Kapitel 7: LICHTMIKROSKOPIE Inhalt: EINLEITUNG .............................................................................................................................. 77 ABBILDUNG DURCH SPHÄRISCHE LINSEN ...................................................................................... 80 LUPE ........................................................................................................................................ 85 EINFACHES, ZUSAMMENGESETZTES MIKROSKOP ............................................................................. 86 MODERNE MIKROSKOPISCHE VERFAHREN .................................................................................. 104 LITERATUR .............................................................................................................................. 108 LINKS ..................................................................................................................................... 109 Einleitung Ausbreitung des Lichts Sofern Beugungs- und Interferenzerscheinungen keine Rolle spielen, kann man die Ausbreitung des Lichts rein geometrisch darstellen. Ein leuchtender Punkt L wird unmittelbar gesehen, wenn die von ihm ausgehenden Strahlen ohne Änderung der Richtung in das Auge fallen. Der Sinneseindruck beruht auf dem Einfall divergierender Strahlen in die Pupille, die auf der Netzhaut fokussiert werden (Abb. 39). Abb. 39: Unmittelbares Sehen Wird der Gegenstand L durch eine Sammellinse als Bild B abgebildet, dann sehen wir den Gegenstand dort, von wo aus die Strahlen zu divergieren scheinen. Dieses reelle Bild kann man mit einem Schirm sichtbar machen (Abb. 40). Abb. 40: Reelles Bild Betrachtet man den Gegenstand L über einen Spiegel, dann existiert der Divergenzpunkt Bv nur scheinbar, dieses virtuelle Bild kann nicht mit einem Schirm sichtbar gemacht werden (Abb. 41). 77 LICHTMIKROSKOPIE Abb. 41: Virtuelles Bild Sehwinkel Um an einem Gegenstand feine Einzelheiten erkennen zu können, muss man nahe an ihn herangehen. Eng nebeneinander liegende Details sind nur aus der Nähe voneinander zu unterscheiden, während sie aus größerer Entfernung betrachtet scheinbar miteinander verschmolzen sind (Beispiel: Text aus 25 cm bzw. 2 m Abstand). Nebeneinander liegende Punkte, die getrennt wahrgenommen werden, bezeichnet man als aufgelöst. Die Auflösung wird umso besser, je näher das Objekt vor dem Auge liegt. Je geringer der Abstand zwischen Gegenstand und Auge ist, desto größer wird der Sehwinkel σ, der also der Auflösung direkt proportional ist. Den Sehwinkel σ erhält man, wenn man die beiden Enden des beobachteten Gegenstandes mit der Mitte der Augenpupille verbindet (siehe Abb. 42). Durch die begrenzte Akkomodationsfähigkeit des menschlichen Auges ist es aber nicht möglich, beliebig feine Einzelheiten durch immer stärkere Annäherung aufzulösen. σ1 σ2 Abb. 42: Sehwinkel σ in Abhängigkeit vom Abstand zwischen Gegenstand und Auge Bezugssehweite und Auflösung des menschlichen Auges Zur Entstehung eines scharfen Bildes muss man also eine bestimmte Mindestentfernung zwischen Gegenstand und Auge einhalten. Diese Mindestentfernung ist aber nicht bei allen Menschen gleich, sondern hängt von den Eigenschaften der Augen und vom Lebensalter ab. Bei Kindern und Kurzsichtigen ist sie am kleinsten, nimmt im Laufe des Lebens zu und 78 BIOPHYSIK DER ZELLE erreicht bei Weitsichtigen ihr Maximum. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Mindestentfernungen, aus der ein Durchschnittswert ermittelt wurde. In einem Abstand von 25 cm ist die Mehrzahl der Erwachsenen in der Lage, ein Objekt längere Zeit ohne besondere Anstrengung gerade noch scharf zu sehen. Diese Strecke wurde als kürzeste durchschnittliche Betrachtungsentfernung festgelegt und wird als konventionelle Sehweite oder Bezugssehweite bezeichnet. Das Auflösungsvermögen des menschlichen Auges beträgt bei Betrachtung des Objektes aus konventioneller Sehweite 0,15 - 0,3 mm, d.h. Einzelheiten, die 0,15 - 0,3 mm auseinanderliegen werden noch aufgelöst. Dies entspricht einem Sehwinkel σ von 2′ - 4′ (physiologischer Grenzwinkel). Da man aus physiologischen Gründen mit dem bloßen Auge den Sehwinkel nicht vergrößern kann, benutzt man Glaslinsen zur Steigerung der Vergrößerung (s.u.). Brechungsindex Ein Lichtstrahl, der zunächst in Luft verläuft, ändert beim Eindringen in ein Medium mit anderem Brechungsindex, z.B. Glas, seine Verlaufsrichtung. Man sagt, er wird `gebrochen`. Diese Lichtbrechung lässt sich berechnen, wenn man senkrecht zur Glasoberfläche durch den Punkt, in dem der Strahl ins Glas eindringt, eine Gerade zeichnet. Strahl und Lot bilden dann einen Winkel (Einfallswinkel in der Luft), der größer ist als der Austrittswinkel im Glas. Für gleichen Übertritt ist jedem Einfallswinkel ein bestimmter Austrittswinkel zugeordnet, der Proportionalitätsfaktor n bleibt dabei stets gleich: sin α sin β = =n sin α ′ sin β ′ nD = 1,33 α nD = 1,515 α' Abb. 43: Brechung in unterschiedlichen Medien Die dimensionslose Zahl n wird als Brechungsindex oder Brechzahl bezeichnet, ihr Wert hängt ab von der Art des Stoffes, in den das Licht aus der Luft kommend übertritt und von der Wellenlänge des Lichtes ( Dispersion, blaue Strahlen werden stärker gebrochen als rote). Will 79 LICHTMIKROSKOPIE man die Brechungsindizes verschiedener Stoffe miteinander vergleichen, muss man Licht gleicher Wellenlänge benutzen, im Allgemeinen die gelbe Strahlung von Natriumdampflampen, deren Farbton mit dem Buchstaben D gekennzeichnet ist (nD ;λD = 580 nm). Beispiel: nD Wasser = 1,33; nD Luft = 1,00; nD Öl = 1,515 Die Brechungsindizes unterschiedlicher Stoffe sind verschieden, daher muss der Brechungsindex n durch das Verhältnis der Brechungsindizes der beteiligten Stoffe ersetzt werden. Wenn beispielsweise ein Lichtstrahl nicht aus der Luft, sondern aus Wasser kommend in Glas eindringt, lautet die Formel: n D Glas sin α = sin α ′ n D Wasser n D Wasser sin α = n D Glas sin α ′ oder allgemein (Snelliussches Brechungsgesetz): n sin α = n ′ sin α ′ Abbildung durch sphärische Linsen Die Brechung von Lichtstrahlen an Glas ermöglicht die vergrößernde oder verkleinernde Abbildung von Gegenständen. Glaslinsen, die entweder als Sammel- oder als Zerstreuungslinsen geschliffen werden, können einzeln (Lupe = Sammellinse) oder in Kombination (Mikroskop, Photoapparat) zur Abbildung benutzt werden. Sphärische Linsen 1. Sammellinsen (sind in der Mitte dicker als am Rand) 2. Zerstreuungslinsen (sind in der Mitte dünner als am Rand) 80 BIOPHYSIK DER ZELLE Kenngrößen sphärischer Linsen Mit rein geometrischer Behandlung der Lichtstrahlen lässt sich eine Abbildung durch Sammellinsen konstruieren, wofür auf der einen Seite der Linse ein Gegenstandsraum und auf der anderen Seite ein Bildraum definiert werden (Abb. 44). Auf jeder Seite einer ideal dünnen (symmetrischen) Sammellinse liegt ein Brennpunkt (F und F') in gleicher Entfernung von der Mittelebene (M) der Linse auf der optischen Achse. Diese Entfernung entspricht der Brennweite (f = f ') der Linse. Die beiden Hauptebenen H und H' der Linse sind für ideal dünne Linsen identisch mit der Mittelebene. Abb. 44: Abbildung durch eine Sammellinse Geometrisch-optische Betrachtung Bei Sammellinsen verläuft die Brechung so, dass sich alle parallel zur optischen Achse einfallenden Lichtstrahlen in einem Punkt, dem Brennpunkt, treffen. Für ideale, dünne Linsen soll gelten: 81 LICHTMIKROSKOPIE H = H' = M; n = n'; f = f'; Strahlen werden nur an M gebrochen. Bei Zerstreuungslinsen sind F und F' vertauscht; die Brennweite erhält ein negatives Vorzeichen. Vernachlässigt man alle Linsenfehler (s.u.), so besteht zwischen Bildweite b, Gegenstandsweite g und Brennweite f die Beziehung: 1 1 1 = + f g b Woraus sich für die Brennweite ergibt: f = gb g+b Im Falle dünner Linsen stimmen g und b näherungsweise mit den Abständen von Gegenstand und Bild von der Mittelebene überein. Berücksichtigt man, dass die Summe g + b = l (Abstand zwischen Bild und Gegenstand) ist, dann erhält man für dünne Linsen die Beziehung: f = g (l - g ) l Abb. 45: Abbildung durch eine Zerstreuungslinse Der Abbildungsmaßstab m dünner Linsen ergibt sich aus dem Quotient von Bildgröße zu Gegenstandsgröße und ist gleich dem Verhältnis von Bildweite zu Gegenstandsweite: m= B b = G g Der Abbildungsmaßstab oder auch Maßstabszahl bezieht sich also auf die Abbildung reeller Bilder. Die Vergrößerung dagegen hängt von der Sehweite ab: man spricht von x-facher 82 BIOPHYSIK DER ZELLE Vergrößerung, wenn die Linse als Lupe wirkt (s.u.). Der Kehrwert der Brennweite (1 / f) wird als Brechkraft der Linse bezeichnet. Die zugehörige Einheit ist die Dioptrie (dptr). Es gilt: 1dptr = 1m-1. Ein positives Vorzeichen vor der Dioptriezahl deutet auf eine Sammellinse hin, ein negatives Vorzeichen auf eine Zerstreuungslinse. Bildkonstruktion Im Idealfall bewirkt eine Linse, dass alle Strahlen, die von einem Gegenstandspunkt P ausgehen und durch sie hindurchtreten, sich im zugehörigen Bildpunkt P' schneiden. Aus der Vielzahl dieser Strahlen greift man die heraus, deren Verlauf leicht zu konstruieren ist. Parallelstrahl verläuft von P bis M parallel zur optischen Achse; wird an M durch F' gebrochen Brennstrahl verläuft bis M auf der Geraden PF; nach M ist er parallel zur optischen Achse Mittelpunktstrahl geht ungebrochen durch den Mittelpunkt der Linse Der Schnittpunkt dieser drei Strahlen ist Schnittpunkt aller von P ausgehenden Strahlen und somit der Bildpunkt P'. Entsteht das Bild in Richtung des abbildenden Lichtes hinter der Linse, so lässt es sich auf einem Schirm auffangen und wird als reell bezeichnet. Liegt der Bildort vor der Linse oder in einem Linsensystem, so entstehen sogenannte virtuelle Bilder. Sie lassen sich nicht auf einem Schirm auffangen. Die Bildweite erhält ein negatives Vorzeichen. Virtuelle Bilder können einem reell abbildenden System als Gegenstand dienen (z.B. das Auge als reell abbildendes System macht aus dem virtuellen Bild, das eine Lupe erzeugt, ein reelles Bild auf der Netzhaut). Bei zusammengesetzten Linsensystemen erfolgt die grafische Bildkonstruktion sukzessiv. Das Bild, das von der dem Gegenstand am nächsten stehenden Linse entworfen wird, dient der nächsten Linse als Gegenstand; es wird als Zwischenbild bezeichnet. Für die Gesamtbrennweite eines Systems aus 2 dünnen, idealen Linsen gilt: 1 1 1 d = + − f f1 f 2 f1 f 2 d = Abstand der Mittelebene der beiden Linsen Abbildungen durch Sammellinsen Sammellinsen sind zur Abbildung von Gegenständen geeignet, wobei die Entfernung zwischen Gegenstand und Linse wichtig ist. Wenn man für diese Strecke die Brennweite der 83 LICHTMIKROSKOPIE Linse als Maßeinheit wählt, ergeben sich allgemein gültige Aussagen, wobei drei wichtige Fälle zu unterscheiden sind. Abb. 46: Abbildung von Gegenständen durch eine Sammellinse Die mit 1, 2 bzw. 3 gekennzeichneten Pfeile stellen die Gegenstände dar, die mit 1', 2' bzw. 3' bezeichneten Pfeile die zugehörigen Bilder. Liegt der Gegenstand in einem Abstand von mehr als zwei Brennweiten vor der Linse, wird er verkleinert, seitenverkehrt und reell abgebildet. Dabei rückt sein Bild immer näher an die hintere Brennebene heran, wenn sich der Gegenstand selbst weiter von der Linse entfernt. Diese Eigenschaft der Sammellinsen wird bei Photoapparaten benutzt, um Gegenstände aus relativ großer Distanz seitenverkehrt und verkleinert auf den Film abzubilden (Pfeil 1). Ist der Gegenstand in einer Entfernung von mehr als einer und weniger als zwei Brennweiten vor der Linse angeordnet, entsteht wiederum ein reelles und seitenverkehrtes, jetzt aber vergrößertes Bild. Diesen Fall finden wir bei Projektoren und photographischen Vergrößerungsgeräten verwirklicht (Pfeil 2). Befindet sich der Gegenstand innerhalb der vorderen Brennweite der Linse, entsteht ein vergrößertes und seitenrichtiges virtuelles Bild. Dazu kommt es, wenn eine Sammellinse als Lupe benutzt wird (Pfeil 3). Linsenfehler Eine Sammellinse bildet Gegenstände in Wirklichkeit nicht so störungsfrei ab, wie es Abb. 46 zeigt, denn die einzelnen Spektralfarben werden verschieden stark abgelenkt (s. Brechung) und die Lichtbrechung ist in den äußeren Zonen einer Sammellinse stärker als in der Mitte. Deswegen wird ein Gegenstand von einer einzelnen Linse nicht naturgetreu, sondern mehr oder weniger verzerrt abgebildet. Man spricht von Linsenfehlern, die zu charakteristischen Abbildungsfehlern führen. Sphärische Aberration: 84 achsennahe und achsenferne Parallelstrahlen werden zu verschiedenen Brennpunkten hin gebrochen. BIOPHYSIK DER ZELLE Chromatische Aberration: blaue Strahlen werden stärker gebrochen und schneiden die optische Achse eher als rote. Chromatische Vergrößerungsdifferenz: weil blaue Strahlen stärker gebrochen werden, bilden sie einen Gegenstand kleiner ab als rote. Astigmatismus: die Linse ist nicht achsensymmetrisch, sie hat in zwei zueinander senkrechten Richtungen verschiedene Brennweiten. Bildfeldwölbung: das Bild eines ebenen Gegenstandes liegt nicht auf einer Ebene, sondern auf einer gewölbten Fläche. Verzeichnung: eine quadratische Fläche wird kissen- oder tonnenförmig abgebildet. Die Korrektur dieser Linsenfehler gelingt teilweise durch Kombination mehrerer, verschieden geformter Linsen aus unterschiedlichen Glassorten. Lupe Das einfachste Instrument zur Vergrößerung des Sehwinkels ist die Lupe. Sie besteht aus einer Linse (oder einem Linsensystem), deren Brennweite kürzer als die Bezugssehweite ist. Der Gegenstand muss sich zwischen der Sammellinse und ihrem vorderen Brennpunkt befinden (Abb. 46 Pfeil 3), das Auge beobachtet in der hinteren Brennebene der Lupe. Damit das Auge entspannt bleibt, benutzt man die Lupe sinnvollerweise so, dass das Bild im Unendlichen entsteht. Dazu muss der Gegenstand genau in der vorderen Brennebene der Lupe liegen. Um die Lupenvergrößerung zu bestimmen, nimmt man an, dass Gegenstand und Bild in konventioneller Sehweite - also 250 mm vom Auge entfernt - liegen und bildet das Verhältnis aus den Tangenswerten der beiden Sehwinkel, unter denen Gegenstand und Bild gesehen werden. Da die Lupe ein virtuelles Bild vom betrachteten Gegenstand entwirft, werden nicht Strecken, sondern die Sehwinkel miteinander verglichen. Ihr Quotient ist auch dem Verhältnis von scheinbarer Größe des Bildes B zu Gegenstandsgröße G gleich und heißt Lupenvergrößerung V: tan β = V= B 250 tan σ = G 250 tan β B = tan σ G wenn g = f, dann gilt : tan β = tan β G/ f = tan σ G/ 250 250 ⇒V= f G f ⇒ 85 LICHTMIKROSKOPIE Man erhält also die Lupenvergrößerung V, indem man die konventionelle Sehweite durch die Brennweite der Linse dividiert. Abb. 47: Sammellinse als Lupe Einfaches, zusammengesetztes Mikroskop Ein Mikroskop kann man als Kombination eines Diaprojektors mit einer Lupe beschreiben. Der Diaprojektor entwirft von einem Diapositiv auf eine transparente Projektionswand ein vergrößertes, umgekehrtes und seitenverkehrtes Bild. Dieser Teil der Abbildung entspricht der ersten Vergrößerungsstufe im Mikroskop mit dem Projektionsschirm als Zwischenbildebene und dem Diapositiv als Präparat. Dieses Bild auf der Projektionswand kann seinerseits noch vergrößert werden, wenn man das durchscheinende Bild hinter der Projektionswand mit einer Lupe betrachtet. Diese nochmalige Vergrößerung bezeichnet man als zweite Vergrößerungsstufe im Mikroskop. Die Aufgabe der Lupe übernimmt im Mikroskop das Okular. Das Auge entwirft schließlich auf der Netzhaut das endgültige Bild. 86 BIOPHYSIK DER ZELLE Bauteile des Mikroskops Abb. 48: Durchlicht-Mikroskop. Je nach Grad, in dem bestimmte Abbildungsfehler herabgemildert sind, werden die Mikroskopobjektive in fünf Klassen eingeteilt, die sowohl Trocken- als auch Immersionsobjektive umfassen. • Achromate: Farbfehler Korrektur (rot und blau) • Apochromate: Farbfehler Korrektur für 3 Spektralfarben • Fluoritobjektive: Farbfehler Korrektur besser als für Achromate, aber schlechter als für Apochromat • Planchromate: Korrektur der Bildfeldwölbung • Planapochromate: Korrektur von Bildfeldwölbung und für 3 Spektralfarben Auf allen Mikroskopobjektiven sind zusätzlich Angaben zu physikalischen Parametern angebracht. So bedeutet die Gravur 40 / 0.65 170 / 0,17 dass es sich um ein Trockenobjektiv mit der Maßstabszahl (Vergrößerung) M = 40 und der numerischen Apertur 0.65 handelt. Ferner ist ersichtlich, dass es für eine mechanische Tubuslänge von 170 mm und für ein Deckglas der Dicke 0,17 mm ausgelegt ist. Die mechanische Tubuslänge gibt die Entfernung zwischen dem oberen Tubusrand und der Anschraubfläche des Objektivs an (immer konstant!). Die optische Tubuslänge gibt die Entfernung zwischen der hinteren Brennebene des Objektivs und der vorderen Brennebene des Okulars an. Das Deckglas ist rein rechnerisch ein Bestandteil des Objektivs. Bei Immersionsobjektiven (Abb. 49) wird die Frontlinse und die Präparatoberfläche mit einem 87 LICHTMIKROSKOPIE Medium verbunden, das einen höheren Brechungsindex als Luft aufweist (Öl, Wasser, Glyzerin). Dadurch können Lichtstrahlen mit einem größeren Einfallswinkel noch zur Abbildung beitragen (höhere numerische Apertur, dadurch auch höheres Auflösungsvermögen). Abb. 49: Wirkung einer Ölimmersion Der Kondensor enthält mehrere Linsensysteme und eine Irisblende (Apertur - oder Kondensorblende), mit der sein Öffnungswinkel stufenlos reguliert werden kann. Dabei wird die numerische Apertur des Kondensors so verändert, dass jedes Objektiv die seiner numerischen Apertur entsprechende Lichtmenge erhält. Die Leuchtfeldblende begrenzt die Öffnung des Kollektors, welcher aus einem Linsensystem besteht, das die Lampenwendel in die Ebene der Aperturblende abbildet; eine Linse ist mattiert, damit die Aperturblendenflächen gleichmäßig ausgeleuchtet sind. Okulare besorgen die zweite Stufe der mikroskopischen Gesamtvergrößerung. Einfache Okulare (Huygens-Okulare) bestehen aus zwei Linsen, der Augen- und der Feldlinse. Die dem Auge zugewandte Linse (Augenlinse) wirkt als eigentliche Lupe, während die Feldlinse dafür sorgt, dass das gesamte Zwischenbild mit der Augenlinse überschaubar wird. Im Tubus befindet sich eine Lochblende, in deren Öffnung das vom Objektiv entworfene, reelle, vergrößerte Zwischenbild liegt (Zwischenbildebene). Der Vergrößerungsfaktor des Okulars (V: 6x bis max. 20x) ist auf der Okularfassung eingraviert. Die Vergrößerung des Mikroskops berechnet man nach: VM = M (Objektiv ) • V (Okular ) Strahlengang Zum genauen Verständnis des Strahlengangs muss auch die Beleuchtungsoptik miteinbezogen werden. Würde man einen Projektor ohne diese Optik bauen, so könnte man weder die Lichtquelle optimal nutzen, noch das Dia gleichmäßig ausleuchten. Das sind aber gerade die unerlässlichen Voraussetzungen für ein gutes Projektionsbild. Man sammelt daher das Beleuchtungslicht mit Hilfe einer zwischen Lichtquelle und Dia angeordneten 88 BIOPHYSIK DER ZELLE Beleuchtungsoptik. Sie hat die Aufgabe, die ganze leuchtende Fläche (oder die Wendel) der Lichtquelle in das Objektiv hinein abzubilden. Auf diese Weise wird die Lichtquelle voll genutzt und das Projektionsbild ist trotz der hellen und dunklen Zonen, die für Lichtquellen charakteristisch sind, optimal hell und gleichmäßig ausgeleuchtet. Die Beleuchtungsoptik bewirkt nämlich, dass jeder Punkt der Lichtquelle allein bereits das ganze Dia durchstrahlt, und dass außerdem dieses Licht auch für die Abbildung voll genutzt wird. Bei dieser optischen Anordnung "Beleuchtungsoptik-Objektiv" greifen zwei Abbildungen ineinander: die Abbildung des Dias auf dem Projektionsschirm und die Abbildung der Lichtquelle in das Objektiv. Man spricht deshalb von einem verflochtenen Strahlengang. Jede der beiden Gruppen konjugierter Ebenen hat also eine eigene Funktion. Wir betrachten zunächst den Beleuchtungsstrahlengang (Abb. 50). Dicht hinter der Lichtquelle befindet sich der Kollektor, welcher meist mit der Lichtquelle zu einer Leuchte vereinigt ist. Der Kollektor bildet die Lichtquelle in die vordere Brennebene des Kondensors ab. In dieser Ebene liegt auch die Aperturblende. Die Lichtquelle wird dann weiter durch Kondensor und Objektiv in dessen hintere Brennebene und schließlich in die Austrittspupille des Okulars abgebildet. Hier befindet sich die Augenpupille des Beobachters. Diese drei Ebenen bezeichnet man als optisch konjugiert, weil jede ein optisches Bild der vorhergehenden ist. Das zweite System optisch konjugierter Ebenen erkennt man im Abbildungsstrahlengang (Abb. 50). Die Leuchtfeldblende begrenzt die Öffnung des Kollektors. Diese Blende wird durch den Kondensor ins Präparat abgebildet. Das Objektiv erzeugt in der Zwischenebene ein vergrößertes Bild des Präparates und der Leuchtfeldblende, das durch das Okular nochmals vergrößert betrachtet wird. Das dritte Bild der Leuchtfeldblende und das des Präparates entstehen auf der Netzhaut des Auges. Wir haben damit zwei Gruppen von optisch konjugierten Ebenen, die regelmäßig abwechselnd einander folgen. Man spricht daher von einem verflochtenen Strahlengang. In diesem Strahlengang müssen auch die Blenden richtig eingestellt sein. Mit der Aperturblende wird das Bild der Lichtquelle abgeblendet, so dass die von den Objektpunkten ausgehenden Strahlenkegel breiter oder schlanker werden, was sich auf den Kontrast des Präparates auswirkt. Die Leuchtfeldblende verändert den Strahlenquerschnitt in der Objektebene. Sie ist stets nur so weit zu öffnen, dass nicht mehr als das Objektfeld ausgeleuchtet wird. 89 LICHTMIKROSKOPIE Abb. 50: Verflochtener Strahlengang Wellenoptik, Auflösung und numerische Apertur Bisher ist der Strahlengang im Mikroskop nach geometrischen Gesetzen konstruiert worden. Die Wellennatur des Lichtes blieb bei dieser Betrachtungsweise unberücksichtigt. Da paralleles Licht, welches eine feine Öffnung passiert, sich hinter dieser Öffnung nicht mehr geradlinig ausbreitet, sondern gebeugt wird, muss dies auch für mikroskopische Objekte gelten, die aus sehr feinen Strukturen mit kleinen Öffnungen bestehen. Legt man ein Gitter (z.B. Objektmikrometer) auf den Objekttisch, fokussiert darauf und schließt die Aperturblende, dann sieht man nach Herausnehmen des Okulars in der hinteren Brennebene des Objektivs in der Mitte als helles Zentralbild das Bild der Aperturblende, links und rechts davon erkennt man eine Reihe lichtschwächerer und farbig gesäumter, sich teilweise überdeckender Nebenbilder. Nimmt man das Gitter aus dem Strahlengang, dann verschwinden die Nebenbilder, während das Zentralbild bleibt. Dieses zentrale Hauptbild ist also nach geometrischen Gesetzen entstanden, während die Nebenbilder auf Beugung des Lichtes am Gitter zurückzuführen sind. Die Intensitätsverteilung des gebeugten Lichtes und damit die Lage der einzelnen Beugungsbilder ist durch Interferenz bedingt. Abb. 51 zeigt die Beugung in der Aufsicht. Es sind Wellenfronten und die Ausbreitungsrichtungen gezeichnet. Die ebene Wellenfront des Beleuchtungslichtes trifft auf einen Gitterspalt, der das Erregungszentrum von Elementarwellen (Beugung) ist. Interferenz dieser Elementarwellen mit gleicher Phase führt zu Verstärkung (Maxima 0., 1., 2. Ordnung 90 BIOPHYSIK DER ZELLE usw.). Das übrige Gebiet bleibt dunkel, weil sich die Elementarwellen dort durch Interferenz auslöschen. Abb. 51: Beugung am Spalt Aus der wellenoptischen Betrachtung ergibt sich unmittelbar die quantitative Beziehung für das Auflösungsvermögen eines Objektivs. Ein Auflösungsvermögen von 1 mm bedeutet, dass zwei punktförmige Teilchen im Abstand von 1 mm mit diesem Objektiv gerade noch getrennt wahrgenommen werden können. Abb. 52 zeigt einen Ausschnitt des Gitters sowie das 0. und 1. Interferenzmaximum, d ist der Abstand von Gitterspalt zu Gitterspalt. Die Punkte A und B sind in gleicher Schwingungsphase, weil mit kohärentem parallelem Licht beleuchtet wurde. C und B sind ebenfalls in Phase, weil AC = λ ist. Bei C liegt ein rechter Winkel, da die Wellenfront AC senkrecht zum gebeugten Bündel verläuft. Daraus ergibt sich für das Bündel 1. Ordnung: sin α = λ d Zur Auflösung des Gitters muss das Objektiv also mindestens das abgebeugte Bündel 1. Ordnung noch aufnehmen, damit in der Zwischenbildebene ein Bild durch Interferenz entstehen kann. Entscheidend hierfür ist die numerische Apertur des Objektivs, die definiert ist durch: • A = sin a für Trockenobjektive • A = n × sin a für Immersionen, n = Brechungsindex Hierbei ist a der größte Winkel, den ein Strahl mit der optischen Achse bilden kann, um vom Objektiv gerade noch aufgenommen zu werden. Demnach löst ein Trockenobjektiv ein Gitter mit dem Spaltabstand d noch auf, wenn seine Apertur A = sin a mindestens die Größe λ / d hat. Als Formel ausgedrückt : 91 LICHTMIKROSKOPIE A= λ d Diese Formel, sie gilt auch für Immersionen, stellt eine gute Näherung des Auflösungsvermögens bei ausschließlich senkrechter Beleuchtung dar. Die Größe d kann hier auch interpretiert werden als Abstand zweier benachbarter Objektpunkte, die gerade noch getrennt zu erkennen sind. In der Praxis arbeitet man jedoch nie mit senkrechter Beleuchtung, also parallelem Licht, und außerdem ist die Beleuchtungsapertur meist kleiner als die Objektivapertur. In diesem Fall gilt: d= λ A Obj. + A Bel. Diese Formel sollte man als Faustregel nehmen. Sie gilt für Objekte mit üblichem Kontrast und setzt normale Farbkontrastempfindlichkeit des Auges voraus. Bei allen Formeln wurden weiterhin auch einwandfrei korrigierte Objektive vorausgesetzt. Bildfehler würden das Auflösungsvermögen natürlich beeinträchtigen. Die numerische Apertur ist aber auch maßgebend für die Lichtstärke und damit die Bildhelligkeit eines Objektivs. Die Bildhelligkeit verändert sich nämlich unter sonst gleichbleibenden Bedingungen proportional mit dem Quadrat der Apertur. Blendet man z.B. die Apertur eines Objektivs auf etwa 70% ab, so sinkt die Bildhelligkeit auf die Hälfte. Dabei vergrößert sich zwar die Schärfentiefe, gleichzeitig erscheinen jedoch Beugungssäume an allen Bilddetails, was das Auflösungsvermögen beeinträchtigt. Abb. 52: Bildentstehung durch Beugung Förderliche Vergrößerung Um eine Objektstruktur, z.B. zwei Punkte, im Mikroskop aufzulösen, d.h. sie auch als zwei Punkte zu sehen, genügt es nicht, nur ein Objektiv entsprechender numerischer Apertur zu verwenden. Das Bild dieser Objektstruktur muss dem Auge auch unter einem hinreichend 92 BIOPHYSIK DER ZELLE großen Winkel dargeboten werden. Dieser Winkel muss im Minimum etwas größer als das Auflösungsvermögen des Auges selbst sein. Man muss also vorher ermitteln, wie weit zwei Punkte in der Bezugssehweite von 250 mm voneinander entfernt sein dürfen, um vom bloßen Auge aufgelöst zu werden. Bei guter Beleuchtung und entsprechendem Kontrast erhält man als Abstand hierfür ca. 0.15 mm; das entspricht einem Winkel von 2′ . Die Auflösungsgrenze des Auges und das wellenoptisch hergeleitete Auflösungsvermögen eines Objektivs lassen sich miteinander verknüpfen. Sind zwei Punkte mit dem Abstand d gerade an der Grenze des Auflösungsvermögens des Objektivs, so gilt bei gleicher Objektivund Beleuchtungsapertur: d= λ 2A Dieser Abstand muss nun so viele Male vergrößert werden, bis die Punkte dem Auge mindestens unter der Distanz von 0,15 mm (entsprechend 2′ ) erscheinen. Also gilt: V λ 2A = 0.15 mm V= 2 A 0.15 mm λ Für λ = 550 nm = 0,00055 mm ergibt sich: A 0.3 mm 0.00055 mm V = 500 A V= Bsp.: 500 × 0,45 (Apertur eines 25 × Objektivs) = 225 fach • 25 × Objektiv + 10 × Okular −> 250 fach • 25 × Objektiv + 8 × Okular −> 200 fach (zu wenig) Diese Überlegungen gelten für Objekte mit mittlerem Kontrast. Bei hohem Kontrast kann man durch entsprechend höhere Vergrößerung die beiden Punkte auch noch auflösen, wenn sie näher beieinander liegen. Hierzu muss vorausgeschickt werden, dass grundsätzlich jeder Punkt des Objektes infolge der Wellennatur des Lichtes als Beugungsscheibchen abgebildet wird. Je näher nun zwei Punkte beieinander liegen, desto mehr überlappen sich die Beugungsscheibchen. Bei hohem Kontrast heben sich die Beugungsscheibchen vom Umfeld natürlich besser ab. Das Auge kann dann die Einschnürung an den beiden Überlappungsstellen besser erkennen und dementsprechend besser auflösen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man die Gesamtvergrößerung bei solchen Objekten etwa bis 1000 A steigern kann. Bei Vergrößerungen über 1000 A erscheinen die Bilder in der Regel nur 93 LICHTMIKROSKOPIE noch unscharf. Der Bereich von 500 A und 1000 A wird nutzbare oder förderliche Vergrößerung genannt. Schwächere Vergrößerungen als 500 A geben brilliantere Bilder, aber das Auflösungsvermögen des Objektivs wird dabei nicht voll genutzt. Leere Vergrößerung Eine Nachvergrößerung des Zwischenbildes wird durch das Okular vorgenommen. Es muss dafür sorgen, dass auch die feinsten, vom Objektiv eben noch aufgelösten Strukturen mindestens unter einem Sehwinkel von 2′ erscheinen. Zu starke Okularvergrößerungen sind aber ebenso schädlich, weil sie zu unscharfen Konturen und zu einem schlechten Bildkontrast führen. Man spricht von leeren Vergrößerungen, da keine weiteren Einzelheiten mehr aufgelöst werden. Köhlersche Beleuchtung Wie bereits oben beschrieben, wird bei richtiger Beleuchtung die Lichtquelle in die hintere Brennebene des Objektivs abgebildet. Mit dieser Methode kann allein diejenige Fläche im Präparat ausgeleuchtet werden, welche die Mikroskopoptik gerade überblickt. Dadurch werden Überstrahlungen vermieden und Feinstrukturen fallen besser auf. Um diese sogenannte Köhlersche Beleuchtung einstellen zu können, benötigt man eine Mikroskopleuchte mit Irisblende (Leuchtfeldblende) und einen in der Höhe verstellbaren Kondensor. Bei der Einstellung geht man wie folgt vor: Abb. 53 Präparat zunächst ohne Rücksichtnahme auf die Qualität der Beleuchtung mit einem 16x Objektiv oder stärker scharf einstellen. 94 BIOPHYSIK DER ZELLE Abb. 54 Leuchtfeldblende schließen; falls vorhanden Hilfslinse ausklappen Abb. 55 Kondensor heben und senken, bis das Bild der Leuchtfeldblende im sonst dunklen Gesichtsfeld scharf umgrenzt ist (Blendenlamellen). Das tritt gewöhnlich dann ein, wenn der Kondensor ziemlich hoch steht. Abb. 56 Bild der Leuchtfeldblende durch Zentrieren des Kondensors in die Mitte des Gesichtsfeldes bringen. Hilfslinse wieder einklappen, Punkt 3 wiederholen und Bild der Leuchtfeldblende durch Zentrieren der Hilfslinse in die Mitte des Gesichtsfeldes bringen. Abb. 57 Leuchtfeldblende soweit öffnen, bis die Blendenlamellen gerade am Rande des Gesichtsfeldes verschwinden. 95 LICHTMIKROSKOPIE Abb. 58 Abb. 59 Okular aus dem Tubus nehmen und Kondensorblende so weit schließen, bis nur noch 3 / 4 der sichtbaren Objektivöffnung ausgeleuchtet sind. Abb. 60 Abb. 61 Dunkelfeldmikroskopie Beim Dunkelfeldverfahren sorgt man dafür, dass kein direktes Mikroskopierlicht ins Objektiv eindringt, sondern an ihm vorbeistrahlt. Dazu ist ein spezieller Kondensor, der sog. Dunkelfeldkondensor notwendig. Das Gesichtsfeld bleibt dann selbst bei eingeschalteter Lampe dunkel. Bringt man aber auf den Objekttisch ein Präparat, so wird das Licht von diesem nach allen Seiten gestreut. Ein Teil des Streulichtes gelangt ins Objektiv, so dass das Präparat hell auf dunklem Untergrund erscheint. Die Dunkelfeldmethode ist besonders für die Darstellung aller Arten von Linienstrukturen geeignet, z.B. Kanten, Risse und Geißeln. 96 BIOPHYSIK DER ZELLE Abb. 62: Dunkelfeld Beugung im Phasenkontrastmikroskopie Dieses Verfahren erlaubt das Betrachten von ungefärbten Strukturen, die im Hellfeld nahezu unsichtbar sind. Man unterscheidet in der Mikroskopie Amplituden- und Phasenobjekte. Bei den ersteren wird die Amplitude der Lichtstrahlen beim Durchstrahlen eines Präparates durch Absorption verringert, wodurch ein wahrnehmbarer Kontrast zu den Lichtstrahlen entsteht, die nicht durch das Präparat gegangen sind. Bei dünnen biologischen Objekten wird jedoch kein Licht absorbiert, dafür ist die optische Weglänge in den Präparaten unterschiedlich. Das aus dem Präparat austretende Licht ist daher gegenüber dem Vergleichslicht um etwa 90 o phasenverschoben. Man nennt diese Präparate daher Phasenobjekte. Für Phasenverschiebungen besitzen wir jedoch weder im menschlichen Auge noch in der photographischen Platte einen geeigneten Empfänger. Beide registrieren nur Unterschiede der Intensität und der Wellenlänge, also Abstufungen in Helligkeit und Farbe, jedoch nicht Wellenzüge mit unterschiedlicher Phase. Ein Teil des Mikroskopierlichtes verläuft geradlinig durch das Objekt und bildet das Hauptmaximum ("direktes Licht"). Der Rest des Mikroskopierlichtes wird bei Amplitudenpräparaten durch Beugung am Präparat in neue Richtungen abgelenkt und bildet die Nebenmaxima (= gebeugtes Licht). Das Zwischenbild kommt durch Interferenz des Hauptmaximums mit dem gebeugten Licht zustande. Bei Amplitudenpräparaten ist das gebeugte Licht gegenüber dem direkten Licht in der Zwischenbildebene um 180 o phasenverschoben, was zu guten Interferenzbedingungen führt. 97 LICHTMIKROSKOPIE Anders liegen die Verhältnisse bei Phasenobjekten: hier kommt es nur zu geringen Phasenverschiebungen, die aber durch Eingriffe in den Strahlengang des Mikroskops zu einem Amplitudenbild umgewandelt werden können. Man muss also das primäre Beugungsbild (es enthält die gesamte Information über das Objekt) eines Phasenpräparates so ändern, dass es einen Amplitudenkontrast liefert. Das gebeugte Licht läuft nur mit einer Verzögerung von einer viertel Wellenlänge hinter dem Hauptmaximum her, daher wird das Licht des Hauptmaximums zusätzlich so beeinflusst, dass eine Gesamtphasenverschiebung um 180 o resultiert. Beim negativen Phasenkontrast (Bildstrukturen heller als der Untergrund) wird das Licht des Hauptmaximums so stark gebremst, dass das gebeugte Licht den Phasenvorsprung des Hauptmaximums gerade einholen kann. Als Bremse wirkt ein Medium von höherem Brechungsindex. Bei positivem Phasenkontrast muss das Hauptmaximum so beschleunigt werden, dass es schließlich mit einer halben Wellenlänge (180 o ) vor dem gebeugten Licht hereilt. In der Praxis wird es aber um 270 o gebremst, so dass im Endeffekt die Phasen der Wellenzüge von Hauptmaximum und gebeugtem Licht um 180 o verschoben sind (Abb. 63). Bei positivem wie negativem Phasenkontrast ist also eine strikte Trennung zwischen Hauptund Nebenmaxima erforderlich. Dies wird durch eine Ringblende im Kondensor erreicht, so dass das Hauptmaximum ringförmige Gestalt annimmt, in der hinteren Brennebene des Objektivs auf einen entsprechenden Phasenring trifft und dort um den gewünschten Betrag in der Phase verschoben wird (Abb. 64). Ein Phasenkontrastmikroskop besitzt daher einen mit Ringblende versehenen Kondensor, der sich in der Höhe verstellen lässt und Objektive, die einen Phasenring enthalten (Kennzeichnung: Objektiv Ph). Abb. 63: Bildentstehung durch Interferenz für Amplitudenobjekt (a.) und Phasenobjekt (b. und c.) 98 BIOPHYSIK DER ZELLE Abb. 64: a) Aufbau des Phasenkontrastmikroskops b) Phasenkontrastaufnahme einer Zelle. Einstellen des Phasenkontrastmikroskops Präparat im Hellfeld scharf einstellen. Köhlern; mit Phasenkontrastobjektiv und Phasenkondensor die Punkte 1 - 6 durchführen (siehe Abschnitt Köhlersche Beleuchtung) . Am Kondensor die zum Objektiv passende Ringblende einschalten (Objektiv: Ph 2; Kondensor: 2). Okular gegen das Einstellfernrohr austauschen und auf Phasenring und Ringblende fokussieren. Ringblende im Kondensor so zentrieren, dass das helle Ringbild mit dem dunklen Phasenring zur Deckung gebracht wird. Einstellfernrohr wieder gegen das Okular austauschen. 99 LICHTMIKROSKOPIE Abb. 65: Köhlern bei Phasenkontrast Polarisationsmikroskopie Bei einem Polarisationsmikroskop befindet sich unter dem Kondensor ein Polarisationsfilter, der Polarisator. Über dem Objekt - meist zwischen Objektiv und Okular - ist ein weiteres Polarisationsfilter - der Analysator - angebracht. Mit Hilfe des Polarisators wird linear polarisiertes Licht erzeugt, mit dem man das Präparat beleuchtet. Polarisationsmikroskope werden zur Untersuchung von doppelbrechenden Strukturen (Kristalle) verwendet. Interferenzmikroskopie Auch hier werden die Phasendifferenzen, die ein Phasenobjekt verursacht, durch Interferenz in Amplitudenunterschiede umgewandelt. Da zur Interferenz stets zwei Wellenfronten gehören, wird bei einem Interferenzmikroskop durch optische Bauelemente ein Teil des einfallenden Lichtes vor dem Durchdringen des Objektes abgespalten und hinter dem Objekt der vom Objekt deformierten "Objektwellenfront" wieder hinzugefügt. Man unterscheidet vier Grundtypen von Interferenzmikroskopen: 3. Verfahren mit unbeeinflusster Vergleichswellenfront 4. Verfahren mit totaler Verdopplung 5. Differenzieller Interferenzkontrast (DIK) 6. Vielstrahl-Interferenzverfahren 100 BIOPHYSIK DER ZELLE Für die Betrachtung von Zellen und Gewebe wird meist mit dem DIK-Verfahren nach Nomarski abgebildet (Abb. 66). Dazu wird das Beleuchtungslicht durch einen Polarisator linear polarisiert und durch ein Wollastonprisma in zwei Teilwellen aufgespalten. Diese laufen um etwa 1 / 2 Winkelminute auseinander und stehen mit ihrer Schwingungsrichtung senkrecht aufeinander. Als Spezialfall der Interferenzmikroskopie durchlaufen beide Wellenfronten das (Phasen-) Objekt, in dem sie eine unterschiedliche Phasenverschiebung erfahren. Nach dem Durchtritt durch das Objektiv werden beide Strahlen durch ein zweites Wollastonprisma zu einem gemeinsamen Strahl vereinigt und durch den Analysator in eine gemeinsame Schwingungsebene gebracht. Dadurch sind sie interferenzfähig geworden und erzeugen ein Interferenzkontrast-Bild des Objekts. In der Objektebene haben die beiden Teilwellen nur einen sehr geringen Abstand voneinander, daher entsteht ein Gangunterschied in der Phase nur an Kanten eines ebenen Objektdetails. Gegenüberliegende Kanten der einzelnen Objektdetails können unterschiedliche Saumeffekte erhalten, so dass plastische Abbildungseffekte zustande kommen. Abb. 66: a) Interferenzkontrastprinzip Interferenzkontrast nach Nomarski b) Seeigelei im differentiellen Fluoreszenzmikroskopie Fluoreszenz ist das durch Strahlung angeregte Leuchten eines Stoffes. Das ausgestrahlte Fluoreszenzlicht hat dabei eine größere Wellenlänge als das eingestrahlte Licht (Stokessche Regel). Man schickt also in eine Substanz eine relativ energiereiche Strahlung hinein, von deren Energie ein gewisser (kleiner) Teil in der Substanz selbst absorbiert bzw. umgewandelt wird (z.B. Wärme). Die nicht absorbierte Strahlungsenergie (welche den weitaus größeren Teil ausmacht) wird "ungenutzt" von der Substanz wieder abgestrahlt oder "emittiert". Man sagt zu diesem Vorgang: die Substanz "fluoresziert". Da diese Fluoreszenzstrahlung energieärmer ist als die Anregungsstrahlung, besitzt sie auch eine größere Wellenlänge als diese. Wenn die 101 LICHTMIKROSKOPIE Einstrahlung (Anregung) im nahen UV-Bereich erfolgt, so kann eine Substanz dadurch sichtbar gemacht werden. Voraussetzung für die Fluoreszenzmikroskopie ist also das Vorhandensein einer Substanz, die sich zur Fluoreszenz anregen lässt. Es gibt Substanzen (z.B. Chlorophyll in Blättern, aber auch einige Öle, Wachse u.a.m.) die natürlicherweise fluoreszieren, sie zeigen "Primärfluoreszenz". Leider besitzen aber gerade diejenigen Objekte, die in der Mikroskopie untersucht werden (Zellen, Gewebe, Zellkulturen usw.) außer einem allgemeinen weiß-blauen Leuchten des ganzen Präparates (unspezifische Eigen- oder Autofluoreszenz, die besonders bei UV- und Violettanregung auftritt und, da unspezifisch, eher stört als nützt), keine "typische" natürliche Fluoreszenz. Will man bestimmte Objektstrukturen hervorheben, muss man eine spezifische Fluoreszenz induzieren, welche an die Teile gekoppelt ist, die man analysieren möchte. Dies geschieht mittels der sogenannten Fluorochrome (chroma = Farbe). Diese Farbstoffe werden genauso appliziert wie dies für histologische Färbeverfahren üblich ist. Sie lagern sich dabei entsprechend ihrer chemischen Eigenschaften und ihrer färberischen Charakteristik in ganz bestimmten Objektbereichen ein und lassen andere ungefärbt. Der ganze Vorgang wird "Fluorochromieren" genannt; die so erhaltene Fluoreszenz nennt man "Sekundärfluoreszenz". Fluorochrome sind bereits in ganz geringen Konzentrationen wirksam; in der normalen Durchlicht-Mikroskopie erscheinen deshalb fluorochromierte Präparate praktisch farblos. Trotzdem leuchten diese Präparate hell auf, wenn sie mit dem Licht einer geeigneten Wellenlänge "angeregt" werden. Während man früher nur ganz wenige Fluorochrome benutzte (Acridinorange), gibt es inzwischen eine reiche Auswahl mit verbesserten oder ganz neuen Spezifitäten (wobei man inzwischen festgestellt hat, dass einige in der Histologie längst bekannte Farbstoffe gleichzeitig sehr brauchbare Fluorochrome sein können, wenn man sie mit dem Licht geeigneter Wellenlängen anregt). Apparative Voraussetzungen: 102 • Lichtquelle: Die Lichtquelle muss genügend Strahlung derjenigen Wellenlängen liefern, welche die gewünschte Fluoreszenz anregen. In der Regel wird dies eine QuecksilberHöchstdrucklampe sein, aber auch Halogenlampen und Laser werden dafür eingesetzt. • Erregerfilter: Der Anregungsfilter, auch Erreger- oder Excitationsfilter genannt, darf nur die Strahlung durchlassen, die für das benützte Verfahren brauchbar bzw. notwendig ist und muss die Wellenlängen der von der Lichtquelle ausgehenden Strahlung zurückhalten, die nicht zur Anregung beitragen (sollen). • Sperrfilter: Da überschüssiges, im Objekt nicht absorbiertes Erregerlicht die FluoreszenzBeobachtung stören würde, muss es mit einem Sperrfilter am Eintritt in die Okulare gehindert werden. Sperrfilter werden in der modernen Fluoreszenzmikroskopie auch BIOPHYSIK DER ZELLE benutzt, um bestimmte Spektralbereiche aus der Fluoreszenz-Emission herauszufiltern. • Präparat: Das Präparat muss in der Regel fluorochromiert worden sein. Prinzipiell unterscheidet man drei Fluoreszenz-Techniken: 1. Durchlicht-Hellfelderregung 2. Durchlicht-Dunkelfelderregung 3. Auflicht-Hellfelderregung a b Abb. 67: a) Strahlengang bei Auflichterregung. b) Auflichfluoreszenzbild einer mit Fluoreszeindiazetat gefärbten Zellkultur. Bei der Auflichterregung (Abb. 67) wird das Erregerlicht durch das Mikroskopobjektiv auf das Präparat geschickt. Das Objektiv dient somit gleichzeitig als Kondensor. Dabei wird das Licht mit Hilfe eines dichromatischen Teilerspiegels (auch Farbteiler genannt) in den Strahlengang gelenkt. Dieser Teilerspiegel sorgt für eine saubere Trennung zwischen Anregungs- und Fluoreszenzstrahlung: die Anregungsstrahlung wird ungeschwächt in das Präparat gelenkt, die nach der Stokesschen Regel längerwellige Fluoreszenzstrahlung des Präparats geht durch den Strahlenteiler durch. Bei der Auflichtfluoreszenz trifft die Erregungsstrahlung auf die Präparatoberseite. Hier entsteht also auch die stärkste Fluoreszenz. Dies ist besonders bei dickeren Objekten von Vorteil. Durch die hohe Intensität der Erregungsstrahlung kommt es aber oft zum schnellen "Verblassen" der Fluoreszenz. 103 LICHTMIKROSKOPIE Moderne Mikroskopische Verfahren Mikroskopie mit Video- und Bildverarbeitung Neue Methoden in der Mikroskopie vereinigen die Anwendung von hochauflösender Videotechnik mit Bildverarbeitungssystemen und ermöglichen neben verbesserten qualitativen auch quantitative Beschreibungen des untersuchten Objekts. Viele Beschränkungen und Nachteile (Kontrast, Auflösungsvermögen, Schärfentiefe, dreidimensionale Darstellung) lassen sich durch die Verwendung elektronischer Systeme weitgehend kompensieren oder völlig vermeiden. Dies gilt insbesondere für die durch Bildspeicherung ermöglichten Kontraststeigerungen, die für die meisten Mikroskopieverfahren beschrieben sind: Confokale Lichtmikroskopie (CLM) Bei der konventionellen Lichtmikroskopie wird durch Einstrahlungen von außerhalb des Fokus liegenden Strukturen der Bildkontrast gemindert. Deshalb müssen hinreichend dünne Schnitte vom Präparat angefertigt werden; Oberflächenstrukturen, schwache Kontraste ungefärbter oder nahezu homogen gefärbter Präparate sowie schwache Fluoreszenz sind trotzdem nur schwer zu erfassen. Um diese abzubilden, dienen Verfahren, die den Tiefenkontrast erhöhen. Im Confokalen Laser-Scan-Mikroskop wird ein aufgeweiteter Laserstrahl nach dem Passieren einer Scannoptik mit dem Objektiv auf das Objekt fokussiert. Mit dem so erzeugten Lichtfleck wird das Objekt Punkt für Punkt abgerastert. Das reflektierte, gestreute oder FluoreszenzLicht wird über Objektiv, Tubuslinse und Scanner mit einem Strahlteiler in die Blende des Detektors abgebildet und von einem Detektor registriert. Die Punkt für Punkt ermittelten Fotomultipliersignale werden über einen Videoverstärker und einen digitalen Bildspeicher auf einem Monitor abgebildet. Das Bild kann in Helligkeit und Kontrast elektronisch kontrolliert und stufenlos vergrößert werden. Die hohe Empfindlichkeit der Fotodetektoren ermöglicht ein Arbeiten bei geringen Lichtintensitäten. Licht von Punkten aus Nichtfokusebenen kann nur in geringem Maß die Blende passieren, es wird daher wirksam unterdrückt. 104 BIOPHYSIK DER ZELLE Abb. 68: Schema eines Confokalen Laser-Scan Mikroskops Korrespondierende Löcher ermöglichen punktförmige Beleuchtung und Detektion des reflektierten Lichts. Das Tandem-Scanning Reflektionslicht-Mikroskop benutzt ein symmetrisches Muster gepaarter Löcher, das präzise auf gegenüberliegenden Seiten einer rotierenden Scheibe in der Zwischenbildebene angebracht ist. Video-Enhanced Contrast Differential Interference Contrast (VECDIC) Video-Enhanced Contrast Polarisation (VECPOL) Video-Intensified Fluorescence (VIF) Hochempfindliche Videosensoren erhöhen bei diesen Verfahren den Bildkontrast, wobei gleichzeitig geringste Lichtintensitäten erfasst und verarbeitet werden. Dazu wird das mikroskopische Zwischenbild stark vergrößert auf dem Bildempfänger der Videokamera abgebildet. Der Kontrast des TV-Bildes wird zunächst analog verstärkt, dann von einem Computer in 512 x 512 Bildpunkte (Pixel), die zwischen Weiß und Schwarz 256 Graustufen annehmen können, zerlegt und abgespeichert. Wenn man das scharf eingestellte Bild durch Defokussieren des Mikroskops vom Monitor verschwinden lässt, empfängt die Kamera nur noch den unsauberen Bilduntergrund und die durch Linsenfehler verursachten Bildfehler. 105 LICHTMIKROSKOPIE Beide subtrahiert der Computer Punkt für Punkt vom ersten, dem Gesamtbild. Der Kontrast des gereinigten Bildes wird elektronisch verstärkt, dabei werden Details sichtbar, die wegen eines hohen Streulichtanteils normalerweise nicht erkennbar wären. Weitere Korrekturen und Bildverarbeitung sind möglich. Für die Fluoreszenzmikroskopie (VIF) ist von Vorteil, dass mit geringeren Konzentrationen der oftmals toxischen Fluorochrome gearbeitet werden kann. Zudem wird durch niedrigere Anregungsenergien das Ausbleichen der Farbstoffe reduziert, ebenso Bestrahlungsschäden bei lebenden Organismen. Damit ist es möglich, intrazelluläre Ionenkonzentrationen oder Membranpotentiale, die eine Änderung der Fluoreszenzintensität und/oder Wellenlänge bewirken, in lebenden Zellen zu beobachten und innerhalb kürzester Zeit quantitativ auszuwerten. Ultraschallmikroskop (SAM = Scanning Acoustic Microscope) Das Ultraschallmikroskop ist bei dicken (bis 200 µ m ) Präparaten mit schwachem Kontrast von Vorteil. Bei verbesserter Auflösung können Kontraste registriert werden, die im konventionellen Lichtmikroskop nicht oder nur unzureichend zu beobachten sind. Außerdem ist die Untersuchung unfixierter Proben in Wasser möglich. Abb. 69: Schema eines Ultraschallmikroskops 106 BIOPHYSIK DER ZELLE Als Schall werden Schwingungen der Luft oder anderer gasförmiger, flüssiger oder fester Medien bezeichnet. Es handelt sich um Longitudinalwellen, d.h. die Moleküle oder Atome schwingen in Ausbreitungsrichtung um eine mittlere Achse. Derartige Schwingungen mit Frequenzen zwischen 20 kHz und 10 × 1015 Hz werden Ultraschall genannt. Ultraschallkameras werden bei 10 MHz verwendet. Zur Bildentstehung führt die unterschiedlich starke Reflexion am Objekt. Ultraschallmikroskope = akustische Mikroskope benutzen Schall im GHz-Bereich. Dabei werden Wellenlängen erreicht, die denen des sichtbaren Lichts entsprechen. (Die menschliche Stimme erzeugt Wellen im Meterbereich.) Die Bildentstehung entspricht im Prinzip der eines Auflichtmikroskops: sie beruht ebenfalls auf Brechung, Beugung, Reflexion und Streuung von Wellen beim Übergang in Medien mit unterschiedlichen Brechungsindices bzw. Schallimpedanzen. Schall wird allerdings grundsätzlich stärker gebrochen als Licht. Man kann deshalb "Linsen" mit geringerer Brennweite benutzen, wodurch kaum Abbildungsfehler auftreten. Akustische Linsen sind Fokussierelemente, die aus einer konkaven Saphirfläche bestehen, die an Wasser (=Kopplungsmedium) angrenzt. Ultraschallwellen erzeugt und registriert man mit Hilfe einer piezoelektrischen Schicht auf der ebenen Rückseite des Saphirs. Diese Schicht besteht aus vielen kleinen Kristallen, die im elektrischen Wechselfeld ihre Ausdehnung ändern und somit elektrische in mechanische Schwingungen umwandeln. Letztere durchqueren den Saphir und werden von der Linse zu einer Kugelwelle verformt. Das Objekt wird so platziert, dass es in deren Brennpunkt liegt. Zeile um Zeile erfolgt das Abtasten der Probe mit dem gebündelten Schallstrahl. Die reflektierten Wellen beinhalten Informationen über Inhomogenitäten bezüglich der mechanischen Eigenschaften des Objekts (Elastizitäts-, Viskositäts- und Dichteunterschiede). Sie werden über die akustische Linse wieder in ebene Wellen umgewandelt und als elektronische Signale registriert, welche nach Verstärkung auf einem Monitor ein Bild erzeugen. Durch Bildverarbeitung (Falschfarbendarstellung, Kontrasterhöhung) kann das Bild moduliert werden. Rastersonden-Mikroskopie Wird Materie nicht mit Licht sondern mit atomaren Spitzen feinster Sonden abgerastert, dann können mechanischen oder elektrischen Eigenschaften der Oberfläche dargestellt werden. Von Gerd Binnig und Heinrich Rohrer wurde 1982 das Rastertunnelmikroskop beschrieben für das sie 1986 den Physik-Nobelpreis verliehen bekamen (gemeinsam mit Ernst Ruska für seine Erfindung des Elektronenmikroskops 1931). Eine zwischen Probe und Spitze angelegte Spannung bewirkte den Fluss eines Tunnelstromes zwischen zwei sich nicht berührenden Metallen. Es ist so möglich, die Probe ohne mechanischen Kontakt abzurastern und doch, aufgrund der exponentiellen Abstandsabhängigkeit des Tunnelstromes, Informationen über die Oberflächenstruktur der Probe bis hin zu atomarer Auflösung zu erhalten. Hierfür kann 107 LICHTMIKROSKOPIE entweder die Änderung des Tunnelstroms direkt oder die zur Konstantregelung des Stromes notwendige Entfernungsänderung ausgewertet werden. Man erhält im Endeffekt die Darstellung einer Fläche konstanter Tunnelwahrscheinlichkeit, die bei einheitlichem Material als weitgehend identisch mit der Topographie der Oberfläche angesehen werden. Dieses neue Prinzip der Abbildung hat sich sehr rasch durchgesetzt und ist auch auf andere Sonden übertragen worden. Durch den Kontakt mit Oberflächenstrukturen entstehen Kräfte, die beispielsweise von einer Siliziumspitze auf einen Federbalken übertragen werden. Die Auslenkung des Balkens kann auf unterschiedliche Weise aufgezeichnet werden, wobei die optische mit einem Laser als Lichtzeiger weit verbreitet ist. Ein Laserstrahl wird von der Balkenrückseite wie von einem Spiegel reflektiert und auf einen positionsempfindlichen Photodetektor projiziert. Eine Auslenkung des Balkens resultiert dann in einer messbaren Verschiebung des Laserstrahls auf dem Detektor. Mit der Lichtzeigermethode können vertikale Auslenkungen der Spitze mit Nanometer Genauigkeit gemessen werden. Zum Erzeugen von Bildern der Oberflächenstruktur bewegt ein piezoelektrischer Scanner die Probe im Rasterverfahren unter der Spitze hin und her, wobei die Auflagekraft der Spitze mit Hilfe eines Regelkreises konstant gehalten wird. Ein Computer erzeugt auf einem Bildschirm ein reliefartiges Abbild der Probenoberfläche. Abb. 70: Gap Junction im Rasterkraftmikroskop. Entnommen aus Jan Hoh's Labor im Department of Physiology at the Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore, Maryland. Literatur 1. Gerlach, D. Das Lichtmikroskop, 108 BIOPHYSIK DER ZELLE Thieme Verlag, Stuttgart, 1985 2. Göke, G. Moderne Methoden in der Lichtmikroskopie Kosmos-Wissenschaft, Franckh'sche Verlagsbuchhandlung Stuttgart, 1988 3. Michel, K. Die Grundzüge d. Theorie d. Mikroskops Wiss. Verlag GmbH Stuttgart, 1981 4. Zeiss- und Leitz-Broschüren zu Mikroskop und Mikroskopverfahren Links • Molecular Expressions Microscopy Primer • Microscopy & Imaging Resources on the WWW • Microworld Internet Guide to Microscopy 109