Die Strafbarkeit juristischer Personen in der Tschechischen Republik Der tschechische Gesetzgeber strebt eine Regelung an, die zu einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen führen kann. Von Dr. Pavel Koukal Das Abgeordnetenhaus des Parlamentes der Tschechischen Republik verhandelt derzeit einen Gesetzentwurf der Regierung über eine Strafbarkeit juristischer Personen und über Verfahren gegen diese, der ab dem 1. Januar 2012 sowohl das tschechische Recht als auch das Unternehmensumfeld grundsätzlich ändern dürfte. Die Gründe, warum in der Tschechischen Republik eine Strafbarkeit juristischer Personen eingeführt wird, liegen überwiegend auf einer internationalen, politischen Ebene und hängen mit konkreten Verpflichtungen der Tschechischen Republik zusammen, die sich aus internationalen Verträgen und aus der Mitgliedschaft in der Europäischen Union ergeben. Die Tschechische Republik dürfte dergestalt ab dem 1. Januar 2012 zu jenen europäischen Staaten gehören, die eine echte Strafbarkeit juristischer Personen in ihrer Rechtsordnung verankert haben, d.h. eine Strafbarkeit für im Strafgesetzbuch geregelte Straftaten, die Sanktionen unterliegen, welche wiederum durch Strafgerichte in regulären Strafverfahren verhängt werden. Die tschechische Regierung definierte in ihrer Vorlage jene Straftaten gemäß dem Strafgesetzbuch, auf die sich eine Strafbarkeit juristischer Personen beziehen soll. Die gegenständlichen Straftaten beschränken sich strikt auf jene, bezüglich denen internationale Verträge und Vorschriften des (europäischen) Gemeinschaftsrechtes eine entsprechende Verantwortlichkeit verlangen. Für juristische Personen als Unternehmer ist dabei von Belang, dass unter diese Straftaten grundsätzlich alle vermögensrechtlichen und Wirtschaftsvergehen als auch Straftaten im Zusammenhang mit Korruption und Umweltschäden fallen. Für juristische Personen (Gesellschaften und Genossenschaften) wird insbesondere die eigentliche Konstruktion der Strafbarkeit von Bedeutung sein. Diese gründet darauf, dass als eine durch die juristische Person verübte Straftat eine rechtswidrige Tat gewertet wird, die in ihrem Namen oder in ihrem Interesse bzw. im Rahmen ihrer Tätigkeit begangen wurde, sofern diese durch eine der im Gesetz aufgeführten natürlichen Personen mit einer spezifischen Beziehung zur betreffenden juristischen Person begangen wurde. Neben den satzungsmäßigen (Statutar-) Organen und einem Mitglied derselben können durch ihr Handeln eine Strafbarkeit der juristischen Person auch weitere Personen verursachen, die in anderer Weise als ein Statutarorgan zum Handeln im Namen oder für die juristische Person berechtigt sind (Bevollmächtigte etc.). Gleiches gilt für Personen, die bei der juristischen Person eine leitende oder Kontrolltätigkeit wahrnehmen, obwohl sie kein Statutarorgan oder Mitglied eines Statutarorganes sind, ferner Arbeitnehmer oder Personen in einer ähnlichen Stellung bei Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben. Im Fall multinationaler Unternehmen und Unternehmensgruppen ist bedeutsam, dass eine Strafbarkeit einer Gesellschaft mit Sitz in der Tschechischen Republik oder einer Zweigniederlassung in der Tschechischen Republik auch jene Personen begründen können, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung der juristischen Person ausüben, d.h. auch Personen, die sich außerhalb der Tschechischen Republik aufhalten. Jedoch muss zugleich immer die Bedingung erfüllt sein, dass ein solches widerrechtliches Handeln einer natürlichen Person der juristischen Person zugerechnet werden kann. Es gilt, dass das Begehen einer Straftat einer juristischen Person zugerechnet werden kann, falls diese Tat durch ein Handeln des Statutarorganes oder eines Mitgliedes des Statutarorganes oder durch einen Arbeitnehmer auf Grundlage einer Entscheidung, einer Genehmigung oder Weisung eines Organs der juristischen Person begangen wurde. Darüber hinaus ist eine Straftat auch dann zurechenbar, falls die Organe der juristischen Person oder Personen, welche eine Kontrolltätigkeit oder einen maßgeblichen Einfluss auf deren Leitung ausüben, nicht solche Maßnahmen getroffen haben, die sie gemäß einer anderen Rechtsvorschrift hätten treffen sollen oder welche berechtigterweise von ihr verlangt werden können – falls diese Organe also etwa obligatorische oder erforderliche Kontrollen der Tätigkeit der Arbeitnehmer nicht vorgenommen haben oder entsprechende Maßnahmen zur Einschränkung oder Verhinderung der Folgen der begangenen Straftat nicht getroffen haben sollten. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Einführung einer Strafbarkeit juristischer Personen für Unternehmen auch völlig neue praktische Probleme nach sich ziehen wird. Es müssen interne Kontrollmechanismen geschaffen werden bzw. es müssen interne Systeme präventiver Maßnahmen gestärkt werden (im Rahmen der Corporate Compliance), die die mit einer Begehung von Straftaten verbundenen Risiken für die Unternehmen ausschließen bzw. so weit wie möglich einschränken. Der Autor ist Rechtswanwalt/Associate Partner bei Rödl & Partner Rödl & Partner Platnéřská 2, 110 00 Praha 1 Tel.: +420 236 163 111 E-Mail: [email protected] www.roedl.cz | 9