Eine überraschende Wende: Fasten bei Krebs

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Journal Club
Forsch Komplementmed 2015;22:405–409
DOI: 10.1159/000443025
Der Journal Club in der vorliegenden Ausgabe der Forschenden
Komplementärmedizin greift drei Studien auf, deren Themengebiete zu den
Herzstücken der Naturheilkunde gehören. Zunächst wird eine Pilotstudie
vorgestellt, die die Wirksamkeit des Fastens bei Chemotherapie untersucht;
gefolgt von einer Studie, in der die Zusammenhänge zwischen gesunder
Ernährung und der Darmflora bzw intestinalen Mikrobiota analysiert
untersucht wurden, und schließlich eine Kohortenstudie aus Finnland,
wonach Sauna starke kardiovaskulär präventive Effekte aufweist. Das
Themenspektrum und der Publikationsrahmen lassen einen fast verwundert
die Augen reiben, und man fragt sich, ob die Naturheilkunde nun plötzlich
zum Kanon der konventionellen Medizin gehört. Am Beispiel der derzeit
geradezu omnipräsenten Mikrobiom-Forschung wird aber auch deutlich, dass
naturheilkundlicher Pioniergeist nicht unbedingt in Anerkennung, sondern
eher in stiller Assimilation münden kann. Zwar wird in der Naturheilkunde
seit Jahrzehnten die intestinale Mikrobiota in der erweiterten Diagnostik und
Therapiewahl stark beachtet und integriert, beim jetzigen Hype um das
Thema werden diese Wurzeln aber nirgends erwähnt. Man wird gespannt
sein, ob es dem Heilfasten in naher Zukunft besser ergehen wird.
Dennoch soll die Freude über die wachsende Forschungsaktivität zu
diesen interessanten Themen und den Revivals naturheilkundlicher
Therapien überwiegen. Ich wünsche ihnen, liebe Leser der Forschenden
Komplementärmedizin, eine anregende Lektüre.
Andreas Michalsen, Berlin
Background: Preclinical evidence shows that short-term fasting (STF) protects healthy cells against side effects of chemotherapy and makes cancer cells
more vulnerable to it. This pilot study examines the feasibility of STF and its
effects on tolerance of chemotherapy in a homogeneous patient group with
early breast cancer (BC). Methods: Eligible patients had HER2-negative, stage
II/III BC. Women receiving (neo)-adjuvant TAC (docetaxel/doxorubicin/cyclophosphamide) were randomized to fast 24 h before and after commencing
chemotherapy, or to eat according to the guidelines for healthy nutrition. Toxicity in the two groups was compared. Chemotherapy-induced DNA damage in
peripheral blood mononuclear cells (PBMCs) was quantified by the level of
γ-H2AX analyzed by flow cytometry. Results: Thirteen patients were included of
whom seven were randomized to the STF arm. STF was well tolerated. Mean
erythrocyte- and thrombocyte counts 7 days post-chemotherapy were significantly higher (P = 0.007, 95 % CI 0.106–0.638 and P = 0.00007, 95 % CI 38.7–
104, respectively) in the STF group compared to the non-STF group. Non-­
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hematological toxicity did not differ between the groups. Levels of γ-H2AX were
significantly increased 30 min post-chemotherapy in CD45 + CD3- cells in nonSTF, but not in STF patients. Conclusions: STF during chemotherapy was well
tolerated and reduced hematological toxicity of TAC in HER2-negative BC patients. Moreover, STF may reduce a transient increase in, and/or induce a faster
recovery of DNA damage in PBMCs after chemotherapy. Larger studies, investigating a longer fasting period, are required to generate more insight into the
possible benefits of STF during chemotherapy. Trial registration: ClinicalTrials.
gov: NCT01304251, March 2011.
Eine überraschende Wende: Fasten bei
Krebs
Kommentar – Andreas Michalsen, Berlin
Manifeste Krebserkranken galten bis vor wenigen Jahren als unumstößliche, absolute Kontraindikation des therapeutischen Fastens
und/der kalorischen Restriktion. Die eindeutigen Befunde, dass
­Tumorkachexie bzw. Gewichtsverlust mit schlechter Prognose einDownloaded by:
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de Groot S, Vreeswijk MPG, Welters MJP,
Gravesteijn G, Boei JWA, Jochems A, Houtsma D,
Putter H, van der Hoeven JM, Nortier JWR,
Pijl H, Kroep JR: The effects of short-term fasting
on tolerance to (neo) adjuvant chemotherapy in
HER2-negative breast cancer patients: a randomized
pilot study. BMC Cancer 2015;15:652.
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Die Autoren schlussfolgern, dass die Studie erste Evidenz liefert,
dass kurzzeitiges Fasten die Knochenmark-Toxizität unter Chemotherapie reduziert und eine weitere klinische Evaluation dieses
­innovativen Ansatzes dringend geboten ist. Dieser Einschätzung ist
uneingeschränkt zuzustimmen. Insbesondere vor dem Hintergrund
der kleinen Fallzahl weisen die dennoch statistisch signifikanten
Gruppenunterschiede auf eine potenzielle große Effektgröße der
Fastenintervention. Darüber hinaus erscheint das Fasten im vorliegenden Protokoll noch nicht optimiert. Eingesetzt wurde eine
48-stündige Periode. Nach den Daten von Longo und Mitarbeitern
sind aber 60–72 h als optimale Periode anzusehen, um eine maximale Wirksamkeit zu erreichen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, das Fasten mindestens 24 h nach Abschluss der Chemotherapie fortzusetzen, um eine Proliferation und konsekutive Mutagenität gesunder Körperzellen während des Wiederanstiegs von IGF-1
bei noch hohen Chemotherapie-Toxinspiegeln zu vermeiden.
Darüber hinaus wurden im vorliegenden Tagprotokoll auch Dexamethason-Injektionen vorgenommen. Darunter kam es zu Anstiegen
von Glucose- und Insulinspiegeln. Dexamethason wird insbesondere
als Antiemetikum und zur Reduktion der Flüssigkeitsretention und
Hypersensivitätsreaktionen bei Docetaxel gegeben. Jedoch führt Dexamethason durch die Anstiege von Glucose, Insulin und IgF-1-Spiegeln
ungünstigerweise zu einer Abschwächung der wesentlichen postulierten Wirkmediatoren des Fasteneffektes. Die onkologische Arbeitsgruppe aus Leiden plant nun eine große neue Studie, bei der die prophylaktische Dexamethason-Gabe im Fastenarm ausgesetzt wird. Darüber hinaus soll bei dieser Studie keine Nulldiät, sondern eine ‘fasting
mimicking diet’ (FMD) eingesetzt werden. FMD beinhaltet eine hypokalorische vegane Ernährung in Form von Convenience-Fertigprodukten mit einer Gesamtkalorienmenge von 600–900 kcal/Tag. Die
amerikanische Arbeitsgruppe hat konsequent auf diese Produktenwicklung hingearbeitet, da die Adhärenz mit ausschließlichem Wasserfasten in den dortigen Populationen sehr eingeschränkt war. Vermutlich scheint dies bei Studien in der deutschen Bevölkerung anders
zu sein. Bekanntlich hat dort das Heilfasten eine lange Tradition und
wird als gesundheitsfördernde Maßnahme sehr geschätzt. In einer eigenen, gerade abgeschlossenen ersten klinischen Pilotstudie zur Wirkung des Kurzzeit-Buchinger-Fastens bei Chemotherapie konnten wir
eine gute Adhärenz/Compliance feststellen. Ergebnisse dieser Studie
werden wir in Kürze publizieren. Sollte sich die Hypothese Longos bestätigen, dass Fasten zu einer signifikanten Verbesserung der Chemotherapie-Toleranz führt, scheint es wichtig, auch ohne großen Zeitaufschub die zweite Hypothese Longos zu überprüfen: In seinen tierexperimentellen Daten zeigte sich für eine Vielzahl von Tumoren auch eine
Reduktion der Tumorprogression unter intermittierendem Fasten.
Address for Reprints: Stefanie de Groot, MD, Department of Medical Oncology, Leiden University Medical Center, Albinusdreef 2, P.O.
Box 9600, 2300, RC, Leiden, The Netherlands, [email protected]
Kontaktadresse: Prof. Dr. med. Andreas Michalsen, Abteilung
für Naturheilkunde, Immanuel Krankenhaus und Charité –
Universitäts­
medizin Berlin, Königstraße 63, 14109 Berlin,
Deutschland, [email protected]
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hergehen, standen jedweden fastentherapeutischen Überlegungen zu
sehr entgegen. Im Gegensatz hierzu zeigte umfangreiche experimentelle Forschung zur kalorischen Restriktion in den letzten zwei Jahrzehnten, dass diese Maßnahme sowohl mit einer Reduktion der
Krebsinzidenz als auch der der Tumorprogression bei den meisten
Tumoren verbunden ist. Im Kontext der Forschung zur kalorischen
Restriktion konnte weiter belegt werden, dass das intermittierende
Fasten gleichwertige präventive Effekte zeigt, zudem zu einer signifikanten Reduktion von metabolischen und hormonellen Risikofaktoren der Krebsentstehung führt, jedoch nicht mit einer relevanten Gewichtsreduktion oder Untergewicht einhergeht. Im Folgenden waren
es die Meilensteinpublikationen der Arbeitsgruppe um Valter Longo
von der University of Southern California, die tierexperimentell für
eine Vielzahl von Tumoren günstige Wirkungen des Kurzzeitfastens
eindrücklich belegen und die zugrundeliegenden Mechanismen, insbesondere die Absenkung von IGF-1, identifizieren konnten.
Darüber hinaus wurde deutlich, dass experimentell kurzzeitiges
Fasten auch zu einer signifikanten Reduktion Chemotherapie-­
assoziierter, unerwünschter Wirkungen führt. Dieses Phänomen
wurde als «differentielle Stressresistenz» (DSR) bezeichnet. Dem
liegt der Befund zugrunde, dass gesunde Zellen bei Nahrungsdeprivation Signalwege des Wachstums runterregulieren und metabolische Erhaltungs- und Reparaturmechanismen fördern, während Krebszellen zu dieser protektiven Reaktion aufgrund der unkontrollierten Aktivierung von Wachstumssignalwegen durch die
onkogenen Mutationen nicht in der Lage sind. Daraus resultiert in
der Situation der Chemotherapie mit weitgehender Glucose- und
Proteindeprivation eine Protektion der gesunden Körperzelle und
eine vermehrte Vulnerabilität der Krebszellen.
Longo und Mitarbeiter stellten zudem in einer ersten Fallserie
bei zehn Patienten mit unterschiedlichen Krebsformen die Durchführbarkeit des Kurzfastens bei über 60–72 h dar und konnten
über diese Begleitmaßnahme eine Schwächung der Nebenwirkungen aufzeigen. Ausstehend ist nun die Translation und Evaluation
dieser experimentellen Befunde in bzw. durch klinische Studien.
Die vorliegende Arbeit der onkologischen Arbeitsgruppe aus Leiden publiziert die Ergebnisse aus einer ersten kleinen Pilotstudie
zum Thema Fasten bei Chemotherapie.
Eingeschlossen wurden 13 Patientinnen mit homogen charakterisierter Brustkrebserkrankung, die neoadjuvant ein TAC-Protokoll erhielten. Nach Randomisierung wurden 7 Patientinnen dem
Kurzzeitfasten zugeordnet, 6 Patientinnen dienten als Kontrolle.
Das Fasten umfasste eine Periode von 24 h vor der Chemotherapie
und 24 h nach der Chemotherapie. Die 48-stündige Fastenperiode
war eine Nulldiät. Ausschließlich Wasser, Kaffee und Tee ohne
­Zuckerzusatz waren ad libitum erlaubt. Mittels umfangreicher
Blutanalysen wurde die Toxizität der Chemotherapie umfangreich
analysiert. In den Ergebnissen zeigten sich 7 Tage nach der Chemotherapie höhere Erythrozyten- und Thrombozytenwerte. Darüber hinaus wurden Messungen der Chemotherapie-induzierten
DNA-Schädigung in peripheren mononukluären Zellen (PBMCs)
durchgeführt; diese zeigten entsprechend ein höheres Y-H2AXLevel bei Nicht-Fastern gegenüber Fastern, was auf eine reduzierte
Toxizität durch das Fasten hindeutet.
Objectives: Habitual diet plays a major role in shaping the composition of
the gut microbiota, and also determines the repertoire of microbial metabolites
that can influence the host. The typical Western diet corresponds to that of an
omnivore; however, the Mediterranean diet (MD), common in the Western
Mediterranean culture, is to date a nutritionally recommended dietary pattern
that includes high-level consumption of cereals, fruit, vegetables and legumes.
To investigate the potential benefits of the MD in this cross-sectional survey, we
assessed the gut microbiota and metabolome in a cohort of Italian individuals
in relation to their habitual diets. Design and Results: We retrieved daily dietary
information and assessed gut microbiota and metabolome in 153 individuals
habitually following omnivore, vegetarian or vegan diets. The majority of vegan
and vegetarian subjects and 30% of omnivore subjects had a high adherence to
the MD. We were able to stratify individuals according to both diet type and
adherence to the MD on the basis of their dietary patterns and associated microbiota. We detected significant associations between consumption of vegetable-based diets and increased levels of faecal short-chain fatty acids, Prevotella
and some fibre-degrading Firmicutes, whose role in human gut warrants further
research. Conversely, we detected higher urinary trimethylamine oxide levels in
individuals with lower adherence to the MD. Conclusions: High-level consumption of plant foodstuffs consistent with an MD is associated with beneficial
­microbiome-related metabolomic profiles in subjects ostensibly consuming a
Western diet.
Im Dreieck aus Ernährung, Mikrobiota
und Stoffwechsel – genügend Fragen
für die nächste Dekade
Kommentar – Rainer Stange, Berlin
Seit zuletzt durch Tierversuche mit transplantierten Darmfloren
die engen Beziehungen zwischen diesen und dem Stoffwechsel des
Wirts bekannt sind, etwa Assoziationen zu Übergewicht, Diabetes
mellitus Typ 2 und Metabolischem Syndrom, ist es interessant, wie
eine menschliche Darmflora bezüglich metabolischer Rückwirkungen auf ihren Wirt beurteilt werden kann. Das italienische Forscherteam aus Neapel hat sich dieser Frage ausführlich, qualifiziert
und höchst aufwändig gewidmet: Je 51 Patienten sollten gezielt untersucht werden, die sich nach eigener Einschätzung schon lange
vor Studieneinschluss «normal», d.h. omnivor, vegetarisch oder
vegan ernährten.
Zunächst wurden 3 Felder völlig verschiedener Variablensätze
quantitativ erfasst:
1. Mikrobiota (früher: «Stuhlflora»): Jedes Individuum musste 3
Stuhlproben aus konsekutiven Wochen abgeben; diese wurden
dann zum Ausgleich kurzfristiger Schwankungen gepoolt (sinnvoll, aber völlig neu für unsere Tradition der Stuhlflora-­
Analyse!). Dann erfolgte die heute gebräuchliche 16S-rRNA-
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Sequenzierung; die Ergebnisse wurden einem äußerst anspruchsvollen Formalismus unterworfen.
2. Metabolomics: Aus Urinproben wurde ebenfalls via 16S-rRNASequenzierung versucht, wichtige metabolische Endprodukte zu
bestimmen, etwa zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikos.
3. Adhärenz zur Mediterranen Ernährung.
Das Adhärenz-Konzept kommt ursprünglich aus pharmakotherapeutischen Langzeitstudien und steht dort der Compliance sehr
nahe, im Sinne des Befolgens einer Therapievorgabe auf eher lange
Sicht. Ab etwa 1990 war es auch ein prägender Begriff in der
­Beschreibung des spontanen Lebensstils und damit in erster Linie
auch der Ernährung. Hier möchte man quantitativ beschreiben,
wie genau sich ein Individuum an bestimmte Lebensstile hält. In
dieser Arbeit wurden aus einer Liste von 900 in Italien gebräuch­
lichen und zusätzlich piktographisch dargestellten Lebensmitteln
diejenigen semiquantitativ erfasst, die über die letzten 7 Tage konsumiert wurden. So lässt sich zusätzlich zur Adhärenz die Variabilität im Speisenplan abschätzen (health food diversity index, HFD).
Die Adhärenz nach den Vorgaben der traditionellen Mediterranen
Ernährung wurde in Terzile eingeteilt.
Wichtige Ergebnisse
In der Gruppe der Omnivoren fanden sich 30% im oberen Drittel, d.h. mit höchster Adhärenz zu den Vorgaben einer mediterranen Ernährung, bei den Vegetariern dagegen 65% und bei den Veganern 88%. Die Variabilität der Speisen (HFD) war bei Vegetariern und Veganern höher als bei Omnivoren. Allein diese Ergebnisse sind an sich schon hochinteressant, da sie zeigen, dass Vegetarier und Veganer offenbar der Tradition der grundsätzlich omnivoren, jedoch vor allem auch vielfältigen mediterranen Ernährung
wesentlich effektiver folgen als Omnivore, die möglicherweise
mittlerweile dem Einfluss nicht-mediterraner Lebensmittel und
Speisen leichter erlegen sind. Ein Bias liegt in der leider kaum beschriebenen Patientenselektion.
Unter den Metabolischen Messgrößen war die Konzentration
von ‚short-chain fatty acids‘ (SCFA) im Stuhl die wichtigste, da
ihnen sowohl lokal für die Darmschleimhäute als auch systemisch
protektive Eigenschaften bezüglich Entzündung und Karzinogenese zukommen. Die SCFA-Konzentration war mit der Menge der
aufgenommenen Lebensmittel (Obst und Gemüse) und in Bezug
zu Bakterienkonzentrationen insbesondere positiv mit Firmicutes
und negativ mit Bacteroides korreliert. Unter den Bacteroidetes
wies jedoch Prevotella ein anders Verhalten auf.
Schlussfolgerung
Es wird einerseits immer interessanter, aber auch immer komplexer anzugeben, was eine vorteilhafte Ernährung für wichtige gesundheitliche Ziele ausmacht, meist für die Vermeidung von Krebs
oder gravierenden kardiovaskulären Ereignissen. Andererseits verwirrt die Grundlagenforschung zunehmend Ärzte, die bislang in
ihrer mikrobiologischen Diagnostik und Therapie mit einem Set
von etwa 20 Bakterienspezies arbeiteten. Taxonomisch orientierte
mikrobiologische Arbeitsgruppen wetteifern dagegen mit ständig
wachsenden Zahlen der im menschlichen Stuhl unterscheidbaren
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De Filippis F, Pellegrini N, Vannini L, Jeffery IB,
La Storia A, Laghi L, Serrazanetti DI, Di Cagno R,
Ferrocino I, Lazzi C, Turroni S, Cocolin L, Brigidi P,
Neviani E, Gobbetti M, O’Toole PW, Ercolini D: High-­
level adherence to a Mediterranean diet beneficially
impacts the gut microbiota and associated
metabolome. Gut 2015;pii:gutjnl-2015-309957.
Address for Reprints: Danilo Ercolini, PhD, Department of
­ gricultural Sciences, Division of Microbiology, University of
A
Naples Federico II, Via Università 100, 80055 Portici, Italy,
[email protected]
Kontaktadresse: Dr. med. Rainer Stange, Abteilung für Naturheilkunde, Immanuel Krankenhaus und Charité – Universitäts­
medizin Berlin, Königstraße 63, 14109 Berlin, Deutschland,
[email protected]
Laukkanen T, Khan H, Zaccardi F, Laukkanen JA:
Association between sauna bathing and fatal
cardiovascular and all-cause mortality events.
JAMA Intern Med 2015;175:542--548.
Importance: Sauna bathing is a health habit associated with better hemodynamic function; however, the association of sauna bathing with cardiovascular
and all-cause mortality is not known. Objective: To investigate the association
of frequency and duration of sauna bathing with the risk of sudden cardiac
death (SCD), fatal coronary heart disease (CHD), fatal cardiovascular disease
(CVD), and all-cause mortality. Design, Setting, and Participants: We performed a prospective cohort study (Finnish Kuopio Ischemic Heart Disease Risk
Factor Study) of a population-based sample of 2,315 middle-aged (age range,
42–60 years) men from Eastern Finland. Baseline examinations were conducted
from March 1, 1984, through December 31, 1989. Exposures: Frequency and
duration of sauna bathing assessed at baseline. Results: During a median follow-up of 20.7 years (interquartile range, 18.1–22.6 years), 190 SCDs, 281 fatal
CHDs, 407 fatal CVDs, and 929 all-cause mortality events occurred. A total of
601, 1,513, and 201 participants reported having a sauna bathing session 1 time
per week, 2 to 3 times per week, and 4 to 7 times per week, respectively. The
numbers (percentages) of SCDs were 61 (10.1%), 119 (7.8%), and 10 (5.0%) in
the 3 groups of the frequency of sauna bathing. The respective numbers were 89
(14.9%), 175 (11.5%), and 17 (8.5%) for fatal CHDs; 134 (22.3%), 249 (16.4%),
and 24 (12.0%) for fatal CVDs; and 295 (49.1%), 572 (37.8%), and 62 (30.8%)
for all-cause mortality events. After adjustment for CVD risk factors, compared
with men with 1 sauna bathing session per week, the hazard ratio of SCD was
0.78 (95%CI, 0.57–1.07) for 2 to 3 sauna bathing sessions per week and 0.37
(95%CI, 0.18–0.75) for 4 to 7 sauna bathing sessions per week (P for trend =
0.005). Similar associations were found with CHD, CVD, and all-cause mortality (P for trend ≤0.005). Compared with men having a sauna bathing session of
less than 11 min, the adjusted hazard ratio for SCD was 0.93 (95%CI, 0.67–1.28)
for sauna bathing sessions of 11 to 19 min and 0.48 (95%CI, 0.31–0.75) for sessions lasting more than 19 min (P for trend = 0.002); significant inverse associ-
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ations were also observed for fatal CHDs and fatal CVDs (P for trend ≤0.03) but
not for all-cause mortality events. Conclusions and Relevance: Increased frequency of sauna bathing is associated with a reduced risk of SCD, CHD, CVD,
and all-cause mortality. Further studies are warranted to establish the potential
mechanism that links sauna bathing and cardiovascular health.
Sauna schützt das Herz
Kommentar – Andreas Michalsen, Berlin
Sauna, eine therapeutische Methode, die Hydro- und Thermotherapie vereint, hat eine große Tradition in Finnland und Japan,
erfreut sich aber auch ungebrochener Popularität in Deutschland.
Jeder Sauna-Erfahrene weiß auch um die entspannende, stressreduzierende und andererseits belebende Wirkung eines oder mehrerer Saunagänge. Die vielfältigen medizinischen Wirkungen der
Sauna wurden unlängst in einer Übersichtsarbeit von Rainer
Brenke [1] dargestellt. Die mögliche therapeutische Wirksamkeit
von Saunabaden auf das Herz und Herzerkrankungen wurde bereits vor vielen Jahren von japanischen Arbeitsgruppen näher beleuchtet. In kleinen, aber methodisch hochwertigen randomisierten Studien konnte festgestellt werden, dass regelmäßiges Sauna­
baden nach der japanischen Methode (Waon-Therapie mit 60° C,
täglich 15 min, hierbei meist auch nachfolgend Einwickeln in Tücher zum Nachschwitzen) bei Herzinsuffizienten zu einer Erhöhung der Ejektionsfraktion, einer Verbesserung der Beschwerden
(NYHA-Stadium) und der Lebensqualität führt. Darüber hinaus
zeigten sich in weiterführenden Studien dieser Arbeitsgruppen Absenkungen von BNP, Verbesserungen der Endothelfunktion und –
dies ist für die kommentierte Studie von Bedeutung – eine Verringerung der ventrikulären Arrhythmielast [2–4].
Die jetzt prominent publizierte Studie wurde in der großen Saunanation Finnland durchgeführt, schloss über 2000 Männer im
Alter von 42 bis 60 Jahren ein und beinhaltete eine mediane Nachverfolgung von über 20 Jahren. Für die statistische Aufarbeitung
wurden 3 Gruppen gebildet, unterteilt in einmaliges (N = 601), 2
bis 3-maliges (N = 1513) und 4 bis 7-maliges Saunabaden pro
Woche (N = 201). In den Ergebnissen zeigte sich eine beeindruckende Reduktion der Häufigkeit des plötzlichen Herztodes, aber
auch der Rate an tödlicher Koronarerkrankung, Herz-KreislaufErkrankung und der gesamten Mortalität. Die Hazard Ratio für
plötzlichen Herztod wurde bei den hochfrequenten Saunagängern
um mehr als 60% reduziert. Für den kardiovaskulären Tod und die
Gesamtmortalität lagen die Reduktionsraten bei 40 und 50%.
Damit wäre, bei kausalem Zusammenhang, die mit frequentem
Saunabaden assoziierte Risikoreduktion vergleichbar mit bzw.
etwas grösser als für etablierte Präventionsstrategien wie Lipidsenkung und antihypertensive Therapie (Risikoreduktion 20–50%).
Im supplementären Teil der Publikation wurden weitere umfangreiche Adjustierungen vorgenommen, um die Verzerrung
durch Variablen wie anderweitiger gesunder Lebensstil, sozioökonomischer Status, körperliche Aktivität und kardiorespiratorische Fit-
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Spezies. Mittlerweile sind sie bei etwa 1000 angekommen. Eine
gute Nachricht: Der überwiegenden Zahl der neuentdeckten Partner in der Darmflora kommt bislang keine physiologische Bedeutung zu.
Die modernen Gen-sequenziellen Analysen, aber auch die Kartografien der Stuhlflora, werden immer komplizierter und für den
praktisch tätigen, derzeit noch meist naturheilkundlich orientierten Arzt immer schwerer durchschaubar. Vor diesem Hinwegrund
mag die wichtigste Schlussfolgerung der neapolitanischen Gruppe
tröstlich stimmen, dass die Aufnahme von Vegetabilien mit günstigen Konzentrationen insbesondere für SCFA im Stuhl und den sie
vermutlich vorrangig produzierenden Bakterienstämmen einhergeht. In rein qualitativer Hinsicht ist dies keine ganz neue und
durchaus einfache Aussage.
Durch die Daten der japanischen Arbeitsgruppen und die jetzt vorliegende Studie aus Skandinavien steht aber jetzt schon fest, dass
Saunabaden sicher und eher kardioprotektiv zu sein scheint und
somit das Saunieren stabilen Herzpatienten mit aus­
reichender
Grundbelastbarkeit bis auf Weiteres empfohlen werden kann.
Literatur
1 Brenke R: Das Potenzial der Sauna im Rahmen der Prävention – eine Übersicht
­neuerer Erkenntnisse. Forsch Komplementmed 2015;22:320–325.
2 Kihara T, Biro S, Ikeda Y, et al.: Effects of repeated sauna treatment on ventricular
­arrhythmias in patients with chronic heart failure. Circ J 2004;68:1146–1151.
3 Kihara T, Biro S, Imamura M: Repeated sauna treatment improves vascular endothelial
and cardiac function in patients with chronic heart failure. J Am Coll Cardiol 2002;
39:754–759.
4 Ohori T, Nozawa T, Ihori H, et al.: Effect of repeated sauna treatment on exercise tole­
rance and endothelial function in patients with chronic heart failure. Am J Cardiol
2012;109:100–104.
5 Michalsen A, Lüdtke R, Bühring M, et al.: Thermal hydrotherapy improves quality of
life and hemodynamic function in patients with chronic heart failure. Am Heart J
2003;146:728–733.
Address for Reprints: Jari A. Laukkanen, MD, PhD, Institute of
Public Health and Clinical Nutrition, University of Eastern Finland, PO Box 1627, 70211 Kuopio, Finland, jariantero.laukkanen@
uef.fi
Kontaktadresse: Prof. Dr. med. Andreas Michalsen, Abteilung
für Naturheilkunde, Immanuel Krankenhaus und Charité –
Universitäts­
medizin Berlin, Königstraße 63, 14109 Berlin,
Deutschland, [email protected]
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ness zu erfassen. Weder Adjustierungen für diese Variablen noch für
alle traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren änderten die Ergebnisse wesentlich, sodass von einem robusten Ergebnis gesprochen werden kann. Dennoch lassen die Ergebnisse, wie immer bei
Kohortenstudien, keine Rückschlüsse auf Kausalität zu, worauf die
Autoren selbst in der Diskussion sowie nachfolgende Leserbriefe zur
Veröffentlichung hinweisen. In einem Kommentar wird auch hervorgehoben, dass Menschen, die 4–7 Mal pro Woche in die Sauna
gehen, womöglich in verschiedener Form privilegiert sind. Die Autoren entgegnen, dass in Finnland tägliches Saunieren eine allgemeine Kultur sei und die Adjustierung für den sozio­ökonomischen
Status keine Änderung des Ergebnisses mit sich brachte.
Für die Kausalität des Ergebnisses spricht auch, dass eine Reihe
von Mechanismen des möglichen protektiven Effektes von Sauna
wissenschaftlich sehr gut belegt sind. So kommt es zum einen während des Saunabadens durch den Anstieg der Herzfrequenz zu einer
Art Trainingseffekt, durchaus vergleichbar sportlicher Betätigung.
Zum anderen wird durch das Reiz-Reaktions-Prinzip (Hormesis)
eine Adaptation hervorgerufen, die gerade bei malignen HerzRhythmus-Störungen zu einer Präkonditionierung und Protektion
beitragen kann (In einer frühen eigenen Studie konnten wir auch
günstige Effekte einer Kneipp-Hydrotherapie bei Herzinsuffizienz
belegen [5]). Schließlich wurden in den bereits erwähnten Studien
günstige Auswirkungen auf die Endothelfunktion und auf die autonome kardiale Regulation belegt [2–4]; dies sind jeweils wichtige
Einflussfaktoren für die langfristige Herzgesundheit. Sicherlich
wird erst eine randomisierte Studie klar beweisen können, ob es tatsächlich das Saunieren ist, was diese großen Effekte hervorruft.
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