Plan für diese Woche: 1. Geschlossene Flächen 2. Satz von (Gauß-)Bonnet. Eine globale eingebettete Fläche — nicht-standarde Definition: Def. Eine (globale eingebettete) Fläche ist eine Teilmenge M von R3 , sodass für jedes x ∈ M ∃ε > 0 und ein injektives Flächenstück f : U → R3 , sodass Bε3 (x) ∩ M ⊆ Bildf . Bemerkung. Alle Objekte seien C ∞ -glatt. Triviales Bsp. Das Bild eines Flächenstücks ist eine Fläche. Sphäre ist eine Fläche Bsp. Die Sphäre S := {x ∈ R3 | x12 + x22 + x32 = 1} ist eine Fläche – die Flächenstücke f aus der Definition sind z.B.: für Punkte der Sphäre mit x1 > 0 sei q 1 − x22 − x32 ; für Punkte der Sphäre mit x1 < 0 x2 x q3 − 1 − x22 − x32 sei f1− (x2 , x3 ) = ; x2 x3 für Punkte der Sphäre mit x2 >0 sei x 1 q f2± (x1 , x3 ) = ± 1 − x12 − x32 . x3 f1+ (x2 , x3 ) = Interessantes Bsp. Sei Φ : R3 → R eine Funktion und c ihr nichtkritischer Wert (d.h. für alle x ∈ R3 mit Φ(x) = c gilt dΦx 6= 0.) Dann ist M := Φ−1 (c) := {x ∈ R3 | Φ(x) = c} eine Fläche. Beweis. Die Aussage, dass M eine Fläche ist, ist ein Spezialfall des Satzes von der impliziten Funktion aus Analysis II (wird auf der nächsten Folie wiederholt). Satz von der impliziten Funktion Seien U ⊆ Rm und V ⊆ Rn offene Mengen und Φ : U × V → Rn , (x, y ) = (x1 , . . . , xm , y1 , . . . , yn ) 7→ Φ(x, y ) = ( Φ1 (x, y ), . . . , Φn (x, y ) ) eine stetig differenzierbare Abbildung. Die Jacobi-Matrix dΦ = ∂Φ ∂(x, y ) ! = ∂(Φ1 , . . . , Φn ) ∂(x1 , . . . , xm , y1 , . . . , yn ) ! ∂Φ = 1 ∂x1 ··· . . . ∂Φn ∂x1 ··· ∂Φ1 ∂xm ∂Φ1 ∂y1 . . . . . . ∂Φn ∂xm ∂Φn ∂y1 ··· ∂Φ1 ∂yn . . . ··· ∂Φn ∂yn besteht dann aus zwei Teilmatrizen ∂Φ ∂(Φ1 , . . . , Φn ) ∂Φ = = ∂x ∂(x1 , . . . , xm ) 1 ∂x1 ··· . . . ∂Φn ∂x1 ··· ∂Φ1 ∂xm ∂(Φ1 , . . . , Φn ) ∂Φ . = = und . . ∂y ∂(y , . . . , y ) n 1 ∂Φn ∂xm wobei letztere quadratisch ist. ∂Φ 1 ∂y1 ··· . . . . . . ∂Φn ∂y1 ∂Φ1 ∂yn ··· ∂Φn ∂yn , Der Satz von der impliziten Funktion besagt: Erfüllt (x0 , y0 ) ∈ U × V die Gleichung Φ(x0 , y0 ) = 0 und ist die zweite Teilmatrix ∂Φ ∂y im Punkt (x0 , y0 ) invertierbar, so existieren ε1 ≥ 0, ε2 ≥ 0 und eine stetig differentierbare Abbildung f : Bεm1 (x0 ) ⊆ Rm → Rm+n , sodass Bildf (Bεm1 (x0 )) ∩ Bεm+n (x0 , y0 ) = Φ−1 (0) ∩ Bεm+n (x0 , y0 ). 2 2 Ferner gilt: Das Differential von f im Punkt x0 hat das maximale Rang. Und: Ist Φ glatt, so kann man f auch glatt wählen. Anwendung des Satzes von der impliziten Funktion in unserem Fall Interessantes Bsp. Sei Φ : R3 → R eine Funktion und c ihr nichtkritischer Wert (d.h. für alle x ∈ R3 mit Φ(x) = c gilt dΦx 6= 0.) Dann ist M := Φ−1 (c) := {x ∈ R3 | Φ(x) = c} eine Fläche. O.B.d.A. ist c = 0, sonst ersetze die Funktion Φ durch die Funktion ∂Φ ∂Φ ∂Φ Φ − c. Sei x ∈ Φ−1 (0). Da dΦx = ∂x 6= (0, 0, 0) ist, können , , 1 ∂x2 ∂x3 wir o.B.d.A. annehmen, dass ∂Φ ∂x3 6= 0. Wir setzen n = 2, m = 1 und ∂Φ ∂Φ ∂Φ nennen x3 = y1 . Dann erfüllt die Matrix dΦx = ∂x , , die 1 ∂x2 ∂x3 Bedingungen des Satzes von der impliziten Funktion. Folglich existiert ein f : Bεm1 (x0 ) ⊆ R2 → R2+1 , sodass Bildf (Bε21 (x0 )) ∩ Bε32 (x0 , y0 ) = Φ−1 (0) ∩ Bε32 (x0 , y0 ). Ferner gilt: Das Differential von f im Punkt x0 hat Rang 1. Nichtausgearteten Quadriken als Flächen ( Bilder aus Wikipedia ) Eine Fläche ist kompakt, wenn Sie als Teilmenge von R3 kompakt, also beschränkt und abgeschlossen, ist. Beispiele von Flächen Sphäre Torus Brezel (Bilder stammen aus dem Vortrag von Thio Kuessler) Doppelbrezel Krümmung einer Fläche. Alle geometrischen Objekten/Größen (z.B. Normale und Krümmung) hängen (fast; eventuell bis auf das Vorzeichen) nicht von der Wahl des Flächenstücks ab; deswegen sind sie auch für Flächen definiert. Z.B. hat die Standard-Sphäre die Gauß-Krümmung 1 und die Hauptkrümmungen sind entweder +1, +1 oder −1, −1. Satz. Es sei M eine kompakte Fläche. Dann gibt es einen Punkt P ∈ M, sodass in diesem Punkt die Gauß-Krümmung K (P) positiv ist. Der Beweis ist sehr ähnlich zum Beweis der folgenden Aussage aus der Kurventheorie (siehe Vorl. 4): Für eine geschlossene Kurve gibt es einen Punkt, sodass die Tangentialgerade in diesem Punkt die Kurve nicht schneidet (wird auf der nächsten Folie wiederholt). Im Beweis für Flächen ersetzen wir die Kreise K (M, r ) durch Sphären um M von Radius r . Um die Existenz eines solchen PunkNehmen wir rmax = tes zu beweisen, sup{r ∈ R | betrachten wir eine K (0, r ) ∩ M 6= ∅} Schaar von Spheren (auf dem Bild links K (0, r ∈ R > 0), hat der entsprechenderen Mittelpunkt de Kreis rote Farbe). ist 0 und deren Radien positive reelle Zahlen sind. Der Schnittpunkt von K (0, rmax ) mit der Bahn der Kurve existiert wegen der Kompaktheit der Fläche (weil das der Punkt ist, in welchem die stetige Funktion |M − c(t)|, die auf einer kompakten Menge definiert ist, ihren maximalen Wert annimmt). Tangentialebenen in diesem Punkte zu K (0, rmax ) und zu M fallen zusammen. Wegen Satz über Normalform ist K ≥ K = 1/r . Der Satz von Gauß-Bonnet Zuerst möchte ich den Satz formulieren, erst danach nenne und erkläre ich die Begriffe: Satz von Gauß-Bonnet: Für jede kompakte Fläche M (ohne Rand) gilt Z 1 χ(M) = 2π KdVol. M Dabei χ(M) ist die Euler-Charactersitik der Fläche (wird definiert); wir werden sehen, dass sie nur von Triangulierung von Fläche abhängt (und deswegen nur von der “Topologie” – Oberfläche von Kaffetasse und Reifen haben die gleiche Euler-Charactersitik und nicht z.B. von der 1. Fundamentalform. K istR die Gauß-Krümmung der Fläche. Ich muss noch definieren, was RM KdVol ist, aber es ist vielleicht schon jetzt klar, dass die Zahl M KdVol nur von 1. Fundamentalform abhängt. Triangulierung der Fläche und Euler-Charakteristik Def. Sei M ∈ R3 eine kompakte Fläche. Eine Triangulierung von M ist eine endliche Familie von Mengen {∆1 , ..., ∆F } (als “Dreiecke” bezeichnet), die homöomorph zur Kreisscheibe sind, und die von drei differenzierbaren Kurven (Kanten) berandet werden, wobei gelte 1. ∪Fi=1 = M 2. das Innere der Dreiecke ist disjunkt. Bild von Wikipedia Die Endpunkte der Kanten nennen wir Ecken. Def. Besitzt M eine Triangulierung mit E Ecken, K Kanten und F Dreiecken, so heißt χ(M) := E − K + F die Euler-Charakteristik. Bsple. Für die Sphäre S mit Tetraeder-, Oktaeder-, Ikosaeder-Triangulierung ist χ = 2. Für den Torus ist χ = 0; verwendet man beispielsweise vier Dreiecke, so erhält man 0 = 2 − 6 + 4. Man kann “kombinatorisch” beweisen, dass die Euler-Charakteristik nicht von der Triangulierung abhängt. Wir benötigen das nicht, weyl in unserem Fall die Aussage sofort aus dem Satz von Gauß-Bonnet folgt. Was ist “die Totalkrümmung” R M KdVol Sei f : U → R3 ein C 1 -glatte Flächenstück mit 1. Gauß. Wir definieren Z Z q KdVol := K (x, y ) det(g(x,y ) )dxdy . U U Wenn man hier vorübergehend erlaubt, dass U kompakt ist (also U mit seinem Rand kommt), ist Volf ein Riemannsches Doppelintegral. Bemerkung. Das ist eine geometrische Größe – Beweis wie in Vorl. 11, Seite 7. Jetzt betrachten wir eine Triangulierung (∆1 , ..., ∆F ) einer kompakten R Pi R Fläche M und definieren M KdVol = i=1 ∆i KdVol. Obwohl wir die Triangulierung in der Definition benutzt haben, hängt offensichtlich die R Zahl M KdVol nicht von Triangulierung ab. Sie kann aber von der 1. Fundametalform abhängen. Der Satz von Gauß-Bonnet besagt jedoch, dass sie auch nicht von der 1. Fundamentalform abhängt. Der Satz von Gau ist Hauptschritt im Beweis von Gauß-Bonnet Satz von Gauß (1827). Liegt ein geodätisches Dreieck ∆ ganz in einer geodätisch konvexen Kreisscheibe um R einen der drei Eckpunkte des Dreiecks, so gilt α + β + γ = π + ∆ KdA. Begriffserklärung: Geodätisches Dreieck = Die Kanten sind Geodätische. Geodätisch konvexe Kreisscheibe = je zwei Punkten sind mit genau einer Geodäte verbindbar. Die Winkel α, β, γ berechnet man mit Hilfe der 1. Fundamentalform: hb, cig α = arccos |b|g |c|g Bild von commons.wikimedia.org/wiki/ File:Triangle_-_angles,_vertices,_sides.svg Für Dreiecke in R2 ist dies die R bekannte Formel für die Winkelsumme. Auf S 2 ist der Winkelexzess ∆ KdA gleich dem Flächeninhalt von ∆, und diese Formel könnte aus der Kugelgeometrie bekannt sein. Beweis des Satzes von G-B mit Hilfe des Satzes von Gauß Wir wählen eine spezielle Triangulierung {∆1 , ..., ∆F }, sodass bei jedem Dreieck ∆i der Satz von Gauß anwendbar ist. Wir summieren über alle Dreiecke und beachten, dass sich die Winkel in jeder der E Ecken zu 2π addieren: Z KdVol = M F Z X i=1 KdVol = ∆i F X αi + βi + γi − π = 2πE − πF i=1 Nun wollen wir noch F anders ausdrücken. Jedes Dreieck hat 3 Kanten, aber mit 3F zählen wir jede Kante der gesamten Triangulierung doppelt, denn jede Kante berandet zwei verschiedene Dreiecke. Daher ist 3F = 2K , oder −F = 2F − 2K . Wir ersetzen damit −πF in der Formel oben und bekommen Z KdVol = 2πE − 2πF + 2πK ; M Es folgt die Behauptung. Parallelverschiebung. Wir werden gleich die Differentialgleichung der Parallelverschiebung bekommen; daraus wird es folgen, dass Parallelverschiebung zur innerer Geometrie gehört. Parallelverschiebung erhält Skalarprodukt. Differentialgleichung für Parallelverschiebung. X ′k ist die t-Ableitung von X längst γ(t), also X ′k = ∂X k ∂x γ1′ + ∂X k ∂y γ2′ . 1. Wir sehen, dass der Anfangsvektor die Parallelverschiebung eindeutig bestimmt. 2. Wir sehen auch, dass Parallelverschiebung nur die Christoffel-Symbolen benutzt, also zur inneren Geometrie gehört (man braucht nur g , um Paralleverschiebung zu berechnen). Beweis: Kovariante Ableitung. 1. Wir sehen, dass die die Differentialgleichung der Parallelverschieben ist: (ein Vektorfeld Y (t) ist parallel längst γ, falls ∇γ ′ (t) Y (t) = ~0). 2. Wir sehen auch, dass Kovariante Ableitung nur die Christoffel-Symbolen benutzt, also zur inneren Geometrie gehört. 3. Aus Lemma auf Seite 15 folgt: Ist X ein Vektorfeld sodass X (γ(t)) ist parallel längst γ, dann gilt: d dt gγ(t) (X (γ(t)), Y (γ(t))) = gγ(t) (X (γ(t)), ∇γ ′ (t) Y (γ(t). Beweis des Satzes von Gauß Satz von Gauß (1827). Liegt ein geodätisches Dreieck ∆ ganz in einer geodätisch R konvexen Kreisscheibe um einen der drei Eckpunkte des Dreiecks, so gilt α + β + γ = π + ∆ KdA. Wir parametrizieren die seite a durch Winkel φ: (Bild von WiKi) Wir betrachten jetzt zwei Vektorfelder e1 , E2 : e1 ist der Richtungsvektorfeld von r -Koordinate in der Polarkoordinaten (also, in jedem Punkt x ist e1 der Geschwindigkeitvektor der Geodäten aus der 1 Punkt p), in der geodätischen Polarkoordinaten ist e1 = , und E2 ist 0 der orthogonale Vektor von der Länge 1, wegen die Form der Metrik gilt 0 . E2 = G1 e2 = G1 1 Wir berechnen jetzt die kovariante Ableitung ∇a′ E2 : zuerst berechnen wir 1 die Christoffel-Symbole der Metrik g = , und danach G (r , φ)2 benutzen sie in der Formel für die kovariante Ableitung: wir bekommen ∂ G e1 . ∇a′ E2 = − ∂r Dabei haben wir noch nicht die Eigenschaft verwendet, dass unsere Kurve a(φ) eine Geodäte ist. Wir sehen auch, dass ∇a′ E2 6= 0 (mind. in eine kleiner Umgebung von p, in welcher wir arbeiten), daraus folgt, dass E2 nicht parallel längs der Kreisen ist, d.h. die Kreise sind nicht geodätisch. Also kann die Geodätische a nicht auf einem offenen Intervall mit einem Kreis übereinstimmen. Daher gilt r ′ (φ) = 0 nur in isolierten Punkten. Daraus folgt θ′ = − ∂G ∂r (∗) Da wir die Form der 1- Fundamentalform haben, g = 1 , G (r , φ)2 können wir die Krümmung von g ausrechnen ,wir haben bereits es auch früher gemacht: 2 K = − G1 ∂∂rG2 . Deswegen ! Z Z α Z r (φ) ∂2G dφ = KdVol = − ∂r 2 dr 0 (weil 0 ∂G (0, φ) = 1) = α − ∂r Z α 0 ∂G (r ,φ) dφ ∂r = wegen (∗) auf der vorheriger Seite = α − Z α θ′ (φ)dφ 0 = α − θ(α) + θ(0) = α + β + γ − π.