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Editorial
Liebe Leserinnen und Leser
Wer ein Ärztenetzwerk gründet,
wählt zu Beginn meist den steinigeren Weg! Man könnte es sich auch
einfacher machen.
Meist dem Bestreben entsprungen,
gemeinsam die Hürden der Grundversorgung zu meistern, sind aus
einem lockeren Verbund komplexe
Gebilde entstanden. Das Streben
nach hoher Qualität, verbesserter
Effizienz und Kostenbewusstsein
hat Netzwerke zu valablen Partnern auf dem Gesundheitsmarkt
gemacht. Denn Managed-CareNetzwerke zeigen einen Weg auf,
wie in Zukunft mit den steigenden
Kosten im Gesundheitswesen und
dem Bedürfnis nach hoher Qualität
umgegangen werden kann.
Für das Funktionieren dieser vielschichtigen Systeme ist eine professionelle Unterstützung unabdingbar.
Eine Betriebsgesellschaft muss
zahlreichen Anforderungen genügen, da sich die Interessen der beteiligten Akteure oftmals diametral
gegenüber stehen. Ein Verständnis
für die Bedürfnisse der Ärzteschaft
aber auch der Krankenversicherer
ist daher von höchster Bedeutung.
Mit innovativen Lösungsansätzen,
dem dazu nötigen Durchsetzungsvermögen, einem gesunden Gespür
für gangbare Kompromisse sowie
Enthusiasmus für Managed Care
sollen gegenseitiges Vertrauen und
Respekt aufgebaut werden. Es entsteht eine gesunde Basis, auf der
die erfolgreiche Zusammenarbeit
aufbauen kann.
Das Bestreben nach einvernehmlichen Lösungen soll als Grundsatz
für zeitgemässe Kooperationen dienen und ist ein wichtiger Baustein
im Mosaik einer sich weiterentwickelnden Grundversorgung.
Luca Emmanuele, Leiter PonteNet
Newsletter der PonteNova 2/10
März 2010
PonteNet: Für die Netzwerke bereit
PonteNet ist die Betriebsgesellschaft
für Managed-Care-Systeme im Kanton Bern. Ziel einer Managed-Care-Organisation ist es, den Auf- und Ausbau
sowie Betrieb von Ärztenetzwerken
mitzugestalten und zu fördern. Durch
ein breites Angebot an Dienstleistungen wird die Vernetzung sinnvoller
Strukturen unterstützt und damit der
Weg zu integrierten Systemen geebnet. Dabei werden die teilnehmenden Netzwerkärztinnen und -ärzte
durch die Nutzung der bereitgestellten MC-Instrumente befähigt, auf die
verschiedenen Ebenen des Managed
Care Einfluss zu nehmen. Die dadurch
verbesserte Marktstellung erlaubt ein
selbstbewusstes Auftreten im Gesundheitsmarkt.
PonteNet ist seit mehreren Jahren
auf dem Markt präsent und kann im
Managed-Care-Bereich bereits erste
Erfolge vorweisen. Ein Angebot, welches sich an den Bedürfnissen der
Ärztenetze anpassen kann, ist Voraussetzung für eine Weiterentwicklung.
Wachstum fand andererseits auch
auf personeller Ebene statt, denn Managed Care funktioniert auch und vor
allem über das Beziehungsnetz und
deren Akteure. Auch die Erfahrungen
einer grossen Krankenversicherung
im Bereich des Managed Care stehen
zur Verfügung. Damit ist die Abgrenzung von PonteNet gegenüber dem
Geschäftsfeld Trustcenter der PonteNova auch von aussen sichtbar. Diese Professionalisierung innerhalb des
Unternehmens soll zur Vertrauensbildung beitragen und die regionalen
Netzwerke ermutigen, von unserem
Service Gebrauch zu machen. Von
einer Erweiterung des Netzwerkportfolios profitieren alle beteiligten Netz-
werke, da die vermehrt entstehenden
Synergien genutzt werden können.
Individualisierte Dienstleistungen
und Weiterentwicklung des Managed Care
In der Vergangenheit war man mit
einem modularen Dienstleistungssystem am Markt präsent. Erfahrungen
mit den Netzwerkkunden zeigten jedoch, dass diesbezüglich Anpassungen notwendig sind. Anstelle der
bekannten Module I bis VI, welche
die Dienstleistungen Netzaufbau und
-administration, Beratung und Verhandlungssupport für MC-Verträge,
Abwicklung und Datenmanagement,
PR und Kommunikation, Qualitätsentwicklung und -sicherung sowie Leistungseinkauf beinhalteten, werden
neu individuelle und aufwandbasierte
Lösungen angeboten. Dabei können
Dienstleistungen bedarfsgerecht zusammengestellt werden, was den
unterschiedlichen Anforderungen der
Netzwerke Rechnung trägt.
Neben diesen rein dienstleistungsorientierten Veränderung gilt unsere
Aufmerksamkeit auch im besonderen
Masse der Weiterentwicklung der
Vernetzung innerhalb der ManagedCare-Systeme. Damit eine funktionierende integrierte Versorgung entstehen kann, bedarf es der Zusammenführung aller an der Versorgung beteiligten Leistungserbringer. «Shared
Care» sowie «eHealth» sind hier die
Schlagworte. Die Entwicklung und
Förderung des Einsatzes moderner
Informations- und Kommunikationstechnologien wird weiter geführt. Die
Vergangenheit zeigte ein verhalte-
Wir schaffen Transparenz, Sicherheit und Kostenbewusstsein
PonteNet
Punktuell
nes Interesse unter der Ärzteschaft.
Nichts desto trotz ist auf diesem Gebiet der Durchbruch nur eine Frage
der Zeit. Wir wollen jedoch nicht tatenlos zusehen, sondern uns aktiv auf
diesem Sektor engagieren.
Förderung der Partnerschaften
Managed Care funktioniert jedoch nur,
wenn möglichst viele Patientinnen
und Patienten in den entsprechenden
MC-Modellen eingeschlossen sind.
Die Versicherer führen – zum Leidwesen der Netzwerke – weiterhin parallel die so genannten Listenmodelle.
Diese Modelle dienen vor allem der
Risikoselektion und unterminieren
die reellen MC-Produkte. Dass hier
Handlungsbedarf besteht, ist unbestreitbar. Ein paar Versicherer haben
diesen Missstand erkannt und teilen
aktiv ihre Kunden in die reellen MCModelle ein. Andere verweigern sich
weiterhin. Drohungen von Seiten der
Netzwerke wurden als Mittel zur Problemlösung von verschiedenen Seiten bereits angewandt. Ein solcher
Ansatz belastet jedoch die Beziehung
unter den Vertragspartnern. Im Sinne
der partnerschaftlichen Zusammenarbeit suchen wir nach konstruktiven
Lösungen.
Managed Care bleibt also weiterhin
spannend. Ich freue mich auf meine
reizvolle Aufgabe als neuer Leiter von
PonteNet, denn ich bin überzeugt,
dass das vorhandene Potenzial noch
lange nicht ausgeschöpft ist. PonteNet begibt sich auf den Weg. Der
skizzierte Pfad soll jedoch nicht alleine bestritten werden, und so hoffe ich
auf zahlreiche Weggefährtinnen und
-gefährten.
Luca Emmanuele Leiter PonteNet
EQUAM-zertifizierte Arztpraxen und
Ärztenetze haben Zukunft
der Autonomie verstanden. Anders
sehen es die Politik, die Versicherer
und die PatientInnen. Diese fordern
zunehmend eine transparente Qualitätsdarlegung der Ärzte und Spitäler.
Seit 1996 sind die Leistungserbringer
gesetzlich verpflichtet, Konzepte und
Programme zur Förderung der Qualität zu erarbeiten und umzusetzen.
Vierzehn Jahre nach Inkrafttreten des
KVG ist der Qualitätsartikel zum grössten Teil noch nicht umgesetzt. Der
Bundesrat hat im Oktober letzten Jahres auf Druck der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates endlich
eine Qualitätsstrategie erarbeitet mit
der Absicht, dieser mehr Nachdruck
zu verschaffen.
Der Stellenwert der medizinischen
Qualitätssicherung wird in der Schweiz
von der Ärzteschaft kontrovers diskutiert. Die Forderung nach einer transparenten Qualitätsdarlegung wird oft
als Anmassung und als Beschneidung
PonteNet
Allerdings erfolgen aus einem Engagement für Qualitätssicherung bis heute
keinerlei direkte finanzielle Vorteile.
Innovative Betreiber von ManagedCare, also von HMO-Praxen und Ärztenetzen, haben den Wert einer umfassenden Qualitätssicherung aber schon
früh erkannt. Mit einer transparenten
Qualitätsdarlegung kann nämlich der
Beweis erbracht werden, dass Einsparungen möglich sind, ohne dass diese
auf Kosten der medizinischen Qualität
realisiert werden. Qualitätssicherung
kostet nämlich nicht nur, sondern
spart auch Kosten ein, z. B. durch ein
konsequentes
Fehlermanagement,
durch besseren Informationsfluss und
bessere Dokumentation, durch strukturierte Abläufe und Behandlungspfade, durch bessere Koordination der
einzelnen Leistungserbringer sowie
durch Erhöhung der Patientensicherheit. Dadurch dass Managed-Care-Or-
ganisationen bereits in Qualitätszirkeln
organisiert sind, wird die Umsetzung
einer gemeinsamen Qualitätssicherung stark erleichtert.
Die EQUAM Stiftung (Externe QUalitätssicherung in der Ambulanten
Medizin) wurde vor zehn Jahren von
Managed-Care-Betreibern gegründet.
Sie ist die einzige unabhängige und
vom Bund akkreditierte Organisation,
welche in der Schweiz die Qualität
von Arztpraxen und Ärztenetzen nach
transparenten Kriterien beurteilt und
ein Qualitätszertifikat verleiht. Zurzeit
sind ca. 220 Arztpraxen im Besitz eines
gültigen EQUAM-Zertifikates (siehe
Grafik). Ein weiteres Markenzeichen
von EQUAM ist die breite Abstützung
im Stiftungsrat: so nehmen VertreterInnen von Patientenorganisationen,
Kranken- und Unfallversicherung, der
Ärzteschaft, der Ombudsstelle der
sozialen Krankenversicherung sowie
von National- und Ständerat im Stiftungsrat Einsitz.
Die modular aufgebauten Qualitätsmessungen der EQUAM basieren auf
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Anzahl EQUAM-zertifizierte Ärzte
350
300
250
200
150
100
50
0
1999
2000
Ärzte/innen
29
54
Arztpraxen
3
7
2001
2002
2003
2004
2005
2006
76
76
105
105
154
169
220
254
327
16
16
49
52
80
92
135
163
218
Qualitätsindikatoren. Das sind messbare Einzelgrössen, welche Aussagen
über die verschiedenen Aspekte der
medizinischen Qualität ermöglichen.
Die EQUAM Stiftung nutzt wissenschaftlich und international validierte
Indikatoren, welche die Qualität korrekt, relevant und messbar beschreiben. Die Mindestanforderungen für
die Erteilung des EQUAM-Qualitätszertifikates werden in den EQUAMStandards definiert, die auf den Qualitätsindikatoren basieren.
Das Modul A beurteilt die Qualität der
einzelnen Arztpraxis. Das Messinstrumentarium basiert auf dem international validierten System des European
Practice Assessment (EPA). Dieses
umfasst rund 200 Einzelindikatoren.
Dank dieser multidimensionalen Betrachtung ist es möglich, der Komplexität der medizinischen Versorgung
gerecht zu werden; denn es fliessen
die Sichtweisen der Ärzteschaft, des
Praxispersonals, der PatientInnen und
PonteNet
2007
2008
2009
des externen Auditors in die Gesamtbeurteilung mit ein.
Das Modul B beurteilt die Qualität
eines Ärztenetzes. Es sind ProzessIndikatoren, welche die Umsetzung
zum Beispiel von Qualitätszirkeln,
Guidelines oder Fehlervermeidungsprogrammen messen. Das Modul B
ist auf dem Modul A aufgebaut; 80%
der Netzpraxen müssen zuvor Modul
A bestehen.
Das Modul C behandelt Indikatoren
der klinischen Leistungs- und Ergebnisqualität (performance and outcome
indicators). Es wird die ärztliche Leistung in Diagnostik, Indikationsstellung
und Therapie gemessen. Die EQUAM
Stiftung betritt damit in der Schweiz
Neuland, indem sie erstmals Leistungs- und Ergebnisqualität in der ambulanten medizinischen Versorgung
bewertet und kommuniziert. Zurzeit
bietet die EQUAM Stiftung Standards
für die klinische Performance-Qualitätsmessung von Arterieller Hyperto-
nie, Diabetes mellitus Typ 2 und Koronarer Herzkrankheit an. Das Modul
C setzt die Erfüllung des Moduls A
voraus.
EQUAM-zertifizierte Arztpraxen und
Ärztenetze haben Zukunft. Sie weisen
nach aussen sichtbar und transparent
nach, dass sie eine Qualitätskultur im
Alltag leben und bereit sind, sich dem
Qualitätsdialog zu stellen. Damit sind
sie bestens gewappnet für die Anforderungen an Qualitätssicherung, wie
auch immer diese ausfallen werden.
Simonetta Sommaruga,
Ständerätin Kanton Bern,
Präsidentin EQUAM-Stiftung
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«Die Zertifizierung ist eine fortwährende Qualitätsoptimierung»
Rosmarie Kunkler ist Qualitätsverantwortliche in der Praxis von Dr. H.-W. Leibundgut.
Im nachfolgenden Interview gibt sie Auskunft, wie sie die Zertifizierung erlebt hat
und welche Schlussfolgerungen sie in der
Praxis daraus gezogen haben.
Wie viel Arbeit gab die Zertifizierung?
Die EQUAM-Zertifizierung gab viel Arbeit, aber es ist für mich nicht möglich, eine Anzahl Stunden oder Tage
anzugeben. Nach intensivem Studium
der Unterlagen für die Zertifizierung
wusste ich, wo ich die Schwerpunkte
setzen musste. Zum Glück hatten wir
schon sehr viele Daten der Qualitätssicherung vorab erfasst, so dass ich
darauf aufbauen konnte.
Von jedem Gerät, von jeder Kontrolle,
von jedem Service mussten die Daten abgelegt werden und einsehbar
sein. Das galt ebenso für die täglichen
Qualitätskontrollen vom «ABX micros
CRP» bis zum Autoclaven und erst
recht für die Resultate und die Zertifikate der externen Qualitätsprüfung.
Auch die Entsorgung des Verbrauchsmaterials wurde unter die Lupe genommen und verbessert.
Kurz gesagt: Es wurde und wird über
alles und jedes Buch geführt.
Welche Probleme waren zu bewältigen?
Das Zeitmanagement war zwar nicht
immer einfach, aber es gab keine
grossen Probleme, da unsere Praxis
bereits eine sehr gute organisatorische Struktur besass. Für uns waren
die internen und externen Qualitätskontrollen im Labor und im Röntgen
PonteNet
schon seit Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit.
Wie verlief die Visitation?
Die Visitation war für mich recht spannend, wobei ich ein gutes Gefühl hatte. Die zwei Frauen, die bei uns die
Visitation vornahmen, kamen am Morgen in unsere Praxis. Sie begannen
ihre Arbeit bei mir im Labor, wo sie
alles sehr gewissenhaft inspizierten
und die vielen vorhandenen Qualitätsnachweise überprüften. Es gab ein
paar wenige Sachen, die sie beanstandeten, aber im Grossen und Ganzen
waren sie zufrieden. Anschliessend
fand ein Gespräch mit Dr. Leibundgut
statt. Am Schluss der Visitation gab es
eine Sitzung mit dem ganzen Team.
Wir sind alle ein wenig stolz, dass
unsere Praxis nun das EQUAM-Label
trägt.
Welche Folgerungen zogen Sie aus
der Visitation?
An der nächsten Teamsitzung wurde vor allem die Visitation reflektiert.
Die verschiedenen Anregungen und
Verbesserungsvorschläge der Visitorinnen wurden besprochen. Wir
entschieden miteinander, welche
Verbesserungen wir zu welchem
Zeitpunkt umsetzen wollen. So werde ich z. B. bis Ende Februar 2010
einen Hygieneplan erstellen. Es wird
ausserdem abgeklärt, ob es möglich
ist, bis Ende Juni ein WC für die Angestellten einzurichten. Die Kontrolltemperaturen bei der Apotheke und
im Kühlschrank werden nun jeden Tag
abgelesen, statt nur einmal pro Woche. Für uns als Team ist ganz klar: Es
gibt immer wieder Möglichkeiten zur
Verbesserung. Die Zertifizierung war
der Startschuss für eine fortwährende
Qualitätsoptimierung.
Wovon haben Sie profitiert?
Wie war das Ergebnis?
Es freute uns alle ausserordentlich,
dass wir die Prüfung gleich beim ersten Mal bestanden, und dass das Ergebnis überdurchschnittlich gut war.
Dadurch, dass ich mich sehr intensiv
mit der ganzen Materie befasst habe,
hat für mich das Wort Qualität eine andere Bedeutung bekommen. Ich habe
sehr viel gelernt in diesem Prozess.
Externe Qualitätssicherung in der Medizin (EQUAM)
EQUAM fördert die externe, unabhängige Qualitätssicherung in der medizinischen Versorgung, indem sie ausgewählte Indikatoren gewichtet und
Minimalstandards setzt. Für HMO-Praxen und Ärztenetzwerke werden
zusätzlich Managed-Care-Prozess-Indikatoren formuliert. Für Arztpraxen
entwickelt EQUAM diagnosespezifische Minimalstandards für die klinische
Ergebnis- und Leistungsqualität.
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Ich habe auch die Befriedigung, dass
ich etwas dazu beitragen konnte, dass
unsere Praxis nun das EQUAM-Label
trägt.
Welchen Nutzen haben die Patientinnen und Patienten?
Für unsere Patientinnen und Patienten hat sich meines Erachtens nicht
sehr viel geändert. Unsere Praxis hatte schon vor der Zertifizierung eine
übersichtliche und gute Struktur. Die
Patientinnen und Patienten wissen
genau, wie die Abläufe bei uns sind.
Das gibt ihnen Sicherheit und schafft
Vertrauen. Zeugnisse, Rezepte, Verordnungen etc. werden bei uns immer
sehr speditiv erledigt. Das wissen die
Patientinnen und Patienten zu schätzen.
Sind Sie für eine obligatorische
Einführung dieser Zertifizierung in
allen Arztpraxen?
Meines Erachtens macht es keinen
Sinn, die Zertifizierung als obligatorisch
zu erklären. Es gibt viele Praxen, vor
allem allgemeinmedizinische Hausarztpraxen, die vor dem «Aus» stehen,
weil keine Nachfolge vorhanden ist.
Für Ärztinnen und Ärzte, die ihre Arbeit
altershalber bald niederlegen, lohnt
sich der Aufwand nicht mehr.
Die Zahl der Ärztinnen, Ärzte und
Ärztenetzwerke, die sich bisher
von EQUAM zertifizieren liessen,
ist auch nach 10 Jahren noch
bescheiden, das Echo ist gering.
Womit hat das Ihrer Meinung nach
zu tun?
Ich denke, dass viele Ärztinnen und
Ärzte die Arbeit und auch die Investitionen fürchten, die die Zertifizierung
mit sich bringt.
Sollten Ihrer Meinung nach
EQUAM-zertifizierte Ärztinnen und
Ärzte einen höheren Taxpunktwert
verrechnen dürfen?
Bei den heutigen Diskussionen um
die explodierenden Kosten im Gesundheitswesen finde ich es nicht gerade sinnvoll, solche Forderungen zu
stellen. Andernteils wäre der höhere
Taxpunktwert ein Anreiz, die Zertifizierung der Praxis in Angriff zu nehmen.
Ärztenetzwerke im Fokus der Gesundheitspolitik
Gesundheitspolitisch kann aus Managed-Care-Sicht von einem Jahr der
Entscheide gesprochen werden. Der
neue Gesundheitsminister hat bereits
in seiner ersten Rede angedeutet,
dass von ihm neue Akzente zu erwarten sind – und ein neuer Stil. So
sprach Bundesrat Didier Burkhalter
etwa vom Austausch der Ideen, der
Kräfte und der Kompetenzen aller Akteure im Gesundheitswesen.
Zum einen geht es um die Umsetzung
der Revisionen Neuordnung der Spital- und Pflegefinanzierung, welche
bereits vor einigen Jahren verabschiedet wurden und 2012 in Kraft treten
sollen.
Zum anderen stehen noch abschliessende Beratungen bezüglich der Vertragsfreiheit, der Neuordnung der
Kostenbeteiligung für Versicherte sowie die Förderung von Managed-CareModellen an. Diese drei Vorlagen sollen gemäss der nationalrätlichen Kom-
PonteNet
mission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) miteinander vereint
werden. In die gezielte Förderung von
Managed-Care-Modellen (und somit
der Ärztenetzwerke) werden von vielen Politikerinnen und Politikern, bis
hin zum Gesundheitsminister selbst,
die grössten Hoffnungen gesetzt.
Und so rücken die Ärztenetzwerke
immer mehr ins Zentrum des Interesses, deren Belange durch die aktuellen Diskussionen auf mehreren Ebenen tangiert werden.
Zugang zu Managed-CareModellen
Der Eintritt in Managed-Care-Modelle
soll über Anreizsysteme und nicht
über Zwang erfolgen. Dafür dient primär der so genannte differenzierte
Selbstbehalt. Dabei soll der Selbstbehalt ausserhalb von Managed-CareModellen 20 Prozent betragen. Für
Versicherte, welche sich für die Hausarztmedizin und somit für ein MCModell entscheiden, wird die Kostenbeteiligung tiefer angesetzt. Die
Vorschläge sehen einen Selbstbehalt
von 10 Prozent vor. Gegebenenfalls
ist sogar von einem teilweisen bis
kompletten Verzicht die Rede.
Diese Praxis dürfte MC-Modelle attraktiver machen und dadurch den Zulauf erhöhen. Erfahrungsgemäss sind
pekuniäre Anreize in Zeiten grosser
Prämienerhöhungen starke Motive
zum Produktwechsel. Um so mehr,
als die heute weit verbreiteten Listenmodelle nicht länger als ManagedCare-Modelle gelten sollen. Die in
diesen Modellen gewährten hohen
Prämienrabatte würden durch den
angehobenen Selbstbehalt wieder relativiert.
Um den Zugang in Managed-Care-Modelle für alle Versicherten zu gewähr-
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leisten, sollen gemäss dem Vorschlag
der SGK die Versicherer verpflichtet
werden, Produkte der integrierten
Versorgung in allen Regionen anzubieten. Ein solches Obligatorium würde den Startschuss für neue und den
Ausbau bestehender Ärztenetzwerke
bedeuten.
Die Erfahrung der letzten Jahre hat
jedoch gezeigt, dass sich dies auf die
Schnelle nicht realisieren lässt. Netzwerke mit ihren hohen Anforderungen an Qualität, Effizienz und Kostenbewusstsein entstehen über mehrere
Entwicklungsstufen. Dabei spielt die
breite Abstützung des Managed Care
in der Ärzteschaft eine entscheidende
Rolle. Die MC-Systeme bestechen
vor allem auch durch ihre vielfältigen
Innovationen. Eine Pflicht würde diesbezüglich einen kontraproduktiven Effekt haben. Wenn Managed-Care-Modelle die erhofften positiven Einflüsse
auf die Entwicklung im Gesundheitswesen erbringen sollen, dann kann
dies nicht über ein Obligatorium erreicht werden.
Risikoselektion und
Budgetmitverantwortung
Krankenversicherer sollen künftig keine Courtagen und Provisionen mehr
an Vermittler aus der Grundversicherung gewähren dürfen. Neben der für
2012 vorgesehenen Einführung des
Unsere Partner
PonteNet
verbesserten Risikoausgleiches, kann
dies als wichtiger Schritt in eine Eindämmung der kassenseitig betriebenen Risikoselektion angesehen werden. Der verfeinerte Risikoausgleich
ist auch für die von der SGK geforderte obligatorische Budgetmitverantwortung der Ärztenetzwerke von
Bedeutung. Eine generelle Pflicht zur
Budgetmitverantwortung ist jedoch
wenig sinnvoll. Die Vereinbarungen
zwischen den Ärztenetzwerken und
den Kassenpartnern sollen individuell
gestaltet werden können. Hier lebt
Managed Care von den Ideen und Bedürfnissen der beteiligten Akteure.
Die Männer sind mitgemeint!
Wir verwenden in allen PunktuellAusgaben möglichst die weiblichen
Substantivformen. Die Männer sind
immer mitgemeint. Damit kehren wir
ein ungeschriebenes terminologisches
«Dogma» um, das bis heute meist umgekehrt verwendet wird, in dem die
Frauen mitgemeint sind.
Damit setzen wir ganz bewusst ein
Zeichen, nicht zuletzt, um die Innovationsbereitschaft von PonteNova zu
unterstreichen, vor allem aber, weil
die Medizin der Zukunft weiblich ist.
Bereits heute sind mehr als 50 Prozent
der Studienabgängerinnen Frauen. (BS)
Netzwerkarbeit bleibt spannend
Ob das Massnahmenpaket in der jetzigen Form tatsächlich umgesetzt wird,
bleibt abzuwarten. Die Vorschläge sollen der Stärkung des Managed Care
dienen. Einige sind jedoch nur eingeschränkt praktikabel und sinnvoll. Und
sicherlich bedarf es noch der einen
oder anderen Debatte, um einen Konsens unter den Akteuren zu finden.
Dieses Reformpaket verspricht zumindest eine spannende gesundheitspolitische Auseinandersetzung
mit Managed Care. Die Entwicklungen zu verfolgen lohnt sich.
Luca Emmanuele, Leiter PonteNet
Impressum
Auflage: 2700 Exemplare
Redaktion: Hans-Werner Leib­undgut (HWL),
Peter Frutig (PF), Bernhard Stricker (BS),
Luca Emmanuele (LE)
Adresse: PonteNova Zentrum 32, 3322 Urtenen-Schönbühl
Tel. 031 951 88 60, Fax 031 951 88 61
E-Mail [email protected], www.pontenova.ch
Druck: R.Graf AG, 3280 Murten
Gratisversand an alle Mitglieder der Ä
­ rzte­gesell­schaft des
Kantons Bern und der G
­ esell­schaft der Ärztinnen und Ärzte
des Kt. Solothurn, sowie an interessierte Kreise
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