Notfälle im Kindesalter Patienteninformation „Ihre Gesundheit – Unser Thema“ ist ein Service Ihrer niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Bayern Schnell noch einen Biss in den Apfel auf dem Sprung zum Klettergerüst – schon ist es passiert: Ein Kind verschluckt sich, liegt am Boden und bekommt keine Luft mehr. Das kleine Gesicht verfärbt sich bläulich. Was tun? In dieser Informationsbroschüre finden Sie einen Überblick über häufige Notfälle im Kindesalter sowie entsprechende Erste-Hilfe-Maßnahmen. Unfälle oder Einwirkung von außen Stürze, Verletzungen, offene Wunden Sobald die Haut verletzt ist, kann sie den Körper nicht mehr vor Bakterien und anderen Keimen schützen. Besonders gefährlich sind Tetanusbakterien, die den sogenannten Wundstarrkrampf auslösen. Diese Bakterien lauern überall in der Erde. Deshalb sollten Kinder gegen Tetanus geimpft sein. Erste Hilfe bei Wunden Saubere Wunden möglichst nicht berühren, Blut nicht abwischen Verschmutzte Wunden unter kaltem Wasser vorsichtig auswaschen 2 Steinchen oder Splitter mit einer sauberen Pinzette entfernen Wunde mit einem Desinfektionsmittel abtupfen und trocknen lassen Stärkere Blutungen durch Druck mit einem sauberen Tuch stoppen, Körperstelle erhöht lagern Größere oder blutende Wunden sowie Wunden im Gesicht sollte ein Arzt anschauen Verbrennungen und Verbrühungen Verbrennungen und Verbrühungen verursachen starke Schmerzen. Neben einer Rötung kann die Haut Blasen bilden. Vor allem aufgrund der Schmerzen ist es wichtig, dass Sie das Kind beruhigen, warm halten und nicht allein lassen, bis der Rettungsdienst eintrifft. Erste Hilfe bei Verbrennungen Haut sofort unter Leitungswasser fünf bis zehn Minuten kühlen Bei großflächigeren Verbrennungen oder Verbrühungen drohen Unterkühlung und Schock – daher sofort den Rettungsdienst alarmieren Verbrühung: Kleidung entfernen (Kleidung speichert Hitze) Verbrennung: Kleidung nur entfernen, wenn sie nicht am Körper haftet 3 Vergiftungen Die häufigsten Vergiftungsursachen sind Medikamente oder Putzund Spülmittel. Präventiv müssen deshalb alle Medikamente sowie Putz- und Spülmittel sicher vor Kindern aufbewahrt werden, da kleine Kinder oft neugierig die „bunten Pillen“ oder „neuen Säfte“ probieren möchten. Symptome treten in der Regel plötzlich auf: Innerhalb von Minuten beginnt das Kind beispielsweise zu schwitzen, übergibt sich und ist oft kaum noch ansprechbar. Puls und Atmung werden schneller, die Pupillen weiten oder verengen sich – je nach Art des Giftes. Erste Hilfe bei Vergiftungen Rettungsdienst alarmieren und mitteilen, was, wann und wie viel von dem Gift das Kind aufgenommen hat; Reste wie Tabletten, Pflanzenteile, Pilze oder Flaschen unbedingt dem Arzt mitbringen Wenn das Kind ansprechbar ist, den Mund mit einem Finger auswischen; wenn es sich übergibt, das Erbrochene sammeln und dem Arzt mitgeben Rücksprache mit dem Giftnotruf zum Beispiel München 0 89 / 1 92 40 oder Nürnberg 09 11 / 3 98 24 51 Nach einem Krampfanfall, bei Bewusstseins- oder Atemstörung und nach Verschlucken von ätzenden oder schaumbildenden 4 Substanzen (zum Beispiel Säuren, Laugen, Haushaltsreiniger, Wasch- und Spülmittel) auf keinen Fall Erbrechen auslösen Ebenso auf keinen Fall Milch geben: Milch kann das Gift schneller ins Blut befördern Akute Erkrankungen: Krampfanfälle und Epilepsie Krampfanfälle sind Zeichen einer gestörten Hirnfunktion: Plötzlich baut sich zusätzlich zur normalen Gehirnaktivität eine unnormale elektrische Aktivität auf. Nervenzellen entladen sich spontan. Das kann – neben Bewusstseinsstörungen – zu unkontrollierten Anspannungen und Zuckungen der Muskulatur führen. Je nach Dauer, Form und Häufigkeit der Anfälle, Alter des Kindes und Ort einer möglichen Gehirnschädigung unterscheiden die Experten verschiedene Formen von Krampfanfällen und Epilepsie. Allgemeine Anzeichen sind ein plötzlicher Bewusstseinsverlust, das Kind reagiert nicht mehr und verdreht oftmals die Augen. Ein- oder beidseitige Zuckungen können ebenso auftreten wie ruckartige Bewegungen. Arme und Beine können erschlaffen. Weitere mögliche Symptome sind Schaum vor dem Mund oder Einnässen. Oft folgt dem Anfall ein „Erschöpfungsschlaf“. 5 Fieberkrämpfe Fieberkrämpfe treten bei Säuglingen und Kleinkindern auf – am häufigsten im Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren. Ursache ist vermutlich ein plötzlicher, schneller Fieberanstieg auf meistens mehr als 39 Grad Celsius. Auslöser für das Fieber sind oft relativ harmlose Virusinfekte. Dennoch sollten Sie bei hohem Fieber eines Kindes immer einen Arzt aufsuchen. Denn es kann auch eine schwerwiegende Erkrankung wie beispielsweise eine Lungen- oder Hirnhautentzündung dahinter stecken. Dauert der Fieberkrampf länger als eine Minute oder tritt er wiederholt auf, den Rettungsdienst alarmieren. Jede Bewusstlosigkeit muss ein Arzt abklären. Erste Hilfe bei Krampfanfällen Kind in eine sichere Position bringen, eventuell mit Kissen schützen Zuckende Arme und Beine nicht festhalten Ablauf und Dauer dokumentieren – das hilft dem Arzt, die Ursache herauszufinden Nach dem Anfall das Kind in die stabile Seitenlage bringen (bei Kindern unter zwei Jahren: Bauchlage) Rettungsdienst verständigen! 6 Akute Erkrankungen: Atemnot Das Kind hat das Gefühl, zu wenig Luft zu bekommen und versucht, verstärkt zu atmen. Die Atmung ist schneller, die Nasenflügel können beben und eventuell sind Nebengeräusche wie Pfeifen, Rasseln oder Keuchen zu hören. Kinder stützen dabei oft ihren Oberkörper ab, damit weitere Muskeln die Atmung unterstützen. Manchmal zeigen sich auch Einziehungen unter dem Rippenbogen und über den Schlüsselbeinen. Die Haut – vor allem an Lippen und Fingernägeln – kann sich blass-bläulich verfärben. Erste Hilfe bei Atemnot Kind beruhigen, enge Kleidung öffnen, frische Luft Kind sollte eine Haltung einnehmen, die ihm angenehm ist. Helfen Sie ihm dabei, indem Sie es eventuell abstützen oder bieten Sie ihm eine Sitzhaltung an, die das Atmen erleichtert (halbsitzend mit nach hinten abgestützten Armen). Rettungsdienst alarmieren (Alter angeben!) Bei „blauen Lippen“ oder Atemstillstand: Kind flach auf den Boden legen, eine Hand mit sanftem Druck auf die Stirn legen und mit eigenem Mund die Nase des Kindes umschließen – anschließend fünf Mal beatmen 7 Pseudokrupp oder Epiglottitis Bei diesen Erkrankungen schwillt die Schleimhaut des Kehlkopfes meistens unterhalb der Stimmbänder an. Auch die Luftröhre und das Bronchialsystem können betroffen sein. Der Pseudokrupp tritt oft zusammen mit einer Infektion der oberen Atemwege (Husten oder Schnupfen) auf. Am häufigsten erkranken Kinder zwischen 18 Monaten und fünf Jahren. Der Pseudokrupp ist in der Regel harmlos, muss aber von der lebensgefährlichen bakteriellen Epiglottitis und der – wenn auch sehr seltenen – Kehlkopf-Diphtherie unterschieden werden. Bei der Epiglottitis ist die Schleimhaut des Kehldeckels durch Bakterien entzündet. Sie tritt überwiegend bei Kleinkindern zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr auf. Davor schützen kann eine Impfung gegen Haemophilus influenzae Typ b. Bei einer Kehldeckelentzündung kann die Schleimhaut so stark anschwellen, dass sie die Atemwege blockiert. Alarmieren Sie bei den ersten Anzeichen sofort einen Notarzt. Erste Hilfe bei Pseudokrupp Kind beruhigen Fenster öffnen, kühle Luft einatmen lassen Rettungsdienst alarmieren 8 Verschluckter Fremdkörper Ein verschluckter oder eingeatmeter Fremdkörper kann die Atemwege verschließen und zu leichter bis schwerer Atemnot führen. Besonders gefährlich sind kleine Spielzeugteile, Bausteine, Murmeln, Perlen und Erdnüsse. Anzeichen sind plötzlich einsetzender Husten mit Atemnot ohne Infekt, eventuell Atemnebengeräusche (Pfeifen oder rasselnde Atmung) oder Heiserkeit und Würgereiz. Erste Hilfe bei verschluckten Fremdkörpern Fremdkörper nicht einfach mit den Fingern versuchen zu entfernen (Gefahr: Sie schieben ihn möglicherweise noch tiefer hinein) Der eigene Husten des Kindes entfernt den Fremdkörper am besten Bei ineffektivem Husten: fünfmal kräftig mit den Handflächen zwischen die Schulterblätter klopfen. Bleibt der Fremdkörper in den Atemwegen, den Rettungsdienst alarmieren 9 Insektenstich im Mundraum Ein Insektenstich im Mundraum kann lebensgefährlich sein. Die Schleimhaut schwillt an, die Atemwege können sich verengen oder ganz verschließen. Es besteht Erstickungsgefahr. Anzeichen sind plötzlicher Schmerz im Mund nach dem Essen oder Trinken (vor allem im Freien), rasches Anschwellen der Lippen oder der Zunge und möglicherweise ein pfeifendes oder schnarchendes Atemgeräusch mit Atemnot. Erste Hilfe bei Insektenstichen im Mundraum Eiswürfel lutschen lassen oder eiskalte Getränke zu trinken geben Kalte Umschläge an Hals und Nacken (oft erneuern, da sie sich schnell erwärmen) Sofort den Rettungsdienst verständigen (Alter des Kindes angeben) Falls das Kind aufhört zu atmen: Atemspende 10 Akute Erkrankungen: Bauchschmerzen Bauchschmerzen kennen fast alle Eltern. Sie gehören zu den häufigsten Symptomen und können ein Zeichen für Verstopfung oder Durchfall, Blähungen oder auch andere Krankheiten wie Harnwegsinfektion oder Lungenentzündung sein. Bei einem sogenannten akuten Abdomen setzen die Schmerzen oft plötzlich ein. Weitere Anzeichen sind Druckschmerz, Abwehrspannung und ein „harter Bauch“. Akute Blinddarmentzündung (Appendizitis) Bei einer Blinddarmentzündung ist der Appendix, der sogenannte Wurmfortsatz am Anfang des Dickdarms, entzündet. Sie kommt in allen Altersgruppen vor und tritt oft sehr plötzlich auf. Symptome sind Schmerzen (oft krampfartig im rechten Unterbauch) oder Berührungsempfindlichkeit. Oft setzen Symptome wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen oder leichtes Fieber erst nach und nach ein. Die Schmerzen verstärken sich erst nach einigen Tagen und können dabei auch im Bereich des Bauchnabels oder der oberen Bauchhälfte auftreten, beziehungsweise nach einigen Stunden in den unteren Teil der rechten Bauchhälfte wandern. In der Regel verstärken sie sich beim Laufen oder Hüpfen. Dauern die Schmerzen länger als drei Stunden an, sollten Sie mit dem Kind einen 11 Arzt aufsuchen oder in ein Krankenhaus fahren. In den meisten Fällen muss der Arzt den Blinddarm durch eine Operation entfernen. So verhalten Sie sich bei Notfällen richtig Bleiben Sie so lange am Telefon, bis alle Fragen des Rettungsdienstes (Telefon 112) beantwortet sind. Lassen Sie das Kind nicht allein, bis der Rettungsdienst eintrifft. Bewahren Sie Ruhe: Geben Sie dem Kind das Gefühl, dass Sie alles unter Kontrolle haben und erklären Sie ihm, was passiert und dass eventuell ein Notarzt kommt. Zeigen Sie dem Kind, dass Sie es und seine Schmerzen ernst nehmen und ihm helfen wollen. 12 Patientenservice der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) Ärztlicher Bereitschaftsdienst in Bayern: 116 117 PatientenInfoline: Ihr Kontakt für Fragen zur Gesundheitsversorgung in Bayern 0 89 / 5 45 46 – 4 04 20 Therapieplatzvermittlung Psychotherapie: Telefondienst für Patienten und Angehörige 09 21 / 78 77 65 – 4 04 10 Arzt- und Psychotherapeutensuche und Patienteninformationen im Internet www.kvb.de 13 Impressum Herausgeber: Kassenärztliche Vereinigung Bayerns Elsenheimerstraße 39 80687 München www.kvb.de Gestaltung: Stabsstelle Kommunikation Bilder: iStockphoto.com Stand: Februar 2014