Narkoseinformation

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Die Narkose
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Nebenwirkungen
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Narkoserisiko
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Untersuchungen vor der Narkose
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Nach der Narkose
Narkoseinformation
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Die Narkose
Die Narkose (auch: Allgemeinanästhesie oder Vollnarkose) bezeichnet die Ausschaltung des
Bewusstseins und des Schmerzempfindens durch geeignete, am zentralen Nervensystem wirkende
Medikamente. Zusätzlich werden in der Narkose die Muskeln entspannt und spontane, durch
Schmerzreize hervorgerufene Bewegungen (Reflexe) gehemmt. Dies erlaubt es dem Chirurgen,
operative Eingriffe durchzuführen, ohne dass der Patient Schmerz empfindet oder durch reflexartige
Reaktionen ein exaktes Arbeiten verhindert.
Eine Narkose läuft in drei Phasen ab:
▪ Einleitungsphase: Der Körper wird durch Narkosemittel, die dem Patienten in der Regel über
eine Vene oder die Muskulatur verabreicht wird, in den Zustand des Bewusstseinsverlustes
überführt. Danach sollte zügig mit der OP begonnen werden, um die Gesamtdauer der Narkose
und damit die Belastung für das Tier möglichst kurz zu halten.
▪ Unterhaltungsphase: Durch eine gute Narkoseüberwachung kann die eingesetzte Menge des
Narkosemittels in dieser Phase so gering wie möglich gehalten werden. So wird die Belastung
für den Körper und das Risiko für Nebenwirkungen minimiert.
▪ Ausleitungsphase: Rechtzeitig vor Ende des Eingriffes kann die Menge des Narkosemittels
langsam reduziert werden. So kann die effektive Narkosedauer so kurz wie möglich gehalten
werden und die Patienten sind schnell nach dem Eingriff wieder wach.
Für das Erreichen einer Allgemeinanästhesie können verschiedene Verfahren zum Einsatz kommen.
Man unterscheidet Injektionsnarkosen von Inhalationsnarkosen:
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1.1 Injektionsnarkose (Totale intravenöse Anästhesie = TIVA)
Die Medikamente zum Einleiten und Aufrechterhalten der Narkose gelangen durch eine Injektion in
die Muskulatur oder eine Vene in den Blutkreislauf Ihres Tieres. Über das Blut gelangen sie an ihren
Wirkungsort im zentralen Nervensystem.
Bei längeren Operationen wird die Injektionsnarkose idealerweise in Form der so genannten TIVA
(Totale intravenöse Anästhesie) aufrechterhalten. Hierbei kommen kurzwirksame Medikamente zum
Einsatz, die über die gesamte Narkosedauer konstant in geringen Mengen in den Blutkreislauf gegeben
werden. Dies erlaubt eine relativ gute „Steuerbarkeit“ der Narkosetiefe und eine nicht allzu lange
Aufwachphase.
1.2 Inhalationsnarkose
Bei dieser Form der Narkose erfolgt die Einleitung der Narkose in der Regel ebenfalls durch die
Verabreichung von narkotisierenden Wirkstoffen in eine Vene oder in die Muskulatur. Schläft das Tier,
wird ein Beatmungsschlauch (Tubus) in die Luftröhre eingeführt. Über diesen Tubus wird zur
Unterhaltung der Narkose ein gasförmiges Narkosemittel (in der Regel Isofluran) eingeatmet. Dieses
wird über die Lunge in den Blutkreislauf aufgenommen und entfaltet so seine Wirkung. Der Einsatz von
Isofluran hilft, die Belastungen für Kreislauf und Organe, insbesondere Niere und Leber, zu reduzieren.
Über einen venösen Zugang werden ergänzend zum Narkosegas schmerzstillende und
muskelentspannende Medikamente verabreicht. Durch die Kombination der Komponenten können
die einzelnen Konzentrationen und so das Nebenwirkungsrisiko sehr klein gehalten werden.
Von Vorteil ist bei dieser Art der Narkose überdies die sehr gute Regulierbarkeit der Narkosedauer und
–tiefe. Insbesondere bei Patienten mit Atemwegserkrankungen ist der Inhalationsnarkose der Vorzug
zu geben, da die angewendeten Medikamente eine Erweiterung der Atemwege hervorrufen und so
die Atmung während der OP verbessern.
Bei längeren Narkosen werden Herzfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur sowie
Konzentrationen von Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid und Narkosegas in der Ausatemluft laufend
überwacht. Um eventuellen Kreislauf-Defiziten vorzubeugen, wird dem Patienten nach der Operation
Flüssigkeit über eine Infusion zugeführt.
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Nebenwirkungen
Alle Medikamente, die für eine Allgemeinanästhesie eingesetzt werden können, haben
unterschiedliche Nebenwirkungen. Je nach Besonderheiten des Patienten (Alter, körperliche
Verfassung, Gesundheitszustand) können entsprechend unterschiedliche Narkoseprotokolle gewählt
werden, um die Belastung und das Narkoserisiko möglichst gering zu halten. Generell sind die heute
verwendeten Narkosemittel vergleichsweise schonend und nebenwirkungsarm, so dass das Risiko für
Zwischenfälle bei einem guten Anästhesiemanagement relativ gering ist.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Narkose zählen:
Übelkeit und Erbrechen
Ein Gefühl von Übelkeit und Erbrechen ist die häufigste Narkosenebenwirkung einer Narkose.
Aspiration
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Eine seltene, aber sehr riskante Nebenwirkung der Narkose ist die Aspiration, also das Einatmen von
Mageninhalt in die Lunge. Dies geschieht dann, wenn der Patient nicht nüchtern zur Operation kommt
und es während der Narkoseeinleitung zum passiven Entleeren von Mageninhalt in den Rachenraum
kommt. Mit dem eingeatmeten Material können Bakterien und reizende chemische Verbindungen in
die Lunge gelangen und schwere Lungenentzündungen (sog. Aspirationspneumonien) verursachen. Im
schlimmsten Falle kann das Tier an dem Erbrochenen ersticken.
Aus diesem Grunde ist es von großer Wichtigkeit, dass Ihr Hund zu planbaren Operationen immer
nüchtern ist – sprich mindestens 8 Stunden vor Beginn nichts zu fressen und nach Möglichkeit 2-4
Stunden kein Wasser zu sich genommen hat.
Unterkühlung (Hypothermie)
Besonders nach einer Inhalationsnarkose besteht das Risiko des Unterkühlens. Die Hunde zeigen dann
häufig Zittern.
Um diesem Risiko entgegenzuwirken, halten gut geführte Praxen und Kliniken den OP-Tisch bei langen
Operationen warm und lassen das Tier in einem warmen Raum unter regelmäßiger Kontrolle der
Körperinnentemperatur aufwachen.
Unterdrückung der Atmung
Die meisten Narkosemittel wirken hemmend auf das Atemzentrum im Gehirn. Aus diesem Grunde
sollte die Atmung während der gesamten Operationsdauer engmaschig überwacht werden und die
Möglichkeit zur Beatmung bestehen. Insbesondere bei einer TIVA kann es zu einer reflektorischen
Verengung der Atemwege (Bronchospasmus) kommen, der die Atmung massiv erschwert. Patienten
mit Vorerkrankung der Lunge neigen besonders zu dieser Nebenwirkung. Entsprechend sollten diese
nach Möglichkeit einer balancierten Anästhesie zugeführt werden, bei der durch die
Inhalationsnarkose-Mittel eine Erweiterung der Atemwege hervorgerufen wird.
Herz-Kreislauf-Störung
Die für eine Narkose geeigneten Wirkstoffe haben (in unterschiedlichem Ausmaß) Einfluss auf die
Regulation der Durchblutung. Es kommt infolge dessen kurzfristig zu einem Abfall des Blutdrucks und
einer Abnahme der Schlagkraft des Herzens. Reflektorisch reagiert der Körper hierauf mit einer
Gegenregulation, die eine verminderte Durchblutung der weit von der Körpermitte entfernten
Körperteile (Ohren, Beine, Haut, Schwanz) sowie der Nieren hat.
Dies hat bei gesunden Tieren nur geringe Auswirkungen. Für Patienten, die jedoch bereits eine
Vorerkrankung des Herz-Kreislauf-Systems haben, können schwerwiegende Komplikationen auftreten.
Durch ein entsprechendes Narkosemanagement kann und muss hier aber entsprechend
gegengesteuert werden, um das Risiko zu senken. Wichtig ist hierfür eine sauber durchgeführte
Untersuchung des Tieres vor der Operation, in der mögliche Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems
erfasst und bewertet werden können.
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Narkoserisiko
Das Narkoserisiko (sprich die Gefahr, in Folge der Narkose zu versterben) ist dank verbesserter
Narkosemedikamente und effektiverer Narkoseüberwachung in den letzten Jahrzehnten deutlich
gesunken. Die Höhe des Risikos hängt in erster Linie vom Gesundheitszustand des Patienten zum
Zeitpunkt der Operation ab. Um das Risiko vor der Operation abschätzen zu können, hat sich die
Einordnung in das so genannte ASA-Schema (ASA = American Society of Anaesthesiologists) bewährt:
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

ASA I : Gesunder Patient
ASA II: Erkrankung ohne Beeinträchtigung des Gesamtorganismus
ASA III: Leichte bis mittelgradige Allgemeinerkrankung
ASA IV: Schwere Allgemeinerkrankung mit lebensbedrohlichen Funktionseinschränkungen
ASA V: Schwerstkranker Patient – ein Überleben der nächsten 24 Stunden ist mit oder ohne
Operation unwahrscheinlich
ASA VI: Notfall-Patient der ASA-Kategorie I-II
ASA VII: Notfall-Patient der ASA-Kategorie III-V
Mit steigender ASA-Klassifizierung steigt das Risiko, während oder nach einer Narkose oder Sedierung
zu versterben. Bei Patienten, die in ASA I oder II eingeteilt werden, beträgt es ca. 0,05% (das bedeutet,
dass statistisch betrachtet 5 von 10 000 Tieren versterben). Bei Patienten mit höherer Klassifizierung
steigt das Risiko auf durchschnittlich 1,3% (das bedeutet, dass statistisch betrachtet 130 von 10 000
Tieren versterben). Insbesondere Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und der Lunge stellen
Risikofaktoren dar. Kleine Hunde (unter 5kg Körpergewicht), sehr junge oder sehr alte Hunde sowie
Hunde kurznasiger Rassen (bspw. Möpse, Bulldoggen), Boxer und Dobermänner (Neigung zu
Herzerkrankungen)
und
Berner
Sennenhunde
(Neigung
zu
genetisch
bedingter
Nierenfunktionsstörung) haben zudem ein höheres Risiko für Narkosezwischenfälle. Ebenso gehen
lange Operationszeiten sowie Über- und starkes Untergewicht mit einem erhöhten Risiko einher.
Die häufigste Ursache eines tödlichen Narkosezwischenfalles ist ein nicht erkannter, nicht behandelter
Atemstillstand. Dieses Risiko ist durch eine vernünftige Narkoseüberwachung zu minimieren. Der
hierfür notwendige Aufwand an qualifiziertem Personal und geeigneten Gerätschaften rechtfertigt die
mitunter höheren Preise qualitativ hochwertig arbeitender Praxen und Kliniken.
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Untersuchungen vor der Narkose
Um das individuelle Risiko Ihres Hundes bewerten und die bestmögliche Narkose auswählen zu
können, sollten abhängig vom ASA-Status unterschiedliche Voruntersuchungen durchgeführt werden:
 ASA I, II und Hund jünger als 6 Jahre:
o Klinische Allgemeinuntersuchung
o Eventuell Bestimmung des Totalproteins und des Hämatokrits im Blut
 ASA III oder Hund älter als 6 Jahre:
o Klinische Allgemeinuntersuchung
o Blutbild mit „kleinem Organprofil“: Beurteilung der Funktionsfähigkeit von Leber und
Niere
o Röntgenaufnahme des Brustkorbs: Beurteilung von Lunge und Herz
o EKG: Ausschluss von Herzrhythmusstörungen
 ASA IV, V
o Klinische Allgemeinuntersuchung
o Blutbild mit komplettem Organprofil
o Bestimmung der Blutgerinnungswerte: Bewertung des Blutungsrisikos
o Röntgenaufnahme des Brustkorbs
o EKG
o Echokardiographie (Herzultraschall): genaue Beurteilung des Herzens
o Urinstatus: Bewertung der Nierenfunktion
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Die gewissenhafte Voruntersuchung ist ein wichtiger Schritt zur Senkung des Narkoserisikos. Sie sollte
– auch wenn sie mitunter eine Erhöhung der Kosten für den Eingriff bedeutet – zu Gunsten der höheren
Sicherheit für das Tier nicht unterschlagen werden. Die weiterführenden Untersuchungen erlauben
einerseits, den Schweregrad bereits erkenntlicher Erkrankungen zu bewerten. Andererseits können
auch unter Umständen bislang nicht äußerlich sichtbare Erkrankungen (beispielsweise Erkrankungen
der Niere, Leber oder des Herzens) erkannt und entsprechend eine korrekte ASA-Kategorisierung und
die geeignete Narkose gewählt werden.
Sollten Sie kurz vor der OP Veränderungen wie z. B. Durchfall, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Einsetzen
der Läufigkeit oder allgemeine Schwäche bei Ihrem Tier feststellen, sagen Sie uns bitte Bescheid. Der
Tierarzt kann nach einer Untersuchung entscheiden, ob der Patient narkosefähig ist oder ein neuer
Termin gefunden werden sollte.
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Nach der Narkose
Nach einem Eingriff unter Narkose braucht Ihr Tier zu Hause Ruhe und Wärme. Legen Sie gerne eine
Decke von zuhause in ihr Auto, damit ihr Hund mit dem gewohnten Geruch den Nachhauseweg
antreten kann. Lassen Sie Ihren Hund zuhause im Warmen ausschlafen. Um Verletzung während der
ersten Aufstehversuche zu vermeiden, empfehlen wir eine Decke auf ebenem Boden zu platzieren. Bei
Hunden kommt es häufig vor, dass diese während des Aufwachsens jaulen. Dies hat nicht mit
Schmerzen zu tun, sondern mit einer Art Rausch durch die Nachwirkung von bestimmten Narkotika.
Dieses Phänomen ist vollkommen harmlos.
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