Wirtschaftsethik - Sozialwissenschaftliches Institut der EKD

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REFORMATION
HEUTE
Wirtschaftsethik
JOSEF WIELAND
DIE SOZIALETHISCHE SCHRIFTENREIHE ZUM 500. JUBILÄUM DER REFORMATION
ÜBER DEN AUTOR
Prof. Dr. habil. Josef Wieland ist Inhaber des Lehrstuhls für Institutional Economics, Organisational Governance, Integrity & Transcultural Management an der Zeppelin Universität Friedrichshafen und
Direktor des Leadership Excellence Institute Zeppelin (LEIZ).
Er ist zudem Vorsitzender des Vorstandes des Deutschen Netzwerks
Wirtschaftsethik (DNWE), Vorsitzender des Forums Compliance
& Integrity (FCI), Mitglied im CSR-Forum (Bundesministerium für
Arbeit und Soziales) und Jury-Mitglied für die Verleihung des CSRPreises der Deutschen Bundesregierung. Josef Wieland ist Träger
des Max Weber Preises für Wirtschaftsethik sowie des Landesforschungspreises Baden-Württemberg.
Wichtigste Veröffentlichungen: Governance Ethics: Global value
creation, economic organization and normativity, New York et al.
2014 (1. Auflage), Normativität und Governance: Gesellschaftstheoretische und philosophische Reflexionen der Governanceethik, Marburg 2005.
Josef Wieland
Wirtschaftsethik
REFORMATION HEUTE
Sozialwissenschaftliches Institut der EKD (SI)
Stiftung Sozialer Protestantismus
Wirtschaftsethik
REFORMATION HEUTE
Herausgegeben vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD.
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Redaktion: Renate Giesler
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(10 Exemplare für 19,50 €)
Verlag © creo-media, Hannover . 1. Auflage (Juni 2016)
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30173 Hannover
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Inhalt
Luthers Wirtschaftsethik als paradoxe Kommunikation
7
Sechs Orientierungspunkte einer evangelischen Wirtschaftsethik
13
Management und Unternehmensführung
18
Neun Prinzipien guter Unternehmensführung
25
Literatur28
Josef Wieland
Wirtschaftsethik
In diesem Text geht es um das
Luther’sche Ökonomieverständnis
im Kontext seiner Ökonomiekritik
und deren Konsequenzen für die
Wirtschaftsethik und das Management der Gegenwart. Was ist aus den
Deutungskonstanten seines, auf eine
„Theologie der Wirtschaft“ abzielenden, Ökonomieverständnisses für
heute zu lernen? Welche Konsequenzen und theoretischen sowie konzeptionellen
Orientierungspunkte
einer modernen, global orientierten
evangelischen Wirtschaftsethik lassen sich hieraus herleiten? Was bedeutet das für die gegenwärtigen
Herausforderungen und Aufgaben
des Managements und der Unternehmensführung? Schließlich, was
gewinnt eine organisationale Ethik
dann, wenn sie die kollektive Form
der „Unternehmung“ programmatisch ernst nimmt und wenn sie das
Wesen der Firma als moderne Form
des Wirtschaftens, konsequent in
den Blick nimmt?
Luthers Wirtschaftsethik als
paradoxe Kommunikation
Das Folgende erhebt nicht den Anspruch einer theologischen Exegese,
sondern ist schlicht das, was ein
Ökonom liest, wenn er Luther liest.
Es wurde in einem Aufsatz aus dem
Jahre 1991 ausführlich erörtert1.
Luthers Einordnung des Ökonomischen in die Welt theologischer
Grundüberzeugungen erfolgt hier nur
in Form zusammenfassender Thesen:
1. Die Kontingenz menschlichen
Seins und die Unverfügbarkeit von
Welt
In seiner Abhandlung über den Zins
„An die Pfarrherrn, wider den Wucher
zu predigen, Vermahnung“ (Luther
1914, WA 51, S. 331 ff.) entwickelt
Luther ein Argument, das mir zentral
zu sein scheint für seine „Theologie
der Wirtschaft“. Die Rechtfertigung
des Zinses mit einem zukünftigen
Schaden oder Nutzenentgang lehnt
er ab mit dem Hinweis, dass dies
einer Überführung von Kontingenz
in Notwendigkeit gleich komme:
„possibili factum ex contingente
1 Wieland: 1991, siehe auch Wieland: 2011, 2004, 1998, 1997,
1992.
7
necessarium“ (Luther 1914, WA 51,
350). Die Herstellung von Zukunft,
der im Zins aufleuchtende Versuch,
so Luther, zukünftige Unsicherheit
über den Gang der Welt in gegenwärtig schon bestimmbare Sicherheit
zu verwandeln, ist sachlich undurchführbar und theologischmoralisch eine unkluge Anmaßung.
8
Eine evangelische Wirtschaftsethik
hätte demnach nicht die Aufgabe,
die Komplexität und Kontingenz
der Welt zu reduzieren, sondern
genau umgekehrt das Bewusstsein
darüber zu fördern und vor einem
naiven Glauben an Sicherheit und
Berechenbarkeit zu warnen.
2. Über menschliche Werke lässt Eine evangelische Wirtschaftsethik
hätte demnach die Aufgabe, zwischen
sich Heil nicht herstellen
rationaler Analyse wirtschaftlicher
Hier war der Ablassstreit mit der römi- Transaktionen und der selektiven
schen Kirche der paradigmatische Notwendigkeit ihrer moralischen
Ausgangspunkt, in dem Luther den Bewertung zu unterscheiden.
Versuch sah, gegenwärtige Finanzierungsprobleme einer Organisation 3. Christsein und Menschsein sind
durch die Ausgabe von „future op- eine paradoxe Relation
tions“, Bezugsrechte für zukünftiges
Heil, zu lösen. Seine Gegenposition Reich Christi/Reich der Welt, Evanwar pointiert: Heil lässt sich über- gelium/Gesetz, Person/Werk sind für
haupt nicht herstellen, sondern ist ein Luther trennscharfe UnterscheidunGeschenk der Gnade Gottes. Es geht gen, die Christsein und Menschsein
für ihn nicht um Werke, sondern um als „gleichursprüngliche Existenzeine personale Relation, um Glauben. relationen“ (Stock 1988, 12) und
In der Welt der Werke – und in die- „gegenseitiges Widereinander“ (Ebeser ist die Ökonomie angesiedelt – ling 1981, 240) fassen. Gläubiger
gibt es keinen Weg zum Heil, sondern Christ sein und Verantwortung in
Wirtschaft ist zwar eine wesentliche der Wirtschaft zu tragen ist kein
Bedingung des weltlichen Handelns, „Sowohl-Als-Auch“, sondern ein Paaber nur eine Randbedingung für radox: etwas ist, weil auch sein Gedas Streben des Menschen nach Gott. genteil ist. Daraus entwickelt er vier
Genau diese theologische Überzeu- Weisen oder Grade eines christligung, die Einhegung der Ökonomie in chen Wirtschaftens: 1. Sich nehmen
der Welt, bringt Luther in eine und rauben lassen sein Gut. 2. JederPosition, in der er sich mit ökonomi- mann umsonst geben, der es bedarf.
schen Fragen seiner Zeit sachlich 3. Leihen und borgen, ohne Zwang
und wirtschaftstheoretisch scharf- zu Rückgabe und Zins. 4. Kauf und
sinnig und gelegentlich auch en Verkauf nur auf dem Weg der Bardétail auseinandersetzen kann. Er zahlung (vgl. Luther 1899, WA 15,
wechselt nur dann in ein theo- 300-303). Beachten wir die soeben
logisch normatives Sprachspiel, wenn konstatierte paradoxe Struktur evangelischer Wirtschaftsethik, dann sind
er das Seelenheil bedroht sieht.
9
das keine auf Implementierung zielenden Handlungsanweisungen, weil
auch Luther weiß, dass eine weltliche Ökonomie so nicht funktioniert.
Deren funktionale Imperative lassen sich überhaupt nicht, und das
ist vielleicht für heutige evangelische Kritiker der Ökonomie interessant, aus dem Evangelium ableiten,
sondern ausschließlich aus den Gesetzen der Vernunft. Die vier Weisen christlicher Ökonomie bilden
vielmehr einen gegenstrebigen Pol
zur weltlichen Ökonomie, damit ein
Punkt existiere, von dem aus diese
hinterfragbar bleibt. Der ökonomische Determinismus wird auf diese
Weise mit Kontingenz ausgestattet,
damit Distanz und innere Freiheit
für gute und richtige wirtschaftliche
Entscheidungen möglich bleiben.
Das ist, so scheint mir, die Kernaufgabe einer evangelischen Wirtschaftsethik für Luther, nämlich die
paradoxe Struktur der Beziehung
von Religion und Welt zu entfalten.
Für die Wirtschaft seiner Zeit heißt
das für Luther: „Wucher mus sein,
aber wehe den Wucherern.“ (Luther
1914, WA 51, 354) Es ist die gesteigerte Unwahrscheinlichkeit der vier
Weisen christlichen Wirtschaftens
und der Bewertung des Wuchers als
paradoxe Konstruktionen, die ihnen
reale Wirksamkeit verleiht. Es ist
das Oszillieren von einem Pol zum
anderen, das die Wirtschaft der
Welt prägt, nicht die Entscheidung
nur für das eine oder das andere.
Gutes ist möglich in der Welt, aber
es gibt keinen ökonomisch determinierten Weg zum Guten. Die darin
enthaltene konstitutive Kontingenz
des Menschlichen muss ertragen
und bearbeitet werden. Standhalten
ist hier gefragt, weil ein Entfliehen
in eine sichere Welt, sei sie nun ökonomisch oder religiös, nicht möglich
ist.
5. Gewissen und Glauben im wirtschaftsethischen Handeln
4. Wirtschaftsethik – eine paradoxe Die Ökonomie gehört zur Welt, in
Antinomie
der nicht nur die Sünde herrscht,
sondern auch Knappheit. Ökonomik
Paradoxa sind zweiwertige Oppo- kann daher eine vernünftige und auf
sitionen, die einander nicht aus- Gutes zielende menschliche Kunst
schließen, sondern bedingen. Etwas sein. Diese Einsicht ist es, die Luther
ist nur, weil auch sein Gegenteil ist. immer wieder animiert, sich
10
analytisch und beratend mit ökonomischer Praxis (Zins, gerechter
Lohn, Preise und so weiter) zu beschäftigen. Der Versuch, das größere
Übel zu vermeiden, ist eine Pflicht.
Wenn unvollkommene Menschen
unter der Bedingung unvollständigen Wissens entscheiden und handeln, ist es Aufgabe des Trios
Vernunft, Gewissen und Glauben,
das richtige Maß zu finden. Dabei
geht es nicht um die Zielsteuerung
der Vernunft durch Gewissen und
Glauben, denn das ist nach dem bisher
Entwickelten dem Menschen nicht
zugänglich. Genauso gut könnte man
behaupten, ein Schiedsrichter steuere ein Fußballspiel in Hinblick auf
ein vorab bestimmtes Ziel. Gewissen und Glauben sind für Luther
Unterbrechungs- und Konditionierungsmechanismen, die Prinzipien
und Werte setzen, die die Richtung
einer Entwicklung bestimmen aber
nicht deren Ergebnis. Moralisches
und ökonomisches Scheitern, Dilemmata und Zielkonflikte sind in
einer von Unsicherheit, Kontingenz
und Paradoxien gezeichneten Welt
immer möglich und können nur,
gerade weil dadurch auch individuelle Entscheidungsräume und
Entscheidungsmöglichkeiten vorhanden sind, durch reflexive Distan-
zierung abgearbeitet werden. In
den Worten Luthers: „Darumb sihe
iderman zu, nach seinem gewissen
wenn, wo, wie viel und wem er solle
oder müsse leyhen oder geben. Hierin kan kein ander mas gesetzt […].“
(Luther 1914, WA 51, 393)
Gerade weil es kein theologisches
Maß in diesen Angelegenheiten gibt,
ist es für den Wirtschaftsmenschen
wichtig, sein Herz nicht an die Logik
ökonomischer Vernunft zu hängen.
Denn woran einer sein Herz hängt,
das ist sein Gott. Mammonismus
wäre demnach keine Frage der Höhe
des erzielten Einkommens, sondern
der Kognition und Motivation. Es ist
die intrapersonale Beziehung des
Christen zum Weltmenschen und die
interpersonale Beziehung der Weltmenschen zueinander, die den Kern
aller moralökonomischen Fragen
aus Sicht der evangelischen Wirtschaftsethik ausmachen. Dass darin
gelegentlich eine Nichtmöglichkeit
steckt, ist für Luther ein Charakteristikum menschlicher Existenz
schlechthin: „Dan der mensch
findet sich mit ym selbst schwerlich beladen.“ (Luther 1884, WA 2,
106) Manchmal bleibt nichts, als
sich selbst und den Anderen zu
ertragen.
11
Erwartungsunsicherheit, Kontingenz,
Paradoxa als Strukturmerkmale und
Gewissen und Glauben als nicht
hintergehbare kognitive und motivationale Ressourcen, Struktur und
Motivation als gegenstrebige Paradoxie, die nicht aufgelöst, sondern
nur prozessiert werden kann – das
sind die tragenden Elemente des
Luther’schen Ökonomieverständnisses.
„Eyn Christen mensch ist eyn freyer
herr über alle ding und niemandt unterthan. Eyn Christen mensch ist eyn
dienstpar knecht aller ding und yderman unterthan.“ (Luther 1897, WA 7,
21)
Gerade in dieser Differenz zwischen
Christen- und Weltmensch liegt die
Freiheit begründet – in einem für
den Menschen unaufhebbaren Widerspruch, der nur durch den Glauben zur christlichen, nicht weltlichen Freiheit führt.
Evangelische Theologen werden vermutlich Möglichkeiten sehen, das
Paradoxe des Luther’schen Wirtschaftsverständisses durch Asymmetrierung zu entparadoxieren und
zum möglichen Guten hin aufzulösen. Der Begriff der „Liebe“ könnte
dabei eine tragende Rolle spielen,
12
nämlich dann, wenn er im Hinblick
auf seine ganzheitliche Rolle im
Verhältnis des Menschen zu Gott
und seinen Mitmenschen begriffen wird. Die Differenz von Glaube
und Liebe könnte dafür in Stellung
gebracht werden, da sie der Unterscheidung von Person und Werk,
Christenmensch und Weltmensch,
entspricht.2 Als Mittler zwischen
Gott und dem Nächsten könnte sie
in der Form der Nächstenliebe und
der sich daran orientierenden Goldenen Regel3 moralische Wirksamkeit im wirtschaftlichen Entscheiden finden. Für eine evangelische
Wirtschaftsethik würde das die Argumentation erleichtern, weil sich
hier scheinbar theologisch-deduktiv
praktische „Lösungen“ auftun. Aber
wäre das nicht nur ein Versuch, die
Kontingenz menschlicher Existenz
zumindest ein Stück weit zurückzunehmen, eine „Welt ohne Welt“ anzunehmen? Ebeling scheint in diese
Richtung zu argumentieren, wenn er
darauf hinweist:
„Der Eindruck, daß wir es bei Glaube und Liebe gerade mit einer ungebrochenen Einheit und Ganzheit zu
2 Vgl. hier und für das Folgende Ebeling (1981), 178 ff.
3 Für die Bedeutung der Goldenen Regel in der Wirtschaft vgl. Luther
(1888), WA 6, 270 f.
tun haben und hier darum schwerlich
den Schlüssel finden zum Verständnis
des Antithetischen, welches das ganze
Denken Luthers in vielfacher Hinsicht
beherrscht, hält freilich genauerer
Prüfung nicht stand. Schon das dieses
Eine […] in der Weise der Unterscheidung zur Sprache kommen muß […]“
(Ebeling 1981, 180 f.) deutet auf ge-
genpolige Spannung.
Sechs Orientierungspunkte
einer evangelischen Wirtschaftsethik
Wir sind vor dem Hintergrund des
bisher Entwickelten nun in einer Position, nach den Konsequenzen für
eine moderne und global orientierte
evangelische Wirtschaftsethik zu fragen. Ich neige zu der Vermutung,
dass in der Luther’schen Konzeption
des Ökonomischen ein wesentlicher
Beitrag des Protestantismus im Entstehungsprozess der Neuzeit und
ihrer ökonomischen Form, des Kapitalismus, liegt. Letzterer gewinnt seine
Innovationskraft und Entwicklungsfähigkeit letztlich aus den Herausforderungen und Möglichkeiten der soeben entwickelten Denkformen der
Unsicherheit, Kontingenz, und Para-
doxie des Handelns. Ohne die Akzeptanz und das Suchen von Erwartungsunsicherheit und Risiko und
deren Transformation in neue Produkte, Dienstleistungen, Märkte und
Organisationsverfahren gibt es keinen
Gewinn. Der Schumpeter’sche Unternehmer und seine Mission der
„Schöpferschen Zerstörung“ (vgl.
Schumpeter 1943/1976, 81 ff.) verkörpern dieses Paradigma. Unternehmertum und kreatives Management
aber sind die eine Seite der Medaille.
Die andere ist die Bildung von Institutionen und Organisationen, deren
Funktion es war und auch noch ist,
Unsicherheit und Kontingenz zu
absorbieren und durch Spielregeln
Erwartungssicherheit zu stabilisieren.
Individuelle Entfaltungsmöglichkeiten im Rahmen von Regeln und
Verfahren, das ist eine der Antworten moderner Gesellschaften, um
mit der unaufhebbaren Unsicherheit menschlicher Existenz und der
Kontingenz sozialen Handelns produktiv umzugehen. Ich möchte im
nächsten Schritt der hier vorgetragenen Überlegungen nun knapp erörtern, inwieweit diese Konzeption
in der sich täglich und rasch entwickelnden Globalisierung eine
evangelische Wirtschaftsethik orientieren kann.
13
Orientierungspunkt 1: Kooperationskultur aufbauen und pflegen
Dass der Prozess der Herausbildung
einer auf fairen Austausch und produktive Kooperation zielenden und
auf modernen Kommunikations- und
Logistiktechniken basierenden Weltökonomie kulturelle Voraussetzungen
und Konsequenzen hat, ist unstrittig: Ohne die emotionale Bereitschaft
und Fähigkeit zur Kooperation kann
die Globalisierung nicht gelingen.
Der rationalistische „homo oeconomicus“ als paradigmatisches Leitbild des berechenbaren und alles der
Berechnung unterwerfenden Wirtschaftens im 19. und 20. Jahrhundert
kann dieses Anforderungsprofil an
die Führung ökonomischer Organisationen in der globalen Ökonomie,
um es sachlich zu sagen, nicht vollständig und zutreffend abbilden.
Eine wirksame Kritik am „homo
oeconomicus“ zielt nicht auf dessen angebliche, materielle und unersättliche Gier, die weder theoretisch-konzeptionell noch moralisch
zutreffend ist, sondern auf dessen
Unfähigkeit zum Management erfolgreicher moralökonomischer Transaktionen in einer durch Dynamik
und Erwartungsunsicherheit geprägten Welt. Der „homo oeconomicus“
14
ist eine hilfreiche wissenschaftliche Heuristik der Anpassung in
einer stabilen Maschinenwelt, aber
ein schlechter Manager der Dynamik
globaler Kooperationsprozesse. Es
geht um die Wahrnehmung des Anderen, um ein Handeln, das auf Inklusion und nicht Exklusion zielt.
Dies gilt auch für den nächsten
Orientierungspunkt.
Orientierungspunkt 2: Intersektorale
Governance
Die bekannte Doktrin „The Business
of Business is Business“4 führt unter
den hier skizzierten Bedingungen
schlichtweg zu schlechtem Business.
Die theoretische Kunstfigur „homo oeconomicus“ ist monolingual, spricht
nur die Sprache der Ökonomie,
wo hingegen es doch heute für Führungskräfte der Wirtschaft darauf
ankommt, sich im Gespräch mit der
Öffentlichkeit, mit Politik und Nichtregierungsorganisationen genauso zu
bewegen, wie im Gespräch mit Kunden und Kreditgebern. Die Beherrschung einer Vielzahl gesellschaftlicher Sprachspiele und das selbstverständliche,
sachkundige
und
akzeptierte Agieren in den unterschiedlichsten Handlungskulturen,
theoretischer ausgedrückt, Polylin4 Siehe auch die klassische Formulierung von Milton Friedman:
„In such an economy, there is one and only one social responsibility of business – to use its resources and engage in activities
designed to increase its profits so long as it stays within the rules
of the game, which is to say, engages in open and free competition
without deception and fraud.” Friedman (1962/2002), 133.
gualität und Polykontextualität, sind
wesentliche Kriterien für die Exzellenz von Führung. Auf soziale
Innovationen abzielende Aufgabenstellungen wie „Energiewende“,
„Klimawandel“, „Wachstum durch
Urbanität“, „Inklusion aller Stakeholder“ sind mit den Anpassungsmechanismen des „homo oeconomicus“ nicht zu realisieren. Führungskräfte und Entscheidungsträger der
Wirtschaft müssen die Fähigkeit zu
intersektoraler Governance entwickeln und besitzen, also die Fähigkeit, die Handlungslogiken anderer
gesellschaftlicher Bereiche zu ihrem
jeweiligen Eigenwert zu rekonstruieren und diese in den eigenen Entscheidungen und in ihrem Handeln
zu berücksichtigen.
Orientierungspunkt 3:
Transkulturalität
Was in einer zunehmend global vernetzten Welt von Funktionseliten, also
auch der evangelischen, erwartet
wird, ist Transkulturalität: Umgang
mit und das Leben in kulturellen
Mehrfachbezügen, die Aufgabe von
Containermentalitäten und die Bereitschaft zum gleichberechtigten
Austausch. Transkulturalität aber ist
nicht gleichzusetzen mit Interkul-
turalität und Multikulturalität, die
auf die Identität der Akteure und
letztlich auf Differenzen abstellen.
Transkulturalität ist keine eigene
Identität, sondern verbindet Identitäten. Sie basiert auf pro sozialem
Verhalten und auf „shared values“,
auf gemeinsam geteilten, weil gemeinsam gelebten Erfahrungen. Die
Wertschätzung von Diversität ist
ohne ein gewisses Maß an gemeinsamen Kooperationserfahrungen nicht
zu haben. Gemeinsame Kooperationserfahrungen setzen aber ihrerseits
für ein Mindestmaß an Wertschätzung für Diversität voraus. Das Innovationspotential kultureller Mehrfachbezüge ist nicht ohne ein gemeinsames Band in dieser Weise
geteilter Überzeugungen zu haben.
Hinzu kommt: Das freie Spiel multipler Individualität kann nicht ohne,
von allen Spielern akzeptierte und
durchsetzbare, Prinzipien und Werte
gelingen. Küng, Leisinger und Wieland haben dazu einen Vorschlag
in der Sache gemacht, ein Manifest
für ein globales Wirtschaftsethos,
das auf dem transkulturell geteilten
Wert „Humanität“ basiert, der sich
in allen Kulturen findet, weil ohne
ihn Zivilisation und Kooperation
nicht möglich sind (vgl. Küng, Leisinger, Wieland 2010).
15
Orientierungspunkt 4: Integrität und
Persönlichkeit
Inhaltlich geht es in den heutigen
gesellschaftlichen Bewegungen um
die Nachhaltigkeitsziele der UN, um
Sozialstandards, um faire Löhne, um
die Abschaffung oder Eindämmung
von Kinderarbeit, um Nichtdiskriminierung – also um Menschenrechte
und die Integrität des Managements.
Letztere ist heute ein unbestimmter
Rechtsbegriff, der vor Gericht darüber
entscheidet, ob ein Compliance-System eines Unternehmens deshalb
wirksam ist, weil es auf sorgfältiger
Risikoprüfung und dem moralischen
Charakter der Führungskräfte dieses
Unternehmens basiert. Dies ist traditionell ein Feld der christlichen Wirtschaftsethik, das in den hier nur
skizzierten Handlungsfeldern einen
anwendungsbezogenen Referenzpunkt findet.
Orientierungspunkt 5: Shared Value
und Shared Values
Was sich gegenwärtig in der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Praxis vollzieht, ist die Definition der
integralen Normativität unternehmerischer Tätigkeit, ja mehr noch, die
Definition der immer schon existie-
16
renden und nunmehr von der Gesellschaft offen eingeforderten moralischen Seite der Firma, die sich in der
Erzeugung von „shared value“ (vgl.
für dieses Konzept Porter/Kramer 2006
und 2011) realisiert. Wer diese neuen
Managementaufgaben wie die Denkschrift „Unternehmerisches Handeln
in evangelischer Perspektive“ als
„neben der zentralen unternehmerischen Aufgabe, Produkte und Dienstleistungen effizient zu erbringen
und erfolgreich zu wirtschaften […]“
(EKD-Denkschrift 2008, 102) angesiedelt sieht, der reagiert mit den
traditionellen ordnungspolitischen
Vorstellungen der Bundesrepublik
Deutschland, aber nicht auf die globalen ordnungspolitischen Heraus-
forderungen für alle Akteure der
Gesellschaft zur Gestaltung einer
irreversibel sich entwickelnden globalen Welt.
Orientierungspunkt 6: Global akzeptierte Wertestandards
Was wir in den letzten Jahrzehnten
parallel zur Globalisierung von Politik und Wirtschaft beobachten konnten, ist die Herausbildung einer globalen normativen Ordnung, global
akzeptierter Standards guten Handelns in der Wirtschaft und der Unternehmensführung, an deren Entwicklung und praktischen Implementierung sich eine evangelische Wirtschaftsethik beteiligen sollte. Ich
nenne hier nur die wesentlichsten:
der UN Global Compact, die UN
Guiding Principles on Business and
Human Rights, die OECD Guidelines
for Multinational Enterprises, die
ILO Core Norms und die ISO 26 000
Social Responsibility5. Es scheint
nicht klar, ob und in welcher Weise
die evangelischen Leitfäden und
Denkschriften zu Wirtschaft und
Ethik die Bedeutung dieser Standards guten Handelns, die Bedeutung der Bewegung für „Corporate
Social
Responsibility“,
„Corporate Citizenship“, „Integrity
and Compliance Management“, für
„Millennium Development Goals“
und „Sustainable Development
Goals“ wirklich realisiert haben.
Die Inhalte und Grenzen moralischen
Handelns in einer globalen Welt
zu definieren und mit Leben zu
erfüllen, ist heute Alltagsgeschäft
für wirtschaftliche Akteure, vor allem
für Unternehmen und Konsumenten.
Die Aufgabe von Unternehmen und
Managern ist heute keineswegs
mehr darauf beschränkt, extern
vorgegebenen moralischen Standards zu folgen, sondern sie sind
längst selbst Teil des Prozesses der
Standardsetzung für eine global
akzeptierte normative Ordnung geworden.
5 Für eine Übersicht und Einordnung dieser unterschiedlichen Standards vgl. Wieland (2013), 53 ff.
17
Management und
Unternehmensführung
Eine Unternehmensethik, gleichsam
eine Ethik für individuelle und kollektive Akteure, welche die organisationale Form der „Unternehmung“
ernst nimmt, muss zwingenderweise
das Wesen der Firma, als moderne
Form des Wirtschaftens, in den Blick
nehmen. Wie ich bereits ausgeführt
habe, findet die Luther‘sche Konzeption einer Wirtschaftsethik ihren
Ausdruck in den Strukturmerkmalen von Erwartungsunsicherheit,
Kontingenz und Paradoxa, sowie in
Gewissen und Glauben als motivationale Ressourcen. Motivation und
Struktur sind demnach nicht als
ineinander auflösbare, sondern als
prozessual zu verarbeitende Paradoxie zu verstehen. Diese tragenden
Elemente des Luther’schen Ökonomieverständnisses lassen sich in
ihrem doppelten Ausdruck auch für
die Umsetzungslogik moderner Managementstrukturen und Führungskompetenzen innerhalb der Organisation Unternehmung denken.
Sorgfaltspflichten wider. Unternehmen und ihre Führung stehen heute
vor der Aufgabe, die Bedingungen
ihres rechtmäßigen Handelns sowie
die moralische Integrität ihrer Wertschöpfung auch und gerade im Hinblick auf umfängliche, effiziente und
adaptive Integritäts- und Compliance
Mechanismen zu gewährleisten. Der
Begriff der „risk based due diligence“
beschreibt nicht nur strategisch-normative Anforderungen der Unternehmen hinlänglich, sondern muss
als ein Prinzip verantwortlicher und
proaktiver wirtschaftlicher Unternehmen in einer globalen Ökonomie
verstanden werden (vgl. Wieland
2014).
Dass sich in den Bereichen, in denen
es keine ausreichende Gesetzgebung
oder anderweitig wirksame Regularien gibt, für Unternehmen Risiken
ergeben, die allein unter formalen
und ausschließlich rechtsbasierten
Compliance-Programmen nicht erkannt werden, zieht die Konsequenz
der freiwilligen Selbstverpflichtung
für Unternehmen und Management
nach sich.
Dabei spiegelt sich die Grundlage
der Absorption und Integration von Um vor dieser Folie den beschriebeUnsicherheit in der Anforderung an nen Herausforderungen einer global
die Wahrnehmung risikobasierter wirksamen Wirtschaftsethik gerecht
18
zu werden, bedarf es eines werteorientierten Integritätsmanagements,
welches auf die Kodifizierung moralischer und ethischer Standards der
Unternehmensführung abzielt.
Wie aber kann dies gelingen? Die Konsequenz für Management und
Unternehmensführung liegt in der
Etablierung einer moralisch orientierten Führungskultur und deren
Integration in ein Wertemanagementsystem. Für Unternehmen und
deren Führung sind Werte handlungsleitend, sie liefern Entscheidungs-
und Handlungsorientierung. Einer
der Pioniere des Wertemanagements war der nordamerikanische
evangelische Theologe Charles S.
McCoy, der diese grundlegenden
Prinzipien auch praktisch gelehrt
hat (vgl. McCoy 1985). Dabei geht
es nicht nur um moralische Werte,
sondern um die Balancierung von
Leistungs-, Kooperations-, Kommunikations- und Moralwerten, wobei
sich jede Organisation durch eine
eigene, spezifische Mischung und
Ausprägung der Werte auszeichnet
(vgl. hierzu Wieland 2014, 161 ff.).
19
Die Erfassung der Werte von und in
einer Organisation erfolgt üblicherweise in entsprechenden Grundwertekatalogen oder Unternehmensleitlinien, „Code of Ethics“ oder
„Code of Conduct“. In Gänze verleihen Werte einer Organisation Identität, sie vermitteln sie als Verhaltens-
Leistungswerte
Kommunikationswerte
Nutzen
Kompetenz
Leistungsbereitschaft
Flexibilität
Kreativität
Innovationsorientierung
Qualität
Achtung
Zugehörigkeit
Offenheit
Transparenz
Verständigung
Risikobereitschaft
Kooperationswerte
Moralische Werte
Loyalität
Teamgeist
Konfliktfähigkeit
Offenheit
Kommunikationsorientierung
Integrität
Fairness
Ehrlichkeit
Vetragstreue
Verantwortung
Abb 1: Werteviereck der Organisation. Wieland 2004, 24
20
erwartung nach innen und außen
und gewährleisten dadurch Kooperationspartnern gegenüber Erwartungssicherheit. Die Implementierung eines Wertemanagements gelingt jedoch nur, wenn die kodifizierten Werte einer Organisation
Eingang in deren Prozesse und Ver-
fahren(Personalauswahl,Lieferantenbewertung, Boni-Systeme usw.) findet
und entsprechend transparent kommuniziert wird. Hierfür bedarf es der
gezielten Planung, Koordination und
Integration entsprechender Strukturen in die relevanten strategischen
Bereiche des Unternehmens. Dies
ist in erster Linie Führungsaufgabe
und stellt insofern auf die motivationalen Ressourcen des obersten
Managements ab. Führungsstil und
Führungskultur beeinflussen diese
Dynamik als wesentliche Erfolgsfaktoren. Dabei geht es um Integrität, um Charakterbildung, um die
Fähigkeiten der Führungskraft, moralische Werte und Prinzipien im
Geschäftsalltag zu leben (vgl.
Wieland 2014, 25 ff.). Das Schaubild 2 zeigt diesen Führungs- und
Managementprozess in seinen Zusammenhängen.
Das Wertemanagement zielt auf die
Bildung von individueller Führungsund Organisationskompetenz zur
Absorption von Kontingenz und Entscheidungsparadoxien und schafft
dadurch lokale Erwartungssicherheit
in einer durch Unsicherheit grundlegend geprägten Welt. Hier treffen
wir wieder auf Luthers Verständnis
der ökonomischen Welt.
21
Wertemangementsystem
Code of Ethics
Werteorientierung
Führungskultur
Unternehmenskultur
22
Tone from the top & walk the talk
Führungsstil
Kommunikation
Integrity & Compliance
Management
CSR Management
Sustainability
Management
Compliance Office
CSR Office
Sustainability Board /
Nachhaltigkeitsrat
Code of Coconut
...
UN Global Compact
...
Sustainability guidelines
Responsible care
...
Compliance-Prozess
Compliance-Verhalten
Compliance-Richtlinien
-Anweisungen, -Prozesse
Audit
Compliance-Organisation
...
Lead process
Qualitäts-Management
Contrast management
...
Management der
Wertschöpfungskette
Energie-, Wasser-, AbfallManagement
Grüne Produkte
...
Training
Integritätsprüfung
Personalauswahl
Compliance-Erklärung
Disziplinarmaßnahmen
Audit-Organisation
Personalauswahlverfahren
Karriereplanung,
Vergütung, Boni
...
Training
Lieferanten-Management
Projekte (Kinderarbeit,
Umwelt, Menschenrechte)
Personalauswahlverfahren
Karriereplanung,
Vergütung, Boni
...
Bildungsprogramme
Personalentwicklung
Work-life-balance
Programme
...
Abb. 2 Wertegetriebenes Integritäts- und Compliance-Management (CMS). Wieland 2014, 25
Strategische Ebene
Normatives
Strategisches
Management
Operative Ebene
Organisation
Standard
Bereiche
Instrumente
Mit dieser Charakterisierung sind
auch grundlegende Herausforderungen für die gegenwärtige und zukünftige Führung von Unternehmen
beschrieben. Aus dieser Perspektive
lässt sich erkennen, dass die „Gesellschaftliche Verantwortung von
Wirtschaftsunternehmen“, die Corporate Social Responsibility (CSR)
keineswegs „neben der zentralen
unternehmerischen Aufgabe“ (EKDDenkschrift 2008, 102) anzusiedeln,
sondern deren Grundlage ist. Folglich ist auch eine Hierarchisierung
von Kerngeschäft und moralischem
Engagement im Geiste Luthers
nicht nur theologisch, sondern gesellschaftspraktisch problematisch,
etwa dann, wenn es sich nicht
„lohnt“, aber notwendig wäre, in
gesellschaftliche Verantwortung zu
investieren. Weder die Unterscheidung zwischen „Zentral-“ und „Nebengeschäft“ noch die vage Vermutung und Hoffnung, dass auch das
„Nebengeschäft“, zumindest „langfristig“ (wie lang ist „langfristig“ eigentlich?) lohnend sein könnte, sind
theologisch und wirtschaftspraktisch hilfreich. Eine evangelische
Wirtschaftsethik sollte sich nicht auf
diese schiefe Argumentationsebene
begeben, sondern kann Anderes und
Eigenes anbieten.
23
24
Gesellschaftliche Verantwortung gehört zum Kerngeschäft des Unternehmens, ökonomische Wertschöpfung und moralische Werthaltung
sind zwei Seiten einer Medaille.
V.
Neun Prinzipien guter
Unternehmensführung
Eine Synopse der heute wirksamen,
global akzeptierten Standards vor
dem Hintergrund der beschriebenen und diskutierten Aufgaben für
Management und Unternehmensführung führt zu folgenden Prinzipien
und Werten guten wirtschaftlichen
Handelns:
4. Sorgfalt: Kenne die wirtschaftlichen, technischen, politischen, kulturellen und moralischen Risiken
Deiner wirtschaftlichen Transaktionen und prüfe sie sorgfältig!
5. Wirkung: Kenne die Konsequenzen Deines Handelns und versuche,
negative Wirkungen zu vermeiden
sowie positive zu verstärken!
6. Effektivität: Unternehmerisches
Engagement, ökonomisches und moralisches, muss wirksam sein!
7. Transparenz: Handle so, dass
Dein, die Gesellschaft berührendes,
Entscheiden und Handeln nachvollziehbar und dokumentiert sind!
8. Kontrolle: Analysiere (selbst-)
1. Integrität: Fördere die Unterneh- kritisch die Brauchbarkeit und Effekmenswerte im Alltäglichen und über tivität Deiner Führungsleistung!
legale Compliance hinaus!
9. Reporting: Berichte angemessen
2. Shared Value: Richte Dein Han- über Deine wirtschaftliche, geselldeln an der Wertschöpfung für alle schaftliche und ökologische Leistung!
Stakeholder des Unternehmens aus!
Es ist die bereits angesprochene Ba3. Inklusion: Integriere die Interes- lancierung von wirtschaftlichen,
sen aller relevanten und involvierten moralischen, Kommunikations- und
Stakeholder in Dein Entscheiden Kooperationswerten, die sich in dieund Handeln!
sen neun Prinzipien der Unternehmensführung spiegelt.
25
Es braucht nicht viel theoretische
Phantasie um zu erkennen, dass
die Konzeption des Ökonomischen
bei Luther, also die Aufforderung
Luthers, sich in dieser Welt ökonomisch und moralisch angemessen
zu bewegen, als Verschränkung von
individueller Moral und ökonomischer Struktur in jedem dieser
Prinzipien virulent ist. Nicht hintergehbare Strukturmerkmale ökonomischen Handelns heißt: Erwartungsunsicherheit, Kontingenz und
Paradoxie. Individuelle Motivationsressourcen heißt: Gewissen, Glaube
und Liebe. Das zu erkennen hilft
vielleicht zu verstehen, dass der
Protestantismus sich als Ressource
und moralischer Treiber in der Entwicklung einer modernen und vernetzen Welt positionieren kann. Globalisierung ist dann nicht etwas, an
dem man leidet, nicht mehr länger
ein Angst- und Kampfbegriff, sondern ein positiv konnotierter und
tief im Protestantismus eingelassener Lebensstil. Ein Lebensstil, der
realisiert hat, dass die Menschen in
ihrem Alltag in den verschiedensten
Welten leben, aber am Ende des Tages eben auch in einer Welt, für deren Gestaltung sie Verantwortung zu
übernehmen haben.
26
27
Literatur
Ebeling, Gerhard (1981): Luther. Einführung in sein Denken. Tübingen: Mohr.
EKD-Denkschrift (2008): Unternehmerisches Handeln in evangelischer Perspektive. Eine
Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus.
Friedman, Milton (1962/2002): Capitalism and Freedom. Chicago: University of Chicago Press.
Küng, Hans / Leisinger, Klaus M. / Wieland, Josef (2010): Manifest Globales Wirtschaftsethos /
Manifesto Global Economic Ethic. München: dtv.
Luther, Martin (1914): WA Band 51: An die Pfarrherrn, wider den Wucher zu predigen,
Vermahnung. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 331-424.
Luther, Martin (1899): WA Band 15: Von Kaufshandlung und Wucher. Weimar: Hermann
Böhlaus Nachfolger, 279-322.
Luther, Martin (1888): WA Band 6: Von den guten Werken. Weimar: Hermann Böhlaus,
197-276.
Luther, Martin (1897): WA Band 7: Von der Freiheit eines Christenmenschen. Weimar:
Hermann Böhlaus Nachfolger, 12-38.
Luther, Martin (1884): WA Band 2: Auslegung deutsch des Vaterunsers für die einfältigen
Laien. Weimar: Hermann Böhlaus, 4-130.
McCoy, Charles S. (1985): Management of Values. The Ethical Difference in Corporate Policy
and Performance. Pensacola: Ballinger Publishing.
Porter, Michael.E. / Kramer, Mark R. (2006): Strategy and Society: The Link Between Competitive Advantage and Corporate Social Responsibility. In: Harvard Business Review 84 (12),
78–92.
Porter, Michael E. / Kramer, Mark. R. (2011): Creating Shared Value. How to Reinvent Capitalism – and Unleash a Wave of Innovation and Growth. In: Harvard Business Review 89 (1/2),
62-77.
Schumpeter, Josef A. (1943/1976): Capitalism, Socialism and Democracy. London: Allen &
Unwin.
Stock, K. (1988): Das Menschenbild der reformatorischen Theologie. Sozialethische Implikationen. In: Theologische Aspekte der Wirtschaftsethik V (Loccumer Protokolle), 1-20.
Wieland, Josef (2016): CSR – Shared value creation through intersectoral governance, in:
Sacconi, L., Degli Antoni, G. (Hg.): Handbook on the economics of social responsibility: individuals, corporations and institutions. Cheltenham: Edward Elgar (in Druck).
Wieland, Josef (2014): Integritäts- und Compliance-Managements als Corporate Governance –
konzeptionelle Grundlagen und Erfolgsfaktoren, in: Wieland, J., Steinmeyer, R., Grüninger,
S. (Hg.): Handbuch Compliance Management. Berlin: ESV, 15-41.
28
Wieland, Josef . (2013): Governancestrukturen des Gemeinwohls – Eine wirtschaftsethische
Skizze. In: Kempf, E., Lüderssen, K., Volk, K. (Hg): Gemeinwohl im Wirtschaftsstrafrecht. Berlin/Bosten: de Gruyter, 45-64.
Wieland, Josef . (2011): Globale Sozialstandards und die Herausforderungen für die Evangelische Sozialethik. In: Becker, D., Höhmann, P.: Kirche zwischen Theorie,Praxis und Ethik:
Festschrift zum 80. Geburtstag von Karl-Wilhelm Dahm. Mit einem Grußwort von Nikolaus
Schneider, Ratsvorsitzender der EKD. Frankfurt: AIM, 331-341.
Wieland, Josef (2004): Das Böse - Eine Kraft, die Gutes schafft? Ökonomische Erwägungen. In:
Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hrsg.): Leben im
Schatten des Bösen. Gespräche zu einer ungelösten Menschheitsfrage. Neukirchen-Vluyn:
Neukirchener Verlagshaus.
Wieland, Josef (1998): Globalisierung und unternehmerische Verantwortung. In: Evangelischer
Pressedienst (epd) 2/1998.
Wieland, Josef (1997): Die Kirche als ökonomischer Akteur. In: Zeitschrift für Evangelische
Ethik (ZEE) 2/1997.
Wieland, Josef (1992): Wirtschaftsordnung und evangelische Sozialethik. In: Zeitschrift für
evangelische Ethik (ZEE) 3/1992.
Wieland, Josef (1991): „Wucher muß sein, aber wehe den Wucherern“. Überlegungen zu
Luthers Konzeption des Ökonomischen. In: Zeitschrift für Evangelische Ethik (ZEE) 4/1991.
Nachgedruckt in: Furger, F., Lienkamp, A., Dahm, K.-W. (1996) (Hg.): Einführung in die Sozialethik. Münster, 115-134.
www.luther2017.de: Mensch und Mammon: Gespräch mit dem Nürnberger Theologieprofessor
Ralf Frisch. Vollständiger Link: http://www.luther2017.de/23667/geld-hat-nicht-die-goettlicheallmacht-die-wir-ihm-geben?contid=23677 (14.04.2014).
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