeinsamen Selbstverwaltung, der Standesvertretungen („Kam- Lebermobilisation
Lebernaht
Weichteilverletzung
mern“) oder der Fachgesellschaften gehören,
Intraabdominelles Packing (Leber,
Weichteildebridement,
ergeben sich zwangsläufig Konsequenzen für Retroperitoneum, ...)
Vakuumversiegelungstherapie
das zukünftige Anforderungsprofil der Chirur- Versorgung einer Zwerchfellverletzung
mesh-graft-Transplantation
gen in der Bundeswehr und damit für ihre Fort- Anus-praeter Anlage
Kompartmentdiagnostik, -therapie
und Weiterbildung. Diese gelingt nur dann auf- Offene Bauchbehandlung
Escharotomie bei Verbrennung
tragsgemäß, wenn die unterschiedlichen zivilen Peritonealabszess Drainage
Gynäkologie
und militärischen Entwicklungslinien zu einer Appendektomie
OP bei Extrauteringravidität
strukturierten Weiterbildung verbunden werden, Cholecystektomie
Hysterektomie
so dass die Leistungserbringung für Soldaten im Leistenhernien-Operation
Auslandseinsatz durch qualifiziertes chirurgi-
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gilt als Fernziel in analoger Weise auch
für die zu erwerbenden (Kern-)Kompetenzen („core skills“) von (Einsatz-)Chirurgen.
Das Aufgabenspektrum des
Einsatzchirurgen
Die Chirurgen des Sanitätsdienstes müssen während eines Auslandseinsatzes ein
sehr breites fachliches Spektrum kompetent abdecken [8, 9]. So setzt eine adäquate einsatzchirurgische Versorgung
die Beherrschung aller lebensrettenden
Notfallmaßnahmen der Facharztkompetenzen der Thorax-, Viszeral, Gefäß- und
Unfallchirurgie voraus. Zusätzlich sind
auch praktische Fähigkeiten im Bereich
der Neurochirurgie, Mund-Kiefer-Ge- Abb. 1: Möglicher Weiterbildungsgang: Basisweiterbildung (Beispiel):
sichtschirurgie, Ophthalmologie, Urolo- • 1/2 Jahr Station der Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Thoraxchirurgie, 1/2 Jahr Interdisziplinäre
gie und Gynäkologie sowie ausreichende Notfallaufnahme, 1/2 Jahr Station der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, 1/2 Jahr IntenKenntnisse über die Behandlung der Ver- sivstation (Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin),.
brennungskrankheit und Maßnahmen • Sonografie­Basiskurs (zertifiziert von der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin­
der chirurgischen Intensivmedizin erfor- DEGUM) am Bundeswehrkrankenhaus®Ulm,
• Advanced Trauma Life Support (ATLS )-Kurs,
derlich. Diese breite chirurgische Kom• Basiskurs Osteosynthese der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese (AO),
petenz kann aufgrund der limitierten per- • Abschluss der Fachkunde Rettungsmedizin (optional Zusatzweiterbildung Notfallmedizin);
sonellen Ressource „chirurgisch tätiger • im Anschluss an die an die Verwendung in einer regionalen Sanitätseinrichtung, in der Regel 6 - 12
Sanitätsoffizier“ nicht in allen Einsätzen (-18)-monatige Rotation zwischen den Fächern Viszeralchirurgie/Thoraxchirurgie (insgesamt 18
durch Teambildung erreicht werden Monate), Orthopädie/Unfallchirurgie (18 Monate) und Gefäßchirurgie (12 Monate),
(zum Beispiel Stationierung eines OP- • DEGUM­zertifizierter Sonografie­Aufbaukurs.;
Teams mit drei Fachärzten für Orthopä- Dann erfolgt zweite Facharztausbildung; der Status „Sanitätsoffizier Einsatzchirurg“ wird
die/Unfallchirurgie,
Viszeralchirurgie zuerkannt nach zusätzlicher obligater Teilnahme am Einsatzchirurgie-Kurs (einwöchiger Kurs, life
und Gefäßchirurgie). Diese Art des tissue, Körperspender, alternativ DSTC™-Kurs; Modul 1), Gefäß-Notfall-Naht-Kurs (dreitägig,
„Kompetenzsplittings“ würde durch eine englisch oder deutsch, perfundierte Körperspender-Gefäße; Modul 2) und Neurotraumatologie-Kurs
Einsatzzeitdauer von dann 3 - 4 Monaten/ (einwöchig, Körperspender, OP-Hospitation, Videoübertragung; Modul 3). Möglich ist zudem ein
fakultatives Modul 4, in dem – derzeit in Südafrika – die Versorgung penetrierender Verletzungen im
Jahr den Betrieb im Heimatkrankenhaus Rahmen einer dreimonatigen Hospitation gelehrt wird.
empfindlich behindern und, bezogen auf
den Einzelnen, zu einer nicht durchhalteteur externe“ gesehen oder selbständig implantiert, hat nie eifähigen Individualbelastung führen. Somit ist es erforderlich,
nen Gips angelegt, nie eine komplizierte Fraktur versorgt oder
dass der einzelne Chirurg in der Bundeswehr über Kompetenzen
hierbei assistiert – ein für den Einsatzchirurgen denkbar unfür lebens- und Gliedmaßen erhaltende Notfalleingriffe verfügt
günstiger Kompetenzaufbau! Die Flexibilität der Weiterbil(= Einsatzchirurg), die über die Inhalte der jeweils für ihn gültidungsordnung geht dabei so weit, dass die zeitlichen Mindestgen Weiterbildungsordnung der einzelnen chirurgischen Fachgevoraussetzungen eines angehenden Facharztes für Viszeralchirbiete hinausgehen (Tabelle 1).
urgie zwar theoretisch bei nur drei Jahren in der eigenen Fachrichtung liegen, aber auch volle fünf der insgesamt sechs Jahre
ausschließlich im Fach Viszeralchirurgie zugebracht werden
Weiterbildung zum Einsatzchirurgen
können. Ebenso denkbar ist es, dass ein Facharzt für OrthopäZivile Rahmenbedingungen für die Weiterbildung
die und „Unfall“-Chirurgie keine Expertise in der Behandlung
des Schädelhirn-, des Thorax- und des Bauchtraumas entwiDie für Einsatzchirurgen erforderliche militärchirurgische Weickeln kann – also genau für die Situationen, in denen ein Unfallterbildung von Sanitätsoffizieren der Bundeswehr muss auch
opfer lebensgefährlich verletzt sein wird.
den Gegebenheiten und zukünftigen Entwicklungen der zivilen
Krankenhauslandschaft und den aktuellen offiziellen Vorgaben
der Weiterbildungsordnung (WBO) genügen. Diese birgt für
eine breite Ausbildung sowohl Chancen, als auch Risiken. Auf
der einen Seite wird von Beginn an ein sehr gezieltes Heranbilden von Spezialisten ermöglicht, auf der anderen Seite wird
Grundlegendes nicht erlernt. Trotz „common trunk“ hat der zukünftige Facharzt für Viszeralchirurgie innerhalb seiner sechsjährigen Weiterbildungszeit möglicherweise nie einen „Fixa-
Weiterbildungsinhalte des Militär- und EinsatzchirurgieKurskonzeptes – kein Weg zur Omnipotenz!
Militärchirurgisch relevant sind die Facharztkompetenzen Viszeral-, Gefäß-, Unfall-, Thoraxchirurgie sowie die Allgemeinchirurgie. Um die erforderliche breite chirurgische Kompetenz
entwickeln zu können, wird der Weiterbildungsgang für einen
Bundeswehr-Chirurgen nach dem sogenannten Modell „DUO
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plus“ (idealtypisch: 1. Facharzt: Allgemeine Chirurgie +
2. Facharzt: Viszeralchirurgie oder Orthopädie/Unfallchirurgie
oder Gefäßchirurgie, „DUO“) um zusätzliche obligate Kurse
(„plus“) erweitert (Abbildung 1). Seit Anfang 2010 wird zudem die fakultative Teilnahme an einer 3-monatigen Hospitation in Südafrika (RSA) angeboten, bei der vor allem Kenntnisse
über penetrierende Verletzungen vermittelt werden. Ziel der
Weiterbildung zum Einsatzchirurgen ist nicht der omnipotente
Generalist (also der „Alleskönner“), sondern ein Chirurg, der
sowohl die gesamtchirurgischen Notfallsituationen, als auch
die Basischirurgie für den Einsatz und die humanitäre Hilfe beherrscht, jedoch zusätzlich im Interesse des eigenen Werdeganges und des Heimatkrankenhauses auch zu einem Spezialisten
in (s)einer chirurgischen Disziplin weitergebildet wird. Dies
ermöglicht es ihm, im Einsatz alle lebensgefährdenden chirurgischen Notfallsituationen der verschiedenen Fächer zu erkennen und zu behandeln. Zusätzlich kann er auch komplexere
Problemsituationen einer Lösung zuführen [10, 11].
Vorgaben für den Kompetenzerhalt
Nach Erreichen der zunächst noch bundeswehrinternen Qualifikation „Einsatzchirurg“ ist die intensive operative Tätigkeit im
eigenen Fachgebiet unabdingbar. Der dauerhafte Erhalt der
Notfallkompetenzen komplementärer chirurgischer Teilbereiche erfordert eine regelmäßige Tätigkeit in den Gebieten, in
denen der Einsatzchirurg nicht arbeitstäglich eingesetzt ist, sowie die regelmäßige Wiederholung der drei einsatzrelevanten
Kursmodule.
Evaluation der Weiterbildung
Grundsätzliche Bedeutung
Zweifellos gibt es, wie überall, mehr oder weniger große Qualitätsunterschiede zwischen (konkurrierenden) Kliniken in Bezug auf die Weiterbildung. Eine Evaluation eben dieser Qualität
und das letztlich unvermeidliche Bekanntwerden der entsprechenden Ergebnisse könnten dann zur Folge haben, dass die
Kliniken mit „schlechter“ Weiterbildung (gar) keinen Nachwuchs mehr bekommen.
Aber dürfen uns solche Überlegungen daran hindern, unsere
Ausbildungsqualität zu evaluieren? In Zeiten einer omnipräsenten evidenzbasierten Medizin ist es nach Auffassung der Autoren unabdingbar, auch eine daten- und evidenzbasierte Lehre zu
etablieren. Eine wissenschaftliche Basis sollte nicht nur den
klinischen Alltag in der Behandlung des Patienten bestimmen,
sondern darüber hinaus auch dazu dienen, die Aus- und Weiterbildung des Chirurgen zu optimieren. Ohne Daten und deren
strukturierte statistische Auswertung ist dies nicht möglich, was
im Umkehrschluss letztlich in einer suboptimalen Behandlung
des Patienten resultiert. Die Erarbeitung eines strukturierten
Weiterbildungskonzeptes und Weiterbildungscurriculums „Einsatzchirurgie“ bedingt somit die Notwendigkeit einer validen
quantitativen und qualitativen Erfassung der Qualität der eigenen
Weiterbildungsaktivität (Prozessqualität) und auch des Ergebnisses aller „Bemühungen“ – der Qualität der Ausgebildeten (Ergebnisqualität). Gezielte Gestaltung und Steuerung der Weiterbildung bedürfen darüber hinaus im Vorfeld einer systematischen
Analyse der Weiterbildungsprozesse sowie der Etablierung eines
systematischen Prozessmanagements [6]. Dieses ermöglicht:
239
• die Objektivierung der eigenen Qualität (Kontrolle),
• das Einführen eines evidenzbasierten Weiterbildungskonzepts
in die chirurgische Lehre,
• die Analyse des Weiterbildungsbedarfes (Ressourcenbegründung gegenüber dem Kostenträger, Chance für Weiterentwicklung durch Ressourcenbündelung),
• die Begründung von Investitionen in das Weiterbildungssystem Bundeswehrkrankenhaus,
• die Definition von Steuerungsparametern für die Entwicklung
des einsatzbezogenen chirurgisch operativen Kompetenzerwerbs,
• die Vergleichbarkeit von Weiterbildungsstätten (Benchmarking) und Weiterzubildenden sowie
• die Standardisierung der Weiterbildungsqualität (Zuverlässigkeit
und Berechenbarkeit für die Gestellung multinationaler Teams).
Entscheidend wird in der nahen Zukunft jedoch sein, Parameter
zu definieren, mit deren Hilfe man den Erfolg von Weiterbildungsmaßnahmen und die Qualität der Weiterbildung objektiv
und ohne Rückgriff auf Surrogat-Parameter, wie Lernbedingungen, Internetzugangsmöglichkeit und Arbeitszeit, evaluieren
kann. Eine erste Pilotstudie, die die Praktikabilität einer Selbst­
evaluation ausgebildeter Fachärzte für Chirurgie (teilweise mit
ein bis zwei weiteren chirurgischen Facharztbezeichnungen) untersuchte, zeigte den Wert auch einer solchen „subjektiven“ Bewertung des Weiterbildungsergebnisses (Abbildungen 2 bis 4).
Evaluation der Weiterbildung – Nächste Schritte
In einer eng verzahnten wissenschaftlichen Zusammenarbeit
zwischen der Sanitätsakademie der Bundeswehr, den chirur­
gischen Kliniken in den Bundeswehrkrankenhäusern, der Universität der Bundeswehr München (Professur für Wissensmanagement und Geschäftsprozessgestaltung) und dem Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr werden derzeit im Rahmen
einer wissenschaftlichen Studie zum Qualitätsmanagement in
der Ausbildung im Sanitätsdienst der Bundeswehr unter anderem weitere „alltagstaugliche“ Kriterien der Weiterbildungsqualität definiert. Diese werden für die in Abbildung 5 dargestellten Qualitätsdimensionen ermittelt. Dazu gehört aber auch,
die im „Weiterbildungssystem Bundeswehrkrankenhaus“ häufig bestehenden Störgrößen in den Prozessabläufen zu identifizieren. Das sind beispielsweise mangelnde OP-Kapazitäten
oder Personalengpässe.
Im Folgenden werden mögliche Beispiele kurz angesprochen,
welche im derzeit durchgeführten Forschungsvorhaben „Wissenschaftliche Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) für die Ausbildung im Sanitätsdienst der Bundeswehr unter Berücksichtigung anerkannter konzeptioneller Modelle der Dienstleistungsqualität“ erarbeitet wurden [5].
Das vor Ort angebotene Spektrum an Operationen im Verhältnis zu den im Weiterbildungskatalog geforderten Operationen
oder die Anzahl der Fachärzte in Vollzeit sowie die Anzahl der
Operationen im Verhältnis zur Anzahl der Weiterzubildenden
(Bezugszeitraum: Jahr) sind beispielsweise wichtige Indikatoren (Kennzahlen) für die Potenzialqualität einer weiterbildenden Klinik. Ganz besonders interessant könnte hier die Definition von Trigger-Operationen sein, das heißt von „Kenn-Operationen“, die für „interessante“, breit weiterbildende Kliniken –
wie die Bundeswehrkrankenhäuser – markant sind.
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Abb. 2: Schulungsbedarf (blaue Linie) und Lehrpriorität (rote Linie) in den Schlüsselkompetenzen (1-93) der Tabelle 1 (siehe oben). Berechnet im Rahmen einer Pilotstudie zur Untersuchung der Praktikabilität einer Selbstevaluation von 21 Einfach- und Doppelfachärzten des
Sanitätsdienstes. Schulungsbedarf: Ergebnis einer Abfrage nach dem Schulungsbedarf in der
Schlüsselkompetenz (ja / nein).
Lehrpriorität: (orientiert an einer dimensionslosen Skala 0-100); Ergebnis einer Abfrage und
Berechnung auf der Basis einer Faktorenbildung von Schulungsbedarf (ja/nein) x Bedeutung
der Schlüsselkompetenz (sehr wichtig/wichtig/weniger wichtig/eher unwichtig) x Wissenslevel (kann ich gut/wird eher klappen/wäre mir eher unsicher/sehr unsicher).
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Abb. 3: Lehrpriorität in den Schlüsselkompetenzen der Tabelle 1 (siehe oben), geordnet in absteigender Reihenfolge der Höhe der Lehrpriorität (orientiert an einer dimensionslosen Skala
0-100); Berechnung siehe Abbildung 2
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Abb. 4: Lehrpriorität in den Schlüsselkompetenzen, geordnet in absteigender Reihenfolge, als TOP 25 der Kompetenzen. Die Analyse (orientiert
an einer dimensionslosen Skala von 0­100) zeigt die Möglichkeit der Identifizierung des potentiellen Hauptfokus der Lehraktivität. Anzumerken
ist, dass diese Analyseart vollkommen unabhängig von der Ausrichtung der Thematik für jeden (chirurgischen) „Schulungsbetrieb“ genutzt
werden kann. Links ist die ursprüngliche Nummer der jeweiligen Kompetenz aufgeführt.
Für die Bewertung der Prozessqualität könnten daneben die
durchschnittliche Dauer bis zur Anerkennung der ATN1 Einsatzchirurgie (8084000) – und damit als bundeswehrinterne
Zertifizierung die Anerkennung einer Kompetenz ­, die Anzahl
der durchgeführten Morbiditäts- und Mortalitäts-Konferenzen
oder der besuchten externen Fortbildungsveranstaltungen pro
Weiterzubildendem herangezogen werden.
Im Rahmen der „Kompetenzorientierung“ und der Vorbereitung auf Einsatzaufgaben ist letztlich aber die Ergebnisqualität
– mit ihren Perspektiven „Output-“ und „Outcome-Qualität“ –
von ganz wesentlicher Bedeutung.
Indikatoren für die Bewertung der Dimension Output kann unter anderem das in Großbritannien bereits auch in der zivilen
Weiterbildung verpflichtende „Procedure Based Assessment“
liefern, das für Trainee und Tutor gleichermaßen erfolgt. Dies
könnte ergänzt werden durch die Anzahl der durchgeführten
Trigger-Operationen pro Weiterzubildendem (einzelne von der
Konsiliargruppe Chirurgie definierte, hoch­einsatzrelevante
Operationen; zum Beispiel 5 - 10 verschiedene Prozeduren pro
chirurgischem Fachgebiet).
1
ATN = Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer; Kennzeichnungssystem
der Bundeswehr für erworbene Qualifikationen
Um darüber hinaus eine Einschätzung des Outcomes vornehmen zu können, sind zwei zusätzliche Evaluationsschritte in der
Diskussion:
• Fremd-Evaluation des Chirurgen nach Erwerb des zweiten
Facharztes durch einen Beauftragten für die einsatzchirurgische Weiterbildung und die Weiterbildungsbefugten in Hinblick auf die tatsächliche Qualität am Patienten im potenziellen Einsatz oder
• Selbst-Evaluation des Chirurgen nach Erwerb des zweiten
Facharztes, inwieweit er durch die Facharztweiterbildungen
auf die Gegebenheiten seiner Tätigkeit im Einsatz (vor dem
Hintergrund seiner bisherigen Einsatzerfahrung) vorbereitet
wurde.
Die finale Abstimmung und endgültige Festlegung der Kriteri­
en sowie der Kennzahlen zu deren Messung sind derzeit noch
Gegenstand der abschließenden Untersuchungen im Forschungsvorhaben QMS in der Ausbildung im Sanitätsdienst der
Bundeswehr.
Zusammenfassung und Schlussbemerkungen
Vor dem Hintergrund der fachlichen Anforderungen an einen
Militärchirurgen, die sich aus den Einsatzerfahrungen der letzten zwei Jahrzehnte und den zugrunde liegenden zivilen berufs-
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menden Spezialisierung gegenüberstehen und berücksichtigen
wollen, dass auch im zivilen Umfeld Ärzte in gewissen Szenarien
für die Notfallversorgung auf einer sehr breiten fachlichen Basis
gefordert sein können. Dieses
könnte zum Beispiel im Rahmen
humanitärer Hilfe, bei Terroranschlägen,
Großschadenslagen
oder Katastrophen in Metropolgegenden sein, wie wir sie ja leider
durch Bombenanschläge beim
Boston-Marathon 2013 [1, 4] oder
in der Londoner U-Bahn 2005 [7]
erleben mussten. Es wird also darauf ankommen, die dargestellten
Fähigkeiten substanziell und
Abb. 5: Qualitätsdimensionen: bei der Evaluierung der Weiterbildung zu betrachtende Qualitätsdimensi- nachhaltig zu fördern und gegebenenfalls auch nicht nur auf den
onen, in Anlehnung an Donabedian [3].
Bereich der Bundeswehr zu beschränken. Nur so können wir robust gegen Schwankungen der
politischen Vorgaben ableiten lassen, wurde ein zukünftiges
Risikoperzeption
sein
und
die
künftigen Einsatzchirurgen verWeiterbildungsprogramm für den chirurgisch tätigen Sanitätsnünftig
ausbilden.
Das
gebietet
die Verantwortung gegenüber
offizier erarbeitet. Nach Erörterung des Vorhabens bei der Bun­
unseren
anvertrauten
Patienten,
gegenüber
unseren chirurgisch
desärztekammer und der Gemeinsamen Weiterbildungskomtätigen Kameraden – und das gebietet uns auch das Andenken
mission (Berufsverband der Deutschen Chirurgen e. V., chiruran den großen Militärchirurgen Oberstarzt Prof. Dr. Gerngroß.
gische Fachgesellschaften) wurde das hier vorgestellte Weiterbildungskonzept Mitte des Jahres 2009 durch den Inspekteur
Kernaussagen
des Sanitätsdienstes der Bundeswehr angewiesen. Somit ist es
für den in Weiterbildung befindlichen Chirurgen der Bundes­
• In militärischen Konfliktsituationen zu beobachtende und
wehr derzeitig grundsätzlich verpflichtend, zwei Facharztkom­
zu versorgende Verletzungsmuster werden in zivilen
petenzen zu erwerben. In das „DUO plus“-Modell werden zuKliniken in Deutschland selten gesehen.
sätzlich Wissensanteile anderer operativer Fachgebiete sowie
• Ein Chirurg im Auslandseinsatz muss zur Beherrschung
militärfachliche Inhalte integriert. Bei Erreichen der erforderlialler lebensrettenden Notfallmaßnahmen über Erfahrunchen Kompetenzen wird die bundeswehrinterne Bezeichnung
gen in der Thorax-, Viszeral, Gefäß- und Unfallchirurgie
„Einsatzchirurg“ offiziell zuerkannt. Die Anerkennung ist be­
verfügen. Das „Duo-Plus“-Ausbildungskonzept für
schränkt auf einen Zeitraum von fünf Jahren, in denen festgeEinsatzchirurgen trägt dieser Notwendigkeit Rechnung.
legte Kurse und Qualifikationen für einen Kompetenzerhalt
• Die Qualität von Ausbildung und Kompetenzerhalt der
wiederholt werden müssen, um dann eine erneute Anerkennung
Einsatzchirurgen muss durch geeignete Evaluationsverzu erhalten. Unbenommen von dem in der Regel geplanten Einfahren überprüft und weiterentwickelt werden.
satz als „Solist“ besteht selbstverständlich immer die Möglich• Derzeitige Herausforderung ist es, ein wissenschaftlich
keit, lageabhängig ein bereits vor Ort arbeitendes Team durch
fundiertes Evaluationskonzept hierfür zu erarbeiten.
weitere chirurgische Kollegen mit komplementären Facharztkompetenzen zu verstärken. Um dies zu gewährleisten, erfolgt
• Ein daraus abgeleitetes Qualitätsmanagementsystem für
die Einplanung des chirurgischen Einsatzpersonals gezielt
Einsatzchirurgen wäre vor dem Hintergrund zunehmender
durch den Einsatzbeauftragten der Konsiliargruppe Chirurgie.
Sub- und Superspezialisierung in der Chirurgie sowohl im
Das derzeit in Entwicklung befindliche Qualitätsmanagement
zivilen Bereich für die Sicherstellung einer flächendecken­
kann zukünftig das Weiterbildungsmodell Einsatzchirurgie im
den chirurgischen Notfallversorgung (nicht nur in Kata„Gerngroß’schen Sinne“ wissenschaftlich begleiten, um die
strophenlagen) als auch für die Optimierung multinationanotwendigen Ansatzpunkte zur kontinuierlichen Qualitätsverler Einsatzteams in der NATO nutzbar.
besserung zu identifizieren.
Überlegungen, die angestellt werden müssen, um auch zukünftig bei zunehmender Sub- und Superspezialisierung eine breite
Acknowledgment
chirurgische Notfallkompetenz eines chirurgisch tätigen Sanitätsoffiziers in besonderen Situationen – wie zum Beispiel im
Dieser Beitrag ist im Zusammenhang mit dem ForschungsproRahmen eines Auslandseinsatzes – zu gewährleisten, sollten
jekt „Wissenschaftliche Entwicklung eines Qualitätsmanagejedoch nicht alleine auf den rein militärischen Bereich bementsystems (QMS) für die Ausbildung im SanDstBw unter
schränkt bleiben. Auch der zivile Bereich wird sicherlich kriBerücksichtigung anerkannter konzeptioneller Modelle der
tisch dem fachlich und juristisch begründeten Weg der zunehDienstleistungsqualität“ (M/SABX/DA006) entstanden.
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Manuskriptdaten:
Eingereicht: 12.05.2015
Revidierte Fassung angenommen: 06.07.2015
Zitierweise:
Willy C, Kern E-M, Kehe K, Weller N: Strukturierung und Evaluation
der Chirurgischen Weiterbildung innerhalb der Bundeswehrkrankenhäuser – Update 2015. Wehrmedizinische Monatsschrift 2015; 8: 236- 244
Für die Verfasser:
Oberstarzt Professor Dr. med. Christian Willy
Leitender Arzt der Abteilung Unfallchirurgie / Orthopädie,
Septisch-Rekonstruktive Chirurgie am Bundeswehrkrankenhaus
Berlin
Scharnhorststr. 13, 10115 Berlin
E-Mail: [email protected]
Der Beitrag wird im Internet unter www.wehrmed.de veröffentlicht.
Kasuistik
Aus der Klinik für Allgemein-/Viszeral- und Thoraxchirurgie (Direktor: Prof. Dr. med. R. Schwab) des Bundeswehrzentralkrankenhauses
Koblenz (Generalarzt Dr. med. M. Zallet)
Eine außergewöhnliche Ursache des penetrierenden Thoraxtraumas:
Hydrauliköldurchschuss des linken Lungenoberlappens
A quite extraordinary cause of penetrating thorax trauma:
High pressure injection injury of the left upper lobe with hydraulic fluid
Christof Schreyer, Arnulf Willms, Sebastian Schaaf, Robert Schwab
Zusammenfassung
Dieser Fallbericht beschreibt erstmals eine thorakale Penetrationsverletzung durch einen Hydraulikölstrahl. Dank unmittelbarer minimalinvasiver operativer Versorgung unter
Verzicht auf Resektion von Lungengewebe konnte ein unkomplizierter Heilungsverlauf ohne funktionelles Defizit er­
reicht werden. Hochdruckstrahlverletzungen betreffen häufig die Hände sowie Gesicht und Augen. Problematisch sind
zum einen akute mechanische, toxische und thermische Ge-
webeschäden und zum anderen spätere Komplikationen
durch Infektion, Vernarbung und Fremdkörperreaktionen.
Aufgrund der oftmals unscheinbaren Eintrittswunden, die
die darunter liegende Gewebeschädigung maskieren können,
sind die umgehende operative Exploration, ein gründliches
Wunddébridement sowie Drainageeinlage oder offene
Wundbehandlung prognosebestimmend.
Schlüsselworte: Penetrierendes Thoraxtrauma, Hydrauliköl, Schussverletzung, VATS, minimalinvasive Chirurgie, Berufsunfall
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C. Schreyer et al.: Eine außergewöhnliche Ursache des penetrierenden Thoraxtraumas
Summary
For the first time we report a case of a thoracic high­pressure
injection injury caused by hydraulic fluid. Due to immediate
surgical intervention without resection of lung tissue the
postoperative course was uneventful and no functional impairment persisted. Mostly, high-pressure injection injuries
affect the hands and the oculofascial region. Acute tissue
damage occurs due to the mechanical, toxic and thermal effects of the injected material and late complications are
caused by infection, scarring/fibrosis and foreign body reac­
tion. The entry wound is usually unimpressive and leads to
underestimation of the actual tissue damage underneath.
Hence, immediate surgical inspection, debridement and
drainage or open wound therapy is mandatory to improve the
prognosis.
Keywords: Penetrating thorax trauma, hydraulic fluid, bul­
let wound, VATS, minimally invasive surgery, industrial injury
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fert. Zuvor kam es im Rahmen der Demontage der unter hohem
Druck stehenden Hydraulikleitung eines Baggers durch den
Verunfallten zu einem penetrierenden Thoraxtrauma nach Absprengung eines Ventilstücks.
Klinik
In der klinischen Untersuchung zeigte sich inspektorisch eine
4 x 3 cm große penetrierende Thoraxverletzung mit Verbrennungen II. Grades links parasternal (Abbildung 1) ohne feststellbare Austrittssverletzung am Rücken. Links-apikal war das
Atemgeräusch vermindert, die Herztöne waren rein, rhythmisch
und ohne pathologische Geräusche. Noch am Unfallort wurde
eine Thoraxdrainage gelegt, die bis zur Aufnahme nur wenig
venöses Blut gefördert hatte. Die Notfallsonographie (FAST1)
und der Bodycheck im Rahmen des Primary Survey (ATLS®2)
waren ansonsten unauffällig. Labordiagnostisch zeigten sich
keine Auffälligkeiten, insbesondere kein Hb-Verlust und eine
normwertige Gerinnung. Sämtliche Einzelteile des Ventils
konnten am Unfallort asserviert werden, so dass die Verletzung
allein durch das unter hohem Druck stehende Hydrauliköl verursacht worden war.
Einleitung
Im Zuge der Industrialisierung begann 1795 mit dem von
Joseph Bramah entwickelten hydromechanischen Antrieb der
Einsatz hydraulischer Systeme im Maschinenbau. Auf Grund
der damit möglichen Vervielfachung der Antriebskräfte ergab
sich eine ungeahnte Effektivitätssteigerung im Arbeits- und
Produktionsprozess, so dass die Hydrauliktechnik heute breite
Anwendung bei allen Arten von Arbeitsmaschinen und Fahrzeugen findet.[1]
Soldaten der Bundeswehr sind tagtäglich bei Einsatz, Übung
und Instandhaltung mit Hydrauliktechnik aller Art und den resultierenden Gefahren konfrontiert. Daher ist die Kenntnis von
Verletzungsmechanismen, Pathophysiologie, möglicher Schädigungsmuster und Therapieprinzipien die Grundlage einer effektiven Behandlung und damit Voraussetzung für eine komplikationslose Rekonvaleszenz ohne Funktionsdefizit unter Erhal­
tung von Lebensqualität und Dienstfähigkeit des Soldaten / der
Soldatin.
Das Statistische Bundesamt verzeichnete im Jahre 2013 1 307
Todesfälle durch Thoraxverletzungen (ICD S20-29), was einem
Anteil von 0,5 % entspricht [2]. Mehrheitlich kommen stumpfe
Thoraxtraumata vor. Lediglich 5 - 15 % entfallen auf penetrierende Thoraxtraumata [3]. Hochdruckstrahlverletzungen durch
Flüssigkeiten und Gase sind generell selten und betreffen meist
die obere Extremität. So kommt in etwa eine Hochdruckverletzung auf 600 Handverletzungen [4]. Meist sind Männer mit einem Durchschnittsalter von 35 Jahren betroffen [5]. In Deutschland ist das penetrierende Thoraxtrauma per se selten und insbesondere Hochdruckstrahlverletzungen des Brustkorbs bilden
eine Rarität. Der vorliegende Fall beschreibt erstmals ein penetrierendes Thoraxtrauma durch einen Hydraulikölstrahl.
Fallbericht
Anamnese
Ein 17-jähriger Patient wurde intubiert, beatmet und kreislaufstabil durch den Rettungsdienst in den Schockraum eingelie-
Abb. 1: Schockraum: 4 x 3 cm große, penetrierende Thoraxverletzung
mit Verbrennungen II. Grades links parasternal ohne feststellbare
Austrittssverletzung am Rücken
CT-Thorax
Die CT-Diagnostik zeigte eine sagittal verlaufende perforierende Verletzung des Lungenoberlappens links mit einer tiefreichenden Weichteilverletzung der ventralen Thoraxwand (Abbildung 2). Das Herz und die großen mediastinalen Gefäße
waren unbeeinträchtigt. Ein Fremdkörper konnte auch CT-morphologisch ausgeschlossen werden.
Operative Therapie
Es wurde die Indikation zur notfallmäßigen Thorakoskopie (Video-Assisted Thoracic Surgery = VATS) links und zum Débridement im Bereich der Thoraxwand gestellt. Intrathorakal zeigten sich ein trübes, teils koaguliertes Gemisch aus Blut und
Hydrauliköl sowie relevante Schmutzeinsprengungen mit
Weichteilläsionen im Bereich der ventralen Eintrittswunde
1
FAST = Focused Assessment with Sonography for Trauma
ATLS® = Advanced Trauma Life Support
2
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durchgeführt. Nach einer ausgiebigen Lavage des Thorax wurde eine Thoraxdrainage (24 Charrier) neu angelegt und der
Weichteildefekt unter Einlage einer Redon-Drainage schichtweise primär verschlossen.
In der Histologie wurden Anteile von Pleura parietalis, quergestreifter Muskulatur, Haut- und Unterhautgewebe mit jeweils
frischen Nekrosen, florider Entzündungsreaktion sowie Ein­
sprengungen faserigen schwärzlichen Fremdmaterials beschrieben.
Der postoperative Verlauf war unkompliziert, die Thoraxdrainage wurde am 8. postoperativen Tag entfernt; sie wurde in diesem Fall etwas länger als üblich belassen, um bei Zeichen einer
infektiösen Komplikation schnellstmöglich mit einer Antibiose
reagieren zu können. Der Patient konnte am 10. postoperativen
Tag beschwerdefrei und mit gutem kosmetischem Ergebnis
(Abbildung 5 und 6) entlassen werden. Eine Erwerbsminderung
lag nach Abschluss der Rekonvaleszenz erfreulicherweise nicht
vor.
Abb. 2: CT-Thorax: Sagittal verlaufende perforierende Verletzung des
Lungenoberlappens links
(Abbildung 3). Die dorsale Thoraxwand wies lediglich eine
pleurale Läsion auf. Im linken Lungenoberlappen bestätigte
sich die ventrodorsale Perforationsverletzung mit begleitender
relevanter Einblutung, jedoch ohne Anhalt für eine aktive Blutung oder eine Fistelung (Abbildung 4).
In der Annahme, dass sich der Lungenoberlappen im Verlauf
erholen würde und da das endgültige Ausmaß der Lappenschädigung durch das Hydrauliköl erst im Verlauf zu beurteilen war,
wurden operativ primär ein ausgiebiges thorakoskopisches
Débridement der Thoraxhöhle sowie ein Weichteildébridement
Ergebnis der Literaturrecherche
Eine Medline gestützte Recherche mit Eingabe der Suchbegriffe „high-pressure injection injury“ erbrachte 369 Treffer. Die
Mehrzahl publizierter Reviews und Case Reports behandelt Extremitätenverletzungen sowie vereinzelt okulofaziale Verletzungen. Es konnte kein Fallbericht einer thorakalen Penetrationsverletzung durch Hydrauliköl gefunden werden.
Diskussion
Dieser Fall beschreibt erstmals eine thorakale Penetrationsverletzung durch einen Hydraulikölstrahl. Im vorgestellten Fall
zeigte sich neben der kutanen Verbrennung und der verschmutzten Eintrittswunde eine langstreckige Perforationsverletzung
des linken Lungenoberlappens, ohne dass Fistelungen oder aktive Blutungen bestanden. Der restliche Oberlappen sowie der
Abb. 3: Tiefreichende Schmutzeinsprengungen, Weichteilläsionen
und Verbrennung II. Grades im Bereich der ventralen Eintrittswunde
Abb. 4: Thorakoskopie:
Perforation und Einblutung
im linken Lungenoberlappen
Abb. 5: Kosmetisches Ergebnis 14 Tage postoperativ
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C. Schreyer et al.: Eine außergewöhnliche Ursache des penetrierenden Thoraxtraumas
Abb. 6: Röntgen-Thorax 14 Tage postoperativ mit geringem,
links-basalen Residualerguss und minimaler Verdichtung im linken
Oberfeld (Narbenbildung im Rahmen der Heilungskaskade)
Unterlappen stellten sich als vollständig intakt dar. Es konnte
auf ein resezierendes Verfahren verzichtet werden. Der Heilungsverlauf war unkompliziert, so dass keine funktionellen
Einschränkungen und ein zufriedenstellendes kosmetisches Ergebnis resultierten.
Penetrierende Verletzungen durch unter Hochdruck stehende
Flüssigkeiten oder Gase kommen, wie im vorliegenden Fall, als
Arbeitsunfälle oder auch im Heimwerkerbereich vor [6]. Den
Injektionsverletzungen gemein ist die oft kleine Eintrittswunde
mit ausgedehnter darunter liegender Gewebeschädigung, die
häufig zunächst unterschätzt wird, weshalb die Patienten nicht
selten erst nach Tagen ärztlich vorstellig werden [6].
Aufgrund der zunächst okkulten Schäden und der späteren
Komplikationen werden für Extremitätenverletzungen Amputationsraten von 15 - 40 % berichtet [5, 7]. Prognostisch relevant sind hierbei vor allem die Art des der injizierten Stoffes
und die Dauer bis zum chirurgischen Débridement. Für Dieselkraftstoff und Lösungsmittel / Verdünner werden höhere Amputationsraten (55 - 70 %) als für Hydrauliköl (15 - 20 %) angegeben [5]. Hogan et al. wiesen in einer Metaanalyse nach, dass
die Amputationsraten der Finger auf 58 % bzw. 88 % stiegen,
wenn mehr als 6 h bis zur OP vergingen beziehungsweise gar
nicht débridiert wurde [5]. Ein ähnlich linearer Zusammenhang
wurde für das funktionelle Outcome und die Arbeitsfähigkeit
beschrieben [6].
Hydraulikkreisläufe in Baumaschinen arbeiten mit Drücken
zwischen 30 und 300 bar [8]. Der bei Unfällen resultierende
Strahl ist also durchaus geeignet, gesunde Haut zu durchdringen. So berichten Hart et al., dass das Integument bereits ab einem Druck von 100 psi (etwa 7 bar) perforiert wird [9]. Wenn
die Flüssigkeit die Cutis durchbrochen hat, breitet sie sich –
247
dem Weg des geringsten Widerstands folgend – in der Subcutis,
den Faszienlogen, der Skelettmuskulatur oder entlang von Sehnenscheiden in zentrifugaler Richtung aus [8, 10]. Zusätzlich
erwärmt sich das Hydrauliköl im normalen Betrieb auf 60 80°C, wodurch Verbrennungen zusätzlich zur mechanischen
Schädigung resultieren. Weiterhin muss grundsätzlich von einer bakteriellen Kontamination der Wunde ausgegangen werden. Daher sollte neben der aktiven bzw. passiven Tetanusimmunisierung eine Breitbandantibiose bedacht werden [6]. Hogan et al. wiesen in 41 % der Fälle eine bakterielle Kontamination der Resektionspräparate und Wunden nach [5].
Die Gewebeschädigung verläuft typischerweise zweiphasig:
Auf die akute Phase mit Nekrose und Infektion folgt eine chronische Phase mit Inflammation und Fremdkörperreaktion [11].
Die lokale Wirkung von Hydrauliköl und Schmierfetten ist überwiegend weniger toxisch als von Farben, Lösungsmitteln und
Verdünner. Die initiale Nekrose ist weniger ausgeprägt und die
chronische Phase zeigt überwiegend fibrosierende, granulomatö­
se Reaktionen und die Bildung abgegrenzter Ölzysten [4, 10].
Die einzige Therapie bei Injektion unphysiologischer Stoffe
stellen das umgehende chirurgische Débridement, die ausgiebige Wundspülung mit isotonischer wässriger Lösung und die
Einlage einer Wunddrainage dar [5, 6]. Das Resektionsausmaß
hängt vom Befund, der Wundkonfiguration und dem injizierten
Stoff ab. Bei unkomplizierten Stoffen wie Wasser (Hochdruckreiniger) und Luft (Kompressor) ohne Anhalt für eine relevante
Kontamination kann auch eine primär konservative Therapie
indiziert sein [12].
Von fetthaltigen bzw. öligen Agenzien geht im Rahmen der
Hochdruckstrahlverletzung auch ein systemisches Risiko für
eine Lipidpneumonie aus [13]. Harris et. al. berichten von einer
inguinalen Verletzung durch eine Fettspritze, im Rahmen derer
Schmierfett in die Leiste injiziert wurde und Anschluss an die
V. femoralis fand. Einige Tage später wurde bei dem Patienten
eine Lipidpneumonie mit respiratorischer Alteration diagnostiziert [13]. Dies unterstreicht die Gefahr, die äußerlich häufig
recht unscheinbaren Verletzungen durch den Hochdruckstahl
und den injizierten Stoff zu unterschätzen.
Folgerungen / Kernaussagen
• Bei Verletzungen durch Hydrauliköl resultieren thermomechanische Kombinationsverletzungen, die einer umgehenden chirurgischen Exploration und Sanierung bedürfen, um
okkulte Verletzungen und Spätkomplikationen wie tiefe
Wundinfektionen und Fremdkörperreaktionen durch das
injizierte Material zu verhindern.
• Auch bei einer noch so harmlos erscheinenden durch einen
Hochdruckstrahl verursachten Wunde muss eine sorgfältige chirurgische Diagnostik veranlasst werden, um durch
ein frühzeitiges operatives Vorgehen schwerwiegende Folgeschäden zu verhindern.
• Durch ein frühzeitiges thorakoskopisches Vorgehen – bei
ausreichender minimal-invasiver thoraxchirurgischer Expertise des Operateurs – kann unter Verzicht auf Resektion
von Lungengewebe ein unkomplizierter Heilungsverlauf
ohne funktionelles Defizit erreicht werden.
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C. Schreyer et al.: Eine außergewöhnliche Ursache des penetrierenden Thoraxtraumas
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Bildquelle: Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Manuskriptdaten:
Eingereicht: 26.04.2015
Revidierte Fassung angenommen: 17.07.2015
Zitierweise:
Schreyer C, Willms A, Schaaf S, Schwab R: Eine außergewöhnliche
Ursache des penetrierenden Thoraxtraumas: Hydrauliköldurchschuss
des linken Lungenoberlappens. Wehrmedizinische Monatsschrift
2015; 8: 244-248
Für die Verfasser:
Oberstarzt Dr. med. Christof Schreyer
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Abteilung für Allgemein-,
Viszeral- und Thoraxchirurgie
Rübenacher Straße 170, 56072 Koblenz, D
Email: [email protected]
Der Beitrag wird im Internet unter www.wehrmed.de veröffentlicht.
Geschichte der Wehrmedizin
Die medizinische Versorgung der Deutschen Militärmission in
Vorderasien 1914 - 1918
Medical support of the German military mission in Near East 1914 - 1918
Gerd Machalett und Ernst-Jürgen Finke
Zusammenfassung
Im Ersten Weltkrieg war die Front in Vorderasien nur ein
Nebenkriegsschauplatz. Deshalb sind Angaben zur sanitätsdienstlichen Versorgung der deutschen Militärkontingente,
bestehend aus der Mittelmeer-Division (MMD) und
deutsch-österreichischen Heeresverbänden, mit zuletzt
25 000 Soldaten rar.
Zu Beginn der Kampfhandlungen waren die osmanische Armee und deren Sanitätsdienst den Anforderungen eines modernen Maschinenwaffenkrieges noch nicht gewachsen. Daher musste der deutsche Sanitätsdienst, der vor allem durch
die MMD gestellt wurde, bereits 1915 die Verwundeten und
Kranken der eigenen Truppen sowie der osmanischen Streit-
kräfte versorgen und später auch die seuchenhygienische
Versorgung gewährleisten.
Als wehrmedizinisch bedeutsam erwiesen sich im Kriegsverlauf Fleck­ und Rückfallfieberepidemien, Malaria, Cho­
lera und Typhus. Die Ausfälle durch Kriegsseuchen lagen
weit höher als diejenigen durch Verwundungen. Der Sanitätsdienst der Deutschen Militärmission etablierte die Diagnostik, Therapie und Prophylaxe von Infektionskrankheiten,
stellte Desinfektionsanlagen bereit und überwachte die Abfall- und Fäkalienbeseitigung, die Impfungen und den Schutz
der Truppen vor endemischen Infektionskrankheiten. Die
Armeen im Taurusgebiet und in Mesopotamien erhielten ein
mobiles Labor, das teilweise in Eisenbahnwaggons unterge-
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G. Machalett et al.: Die medizinische Versorgung der Deutschen Militärmission in Vorderasien 1914 - 1918
bracht war. Auf dem Sinai und in Palästina wurden mobile
Felduntersuchungsstationen mit angeschlossenem Seuchenlazarett eingesetzt. Die Deutsche Militärmission wurde dabei durch Gesundheitsämter im damaligen Konstantinopel
und Jerusalem unterstützt. Während der Militärmission gewann der deutsche Sanitätsdienst wertvolle Erkenntnisse
und Erfahrungen für spätere Einsätze unter ähnlichen geographischen und klimatischen Bedingungen.
Schlüsselwörter: Erster Weltkrieg, Vorderasien, Osmanisches Reich, Deutsche Militärmission, Mittelmeer-Division,
sanitätsdienstliche Versorgung, Seuchenbekämpfung.
Summary
During World War I the Near East front has been considered
as a secondary theatre. Thus data on the medical support of
the German military mission consisting in the Mediterranean
division (MMD) and German-Austrian army formations
with approximately 25.000 soldiers are rare. At the beginning of the combat activities the Ottoman army and its medical service could not met the demands for a modern war
employing automatic weapons, yet. Therefore the medical
service, based mainly on the MMD, as early as 1915 provided medical care and later on additional epidemic control not
only for its own troops but also for the Ottoman armed forces.
During the war epidemics of spotted fever, relapsing fever,
malaria, cholera, typhoid fever and dysentery became important factors causing far higher casualty numbers than war
injuries. The German medical service provided diagnostics,
treatment, and prophylaxis of infectious diseases, established
facilities for disinfection, vaccinations, and protection of
troops against endemic infections, and supervised the disposal of wastes and feces. A mobile railroad based laboratory
was provided to the troops in the Taurus region and Mesopotamia. In Sinai and Palestine mobile field investigation stations with attached epidemic hospitals were established. The
German military mission was supported by health offices
located in Constantinople und Jerusalem. During the mission
German medical service acquired valuable expert know­
ledge and experience – useful for medical support in other
areas under similar geographical and climatic conditions.
Keywords: World War I, Near East, Ottoman Empire, German military mission, Mediterranean Division, medical support, epidemic control.
Einführung
Für die Darstellung der sanitätsdienstlichen Versorgung deutscher Truppen auf den Kriegsschauplätzen an den Grenzen des
Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg liegt keine breite
Quellenbasis vor. Neben den Kriegsverlusten der verschiedenen Archive (insbesondere dem Brand des Heeresarchivs in
Potsdam) ist als weiterer Grund die Einstufung als „Nebenkriegsschauplatz“ anzusehen. Der überwiegende Teil aller verfügbaren Publikationen stammt aus den 1930er Jahren und um-
249
fasst Übersichtsarbeiten - zum Teil von persönlichen Erinnerungen geprägt - sowie den dreibändigen „Sanitätsbericht über
das deutsche Heer (Deutsches Feld- und Besatzungsheer) im
Weltkriege 1914/1918 (Deutscher Kriegssanitätsbericht
1914/1918)“. Erst seit den 1990er Jahren erschienen weitere
Veröffentlichungen, die sich unter Anwendung historisch-kritischer Methoden mit dem Thema auseinander setzen [1, 2, 3, 4,
5, 30, 34]. Diese sehr umfangreichen Arbeiten können hier nur
zum Teil berücksichtigt werden, bieten aber interessierten Lesern weitere detaillierte Einblicke.
Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, ausgewählte Schwerpunkte und Probleme der medizinischen Versorgung – insbesondere
im Hinblick auf die Gewährleistung einer wirksamen Infektionskontrolle – der Angehörigen der Deutschen Militärmission,
speziell der Mittelmeer-Division (MMD), darzustellen. Ausdrücklich stehen dabei die sanitätsdienstlichen und medizinischen Inhalte im Vordergrund, während kultur-, wirtschaftsund geopolitische Motivationen sowie historische Hintergründe
nur schlaglichtartig zur Kontextualisierung beleuchtet werden.
Politische Ausgangslage
Am Vorabend des Ersten Weltkrieges beherrschte das Osmanische Reich zwar immer noch den Landblock zwischen Indischem Ozean, Mittelmeer und Kaspischem Meer, hatte aber seit
dem 17. Jahrhundert durch nahezu durchgehend andauernde
Kämpfe und innere Konflikte zwischen den verschiedenen Ethnien des Vielvölkerstaates den größten Teil seiner afrikanischen, europäischen und asiatischen Gebiete verloren [29]. Insbesondere der Erste Balkankrieg im Jahre 1912 führte zum
Verlust osmanischer Gebiete auf dem Balkan an Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro.
Aus Sicht der osmanischen Regierung war eine Bewahrung der
Integrität beziehungsweise ein Wiederaufstieg des Reiches nur
mit starken europäischen Mächten möglich. Nach gescheiterten
Gesprächen mit Russland und Frankreich führten Bündnisverhandlungen mit Deutschland schließlich am 2. August 1914 zur
Unterzeichnung des geheimen Bündnisvertrages zwischen dem
Deutschen und dem Osmanischen Reich [29]. Nach Ausbruch
der Kampfhandlungen standen sich in Europa das Deutsche
Reich und Österreich-Ungarn als verbündete Mittelmächte, denen sich im Laufe des Krieges das Osmanische Reich und Bulgarien anschlossen, und die aus Großbritannien, Frankreich und
Russland bestehende Entente mit ihren Alliierten gegenüber.
Die Aktivitäten der Mittelmächte zielten darauf ab, im britischen Einflussbereich liegende regionale Erdölfelder anzugreifen sowie den Suezkanal zuerreichen, was zur Unterbindung
des Schiffsverkehrs und des Nachschubs mit resultierender
Schwächung der Entente-Mächte geführt hätte [6, 7]. Während
die deutsche Regierung das Osmanische Reich als „Gegengewicht zu Russland“ etablieren wollte [8] und auf einen sofortigen Kriegseintritt zur Bindung feindlicher Kräfte drängte [29],
lagen die osmanischen Interessen vor allem in Persien und
Transkaukasien. Dies musste zwangsläufig ebenfalls zur Kollision mit russischen Interessen führen. Belastend für das
deutsch-osmanische Bündnis war die innenpolitische Situation
im Osmanischen Reich: Zwischen Befürwortern eines Anschlusses an die Mittelmächte oder die Entente entstand ein
Patt, verbunden mit der Gefahr, dass die Regierung in Konstan-
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tinopel ihre vertraglich mit dem Deutschen Reich eingegangenen Bündnispflichten ablehnen könnte.
Hauptziel der Entente war die Sicherung strategisch wichtiger
Schiffsverbindungen durch die Dardanellen und den Suezkanal,
die nach Blockierung der Ostsee durch Schiffe der kaiserlich-deutschen Marine die einzigen Nachschublinien zwischen
den Westalliierten und Russland waren.
Militärische und sanitätsdienstliche
Ausgangslage
Bereits im Dezember 1913 [29] begann eine deutsche Militärmission, bestehend aus Militärberatern, Waffen- und Eisenbahnbauspezialisten (letztere für den Bau der „Bagdadbahn“)
auf Wunsch des Osmanischen Reiches mit ihrer Tätigkeit [6, 8,
9, 10]. Im ersten Kriegsjahr beschränkte sich die sanitätsdienstliche Unterstützung auf Angehörige der Freiwilligen Krankenpflege, während ab Herbst 1915 deutsche Sanitätseinrichtungen
in und um Konstantinopel entstanden [29]. Nach der Kriegserklärung durch die Entente an das Osmanische Reich wurde die
Deutsche Militärmission schrittweise personell und materiell
zu einem Expeditionskorps (Pascha I und Pascha II) und der
Heeresgruppe F (Jildrim) – letztere auch als „Deutsches Asienkorps“ bezeichnet – ausgebaut [31]. Während das deutsche
Kontingent Anfang 1915 aus lediglich 400 Mann bestand, betrug sein Umfang Ende August des gleichen Jahres bereits 6 000
Soldaten und 600 Offiziere. Die sanitätsdienstliche Versorgung
der Korps stellten unter anderem deutsche Sanitätskompanien,
Feld- und Kriegslazarette sicher [29]. Bis Kriegsende waren
etwa 25 000 deutsche Soldaten, davon 68 Sanitätsoffiziere, in
Syrien, Palästina, Konstantinopel, auf der Halbinsel Gallipoli
und an anderen Orten im kleinasiatischen und nordpersischen
Raum im Einsatz [2]. Diese Kräfte standen während der gesamten Kämpfe unter dem Kommando der deutschen Generalität,
die sich aber dem osmanischen Oberbefehl unterzuordnen hatte. Otto Liman von Sanders, zunächst Chef der Militärmission
[7], übernahm als osmanischer Marschall das Kommando über
das I. Armeekorps in Konstantinopel und befehligte ab März
1915 die 5. Armee mit zirka 60 000 Mann während der Verteidigung der Gallipoli-Front gegen die Streitkräfte der Entente
[9, 10]. Mit Limans Stabschef, Bronsart von Schellendorf, und
Freiherr von der Goltz als Berater des Oberbefehlshabers dienten weitere deutsche und österreichische Offiziere in Kommandopositionen der osmanischen Armee [9]. Allerdings traten
im Kriegsverlauf unterschiedliche strategische Zielstellungen
und Spannungen zwischen der osmanischen Armeeführung und
dem deutsch-österreichischen Offizierskorps auf, welche die
einheitliche Kriegsführung erschwerten [6].
Zusätzlich zu den deutsch-österreichischen Landstreitkräften traf
am 10. August 1914 die MMD, im Kern aus dem großen Großen
Kreuzer GOEBEN und dem Kleinen Kreuzer BRESLAU bestehend, unter dem Kommando von Admiral Wilhelm Souchon in
den Dardanellen ein [29]. Die Schiffe der MMD wurden nach
Umbenennung in die osmanische Flotte eingegliedert und nahmen bereits am 29. Oktober 1914 an einer Seeoperation gegen
russische Schwarzmeerhäfen teil [7], wobei Souchon weiterhin
der deutschen Seekriegsleitung unterstellt blieb [29].
Das osmanische Heer bestand aus drei Armeen mit 13 Korps,
die 1914 eine Friedensstärke von 300 000 Mann und 8 000 Offi-
zieren aufwiesen. Bis 1916 wuchs die Armee auf 1 Million
Mann auf [6]. Die Kampfkraft der osmanischen Truppen bewerteten die europäischen Mächte als relativ niedrig [11]. Als
Ursachen werden unter anderem angesehen [1, 2, 5, 7, 10, 11]:
• soziale und ökonomische Rückständigkeit,
• hohe Staatsverschuldung und Reformstau aufgrund der Balkankriege,
• ungünstige hygienisch-epidemische Situation aufgrund eines
unterentwickelten Gesundheitswesens und gravierender Hygienemissstände,
• u nbedeutende Rüstungsindustrie,
• n iedriger Stand des Verkehrswesens,
• hohe Abhängigkeit bei der Bewaffnung und Ausrüstung von
deutschen Lieferungen,
• erhebliche innere religiöse und ethnische Spannungen im osmanischen Vielvölkerstaat (unter anderem Armenier, Griechen) und
• geringes Bildungsniveau der Soldaten, bedingt durch weit
verbreitetes Analphabetentum.
Nicht nur das Heer, sondern auch das osmanische Sanitätswesen, dessen Chef, Suleiman Numan Pascha, an der Kaiser-Wilhelm-Akademie in Berlin ausgebildet worden war, hatte mit
den bereits geschilderten Problemen zu kämpfen [9].
Das osmanische Heeressanitätswesen war kaum in der Lage,
den Anforderungen eines modernen Krieges gerecht zu werden
und bedurfte dringend der Unterstützung seiner Verbündeten
[7, 10, 12]. In diesem Zusammenhang ist besonders der bayerische Sanitätsoffizier und Hygieniker Georg Mayer zu nennen,
welcher sich bereits vor Kriegsbeginn für die Umgliederung
des osmanischen Sanitätswesens in Sanitätskompanien, Feldund Kriegslazarette nach deutschem Vorbild eingesetzt hatte.
Dieses Vorhaben konnte nur teilweise umgesetzt werden [2,
10], wie auch die Zusammenarbeit oft nur in den Führungsebenen funktionierte. Nachschub- und Versorgungsfragen wurden
durch die Bürokratie erheblich erschwert und in den letzten
zwei Kriegsjahren regelrecht sabotiert [13].
Die Schiffsärzte der MMD arbeiteten im Interesse der deutschen Marineangehörigen von Beginn an eng mit der Marinemedizinalabteilung des osmanischen Marineministeriums zusammen [9]. Bis zum Aufbau eigener ortsfester Sanitätseinrichtungen konnten vorübergehend osmanische Ressourcen wie
Impfstoffe, Verbandmittel, Bettenkapazitäten, Laboratorien
und ähnliches genutzt werden [9].
Bis zum Eintreffen der ersten deutschen Sanitätsformationen
erfolgte die medizinische Versorgung der deutschen Soldaten
ausschließlich durch den Sanitätsdienst der MMD unter Leitung des deutschen Flottenarztes der türkischen Flotte, Heinrich
Trembur [9, 13]. Im weiteren Verlauf des Jahres 1914 mussten
zusätzlich kriegswichtige Objekte und Personengruppen wie
• Arbeiterbataillone in der Wüste,
• Eisenbahnbautrupps an der Bagdadbahn,
• Bergwerksarbeiter in den Kohle- und Borax-Gruben (Salten,
Tschair, Ajasma),
• Arbeiter im Gartenbau und im Fischfang (Kara-Su) und
• Rekrutendepots in Angora
sanitätsdienstlich betreut werden [2, 10, 14].
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Der Kriegsverlauf bis Oktober 1918 und die Frontverläufe sind
in Abbildung 1 dargestellt.
Am 18. März 1915 versuchten britische und französische
Kriegsschiffe, die Dardanellen zu durchbrechen. Nach Scheitern des Angriffs von See landeten an der Küste der Halbinsel
Gallipoli am 25. April 1915 starke Landstreitkräfte, deren größtes Kontingent aus 75 000 britischen Soldaten bestand [11]. Es
wurde später durch das etwa 100 000 Mann umfassende Australian-New Zealand Army Corps (ANZAC) unterstützt [11]. Die
monatelangen erbitterten Kampfhandlungen der Gallipoli-Schlacht gehörten zu den wichtigsten und verlustreichsten
des Krieges in Vorderasien [11]. Trotz eines erheblichen Einsatzes an Kräften und Mitteln gelang den alliierten Verbänden der
Durchbruch durch die osmanische Küstenverteidigung nicht [6]
– ein Übergang der Front zum Stellungskrieg war die Folge
(Abbildung 2).
Tabelle 1 gibt einen Überblick über Verlustzahlen der beteiligten Kampfparteien und zeigt die Härte der Kämpfe und enormen Anforderungen an den osmanischen Sanitätsdienst bei bis
zu 17 000 Verwundeten an einem Tag [16].
Als im Herbst 1915 der direkte Landweg von Deutschland nach
Konstantinopel aufgrund der Niederlage Serbiens frei war und
Abb. 2: Die Dardanellenoperation der Entente 1915 bis 1916 [6]
infolge des Kriegseintritts Bulgariens auf der Seite der Mittelmächte eine neue Front im Norden Griechenlands entstand,
musste die Landungsoperation der Entente auf Gallipoli aufgegeben werden. Daraufhin konnte sich auch der deutsche Heeressanitätsdienst mit eigenen Sanitätsformationen an der medizinischen Versorgung der Soldaten beteiligen. Hierbei sind folgende ab 1915 eingeleiteten Aktivitäten erwähnenswert [10]:
• Einrichtung eines Feldlazaretts in Bigali mit Desinfektions-,
Entlausungsanstalt und Infektionsabteilung in sogenannt
Doecker-Baracken1 für während der Kämpfe auf Gallipoli verwundete Deutsche und Österreicher,
• Evakuierung türkischer Verwundeter und Kranker auf zwei
Lazarett- und vier Krankenschiffen nach Konstantinopel,
• Abordnung von Rudolf Collin (33) als „Oberster Sanitätsoffi­
zier“ der Deutschen Militärmission ab 19.12.1915,
Abb. 1: Kriegsverlauf in Vorderasien 1914 bis 1918 [6].
1
Doecker-Baracken wurden Anfang der 1880er Jahre durch den
dänischen Rittmeister Johann Gerhard Clemens Doecker entworfen und als leichte Sanitäts- und Lazarettbaracken genutzt.
Sie bestanden aus kostengünstig vorgefertigten Teilen (Holzskelettbau, standardisierte Wandelemente), die mit den verfügbaren Transportmitteln an beliebige Einsatzorte verlegt und in
wenigen Stunden zusammengebaut werden konnten [32].
Die Doecker-Baracke diente später als Prototyp für den Bau
von Häftlingsbaracken im KZ Buchenwald [32].
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Tab. 1: Offizielle Verlustzahlen für den Dardanellen­Feldzug, nach [11]
Land
Tote
Verwundete
Gesamt
Osmanisches Reich
55 000
111 000
166 000
Großbritannien (einschl.
Dominions)
32 000
88 000
120 000
Frankreich
3 700
19 600
23 300
Gesamt
90 700
218 600
309 300
• Eröffnung eines Etappenlazaretts in Konak mit Apotheke, Laboratorium und Infektionsabteilungen ebenfalls in DoeckerBaracken,
• Aufstellung des ersten Etappensanitätsdepots für die materielle Versorgung der türkischen und deutschen Sanitätseinrichtungen und einer zahnärztlichen Abteilung in Konstantinopel
(später folgten weitere Etappensanitätsdepots unter anderem
in Aleppo, Damaskus, Nazareth und Bagdad),
Abb. 3: Deutscher Sanitätstrupp beim Bergen und Abtransport
Verwundeter im Sankra [17]
• Erweiterung des bakteriologischen Laboratoriums der Marine
und Einweisung der zukommandierten deutschen Sanitätsoffi­
ziere in Diagnostik und Behandlung wichtiger Infektionskrankheiten,
• Einsatz deutscher Beratender Hygieniker in den osmanischen
Armeen zur Seuchenbekämpfung (Fleck­ und Rückfallfieber,
Malaria, Amöbenruhr, Pappatacifieber, Cholera) und
• Einrichtung von Polikliniken in Aleppo, Homs, Messudie und
Jerusalem für die medizinische Versorgung der Bewohner.
Versorgung Verwundeter
Der improvisierte Abtransport von Verwundeten, die in den
vorderen Sanitätseinrichtungen nur unzureichend versorgt werden konnten, erfolgte mit Passagierdampfern ohne ausreichende Verpflegung und ärztliche Begleitung [18]. Erreichten sie
nach drei Tagen die Etappenlazarette in Konstantinopel, befanden sich die Patienten aufgrund der meist schon infizierten
Wunden in einem schlechten körperlichen Zustand. In den türkischen Lazaretten machte sich das Fehlen ausgebildeter Krankenpflegekräfte bemerkbar. Zwar versuchte der türkische Halb­
mond (dem Deutschen Roten Kreuz vergleichbar), Pflegerinnen
zu mobilisieren, aber zumeist übernahmen unerfahrene oder
nicht ausgebildete Soldaten pflegerische Tätigkeiten [16].
Abb. 4: Deutsches Sanitätspersonal beim Transport Verwundeter in
Tragekörben auf Kamelen [11]
Obwohl einige Chirurgen der osmanischen Armee in Berlin
ausgebildet worden waren, reichten die Kapazitäten bei dem
Massenanfall von Verwundeten zu Beginn der Landungsoperation der Entente nicht aus. Der Sanitätsdienst der MMD unterstützte ab Beginn der Dardanellenoperation, ab Herbst 1915
zusammen mit Sanitätsformationen des deutschen Asienkorps,
die osmanischen Militärärzte mit Chirurgen, Operations- und
Bettenkapazitäten sowie Sanitätstrupps für die Bergung und
den Abtransport Verwundeter (Abbildungen 3, 4 und 5).
Einen ungefähren Einblick in Verletzungsmuster, Behandlungsspektrum und Schwierigkeiten bei der Verwundetenversorgung
geben Berichte der eingesetzten Chirurgen und Hygieniker [12,
14, 16, 18]:
Abb. 5: Personal des deutschen Sanitätsdienstes beim Verwundetentransport in Palästina [11]
• Charakteristische Verletzungen waren durch Handgranaten
und Minen verursachte penetrierende Wunden mit großen
• Als Narkosemittel diente ausschließlich Chloroform, während
Lokalanästhetika generell nicht zum Einsatz kamen.
Wundhöhlen, infizierte Gelenkverletzungen, komplizierte
Knochenbrüche und Weichteilblutungen.
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• Von den 8 000 durch deutsche Chirurgen versorgten Verletzten
starben 70 % während der Behandlung an Infektionen. Häufigste Todesursachen waren Sepsis (32 %), Gasphlegmone
(20 %) und Tetanus (18 %). Erschwerend kam hinzu, dass die
Isolierung septischer Fälle nicht möglich war.
• I nfizierte Gelenkbrüche oder andere ausgedehnte Extremitätenverletzungen wurden durch Amputationen oder Exartikulationen behandelt. Amputationen durften nur nach einem Konsilium mit Ärzten der osmanischen Armee vorgenommen
werden. Abdominaloperationen waren ausgesprochen selten,
da Bauchverletzte das Lazarett zumeist nicht mehr lebend erreichten.
• Die MMD-Einrichtungen verfügten über etwa 400 Betten. Für
die in der Tasch Kyschl-Kaserne eingesetzten und aus vier
Chirurgen und acht Sanitätskräften bestehenden deutschen
Chirurgenteams wurde die chirurgische Bettenzahl von 1 500
auf 3 000 erhöht. Unterstützung erhielten die Ärzte von Ehefrauen deutscher und österreichischer Diplomaten und Militärangehöriger, die sich als Pflegerinnen freiwillig meldeten.
Seuchenbekämpfung
Im weiteren Verlauf des Krieges wurde deutlich, dass der
Schwerpunkt des deutschen Sanitätsdienstes auf der Seuchenbekämpfung zu liegen hatte, da personelle Ausfälle durch epidemisch auftretende Infektionskrankheiten weit über denen
durch Verwundungen lagen [1, 9, 10, 14].
Bereits im Zweiten Balkankrieg 1913 hatte eine Choleraepidemie, bei der etwa 30 000 bulgarischen Soldaten erkrankten, einen wesentlichen Einfluss auf den Kriegsverlauf [9]. Behörden,
Gesundheitswesen und die Armeen des Osmanischen Reiches
waren in keiner Weise auf Seuchenszenarien vorbereitet. Die
seuchenhygienische Situation sowie der Gesundheitszustand
der Zivilbevölkerung und Soldaten auf dem Kriegsschauplatz
galten teilweise als „besorgniserregend“ [14]. Dazu trugen auch
die Vertreibung und der Massenmord an der armenischen Bevölkerung aus dem Nordosten des Osmanischen Reiches ab
­April 1915 wesentlich bei. Abgesehen von einem detaillierten
Bericht über „Die Armeniergreuel“ [35] des bereits erwähnten
bayerischen Sanitätsoffiziers Dr. Georg Mayer und den auch
heute noch eindrucksvollen Tagebuch- und Lichtbildzeugnissen des als Krankenpfleger im Stabe des Feldmarschalls von
der Goltz eingesetzten Sanitätssoldaten und Schriftstellers Dr.
Armin Theophil Wegner [36] wurden diese Aktionen von den
meisten Angehörigen des deutschen Sanitätsdienstes in ihren
späteren Veröffentlichungen nur selten erwähnt und wenn - wie
aus den im Jahre 1935 publizierten Berichten von Marineärzten
der MMD zu sehen - nie als Genozid reflektiert. So bezeichnete
Ernst August Metge, der am Euphrat eingesetzt war, es als
„Kriegsgreuelpropaganda des Feindbundes, dass es nur dem
armenischen Volksteil bei der Verschickung sehr schlecht ergangen sei“ [19]. Außerdem sollen „die Armenier Aufständische gewesen sein“ und die Türken hätten die Progrome und
Vertreibungen aus „kriegsgebotener Selbsterhaltung“ verübt
[19].
Als einziger hoher deutscher Offizier wandte sich Liman von
Sanders - allerdings nicht aus humanitären, sondern militärpolitischen Erwägungen - gegen die Verfolgung der Armenier. Der
Hygieniker Peter Mühlens beklagte aus rein fachlicher Sicht die
253
Folgen der „Armenierwanderungen“, da die großen, teilweise
bis nach Aleppo gelangenden Transporte die Verbreitung von
Seuchen begünstigten und die „hygienische Ordnung“ auf den
Etappenstraßen gefährdeten [14]. In der Tat soll die Zahl der
Krankheits- und Todesfälle in den „Flüchtlingstransporten“ und
„späteren Massenquartieren“ sehr hoch gewesen sein, weil dafür keinerlei hygienische Vorkehrungen getroffen wurden [14].
In einer Meldung an Djemal Pascha warnte Mühlens vor den
Folgen der nach Süden ziehenden „Seuchentransporte“ der Armenier [20]:
„Falls es nicht gelingen sollte, die Zuwanderung der massenhaft ….infizierten Armenier in das Armeegebiet aufzuhalten, so
werden diese bald die ganzen Etappen und die Armee mit
Flecktyphus, Dysenterie, Cholera, usw. verseuchen.“
In der Tat breiteten sich diese Infektionskrankheiten rasch epidemisch in der osmanischen Armee und in der Etappe aus [13,
14], was die Einbeziehung der Zivilbevölkerung in Entlausungen und Absonderungsmaßnahmen wie Isolierung oder Quarantäne in „Seuchenlagern“ notwendig machte [1]. Besonders
sind hier die Aktivitäten von Ernst Rodenwaldt in Smyrna hervorzuheben.
Der niedrige Durchimpfungsgrad der Soldaten (lediglich deutsche Militärangehörige verfügten über einen ausreichenden
Impfschutz gegen Pocken, Cholera und Typhus sowie das Sanitätspersonal ab 1916 gegen Fleckfieber [9]) und Vertuschungsversuche von Krankheitsfällen in den Einheiten durch Offiziere
und Mannschaften erschwerten die Seuchenbekämpfung [12,
14].
Lediglich in Einheiten, deren Truppenführer die Notwendigkeit
der Seuchenbekämpfung erkannten, beispielsweise Liman von
Sanders oder Kemal Pascha (Kommandeur der 4. Armee und
späterer Begründer der modernen Türkei), konnten seuchen­
hygie­nische Maßnahmen greifen [1].
Zur Durchsetzung dieser Maßnahmen wurden zahlreiche Hygieniker der MMD, beispielsweise die Sanitätsoffiziere Heinrich
Trembur, Carl Hegler, Carl Stade, E. Bentheim und - wie bereits
erwähnt - Peter Mühlens, gezielt an den Schwerpunkten der
Kampfhandlungen in Palästina und Anatolien, im Taurus-Gebiet sowie in Mesopotamien eingesetzt [1, 14]. Vielfach wurden
tropenmedizinisch und militärhygienisch erfahrene Ärzte als
Berater eingesetzt. Zu erwähnen sind hier der arabische Mediziner Abyad im Seuchenlazarett Hafir-el-Anscha und die deutschen Sanitätsoffiziere Ernst Rodenwaldt in der 5. Armee sowie
Wilhelm His und Victor Schilling im Taurusgebiet [1, 9, 12,
14]. Ihr Wissen und Können erwiesen sich an den verschiedenen Seuchenherden von unschätzbarem Wert.
Die Hauptaufgaben des deutschen Sanitätsdienstes bestanden
in Folgendem [9, 10, 12, 14, 21, 22]:
• Überwachung des Gesundheitszustandes des Militärs und der
Zivilbevölkerung im Kampfgebiet der Truppen und im Hinterland,
• Behandlung ziviler Patienten mit Infektionskrankheiten und
Durchführung von Impfungen der Zivilbevölkerung gegen
Typhus und Cholera zur Eindämmung von Seuchen im
Kampfgebiet,
• Ermittlung, Bekämpfung und Verhütung von Infektionskrankheiten,
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• Durchführung und Kontrolle hygienischer Maßnahmen in den
„Rekrutensammel-Depots“ in Aleppo und Damaskus,
fieberinfizierten betrug die Sterblichkeit trotz Behandlung 2 bis
5 % [14].
• Einrichtung von Verpflegungs­ und Krankensammelstellen,
Orts- bzw. Seuchenlazaretten mit bakteriologischen Untersuchungsstellen sowie Feldlaboren an wichtigen Verkehrspunkten,
In Vorderasien wurden mit 3,7 % (2. Kriegsjahr), 10,7 % (3.
Kriegsjahr) und 5,1 % (4. Kriegsjahr) der Erkrankungen die
höchsten Anteile an der Gesamtzahl aller Fleckfieberfälle im
deutschen Heer während des Ersten Weltkriegs verzeichnet
[21]. Eines der prominentesten Opfer war der Kommandeur der
3. osmanischen Armee, Freiherr von der Goltz, der am 19.4.1916
in Bagdad dieser Infektionskrankheit erlag [10]. In der kalten
Jahreszeit dominierten die von Wanzen (Rückfallfieber) und
Kleiderläusen (Fleckfieber) übertragenen Krankheiten. Dage­
gen traten in der warmen Jahreszeit vor allem die fäkal-oral und
durch Fliegen (Cholera, Ruhr, Typhus) sowie durch Mücken
(Malaria) übertragenen Seuchen in den Vordergrund [14].
• hygienische Überwachung (Säuberung und Reinhaltung) der
Truppenunterkünfte sowie Bekämpfung von Läusen, Wanzen,
Fliegen und Moskitos,
• Schädlingsbekämpfung durch Bade- und Entlausungszüge,
• Abfall-, Urin- und Fäkalienbeseitigung bei den militärischen
Verbänden,
• Überwachung der Verpflegung und Skorbutprophylaxe,
• Reinigung und Desinfektion der Eisenbahnwaggons, Sanitätskraftwagen, Verpflegungs­ und Sanitäreinrichtungen sowie
Unterkünfte durch spezielle Desinfektionskommandos,
• Schutzimpfungen, Malariaprophylaxe (Chinin, Moskitonetze
und -stiefel),
• Sondertransport Infektionskranker in speziell ausgewiesenen
Eisenbahn- und Sanitätskraftwagen und
• Etablierung von Soldaten- und Genesungsheimen (zum Beispiel in Bagdad).
Das Seuchenspektrum im Kampfgebiet
Als wichtigste Seuchen auf dem vorderasiatischen Kriegsschauplatz galten Fleck­ und Rückfallfieber, Malaria und fä­
kal-oral übertragbare Erkrankungen wie Cholera, Typhus abdominalis, Paratyphus und Ruhr [1, 10, 14, 21, 23, 34]. Eine ausführliche Darstellung des Fleckfiebergeschehens, der Ursachen
und medizinischen Folgen sowie ihrer Auswirkungen auf die
Kampfhandlungen auf dem vorderasiatischen Kriegsschauplatz
findet sich bei Werther [34]. Erste Fleckfieberepidemien traten
bereits 1914/15 im Bereich der 5. Armee bei den Kämpfen im
Taurus-Gebiet auf. Die Verluste, vor allem beim medizinischen
Personal, sollen so hoch gewesen sein, dass jeweils nur noch
ein Arzt pro Regiment beziehungsweise für 200 Lazarettbetten
verfügbar war [14]. 1915 wurden von der Palästinafront bereits
549 Fleckfieberfälle mit einer Letalität von 51,4 % und eine
Rückfallfieberepidemie mit 7,8 % Letalität gemeldet [14]. Zeit­
weise waren in der 4. Armee Rückfallfiebererkrankungen 10mal
häufiger als Fleckfieberfälle. Bei den 3 000 bis 4 000 Rückfall­
Während einer Choleraepidemie vom Mai 1916 bis Dezember
1917 erkrankten in Palästina und Mesopotamien 16 460 Soldaten der 2. Armee, von denen 8 506 (etwa 50 %) verstarben [14].
Choleraerkrankungen traten bei der osmanischen Bevölkerung
bis Ende des Krieges regelmäßig auf. Amöbenruhr wurde in Syrien und Mesopotamien bei kleineren Epidemien von der Zivilbevölkerung auf die Truppen übertragen [12, 14]. Mit 4,4 %
(1915/16), 9,2 % (1916/17) und 1,0 % (1917/18) aller Erkrankungen war der Anteil dieser Seuche auf dem vorderasiatischen
Kriegsschauplatz am höchsten [24].
Erhebliche Ausfälle verursachte die Malaria, die in Vorderasien
als „Volksseuche“ weit verbreitet war [10, 22]. Viktor Schilling
[zitiert bei 14] berichtete 1916 aus dem Taurusgebirge und
Aleppo von 825 frischen Malariafällen mit einer Letalität von
1,82 %. Häufigste Malariaform (76,1 %) war die Malaria tropica
[22, 25]. Zur Behandlung und Prophylaxe kam Chinin zum Einsatz. Mit Moskitonetzen, die aber unzureichend schützten, und
durch Abdichtung von Regenwasserzisternen und Trockenlegung der Brutreservoire der Anophelesmücke (Tümpel, Teiche
und andere stehende Gewässer) versuchte man, die Malaria bereits vor Ausbreitung zu bekämpfen. Auch während der Sinaikämpfe dominierte die Malaria das Infektionsgeschehen in
den deutschen Truppen (Tabelle 2).
Pocken, Lepra, „Orientbeule“ und Fünftagefieber traten nur
vereinzelt auf und spielten daher epidemiologisch keine Rolle
[10]. Über Erkrankungen an Brucellose, Rotz, Pest, Tularämie
oder Milzbrand wurde nicht berichtet [10, 23]. Erwähnenswert
ist jedoch das Pappataci-Fieber, das von Sandmücken (Phlebotomus pappatasi) übertragen wird. So wurde über Ausbrüche im
Juni 1915 an einigen Frontabschnitten der Gallipoli-Halbinsel
Tabelle 2: Übersicht der
wichtigsten Krankheiten
in den deutschen
Truppenteilen während
der Sinaikämpfe (01.06.
- 31.08.1917)
[10, S. 805]
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G. Machalett et al.: Die medizinische Versorgung der Deutschen Militärmission in Vorderasien 1914 - 1918
und im August 1916 auch im Taurus- und Amanusgebiet berichtet [10, 18]. Größere Probleme bereitete die Tuberkulose, die in
der Zivilbevölkerung durch katastrophale Wohnbedingungen
weit verbreitet war und in erheblichem Maße auch in die Truppe eingeschleppt wurde [9]. Ein weiteres Gesundheitsproblem
war das endemisch verbreitete Trachom, für dessen Behandlung ein deutscher Augenarzt an Schwerpunkte des Ausbruches
kommandiert wurde [13, 26].
Der vorderasiatische Kriegsschauplatz war zusätzlich durch eine
hohe Morbidität venerischer Krankheiten (125,6/1 000) belastet
(Tabelle 2) [10, 27]. Durch zwangsweise Schließung der Bordelle in Konstantinopel breiteten sich Geschlechtskrankheiten unkontrolliert über das Land aus. Diagnostik und Therapie von
Syphilis und Gonorrhoe bildeten in Konstantinopel und anderen
Großstädten einen besonderen Schwerpunkt [14].
Seuchenhygienische Maßnahmen
Einen hohen Stellenwert hatte die Ungezieferbekämpfung. Dabei mussten die klimatischen Besonderheiten in Vorderasien
und ihr Einfluss auf die Entwicklung der Überträger berück­
sichtigt werden. In heißen und trockenen Sommern trat üblicherweise eine Fliegenplage auf, im Winter entwickelten sich
Wanzen und Flöhe in den warmen Unterkünften. Die Voraussetzungen für Entlausungen von Bekleidung und Ausrüstung,
Truppenunterkünften und Eisenbahnwaggons galt es aber erst
zu schaffen, da von osmanischer Seite vor Kriegsausbruch keinerlei Vorkehrungen getroffen wurden [14].
Weitere Aufgaben waren, wie bereits erwähnt, Lebensmittelkontrolle, Skorbutprophylaxe bei den Bauarbeitereinheiten und im
Rahmen von Wüsteneinsätzen sowie in den großen Rekrutensammelstellen die Eindämmung der Vermehrung von Skabies [13].
Neben bereits geschilderten Maßnahmen versuchte man, durch
Organisation der Fäkalien- und Leichenbeseitigung, Krankheitsübertragungen durch Fliegen zu verhindern. Zur Isolierung
infizierter Patienten wurden Seuchenlazarette an den Marsch­
und Nachschubstraßen eingerichtet, denen oft ein bakteriologisches Labor angeschlossen war [10]. Als Pflegekräfte konnten
in Palästina deutsche Boromäer-Schwestern aus Jerusalem gewonnen werden [14].
Abb. 6: Bakteriologisches Feldlaboratorium in einem Palmenhain der
Sinaihalbinsel, August 1916 [13]
255
Labordiagnostik
Für die mikrobiologisch-serologische Diagnostik stand dem
deutschen Sanitätsdienst das bakteriologische Untersuchungsamt in Konstantinopel zur Verfügung [10, 25]. Hier waren in
Ausnahmefällen auch klinisch-chemische und sonstige diagnostische Untersuchungen sowie eine begrenzte Produktion
von Impfstoffen gegen Cholera, Typhus und Paratyphus A möglich [14, 25]. In Jerusalem wurde am internationalen Hygieneinstitut eine deutsche Malariastation eröffnet [10, 26]. Hier
fungierte das schon im Jahre 1913 von Mühlens gegründete
Gesundheitsamt als „hygienische Zentrale“ der 4. Armee in Palästina, Mesopotamien und auf der Sinaihalbinsel [14].
Die erheblichen Entfernungen der stationären Einrichtungen zu
den Frontverläufen machten den Aufbau beweglicher bakteriologischer Feldlaboratorien (auch als Seuchenlaboratorien oder
Felduntersuchungsstationen bezeichnet) für die 4. und 5. Armee
mit angeschlossenen Quarantänestationen und Seuchenlazaret-
Abb. 7: Inneres
eines Laboratoriumswagens
(bakteriologischer
Arbeitsplatz)
[22]
Abb. 8: Inneres
eines Laboratoriumswagens
mit Brutschrank
[22]
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ten notwendig [22]. Bei Vorstößen auf den Sinai und zum Suezkanal wurden Feldlaboratorien mit angeschlossenen Lazaretten
unter anderem an folgenden Orten errichtet: Ibne, Gaza, Nables,
el Arisch, Aleppo, Adana und Damaskus (Abbildung 6).
Besondere Bedeutung sollte das bewegliche bakteriologische
Feldlaboratorium für die Seuchenschwerpunkte der 3. Armee in
Anatolien, im Taurus und in Mesopotamien [13, 22] erlangen.
Dazu waren ein bakteriologisch-serologisches Labor, die Desinfektionsabteilung, Küche, Elektro- und Kühlaggregate sowie Personalunterkünfte fest in Eisenbahnwaggons eingebaut (Abbildungen 7 und 8), während Laborgeräte und Materialien in 20 Kisten
(„Münchner Feldlaboratorium“) mitgeführt wurden [9, 22].
Abb. 9: Personal des Laboratoriums vor dem Wohnwagen [22]
Diese Einrichtung wurde auf Initiative von Trembur beschafft,
durch Souchon am 7.11.1916 an das osmanische Kriegsministerium offiziell übergeben und erst 1919 aus Bosanti abgezogen [22].
Abb. 10: Gesamtkrankenzugang an Krankheiten bei der Truppe des deutschen Feldheeres auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen während
der vier Kriegsjahre nach Monaten und ‰ K. (K.= Gesamtzahl der zum Kriegsdienst Einberufenen) [28]; die wellenförmige Kurve zeigt die
Krankenzugänge von Oktober 1915 bis Juni 1918 für die Türkei auf dem vorderasiatischen Kriegsschauplatz.
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Das Laborpersonal bestand aus einem Arzt, einem Zoologen,
sechs Marinesoldaten, einem Sanitätshauptmann (als Dolmetscher) und zwei Sanitätssoldaten der osmanischen Armee (Abbildung 9) [22].
Das bakteriologische Feldlaboratorium befand sich von November 1916 bis zum Kriegsende im November 1918 in Angora und Bosanti im Einsatz. Insgesamt wurden 18 000 Proben,
vorwiegend aus den Lazaretten der 3. Armee, der Rekrutensammelstelle Masafirhane und der poliklinischen Beratungsstelle in
Angora, untersucht [22].
Morbiditäten
Die Auswertung der Sanitätsberichte des Ersten Weltkrieges
zeigt, dass die Gesamterkrankungszahlen auf dem vorderasiatischen Kriegsschauplatz während der drei Kriegsjahre (191618) generell über dem Durchschnitt des deutschen Feldheeres
lagen [23]; in den Sommermonaten überstiegen sie den Durchschnitt sogar um ein Vielfaches (Abbildung 10).
Ähnliches traf auch für die Zugänge an übertragbaren Krankheiten zu. Während diese im deutschen Feldheer an der Ostund Westfront zwischen 38,3 und 188,6 ‰ der Durchschnitts-Iststärke pro Jahr betrugen, erreichten sie auf dem vorderasiatischen Kriegsschauplatz zwischen 277,6 - 872,1 ‰ pro
Jahr [23]. Die Zugänge von Kranken mit ausgewählten Infektionskrankheiten in den deutschen Lazaretten während dieses
Zeitraums sind in Tabelle 3 aufgeführt.
Tab. 3: Krankenzugänge in die Lazarette der deutschen Kontingente
auf dem vorderasiatischen Kriegsschauplatz (zusammengestellt nach
Angaben von [23])
Krankheit
Typhus
Malaria
Ruhr
venerische
Krankheiten
Kriegsjahr*
Fallzahl
‰ der Iststärke
1.
-
-
2.
20
14,6
3.
115
26,6
4.
368
37,1
1.
-
-
2.
122
89,2
3.
2 819
651,2
4.
1 822**
183,7
1.
-
-
2.
141
103,1
3.
426
98,4
4.
247
24,9
1.
-
-
2.
142
103,8
3.
362
83,6
4.
1 536
154,9
* 1. Kriegsjahr: August 1914 - Juli 1915; 2. Kriegsjahr: August 1915
- Juli 1916;
3. Kriegsjahr: August 1916 - Juli 1917; 4. Kriegsjahr: August 1917
- Juli 1918;
** 1/3 der Fälle: Malaria tropica
257
Ergebnisse des Einsatzes des deutschen
Sanitätsdienstes
Der Sanitätsdienst der Deutschen Militärmission erbrachte auf
dem vorderasiatischen Kriegsschauplatz bis zur Rückführung
über die besetzte Ukraine mit über 25 000 Militärangehörigen
(einschließlich osmanischer Unterstützungskräfte) einen wesentlichen Beitrag für die militärischen Kampfhandlungen, den
Kohle- und Boraxabbau (für die Produktion optischer Gläser
bei Zeiss Jena), die Holzkohleherstellung (für die Pulverproduktion), die Lebensmittelindustrie und den Fischfang [14]. Als
besondere Leistung muss die antiepidemische und hygienische
Arbeit gewürdigt werden, die entscheidend dazu beitrug, die
Ausbreitung von Infektionskrankheiten in die Truppe zu begrenzen und die Kampfkraft der Soldaten zu erhalten. Nicht von ungefähr stellte Mühlens daher fest, dass die „Kriegshy­giene einen
wesentlichen Bestandteil der Kriegstaktik“ bildet [20].
Nicht zuletzt ermöglichten es die Erkenntnisse und Erfahrungen
auf dem Kriegsschauplatz im Nahen Osten, die Organisation der
Seuchenbekämpfung in den beteiligten Armeen schon während
des Krieges zu optimieren. Einige der damals als sinnvoll erachteten Prinzipien, Maßnahmen und Einrichtungen, wie zum Beispiel
die gezielte Immunprophylaxe oder der Einsatz von Desinfektions-, Schädlingsbekämpfungs- und Quarantänekommandos sowie beweglichen bakteriologisch-serologischen Laboratorien, haben in den Sanitätsdiensten moderner Streitkräfte bis heute ihre
Gültigkeit nicht verloren. Sie dienten unter anderem als Vorbild für
die spätere Entwicklung von Feldlaboren in Faltkoffern des Medizinischen Dienstes der Nationalen Volksarmee, der „Mobilen“
(MSE) und auch der neuen „Luftbeweglichen Sanitätseinrichtungen“ (LSE) des Sanitätsdienstes der Bundeswehr.
Das Wirken des deutschen Sanitätsdienstes auf dem vorderasiatischen Kriegsschauplatz ist somit heute nicht nur aus historischer Sicht interessant.
Bildquelle: siehe Literaturverweise
Literatur
1. Eckart WU: Medizin und Kolonialimperialismus in Deutschland
1884-1945, Ferdinand Schöningh, Paderborn, 1997
2. Eckart WU: Medizin und Krieg. Deutschland 1914-1924. Ferdinand Schöningh, Paderborn, 2014; 319-325 und 501ff
3. Becker H: Äskulap zwischen Reichsadler und Halbmond. Sanitätswesen und Seuchenbekämpfung im türkischen Reich während
des Ersten Weltkriegs. Murken-Altrogge, Herzogenrath, 1990
4. Wulf S: Jerusalem – Aleppo – Konstantinopel. Der Hamburger
Tropenmediziner Peter Mühlens im Osmanischen Reich am Vorabend und zu Beginn des Ersten Weltkriegs. LIT, Münster; 2005
5. Mangold-Will S: Begrenzte Freundschaft. Deutschland und die
Türkei 1918-1933. Wallstein, Göttingen, 2013
6. Otto H, Schmiedel K: Der Erste Weltkrieg - Ein militärhistorischer
Abriss. Militärverlag der DDR, Berlin, 1977; 158-165, 280-285,
341-346
7. Strachon H: Der erste Weltkrieg. Eine neue illustrierte Geschichte.
C. Bertelsmann, München 2004; 127-139
8. Strachon H: ibid: S. 131
9. Trembur H: Ärztliche Tätigkeit in der Türkei bei der Mittelmeerdivision während des Weltkrieges. In: Vor 20 Jahren. Zweite Folge.
Von den Dardanellen zum Sues. Mit Marineärzten im Weltkrieg
Wehrmedizinische Monatsschrift 59 (2015), 8/2015
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G. Machalett et al.: Die medizinische Versorgung der Deutschen Militärmission in Vorderasien 1914 - 1918
durch die Türkei. Hrsg.: Schriftleitung der Deutschen Medizinischen Wochenschrift. Georg Thieme, Leipzig 1935; 9-67
10.Der deutsche Sanitätsdienst auf dem türkischen Kriegsschauplatz
(Deutsche Militärmission in der Türkei, Unternehmen gegen den
Suezkanal, Nildirim). In: Heeres-Sanitätsinspektion des Reichkriegsministeriums: Sanitätsbericht über das deutsche Heer (Deutsches Feld- und Besatzungsheer) im Weltkriege 1914/1918 (Deutscher Kriegssanitätsbericht 1914/1918). II. Band: Der Sani­täts­
dienst im Gefechts- und Schlachtenverlauf im Weltkriege
1914/1918. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1938; 799-809
11. Reichsarchiv (Hrsg.); Schlachten des Weltkrieges in Einzeldarstellungen. Bd. 16: Der Kampf um die Dardanellen 1915. Gerhard
Stolling, Oldenburg i. O./Berlin 1927; 14-42
12.Rosenberger W: Sanitätsdienst beim Oberkommando der Meerengen, Abteilung in den Dardanellen. In: Vor 20 Jahren. Zweite Folge. Von den Dardanellen zum Sues. Mit Marineärzten im Weltkrieg durch die Türkei. Hrsg.: Schriftleitung der Deutschen
Medizinischen Wochenschrift. Georg Thieme, Leipzig 1935; 8991
13.Hegler C: Drei Jahre beratender Hygieniker und Kliniker in der
Sinaiwüste. In: In: Vor 20 Jahren. Zweite Folge. Von den Dardanellen zum Sues. Mit Marineärzten im Weltkrieg durch die Türkei.
Hrsg.: Schriftleitung der Deutschen Medizinischen Wochenschrift.
Georg Thieme, Leipzig 1935; 165-182
14.Mühlens P: Vier Jahre Kriegshygiene in der Türkei und auf dem
Balkan. In: Vor 20 Jahren. Zweite Folge. Von den Dardanellen zum
Sues. Mit Marineärzten im Weltkrieg durch die Türkei. Hrsg.:
Schriftleitung der Deutschen Medizinischen Wochenschrift. Georg
Thieme, Leipzig 1935; 141-160
15.[6]: 284
16.Zschech B: Das deutsche Marine-Sanitätskommando in den türkischen Kriegslazaretten in Konstantinopel. In: In: Vor 20 Jahren.
Zweite Folge. Von den Dardanellen zum Sues. Mit Marineärzten
im Weltkrieg durch die Türkei. Hrsg.: Schriftleitung der Deutschen
Medizinischen Wochenschrift. Georg Thieme, Leipzig 1935; 126140
17.Der Weltkrieg im Bild: Der Weltkrieg im Bild, Berlin-Oldenburg
1927, 341
18.Hiltmann E: Mit den Maschinengewehren der Mittelmeerdivision
an der Front auf Gallipoli. In: In: Vor 20 Jahren. Zweite Folge. Von
den Dardanellen zum Sues. Mit Marineärzten im Weltkrieg durch
die Türkei. Hrsg.: Schriftleitung der Deutschen Medizinischen
Wochenschrift. Georg Thieme, Leipzig 1935, 112-125
19.Metge EA: Ausschnitte vom Euphrat. In: Vor 20 Jahren. Zweite
Folge. Von den Dardanellen zum Sues. Mit Marineärzten im Weltkrieg durch die Türkei. Hrsg.: Schriftleitung der Deutschen Medizinischen Wochenschrift. Georg Thieme, Leipzig 1935; 161-164
20.[14]: 158
21.Marinemedizinalamt des Oberkommandos der Kriegsmarine
(Hrsg.): Überblick über den gesamten Kriegssanitätsdienst auf den
einzelnen Seekriegsschauplätzen der Deutschen Marine. In:
Kriegssanitätsbericht über die Deutsche Marine 1914-1918. I.
Band Marinesanitätsdienst im Kriege. E. S. Mittler und Sohn, Berlin 1939; 154-177
22.Bentmann E. Das bewegliche Seuchenlaboratorium für Anatolien.
In: Vor 20 Jahren. Zweite Folge. Von den Dardanellen zum Sues.
Mit Marineärzten im Weltkrieg durch die Türkei. Hrsg.: Schriftleitung der Deutschen Medizinischen Wochenschrift. Georg Thieme,
Leipzig 1935; 210-234
23.Heeres-Sanitätsinspektion des Reichkriegsministeriums: III. Abschnitt: Die Erkrankungen. In: Sanitätsbericht über das deutsche
Heer (Deutsches Feld- und Besatzungsheer) im Weltkriege
1914/1918 (Deutscher Kriegssanitätsbericht 1914/1918). III.
Band: Die Krankenbewegung bei dem Deutschen Feld- und Besatzungsheer. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1934; 66-67, 87-91, 118,
127, 127
24.Hoffmann W: Cholera. In: Schjerning O v, Hoffmann W (Hrsg.):
Handbuch der Ärztlichen Erfahrungen im Weltkrieg 1914/1918.
Bd. VII, A. Barth, Leipzig 1922; 387-403
25.Stade C: Das bakteriologische Untersuchungsamt der Mittelmeer-Division in Konstantinopel 1916-1918. In: Vor 20 Jahren.
Zweite Folge. Von den Dardanellen zum Sues. Mit Marineärzten
im Weltkrieg durch die Türkei. Hrsg.: Schriftleitung der Deutschen
Medizinischen Wochenschrift. Georg Thieme, Leipzig 1935; 183190
26.Koenig G: Augenärztliche Tätigkeit bei der Mittelmeerdivision in
Konstantinopel 1915-1918. In: Vor 20 Jahren. Zweite Folge. Von
den Dardanellen zum Sues. Mit Marineärzten im Weltkrieg durch
die Türkei. Hrsg.: Schriftleitung der Deutschen Medizinischen
Wochenschrift. Georg Thieme, Leipzig 1935; 252-256
27.Drigalski W: Geschlechtskrankheiten. In: Schjerning O v, Hoffmann W (Hrsg.): Handbuch der Ärztlichen Erfahrungen im Weltkrieg 1914/1918. Bd. VII, A. Barth, Leipzig, 1922; 586-609
28.[23]: 88
29.Mühlmann C: Das deutsch-türkische Waffenbündnis im Weltkriege. Koehler & Amelang, Leipzig 1940
30.Hirschfeld G, Krumeich G, Renz I (Hrsg): Enzyklopädie Erster
Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2014
31.Lorey H: Der Krieg in den türkischen Gewässern. 1. Bd: Die Mittelmeer-Division. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1928
32.Kirfe F: Zum Beitrag der Vermessung bei der Bewahrung historischer Geschehnisse (am Beispiel des ehemaligen Häftlingslagers
in der Gedenkstätte Buchenwald). https://www.htw-dresden.de/fileadmin/userfiles/geo/Labore/Labor_Photogrammetrie_Fernerkundung/PDF/Diplomarbeit_Thomas_Kirfe.pdf (letzter Aufruf:14.07.2015)
33.Soytürk M: Deutsche Militärärzte, die im ersten Weltkrieg im Türkischen Heer tätig waren, berichten. https://de.scribd.com/
doc/80987994/aerzte1wk-1 (letzter Aufruf: 18.07.2015)
34.Werther T: Fleckfieberforschung im Deutschen Reich 1914 - 1945.
Untersuchungen zur Beziehung zwischen Wissenschaft, Industrie
und Politik unter besonderer Berücksichtigung der IG Farben.
2004. http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2008/0157/pdf/dtw.
pdf (letzter Aufruf: 15.07.2015)
35.Mayer G: Die Armeniergreuel 1914/1915. Abschrift o.D. BayHStA Abt IV, Handschriftensammlung
36.Wegner AT: Die Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste. Ein Lichtbildervortrag. Wallstein Verlag, Göttingen 2011
Danksagung:
Die Autoren danken Herrn Oberfeldarzt Dr. André Müllerschön, Sanitätsversorgungszentrum Neubiberg, für seine umfassende Unterstützung beim Lektorat der Arbeit.
Manuskriptdaten:
Eingereicht: 07.02.2015
Revidierte Fassung angenommen: 21.07.2015
Zitierweise:
Machalett G, Finke EJ: Die medizinische Versorgung der deutschen
Militärmission in Vorderasien 1914 – 1918. Wehrmedizinische Monatsschrift 2015; 8: 248-258
Für die Verfasser:
Oberstarzt a. D. Dr. Ernst-Jürgen Finke
Thorner Str. 9
80993 München
E-Mail: [email protected]
Der Beitrag wird im Internet unter www.wehrmed.de veröffentlicht.
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Aus den Fachgebieten
Aus der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin1 (Direktor: Oberstarzt Dr. H. Lischke) und der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie2 (Direktor:
Oberstarzt Prof. Dr. A. Markewitz) des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz (Chefarzt: Generalarzt Dr. M. Zallet), der Fregatte KARLSRUHE3
(Kommandant: Fregattenkapitän C. Clausing) des 4. Fregattengeschwaders (Kommandeur: Fregattenkapitän T. Marx) und der Abteilung für Anästhesie
und Intensivmedizin4 (Direktor: Oberstarzt Dr. G. Hölldobler) des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg (Chefarzt: Generalarzt Dr. J. Hoitz),
Einsatz im Rahmen der Bordfacharztgruppe:
Konventionelle Appendektomie an Bord der Fregatte KARLSRUHE
Christoph Jänig1, Stephan Laumann2, Michael Karg3, Markus Köster4
Zusammenfassung
Der Artikel beschreibt das Versorgungskonzept einer Bordfacharztgruppe als Teil der Konzeption des Sanitätsdienstes
zur Versorgung von erkrankten bzw. verwundeten Soldaten.
Es wird über eine offen durchgeführte Appendektomie berichtet, welche während des Transits durch den Indischen
Ozean an Bord der Fregatte KARLSRUHE durchgeführt
wurde. Dieser viszeralchirurgische Routineeingriff zeigt exemplarisch, welche Besonderheiten bei operativen Eingriffen auf Kriegsschiffen im Vergleich zum Krankenhausalltag
bestehen. Die während der Patientenversorgung gemachten
Erfahrungen und identifizierten Fallstricke werden ange­
sprochen und mögliche Lösungswege aufgezeigt.
Der Beitrag gibt Denkanstöße zur Weiterentwicklung der
einsatzvorbereitenden Ausbildung von Personal des Marinesanitätsdienstes sowie der zukünftigen Mitglieder von
Bordfacharztgruppen.
Schlüsselworte: Bordfacharztgruppe, maritime Medizin,
Crew Ressource Management, Appendektomie
Keywords: Naval forward surgical team, maritime medicine, crew ressource management, appendectomy
entsprechend qualifiziertes Personal sichergestellt werden konnte,
wurde für diese Etappe eine Bordfacharztgruppe, bestehend aus je
einem Facharzt Chirurgie und Anästhesie, einem Fachkrankenpfle­
ger Anästhesie/ Intensivmedizin sowie einer Zahnärztin eingeschifft. Damit sollte im Ausnahmefall auch die Durchführung
notfallchirurgischer Eingriffe sichergestellt werden.
Die Morbidität und Mortalität operativer Eingriffe an Bord von
Kriegsschiffen wird in der vorliegenden Literatur als gering angegeben [1]. Allerdings wurde bei den ausgewerteten Untersuchungen naturgemäß nur eine kleine Fallzahl erreicht. Dabei
scheinen aber die Erfahrungen in diesem Bereich international
einheitlich in die gleiche Richtung zu gehen [2], so dass nach
gegenwärtigem Stand der Wissenschaft von der Richtigkeit dieser Aussage ausgegangen werden kann. Nicht vergleichbar sind
aufgrund der großen infrastrukturellen Unterschiede die Daten
von Lazarettschiffen der US Navy, welche im Rahmen humanitärer Aktionen zahlreiche operative Eingriffe durchführen. [3,
4]. Auch die Zahlen von Role-2-Einrichtungen in Trägerkampfgruppen sind aufgrund der räumlichen, personellen und materiellen Ausstattung nur indirekt vergleichbar, jedoch nicht widersprechend [5].
Fallbeschreibung
Einleitung
Die Situation an Bord
Das Schiffslazarett der Fregatte KARLSRUHE (Klasse 122)
besteht aus einem Behandlungsraum (Abbildung 1), einer Pati-
Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sollen
auch im Einsatz im Falle einer Erkrankung oder
Verletzung eine Behandlung erfahren, die im Ergebnis die gleiche Qualität besitzt, wie dieses bei
einer Behandlung im Inland der Fall wäre. Diese
Maxime des Sanitätsdienstes der Bundewehr gilt
auch für die Besatzungen von Schiffen und Booten der Marine.
Als Teil des „Einsatz- und Ausbildungsverbandes
2015“ der Deutschen Marine trennte sich die Fregatte KARLSRUHE auf einer Teilstrecke vom
übrigen Verband und fuhr als sogenannter Einzelfahrer durch den Indischen Ozean, um Hafenbesuche in Indien und dem Oman durchzuführen.
Da auf dem Transit durch den Indischen Ozean eine
notfallchirurgische Versorgung infolge der großen
Entfernungen zu Küstenstädten an Bord nur über Abb.1: Der Behandlungsraum der Fregatte KARLSRUHE
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C. Jänig et al.: Einsatz im Rahmen der Bordfacharztgruppe
entenkammer sowie einem Sanitärraum und der Schreibstube.
Diese Räumlichkeiten sind der „Arbeitsplatz“ des bordeigenen
Sanitätspersonals, welches zu diesem Zeitpunkt aus dem
Schiffsarzt, einem Sanitätsmeister und zwei Sanitätsunteroffi­
zieren bestand und die truppen-/schiffsärztliche Versorgung der
Besatzung sicherstellte.
Der Schiffsarzt ist regelhaft Weiterbildungsassistent in einem
patientennahen Fach (in unserem Fall Chirurgie) und besitzt
spezielle Fortbildungen als Taucher- und Fliegerarzt, sowie die
Qualifikation als Notarzt (mindestens Fachkunde Rettungsme­
dizin). Der Schifffahrmedizinische Assistent, im Bordleben in
der Regel „Sanmeister“ genannt, ist ausgebildeter Rettungsassistent (zukünftig Notfallsanitäter), ist gleichzeitig Tauchmedizinischer Assistent und besitzt in der Regel weitere Qualifikati­
onen wie die Fachkunde Strahlenschutz. Die Sanitätsunteroffi­
ziere sind Rettungssanitäter und Taucherarztgehilfen.1
Die eingeschiffte Zahnärztin nutzte den Aufenthalt an Bord, um
den aktuellen Zahnstatus (Dental Fitness Classification, DFC)
der Besatzungsmitglieder zu erheben und notwendige zahnärztliche Behandlungen durchzuführen.
Die anderen Mitglieder der Bordfacharztgruppe standen als sogenannte „Dauerwächter“ durchgehend (24/7) für die Durchführung eventuell notwendiger operative Eingriffe bereit, unterstützten im Schiffslazarett und waren im Übrigen jedoch nur
beim Gefechts- und Rollendienst eingebunden.
französischen Trägerkampfgruppe zu bestimmen, um die Patientin gegebenenfalls auf den Flugzeugträger zu überstellen, da
dieser eine Role-2-Einrichtung betreibt. Die Möglichkeit eines
Transfers an Land und die Versorgung im Rahmen von HostNation-Support schied von vornherein aufgrund der großen
Entfernung zum nächsten Festland aus.
Da unter konservativ-symptomatischer Behandlung die klinische Symptomatik progredient war und eine kurzfristige Verlegeoption nicht zur Verfügung stand, erfolgte gegen Mittag die
Entscheidung zur Durchführung der offenen Appendektomie an
Bord der Fregatte KARLSRUHE.
Der Eingriff konnte – abgesehen von einer verlängerten Operationsdauer – problemlos durchgeführt werden.
36 Stunden postoperativ entwickelte die Patientin Zeichen eines Pneumothorax. Eine differenzialdiagnostisch in Erwägung
gezogene Lungenembolie bei positiver Familienanamnese,
durchgemachtem operativem Eingriff und postoperativer Immobilisation konnte an Bord nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Daher erhielt die Patientin neben einer Thoraxdrainage (Abbildung 2) parallel eine Antikoagulation mit
niedermolekularem Heparin in volltherapeutischer Dosierung.
Am fünften postoperativen Tag erfolgte über Mormugao, Indien, die Repatriierung der Patientin mittels StratAirMedEvac2
Der Fall
An einem Sonntagmorgen stellte sich eine 24-jährige Soldatin
mit seit dem Vorabend bestehenden Unterleibsschmerzen vor.
Bei der Patientin bestanden sonst keine relevanten Vorerkrankungen, Allergien waren nicht bekannt, sie war bis zu diesem
Zeitpunkt nicht voroperiert. Anamnestisch war ein Onkel an
einer posttraumatischen Lungenembolie verstorben.
Anamnese und körperlicher Untersuchungsbefund, ergänzt um
eine Sonographie des Abdomens und eine Laboruntersuchung
(14 500 Leukos/µl), sprachen für eine akute Appendizitis.
Aufgrund der besonderen Situation an Bord, die naturgemäß
nicht die Voraussetzungen eines deutschen Krankenhauses bieten kann, wurde zunächst geprüft, ob eine Verlegung der Patientin präoperativ möglich war. Hierzu wurde der Kommandant
des Schiffes über den notwendigen Eingriff informiert und gebeten, mögliche Optionen zu prüfen. Eine Überlegung war, auf
Gegenkurs dem Einsatzgruppenversorger (EVG) BERLIN entgegen zu laufen, um dort den Eingriff durchzuführen, da die
infrastrukturellen Voraussetzungen aufgrund des auf dem EVG
eingeschiffter Marineeinsatzrettungszentrums (MERZ) mit
ebenfalls vorhandenen Bordfacharztgruppe für einen Eingriff
besser waren. Weiterhin wurde versucht, die Position einer
1
Auf Grund des erheblichen Aufgabenumfangs des Sanmeisters wird
seit dem 1.5.2015 auf den Fregatten und EGV an Stelle eines der beiden Unteroffizier ein Bootsmann (Rettungsasssitent / Notfallsanitäter)
eingesetzt, um den Qualitätsanforderungen der modernen Medizin
auch an Bord gerecht werden zu können. Die Ausbildung des an Bord
eingesetzten Sanitätspersonals wird zurzeit neu geordnet und gestrafft.
Darüber hinaus sind mit dem Konzept „Sanitätsdienstliche Unterstützung im maritimen Umfeld“, das zur Zeit erarbeitet wird, weitere Verbesserungen zu erwarten. Hier gibt es einen kontinuierlichen Dialog
zwischen der Abteilung Marinesanitätsdienst des Marinekommandos
und den Konsiliargruppen des Sanitätsdienstes.
Abb. 2:
Patientin in
der „Intensiv-Koje“,
versorgt mit
Thoraxdrainage samt
improvisiertem Wasserschloss und
Vakuumsystem
2
STRATAIRMEDEVAC = Strategic Aeromedical Evacuation (strategischer Lufttransport von Patienten, das heißt. Transport aus dem Einsatzgebiet in das Heimatland oder ein anderes Land außerhalb des Einsatzgebietes, in der Regel in eine Einrichtung der Behandlungsebene 4
zur endgültigen Behandlung)
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C. Jänig et al.: Einsatz im Rahmen der Bordfacharztgruppe
ins Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, von wo sie nach
weiteren fünf Tagen in die ambulante Weiterbehandlung entlassen werden konnte. Eine Lungenembolie wurde ausgeschlossen, das Erstereignis eines Spontanpneumothoraxes bestätigt.
Das operative Setting
Die größte Herausforderung bezüglich des operativen Eingriffs
an Bord einer Fregatte besteht primär nicht in der technischen
Durchführung der Operation durch den Operateur, auch wenn
diese durch schweren Seegang erheblich erschwert sein kann,
sondern in den personellen, infrastrukturellen und materiellen
Rahmenbedingungen, da Kriegsschiffe originär nicht für den
OP-Betrieb konzipiert sind.
Während die Anästhesiemöglichkeiten – Facharzt für Anästhesie
und Fachkrankenpfleger – in der personellen Ausstattung der
Situation in einem deutschen Krankenhaus entspricht, sieht dies
für den Bereich der OP-Gruppe gänzlich anders aus.
In der Konzeption ist vorgesehen, dass der Schiffsarzt, unabhängig von seiner ursprünglichen klinischen Verwendung, als
erster Assistent des Chirurgen fungiert. Der eingeschiffte Zahnarzt übernimmt bei Bedarf die Rolle des zweiten Assistenten.
Der Sanitätsmeister, welcher über eine Basisausbildung als Instrumenteur verfügt, nimmt diese Funktion auch intraoperativ
wahr. Der zweite Sanitätsunteroffizier sowie der Sanitätsgast
fungieren als Springer, um gegebenenfalls fehlendes Material
aus den auf dem Schiff verteilten Lasten holen zu können, falls
dieses zusätzlich benötigt wird.
Das Material, welches der Bordfacharztgruppe zur Verfügung gestellt wird, muss zusätzlich zur Ausstattung des Schiffslazaretts vor
Auslaufen an Bord genommen werden. Der genaue Inhalt ist zentral in einer Liste festgelegt. Weiterhin werden Blutprodukte (20
Erythrozytenkonzentrate, Blutgruppe 0, Rhesusfaktor negativ)
kurzfristig per Lufttransport aus Deutschland zugeführt.
Grundsätzlich steht dem Chirurgen eine umfangreiche Ausstattung zur Verfügung. Da diese Ausstattung im Routinebetrieb
seitens des Personals des Schiffslazaretts jedoch nicht benötigt
wird, wird es in der Regel direkt nach Übernahme in den Lasten
des Schiffs verstaut. Eine nähere Beschäftigung mit dem Material findet somit erst bei der Bestandsaufnahme durch den Chi­
rurgen vor der ersten Verwendung statt. Ein routinierter Umgang und/oder eine sichere Identifikation der Materialien sind
durch das Stammpersonal nur eingeschränkt möglich. Dies hat
unter Umständen zur Folge, dass – obwohl sie eingelagert sind –
benötigte Artikel nicht gefunden werden, da sie nicht korrekt
identifiziert werden können. In unserem Fall wurden diverse
Verbrauchsmaterialien, zum Beispiel vorhandene Inzisionsfolien, erst postoperativ gefunden. Ebenso ist eine Kontrolle auf
Vollständigkeit des Materials nur schwer möglich, wenn dieses
dem Überprüfenden nicht vertraut ist. So war zwar das
Schlauchsystem für das Wasserschloss der Thoraxdrainage vorhanden, jedoch nicht die dazu gehörigen Flaschen.
Das anästhesiologisch benötigte Material entspricht größtenteils der Notfallausstattung des Schiffslazaretts. Da im Rahmen
der Zertifizierung seegehender Einheiten sowie zum Kompe­
tenzerhalt der Besatzung regelmäßig auch „Notfallpatienten“
im Rahmen des Rollen- und Gefechtsdienstes eingespielt werden, bestehen die oben genannten Probleme hier nur in geringem Maße. Weiterhin erfolgt die Anwendung durch klinisch im
Umgang damit erfahrenes Personal, was wiederum zu einer
Reduktion der Problematik beiträgt.
261
Die materielle Ausstattung des Schiffslazaretts und insbesondere der Bordfacharztgruppe kann den entsprechenden Vorschriften und in einer Übersicht auch dem Artikel von Fohr entnommen werden, welcher ausführlicher die Situation an Bord beschreibt [6].
Zuletzt ist die Infrastruktur des Schiffslazaretts zu beachten. Es
herrschen enge räumliche Verhältnisse, welche trotz der Bewegungsmöglichkeiten des OP-Tisches nur unwesentlich beeinflusst werden können. Mobile, höhenverstellbare Beistelltische
für den Instrumenteur existieren nicht und die vorhandenen Absauggeräte sind Notfallabsauggeräte und nicht mit Geräten mit
zentraler Vakuumversorgung in Krankenhaus-OP-Sälen vergleichbar. Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass die verwendeten Geräte und Materialien seefest gelagert werden müssen, da Seegang und Ruderlagen Einfluss auf die Schiffsbewe­
gungen haben (Abbildung 3).
Abb. 3: Intraoperative Situation. Das Instrumentarium liegt „seefest“
auf den Unterschränken des Behandlungsraumes.
Diskussion
Operationen an Bord von Kriegsschiffen im Friedensbetrieb
sind ein seltenes Ereignis. Sie sind prinzipiell nicht mit operativen Eingriffen vergleichbar, welche in auf Schiffen befindli­
chen Role-2-Behandlungseinrichtungen durchgeführt werden,
da der personelle, materielle und infrastrukturelle Ansatz völlig
verschieden ist.
Daher fließen neben der medizinischen Indikation noch andere
Faktoren maßgeblich in die Nutzen-Risiko-Abwägung mit ein.
So muss präoperativ abgeschätzt werden, ob ein konservatives
Vorgehen mit zeitnaher Repatriierung möglich ist, da die Ressourcen des Schiffes (zum Beispiel Sauerstoff, Verbandmaterial, OP-Siebe, intensivmedizinische Möglichkeiten und so weiter) grundsätzlich limitiert sind. Allerdings darf aber unter dem
Blickwinkel der Patientensicherheit ein notwendiger Eingriff
nicht unnötig verzögert werden. Weiterhin muss mit möglichen
Komplikationen gerechnet werden, welche gegebenenfalls weitere Ressourcen erfordern und im schlimmsten Fall nicht vor
Ort therapiert werden können.
Neben den oben genannten Besonderheiten der infrastrukturellen Bedingungen trägt in diesem Setting ein weiterer Faktor
entscheidend zum Gelingen des Gesamtprozesses bei: (Clinical) Crew Ressource Management (CRM).
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C. Jänig et al.: Einsatz im Rahmen der Bordfacharztgruppe
Das eingesetzte Team hat in aller Regel in der gegebenen Zusammensetzung noch nie gemeinsam eine Operation durchgeführt. Die Teammitglieder kommen aus unterschiedlichen
Dienststellen und weisen einen unterschiedlichen Ausbildungsstand auf. Das in Krankenhäusern vorhandene operationstechnische Fachpersonal steht nicht zur Verfügung und seit der
Grundlagenausbildung des Sanitätsmeisters sind unter Umständen schon mehrere Jahre vergangen. So ist das Wissen im Team
sehr asymmetrisch verteilt, was dementsprechend Auswirkung
auf die Interaktion hat.
Dies bedeutet, dass eine umfassende Vorbereitung erfolgen
muss. Zunächst muss der Chirurg sich bewusst machen, welche
Verbrauchsmaterialien und Instrumente er benötigt und diese
zusammen mit dem Personal des Schiffslazaretts aus den Lasten holen, da oft nur er die entsprechenden Materialien erkennt.
Anschließend muss das Material steril vorbereitet werden. Dies
beinhaltet unter Umständen, dass nochmals eine Personaleinweisung in das sterile Anreichen von Materialen, das richtige
Anlegen der sterilen OP-Kleidung oder die chirurgische Händedesinfektion vorgenommen werden muss.
Hier hilft es im Rahmen der sogenannten „Cross-Competence“,
das Anästhesie-Team mit einzubinden, welches aus dem klinischen Alltag solche Maßnahmen gewöhnt ist. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass alle Mitglieder des Teams stets
Auffälligkeiten ansprechen, damit mögliche Fehler aufgedeckt
werden. Gerade in Bezug auf die Sterilität muss vorher explizit
verdeutlicht werden, dass es keine „Strafe“ gibt, wenn man sich
oder einen Gegenstand unsteril macht, dass man es jedoch auf
jeden Fall mitteilen muss. Insgesamt ist hier auf eine strikte „no
blame, no shame“-Kultur zu achten.
Weiterhin wurden im vorliegenden Fall Abläufe, welche sonst parallel laufen, bewusst und geplant nacheinander abgearbeitet, damit zum einen mehr Personalressourcen zur Verfügung standen
und zum anderen dem limitierten Platzangebot Rechnung getragen wurde. Daraus resultierte dann zwar eine längere Prozessdauer,
was aber zu einer höheren Patientensicherheit führte.
Zuletzt muss auf eine klare Kommunikation mit einer einheitlichen
Sprache sowie geschlossenen Kommunikationskreisläufen geachtet werden. Eventuell müssen Instrumente vor OP-Beginn nochmals benannt werden, damit sie später auf Anforderung richtig
angereicht werden. Intraoperative Prozeduren müssen vor dem
Eingriff erläutert und unter Umständen demonstriert werden.
Schlussfolgerung
Der vorliegende Fallbericht beschreibt die erfolgreiche Durchführung einer offenen Appendektomie an Bord einer Fregatte
der Klasse 122. Er betrachtet die besondere Nutzen-Risiko-Abwägung präoperativ sowie die alternativen Handlungsoptionen.
Operationen an Bord von Kriegsschiffen unterliegen den oben
genannten Einflüssen und stellen hohe Anforderungen an die
interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Ein Team-Training in den Simulationsräumen des Schifffahrtmedizinischen Instituts der Marine (SchiffMedInst) könnte
sowohl der Stammbesatzung des Schiffslazaretts, als auch dem
eingeschifften Personal der Bordfacharztgruppe durch die Vermittlung von „Lessons learned“ bisheriger medizinischer Maßnahmen an Bord dienen und zusätzliche Handlungssicherheit
bringen. Ein solches Team-Training sollte regelmäßig obligatorisch durchgeführt werden, um mit Infrastruktur, Material und
Personalansatz vertrauter zu werden.
Unabhängig davon unterstreicht auch dieser Fallbericht, dass
das Konzept der Bordfacharztgruppe dazu geeignet ist, den Soldaten im Einsatz eine im Resultat gleichwertige Versorgung wie
in Deutschland zukommen zu lassen.
Dies ist nicht nur für den betroffenen Soldaten wichtig, sondern
– dies zeigten die Reaktionen der Besatzung – auch eine Beruhigung für alle Soldaten an Bord und trägt weiter zum guten
Ansehen des Sanitätsdienstes in der Truppe bei.
Kernaussagen
1. Operationen an Bord von Kriegsschiffen sind selten.
2. Morbiditäts- und Mortalitätsraten von Operationen an
Bord von Kriegsschiffen sind gering.
3. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie eine
geschlossene, eindeutige Kommunikation sind entscheidend für das Gelingen des Gesamtprozesses.
4. Ein Teamtraining sollte sowohl für die Stammbesatzung
als auch für die Mitglieder der Bordfacharztgruppen vor
der Einschiffung regelmäßig erfolgen.
5. Lessons identified/ learned sollten in einer zentralen Da­
tenbank erfasst, ausgewertet und den betroffenen Personenkreisen frei zugänglich gemacht werden.
Literaturverzeichnis
1.
2.
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6.
Bildquellen:
Abb. 1 und 3: Flottillenarzt Dr. Jänig, Koblenz
Abb. 2: Hauptbootsmann Markus Köster, Hamburg
Für die Verfasser:
Flottillenarzt Dr. Christoph Jänig
BundeswehrZentralkrankenhaus Koblenz
E-Mail: [email protected]
Der Beitrag wird im Internet unter www.wermed.de veröffentlicht.
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Aus der Zahnarztgruppe des Sanitätsversorgungszentrums am Standort des Sanitätsunterstützungszentrums Hammelburg (Leiter: Oberstarzt Dr.
Michael Uhl)
Fünf Strategien zur Prävention einer Sekundärkaries –
Von der Verringerung des Randspaltes bis zum Kupferzement
Daniel Raab
Zusammenfassung
Nach wie vor stellt Sekundärkaries die Hauptursache für
Misserfolge in der Kronen- und Brückenprothetik dar. Eine
Ursache dafür – das Vorhandensein eines Randspaltes – lässt
sich mit den derzeit vorhanden technischen Möglichkeiten
jedoch nicht komplett vermeiden. Neben den allgemein anerkannten Kariespräventionsstrategien, wie Verzicht auf
süße Zwischenmahlzeiten, mechanische Plaqueentfernung
und Fluoridierung – die allerdings alle die Mitarbeit des Patienten erfordern –, stellt die Verwendung von bakteriziden
kupferhaltigen Befestigungszementen einen interessanten –
patientenunabhängigen – Ansatz zur Prävention der Sekundärkaries dar, der weiter untersucht werden sollte.
Stichworte: Sekundärkaries, Zucker, Fluoridierung, Prävention, Kupferzement
Keywords: secondary caries, sugars, fluoridation, preven­
tion, copper cement
heilkunde (DGZMK) [2] wird ein Randspalt unter 100 µm
empfohlen [2]. Dem Erreichen dieses Zieles sind allerdings
technische Grenzen gesetzt, die im Herstellungsprozess einer
laborgefertigten Restauration -wie zum Beispiel einer Vollgusskrone - liegen. Die Arbeitsschritte Abformung, Modellherste­
llung, Modellierung in Wachs, Einbetten in feuerfeste Einbettmasse, Ausgießen, Ausbetten, Ausarbeiten und Polieren enthalten zahlreiche mögliche Fehlerquellen. Dabei ist es nicht so,
dass man einen Fehler mit einem anderen kompensieren könnte. Mit jedem Arbeitsschritt wird die Streuung der Ergebnisse
größer [3]. Es verwundert daher nicht, dass bei retrospektiven
Untersuchungen an extrahierten Zähnen teilweise erhebliche
Randspaltbreiten festgestellt werden konnten (Tabelle 1).
Tab. 1: Durchschnittliche Randspaltbreiten bei extrahierten Zähnen
Einleitung
Eine der häufigsten Ursachen für einen Misserfolg in der Kronen- und Brückenprothetik stellt die Sekundärkaries dar. Unter
Sekundärkaries versteht man dabei neue kariöse Defekte im
Randbereich zahnärztlicher Restaurationen [1]; meistens bedingt durch Plaqueablagerung im und am Randspalt. Die
Mikro­organismen der Plaque – vor allem Streptokokken – können dann niedermolekulare Kohlenhydrate der Nahrung zu
Säuren verstoffwechseln. Diese senken den pH-Wert unter einen kritischen ph-Wert (5,2 - 5,7 für Zahnschmelz bzw. 6,2 6,7 für Zahnzement und Wurzeldentin) und der Zahn wird demineralisiert.
Strategien zur Vermeidung von Randkaries
Im Folgenden werden in einer kurzen Übersicht fünf wesent­
liche Strategien zur Vermeidung einer Sekundärkaries vorgestellt:
Strategie 1: Verringerung des Randspaltes
Um eine mögliche Plaqueablagerung an Restaurationsrändern
zu verhindern oder zumindest zu verringern, sollte daher ein
möglichst glatter Übergang zwischen Zahn und Restauration
angestrebt werden; der Randspalt sollte dabei möglichst klein
sein. Die Angaben über zulässige Größen des Randspaltes von
Kronen und Brücken schwanken dabei von 50 - 300 µm [2].
Von der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kiefer-
Autor
Jahr
Durchschnittlicher
Randspalt in µm
ERDMANN [4]
1972
260
DÜSTERHUS [5]
1980
90 – 230
MARXKORS [6]
1980
130
SPIEKERMANN [7]
1986
382
DONATH UND
ROTH [8]
1987
482
Mit neueren Methoden wie zum Beispiel der digitalen Abformung von präparierten Kronenstümpfen und einer Kronenherstellung durch CAD/CAM1-Verfahren können zwar inzwischen
geringere Randspaltwerte erreicht werden [30]. In einer vergleichenden Untersuchung zwischen mit dem Lava™ Chairside
Oral Scanner C.O.S. (3M Espe, St. Paul/Minnesota) und durch
konventionelle Polyätherabformung hergestellten Restaurationen wurde ein durchschnittlicher Randspalt von 61.08 μm
(±24.77 μm) bei digitaler Abformung und ein durchschnitt­
licher Randspalt von 70.40 μm (±28.87 μm) bei konventioneller
Abformung festgestellt [30].
Bei einer subgingivalen Lage der Präparationsgrenze stößt die
digitale optische Abformung jedoch an ihre Grenzen [31]. Während ein plastisches Abformmaterial bei einer konventionellen
Kronenstumpfabformung in den subgingivalen Bereich gepresst werden und dadurch in einem gewissen Maße auch Gewebe, dass die Präparationsgrenze überlagert, verdrängt werden kann, lässt sich durch optische digitale Verfahren nur das
1
CAD (computer aided design) CAM (computer aided manufactring):
Design des Zahnersatzes am Bildschirm, nachdem die Situation nach
Präparation „eingescannt“ wurde; der daraus erstellten Datensatz steuert dann einen Fräsautomaten, der die Prothetik herstellt
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D. Raab: Fünf Strategien zur Prävention einer Sekundärkaries
„abformen“ beziehungsweise digitalisieren, was man sieht.
Licht, das für eine digitale Abformung notwendig ist, besitzt –
trotz Dualismus von Welle und Teilchen – keine „Gewebe verdrängenden“ Eigenschaften.
Bei einem durchschnittlichen Bakteriendurchmesser von 0,2 2,5 µm [9] ist zudem deutlich zu erkennen, dass mit den zur
Zeit vorhandenen technischen Möglichkeiten kein so kleiner
Randspalt erzielt werden kann, der eine Bakterienanlagerung
und damit Sekundärkaries sicher verhindert.
Strategie 2: Verzicht auf süße Zwischenmahlzeiten
Um zu verhindern, dass die im Randspalt verbliebenen Bakterien niedermolekulare Kohlenhydrate zu organischen Säuren,
wie Milchsäure, umwandeln und damit zur Entstehung einer
Sekundärkaries beitragen, ist ein Verzicht auf süße Zwischenmahlzeiten sinnvoll. Der Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Kariesentstehung ist heute allgemein anerkannt und
durch epidemiologische Untersuchungen [10, 11], klinische
Studien wie die Vipeholm- [12], Hopewood-House- [13] oder
die Turku-Studien [14], Plaque-pH- [15] und Plaque-pH-Telemetrie-Studien [16], bestätigt. Allerdings ist ein Verzicht auf
süße Zwischenmahlzeiten relativ schwierig umzusetzen. Zum
einen enthalten viele Nahrungsmittel, wie zum Beispiel Tomatenketchup, „versteckte Zucker“ (vergleiche Tabelle 2) und
zum anderen empfinden viele Patienten einen Verzicht auf süße
Zwischenmahlzeiten als eine unverhältnismäßig hohe Einschränkung der Lebensqualität. Karies und Sekundärkaries
wird dabei von vielen Patienten in Kauf genommen.
Tab. 2: Versteckte Zucker (Gehalt in Gramm pro 100 g verzehrbaren
Anteils); modifiziert nach [17]
Lebensmittel
Gesamtzuckergehalt (Glukose,
Fruktose, Saccharose)
Apfelsaft
Cornflakes
Fruchtjoghurt
Mehrkornbrötchen
Müsli-Riegel
Tomatenketchup
Vollkorn-Müsli mit
Trockenobst
7,7
7,3
11,2
0,4
29,0
23,4
64,4
Strategie 3: Mechanische Plaqueentfernung
Eine andere Strategie zur Prävention der Sekundärkaries beruht
darauf, die säureproduzierenden Beläge zu entfernen. Allgemein haben sich dazu Zahnbürste mit Zahnpasta und Zahnseide
bewährt. Allerdings stellt dabei der Restaurationsrand einer
Krone oder Brücke eine Kariesprädilektionsstelle dar, die einer
mechanischen Plaqueentfernung kaum zugänglich ist. Beim
Vergleich der Größe einer Zahnbürstenborste (180 - 250 µm)
mit der Größe des zulässigen Randspaltes einer Krone
(< 100 µm) wird deutlich, dass eine effektive Reinigung nicht
möglich ist. Zudem ist eine kontinuierliche Mitarbeit des Patienten erforderlich. Die Tatsache, dass ein überkronungsbedürf-
tiger Zahn vorliegt, deutet allerdings häufig darauf hin, dass die
Mundhygiene bisher eher vernachlässigt wurde.
Strategie 4: Regelmäßige Fluoridierung
Das gleiche gilt für die Fluoridierung; auch hier spielt die Mitarbeit des Patienten eine entscheidende Rolle. Anders als früher
angenommen, kommt der präeruptiven Wirkung von Fluorid
eine untergeordnete Rolle zu. Zwar führt ein hoher Plasmafluoridspiegel während der Zahnentwicklung zu einer Optimierung
der Mineralisation und tierexperimentell zu einer geringeren
Fissurentiefe [17]; die kariesprotektive Wirkung von Fluorid
erfolgt aber vor allem posteruptiv. Es wird dabei zwischen der
Wirkung auf Zahnhartsubstanzen und der Wirkung auf orale
Mikroorganismen unterschieden. Bei der lokalen Applikation
von Fluorid auf Zahnschmelz kommt es zu einer initialen Auflösung des Schmelzminerals und einer Repräzipitation von Kalziumfluorid und Fluorapatit. Aus diesem Niederschlag kann
dann Fluorid in den Zahn diffundieren und an freie Bindungsstellen der Kristalloberflächen im Zahnschmelz binden oder
sich unspezifisch in die Kristallhülle einlagern. Dadurch wird
– zeitlich begrenzt – die Demineralisation gehemmt und die Remineralisation gefördert [1, 18, 19, 20, 21]. Ebenfalls zeitlich
begrenzt ist die Wirkung auf orale Mikroorganismen, wobei vor
allem der Hemmung des Enzyms Enolase eine entscheidende
Bedeutung zukommt [1, 18, 19, 20, 21]. Aufgrund der zeitlich
begrenzten Wirkung wird empfohlen, Fluorid häufig lokal in
kleinen Dosen zu verwenden [22]. Allerdings ist dafür eine gute
Compliance des Patienten notwendig.
Strategie 5: Verwendung von Kupferzement als
Befestigungsmaterial
Eine von der Compliance des Patienten unabhängige Methode
zur Prävention der Sekundärkaries stellt die Verwendung eines
kupferhaltigen Befestigungszements dar. Kupfer wirkt dabei –
wie auch andere Metallionen – bakterizid. Im Gegensatz zu
Quecksilber ist Kupfer jedoch nicht primär toxisch, sondern als
essentielles Spurenelement sogar für viele Stoffwechselvorgänge im menschlichen Organismus notwendig.
So ist Kupfer zum Beispiel im menschlichen Serum Bestandteil
einer Oxidase, deren physiologische Bedeutung noch unklar ist.
In den menschlichen Erythrozyten befindet sich ein blauer kristallisierbarer kupferhaltiger Eiweißkörper, der wahrscheinlich
die Histamintätigkeit beeinflusst. Kupfer ist zudem als Spurenelement für die Erythropoese bedeutsam. Der tägliche Bedarf
für den menschlichen Organismus beträgt etwa 2 mg [23].
Die bakterizide Wirkung von Kupfer war bereits vor 4 000 Jahren bei den Ägyptern bekannt; dort wurden zum Beispiel Wunden mit einer Mischung aus Kupferspänen, Honig und Kuhfett
behandelt. Die bakterizide Wirkung von Kupfer wird auch heute noch in der Medizin beziehungsweise Hygiene genutzt: So
ist durch die Verwendung von Kupferoberflächen und Türklinken eine deutliche Reduktion des Mikroorganismus Staphylococcus aureus in Krankenhäusern zu erreichen [24].
In der Zahnmedizin findet Kupferzement vor allem als Unterfüllungs- und Befestigungszement Verwendung. Es handelt
sich dabei um ein Pulver bestehend aus Zinkoxid, Magnesiumoxid und Kupferrhodanid, das mit der Flüssigkeit o-Phosphor­
säure angerührt wird und in der Mundhöhle chemisch aushärtet.
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D. Raab: Fünf Strategien zur Prävention einer Sekundärkaries
Der Einfluss von Kupferzement auf das Wachstum von Streptococcus mutans konnte von FOLEY und BLACKWELL [25]
nachgewiesen werden. In einer in vitro Studie zeigte Kupferzement im Vergleich zu einem konventionellen Glasionomerzement, Zinkoxidphosphatzement und Polykarboxylatzement die
höchste bakterizide Effektivität. Dieses Ergebnis wurde auch in
einer in vivo Studie bestätigt, in der die gleichen Autoren [26]
eine signifikant höhere Reduktion von Streptococcusus mutans
an kariösem Dentin bei Verwendung von Kupferzement im Vergleich zu Glasionomerzement feststellten. Zudem konnten
WHEELDON et al [27] nachweisen, dass die antibakterielle
Wirkung von Kupfer nicht durch organisches Material beeinflusst wird, was bei vielen anderen Desinfektionsmitteln ein
großes Problem darstellt [28, 29].
Fazit
Die Verhinderung einer Sekundärkaries stellt nach wie vor eine
Herausforderung für die Zahnmedizin dar. Es wäre ideal, wenn
alle aufgezeigten zielführenden Strategien in jedem Fall parallel zum Einsatz kämen. Sorgfältige Präparation und qualitative
hochwertige Herstellung der Prothetik sowie die Verwendung
von Kupferzement mindern das Risiko. Die Anleitung zur Prophylaxe und der Motivation des Patienten zur Einhaltung einer
guten Mundhygiene sind ebenfalls wichtige zahnärztliche Maßnahmen – ob diese auch erfolgreich sind, entscheidet sich allerdings nicht in der truppenzahnärztlichen Praxis, sondern ist allein in die Hand des Patienten gegeben.
Kernaussagen
• Sekundärkaries ist nach wie vor ein Problem bei zahnärztlichen Restaurationen.
• Der Verringerung des Randspaltes zur Vermeidung von
Plaqueablagerungen sind technische Grenzen gesetzt.
• Der Verzicht auf zuckerhaltige Zwischenmahlzeiten und
die mechanische Plaqueentfernung scheitern häufig an der
unzureichenden Mitwirkung des Patienten.
• Die präeruptive Wirkung regelmäßiger Fluoridierung
spielt nur eine untergeordnete Rolle.
• Kupferzement als Befestigungsmaterial wirkt bakterizid
und kann als vom Patienten unabhängige zahnärztliche
Maßnahme zur Vermeidung einer Sekundärkaries wirksam
beitragen.
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Interessenkonflikt: Der Verfasser erklärt, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
Verfasser:
Oberfeldarzt Dr. Daniel Raab
Sanitätsversorgungszentrum Hammelburg
Rommelstraße 31, 97762 Hammelburg
E-Mail: [email protected]
Der Beitrag wird mit dem vollständigen Literaturverzeichnis im
Internet unter www.wehrmed.de veröffentlicht.
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Aus dem Presse- und Informationszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (Inspekteur: Generaloberstabsarzt Dr. Michael Tempel)
Weiterentwicklung der Wehrmedizinischen Monatsschrift
Sven M. Funke
Zusammenfassung
Fachliche Neuordnung
Die Wehrmedizinische Monatsschrift (WMM) ist die einzige
eigenständige, dezentrale Truppeninformation eines Organisationsbereiches der Bundeswehr. Aus den Vorgaben des Herausgebers, Erfahrungen der alltäglichen Arbeit, Reaktionen
der Leserinnen und Leser sowie Anregungen aus der Autorenschaft entstand ein Konzept zur Weiterentwicklung der
„Truppenzeitschrift WMM“. Dieses beinhaltet fachliche, redaktionelle und inhaltliche Anpassungen, vor allem aber
auch die Einführung eines „Peer Review“-Verfahrens mit
dem Ziel der Listung auf nationalen und internationalen Publikationsplattformen. Mit dieser Qualitätsinitiative soll die
herausragende fachliche Expertise der Angehörigen des Sanitätsdienstes auch nach außen dokumentiert und wertgeschätzt werden. Außerdem können dadurch neben Sanitätsstabsoffizieren auch Offiziere und Fachunteroffiziere des
Sanitätsdienstes sowohl als Autoren, als auch als Leserschaft
gewonnen werden. Damit soll die WMM mittelfristig zu
dem deutschsprachigen Fachorgan für einsatz- und wehrmedizinische Themen werden.
Zielsetzung
Die in der WMM veröffentlichten Beiträge zeichnen sich regelmäßig durch eine besondere einsatz- und wehrmedizinische Relevanz aus. Vor dem Hintergrund der in den verschiedenen Auslandsmissionen der Streitkräfte gewonnenen, umfangreichen
Erfahrungen stellt dieser fachliche Schwerpunkt ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Publikationen aus dem Bereich der Katastrophenmedizin dar.
Zur Steigerung der Akzeptanz der fachlichen Inhalte der Zeitschrift wurde ein „Peer Review“-Verfahren eingeführt; die ersten Beiträge, die diese Prüfung durch zwei unabhängige Gutachter bestanden haben, finden sich in dieser Ausgabe. Grund­
sätzlich wird dabei ein Gutachten durch einen aktiven Sanitätsstabsoffizier erstellt, das zweite durch zivile (in der Regel)
Hochschullehrerinnen/-lehrer, Institutsleiter oder Chefärzte
großer Kliniken, die auch „Peer Reviews“ für andere nationale
und internationale wissenschaftliche Magazine durchführen. In
Abstimmung mit den Leitern der Konsiliargruppen konnten
zwischenzeitlich für nahezu alle Fachgebiete „Peers“ gewonnen werden, die sich bereit erklärt haben, Reviews von Beiträgen für die WMM durchzuführen. Die Publikation einer ausreichenden Anzahl von auf diese Weise „qualitätsgesicherten“
Artikeln ist eine Voraussetzung für eine Berücksichtigung in
Suchmaschinen und damit letztendlich für deren Erscheinen in
entsprechenden Plattformen, wie MedLine®.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, eine webbasierte zertifizier­
te Weiterbildung zu etablieren, wie man sie zum Beispiel im
Deutschen Ärzteblatt findet. Hier sind noch Fragen bezüglich
der zu nutzenden Plattform (Internet-Bundeswehr oder externes
Hosting) und anzuwendenden Verfahren (Datenschutz, Validierung, Zuerkennung Fortbildungspunkte) zu klären.
Schlüsselwörter: Truppenzeitschrift, Weiterentwicklung,
Qualitätssicherung, Peer Review-Verfahren, Medizinische
Datenbanken.
Einführung/Hintergrund
Die Wehrmedizinische Monatsschrift (WMM) wird durch das
Presse- und Informationszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr im Auftrag des Presse- und Informationsstabes im
Bundesministerium der Verteidigung herausgegeben. Nachdem
das Erscheinen der spezifischen Publikationen der Teilstreit­
kräfte Heer, Luftwaffe und Marine eingestellt und in den zentralen Medien der Bundeswehr zusammengeführt wurde, ist die
WMM die letzte verbliebene eigenständige dezentrale Truppeninformation aller Organisationsbereiche der Bundeswehr.
Sie erscheint im 59. Jahrgang (davon im 50. Jahrgang unter der
Bezeichnung Wehrmedizinische Monatsschrift) mit 10 Ausgaben pro Jahr, einer Obergrenze von 500 Seiten pro Jahrgang und
hat derzeit eine Auflage von 8 000 Exemplaren.
Im Rahmen seiner letzten Reservedienstleistung beim Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr hat der amtierende
Schriftleiter der WMM, Oberstarzt a. D. Dr. Peter Mees, ein
Konzept zur Weiterentwicklung erarbeitet. Die vorgeschlagenen Anpassungen/Veränderungen berücksichtigen die Erfahrungen der alltäglichen Arbeit, Reaktionen der Leserinnen und
Leser, Anregungen aus der Autorenschaft, Vorstellungen des
Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr sowie Rahmenbedingungen des Herausgebers.
Abb. 1: Übersicht über die Sparten der WMM, für die Beiträge
eingesandt werden können; * = Artikel mit Peer-Review
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S. M. Funke: Weiterentwicklung Ihrer Wehrmedizinischen Monatsschrift
Neue Gliederung der WMM
Zur Erreichung der dargestellten Ziele Anpassung wird die
WMM fachlich neu geordnet. Bestimmt wird dieser Prozess
vorrangig durch die Umsetzung des „Peer Review“-Verfahrens
und die „Öffnung“ für Publikationen aus dem Kreis der Offiziere und Fachunteroffiziere im Sanitätsdient.
Zukünftig sind entsprechend folgende Sparten vorgesehen, die
allerdings nicht in jeder Ausgabe alle vorhanden sein müssen:
Artikel mit Peer Review
• Originalarbeiten, wie Studien, Ergebnisse aus der Laborforschung, Befragungen, andere (experimentelle) Arbeiten, und
so weiter;
• „Wehrmedizinische Leitlinien“1, in denen Feststellungen zum
klinischen oder ambulanten Vorgehen bei spezifischen wehrmedizinischen Fragestellungen systematisch entwickelt werden. Diese sind für die zertifizierte Weiterbildung geeignet;
• Übersichten mit umfassenden Analysen und Darstellungen
aktueller Literatur zu Erkrankungen, Symptomenkomplexen,
Behandlungen, Diagnosen, und so weiter. Diese sind für die
zertifizierte Weiterbildung geeignet;
• Fallberichte über Einzeldarstellungen aus Klinik oder Praxis
mit kritischer Bewertung und Diskussion;
• Ergänzt werden diese Formate bedarfsabhängig durch Sonderformen, zum Beispiel für den Bereich der Medizingeschichte.
Aus den Fachgebieten
• Kurzübersichten mit Analyse und Darstellung aktueller Literatur zu einer Erkrankung / einem Symptomenkomplex , Diagnose und Behandlung, und so weiter;
• Fallbeispiele als Berichte über einen oder mehrere Fälle aus
Klinik oder Praxis mit kritischer Bewertung und Diskussion;
• Erfahrungsberichte mit Darstellungen von Hospitationen, Erprobungen von Verfahren oder Materialien, Truppenversuchen, Anwendungsbeobachtungen, und so weiter. Diese Sparte ist besonders geeignet auch für Angehörige der Gesundheitsfachberufe;
• Berichte über Technik, Methoden und Verfahren, in denen Behandlungs-/ Untersuchungsmethoden, medizinisches Gerät
und/ oder Material umfassend vorgestellt/ verglichen, Gesetze/ Vorschriften oder ähnliches erläutert werden oder auch
über praktische Erfahrungen – besonders im Einsatz – berichtet wird. Diese Sparte ist besonders geeignet auch für Angehörige der Gesundheitsfachberufe;
• Ergänzt werden auch diese Formate bedarfsabhängig durch
Sonderformen, zum Beispiel für den Bereich der Medizingeschichte.
1
Hierbei handelt es sich noch um einen Arbeitsbegriff; Ziel ist es, analog zu den etablierten Leitlinien, die wehrmedizinisch abgeleitete Evidenz für von diesen abweichende Untersuchungs-, Behandlungs- und
Begutachtungsverfahren aufzuzeigen (Beispiel: Begutachtung von
Kraftfahrern für die Nutzung von Nachtsichtbrillen, die es im zivilen
Bereich nicht gibt). Eine Erörterung des Themas ist für die nächste
Tagung der Konsiliargruppenleiter vorgesehen.
267
Die fachliche Qualität berücksichtigt sowohl akademische Beiträge von Sanitätsstabsoffizieren, als auch fachlich-technische
Themen von Angehörigen der Gesundheitsfachberufe. Beiträge
in dieser Sparte sollen auch eine approbationsübergreifende Information im Sanitätsdienst sicherstellen.
Wehrmedizinische Kurzinformationen
• Fachdienstliche Kurzmitteilungen aus den (Fähigkeits-)Kommandos des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, zum Beispiel
mit Hinweisen zu Sanitätsmaterial, neuen Verfahren, geänderten Impfweisungen und so weiter;
• „Für Sie gelesen“ mit Kurzfassungen von Artikeln/ Veröffentlichungen zu Themen aus Wehr-, Flug- und/ oder Schifffahrtmedizin und anderen wehrmedizinisch relevanten Fachgebieten; diese Sparte ist besonders geeignet auch für Angehörige
der Gesundheitsfachberufe;
• Hinweise auf Veröffentlichungen im Internet, bei der NATO
und bei anderen Streitkräften mit „Summaries“.
Truppen(zahn)ärztliche Praxis
• Ärztliche/ Zahnärztliche Beiträge aus den regionalen Sanitätseinrichtungen und Fachuntersuchungsstellen im Sinne der
Darstellung „Best Practice“ beziehungsweise „Lessons Learned“ in Bezug auf die Behandlung/ Begutachtung;
• Beiträge aus dem Veterinärwesen/ der Wehrpharmazie und
Lebensmittelchemie, wie Hinweise zur Seuchenabwehr, Lebensmittelhygiene, „Antibiotic Stewartship“, zum Betrieb
von Sanitätsgerät, zu technischen Hilfestellungen und ähnlichen Themen.
Hier werden sowohl akademische Beiträge von Sanitätsstabsoffizieren, als auch Artikel zu fachlich-technischen Themen von
Angehörigen der Gesundheitsfachberufe berücksichtigt;
• Qualitätssicherung und Betriebsoptimierung, wie Beiträge zu
Qualitätsstandards in Untersuchungsprozessen (zum Beispiel
Durchführungsbeschreibungen für Belastungs-EKG, Audiometrie, Sehtest, Lungenfunktion), praktischen Hinweisen zum
Betrieb – „tägliches Leben“ (zum Beispiel Assistenz bei ärztlichen/ zahnärztlichen Maßnahmen, Impfungen, Organisation
der Sprechstunde, Versand von Laborproben, o.ä.); diese Beitragsform ist vorrangig für Angehörige der Gesundheitsfachberufe vorgesehen.
Aus dem Sanitätsdienst
• Fachbeiträge, wie Berichte über die Zertifizierung von Dienststellen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (Kliniken/ Zentren, Institute, ...), neue Verfahren/ Methoden in Bundeswehrkrankenhäusern/ (Zentral-)Instituten des Sanitätsdienstes der
Bundeswehr (neue Röntgentechnik, Analyseverfahren, ...),
(Groß-)Veranstaltungen mit Öffentlichkeitswirkung (abgestimmt mit der Zeitschrift „Wehrmedizin und Wehrpharmazie“), Vorstellung neuer Ausbildungsverfahren und vieles
mehr. Hier sollen außerdem auch ausgewählte Artikel aus dem
Internet-Auftritt des Sanitätsdienstes der Bundeswehr („sanitaetsdienst-bundeswehr.de“) veröffentlicht werden;
• Personalia, wie Promotionen und Habilitationen von sowie
wissenschaftliche Auszeichnungen und Preise für Angehörige
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S. M. Funke: Weiterentwicklung Ihrer Wehrmedizinischen Monatsschrift
des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, „runde“ Geburtstage
(ehemalige General- und Admiralärzte, Leitende Zahnärzte/
Veterinäre/Apotheker der Bundeswehr), Nachrufe (ehemalige
Inspekteure/Inspekteurinnen, General-/Admiralärzte).
Aus Forschung und Wissenschaft
•
Kurzberichte aus der sanitätsdienstlichen Forschung, zum
Beispiel zu neuen oder laufenden Projekten, Zwischenergebnissen von Studien/ experimentellen Untersuchungen, Probandensuche, und so weiter. Je nach Umfang ist alternativ
auch eine Veröffentlichung in der Rubrik „Aus den Fachgebieten“ möglich;
• Aus der NATO, wie Neuerscheinungen wissenschaftlicher Reports (zum Beispiel aus dem STO-HFM-Panel), Einrichtungen neuer medizinischer Research Task Groups (einschließlich Teilnehmersuche), „Call for Papers“ für Symposien/
Workshops/ Specialist Meetings;
• Ausschreibungen wissenschaftlicher Wettbewerbe, wie zum
Beispiel für den Heinz-Gerngroß-Förderpreis der Deutschen
Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP), Paul-Schürmann-Preis, Ambroise-Paré-Preis im Auftrag der Chiefs of Medical Services in NATO (COMEDS).
Tagungen und Kongresse
• Tagungsberichte über Fachveranstaltungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Tagungen/Kongresse der DGWMP (zum
Beispiel DGWMP-Jahreskongress, Tagungen in Damp, Kloster Banz, ...), nationale Kongresse/Tagungen mit Beteiligung
von Angehörigen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (zum
Beispiel Deutscher Chirurgentag mit Arbeitsgemeinschaft
Einsatzchirurgie, Deutscher Zahnärztetag), internationale
Kongresse/Tagungen mit Beteiligung von Angehörigen des
Sanitätsdienstes der Bundeswehr (zum Beispiel AMSUS,
FDI-Kongress, ...), NATO-Symposien/Workshops, und so
weiter;
• Veröffentlichungen von Abstracts und Postern.
Buchbesprechung(en)
Vorstellung einsatz-/wehrmedizinisch relevanter Neuerscheinungen aus Klinik und Praxis.
Perspektiven
Vorrangiges Ziel der gemeinsamen Bemühungen von Schriftleitung und Presse- und Informationszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ist eine zukünftig deutlich bessere und
nachdrücklichere Wertschätzung der fachlichen Qualität, des
Einsatzwillens und der Leistungsbereitschaft sowohl der Sanitätsstabsoffiziere, als auch der Angehörigen der Gesundheitsfachberufe im Sanitätsdienst. Dazu gehört insbesondere, dass
mit der schon erfolgten Einführung des Peer Review-Verfahrens und der angestrebten Listung in relevanten Fachdatenbanken ein positives Feedback seitens der Autorinnen und Autoren
erwartet wird. Dieses ist vor allem als Anerkennung der geleisteten wissenschaftlichen Arbeit zu verstehen. Hierzu gehört
selbstverständlich auch, dass alle Fachvorgesetzten aufgefordert sind, in ihren Zuständigkeitsbereichen geeignete Autorinnen und Autoren sowie interessante Themenbereiche zu identifizieren und diese für ein derartiges Engagement zu werben.
Die Verstärkung des fachlichen Schwerpunktes bei der Truppeninformation führt gleichzeitig zu einer deutlicheren Abgrenzung der WMM zu der ebenfalls vom Sanitätsdienst der Bundeswehr unterstützten Zeitschrift „Wehrmedizin und Wehrpharmazie“ (WMWP) des Beta-Verlages. Während der WMM das
Privileg auf fachliche Themen zufällt, haben beide Zeitschriften eine Schnittmenge im Bereich der fachdienstlichen Inhalte.
Der WMWP bleiben hingegen die truppendienstlichen Kernpunkte vorbehalten.
Durch diese Ausrichtung soll mittelfristig die WMM zu der
deutschsprachigen Fachzeitschrift für einsatz- und wehrmedizinische Themen werden. Die Einführung des Peer Review-Verfahrens, die entsprechende Ausrichtung der Inhalte der WMM
sowie die damit verbundene nationale und internationale Wahrnehmung der fachlichen Kompetenz wird hierfür ebenfalls eine
nachhaltige Unterstützung bieten.
Dazu gehört auch die seitens des Presse- und Informationsstabes beim Bundesministerium der Verteidigung gebilligte Erhöhung der Ausgabenzahl auf elf pro Jahr ab dem 60. Jahrgang
(2016).
Wann wir letztendlich für die WMM einen Impact Factor erreichen, ist derzeit noch ungewiss – aber sicher ist, dass es noch
länger dauert, wenn wir uns jetzt nicht auf den Weg machen.
Schlusspunkt
Das vorgestellte Konzept wurde durch den vormaligen Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt
a. D. Dr. Ingo Patschke, Ende April 2015 gebilligt.
Mitteilungen der DGWMP e. V.
• Nachrichten aus der Gesellschaft, wie Ankündigungen, Ausschreibungen, Mitgliederbrief, und so weiter;
• Geburtstage von Mitgliedern (für den Folgemonat).
Einzelheiten (Formate/Umfänge) sind den Autorenhinweisen
(www.wehrmed.de) zu entnehmen.
Verfasser:
Oberstarzt Dr. Sven M. Funke
Leiter des Presse- und Informationszentrums des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr
Falckenstein-Kaserne
Von-Kuhl-Straße 50, 56070 Koblenz
E-Mail:[email protected]
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Buchbesprechungen
„Den Gegner retten? Militärärzte und
Sanitäter unter Beschuss“
E-Journal Ethik und Militär, Ausgabe
2015/1, jetzt online
E-Journal „Ethik und Militär“
Verlag: Zentrum für ethische Bildung in den
Streitkräften (ZEBIS), Hamburg
ISSN-Nr.: 2199-4129
www.ethikundmilitaer.de
www.ethicsandarmedforces.com
Die dritte Ausgabe des E-Journal „Ethik und Militär“ in 2015
greift unter dem Titel „Den Gegner retten? Militärärzte und Sanitäter unter Beschuss“ ein profilgebendes Kernthema des Sani­
tätsdienstes auf.
Dem Leser sei empfohlen, die Lektüre mit
dem Beitrag des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. Ingo Patschke, zu beginnen.
Die „Betriebssanitäter der Bundeswehr“
müssen in der fordernden Situation der Patientenpriorisierung dem guten Ruf des Sanitätsdienstes der Bundeswehr gerecht werden, der maßgeblich auf der Versorgung von
Kameraden gründet. Damit ist ein Angehöriger des Sanitätsdienstes in seinem Entscheidungsrational nicht neutral. Eine Entscheidungslogik der „Kameraden zuerst“ steht im
Widerspruch zu den Kriterien einer zivilen
Patientensichtung. Dies greift die E-Journal-Ausgabe insgesamt vorbildlich auf.
Unter der Bezeichnung der „Military Medical Ethics“ (MME) oder der Wehrmedizinethik werden vorrangig zwei Positionen diskutiert: (1) Behandlung ohne Ansicht des Verletzten oder (2) Bevorzugte Behandlung von Kameraden und anderen Personengruppen. Diese
Frage der Begründung von Fürsorge gegenüber Kameraden
zulasten anderer Patienten zieht sich wie ein roter Faden durch
die Ausgabe des Journals. Dabei entwickelt Patschke die Abweichung von der Individualmedizin und neutralen Patientenbewertung unter anderem aus der Einsatzverpflichtung und der
geänderten Bedeutung des humanitären Völkerrechts.
In historischer Betrachtung betont Oberfeldarzt Professor Dr.
Ralf Vollmuth (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam) die Notwendigkeit zur
medizinethischen Schulung und Ausbildung der Angehörigen
des Sanitätsdienstes, um für „gefährliche und unangenehme Tätigkeiten“ gerüstet zu sein.
Die „Bindung unter Kampfgefährten“ ist für Professor Dr. Michael Gross (Universität Haifa, Israel) eine militärische Notwendigkeit. Dieser kommunitaristische, auf Gruppen gerichtete, Ansatz ist Ausdruck einer Fürsorgeverpflichtung, die für
Gross aber nicht absolut gesetzt werden darf.
Dr. Paul Bouvier (Internationales Komitee vom Roten Kreuz,
Genf) fordert einen ethischen Imperativ, der medizinisches Per-
sonal unabhängig von Politik und Militär handeln lässt. Für ihn
darf medizinische Hilfe kein Mittel für strategische, politische
oder geheimdienstliche Ziele werden, wenn nicht Sanitätspersonal zum Werkzeug werden will. Als Bollwerk gegen diese
Vereinnahmung betont er Menschlichkeit, Unparteilichkeit,
Unantastbarkeit und funktionale Unabhängigkeit.
Ein Highlight stellt eine aktuelle kanadische Studie dar. Diese
weist nach, dass militärmedizinische Fachkräfte von kontextund berufsspezifischen Ethikschulungen stark profitieren kön­
nen, da sie in sehr unterschiedlichen Umgebungen und Konflik­
ten arbeiten. Dabei können divergierende Einflüsse und Wahr­
nehmungen der verschiedenen Akteure auf die ethischen Prinzipien diskutiert werden.
Positiv bleibt festzuhalten, dass das E-Journal mit seinen ausgewiesenen nationalen und internationalen Autoren die Debatte inspiriert. Die Suche nach dem
Profil des Sanitätsdienstes unter Einsatzbedin­
gungen wurde 2009 durch Konferenzen an der
Führungsakademie der Bundeswehr, Hamburg,
unter Beteiligung von ausgewiesenen Medizinethikern begonnen.
Berufsethisch geschieht Entscheiden und Handeln im Sanitätsdienst der Bundeswehr zwischen den skizzierten Polen des waffenlosen
Dienstes und der vollumfänglichen Fähigkeit
zur Teilnahme an Kampfhandlungen.
Eine Behandlung „im Rahmen freier Kapazitäten“ kann bedeuten, diese Kapazitäten zur Verfügung stellen zu müssen. Ein Verlegen ins lokale Gesundheitssystem wird je nach Schweregrad eine palliative, terminale Sedierung fordern, wenn derartige Intensivkapazitäten außerhalb des Lazaretts nicht zur Verfügung stehen.
Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, dass die unter
allen Bedingungen stattfindende Gleichbehandlung von Ver­
letzten in der modernen Einsatzarmee inzwischen eher als romantisierende Vorstellung des Auftrags des Sanitätsdienstes
wahrgenommen wird. Die gezielte Ungleichbehandlung aus
Gründen der Solidarität, des Beistands ist und bleibt mit der
Konzeption des Utilitarismus verbunden, bei dem aus Fürsorge
nach dem Nutzen für den Patienten, eine Gruppe oder eine noch
größere Bezugsgemeinschaft gefragt wird.
Sensibilität in ethischen Konfliktsituationen und Kenntnis der
Begründungsansätze für Handeln muss Ausbildungsziel der
Angehörigen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr bleiben, damit transparente, verantwortbare und angemessene Entscheidungen getroffen werden. Dieses E-Journal gibt dabei wertvolle Hilfestellung.
Verfasser:
Kapitänleutnant d. R. Dr. phil. Arnd T. May
Zentrum für Angewandte Ethik Recklinghausen
(www.ethikzentrum.de)
E-Mail: [email protected]
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Aus dem Sanitätsdienst
Aus dem Sanitätsdienst
Generaloberstabsarzt Dr. Ingo Patschke trat
in den Ruhestand
Im Rahmen eines Appells auf der Festung Ehrenbreitstein in
Koblenz übergab am 14. Juli 2015 der Generalinspekteur der
Bundeswehr, General Volker Wieker, das Kommando über
den Sanitätsdienst der Bundeswehr von Generaloberstabsarzt Dr. Ingo Patschke an Generalstabsarzt Dr. Michael Tempel. Die Bundesministerin der Verteidigung, Frau Dr. Ursula
von der Leyen, fand beim anschließenden Empfang sehr persönliche Worte für den scheidenden Inspekteur.
Abb. 1: Der Generalinspekteur der Bundeswehr mit neuem und altem
Inspekteur des Sanitätsdienstes beim Appell
Festung Ehrenbreitstein gehört zu den ältesten Wehranlagen
Deutschlands. Und vor dieser Kulisse darf ich heute den Kommandowechsel im jüngsten Organisationsbereich der Bundeswehr vollziehen.“ Wieker dankte Dr. Patschke für seine Verdienste, insbesondere im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr. „Das Erreichte ist Verpflichtung für den Nachfolger“,
so Wieker. Dem „Neuen“ wünschte der Generalinspekteur „viel
Kraft, Freude und Gottes Segen“.
Beim anschließenden Empfang, den die Bundesministerin der
Verteidigung vor dem Großen Zapfenstreich für den scheidenden Inspekteur gab, wandte sich Frau Dr. von der Leyen in einer
sehr persönlichen Rede an Dr. Patschke. Er habe schon 1987
beim Generalstabslehrgang an der Führungsakademie der Bundeswehr als sehr sympathischer „Paradiesvogel“ gegolten, als
einer der „Halbgötter in Weiß“ unter Panzermännern, Pionieren, Infanteristen und Artilleristen. Aber er habe es geschafft,
dort nach kurzer Zeit Brücken zu bauen und sich als extrem
hilfsbereiter Teamplayer zu erweisen.
Die Ministerin ließ Dienstzeit und Karriere von Dr. Patschke
Revue passieren und sprach dabei wichtige Stationen wie seine
Zeit als Austauschoffizier in San Antonio, Texas, die Zeit der
Wiedervereinigung, in der Dr. Patschke als Bataillonskommandeur in Perleberg Verantwortung trug, und auch seine Verwendung im Einsatzführungskommando in Potsdam an. In diese
Zeit fielen die Anschläge des 11. September, das Attentat auf
den Bus in Kabul und die Tsunami-Katastrophe im Jahre 2004.
Abordnungen aus den unterstellten Einheiten und Dienststellen
des Sanitätsdienstes, Fahnenabordnungen der Sanitätsdienste der
Vereinigten Staaten von Amerika , des Königreichs der Niederlande und der Französischen Republik waren auf der Festung Ehrenbreitstein angetreten, um vor zahlreichen geladenen Gästen aus
dem In- und Ausland dem Wechsel an der Spitze des Sanitätsdienstes der Bundeswehr beizuwohnen. Musikalisch wurde dieses
Ereignis durch das Heeresmusikkorps Koblenz begleitet.
Mit den Worten „Ich melde mich ab!“ beendete Generaloberstabsarzt Dr. Patschke seine Abschiedsrede beim Appell. Seine 42-jährige Dienstzeit war mit tiefgreifenden Umbrüchen gespickt, fielen
doch das Ende des Kalten Krieges, die Wiedervereinigung, die
ersten Auslandseinsätze und zuletzt die Neuausrichtung der Bundeswehr in diese Zeit. Er gab auch zu, dass es ihm schwerfalle,
sich von seiner Truppe zu lösen, auch wenn er genügend Zeit gehabt hätte, sich auf diesen Moment vorzubereiten.
Mit besonderem Stolz verwies Dr. Patschke auf das neue Selbstverständnis des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Es sei ihm
eine Herzensangelegenheit gewesen, dieses am Ende seiner
Dienstzeit noch auf den Weg gebracht zu haben. Er wies aber
auch auf die sicherheitspolitischen Risiken, wie Pandemien,
Völkerwanderungen, Terrorismus und insbesondere die Folgen
des demografischen Wandels und der gestiegenen Qualitätsan­
forderungen im Gesundheitssektor hin, die als Herausforderungen auf den Sanitätsdienst der Bundeswehr zukommen werden.
Bevor der Generalinspekteur den Kommandowechsel vollzog,
richtete er sein Augenmerk auf den Veranstaltungsort: „Die
Abb. 2: Die Bundesministerin der
Verteidigung bei ihrer
Ansprache anlässlich
des Empfangs
Mit den Worten: „Lieber Herr Patschke, trotz dieser beeindruckenden Karriereleiter, die ich gerade beschrieben habe, sind
Sie kein militärischer Medizinalrat geworden. Sie sind im Herzen immer Arzt geblieben. Ein Mensch, der anderen helfen
möchte und dafür auch über die Akten hinweg guckt. Und
gleichzeitig ein überzeugter Soldat. Ein Freund der Truppe, ein
echter Kümmerer, auch mit goldenen Sternen auf der Schulter.“
zeichnete Frau Dr. von der Leyen ihr persönliches Bild vom
scheidenden Inspekteur des Sanitätsdienstes. Und sie endete
mit den Worten: „Es war mir eine Ehre und Freude, mit einem
solchen Kollegen zusammenarbeiten zu dürfen!“
Bildquelle: Redaktion der Bundeswehr
Verfasser: PIZ SanDstBw
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Aus dem Sanitätsdienst
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Unser Selbstverständnis
- Der Menschlichkeit verpflichtet -
Wir sind der Sanitätsdienst der Bundeswehr. Unser Kernauftrag ist es, die Gesundheit der Soldatinnen und Soldaten zu
schützen, zu erhalten und wiederherzustellen.
Wir versorgen im Einsatz entsprechend unserem Auftrag die
deutschen Soldatinnen und Soldaten, die Soldatinnen und Soldaten unserer Partnernationen und alle uns anvertrauten Patientinnen und Patienten und setzen dafür notfalls unser Leben
ein. Dabei ist unsere Maxime, die uns anvertrauten Soldatinnen
und Soldaten weltweit so zu versorgen, dass das Ergebnis dem
fachlichen Standard in Deutschland entspricht.
Wir stellen im Inland die gesundheitliche Versorgung und Begutachtung nach den geltenden Standards und dem aktuellen
Stand der Wissenschaft sicher. Im Falle von Großschäden und
Katastrophen steht der Sanitätsdienst bereit, mit allen zur Verfügung stehenden Kräften und Mitteln den Betroffenen Hilfe zu
leisten.
Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Einsatzbereitschaft, Einsatzfähigkeit und Auftragserfüllung der Bundeswehr.
Wer sind wir?
Wir aktive Soldatinnen und Soldaten, zivile Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter sowie Reservedienstleistende der Sanitätsdienste aller Organisationsbereiche sind gemeinsam der „Sanitätsdienst der Bundeswehr“, ein integriertes militärisches Gesundheitssystem mit allen Fähigkeiten und Funktionalitäten zum
Schutz, Erhalt und zur Wiederherstellung der Gesundheit der
Soldatinnen und Soldaten sowie aller uns anvertrauten zivilen
Patientinnen und Patienten. Wir tragen in diesem umfassenden
Ansatz gleichermaßen Verantwortung für unsere Diensttiere.
Was ist unsere besondere Leistung?
Wir erbringen dazu in einem Disziplinen übergreifenden Ansatz
alle dazu notwendigen medizinischen, zahnmedizinischen, vete-
rinärmedizinischen, pharmazeutischen und lebensmittelchemischen Maßnahmen sowie Leistungen. Wir arbeiten hierzu partnerschaftlich mit anderen militärischen und zivilen Leistungserbringern zusammen.
Wofür treten wir ein?
Wir unterliegen sowohl den besonderen Verpflichtungen unserer Heilberufe als auch den Rechten und Pflichten als Soldatinnen und Soldaten. Wir sind bereit, soldatische und fachliche
Verantwortung, Führung und Fürsorge zu übernehmen, aber
auch Risiken für das eigene Wohlergehen in Kauf zu nehmen.
Als Vorgesetzte sind wir militärische Führer, Ausbilder und Erzieher der uns unterstellten Soldatinnen und Soldaten.
Was unterscheidet uns von anderen?
Wir sind ein militärischer Dienst, der in besonderem Maße dem
Auftrag der Menschlichkeit verpflichtet ist. Wir nutzen unsere
Waffen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht ausschließlich zur Verteidigung unserer Patientinnen und Patienten und zum eigenen Schutz.
Worauf gründet sich unsere Tradition?
Wir setzen uns mit der Geschichte von deutschen Sanitäts- und
Veterinärdiensten auseinander und erkennen außergewöhnliche Leistungen und den Opfermut ihrer Angehörigen bei der
Rettung von Menschen und der Erfüllung ihrer spezifischen
Aufgaben an.
Wir sind stolz auf die Leistungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. In dieser Tradition sind wir unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, den soldatischen Tugenden und der
Sorge um unsere Patientinnen und Patienten in bester Ausübung unserer fachlichen Professionalität verpflichtet.
Selbstverständnis und Leitbild des Sanitätsdienstes der Bundeswehr wurden von Generaloberstabsarzt Dr. Patschke am
8. Juli 2015 in Kraft gesetzt.
Der Befehl trägt den Zusatz: „Ich widme das Sebstverständnis des Sanitätsdienstes der Bundeswehr meinem Vorgänger
im Amt, Herrn Admiraloberstabsarzt a. D. Dr. Karsten Ocker, in Erinnerung an sein Wirken für unseren Sanitätsdienst
und die Entstehung dieses Dokumentes.“
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Aus dem Sanitätsdienst
„Chirurgie – Faszination und Zukunft!“
Symposium und Kameraführungskurs für junge Chirurginnen und Chirurgen am Bundeswehrzentralkrankenhaus
Zum ersten Mal fand am 17. und 18. April 2015 am Bundeswehrzentralkrankenhaus (BwZKrhs) in Koblenz ein Symposium statt, zu dem junge Chirurgen aus dem gesamten Bundesgebiet zur fachlichen Fortbildung und zum gemeinsamen Austausch eingeladen waren. Zielgruppe waren sowohl Assistenzärzte chirurgischer Kliniken der Bundeswehrkrankenhäuser, als
auch ziviler Kliniken. Auf Initiative von Oberstarzt Prof. Dr.
Robert Schwab, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeralund Thoraxchirurgie, wurde das Symposium ins Leben gerufen.
Ziel war es, die Attraktivität des Fachs unter dem Leitsatz „Chirurgie - Faszination & Zukunft!“ durch eine Kombination aus
Fach- und Übersichtsvorträgen sowie praktischen Workshops
den Teilnehmern näher zu bringen.
Hintergrund war vor allem, dass die Bereitschaft junger Kollegen, sich unter den aktuellen Rahmenbedingungen für das Fach
Chirurgie zu entscheiden, weit unter dem Versorgungsbedarf
bleibt. Um dem entgegen zu wirken, sind die stetige Verbesserung der chirurgischen Weiterbildung und eine konsequente
Nachwuchsförderung mit verbindlicher Karriereplanung im
Fokus der Bestrebungen von Fachgesellschaften und Entscheidungsträgern. Das Symposium wurde daher als Gemeinschaftsprojekt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie des BwZKrhs, der „Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Militär- und Notfallchirurgie“ (CAMIN) und der „Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft: Junge Chirurgen“ (CAJC) organisiert, die beide Organe der „Deutschen Gesellschaft für
Allgemein- und Viszeralchirugie“ (DGAV) sind.
Der Kameraführungskurs am 17. April wurde von Privatdozent
Dr. Andreas Kirschniak, Oberarzt der chirurgischen Universitätsklinik Tübingen und Leiter der Arbeitsgruppe „Chirurgische
Technologie und Training“, organisiert und von Mitarbeitern
seines Teams durchgeführt. Hier konnten die Teilnehmer an
modernen Laparoskopiesimulatoren die wichtigsten Grundlagen der intraoperativen Kameraführung lernen und/oder ihre
bereits vorhandenen Techniken verbessern.
Im ersten Vortrags- und Diskussionsblock lag der Fokus auf der
Vorstellung der Nachwuchsförderung und auf Karrieremöglichkeiten in der Chirurgie. Auch eine kritische Betrachtung des
aktuellen Weiterbildungsmodells und die Optimierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Chirurgie waren wichtige Themen, die viel Diskussionsstoff boten. Die zweite große
Vortragsreihe beschäftigte sich mit dem aktuellen Stand der
Notfallchirurgie: Zahlen und Fakten zum Polytraumamanagement in Deutschland, Therapiekonzepte zum schweren Abdominal- und Thoraxtrauma sowie Schuss- und Explosionsverletzungen wurden vorgestellt – um nur einige der spannenden
Themen zu nennen, die hier von Referenten aus verschiedenen
Fachabteilungen des BwZKrhs präsentiert wurden.
Abb. 1: Am Schweinedarm lernen die Teilnehmer verschiedene
chirurgische Nahttechniken.
Die fachlichen Vorträge und Diskussionen wurden durch drei
Workshop-Blöcke ergänzt, in denen die jungen Chirurgen ihre
manuellen Fertigkeiten testen und erweitern konnten. Dazu
wurden die Teilnehmer in Kleingruppen eingeteilt, welche jeden Workshop während des Symposiums gemeinsam durchliefen. Im „Workshop I“ konnten die Fertigkeiten beim laparoskopischen Operieren an drei in der Schwierigkeit gesteigerten
Übungen geschult werden. Am Schweinedarm wurden im
„Workshop II“ Anastomosetechniken sowohl per Handnaht, als
auch mit Staplergeräten geübt. Im „Workshop III“ lag der Fokus auf dem „Focused Assessment with Sonography for Trauma“, kurz „FAST“. Beim Einstellen der richtigen Ebene mit
Abb. 2: Oberfeldarzt Dr. A. Willms führt mit Workshopteilnehmern
die Dichtigkeitsprobe einer Darmanastomose durch.
Abb. 3: Überblick über die Workshops, welche im Rahmen des
Symposiums angeboten wurden.
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Aus dem Sanitätsdienst
Abb. 4: Junge Chirurginnen lernen im Workshop das Nähen einer
Dünndarmanastomose.
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Abb. 6: Grundlegenden chirurgische Nahttechniken werden am
Schweinepräparat geübt.
praktischen Übungen. Besonders der Austausch mit Gleichgesinnten hat mir gut gefallen.“ So gelang es, die Chirurgie im
Rahmen des Symposiums als ein perspektivenreiches und lebenswertes Berufsziel nachvollziehbar zu machen. Die Faszination des Fachs konnte mit jungen Kollegen geteilt werden,
um sie in ihrem Berufsziel zu bestätigen. Aufgrund der hohen
Teilnehmerzahl und den zahlreichen guten Rückmeldungen, ist
die Planung einer Folgeveranstaltung in den kommenden Jahren sehr begrüßt worden.
Ein abschließender Dank gilt daher allen Referenten und den
Mitarbeitern der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie des BwZKrhs, ohne die diese gelungene Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre.
Abb. 5: In Kleingruppen testen die Teilnehmer ihre Fertigkeiten beim
Laparoskopieren.
dem Ultraschallkopf und der schnellen Beurteilung der sonografischen Bilder konnte sich hier jeder Teilnehmer beweisen.
Die Resonanz auf das Symposium war durchweg positiv. Julia
Landolt, Assistenzärztin in der Allgemeinchirurgie an den Seeberger Kliniken, bestätigte rückblickend: „Die Fahrt von
Schleswig-Holstein nach Koblenz hat sich mehr als gelohnt!
Insgesamt war es die perfekte Mischung aus Vorträgen und
Bildquellen:
Abb. 1 und 2: Oberfeldarzt Dr. Arnulf Willms, Koblenz
Abb. 4 - 6: Flottillenarzt Dr. Carolin Weitzel, Kobenz
Verfasser:
Stabsarzt Christian Geis
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie
Bundeswehrzentralkrankenhaus
Rübenacherstr. 170, 56072 Koblenz
E-Mail: [email protected]
Wehrmedizinische Monatsschrift 59 (2015), 8/2015
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274
Aus dem Sanitätsdienst
Re-Zertifizierung als überregionales
Traumazentrum der DGU
Bundeswehrzentralkrankenhaus
Koblenz zum dritten Mal in Folge als Traumazentrum re-zertifiziert
Koblenz, den 21.07.2015
Mit der durch die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU)
am 20. Juli 2015 überreichten Urkunde wurde bestätigt, dass sich
das Bundeswehrzentralkrankenhaus (BwZKrhs) Koblenz unter
Federführung des Direktors der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Oberstarzt Priv. Doz. Dr. Erwin Kollig, bereits
zum dritten Male als überregionales Traumazentrum re­zertifi­
zieren konnte. Als Mittelpunkt des Traumanetzwerks Mittelrhein stellt das BwZKrhs gemeinsam mit den Partnerkliniken
die Schwerstverletztenversorgung in der Region sicher.
Großes Patientenaufkommen
Im Jahre 2013 wurden im gesamten Traumanetzwerk 301
Schwerstverletzte registriert und behandelt. Davon wurden allein 101 im BwZKrhs aufgenommen. Hierbei lag die Verletzungsschwere der im BwZKrhs versorgten Patienten deutlich
über der des lokalen Traumanetzwerks Mittelrhein. Dies spiegelt den Grundgedanken der Versorgung im Netzwerk wieder,
da hier zwischen lokalen, regionalen und überregionalen Traumazentren unterschieden wird. Das erklärte Ziel aller Beteiligten ist, den Schwerstverletzten nach der Versorgung am Unfallort auf dem schnellsten Weg in das dafür am besten geeignete
Krankenhaus zu verbringen. Dies funktioniert nur in einer erfolgreichen Kooperation auf Augenhöhe zwischen den teilnehmenden Kliniken und den Leitstellen des Rettungsdienstes in
der Region.
Vernetzte Standards
Das BwZKrhs konnte sich jetzt als erste Klinik in der Region
erfolgreich und wiederholt in der höchsten Versorgungsstufe als
überregionales Traumazentrum re­zertifizieren. Um diesen ho­
hen Standard der Versorgungsqualität bei allen Arten von Verletzungen halten zu können, finden u.a. regelmäßig ­ unter Lei­
tung des stellvertretenden Direktors der Klinik, Oberfeldarzt
Dr. Sebastian Hentsch - ATLS®-Weiterbildungskurse (Advanced Trauma Life Support) für alle im Schockraum tätigen Ärzte
statt. Hieran nehmen regelmäßig auch Ärzte anderer Partnerkliniken teil. Die gemeinsamen Weiterbildungen sorgen auch für
einen einheitlichen Standard innerhalb des Netzwerks. So sprechen alle an der Schwerstverletztenversorgung Beteiligten die
gleiche Sprache und berücksichtigen die gleichen Prioritäten in
der Behandlung.
Aktive Präventionsarbeit
In der Prävention von Unfällen ist das BwZKrhs ebenfalls aktiv. Zusammen mit neun anderen großen Traumazentren in
Deutschland wurden bisher zwei Pilotveranstaltungen des sogenannten P.A.R.T.Y.-Programmes der Deutschen Gesellschaft
für Unfallchirurgie durchgeführt. Mit dem Ziel „Prevent Alkohol and Risk Related Trauma in Youth” werden Schüler durch
Präventionsspezialisten beispielsweise der Polizei und Medizinern geschult. Weiterhin haben sie Gelegenheit, mit Patienten
zu sprechen, die bei Verkehrsunfällen verletzt wurden.
Bestmögliche Behandlung
Pünktlich zur Re­zertifizierung konnte der neu gestalteten
Schockraum I in Betrieb genommen werden. Hier war ein neuer
Hochleistungs-Computertomograph (CT) installiert worden. Mit
diesem CT ist es möglich, innerhalb von drei bis fünf Minuten
die komplette Bildgebung eines Schwerstverletzten durchzuführen. Dies verkürzt die Dauer der Notfalldiagnostik und die Zeit
bis zum Beginn der operativen Versorgung deutlich.
Abb. 1: Schockraum mit neuem Hochleitungs-CT (Bild: A. Weidner,
Koblenz)
Ausblick
Schon mit der Übernahme der Urkunde begannen die Vorbereitungen auf die nächste Re­Zertifizierung. Dieser kontinuierli­
che Qualitätsprozess stellt sicher, dass Sanitätsoffiziere qualifi­
ziert sowohl zum Unfallchirurgen weitergebildet werden als
auch die Kompetenz als Einsatzchirurg erwerben können.
Verfasser:
Oberfeldarzt Dr. Sebastian Hentsch
Oberfeldarzt Priv. Doz. Dr. Axel Franke
Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie,
Wiederherstellungs-, Hand- und Plastische Chirurgie,
Verbrennungsmedizin
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
E-Mail: [email protected]
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Aus dem Sanitätsdienst
275
Habilitiert:
Oberstabsveterinär Dr. Julia Riehm
Oberstabsveterinär Dr. Julia Margarete Riehm, Fachtierärztin für Mikrobiologie und derzeit Laborleiterin
Mikrobiologie in der Abteilung Veterinärmedizin am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in München hat sich am 13. Mai 2015 für das Fachgebiet Infektionsmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in
München habilitiert. Sie befand sich zu diesem Zeitpunkt
als Leiterin des veterinärmedizinischen Labors GECON
KFOR im Auslandseinsatz in Prizren, Kosovo.
Frau Dr. med. vet. habil. Julia Margarete Riehm, geb. Franke,
wurde 1975 in Fürth, Bayern geboren. Nach ihrem Schulabschluss 1995 in Erlangen, studierte sie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München von 1996 bis 2001 Tiermedizin. Bereits ab dem vierten Semester arbeitete sie bis zur
Approbation neben dem Studium wissenschaftlich auf dem Gebiet „Zellkultur und Virologie wechselwarmer Wirbeltiere“.
Aus dieser Zeit und einem anschließenden Auslandsaufenthalt
als Gastforscherin in den USA entstanden drei peer-reviewed
Publikationen. Diese mündeten unmittelbar in ihre Promotionsarbeit mit dem Titel „Charakterisierung von reptilienpathogenen Paramyxoviren und Analyse des prokaryotisch exprimierten partiellen Fusionsgens“.
Von 2005 bis 2007 folgte die Elternzeit für ihre beiden Kinder.
Während dieses Zeitraums hatte Frau Dr. Riehm ihren Lebensmittelpunkt in Paris und übersetzte dort veterinärmedizinische
Fachliteratur für den Elsevier-Verlag.
Im Jahre 2007 entschied sich Frau Dr. Riehm für eine Verwendung im Sanitätsdienst der Bundeswehr. Unmittelbar nach der
Grundausbildung an der Sanitätsakademie in München wurde
Frau Dr. Riehm von 2008 bis 2014 am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München verwendet. Sie beschäftigte
sich hier intensiv mit hochpathogenen bakteriellen Zoonoseund Tierseuchenerregern wie Yersinia pestis (Erreger der Pest),
Burkholderia mallei (Erreger des Rotz), Burkholderia pseudomallei (Melioidoseerreger), Brucella- und Clostridium-Spezies.
Während dieser Arbeit sammelte sie umfangreiche Erfahrung
im Labor der Sicherheitsstufe 3 (BSL-3). Die von ihr dort ausgeübten Tätigkeiten umfassten die Erreger-Isolierung, Kultur,
Diagnostik und Stammsammlung, sowie Antibiotika-Resistenztestungen und MALDI TOF1. Im Januar 2012 schloss Frau
Dr. Riehm ihre Zusatzqualifikation als Fachtierärztin für
Mikrobiologie ab.
Während der wissenschaftlichen Arbeiten zu ihrer Habilitation
mit dem Titel „Phylo-geographische Analyse des hochpathogenen Zoonoseerregers Yersinia pestis“ reiste Dr. Riehm mehrfach in die für die Pest endemischen Länder Mongolei und
1
MALDI TOF (MS) = Matrix Assisted Laser Desorption Ionization Time of Flight Mass Spectrometry; in den 1980er Jahren entwickeltes
Verfahren zur Ionisation von Molekülen, welches sich als besonders
effektiv für die Massenspektrometrie von großen Molekülen und Polymeren sowie Biopolymeren (zum Beispiel Proteinen) erwiesen hat
Madagaskar. Am „Institut Pasteur“, Antananarivo, Madagaskar,
und dem „National Center for Zoonotic Diseases“, Ulan Bator,
Mongolei, sammelte sie Forschungsmaterial für zahlreiche Publikationen und Vorträge. In weiteren Kooperationen mit dem
„Center for Microbial Genetics and Genomics“, Northern Arizona University, Flagstaff, Arizona, USA, und der Bayerischen
Staatssammlung für Anthropologie und Humangenetik konnten
dabei Untersuchungen an 1500 Jahre alten Pestopfern durchgeführt werden. Neben der Erregerdiagnostik erlaubten die von
Dr. Riehm entwickelten Verfahren zudem die Typisierung und
den Hinweis auf den geographischen Ursprung des betreffenden Stamms. Diese Arbeiten brachten dem Institut für Mikrobiologie weltweites Renommee auf dem Gebiet der Pestforschung ein. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang
insgesamt 16 internationale Publikationen mit einem wissenschaftlichem Impact von addiert fast 80 Punkten. Die hohe Expertise, die Dr. Riehm im Bereich der Pest-Forschung aufbaute,
führte auch dazu, dass das Institut für Mikrobiologie als Konsiliarlabor für Y. pestis benannt wurde.
Ihre Expertise in der Lehre umfasst neben zahlreichen Einzelvorträgen den kontinuierlichen Unterricht in Lehrgängen an der
Sanitätsakademie der Bundeswehr in München seit 2008. Seit
2012 unterrichtet sie zudem das von ihr ins Leben gerufene
Wahlpflichtfach „Ausbruchsuntersuchung, Diagnostik und bio­
forensische Analysen bei bakteriellen Tierseuchenerregern“ an
der LMU München.
Die Sanitätsoffiziere Veterinär gratulieren gemeinsam mit allen
Angehörigen des Sanitätsdienstes Oberstabsveterinär Dr. med.
vet. habil. Julia Riehm zu dieser herausragenden wissenschaftlichen Leistung.
Oberstveterinär Dr. Leander Buchner
Leitender Veterinär der Bundeswehr
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276
Truppenärztliche Praxis
Damit Kommunikation gelingt …
Gedanken zu einem besseren Miteinander in regionalen
Sanitätseinrichtungen
Im komplexen Alltag der in diesem Jahr neu aufgestellten regionalen Sanitätseinrichtungen haben die Aspekte Fachkompetenz sowie kommunikative und interaktive Kompetenz einen
hohen Stellenwert. Denn Qualität und Effizienz der sanitäts­
dienstlichen Versorgung an den genannten Einrichtungen hängen im Wesentlichen von dialogischem Denken und Handeln
ab. Ein für alle Beteiligten gemeinsam verbindliches Zielsystem ist wichtig, und es gilt, den ungehinderten Informationsfluss sicher zu stellen, Arbeitsabläufe kontinuierlich zu optimie­
ren, Vertrauen und Ausgeglichenheit zu „leben“ sowie Werte
und Visionen zu vermitteln.
Kommunikation ist ein raumgreifendes Schlagwort unseres
Alltags. Alle sprechen davon – auch Führungskräfte – und meinen doch allzu oft nur die „Information“, die halbierte, die Einweg-Ausgabe echter (Zweiweg-)Kommunikation. Und weil
wirklich „miteinander“ zu sprechen so schwierig ist, kann man
in entsprechenden Seminaren „Techniken“ erlernen – ein kaum
sinnvolles Bemühen, wenn man sich darauf beschränkt und die
innere Haltung nicht berücksichtigt. Bei den Gesprächstechniken geht es primär um einfache Regeln, wie „sprich nicht über
man – sage ich“, um Missverständnissen vorzubeugen, die
durch die Verschiedenheit der Botschaften auf der Sach-, Appell-, Beziehungs- oder Selbstoffenbarungsebene entstehen
können. Dabei geht es auf der Sachebene um Sachlichkeit, Verständlichkeit und analytisches Zuhören; auf der Appellebene
um Absichten und Ziele, überzeugende Argumentation, Fragenstellen und fair lenken; auf der Beziehungsebene um aktives
Zuhören, direktes Ansprechen von Gefühlen sowie Feedback
geben und nehmen; und auf der Selbstoffenbarungsebene um
das Senden von Ich-Botschaften und das Sagen der eigenen
Meinung.
Wie kann nun echte Kommunikation gelingen? Nur durch Respekt vor der Individualität sowie durch Empathie, Mitgefühl
und Wertschätzung des anderen. Eine „dialogische“ Einstellung
bedeutet, die grundsätzliche Unterschiedlichkeit zweier Menschen in Wahrnehmung und Bewertung anzuerkennen und zum
Ausgangspunkt des Gesprächs zu machen. Es geht zunächst
also darum, den Gesprächsbeitrag des anderen durch aufmerksames, wohlwollendes Zuhören besser zu verstehen. Ein Beitrag zur Vervollständigung des Gesamtbildes – eine Bereicherung.
Information darf kein Machtinstrument, sondern muss Allgemeingut sein (Abbildung 1).
Mehr Macht zu haben birgt – gerade in unserem hierarchischen
System Bundeswehr – das Risiko, genau die Eigenschaften
(wie zum Beispiel Empathiefähigkeit) zu verlieren, die für Führungskräfte entscheidend sind. Macht macht auch anfällig, die
Ansichten anderer zu ignorieren oder misszuverstehen. Die zunehmende Abhängigkeit von elektronischen Kommunikationsmitteln verschärft diese Tendenz noch. Zielführend wäre daher
ein Weg, der uns Macht mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
• Kommunikation ist nicht nur Informationsweitergabe, geht
in beide Richtungen;
• offene, ehrliche, authentische, und rechtzeitige Kommunikation;
• Einrichten von Kommunikationsfluss­Standards: wer­was­
mit wem-wann-wie?;
• Respekt vor der Individualität, Achtung, Empathie, Mitgefühl und Wertschätzung für den Anderen;
• aufmerksames, aktives und wohlwollendes Zuhören, Bemühen um gegenseitiges Verständnis;
• Durchführung regelmäßiger Besprechungen mit Besprechungspunkten und Protokoll;
• Treffen eindeutiger Absprachen und zuverlässige Einhaltung;
• fairer und loyaler Umgang miteinander;
• wertfrei für andere im Sinne der Gesamtleistung mitdenken.
Abb. 1: Information - Kommunikation
tern und nicht Macht über diese gibt. Ersterer bedeutet, dass die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der regionalen Sanitätseinrichtungen loyal, gerne und effektiv ihren Dienst leisten, weil
sie merken, dass das, was sie tun, zum Erfolg der Einrichtung
bzw. des Sanitätsdienstes der Bundeswehr insgesamt beiträgt.
Dann haben sie das gleiche Bedürfnis wie der Dienstgeber. Eine
zentrale Rolle nimmt dabei vor allem die interaktive Kompetenz als Ausdruck von Interesse, Verbundenheit und Anteilnahme ein. Denn Zuhören und Verständnis sind wesentlich: Wir
alle möchten – mehr als alles andere – gehört werden, mehr
noch, wir möchten verstanden werden für das, was wir zu sagen
glauben, für das, von dem wir wissen, dass wir es gemeint haben. Bevor Probleme entstehen, bevor man zu bewerten oder
eigene Vorstellungen zu präsentieren versucht, gilt es zu verstehen. Das ist ein starkes Prinzip von effektiver Interdependenz.
Denn wenn man einander wirklich versteht, öffnen sich kreative Lösungen und dritte Alternativen die Tür. Unterschiede sind
keine Stolpersteine für Kommunikation und Fortschritte mehr.
Stattdessen werden sie zu Stufen zur Synergie.
Eine dialogische Einstellung bezieht mithin andere Sichtweisen
ein, grenzt diese nicht aus; sie lebt vom offenen kommunikativen Austausch und fördert Beschlüsse auf Grundlage eines
breiten Konsenses. Sie konzentriert dann alle Energien auf das
Umsetzen – und muss sich nicht am Durchsetzen aufreiben. Dialogisch führen heißt daher auf der Verhaltensebene: zum Gespräch einladen und die richtigen Fragen stellen, formal auf
Gesprächssymmetrie achten, reversibel kommunizieren, möglichst viele Sichtweisen einbeziehen sowie mit breitem Konsens beschließen.
Wann kann man sicher sein, dass es ein echter Dialog war?
Wenn man aus dem Gespräch anders heraus kommt, als man
hineinging. Ein echtes Gespräch ist wie ein Funke, den zwei
Menschen schlagen, das heißt, es entflammt die Beteiligten.
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Truppenärztliche Praxis
Denn niemand hat alle Wahrheit für sich gepachtet. Der Monolog verkleinert, der Dialog erweitert das Weltbild.
Rein persönliches Weiterkommen oder Ansehen kann und darf
nicht (länger) Hauptzweck von Gesprächen sein. Es wäre gut,
wenn wir Gespräche begännen und sie dazu benutzten, Gleichheit herzustellen, uns selbst Mut zu machen, uns zu öffnen und,
was besonders von Nutzen ist, den Dienstalltag in den regionalen Sanitätseinrichtungen neu zu gestalten bzw. zu optimieren.
Ich bin davon überzeugt, dass wir positive Veränderungen bewirken können, wenn wir insbesondere den täglichen Umgang
miteinander verbessern.
Ein gutes Gespräch ist letztlich ein Qualitätskriterium persönlicher Beziehungen, im privaten Bereich wie im dienstlichen Alltag. Es bringt Menschen und Ideen zusammen. Es bringt uns
von Angesicht zu Angesicht mit Individuen und all ihrer
menschlichen Vielschichtigkeit zusammen. Es ist eine Erfahrung, die demütig macht und daran gemahnt, in Frieden und in
Gesundheit zu leben, während es so viel schreiende Ungerechtigkeit gibt, die aber auch jedes Mal große Hoffnungen macht,
wenn es einem gelungen ist, ein Gespräch zu führen, das ein
Gefühl allgemeiner Menschlichkeit und gegenseitiger Achtung
vermittelt.
Ohne gegenseitige Achtung kann es kein befriedigendes Gespräch geben. Achtung führt zu der Erkenntnis, dass der Andere
die gleiche Würde besitzt. Denn unsere Gespräche erschaffen
uns. Durch unser Reden oder unser Schweigen kann unser
Selbst größer oder kleiner werden. Durch unser Reden oder unser Schweigen setzen wir einen anderen Menschen herab oder
bringen ihn weiter, und wir verengen oder erweitern die Möglichkeiten zwischen uns. Wie wir unsere Stimme einsetzen, bestimmt die Qualität unserer Beziehungen im täglichen Dienstbetrieb, wer wir im dienstlichen Umfeld sind und wie dieses
sein und werden kann. Zudem sind Freundlichkeit und Herzlichkeit gefragt. So meinte Mark Twain einmal: „Ich kann zwei
Monate von einem netten Kompliment leben“. Und: „Freundlichkeit ist eine Sprache, die Taube hören und Blinde lesen können.“
Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit umfassen
Wahrnehmungsfähigkeit, kognitive und emotionale Kontrolle,
Perspektivenübernahme, Identitätsbehauptung und Rollendistanz sowie verbale und non-verbale Identität und Kompetenz.
Beim dialogischen Denken und Handeln geht es um Selbstoffenbarung (einschließlich des Aussprechens aktueller Gefühle
und klare Wunschäußerung), Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit, Authentizität, Integrität, Klarheit, Gerechtigkeitsempfinden und Selbstbewusstsein sowie um Kongruenz zwi­
schen Handeln und Sein, um glaubwürdig und Vorbild sein zu
können.
Schließlich kann Kommunikation nur gelingen, wenn diese auf
einem positiven Menschenbild und einem Klima des Vertrauens
sowie der Menschlichkeit basiert. Vertrauen aufzubauen umfasst dabei insbesondere: Zeit haben für andere, Interesse an
anderen zeigen, andere Menschen nicht abwerten, stets versuchen zu helfen, den Problemen anderer aufmerksam zuhören,
uneingeschränkte Vertraulichkeit zusichern und Werturteile
vermeiden (siehe auch Abbildung 2)
Hier blüht der Mensch auf: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
regionaler Sanitätseinrichtungen, denen Handlungsspielräume
für Eigenverantwortung und Engagement eröffnet werden, sind
277
• Fördern einer dialogisch angelegten, kompromissbereiten
und konsensfähigen Grundhaltung; ergebnisorientierte und
partnerschaftliche Dialogführung;
• Interesse, Zeit, Verbundenheit, Anteilnahme, Offenheit,
Ehrlichkeit, Achtung, Sachlichkeit, Diskretion, Vertraulichkeit, Wertfreiheit und Toleranz als Handlungsprinzipien;
• Fördern der Kompatibilität in der Grundhaltung bzgl. Ideen, Ansichten, Erwartungen und Zielen bzw. Zielhorizonten und Prioritäten; gemeinsames verbindliches Zielsystem;
• Fördern der Vergleichbarkeit bzgl. Motivation, Handlungsinitiative und Risikobereitschaft;
• auch bei unangenehmen Dingen ansprechbar sein, nicht
„mauern“, bei Fehlern der anderen diese ansprechen und
nach Lösungen suchen, eigene Fehler eingestehen, sich
entschuldigen;
• Neuem aufgeschlossen gegenüberstehen;
• kleine Ausflüge in das Privatleben, Gemeinschaftserlebnis­
se;
• eine klare Linie im Verhalten zeigen und „berechenbar“
sein;
• einander regelmäßig Feedback zu allen arbeitsbezogenen
Aspekten und Sachthemen und zum empfundenen Kooperationsklima geben.
Abb. 2: Vertrauen fördern
meist bereit, Verantwortung zu übernehmen. Sie identifizieren
sich eher mit ihrer Aufgabe und der Einrichtung als diejenigen,
denen mit Misstrauen begegnet und denen nur wenig zugetraut
wird. Hier bewährt sich unter Beachtung des Leitsatzes „So viel
Vertrauen wie möglich, so wenig Kontrolle wie nötig.“ ein situativer Führungsstil. Und nur wenn alle Beteiligten „an einem
Strang ziehen“, werden Irritationen und Gruppenbildungen innerhalb des Mitarbeiterteams vermieden, die zu Einbußen bei
der Dienstleistungsqualität und zu den Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen können.
Möge es gelingen, in den neu aufgestellten regionalen Sanitätseinrichtungen mit allen, mit denen wir in Beziehung treten, Gutes zu tun. Denn nur, wenn wir anderen helfen und dienen, werden wir die Verbundenheit von Kameraden spüren und die
Grenzen unseres Seins erweitern. Oder, wie Einstein es ausgedrückt hat: „Nur ein Leben für andere ist lebenswert.“ Und
letztlich erschließen wir dadurch auch den Wert unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eröffnen ihnen die Möglichkeit, ihr Bestes zu geben, ihr Engagement und ihre Kreativität
zum Wohle der uns anvertrauten Soldatinnen und Soldaten.
Verfasser:
Oberstarzt Dr. Niels von Rosenstiel
Sanitätsunterstützungszentrum Augustdorf
Leiter Sanitätsversorgungszentrum
E-Mail: [email protected]
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278
Wehrmedizinische Kurzinformation
Qualitätsmanagement in der regionalen
sanitätsdienstlichen Unterstützung:
Schnittstellenmanagement im Teilprozess
Vertragsarztwesen
des Dienstherrn, des Kommandos selbst, des unterstellten Bereiches und ganz besonders dem Bedarf der Soldatenpatienten
genügt. Hierzu wurde das Vertragsarztwesen im Rahmen des
Qualitätsmanagements prozessorientiert aufgebaut und modern, zukunftssicher und anwenderfreundlich gestaltet.
Zunächst nur als kurzzeitige Vertreterlösung bei akutem Mangel an Sanitätsoffizieren konzipiert, hat sich das Vertragsarzt­
wesen mit der Zeit zu einem wichtigen Faktor bei der Sicherstellung der medizinischen Versorgung in den regionalen Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr entwickelt.
Die Beauftragung von Vertragsärzten wurde als Teilprozess neu
konzipiert und dem unterstellten Bereich zur Verfügung gestellt.
Abb. 1: Formular „Beauftragungsanforderung eines Vertragsarztes“
Die Heranziehung von Vertragsärzten der Bundeswehr zur truppenärztlichen Versorgung der Soldatinnen und Soldaten in den
regionalen Sanitätseinrichtungen wird – auf der Grundlage der
Vorgaben der ZDv 60/7 („Durchführungsbestimmungen für die
unentgeltliche truppenärztliche Versorgung und für die Heranziehung von zivilen (zahn)-ärztlichen und psychologischen
Vertretungskräften“) – seit dem 01.01.2015 durch das Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung (Kdo
RegSanUstg) in Diez gesteuert. Damit endete endgültig das Nebeneinander von vier verschiedenen – vom Sanitätskommando
I bis IV im eigenen Verantwortungsbereich festgelegten – Bearbeitungsansätzen im Vertragsarztwesen. Der Anspruch des Kdo
RegSanUstg ist es nunmehr, eine einheitliche, transparente und
revisionsfeste Lösung herauszuarbeiten, die den Ansprüchen
Mit der entsprechenden Teilprozessbeschreibung gibt das Kdo
RegSanUstg eine verbindliche Richtlinie zum Arbeitsablauf
vor und beschreibt gleichzeitig die Schnittstellen und Abhängigkeiten zwischen den am Teilprozess beteiligten Parteien. Somit wird erstmals eine Übersicht zur Verfügung gestellt, die
eine einheitliche Vorgehensweise ermöglicht und dabei ein gemeinsames Verständnis für die Abläufe und Zusammenhänge
innerhalb des Vertragsarztwesens schafft.
Zusätzlich werden durch die Teilprozessbeschreibung alle im
Rahmen des Vertragsarztwesens gültigen Dokumente aufgeführt. Diese Übersicht umfasst sowohl die Vorgabedokumente
(zum Beispiel Regelungen), als auch die geltenden Unterlagen
wie Anträge oder Formulare. Alle für den unterstellten Bereich
im Rahmen der Vertragsarztbeauftragung wichtigen Unterlagen
sind dabei direkt über den jeweiligen Hyperlink aufrufbar. Somit wird dem Anwender jederzeit ein schneller und bequemer
Zugriff auf die aktuell gültigen Dokumente ermöglicht.
Die mitgeltenden Unterlagen selbst wurden ebenfalls überarbeitet. Neben einer inhaltlichen Anpassung wurde auf leichte
Bedienbarkeit und Revisionssicherheit Wert gelegt. Die Beauftragungsanforderung als „Kernstück“ der Vertragsarztbeauftragung wurde von Grund auf neu gestaltet. Das neue Dokument
vereint die Vorteile der vier vorangehenden Formulare mit den
Anforderungen des Dienstherrn und des Kdo RegSanUstg.
Alle Dokumente liegen nunmehr im PDF-Format vor und sind
dadurch sowohl an jedem PC aufrufbar als auch vor willkürlicher Veränderung geschützt. Die Revisionssicherheit wird
durch die Vergabe von Versionsnummern gewährleistet und
schafft somit auch bei eventuellen Veränderungen eine einheitliche Arbeitsgrundlage als Voraussetzung für eine weiterhin reibungslose Bearbeitung.
Ein weiterer Schritt bei der Neugestaltung des Vertragsarztwesens war die Schaffung einer einheitlichen Informationsplattform
für den unterstellten Bereich. Dies wurde durch die
Gestaltung der Seite „Vertragsarztwesen“ im
WISE-Portal1 des Kdo RegSanUstg im Intranet der
Bundeswehr erreicht. Die Adresse lautet:
http://infoportal.kdoregsanustg.zsan/
KdoRegSanUstg/Abteilunge/G3/G31/Vertragsar
Auf dieser Seite findet man neben allen für das Ver­
tragsarztwesen wichtigen Dokumenten auch Informationen zu den aktuellen Entwicklungen und zur
Kommunikation mit den Bearbeitern im Kdo
RegSanUstg.
1
Abb. 2: WISE-Portal-Seite „Vertragsarztwesen“ des Kdo RegSanUstg
Die Seite „Vertragsarztwesen“ wird nach voraussichtlicher Abschaltung des WISE-Portals im Jahr 2016 auf
die Nachfolgeplattform übertragen.
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Wehrmedizinische Kurzinformationen
279
Zusammenfassung
chen Versorgung in den regionalen Sanitätseinrichtungen der
Bundeswehr ermöglicht.
Das Vertragsarztwesen ist ein dynamischer Prozess, der von äußeren wie inneren Faktoren beeinflusst wird. Mit der vorliegen­
den Lösung wurde ein flexibles System geschaffen, welches
auch in Anbetracht zukünftiger Entwicklungen eine verzugslose Bearbeitung der Vertragsarztangelegenheiten und somit den
bedarfsgerechten Einsatz der Vertragsärzte zur truppenärztli-
Verfasser:
Oberstabsarzt Sebastian Frysztacki
Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung
G3.1.3 Qualitätsmanagement und Medizincontrolling
Schloss Oranienstein
65582 Diez
Tagungen und Kongresse
Zahnmedizinisches Update im Kloster Banz
Schnittstelle von Medizin und
Zahnmedizin sowie deren enorme Bedeutung im Zuge der Betrachtung des Patienten als Gesamtorganismus.
1. Fachkolloquium Zahnmedizin Kloster Banz in Bad
Staffelstein vom 9. bis 11. Juni 2015
Vom 9. bis 11. Juni 2015 führten die Deutsche Gesellschaft für
Wehrmedizin und Wehrpharmazie (DGWMP) und der Zahnärztliche Bezirksverband (ZBV) Oberfranken in Zusammenarbeit mit dem Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr (Kdo
SanDstBw) das 1. Fachkolloquium Zahnmedizin Kloster Banz
in Bad Staffelstein durch. Durch die Überführung der
vormaligen Klausurtagung in ein Fachkolloquium wird der
zahnmedizinische Weiterbildungsaspekt noch stärker in den
Vordergrund gerückt.
Anschließend richtete Flottenarzt Dr. Helfried Bieber, der seit
dem 1. Mai 2015 das Amt des
Leitenden Zahnarztes der Bundeswehr bekleidet und somit die
Dienstgeschäfte des ehemaligen
Inspizienten Zahnmedizin der
Bundeswehr übernahm, seine
Grußworte an das Auditorium.
Abb. 2: Generalarzt a. D. Dr.
Hierbei gab er einen Überblick
Christoph Veit, Präsident der
über die vielfältige Beteiligung
DGWMP
an der Ausrichtung und Organisation dieser Veranstaltung und betonte in diesem Zusammenhang
die beispielhafte zivil-militärische Zusammenarbeit.
Nach seiner Eröffnungsrede überbrachte Flottenarzt Dr. Bieber
stellvertretend für den Präsidenten der Bayrischen Landeszahnärztekammer, Christian Berger, dessen Grußworte an das Auditorium, da dieser der Veranstaltung kurzfristig leider nicht persönlich beiwohnen konnte.
Abb. 1: Kloster Banz in Bad Staffelstein
Darüber hinaus nahmen auch regionale Vertreter der Standesorganisationen und der Selbstverwaltung an der Eröffnung teil. Die
Bundeszahnärztekammer (BZÄK) wurde hierbei von ihrem Vizepräsidenten, Prof. Dr. Christoph Benz, vertreten. Als Repräsentant der Bayrischen Landeszahnärztekammer (BLZK)
nahm deren Vizepräsident, Oberstarzt d. R. Dr. Rüdiger Schott,
Neben 140 Sanitätsoffizieren Zahnarzt nahmen auch 50 zivile
Zahnärztinnen und Zahnärzte an dieser Veranstaltung teil. Die begleitende Dentalausstellung mit 21 namhaften Vertretern aus der
Industrie bot zudem Gelegenheit zum fachlichen und kollegialen
Austausch in angenehmer Atmosphäre. Das Tagungsprogramm
stand ganz im Zeichen des gewählten Generalmottos „Update“
und umfasste wissenschaftlich-fundierte, hochinteressante Vorträge aus verschiedenen Themengebieten der Zahnheilkunde.
Eröffnung und Grußworte
Der Präsident der DGWMP, Generalarzt a. D. Dr. Christoph
Veit, eröffnete das 1. Fachkolloquium Zahnmedizin und betonte
in seinem Grußwort die gute Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch zwischen zivilen und militärischen Kollegen des Fachbereichs Zahnmedizin. Darüber hinaus verwies er auf die
Abb. 3: Prof. Dr. Christoph
Benz, Vizepräsident der BZÄK
Abb. 4: Oberstarzt d. R. Dr.
Rüdiger Schott, Vizepräsident
der BLZK
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280
Tagungen und Kongresse
an der Veranstaltung teil. Beide
setzten in ihren Begrüßungen
die entsprechenden berufs- und
standespolitischen
Akzente.
Auch der Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, Dr. Udo Lenke, richtete einige einführende Worte an
die Zuhörerschaft.
Fachdienstliche Unterrichtung
Neben dem fachlichen Schwerpunkt wurden im Rahmen dieAbb. 5: Dr. Udo Lenke,
ses Fachkolloquiums auch
Präsident der LZK Bafachdienstliche Inhalte thematiden-Württemberg
siert, um über aktuelle Entwicklungen aus dem Fachbereich Zahnmedizin im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr zu informieren.
Der Leitende Zahnarzt der Bundeswehr, Flottenarzt Dr. Helfried
Bieber, hielt einen Vortrag zum Thema „Aktuelles aus dem Fachbereich Zahnmedizin“. Hierbei ging er auf seine neue Funktion
ein und betonte in diesem Zusammenhang die Aufgaben und die
Verantwortung des nachgeordneten Bereichs im Rollengefüge
der Zusammenarbeit mit den Führungsebenen. Im Zuge dessen
stellte er als klares gemeinsames Ziel den Erfolg des Fachbereichs Zahnmedizin sowie, darin impliziert, dessen Fortbestand
heraus, indem er auf die alltägliche erfolgreiche Patientenversorgung sowie die Akzeptanz sowohl durch die Patienten, als
auch die zivilen Kolleginnen
und Kollegen hinwies.
Im weiteren Verlauf ging Flottenarzt Dr. Bieber auf die Einsatzplanung und Dienstpostenbesetzung im Einsatz ein. Darüber hinaus thematisierte er die
zurückliegende KPMG-Studie,
welche die Stimmungslage im
Sanitätsdienst der Bundeswehr
anhand von statistischen Daten
greifbar macht und darstellt.
Abb. 6: Flottenarzt Dr. Helfried Dabei bezog er die geplante
Bieber, Leitender Zahnarzt der
Folgestudie mit ein. AbschlieBundeswehr
ßend betonte er, dass der Fachbereich Zahnmedizin zwar
nicht im Zentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr stehe,
aber dennoch ein Kernelement
darstelle und warb in diesem
Zusammenhang für die gemeinsame Gestaltung einer zukunftsfähigen Zahnmedizin.
Aus dem Bundesamt für das
Personalmamagement der Bundeswehr war der Personalführer
Zahnarzt,
der Sanitätsoffiziere Zahnarzt
Oberfeldarzt Dr. Lars Weidling,
Abb. 7: Oberfeldarzt Dr. Lars
angereist. Im Zuge seines VorWeidling, BAPersBw
trags informierte er über „Aktu-
elles aus dem Bundesamt für das Personalmanagement“ und
ging auf grundlegende Fragen sowie die aktuelle Personallage
vor dem Hintergrund der zunehmenden Feminisierung des
Zahnarztberufs ein. In diesem Zusammenhang erklärte er Möglichkeiten der Vakanzensteuerung sowie die Bausteine für den
Verwendungsaufbau eines Berufsoldaten oder Oralchirurgen.
Ferner betonte Oberfeldarzt Dr. Weidling die enorme Bedeutung von Flexibilität im Zuge der Verwendungsplanung vor
dem Hintergrund der Zusammenarbeit von Bundesamt für das
Personalmanagement und den Sanitätsoffizieren des Fachbe­
reichs Zahnmedizin.
Fachliche Fortbildung als Update
Prophylaxe
Der wissenschaftliche Teil, Schwerpunkt der Veranstaltung,
wurde von Prof. Dr. Christoph Benz aus der Poliklinik für
Zahnerhaltung und Parodontologie der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einem Update zum Thema „Prophylaxe“ eröffnet. Im Zuge seines Vortrags verglich er die ehemaligen Lehrmeinungen zu Prophylaxemaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte mit den Ansichten von heute und setzte
sie in den Kontext zu den zurückliegenden Mundgesundheitsstudien. Darüber hinaus wies der Referent auf den außerordentlich wichtigen Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und
internistischen Erkrankungen hin. Zusammenfassend stellte er
fest, dass die Prophylaxeleistungen in den vergangenen Jahrzehnten einen sehr positiven Wandel bewirkt haben, dessen
Auswirkungen sich in den Ergebnissen zukünftiger Mundgesundheitsstudien abzeichnen werden. Außerdem unterstreiche
der Verlauf der Entwicklung der Mundgesundheit in Deutschland dieses erfolgreiche Konzept. Vor diesem Hintergrund
zeichnete der Referent die Rolle der zahnmedizinischen Fach-/
Prophylaxeassistenz in diesem Gesamtgefüge sowie im internationalen Vergleich und betonte hierbei deren außerordentliche
Wertschätzung. Mit einem Blick auf die mögliche weitere
Entwicklung der Mundgesundheit in Deutschland beendete
Prof. Dr. Benz seinen sehr interessanten Vortrag.
Vollkeramik
Der Leitende Arzt der Zahnklinik der Sozialstiftung Bamberg,
Prof. Dr. Thomas Morneburg, gab ein Update zum Thema
„Vollkeramik“. Sein Vortrag begann mit einem werkstoffkundlichen Überblick über die verschiedenen Keramiken, wobei
er im weiteren Verlauf den Bezug zwischen Materialeigenschaften und praktischem Gebrauch herstellte. Neben einem
Überblick über Präparationsempfehlungen, Herstellungsverfahren und Werkstoffkunde
thematisierte der Referent auch
den Haftverbund zwischen
Keramik,
Eingliederungszement/-composit
und ZahnhartAbb. 8: Prof. Dr. Thomas
substanz und gab im Zuge desMorneburg, Leitender Arzt der
Zahnklinik der Sozialstiftung
sen äußerst hilfreiche Hinweise
Bamberg
für die praktische Anwendung.
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Tagungen und Kongresse
Der Risikopatient
Der wissenschaftlich fundierte
und praxisnahe Vortrag von
Prof. Dr. Dr. Karl Andreas
Schlegel, Facharzt für Mund-,
Kiefer-, Chirurgie, Oralchirurg
und plastische Operationen aus
München zum Thema „Der Risikopatient in der zahnärztlichen Praxis“ beleuchtete die
medizinische Komponente des
Zahnarztberufs vor dem Hintergrund
zahnärztlich-chirurgiAbb. 9: Prof. Dr. Dr. Karl
scher Eingriffe. Im ersten Teil
Andreas Schlegel, München
referierte er über die Besonderheiten des älteren Patientenklientels, die enorme Bedeutung einer
sorgfältigen Anamneseerhebung und die darin implizierte enge
Zusammenarbeit und Kommunikation mit den medizinischen Kollegen. In diesem Zusammenhang nannte er die wichtigsten Erkrankungen der großen Organe und erklärte sehr eindrucksvoll deren
Auswirkungen auf den Gesamtorganismus sowie das daraus resultierende Risiko eines Zwischenfalls bei einem zahnärztlich-chirurgischen Eingriff. Bezüglich einer bestehenden Medikation des Patienten betonte der Referent, dass im Fall einer Polypharmakotherapie die Interaktionen verschiedener Präparate nicht mehr abschätzbar sind, woraus sich ein entsprechend hohes Risiko für einen Zwischenfall in der Behandlung des Betreffenden ergibt.
Im zweiten Teil seines Vortrags thematisierte Prof Dr. Dr. Schlegel das Vorkommen, Beherrschen und Vermeiden von Nachblutungen während zahnärztlich-chirurgischer Eingriffe. Darüber
hinaus betonte er, dass Zahnärzte in einem der am besten vaskularisierten Gebiete des Körpers arbeiten und zeigte anhand
zahlreicher klinischer Beispiele die medizinische Tragweite
von Nachblutungen auf. Im Zuge dessen gab er hilfreiche Tipps
für die praktische Anwendung sowie Hinweise zur Prävention
von Nachblutungen und zeigte supportive blutstillende Maßnahmen auf. Am Ende seines Vortrags resümierte der Referent,
dass der Behandler immer in der Verantwortung steht, daher
eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung vornehmen sollte
und schloss mit den Worten: „Better save than sorry“.
Aktualisierung Fachkunde
Zusätzlich bot das Tagungsprogramm den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern des 1. Fachkolloquiums Zahnmedizin durch den
Zahnärztlichen Bezirksverband Oberfranken die Möglichkeit
Abb. 10: Rege Teilnahme am 1. Fachkolloquium Zahnmedizin
281
zur Aktualisierung der Fachkunde im Strahlenschutz nach § 18a
Abs. 2 RöV. Diese Gelegenheit nahmen zahlreiche Sanitätsoffizie­
re Zahnarzt sowie zivile Zahnärztinnen und Zahnärzten gerne an.
Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)
Fortgesetzt wurde das wissenschaftliche Rahmenprogramm
durch Dr. Karl-Heinz Lechner,
Oberarzt für Zahnärztliche Prothetik der Uniklinik Erlangen.
Mit seinem hochinteressanten
und spannenden Vortrag zum
Thema „Der CMD-Patient in
der täglichen Praxis“, begeisterte er die Zuhörerschaft und
zeigte den gesamten Formenkreislauf einer Funktionsstörung auf. Im Zuge dessen erläuAbb. 11: Dr. Karl-Heinz
terte er das komplexe ZusamLechner, Oberarzt Zahnärztmenspiel der anatomischen Beliche Prothetik, Uniklinik
standteile des stomatognathen
Erlangen
Systems vor dem Hintergrund
der anatomisch–topographischen Lagebeziehungen der einzelnen Komponenten. Ferner stellte er heraus, dass an der Entstehung einer cranio-mandibulären Dysfunktion neben der Okklusion und Disposition auch die Psyche und die Zeit beteiligt
sind. An einem Flip-chart skizzierte Dr. Lechner die Komplexität des Kiefergelenks sowie die Ursachen seiner Erkrankungen
(u. a. initiales, intermediäres und terminales Knacken, Diskusverlagerung). Darüber hinaus erläuterte er die vielfältigen Zusammenhänge von Bein-, Hüft-, Schulter- und Kopfhaltung
sowie die daraus resultierenden kompensatorischen Anpassungsmechanismen des Körpers bis hin zu den Auswirkungen
auf das Kiefergelenk.
Anhand von zahlreichen klinischen Beispielen zeigte er die
zentrale Rolle des stomatognathen Systems im Lebenszyklus
auf und verwies auf physiognomische Merkmale, die wie ein
Spiegelbild der Befindlichkeit sind. Am Ende seines Vortrags
sensibilisierte Dr. Lechner die Zuhörerschaft bezüglich einer
Untersuchung der Kaumuskulatur, vor allem vor dem Hintergrund von Projektionsschmerzen sowie damit verbundenen klinisch und radiologisch unauffälligen Befunden der Zähne.
Abb. 12: Prof. Dr. Ulrich
Schlagenhauf, Leiter der
Abteilung für Parodontologie,
Poliklinik für Zahnerhaltung
und Parodontologie, Würzburg
Parodontologie
Das Update zum Thema „Parodontologie“ von Prof. Dr. Ulrich Schlagenhauf, Leiter der
Abteilung für Parodontologie in
der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie in
Würzburg, stellte den letzten
Punkt des wissenschaftlichen
Teils der Veranstaltung dar. Im
ersten Teil zeigte er klinische
Beispiele von scheinbar „hoffnungslosen“, nicht erhaltungswürdigen Zähnen, die röntgenologisch nur noch an der Wurzelspitze von knöchernen Al-
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Tagungen und Kongresse
veolarwänden umgeben waren sowie die dennoch möglichen
Therapieansätze und deren Erfolge. Im Zuge dessen erläuterte
er die Möglichkeiten der Parodontaltherapie zur Vermeidung
von Extraktionen sowie die Möglichkeit der Schaffung physiologischer und parodontal-hygienischer Verhältnisse durch kieferorthopädische und konservierende Maßnahmen. Darüber
hinaus betonte Prof. Dr. Schlagenhauf, dass neben der nichtchirurgischen, systematischen Parodontaltherapie eine adjuvante Antibiose zielführend ist. Auf letztere ging er im zweiten
Teil seines Vortrags ein und skizzierte hierbei die Rolle der
Bakterien bei parodontalen Erkrankungen. Von dieser Thematik
ausgehend spannte er den Bogen zur Ernährung sowie deren
Einfluss auf die orale bakterielle Mischflora. Demnach hat sich
die bakterielle Zusammensetzung in Mundhöhle und Darm im
Laufe der Jahrtausende so verändert, dass nicht zuletzt Ernährungssituation und -gewohnheiten die Entstehung von parodontalen Erkrankungen begünstigen. Im weiteren Verlauf seines
eindrucksvollen Vortrags verwies Prof. Dr. Schlagenhauf auf
die Rolle der Probiotika und untermauerte deren positiven Einfluss auf die Mundgesundheit anhand zahlreicher Studien.
zeigten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer reges Interesse an
der begleitenden Dentalausstellung, die das Veranstaltungsprogramm abrundete. Auch die Gelegenheit zur Aktualisierung der
Fachkunde im Strahlenschutz gem. §18a Abs. 2 RöV erfreute
sich einer regen Teilnahme und wird daher im nächsten Jahr
wieder angeboten.
Der Vorsitzende des Arbeitskreises Zahnmedizin der DGWMP,
Oberstarzt d. R. Dr. Christoph Kathke, rundete durch seine einleitenden Worte zu den Referenten sowie die abschließende
Moderation der Fragerunden das Tagungsprogramm harmonisch und zielführend ab. Somit konnte die traditionsreiche Veranstaltung auch in diesem Jahr durch die Kooperation der Veranstalter DGWMP, Zahnärztlicher Bezirksverband (ZBV)
Oberfranken und Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr
fortgeführt werden und stellt damit ein herausragendes Beispiel
für die zivil-militärische Zusammenarbeit dar. Auch im kommenden Jahr wird das Fachkolloquium wieder in Kloster Banz/
Bad Staffelstein stattfinden. Es wurde auf den 19. ­ 21. Juli
2016 terminiert.
Bildquelle: Kdo RegSanUstg G3.3.1, Diez
Verfasser:
Oberstabsarzt Dr. Isabell von Rechenberg
Kdo RegSanUstg G3.3.1
Schloß Oranienstein, 65582 Diez
E-Mail: [email protected]
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Kongresse & Fortbildungen mit Industrieausstellungen
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Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP)
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Fazit
Nach drei sehr interessanten, praxisnahen und thematisch abwechslungsreichen Fortbildungstagen ging das 1. Fachkolloquium Zahnmedizin Kloster Banz in Bad Staffelstein erfolgreich zu Ende. Neben dem wissenschaftlichen Fortbildungsteil
Kongresskalender
15. - 17.10.2015
46. Kongress der DGWMP e. V., Oldenburg
29.10.2015
12. Notfallsymposium, Westerstede
01. - 04.12.2015
16. Internationales Symposium Forensische Odontostomatologie, München
13. - 15.01.2016
2. Arbeitstagung Zahnmedizin des Kdo RegSanUstg, Damp
27. - 29.01.2016
23. Jahrestagung ARCHIS, Hamburg
02. - 04.03.2016
1. Arbeitstagung des Kdo RegSanUstg Diez in Damp
26. - 29.04.2016
Medical Biodefense Conference, Munich
08. - 10.06.2016
2. Arbeitstagung des Kdo RegSanUstg Diez in Lahnstein
29. - 30.06.2016
CMC - Combat Medical Care Conference, Ulm/Neu-Ulm
19. - 21.07.2016
2. Fachkolloquium Zahnmedizin, Kloster Banz/Bad Staffelstein
05. - 07.09.2016
Force Health Protection - Tropical medicine and infectious diseases in
international military context, Hamburg
06. - 08.10.2016
47. Kongress der DGWMP e. V., Ulm/Neu-Ulm
Telefon 0228/632420 Fax 0228/698533 E-Mail: [email protected]
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Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin
und Wehrpharmazie e. V.
Bundesgeschäftsstelle
Neckarstraße 2a
53175 Bonn
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Buchbesprechungen
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Buchbesprechung
Seidler – Euler – Letzel – Nowak (Hrsg.)
Gesunde Gestaltung von Büroarbeitsplätzen
Arbeitsmedizinische Aspekte – Physikalische
Einflussfaktoren – Gefahrstoffexposition –
Organisationsformen
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M AZIE E.V.
Reihe: Schwerpunktthema Jahrestagung DGAUM
2015, Softcover, 318 Seiten, ecomed MEDIZIN, ecomed-Storck
GmbH
EUR 39,99; ISBN 978-3-609-10048-7
in
:
er
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15 12:50
Das Schwerpunktthema der wissenschaftlichen Jahrestagung 2014 der Deutschen
Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) wurde von den
Herausgebern in diesem Buch in fünf
übergeordneten Kapiteln mit insgesamt
23 Unterkapiteln zusammengefasst. Damit widmet sich dieses Buch sehr umfangreich dem „Büroarbeitsplatz“, der
heute häufig gleichzusetzen ist mit dem
„Bildschirmarbeitsplatz“.
Neben einer allgemeinen Einführung in
den „Büroarbeitsplatz“ und in die Bürogesundheit werden die physikalischen Einflussfaktoren wie Raumgröße, Flächenbedarf und klimatische Bedingungen am
Arbeitsplatz genauso betrachtet wie das
Thema Beleuchtung, Akustik, Büroausstattung/-material und die Mensch-Maschine-Schnittstelle am Bildschirmarbeitsplatz. Ein eigenes Kapitel beschäftigt
sich mit der Thematik Gefahrstoffe, insbesondere den Luftschadstoffen, den
Emissionen von Laserdruckern und -kopierern und dem
„Sick-Building-Syndrom“. Auch die Organisationsformen der
Büroarbeit mit Arbeitsaufgabe, -organisation und Formen mobiler Telearbeit, der Pausengestaltung und der Kommunikation
werden eingehend vorgestellt. Abschließend wird in einem Kapitel ein Ausblick in die Zukunft aus Sicht von Arbeitgeber und
-nehmer, aber auch der Fachgesellschaften (DGAUM und Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte - VDBW), wie aus
Sicht der Ressortforschungseinrichtung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), der Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gegeben.
Den Herausgebern in es in diesem kompakten Buch gelungen,
den Arbeitsplatz „Büro“, an dem immerhin ca. 1/3 aller Beschäftigen in Deutschland tätig sind, in all seinen Facetten zu
beleuchten. Hierbei wird insbesondere ein hoher Wert auf wissenschaftlich fundierte Daten gelegt, um Entscheidungshilfen
und Empfehlungen abzuleiten. Wo immer es für den praktischen Arbeits- und Betriebsmediziner keine verlässliche wissenschaftliche Entscheidungsgrundlage gibt, wird diese Wissenslücke auch explizit genannt, gleichzeitig aber auch prakti-
kable Lösungen vorgeschlagen. Aktuell abgeschlossene Forschungsvorhaben zur Beantwortung immer wiederkehrenden
Fragen wurden von den Autoren lesefreundlich aufgearbeitet.
So wird unter anderem das große und häufig diskutierte Themenfeld „Tonerstäube und -emissionen“ in einem eigenen Unterkapitel diskutiert sowie auch die Fragen zum „Sick-Building-Syndrom“ ausführlich behandelt.
Durch weitere Querverlinkungen zu aktuellen gesetzlichen wie
normativen Vorgaben (zum Beispiel Verordnungen, Arbeitsmedizinische Regeln (AMR), Deutschen Industrie-Normen (DIN))
wird es dem praktischen Betriebsmediziner darüber hinaus erleichtert, auch bei der zunehmenden Anzahl der entsprechenden
Vorgaben den Überblick zu behalten beziehungsweise zu erlangen. Jedes Unterkapitel endet mit einem
entsprechenden Literaturverzeichnis, so
dass weiterführende Literatur zur Vertiefung mühelos gefunden werden kann.
Das gesamte Buch ist lesefreundlich geschrieben. Es liest sich trotz Darstellung wissenschaftlicher Grundlagen
weniger wie ein klassisches Lehrbuch,
sondern vielmehr wie eine praktische
Zusammenfassung. Die einzelnen Kapitel sind unabhängig voneinander verfasst, so dass auch das Nachschlagen
einer speziellen Fragestellung ohne
weiteres möglich ist. Vertiefende Aspekte, wie die physikalischen Grundlagen zur Beleuchtung, wurden in kleinerer Schrift abgedruckt, so dass der Leser
aufgrund des Layouts schnell Hintergrundwissen von dem grundsätzlichen
Themeninhalten leicht trennen kann.
Für den arbeits- und betriebsmedizinisch tätigen Arzt sowohl in Weiterbildung, als auch in täglicher Berufsausübung eignet sich dieses Buch vortrefflich, um kompakt den
aktuellen Wissenstand zum Büroarbeitsplatz zu erhalten. Gerade die weite Verbreitung dieses nahezu ubiquitär vorkommenden Arbeitsplatzes in allen Berufsbranchen konfrontiert jeden
arbeits- und betriebsmedizinisch tätigen Arzt tagtäglich mit
Fragen zu möglichen Verbesserungen im Rahmen von Arbeitsplatzbegehungen oder bei Beratungen von Arbeitgebern und
-nehmern. Die weite Verbreitung der Bildschirmarbeitsplätze in
militärischen Bereich macht die Kenntnis der Besonderheiten,
wie Gefahren des Arbeitsplatz „Büro“, insbesondere im Hinblick auf die Ausbildung chronischer Beschwerden für den
wehrmedizinisch tätigen Betriebsarzt zu einer wertvollen Bereicherung und Hilfe bei der Ausübung seiner Beratungsfunktion.
Verfasser:
Flottillenarzt Dr. Stefan Sammito,
Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr Koblenz
E-Mail: [email protected]
Wehrmedizinische Monatsschrift 59 (2015), 8/2015
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Mitteilungen aus der DGWMP e. V.
Geburtstage Oktober 2015
Wir gratulieren zum 80. Geburtstag und älter:
Dr. med. dent. Helmar Müller-Pfaff
Oberstarzt a. D.
Tegelbergstraße 3, 87629 Füssen
01.10.1932
Michael Witt
Oberstapotheker a. D.
Liegnitzstraße 1, 53721 Siegburg
04.10.1933
Dr. rer. nat. Hans-Günther Helling
Oberstabsapotheker d. R.
Joachim-Sahling-Weg 33, 22549 Hamburg
Peter Mengeling
Oberstabsapotheker d. R.
Birkenstraße 17, 55218 Ingelheim
Dr. med. vet. Kurt Maria Zrenner
Ministerialrat a. D.
Nymphenburger Straße 21d, 80335 München
Dr. med. Reinhold Korbanka
Oberstabsarzt d. R.
Robert-Koch-Straße 33, 75015 Bretten
Prof. Dr. med. Ernst-Ronald Schäfer
Flottillenarzt d. R.
Am Kaiserholz 15, 23730 Neustadt i. H.
Dr. med. Ulrich Stahl
Oberstarzt im BGS a. D.
Weißdornweg 66, 53177 Bonn
22.10.1932
Gerhard Johannsen
Apotheker
Emmastraße 252, 28213 Bremen
28.10.1922
Dr. med. Dieter Bielenberg
Oberstabsarzt d. R.
Theodor-Fontane-Straße 9, 26131 Oldenburg
29.10.1933
Albrecht Roesinger
Oberstleutnant a. D.
Hitzelerstraße 91, 50968 Köln
31.10.1930
07.10.1922
Wir gratulieren zum 75. Geburtstag:
08.10.1934
11.10.1923
13.10.1928
14.10.1928
Dr. med. Rolf Kirchem
Admiralarzt a. D.
Sachsenring 60/Seniorenheim, 24534 Neumünster 17.10.1925
Dr. med. Wolfram Wendenburg
Ltd. Medizinaldirektor a. D.
Karlstraße 10, 58332 Schwelm
Dr. phil. Franz-Joachim Lemmens
Oberstleutnant a. D.
Shukowstraße 30, 04347 Leipzig
Dr. med. dent. Werner Schütz
Oberstarzt d. R.
Schorenstraße 12, 78234 Engen
12.10.1940
Prof. Dr. Dr. med. habil. Wulf von Restorff
Oberstarzt a. D.
Ismaninger Straße 86, 81675 München
18.10.1940
Dr. med. Jürgen Daum
Oberstarzt a. D.
Eichenstraße 14, 93049 Regensburg
21.10.1940
Dr. med. Wolfgang Stelzle
Oberstarzt a. D.
Mittlere Straße 16/1, 79576 Weil am Rhein
29.10.1940
Wir gratulieren zum 70. Geburtstag:
17.10.1920
Dr. med. Gerhard Willmund
Oberstarzt a. D.
Mühlbergstraße 11, 35288 Wohratal
14.10.1945
20.10.1920
Prof. Dr. med. Johann Pongratz
Oberstarzt a. D.
Oskar-von-Miller-Ring 31, 80333 München
26.10.1945
Wehrmedizinische Monatsschrift
Redaktion: Oberstarzt a. D. Dr. med. Peter Mees, Baumweg 14, 53819 Neunkirchen-Seelscheid, Telefon +49 2247 912057, E-Mail: [email protected]
Herausgeber: Bundesministerium der Verteidigung, Presse- und Informationsstab, Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin.
Beirat: Prof. Dr. med. H. Fassl, Lübeck; Prof. Dr. med. L.-E. Feinendegen, Jülich; Prof. Dr. med. Dr. phil. G. Jansen, Düsseldorf; Prof. Dr. med. Dr. med. dent. E. Lehnhardt, Hannover; Prof. Dr. W.
Mühlbauer, München; Prof. Dr. med. K.-M. Müller, Bochum; Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. E. Mutschler, Frankfurt; Prof. Dr. med. G. Paal, München; Oberstapotheker a. D. Dr. rer. nat. H. Paulus; Prof. Dr.
med. dent. P. Raetzke, Frankfurt; Prof. Dr. rer. nat. H.-J. Roth, Tübingen; Prof. Dr. med. L. Schweiberer, München; Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Schwenzer, Tübingen; Prof. Dr. med. H.-G. Sieberth,
Aachen; Prof. Dr. med. H. E. Sonntag, Heidelberg; Generalarzt a. D. Dr. med. J. Binnewies, Köln; Admiralarzt a. D. Dr. med. R. Pinnow, Glücksburg.
Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Celsiusstraße 43, 53125 Bonn, Telefon 02 28/9 19 37-10, Telefax 02 28/9 19 37-23, E-Mail: [email protected]; Geschäftsleitung: Heike
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Alle namentlich gezeichneten Beiträge – soweit sie nicht ausdrücklich mit einem * gekennzeichnet sind – geben die persönlichen Ansichten der Verfasserin, des Verfassers oder der Verfasser wieder. Sie
entsprechen nicht unbedingt den Auffassungen der Redaktion oder des Bundesministeriums der Verteidigung. Manuskriptsendungen an die Redaktion erbeten. Erscheinungsweise mindestens acht mal im
Jahr. Bezugspreis jährlich inkl. Porto- und Handlingkosten Inland: € 35,–; Europa: € 41,50; weltweit: € 49,50. Einzelheft: € 4,50 zzgl. Versandkosten € 1,80 Inland, € 4,50 Europa, € 9,50 weltweit. Das
Abonnement verlängert sich jeweils um 1 Jahr, falls nicht 8 Wochen vor Ablauf des Bezugsjahres gekündigt wird. Für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V.
ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten. Sanitätsoffiziere der Bundeswehr, die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie sind, erhalten die
„Wehrmedizinische Monatsschrift“ über ihre Dienststellen.
Wehrmedizinische Monatsschrift 59 (2015), 8/2015
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Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V., Bereichsgruppe NORD-WEST
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der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin
& Wehrpharmazie. e. V. (DGWMP)
Tagungspräsident:
Dr. med. Udo Schumann, Oberstarzt
Wissenschaftliche Leitung:
André Gutcke, Oberstarzt
Dr. med. Torsten Groß, Oberfeldarzt
Dr. med. Heinrich Weßling, Oberfeldarzt
Von der Forschung
über das Krankenbett
bis in den Einsatz
Anmeldung wissenschaftlicher Vorträge und Poster bis zum 30. Juni 2015 unter:
[email protected]
Tel.: 04488/508935
15. bis 17. Oktober 2015
Weser-Ems Halle, Oldenburg
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Den Gegner retten?
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2014
Zwischen Leben und Tod blitzschnell Entscheidungen treffen, doch wer
wird angesichts knapper Ressourcen zuerst behandelt – der Kamerad,
der Zivilist oder der Gegner? Im Einsatz führt diese Frage oft zu moralischen Konflikten. Lässt sich militärische Notwendigkeit überhaupt mit
den Prinzipien medizinischer Ethik vereinbaren, und wer hilft den Helfern?
Militärärzte und Sanitäter zwischen ethischen und völkerrechtlichen
Herausforderungen: Lesen Sie mehr in der neuen E-Journal-Ausgabe
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IN DEN STREITKRÄFTEN
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