Thermodynamik: 1. Hauptsatz - Theoretische Chemie / Universität

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Thermodynamik:
1. Hauptsatz
• Energieerhaltung:
Arbeit plus Wärmeentwicklung gleich Änderung der inneren Energie
∆E = w + q
• kein Perpetuum Mobile der 1. Art
(also: keine Maschine verrichtet Arbeit ohne Brennstoff)
• differentielle Form:
dE = dw + dq
I
dE = 0
Energie ist eine Zustandsfunktion
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017.
Universität Duisburg-Essen
1
Thermodynamik:
2. Hauptsatz
• Entropie ist eine Zustandsfunktion
• Wärme kann nicht 100%ig in Arbeit umgewandelt werden
• kein Perpetuum Mobile der 2. Art
• differentielle Form:
dS =
I
dqrev
T
dS = 0
dabei ist T die Temperatur und qrev die bei reversibler Prozessführung ausgetauschte
Wärme
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2
Thermodynamik
Kombination von 1. und 2. Hauptsatz:
dE = dq + dw = dqrev + dwrev
dE = T dS − pdV
(in einem abgeschlossenen Einkomponentensystem)
dE = T dS − pdV + µdN
dE = T dS − pdV +
(weil E eine Zustandsfunktion ist)
X
i
(in einem offenen Einkomponentensystem)
µidNi
(in einem Mehrkomponentensystem)
(Druck p, Volumen V , chemisches Potential µ und Teilchenzahl N )
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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3
Thermodynamik
Da die Energie eine Zustandsfunktion ist, ist dE ein exaktes Differential. Außerdem
sind S, p und N Zustandsvariablen. Deshalb gilt
dS =
1
T
dE +
p
T
dV −
µ
T
dN
was wiederum bedeutet, daß aus S(N, V, E) alle anderen Zustandsvariablen berechnet
werden können, gemäß
1
T
p
T
µ
T
 ∂S 



=
=


∂E
V,N
 ∂S 






∂V

=−
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium




E,N
∂S 

∂N
SS 2017.

E,V
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4
Thermodynamik: 3. Hauptsatz
wir haben dabei implizit angenommen, daß die Integrationskonstante trivial ist, d.h., daß
für T → 0 die Entropie gegen einen trivialen konstanten Wert geht.
Normalerweile setzt man diese Konstante gleich null.
Man bezeichnet die Tatsache, daß die Entropie am absoluten Nullpunkt gegen Null geht,
allgemein als 3. Hauptsatz der Thermodynamik.
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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Grundlagen der Statistischen Mechanik: Isoliertes System
weder Energie- noch Materieaustausch mit der Umgebung
U,V,
makroskopisch: N1, N2, . . .
wohldefinierte innere Energie U , Volumen V und Teilchenzahl(en) Ni
Prozesse laufen so ab, daß S maximiert wird.
Endzustand aller Prozesse ist der Gleichgewichtszustand.
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6
Grundlagen der Statistischen Mechanik: Isoliertes System
mikroskopisches Bild:
klassisch
V, N1, N2, . . .
q
~i
p
~i
(i: Partikelindex)
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
quantenmechanisch
V, N1, N2, . . .
ψj , j ,
nj
(j: Zustandsindex)
SS 2017.
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7
Grundlagen der Statistischen Mechanik: Isoliertes System
klassisch:
System ist eindeutig durch Angabe der Koordinaten q
~i und Impulse p
~i der Atome (Elektronen, Moleküle, “Teilchen”) i definiert.
Die innere Energie ist gleich des Wertes der klassischen Hamiltonfunktion H, die von
den Koordinaten und Impulsen abhängt.
E = U = H({~
qi, p
~i})
Hier ist
H = Ekin({~
qi, p
~i}) + Epot({~
qi})
Die potentielle Energie Epot beschreibt die intermolekularen oder interatomaren Wechselwirkungen. Sie heißt konservativ, wenn Epot keine Funktion der Impulse p
~i ist.
1X p
~2i
Die kinetische Energie Ekin =
kann (z. B. in kurvilinearen Koordinatensystei
2 mi
men) auch von den {~
qi} abhängen.
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Grundlagen der Statistischen Mechanik: Isoliertes System
quantenmechanisch:
System ist eindeutig durch Angabe der Zustände ψj , deren Energieniveaus j und Besetzungszahlen nj bestimmt.
Ĥ = (Ĥ)({q̂i, p̂i})
j ψj = Ĥψj
E=
X
j
nj j
Ĥ = Ĥ(q̂i, p̂i) ist der Hamiltonoperator
(das quantenmechanische ‘Äquivalent’ der Hamiltonfunktion)
V und Ni gehen bereits in die Berechnung der Energieeigenwerte des Systems ein.
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Isoliertes System: quantenmechanische Zustände
Interpretationsmöglichkeiten für die ψj
• als Vielteilchenzustände des Gesamtsystems:
also: alle nj = 0 außer nk = 1, d.h., das System befindet sich zu einem Zeitpunkt
t1 im Zustand ψk .
Da das System mikroskopisch zeitabhängig ist, befindet es sich zu einem späteren
Zeitpunkt t2 in einem anderen Zustand, z. B. ψl . Dann ist nl = 1.
Es gibt sehr viele dieser Zustände k und l. Sie besitzen alle die gleiche Energie, das
System besitzt also viele energetisch entartete Zustände. Ein Weg wäre nun, die ψj
alle zu berechnen.
Dies ist für N ≈ 1023 unmöglich!!!!.
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10
Isoliertes System: quantenmechanische Zustände
• Man nimmt an, daß die Moleküle näherungsweise voneinander unabhängig sind (z. B.
in verdünnten Gasen),
oder daß sich kollektive Quasi-Teilchen definieren lassen, wie z. B. Phononen (in periodischen Festkörpern),
oder daß sich das System in einer anders gearteten Weise (näherungsweise) in Untersysteme zerlegen lässt,
so daß eine Einteilchennäherung möglich ist.
Es gibt dann z.B. eine große Zahl von molekularen Energieniveaus, deren Besetzungszahlen > 1 sein können (analog eine große Zahl von Phononenniveaus, deren
Besetzung 0 oder 1 ist).
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11
Isoliertes System: quantenmechanische Zustände
In jedem Fall gibt es mehr als ein nj , dessen Wert von 0 verschieden ist.
Es gilt also allgemein
E=
X
j
nj j
und N =
X
j
nj
Man wird in jedem Fall zu einer Verteilung von Besetzungszahlen für einen gegebenen
Zustand des Gesamtsystems gelangen. Die vielen entarteten Zustände zeichnen sich
jeder durch einen speziellen Wert des Vektors
~
n = {n1, n2, n3, . . .}
aus!
Wenn das Einteilchensystem sehr viel mehr Zustände als Teilchen besitzt, wird ni sehr
selten größer als 1 sein.
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Isoliertes System: klassische Zustände
Jede Systemkonfiguration, bei der alle Teilchen sich im Volumen V befinden und die
Summe aus kinetischer und potentieller Energie gleich der Gesamtenergie ist, stellt einen
mikroskopischen Zustand dar.
Anmerkung: Frage: wie groß darf δq oder δp sein, damit das System sich
in zwei “wirklich” unterschiedlichen Konfigurationen befindet?
Antwort: größenordnungsmäßig δqδp ≥ h̄/2
genaue Rechnung: δqδp = h
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Klassische Dynamik: Newton’sche Bewegungsgleichungen
Kraft = Masse mal Beschleunigung
q̇ =
F = m · a = m · q̈
p
m
ṗ = F
wobei q die Teilchenposition und p der Teilchenimpuls ist.
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Klassische Dynamik: Hamilton’sche
Bewegungsgleichungen
• das System verhalte sich hamiltonisch, d. h., es sei durch eine Hamiltonfunktion
H = V({qk }) + T ({qk , pk }) beschrieben, aus der sich die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen ableiten lassen:
∂H
∂qi
∂H
= −ṗi
∂pi
= q̇i
• in kartesischen Koordinaten hängt die kinetische Energie nur von den {pk } ab:
2
X pk
T = T ({pk }) =
k 2mk
die Bewegungsgleichungen lauten dann:
∂H
∂qi
=
∂V
∂qi
= −ṗi
∂H
∂pi
=
∂T
∂pi
=
pi
mi
= q̇i
=⇒ miq̈i = −
(Äquivalenz der Newtonschen und Hamiltonschen Bewegungsgleichungen)
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15
∂V
∂qi
Klassische statistische Mechanik
Im folgenden seien folgende Annahmen erfüllt:
• das System verhält sich klassisch
• hinreichend gut isoliertes System
• Wechselwirkungen zwischen den Atomen / Molekülen können durch eine Potentialfunktion beschrieben werden
Die Newtonsche Dynamik (Bewegungsgleichungen) beschreiben also die Evolution des
Systems durch die Trajektorie {qi(t), pi(t)} in einem (6N-dimensionalen) Phasenraum.
Punkte in diesem 6N-dimensionalen Phasenraum (3N Freiheitsgrade für die Koordinaten
qi der N Atome 3N Freiheitsgrade für die Impulse pi der N Atome) bezeichnet man
häufig durch das Symbol Γ.
das System ist dynamisch: Γ = Γ(t)
die Trajektorie des Systems durchläuft nacheinander die für ein bestimmtes System in
Frage kommenden Punkte Γ (die Mikrozustände)
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Klassische statistische Mechanik
Makroskopische Eigenschaften
Makroskopische Observable OM akro sind dann offensichtlich(?) zeitliche Mittelwerte Ō
über die Trajektorie während der Beobachtungszeit T
OM akro = Ō =
1
Z
T
T
O(Γ(t))dt
für T → ∞ erwartet man, daß die Trajektorie alle möglichen Zustände des Systems
durchläuft.
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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Klassische statistische Mechanik
Makroskopische Eigenschaften
vergessen wir die zeitliche Abfolge der Zustände und nehmen wir an, daß zu irgendwelchen
Zeitpunkten ti stichprobenartig Zustände Γi herausgegriffen werden
Dann ist in einem isolierten System folgendes plausibel
Postulat der gleichen a priori Wahrscheinlichkeiten
Das System befindet sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit in
einem beliebigen der mit dem vorgegebenen Makrozustand
kompatiblen Mikrozustände
Das Postulat bildet das Rückgrat der statistschen Mechanik!!
Die Gesamtzahl der möglichen Mikrozustände ist eine systemabhängige Größe
Ω(N, V, E)
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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Entropie und Mikrozustände
Betrachtet man das thermodynamische Gleichgewicht als den wahrscheinlichsten Makrozustand, so ist ebenfalls plausibel, daß der makroskopische Gleichgewichtszustand
dadurch charakterisiert ist, daß die Zahl Ω maximal ist.
Makroskopisch ist der Gleichgewichtszustand auch durch die Forderung, daß die Entropie
maximal wird, charakterisiert.
Offensichtlich muß also S eine monoton steigende Funktion von Ω sein!
Welche?
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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19
Entropie und Mikrozustände
S ist eine extensive Größe.
Bringt man also zwei isolierte Systeme 1 und 2 zusammen, so ist S = S1 + S2.
Die Zahl der mikroskopischen Zustände ist Ω = Ω1 · Ω2, da für jede Konfiguration
(Mikrozustand) des Systems 1 alle Ω2 Zustände des Systems 2 möglich sind.
miteinander vereinbar ist dies nur, wenn gilt S ∝ ln Ω.
nach Boltzmann gilt:
S = k · ln Ω
Boltzmannkonstante k = 1.38 · 10−23JK−1
Anmerkung: S = 0 ⇐⇒ Ω = 1
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20
Ensembletheorie
Def.: Die Gesamtheit aller Mikrozustände, die mit den makroskopischen Systemgrößen
kompatibel ist, bilden ein Ensemble
Die einzelnen Mikrozustände nennt man Ensemblemitglieder; sie sind gedankliche Kopien
des Systems.
2 Betrachtungsweisen:
1. Die einzelnen Ensemblemitglieder stellen den Zustand des Systems zu verschiedenen Zeiten ti dar. Wenn die Zeiten ti nach aufsteigender Zeit geordnet werden,
dann spiegeln sie also die zeitliche Evolution des Systems wieder. Sie stellen eine
Diskretisierung der Phasenraumtrajektorie dar.
2. Die einzelnen Ensemblemitglieder stellen den Zustand vieler äquivalenter Systeme
(zum gleichen Zeitpunkt t) dar. Dies ist der Standpunkt der Ensembletheorie.
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21
Ensembletheorie: Ergodenhypothese
Ist die Ensembleinterpretation nützlich?
ja, wenn folgendes wahr ist:
Ergodenhypothese: (Boltzmann 1981)
Ein System ist ergodisch, wenn die ungestörte Bewegung des
Systems — über einen beliebig langen Zeitraum verfolgt — letztendlich jeden Punkt im Phasenraum, der mit einem bestimmten
Wert der Energie E vereinbar ist, durchläuft.
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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22
Ensembletheorie: Quasiergodenhypothese
wegen der kontinuierlichen Natur der klassichen Variablen ist dies nur näherungsweise
erfüllt. =⇒
Quasiergodenhypothese:
Ein System ist quasiergodisch, wenn die ungestörte Bewegung
des Systems — über einen beliebig langen Zeitraum verfolgt —
letztendlich die Nachbarschaft jedes Punktes im Phasenraum,
der mit einem bestimmten Wert der Energie E vereinbar ist,
durchläuft.
nicht beweisbar
man nimmt oft an, daß, wenn sich das System hinreichend ergodisch verhält, die Untermenge der (wie auch immer) generierten Ensemblemitglieder repräsentativ für das
gesamte Ensemble ist, was in der Praxis oft, jedoch nicht immer, erfüllt ist.
Dies ist häufig ein heikler Punkt für die Bewertung der erhaltenen Simulationsergebnisse!!
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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23
Ensembletheorie: Mittelwerte
Konsequenz:
In einem ergodischen System ist der Ensemblemittelwert hOi zu irgendeiner Zeit t gleich
dem Langzeitmittelwert Ō irgendeines Ensemblemitgliedes.
1 Zt
Ō = lim
t→∞
hOi =
1
X
t0
O(t0)dt0
O(Γi(t))
Ω i
Ō = hOi
(Meßgröße)
(Theorie: statistische Mechanik)
Die Zahl der Mikrozustände in einem System mit N Atomen ist von der Größenordnung
23
10N , also 1010 . Es ist also offensichtlich unmöglich, ein komplettes Ensemble zu
generieren.
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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24
Ensembletheorie: Computersimulation
man benötigt also:
• analytische Verfahren, um über alle Ensemblemitglieder mitteln zu können.
(Domäne der “traditionellen” statistischen Mechanik)
• numerische Verfahren, die Ensemblemitglieder generieren, über deren Eigenschaften
gemittelt werden kann.
(Domäne der Computersimulation)
7
10
1023
Problem: es können nur endlich viele, z. B. 10 – 10 statt 10
Zustände
generiert werden.
Computersimulationen stellen eine Methode dar, um repräsentative
Ensemblemitglieder zu generieren!
Computersimulationen müssen repräsentative Ensemblemitglieder generieren!
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25
Ensembletheorie: Charakterisierung eines Ensembles
• die makroskopischen Größen (“kompletter” Satz von thermodynamischen Variablen
zur Beschreibung des Systems)
• eine Dichtefunktion im Phasenraum ρ(Γ)
ρ(Γ)dΓ ist die Zahl der Ensemblemitglieder im Phasenraumbereich


























































x1, x1 + dx1
y1, y1 + dy1
z1,
z1 + dz1
...
[Γ; Γ + dΓ] =
zN , zN + dzN
px1 , px1 + dpx1
...
pzN , pzN + dpzN
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26
Ensembletheorie: Charakterisierung eines Ensembles
• eine Zustandssumme Z (zur Normierung der Dichtefunktion)
• ein dazugehöriges thermodynamisches Potential Φ
Φ = − ln Z
wobei gelten muß, daß Φ im Gleichgewicht minimal ist.
Die Ensembletheorie geht auf Gibbs zurück (1902)
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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27
Liouville-Theorem
Das Liouville-Theorem schränkt die Wahl der Dichtefunktionen für stationäre Ensembles
sehr stark ein.
∂ρ
Stationäre Ensembles
= 0 sind solche, die Systeme im thermodynamischen Gleich∂t
gewicht beschreiben.
(Ein System im Ggw. hat naturgemäß keine zeitabhängige Dichteverteilung!)
Liouville-Theorem:
0=
dρ({qi, pi}, t)
dt
Der Phasenraum eines Systems ist inkompressibel (sein “Volumen” ist constant).
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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28
Liouville-Theorem
dρ
dt
dρ
dt
=
=
∂ρ
∂t
∂ρ
∂t
N
X
∂ρ
i=1
∂qi
N
X
∂ρ
i=1
∂qi
+
+
·
·
∂qi
∂t
∂H
∂pi
+
−
N
X
∂ρ
i=1
∂pi
N
X
∂ρ
i=1
∂pi
·
·
∂pi
∂t
∂H
∂qi
(Hamiltonsche Bewegungsgleichungen (äquivalent zu Newtonschen Bewegungsgleichungen))
dρ
dt
=
=⇒ {ρ, H} =
∂ρ
∂t
3N
X
i=1




+ {ρ, H}
∂ρ
∂qi
·
∂H
∂pi
−
∂ρ
∂pi
∂H 

·
∂qi

muß also im Gleichgewicht gleich Null sein.
Dies ist zum Beispiel dann erfüllt, wenn ρ eine explizite Funktion von H, nicht aber von
den qi und pi ist.
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29
Mikrokanonisches Ensemble
• beschreibt isoliertes System: U = E = const ,N = const, V = const
• Dichtefunktion ρ(Γ) = ρ0δ(H − E)
(erfüllt Liouville-Theorem)
• Zustandssumme Z = Ω = 1/ρ0
• thermodynamisches Potential Φ = −
S
k
(aus S = k ln Ω; wird in der Tat minimal, da im isolierten System S im Ggw.
maximal wird)
1 X
• Ensemblemittelwert einer Observablen: hOi =
O(Γi)
N i
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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30
Kanonisches Ensemble
• beschreibt geschlossenes System: T = const, N = const, V = const


E 


• Dichtefunktion ρ(Γ) = ρ0 exp −

kT
(“Boltzmannfaktor”)


E
X



• Zustandssumme Z = QN V T = exp −

i
kT
• thermodynamisches Potential Φ = −
A
kT
(also freie Helmholtz-Energie A = −kT ln QN V T )
E
O(Γi) exp − kT
i
!
P
E
exp − kT
i
!
P
• Ensemblemittelwert einer Observablen: hOi =
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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31
Großkanonisches Ensemble
• beschreibt offenes System: T = const, µ = const, V = const


E
µN 


+
• Dichtefunktion ρ(Γ) = exp −

kT
kT


X
 µN 

• Zustandssumme Z = QµV T = Ξ = exp 
 · QN V T
N
kT
PV
• thermodynamisches Potential Φ = −
KT
(also pV = kT ln QµV T )
µN (Γi )
i)
O(Γi) exp − E(Γ
+
kT
kT
i
!
P
E
exp − kT
+ µNkT(Γi)
i
P
• Ensemblemittelwert einer Observablen: hOi =
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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32
!
Isobar-isothermes Ensemble
Mikrokanonisches, kanonisches, und großkanonisches Ensemble sind die am häufigsten
verwendeten.
Daneben wird noch das isotherm-isobare Ensemble verwendet:
• T = const, P = const, N = const

−pV
E


+
• Dichtefunktion ρ(Γ) = exp −
kT
kT





• Zustandssumme Z = QN P T = Ξ =
Z
exp



−pV
kT
V
• thermodynamisches Potential Φ = −




· QN V T
G
KT
(also freie Gibbs-Energie G = −kT ln QN P T )
pV (Γi )
i)
O(Γi) exp − E(Γ
−
kT
kT
i
!
P
(Γi )
E
exp − kT
− pVkT
i
P
• Ensemblemittelwert einer Observablen: hOi =
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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33
!
Zustandssummen
Wir haben die Zustandssumme als “Summe über Zustände” eingeführt
Ei({qk , pk }) 
X


= exp −

i
kT

z.B. im kanonischen Ensemble: Z = QN V T

Diese Definition birgt keine Probleme für eine quantenmechanische Beschreibung des
Systems in einem festen Volumen V , da dort die Zustände diskret und damit abzählbar
sind.
In der Praxis sind auch in einem quantenmechanisch beschriebenen System mit
makroskopischem Volumen V die Translationszustände quasikontinuierlich:
h2
2
2
1/3
Teilchen im Kasten mit Länge V : Ei =
i
=
i
2mV 2/3
für ein Proton in V = 1cm3: = [6.625 · 10−34]2/[2 · 1.008 · 1.6605 · 10−27 · 10−4] ≈
1.3 · 10−36J
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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1
Zustandssummen
andererseits ist bei 298 K:
kT ≈ 4.1 · 10−21J
d. h., kT / ≈ 3 · 1015 =⇒ i ≈ 5 · 107
maW: bei Raumtemperatur gibt es ungefähr 106 Translationszustände pro Kelvin und
Freiheitsgrad.
D. h., mit experimentell handhabbarer Temperaturkontrolle kann man bei Raumtemperature selbst für ein einzelnes Proton die diskrete Natur der Translation kaum feststellen.
für
• ein größeres Volumen
• größere Atommasse
• und besonders: eine große Anzahl von Atome
wird die Zustandsdichte noch wesentliche größer
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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2
Zustandssummen
bei einer klassischen Beschreibung sind die Zustände des Systems durch die Angabe
aller Koordinaten und Impulse {qk , pk } kontinuierlich beschrieben. Man geht daher
von der Summe über Zustände zum Integral über den Phasenraum über :
im kanonischen Ensemble:
Ei({qk , pk }) 
X


= exp −

i
kT

Z = QN V T
Ei({qk , pk }) 


Z = ω dΓ exp −

kT


−→

Z
mit dΓ = dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N ;
R
ist ein 6N-dimensionales Integral
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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3
Zustandssummen
Wie groß ist der Proportionalitätsfaktor ω ?
Antwort: ω =
1
N ! h3N
Die Argumentation ist komplex, jedoch kann man die Richtigkeit der Formel z. B.
durch die statistisch-mechanische Behandlung des idealen Gases verifizieren.
vereinfacht: N ! ist eine Konsequenz der Ununterscheidbarkeit der Atome
h3N ist eine Konsequenz der Unschärferelation
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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4
Die freie Energie des idealen Gases
Kann man mit dem ganzen Formalismus irgendetwas ausrechnen?
Ja, z. B. die Eigenschaften des idealen Gases
man startet von der Beziehung
A = −kT ln Q

1


= −kT ln 
N !h3N
E({qk , pk }) 


dΓ exp −

kT

Z Z

3N
p~i 2
pα 2
X
für das ideale Gas gilt: E({qk , pk }) = E({pk }) =
=
α=1 2mα
i=1 2mi
das ideale Gas befinde sich im Volumen V , also gilt:
N
X
Z
dq1dq2 . . . dq3N =
N
Y
( dxi dyi dzi) = V N
Z
i=1 V
alle Teilchen mögen die gleiche Masse mi = m haben
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
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5
Die freie Energie des idealen Gases

also gilt:

= −kT
= −kT
= −kT
= −kT
= −kT
2


1
pα 


N


V
.
.
.
exp
−
dp


α
3N
α=1 2mkT α=1
N !h



2
1
pα 
Y Z

N 3N


ln 
V
)
 dpα exp(−
3N
α=1
N
!h
2mkT



3N
2


Z
1
p




N




ln 
V
)

 dp exp(−


3N
N !h
2mkT


!
√
Z
3N
1
N
2


ln 
V
2mkT
dx
exp(−x
)
3N
N !h


!
√
√
3N
1
N


V
2mkT
π
ln 
3N
N !h



3N/2
 1

2πmkT 



ln  V N 

2
N!
h


1
ln  V N Λ3N 
N!
A = −kT ln 
= −kT

Z
Z
3N
X
3N
Y
r
mit der de Broglie’schen (“thermischen”) Wellenlänge Λ = 2πmkT /h2
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
6
Die freie Energie des idealen Gases
also:
1 N 3N 


A = −kT ln
V Λ 
N!
= kT [ln(N !) − N kT ln V − 3N ln Λ]
= N kT [− ln V − 3 ln Λ + ln N − 1]


Partielle Ableitungen von A


∂A
1




P := −
= +N kT
∂V N,T
V
=⇒
(Stirlingsche Formel: ln(N !) ≈ N ln N − N )
Zustandsgleichung: pV = NkT
∂A
∂ ln Λ
S := −  
= −N k [− ln V − 3 ln Λ + ln N − 1] + 3N kT
∂T N,V
∂T
1
= −N k [− ln V − 3 ln Λ + ln N − 1] + 3N kT
2T
3
= −N k [− ln V − 3 ln Λ + ln N − 1] + N k
2


E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
7
Die freie Energie des idealen Gases
Ferner gilt A = U − T S oder
U = A + TS
= N kT [− ln V − 3 ln Λ + ln N − 1]
3
−N kT [− ln V − 3 ln Λ + ln N − 1] + N kT
2
3
= N kT kT/2 pro Freiheitsgrad
2
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
8
Die innere Energie
mikroskopisch:
U = A + TS 
∂A
= A − T ·  
∂T N,V


= −kT ln Q − T −k ln Q − kT




∂ ln Q 

kT 2 
∂T N,V


1
∂Q
kT 2  
Q ∂T N,V


Z
Z
1 1
E({qk , pk }) 
E({qk , pk })


kT 2
dΓ
exp
−


2
Q N !h3N
kT
kT
"
#
R
E({qk ,pk })
dΓE({qk , pk }) exp − kT
"
#
= hEi
R
E({qk ,pk })
dΓ exp − kT

=
=
=
=

∂ ln Q  


∂T N,V


die innere Energie ist ein einfacher Mittelwert (im kanonischen Ensemble)
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
9
Zustandssummen
für das ideale Gas war die Separierung der Zustandssumme in Zustandssummen pro
Freiheitsgrad vollständig, maW:
Z
Z
dΓ = dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N
Z
Z
Z
Z
Z
= ( dq1) · ( dq2) . . . ( dq3N ) · ( dp1) . . . ( dp3N )
für konservative Systeme in kartesischen Koordinaten kann man generell kinetische und
potentielle Beitäge separieren:
E({qk , pk } = T ({pk }) + V({qk })
und damit auch die Zustandssumme
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
10
Zustandssummen
E({qk , pk }) 
1 Z


dΓ exp −

N !h3N
kT


1 Z
T
({p
})
+
V({q
})

k
k 

dΓ
exp
−

N !h3N
kT


T
({p
})
+
V({q
})
1 Z

k
k 

−
dq
dq
.
.
.
dq
dp
dp
.
.
.
dp
exp


1 2
3N
1 2
3N
N !h3N
kT




Z
1 Z
T
({p
})
V({q
})


k 
k 


dq
dq
.
.
.
dq
dp
dp
.
.
.
dp
exp
−
·
exp
−




1 2
3N
1 2
3N
N !h3N 
kT
kT

 


Z
V({q
})
T
({p
})
1 Z



k 
k 

 


 dq1 . . . dq3N exp −
 ·  dp1 . . . dp3N exp −

3N
N !h
kT
kT


 


2
Z
Z
3N
1 
V({qk })  
pk 
X




dq
.
.
.
dq
exp
−
·
dp
.
.
.
dp
exp
−


 


1
3N
1
3N
N !h3N
kT
k=1 2mkT


Z
1 
V({qk })  3N


dq
dq
.
.
.
dq
exp
−


 · Λ
1 2
3N
N!
kT

Q =
=
=
=
=
=
=

E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
11
Konfigurationsintegral
Man nennt
V({qk }) 


. . . dq3N exp −

kT

Z
Z
ZN = dq1 dq2
Z
Z

Konfigurationsintegral
Für das ideale Gas kann man ZN ausrechnen und erhält V N .
Die analytische Berechnung des Konfigurationsintegrals ist im allgemeinen Fall nicht
oder nur näherungsweise möglich.
Das Konfigurationsintegral ist der “nichttriviale”, das kinetische Energieintegral der
“triviale” Beitrag zur Zustandssumme
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
12
Dichtefunktion und Mittelwerte
Die Dichtefunktion im Phasenraum ist mit
1
1
E({qk , pk }) 


·
exp
−


Q N !h3N
kT

ρ({qk , pk }) =

Z
so definiert, dass dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N ρ({qk , pk }) = 1
Ein Ensemblemittelwert einer Observablen O({qk , pk }) ist definiert als:
hOi =
Z
dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N ρ({qk , pk })O({qk , pk })
k ,pk })
dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N O({qk , pk }) exp − E({qkT
"
#
R
E({qk ,pk })
dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
"
R
=
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
13
#
Ensemblemittelwerte
hängt O nur von den qk ab, so kann man wieder kinetische und potentielle Beiträge
separieren
"
R
hOi =
k ,pk })
dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N O({qk }) exp − E({qkT
"
#
R
E({qk ,pk })
dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
R
V({qk })
k })
·
dq
dq
.
.
.
dq
O({q
})
exp
−
dp1dp2 . . . dp3N exp − T ({p
1
2
3N
k
kT
kT
#!
#!
"
"
R
R
V({qk })
T ({pk })
· dq1dq2 . . . dq3N exp − kT
dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
#!
"
R
=
"
k })
dq1dq2 . . . dq3N O({qk }) exp − V({q
kT
"
#!
R
V({qk })
dq1dq2 . . . dq3N exp − kT
"
R
=
#
1
=
ZN




#!
V({qk }) 
dq1dq2 . . . dq3N O({qk }) exp −

kT

Z




Es wurde “über die Impulse integriert” (gemittelt).
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
14
#!
Ensemblemittelwerte
hängt O nur von den pk ab, gilt analog:
"
R
hOi =
k ,pk })
dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N O({pk }) exp − E({qkT
"
#
R
E({qk ,pk })
dq1dq2 . . . dq3N dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
k })
dp1dp2 . . . dp3N O({pk }) exp − T ({p
kT
"
#!
R
R
T ({pk })
dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
·
"
R
=
=
k })
· dq1dq2 . . . dq3N exp − V({q
kT
#!
"
k })
dq1dq2 . . . dq3N exp − V({q
kT
#!
k })
dp1dp2 . . . dp3N O({pk }) exp − T ({p
kT
"
#!
R
T ({pk })
dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
"
R
#
"
R
#!
Es wurde “über die Koordinaten integriert” (gemittelt).
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
15
#!
Mittelwert der kinetischen Energie
pi 2
O({qk , pk }) = O({pk }) = T ({pk }) =
i=1 2mi
also
3N
X
k })
dp1dp2 . . . dp3N O({pk }) exp − T ({p
kT
"
#!
R
T ({pk })
dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
"
R
hT i =


=
R
3N pi 2
dp1dp2 . . . dp3N P 2m
i
i=1
R
3N
P
=
R
i=1
R
"
k })
exp − T ({p
kT
"
#!
T ({pk })
dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
pi 2
dp1dp2 . . . dp3N 2mi
k })
exp − T ({p
kT
"
#!
T ({pk })
dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
"
#!
#

#!
von den 3N Integralen im Zähler und im Nenner sind jeweils 3N − 1 paarweise gleich,
R
lediglich die Integrale dpi sind voneinander verschieden:
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
16
Mittelwert der kinetischen Energie
also
3N
P
hT i =
R
i=1
R
3N
P
=
R
i=1
R
pi 2
dp1dp2 . . . dp3N 2m
i
"
k })
exp − T ({p
kT
"
#!
T ({pk })
dp1dp2 . . . dp3N exp − kT
pi 2
exp − 2mikT
"
#!
pi 2
dpi exp − 2mikT
pi 2
dpi 2mi
"
#!
#!
= ...
=
3N
2 kT
Äquipartitionstheorem
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
17
Mittelwert der inneren Energie
wir hatten gesehen, daß
U = A + TS
#
"
R
E({qk ,pk })
dΓE({qk , pk }) exp − kT
"
#
=
R
E({qk ,pk })
dΓ exp − kT
R
=
dΓ (T
"
k })
({pk }) + V({qk })) exp − T ({pk }+V({q
kT
"
#
R
k })
dΓ exp − T ({pk }+V({q
kT
dq1dq2 . . . dq3N V({qk }) exp
= hT i +
ZN
R
= hT i + hVi
=
"
k })
− V({q
kT
#
#
3N
kT + hVi
2
Wenn V = 0, erhalten wir wieder die Formel für das ideale Gas!
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
18
Andere Mittelwerte
• man kann fragen: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein bestimmtes Atom k
einen bestimmten Impuls in, z. B. x-Richtung besitzt, unabhängig von seinem Ort,
und unabhängig von den Orten und Impulsen der anderen Atome?
=⇒ Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung p(vx)
es handelt sich um eine Mittelung über alle 3N Koordinaten und über 3N − 1
Impulse
• Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein bestimmtes Atom k an einem bestimmten Ort (x, y, z) ist?
=⇒ Einteilchendichte ρ(x, y, z)
(wg. der Homogenität ist in einer Flüssigkeit ρ = const., nicht aber an einer
Grenzfläche oder in einem Festkörper)
Mittelung über 3N Impulse und 3N − 3 Koordinaten
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
19
Andere Mittelwerte
• Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, ein bestimmtes Atom k in einem Abstand z
von der Oberfläche, unabhängig von seiner x und y-Position über der Oberfläche
zu finden?
=⇒ Dichteprofil ρ(z)
Mittelung über 3N Impulse und 3N − 1 Koordinaten
• Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß in einer atomaren Flüssigkeit, z. B. Argon,
zwei Atome k und m einen Abstand r voneinander besitzen?
Koordinatentransformation:
(xk , yk , zk , xm, ym, zm) −→ (xk , yk , zk , r, θ, φ)
r
mit dem Abstand r = (xm − xk )2 + (ym − yk )2 + (zm − zk )2 und θ und φ zwei
(Euler)Winkeln, die die Orientierung des Verbindungsvectors x~m − x~k beschreiben.
=⇒ Paarkorrelationsfunktion g(r)
Mittelung über 3N Impulse und 3N − 1 Koordinaten
(d. h. über alle Koordinaten außer über r)
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
20
Andere Mittelwerte
• Wie sieht die Konformationsverteilung Butan, gelöst in DMSO, aus?
Koordinatentransformation:
(kart. Koordinaten der C-Atome in Butan)
−→ (interne Koordinaten mit Torsionswinkel φ)
=⇒ Verteilung der Torsionswinkel p(φ)
unabhängig von allen anderen internen Koordinaten und Geschwindigkeiten
Mittelung über 3N Impulse und 3N − 1 Koordinaten
(d. h. über alle Koordinaten außer über φ)
man kann dann als nächstes definieren, welche Bereiche der φ-Koordinate einer
“trans”-Konfiguration entspricht und welche Bereiche einer “gauche”-Konfiguration
entspricht.
Integration von p(φ) über die entsprechenden Bereiche ergibt dann Anteile von
trans und gauche-Konfigurationen
Beispiel für ein grundsätzliches Problem: die Definition z. B. der der transKonformation zugeordneten Bereiche ist bis zu einem gewissen Grad arbiträr!
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
21
Andere Mittelwerte
• “Reaktionswahrscheinlichkeit” für die Umwandlung von Sessel- in Wannenform von
Cyclohexan in flüssiger Phase?
=⇒ Ratenkonstanten der Reaktionskinetik
kompliziertere Verteilungsfunktionen / Mittelwerte
−→ (vielleicht später)
Computersimulationen können zur Berechnung solcher Mittelwerte herangezogen
werden, in der Regel ohne daß die Zustandssummen explizit ausgewertet werden
müssen
E. Spohr, Theoretische Chemie, Masterstudium
SS 2017, Universität Duisburg-Essen
22
Simulationsmethoden
←→
deterministisch
Brownsche
Molekulardynamik
Dynamik
Langevin
Dynamik
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
stochastisch
Force-bias
Monte Carlo
Universität Duisburg-Essen
Monte Carlo
1
Molekulardynamik
• das System verhalte sich hamiltonisch, d. h., es sei durch eine Hamiltonfunktion
H = V({qk }) + T ({qk , pk }) beschrieben, aus der sich die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen ableiten lassen:
∂H
= −ṗi
∂qi
∂H
= q̇i
∂pi
• in kartesischen Koordinaten hängt die kinetische Energie nur von den {pk } ab:
2
X pk
T = T ({pk }) =
k 2mk
die Bewegungsgleichungen lauten dann:
∂H ∂V
=
= −ṗi
∂qi ∂qi
∂H ∂T
pi
=
=
= q̇i
∂pi ∂pi mi
∂V
=⇒ miq̈i = −
∂qi
(Äquivalenz der Newtonschen und Hamiltonschen Bewegungsgleichungen)
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
Universität Duisburg-Essen
2
Molekulardynamik
• Ein Hamiltonsches System besitzt konstante Energie E = H, also stellt die Trajektorie von N Teilchen in einem Volumen V (oder äquivalent: der Dichte ρ = N/V
eine Serie von Zuständen des Mikrokanonischen Ensembles dar.
• wir nehmen an, daß die Zustände repräsentativ sind, daß also der Trajektorienmittelwert einer Observablen O
N
N
N
1 X
1 X
1 X
O(Γ(ti)) =
O(ti) =
O(t0 + i · ∆t)
M (O) =
N i=1
N i=1
N i=1
eine gute Näherung für den Ensemblemittelwert darstellt.
M (O) ist eine Stichprobe im statistischen Sinne.
• Annahme der Ergodizität: lim M (O) = hOi = Ō
N →∞
also: ein kurzes Stück der Trajektorie sei eine gute Näherung.
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
Universität Duisburg-Essen
3
Molekulardynamik
• ∆t ist dabei die Diskretisierung, die festlegt, in wieviele Intervalle die Trajektorie
zum Zweck der Mittelwertbestimmung zerlegt wird.
• ∆t ist nicht frei wählbar:
• es muß gewährleistet sein, daß 2 aufeinander folgende Zeitpunkte hinreichend verschiedene Zustände darstellen.
• insbesondere ist ∆t nicht gleich der Länge des Integrationszeitschrittes (s.u.).
• “hinreichend verschieden” wird später so definiert, daß keine Korrelationen zwischen
den Eigenschaften der Zustände existieren.
• m.a.W: hat man N Zeitschritte simuliert, so heißt dies nicht, daß man über eine
statistische Stichprobe aus N Einzelmessungen verfügt.
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
Universität Duisburg-Essen
4
Endliche Differenzmethoden
eine Standardmethode zur Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen wie z. B.
∂V({qk })
i = 1, . . . , N
miq̈i ==
∂qi
basiert auf der Approximation der Differentialquotientent durch endliche Differenzenquotienten, z. B.
dqi δqi
q̇i =
≈
dt
δt
wobei δt ein kleines aber endliches Zeitintervall, δqi die dazugehörige Differenz der Orte
des Teilchens ist, also
q(tend) − q(tan)
q̇ ≈
tend − tan
Wahl von δt:
• deutlich kleiner als die Zeit, in der sich das Atom um eine Länge vergleichbar seines
Durchmessers bewegt.
• deutlich kleiner als die Periode der schnellsten Schwingung (Bewegungsmode), an
der das Atom beteiligt ist
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
Universität Duisburg-Essen
5
Der Verlet-Algorithmus
Zweck: Lösung einer oder mehrerer gekoppelter Differentialgleichungen 2. Ordnung
vom Typ ÿ(x) = f (y), also eines Spezialfalles der allgemeinen DGL ÿ(x) = f (ẏ, y, x)
Mit y → qi (qi sei eine Koordinate, z. B., x1, y3, z137) und x → t läßt sich das Verfahren
auf die Newtonschen EOMs (“equations of motion”) anwenden.
In diesem Falle ist fi(qi) die auf die Koordinate qi wirkende Kraft, die sich aus dem
Wechselwirkungspotential V ergibt
miq̈i(t) = fi(qi) = −
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
∂V({qk })
∂qi
Universität Duisburg-Essen
6
Verlet-Algorithmus
Taylorentwicklung für kurzes Zeitinkrement δt:
1
vorwärts: qi(t + δt) = qi(t) + q̇i(t) · δt + q̈i(t) · (δt)2 ± . . .
2
1
rückwärts: qi(t − δt) = qi(t) + q̇i(t) · (−δt) + q̈i(t) · (−δt)2 ± . . .
2
Aufaddieren: qi(t + δt) + qi(t − δt) = 2qi(t) + q̈i(t) · (δt)2
Nach Umformen erhält man: qi(t + δt) = 2qi(t) − qi(t − δt) + q̈i(t) · (δt)2
hat man qi(t + δt) auf diese Weise bestimmt, so läßt sich daraus qi(t + 2δt) berechnen:
mit t0 := t + δt wird qi(t + δt) → qi(t0) und qi(t) → qi(t0 − δt),
was man wieder in die Gleichung einsetzen kann.
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
Universität Duisburg-Essen
7
Verlet-Algorithmus
Startproblem (t = 0): Normalerweise gibt man bei einem Anfangswertproblem im Falle
einer DGL 2. Ordnung zwei Größen vor, hier: qi(0) und q̇i(0).
Der Algorithmus verlangt stattdessen qi(0 − δt)!
Es ist also ein Startschritt erforderlich:
1
t = 0 : qi(δt) = qi(0) + q̇i(0) · δt + fi({qk (0)})
2
Danach:
qi(2δt) = P(qi(δt), qi(0))
und allgemein qi(t + δt) = P(qi(t), qi(t − δt))
mit P(xk , xk−1) = 2xk − xk−1 + f (xk )(δt)2
Bestimmung der Geschwindigkeiten durch Subtraktion der beiden Taylorentwicklungen
qi(t + δt) − qi(t − δt) = 2q̇iδt
qi(t + δt) − qi(t − δt)
also q̇i =
2δt
(“zentrale Differenz”)
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
Universität Duisburg-Essen
8
Verlet-Algorithmus
Datenfluss
t− δ t
t
t+ δ t
t− δ t
t
t+ δ t
t− δ t
t
t+ δ t
t− δ t
q
.
q
q
.
q
q
.
q
q
.
q
f
f
f
f
Vorzüge
zeitlich umkehrbar
einfach
t+ δ t t+2 δt
t
Nachteile
Geschwindigkeiten werden “asynchron” berechnet
Fehler von q̇ ist 2. Ordnung in δt
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
Universität Duisburg-Essen
9
Monte Carlo Methoden
(entwickelt während des II. Weltkriegs von von Neumann, Ulam, und Metropolis zur
Untersuchung der Diffusion von Neutronen in spaltbaren Materialien )
• Name rührt daher, daß massiver Gebrauch von Zufallszahlen gemacht wird
• es gibt eine Vielzahl verschiedener Monte Carlo-Schemata, die vorstellbar und/oder
getestet sind.
• wichtigstes: Metropolis Monte Carlo Methode
• Zweck: Generierung einer Trajektorie im Phasenraum, die Stichproben eines gewählten statistisch-mechanischen Ensembles erstellt.
• maW: die Wahrscheinlichkeit, einen Punkt im Phasenraum entlang dieser Trajektorie zu finden, muß konsistent mit der Dichteverteilung ρ des Ensembles sein
• letztendlich ist die Trajektorie weniger interessant als die Mittelwerte von Observablen, die makroskopisch meßbar sind:
R
=⇒ Berechnung von multidimensionalen Integralen vom Typ hOi = E(Γ)ρ(Γ)dΓ
• nichttriviale Aufgabe, MC ist die einzige Methode für vieldimensionale Integrale
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
SS 2008.
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Monte Carlo Integration: “hit and miss” Algorithmus
Problem: numerische Abschätzung der Fläche des
Einheitskreises oder, dazu äquivalent, numerische
Bestimmung von π
y
x
• zunächst generiert man einen Satz von Paaren
x
unabhängiger Zufallszahlen, die von einer unix
formen (gleichförmigen) Verteilung von Zufallszahlen auf dem Interval [0; 1] “gezogen” werden.
x
Jedes Paar von Zufallszahlen bestimmt einen
Punkt in der (x,y)-Ebene.
√ 2
• als nächstes berechnet man den Abstand r = x + y 2 vom Ursprung
x
• Vergleiche r mit 1:
wenn r ≤ 1, dann hat der “Versuchsschuß” den Kreis getroffen;
wenn r > 1, dann hat er ihn verfehlt.
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
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Monte Carlo Integration: “hit and miss” Algorithmus
• das Ergebnis ist statistischer Natur: jeder Punkt (x) hat die gleiche Wahrscheinlichkeit.
• man registriert die Zahl τshot der Schüsse und die Zahl τhit der Treffer im roten
Gebiet.
• offensichtlich gilt:
Fläche des Einheitsviertelkreises π
τhit
≈
=
τshot
Fläche des Einheitsquadrates
4
=⇒
π≈
4τhit
τshot
• Die Grundlage des Algorithmus ist die Generierung von 2τshot Zufallszahlen (s.u.)
• Schätzwert für π hängt von der Zahl der Schüsse ab, der Fehler ist von der Grö√
ßenordnung 1/ τshot [O(τshot−1/2]
• =⇒ für 108 Versuche kann man eine Genauigkeit von 1/104, also 4 Stellen erwarten
(z. B. 3.14173 statt 3.14159. . .)
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Monte Carlo Integration: “Sample Mean Integration”
• allgemeiner anwendbar als der “hit and miss”-Algorithmus
• genauerer Schätzwert für das Integral
x2
Z
x2
Z


f (x) 

x1
x1
ρ(x)
mit einer beliebigen Wahrscheinlichkeitsverteilungsfunktion ρ.
• man betrachte dazu das Integral F =
dxf (x) =
dxρ(x) 

• es werde eine Anzahl Versuche τ gemacht, wovon jeder darin besteht, eine Zufallszahl ζτ aus der Verteilung ρ(x) im Intervall [x1; x2] zu ziehen.
f (ζτ ) +
• offensichtlich gilt: F =
ρ(ζτ ) V ersuche
h. . .iV ersuche ist der Mittelwert über alle Versuche
*
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Monte Carlo Integration: “Sample Mean Integration”
√
π Z1 √
2
• in unserem Beispiel: = dx 1 − x , also f (x) = 1 − x2.
4 0
• einfachste Anwendung: ρ(x) ist uniform

1



wennx1 ≤ x ≤ x2
x
−x
2
1
ρ(x) = 
0
andernfalls
• dann kann F abgeschätzt werden durch
F
=
=
=
*
f (ζτ )
ρ(ζτ )
+
=
τmax
P
f (ζτ )
1
τmax τ =1 x −x
2 1
1
r
P
x2 −x1 τmax
τmax τ =1 1
1
τmax
X
τmax
τ =1
f (ζτ )
ρ(ζτ )
x2 − x1 τmax
X
=
f (ζτ )
τmax τ =1
− ζτ 2
(vgl. Simpson-Regel)
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Monte Carlo Integration: “Sample Mean Integration”
• natürlich ist das Verfahren für eine einfache 1-dimensionale Integration nicht konkurrenzfähig zur normalen numerischen Integration (mit Hilfe der Simpson-Regel
oder der Trapezregel)
• mit Hilfe der Simpson-Regel würden z. B. schon 104 Schritte ausreichen, um π auf 7
Stellen zu berechnen (im Ggs. zu 108 Schritten für eine Genauigkeit von 4 Stellen)
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Monte Carlo Integration: “Sample Mean Integration”
• aber:
für die vieldimensionalen Integrale der statistischen Mechanik ist die “Sample Mean
Integration” die einzige sinnvolle Methode, eine vernünftige Wahl von ρ(x)
vorausgesetzt.
Z
• man betrachte z. B. das Konfigurationsintegral ZN V T = d~r exp(−βV({qk }) für
ein System aus nur N = 100 Atomen in einem Würfel der Kantenlänge L (V = L3).
• d~r repräsentiert eine 300-dimensionale Integration!
eine extrem ungenaue Integration mit der Simpson-Regel würde 10 Funktionsauswertungen in jeder “Richtung” erfordern, um den Bereich [0; L] vernünftig aufzuspannen
=⇒ 10300 Funktionsauswertungen
unmöglich
• außerdem würde der Integrand für die überwältigende Mehrzahl der Funktionsauswertungen aufgrund eines ungünstigen Boltzmannfaktors (ungünstige Überlappung
von Atomen, sogenannte “bad contacts”) praktisch gleich Null sein und nur wenige
Punkte (Konfigurationen) würden signifikant zum Integral beitragen
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Monte Carlo Integration: “Sample Mean Integration”
Das “Sample-mean Integration” Verfahren sähe also folgendermaßen aus:
• wähle eine zufällige Konfiguration (Punkt im 300-dimensionalen Konfigurationsraum), indem 300 Zufallszahlen im Bereich [0; L], als Tripel zusammengefasst, die
Koordinaten jedes Atoms bestimmen
• berechne potentielle Energie V(τ ) und den Boltzmannfaktor
• wiederhole diese beiden Schritte viele Male.
• das Konfigurationsintegral kann dann abgeschätzt werden mittels
ZN V T
V N τmax
X
exp[−βV(τ )]
=
τ
=1
τmax
• man kann erwarten, daß man weniger als 10300 Konfigurationen für eine vernünftige
Schätzung benötigt
• aber wieder würde die überwältigende Mehrzahl der Konfigurationen zu einem
Boltzmannfaktor ≈ 0 führen (“unnötige Arbeit”)
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Monte Carlo Integration: “Sample Mean Integration”
• =⇒ für dichte Flüssigkeiten übersteigt der Rechenzeitbedarf der Methode die Fähigkeiten heutiger (und wohl auch zukünftiger) Computer
• Die Methode wurde angewandt auf die Untersuchung der strukturellen Eigenschaften von Fluiden aus harten Kugeln bei niedriger Dichte (Alder et al, 1955)
• die Probleme mit den vieldimensionalen Integralen der statistischen Mechanik kommen daher, daß die Verteilung extrem scharfe Maxima der Dichtefunktion
besitzt und riesige Regionen die Dichte ρ ≈ 0 besitzen!
• Analoge Probleme treten bei der Berechnung von Ensemblemittelwerten auf:
d~rA exp(−βV({~r})
= R
≈
d~r exp(−βV({~r})
R
hAiN V T
τmax
P
A(τ ) exp(−βV(τ ))
τ =1
τmax
P
τ =1
exp(−βV(τ ))
• für realistische Dichten kann das Problem gelöst werden, indem die Zufallskoordinaten von einer nichtgleichförmigen Verteilung ermittelt werden.
• =⇒
Importance Sampling (Metropolis-Sampling)
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Importance Sampling
Zufallszahlen werden von einer nichtgleichförmigen Verteilung ρ(x) ausgewählt, wodurch die Funktionsauswertungen auf die Regionen im Phasenraum konzentriert werden, die die wichtigen (“important”) Beiträge zur Zustandssumme machen:
Z
hAiN V T = dΓρN V T (Γ)A(Γ)
1
exp[−βV(Γ)]. Der Integrand lautet also A(Γ)ρN V T (Γ).
ZN V T
Sammelt man nun Konfigurationen von einer (frei wählbaren) Verteilung ρ, so kann
man das Integral abschätzen als
mit ρN V T (Γ) =
hAiN V T = h
AρN V T
iV ersuche
ρ
Für die meisten Funktionen A(Γ) ist der Integrand ρN V T A nur dort signifikant, wo
ρN V T signifikant ist. In diesem Falle sollte also die Wahl ρ = ρN V T eine akkurate
Abschätzung des Integrals ermöglichen.
(funktioniert meistens, nicht immer!)
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Metropolis Monte Carlo
• im Falle ρ = ρN V T gilt also hAiN V T = hAiV ersuche
• wir haben das Problem nur neu formuliert, jedoch nicht gelöst!
• Das Problem lautet nun:
Wie kann ich eine kanonische Verteilung generieren?
• Ein solches Verfahren wurde von Metropolis et al. (1953) entwickelt.
• die Schwierigkeit:
Wie findet man eine Methode, die eine Sequenz von zufälligen Zuständen so generiert, daß nach Ende der Simulation jeder Zustand mit der adäquaten Wahrscheinlichkeit vorkam?
• Dies ist möglich, und sogar so, daß man nie den Normierungsfaktor von ρN V T , also
die Zustandssumme selbst, berechen muß.
• die Methode:
Generierung einer Markov-Kette
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Markov-Ketten
Definition: Eine Markov-Kette ist eine Sequenz von Versuchen (“Versuchskonfigurationen”), die folgenden zwei Bedingungen genügt:
a) Das Ergebnis jedes Versuchs gehört zu einer endlichen Menge möglicher Ergebnisse, {Γ1, Γ2, Γ3, . . . , Γm, . . . , Γn, . . .}, dem Zustandsraum.
b) Das Ergebnis jedes Versuchs hängt allein vom unmittelbar vorhergehenden
Zustand ab.
• 2 Zustände Γm und Γn sind über eine Übergangswahrscheinlichkeit Πmn
verknüpft, die die Wahrscheinlichkeit für den Übergang vom Zustand Γm nach Γn
(kurz m nach n) darstellen.
• in einem endlichen Zustandsraum, kann man die Verteilungsfunktion ρ als Vektor
ρ~ = (ρ1, ρ2, . . . , ρn) charakterisieren
• die Πmn sind dann die Elemente einer Matrix Π
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21
Markov-Ketten
• man startet mit einer Anfangsverteilung ρ~
(1)
.
• die Verteilungsfunktion
nach einem Schritt: ρ~
nach 2 Schritten: ρ~
. . . ρ~
and so on
(2)
(3)
(4)
= Π · ρ~ (1)
= ρ~ (2) · Π = ρ~ (1) · Π · Π
= ρ~ (1) · Π · Π · Π
• schließlich wird dies zu einer Grenzverteilung ρ~ konvergieren:
ρ~ = τlim
ρ~
→∞
(1)
Πτ
• die Wahrscheinlichkeit, daß ein Übergang vom Zustand m in irgendeinen Zustand
(des endlichen Zustandsraumes) passiert, inkl. des Übergangs m → m (kein Übergang), ist gleich 1 (100%).
• eine solche Matrix Π mit
sich zu 1 addieren).
X
n
Πmn = 1 heißt stochastische Matrix (da ihre Zeilen
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
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22
Markov-Ketten
• Wenn also die Grenzverteilung existiert, dann muß offensichtlich folgende Eigenwertgleichung gelten:
ρ~ · Π = ρ~ = ρ~ · 1
P
oder m
ρmΠmn = ρn
• Perron-Frobenius-Theorem: In einer irreduziblen Markovkette (eine, in der jeder
Zustand von jedem anderen Zustand aus erreicht werden kann) gibt es einen linksseitigen Eigenwert 1, für den der Eigenvektor gleich der Grenzverteilung ist.
Die anderen Eigenwerte sind kleiner als 1 und bestimmen die Konvergenzrate.
• ρ ist unabhängig von der Anfangsverteilung ρ~
(1)
• Dies ist eine extrem wichtige Eigenschaft:
Konsequenz: thermodynamische Ergebnisse hängen nicht von der Wahl des Anfangszustand ab!
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
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Beispiel für eine Markovkette
Zuverlässigkeit des Rechenzentrums:
Man beobachtet:
• Wenn heute alles funktioniert, dann wird es auch morgen mit 60%iger Wahrscheinlichkeit funktionieren!
• Wenn heute nichts geht, dann ist die Wahrscheinlichkeit 70%, daß morgen auch
nichts funktioniert!
Der Zustandsraum hat 2 Zustände (1. Zustand: ↑ 2. Zustand: ↓)

Π = 


0.6 0.4 

0.3 0.7
Wie sehen die Aussichten aus, in den nächsten Tagen arbeiten zu können?
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
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Beispiel für eine Markovkette
Fall I: Heute funktioniert der Rechner
also: ρ~ (1) = (1, 0)
morgen?
ρ~ (2)
übermorgen? ρ~ (3)
ρ~ (4)
ρ~ (5)
ρ~
= ρ~ (1) · Π
= ρ~ (2) · Π
= ρ~ (3) · Π
= ρ~ (4) · Π
...
(1)
τ
= τlim
ρ
~
·
Π
→∞
(good news?)
=
=
=
=
(0.6, 0.4)
(0.48, 0.52)
(0.444, 0.556)
(0.4332, 0.5668)
=(0.4286,0.5714)
= (3/7, 4/7)
E. Spohr, Master-Vorlesung Theoretische Chemie
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Beispiel für eine Markovkette
Fall II: Heute funktioniert der Rechner nicht
(bad news?)
also: ρ~ (1) = (0, 1)
morgen?
ρ~ (2) = ρ~ (1) · Π = (0.3, 0.7)
übermorgen? ρ~ (3) = ρ~ (2) · Π = (0.39, 0.61)
ρ~ (4) = ρ~ (3) · Π = (0.417, 0.583)
ρ~ (5) = ρ~ (4) · Π = (0.4251, 0.5749)
=⇒ In vier Tagen sind unsere Chancen, arbeiten zu können, praktisch unabhängig von
der heutigen Situation!
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Metropolis Monte Carlo
• für das kanonische Ensemble kennen wir die stochastische Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten nicht
• stattdessen kennen wir aber die Grenzverteilung
ρn
exp(−βVn)
=
= exp[−β(Vn − Vm)]
ρm exp(−βVm)
• es gibt viele Möglichkeiten, dies zu erreichen. =⇒ Wahlfreiheit
• insbesondere können wir die unnötig strenge Bedingung der mikroskopischen
Reversibilität fordern:
Πmn
ρn
=
ρmΠmn = ρnΠnm ⇐⇒
ρm Πnm
das bedeutet, daß das Verhältnis der direkten Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen den beiden Zuständen gleich ρm/ρn ist: die anderen Übergänge müssen also
das korrekte Verhältnis nicht erzwingen.
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Metropolis Monte Carlo
Die Wahl von Metropolis et al.:
Πmn = αmn
wenn ρn ≥ ρm
Πmn = αmn(ρn/ρm) wenn ρn < ρm
X
Πmm = 1 −
Πmn
und m 6= n
und m =
6 n (also Πmn < αmn)
n6=m
αmn ist eine symmetrische stochastische Matrix: αmn = αnm
meist wird αmn = const. gewählt.
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Metropolis Monte Carlo
Beweis:
• nach Voraussetzung ist αmn eine stochastische Matrix, also
• daher gilt:
P
m6=n
P
m
αmn = 1
Πmn < 1,
weil der Faktor ρn/ρm nur dann benutzt wird, wenn er kleiner als 1 ist.
• also Πmn < αmn für alle m 6= n.
• man definiert Πnn := 1 − P Πmn,
m6=n
also ist Π eine stochastische Matrix.
• wenn ρn > ρm, dann ist Πmn = αmn und Πnm = αnm(ρm/ρn)
• also: Πnmρn = αnmρm = αmnρm = Πmnρm
• und damit ist auch die mikroskopische Reversibilität erfüllt und jeder Zustand
erscheint mit der korrekten kanonischen Wahrscheinlichkeit
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Metropolis Monte Carlo: Implementation
• starte von einem Zustand m, definiert durch Angabe aller Atomkoordinaten.
• * suche zufällig ein Atom aus
• ziehe 3 Zufallszahlen aus dem Intervall [0; 1] und verschiebe das ausgewählte Atom
entsprechend dieser Zufallszahlen innerhalb eines Volumens (2δrmax)3 um die Position des gewählten Atoms
nach der Verschiebung befindet sich das Atom
irgendwo (mit gleicher Wahrscheinlichkeit) in der
schraffierten Region
δ r max
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30
Metropolis Monte Carlo: Implementation
• dieser Schritt definiert α:
αmn = 1/NR wenn die Endposition innerhalb des schraffierten Bereiches
αmn = 0
andernfalls
NR ist die große (aber, wegen der endlichen Genauigkeit der Zahlendarstellung
im Rechner, immer endliche) Zahl der Zustände mit dem Atom i irgendwo in der
schraffierten Region.
• δrmax ist ein geeignet gewählter Parameter
• berechne (Vn − Vm) und daraus ρn/ρm
• Fall α wenn ρn > ρm, dann akzeptiere die Verschiebung und gehe zurück zu *
• wenn ρm ≥ ρn, dann akzeptiere die Verschiebung mit einer Wahrscheinlichkeit
ρn/ρm = exp[−β(Vn − Vm)] folgendermaßen:
a) berechne exp[−β(Vn − Vm)] (< 1 und > 0)
b) ermittle eine Zufallszahl im Intervall [0; 1].
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Metropolis Monte Carlo: Implementation
• Fall β wenn die Zufallszahl kleiner als exp[−β(Vn − Vm)] ist, dann akzeptiere die
Verschiebung und gehe zurück zu *
• Fall γ wenn nicht, dann akzeptiere die Verschiebung nicht, man ändere also die
Koordinaten von Atom i nicht, zähle den Zustand m noch einmal und gehe
zurück zu * (Πmm-Fall!)
Monte Carlo Simulation: dieser Zyklus wird millionen- oder milliardenfach wiederholt
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Bemerkungen
• δrmax wird normalerweise so gewählt, daß die mittlere Akzeptanzrate ungefähr 50
% beträgt:
– sehr hohe Akzeptanz bedeutet geringe Energieunterschiede und damit langsame
Bewegung durch den Konfigurationsraum (δrmax ist klein!)
– sehr niedrige Akzeptanz bedeutet, daß die meisten Energieänderungen sehr ungünstig sind, weil δrmax zu groß ist und daher häufig eine signifikante Überlappung
des Atoms i mit anderen Atomen zustande kommt
• eine typische Simulation dauert 105 bis 106 Durchgänge
(1 Durchgang (“pass”) = eine versuchte Verschiebung / Atom)
• Akzeptanzrate von 0.5 ist nicht notwendigerweise das Optimum. Dies hängt von
Systemgröße, Wechselwirkungsenergie, Temperatur, Dichte etc. ab.
• Man kann die zugrundeliegende stochastische Matrix α auch verändern, z. B. so,
daß mehrere oder alle Atome gleichzeitig verschoben werden.
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Bemerkungen
• man kann nicht über alle Zustände summieren
=⇒ ZN V T ist nicht direkt berechenbar
• Konsequenz: es gibt kein direktes Verfahren, um die thermodynamischen Größen
“statistischer Natur” wie A, S und µ zu berechnen.
• dies gelingt mit Hilfe anderer Techniken wie
Thermodynamische Integration
Umbrella Sampling
Großkanonische Monte Carlo-Methoden
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