Das Rätsel der Dunklen Energie Wundersames Weltall

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SÜDWESTRUNDFUNK
SWR2 Wissen - Manuskriptdienst
Einsteins doppelter Fehler – Das Rätsel der Dunklen Energie
Wundersames Weltall (Teil 2)
Autor: Jan Lublinski
Redaktion: Detlef Clas
Regie: Iiris Arnold
Sendung: 20. Juli 2010, 8.30 Uhr, SWR2 Wissen
Erstausstrahlung am 19. Januar 2009
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Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt.
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Zitatorin:
"Dunkel und unsichtbar war die erste Welt
so dunkel wie die Wolle schwarzer Schafe.
Diese Welt der dunklen Erde war klein,
eine schwimmende Insel
auf dem endlosen Weltennebel.
CUT 1 SPRINGEL
Wir wissen, dass es einen heißen Urknall gegeben hat. (..) Eine der wichtigsten
Evidenzen dafür ist, dass die Galaxien sich auseinander bewegen. Und diese
Geschwindigkeit nimmt mit dem Abstand zu. Und wenn man diese Geschwindigkeit
umdreht und das zurück rechnet in der Zeit. Dann scheint die Materie aus einem
Raumgebiet gekommen zu sein, das extrem kompakt war.
Ansage:
Einsteins Doppelter Fehler – Das Rätsel der Dunklen Energie.
Eine Sendung von Jan Lublinski.
Zitatorin:
Vier Himmelsrichtungen gab es,
und über jeder lag eine Wolke.
Sie enthielten die Elemente der ersten Welt.
In ihrer Mitte aber wuchs die Weltenkiefer,
die später in unsere Welt gebracht als Feuerholz.
Sprecher:
Aus den Erzählungen der Navaho-Indianer. In allen Kulturen gibt es Erzählungen
über den Ursprung, den Anfang und die Größe der Welt. Im vergangenen
Jahrhundert hat auch die Wissenschaft der Astronomie eine solche Geschichte des
Kosmos hervorgebracht. Sie beruht auf Himmelsbeobachtungen, auf
mathematischen Formeln sowie auf Computersimulationen, die den Lauf des
Universums in vereinfachter Form nachbilden. Die Geschichte des Kosmos, von der
uns die Astronomen heute berichten, ist in den vergangenen Jahren immer
einheitlicher und klarer geworden.
Sprecherin:
Vor 13,7 Milliarden Jahren: Der Urknall. Eine extreme Explosion. Die Zeit hat hier
ihren Ursprung. Alle Energie, zuvor in einem Punkt versammelt, bricht heraus,
verwandelt sich, breitet sich aus. Eine heiße Suppe aus Elementarteilchen, dann
Atomkerne. 380 000 Jahre nach dem Anfang wird das All durchsichtig: Ein
Restleuchten des Urknalls erfüllt den Raum. Gaswolken bilden und verdichten sich,
die ersten Sterne zünden. Galaxien finden sich zusammen, bilden größere
Strukturen, driften auseinander, entfernen sich immer weiter.
CUT 2 TURNER
So cosmology really changed.
Sprecher:
Michael Turner von der Universität Chicago.
3
CUT 3 TURNER FORTS.
Cosmology has become a precision-science. It’s becoming an interlocking web of
measurements. So it’s very hard these days in cosmology to get one measurement
that turns everything upside down. Because to do that you have to say: those 5 other
measurements are wrong.
ÜBERSETZUNG:
Die Kosmologie hat sich verändert. Sie ist zu einer Präzisionswissenschaft
geworden. Die verschiedenen Messungen passen jetzt alle zusammen. Es ist
inzwischen sehr schwierig geworden, eine ganz neue Messung zu machen und damit
alles auf den Kopf zustellen. Denn dann müsste man dazu auch sagen: diese fünf
anderen Messungen sind alle falsch.
Sprecher:
Nach Jahrzehnten der Diskussionen und scheinbaren Widersprüche in den
Messungen ist es den Astronomen inzwischen gelungen, ein in sich stimmiges
Theoriegebäude zu errichten. Doch das neue Gebäude fußt auf einem Fundament,
das nur teilweise gesichert ist. So haben die Astronomen etwa die Entwicklung ganz
zu Beginn des Universums nur Ansatzweise verstanden. Und sie haben keine
Erklärung für die Kraft die das Weltall immer schneller auseinander treibt.
CUT 4 STRAUMANN
(...) Man kann sich ja schon schwierige Fragen stellen, die aber in der Zeit unlösbar
sind, oder zu leichte, dann ist es auch nicht so interessant. Aber genau die zu finden,
die gerade noch gehen mit äußerster Anstrengung – das ist wahrscheinlich das
Genie.
Sprecher:
Der theoretische Physiker Norbert Straumann hat im Archiv der Züricher Universität
nachvollzogen, wie Albert Einstein die Allgemeine Relativitätstheorie entwickelte.
Besonders aufschlussreich war dabei das sogenannte Züricher Notizbuch, ein
Karopapier-Heft mit handschriftlichen Eintragungen, die davon zeugen, wie Einstein
sich mathematische Werkzeuge aneignete, um eine neue Physik betreiben zu
können.
CUT 5 STRAUMANN
Da ist es interessant zu sehen, wie er anfängt. Er schreibt z.B. auf der ersten Seite,
was er schon weiß. Also: Newton. Spezielle Relativität. Das schreibt er sich alles auf.
Und da übt er auch wie ein Schüler, ganz elementare Dinge. (... ) Was ich schon sehr
faszinierend finde: einerseits kommt er von der Physik her. Andererseits von
formalen Prinzipien. Und ich glaub, das Wesen der theoretischen Physik sieht man
nirgends deutlicher: Die beiden, die scheinen nicht zusammen zu kommen. Es
klemmt dann einfach. Und dann gerät er auf Abwege. Verliert drei Jahre.
Regie: evtl Originalton Einstein einspielen
4
Albert Einstein 1941
„Der übernationale Charakter der wissenschaftlichen Begriffsbildung und Sprache
beruht darauf, dass zu deren Konstruktion die besten Köpfe aller Länder und Zeiten
beigetragen haben. Sie haben in einsamer und doch im Effekt gemeinsamer Arbeit
das geistige Werkzeug für die technischen Umwälzungen geschaffen, die das Leben
der Menschen in den letzten Jahrhunderten umgestaltet haben.“
Sprecher:
Einstein bereitete es große Schwierigkeiten, in den neuen mathematischen Formeln,
die er entwickelte, eine Beschreibung der physikalischen Realität zu erkennen.
Insbesondere brauchte er einige Zeit, bis er gelernt hatte, mit mathematischen
Geometrien zu arbeiten, die gekrümmte physikalische Räume beschreiben. Erst
nachdem er noch einmal ganz von vorne angefangen hatte, die Theorie zu
entwickeln, gelang ihm der Durchbuch.
Sprecherin:
Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, 1915: Zeit, Raum und Materie
beeinflussen einander in einem dynamischen Wechselspiel. Der Kosmos kann sich
im Laufe der Zeit ausdehnen wie ein Luftballon. Er kann Beulen und Dellen bilden, er
kann pulsieren, sich schnell wieder zusammenziehen oder explodieren.
Sprecher:
Bald nach der Publikation seiner Theorie widmete sich Einstein einem Problem, das
ihn schon Jahre zuvor umgetrieben hatte: die sogenannte Periheldrehung des
Merkur. Die Astronomen hatten bei der Bahnbewegung dieses Planeten eine bis
dahin unerklärliche Abweichung von Newtons Gravitationstheorie gemessen: Sie
betrug 43 Bogensekunden. Genau diesen Wert konnte Einstein nun mit Hilfe seiner
neuen Formeln ermitteln. Er hatte also eine Theorie gefunden, welche die Natur
genauer beschrieb als die seines Vorgängers Newton.
CUT 6 STRAUMANN 3
Ich glaube, das war das größte Erlebnis seines wissenschaftlichen Lebens. Er sagte
auch anderen Kollegen, er hätte Herzflattern bekommen. Ehrenfest schreibt er sei
zwei Tage sprachlos gewesen. Das kann man sich ja vorstellen. Er rechnet da
ziemlich lange und dann kommen da 43 Bogensekunden raus.“
Sprecher:
Der russische Physiker Alexander Friedmann entwickelte später auf der Grundlage
der Relativitätstheorie mathematische Weltmodelle, die ein Universum beschreiben,
das sich immer weiter ausdehnt. Seine Gleichungen enthalten eine so genannte
„kritische Energie“. Mit ihr lassen sich drei mögliche Formen des Universums
unterscheiden.
CUT 7 SPRINGEL III
Man spricht da von einem geschlossenen Universum, einem offenen oder von einem
flachen Universum.
Sprecher:
Volker Springel. Max Planck Institut für Astronomie, Garching.
CUT 8 SPRINGEL FORTS.
5
Das geschlossene Universum ist dann, wenn man mehr Energie hat als diese
kritische Energie, dann bewirkt das unter anderem, dass das Universum endlich lang
lebt. Es wird dann irgendwann wieder zusammen stürzen, weil nämlich genügend
Materie da ist. Das ist ja auch Energie: E gleich MC Quadrat, nach Einstein. Die
Energiedichte der Materie reicht aus, um die Ausdehnung des Universums
irgendwann anzuhalten und dann kommt es zu einem Zusammensturz des
Universums.
Das ist der geschlossene Fall. Und der offene Fall ist wenn, man zuwenig Energie
hat, dann dehnt sich das Universum unendlich aus. Und dann gibt’s den Grenzfall:
Das ist das flache Universum.
Sprecher:
Lange Zeit rätselten die Kosmologen, zu welchem der drei Fälle denn unser
Universum zählt. Anfang des 21. Jahrhunderts konnte diese Frage beantwortet
werden, mit genauer Analyse der sogenannten kosmischen Hintergrundstrahlung.
Dabei handelt es sich um eine Mikrowellen-Strahlung, die überall im Kosmos
anzutreffen ist, eine Art Nachglimmen des Urknalls. Die genaue Vermessung dieser
Strahlung ergab, dass das Universum flach sein muss. Die drei Raumdimensionen
des Weltalls sind nicht gekrümmt - sondern gerade.
CUT 9 SPRINGEL III
Das ist aber komisch. Warum ausgerechnet dieser Fall. Warum ist die Energie genau
gleich dieser kritischen Energie?
Sprecher:
Letztlich ist diese Frage bis heute offen, aber die Physiker haben ein Modell
entwickelt, das diesem Umstand Rechnung trägt: Nach der sogenannten InflationsTheorie hat sich das Universum direkt nach dem Urknall in extremer Weise
aufgeblasen, so stark, dass jede Raumkrümmung quasi glattgebügelt wurde.
CUT 10 SPRINGEL III
Jede Krümmung, die es vorher gegeben haben mag im Universum, ist, wenn ich das
unfassbar stark aufblase das Universum, wird es irgendwann flach. Wenn ich einen
Ballon extrem aufblase, dann ist irgendwann seine Oberfläche praktisch flach. Wenn
ich dann ein kleines Stück anschaue, kann ich das nicht mehr von der Ebene
unterscheiden.
Sprecher:
Albert Einstein selbst wollte sich mit der Vorstellung eines dynamischen Universums
nicht recht anfreunden. Er war überzeugt, dass das Universum als Ganzes seine
Form nicht ändert sondern vielmehr statisch ist.
CUT 11 EHLERS
Zu der Zeit war allgemein noch die Meinung, dass der Kosmos im Ganzen ein zeitlich
unveränderliches Gebilde ist. Das kommt schon von den griechischen
Naturphilosophen. Die Welt ist ewig, innerhalb der Welt ist nichts ewig. Und das
hängt ja auch damit zusammen, dass man die Lehre hatte von Aristoteles her, dass
oberhalb des Mondes da geschehen keine wirklichen Veränderungen, da hat man
nur ideale Kreisbahnen und alles wiederholt sich immer. Und das Durcheinander
spielt sich unterhalb der Sphäre des Mondes ab. Nämlich auf der Erde, wo es diese
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regellosen Bewegungen gibt. Und so lange man so ein Bild hat. Ist man natürlich
gefangen in den Vorstellungen der Zeit. Auch Einstein war darin gefangen.
Sprecher:
m mit seiner Relativitätstheorie ein solches in sich ruhendes Universum zu
beschreiben, ergänzte Einstein in den Gleichungen der Allgemeinen
Relativitätstheorie eine Konstante, die sogenannte kosmologische Konstante, die er
mit dem griechischen Buchstaben Lambda bezeichnete. Was zunächst wie ein
Kunstgriff schien, entpuppte sich später als ein Versäumnis bei der Entwicklung der
Relativitätstheorie. Jürgen Ehlers, der 2008 verstorbene Gründungsdirektor des Max
Planck Instituts für Gravitationsphysik in Potsdam.
CUT 12 EHLERS
Die Bedingungen aus denen Einstein vorher schon seine Feldgleichungen abgeleitet
hatte die hätten eigentlich, wenn er die Mathematik ganz richtig gemacht, hätten zu
der Gleichung mit dem Lambda-Glied geführt. Er hat das Lambda-Glied zunächst
übersehen und hat dann später so getan 1917 als ob er da ad hoc sozusagen
außerhalb der ursprünglichen Bedingungen etwas hinzufügen müsste. Tatsächlich ist
es ein mathematisches Versehen gewesen.
Sprecher:
Norbert Straumann hat im Archiv der ETH Zürich eine Postkarte entdeckt, die
Einstein an seinen Züricher Kollegen Hermann Weyl richtete – und in der er
eingestand, dass das Lambda ihm nicht geholfen hatte, das Universum zu
stabilisieren.
CUT 13 STRAUMANN
Das ist eine normale Postkarte. Was interessant ist: wie teuer sie ist. Das war ja
1923, das ist nach dem Krieg. Das ist 100 Mark.
Sprecher:
Ganz am Ende des Textes auf der Postkarte räumt Einstein ein:
CUT 14 STRAUMANN
„Wenn schon keine quasistatische Welt, dann fort mit dem kosmologischen Glied.“
Sprecher:
.... anders ausgedrückt: Wenn sich das Universum nun gar nicht ruhig halten lässt,
dann ist auch die kosmologische Konstante überflüssig. - Einstein hatte offenbar
eingesehen, dass er falsch lag und wollte das Lambda streichen. Ein weiterer Fehler
des Jahrhundertgenies, wie sich erst viele Jahrzehnte später herausstellen sollte.
Bereits im Laufe der 20er Jahren wurde klar, dass die Vorstellung vom statischen
Universum ohnehin nicht zu halten war. Der Astronom Edwin Hubble beobachtete,
dass sich die meisten Galaxien mit großer Geschwindigkeit von uns wegbewegen.
Was die Schlussfolgerung nahe legte, dass das Universum immer weiter expandiert.
Wo aber hatte es begonnen? Der Belgische Theologe und Astronom George
Lemaître publizierte 1931 eine kurze Notiz, in der er erstmals die Urknalltheorie
beschrieb: Demnach ist das Universum aus einem kleinen Punkt heraus explodiert. Eine Vorstellung, die sich erst allmählich durchsetzte.
Sprecherin:
7
Der Raum reißt auf, entfaltet sich in rasendem Tempo, benachbarte Bereiche des
Weltalls sind plötzlich weit voneinander entfernt. Nach dem Bruchteil einer Sekunde
aber wird die Bewegung langsamer, die Expansionsgeschwindigkeit nimmt ab. Die
Energie des Universums verwandelt sich: Am Anfang sind es Strahlung und
Elementarteilchen, die das Weltalls beherrschten. Später formt ein Teil dieser
Energie die Materie: Atomkerne und Atome. Heute aber dominiert eine andere Kraft
das All und treibt den Kosmos immer schneller auseinander: Die Dunkle Energie.
Sprecher:
Michael Turner von der Universität Chicago hat diesen Begriff geprägt. Wenn etwas
Seltsames passiert, sagt er, muss man ihm einen Namen geben.
CUT 15 TURNER
Sometimes when there is something very mysterious - just to get going - you need to
give it a name.
Sprecher:
Die Dunkle Energie ist das derzeit größte Rätsel der Astronomie. Über Milliarden von
Jahren blieb sie unscheinbar; nun aber, da das Universum weit ausgedehnt und
verdünnt ist, entfaltet sie seit einigen Milliarden Jahren eine stärkere Wirkung als alle
anderen. Schneller und schneller dehnt sie das Weltall aus. Woher sie kommt,
woraus sie besteht und wie sie sich entwickeln wird, weiß bislang niemand. Die
Kosmologen versuchen, mit einer Vielzahl von Messungen diesem Phänomen auf
die Spur zu kommen.
Zitatorin:
lo weilte im unermesslichen Luftraum,
Das Universum lag im Dunkel,
Wasser war überall.
Es gab keinen Schimmer der Dämmerung,
keine Klarheit, kein Licht.
Und lo begann mit diesen Worten:
,Dunkelheit, das Licht soll in dir sein!'
Und sogleich erschien das Licht.
Sprecher:
Vor etwas mehr als zehn Jahren machte Adam Riess eine revolutionäre Entdeckung:
Als Chef eines internationalen Wissenschaftlerteams untersuchte er eine besondere
Sorte von Sternenexplosionen, die Supernovae vom Typ Eins a. Diese sogenannten
Standardkerzen im All machen Entfernungsmessungen möglich und geben darüber
Aufschluss, wie schnell sich der Kosmos ausdehnt. Zu seiner eigenen Verblüffung
stellte er dabei fest: die Geschwindigkeit, mit der das Universums auseinander fliegt,
vergrößert sich heute immer weiter. Die Fachwelt und auch er selbst waren damals
vom Gegenteil überzeugt.
CUT 16 RIESS
I wrote a simple computer programme to tell me OK, assuming that supernovae are
decelerating the same way tell me how much the universe weighs. The shocking
answer I got was a negative number. That was my computers way of telling me hey
you did not carefully look at the data. You did not notice the supernovae are not
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saying the universe is decelerating... But if fact the data way showing that that the
universe was accelerating.
ÜBERSETZER:
Ich hatte ein einfaches Computerprogramm geschrieben, dass mir sagen sollte, OK,
wir gehen davon aus, dass die Supernovae alle in einem Universum sind, dass
langsamer expandiert - wie viel wiegt dann das Universum? Die Antwort, die ich
bekam, war schockierend: eine negative Zahl! Das konnte natürlich nicht stimmen.
Mein Computer sagte mir auf diese Weise: Hey, Dir ist nicht aufgefallen, dass das
Universum in Wirklichkeit beschleunigt expandiert.
Sprecher:
Riess und seine Kollegen hatten sich die Leuchtfeuer in zwei Entfernungen genau
angeschaut: Zum einen solche Supernovae, die relativ nah bei uns sind und zum
anderen solche, die vor einigen Milliarden Jahren explodiert sind. Zunächst wollte
niemand diesem Ergebnis Glauben schenken, doch kurz darauf bestätigte es eine
zweite Forschergruppe: Das Universum ist nach dem Urknall erst explodiert, dann ist
es quasi auf die Bremse gestiegen, um dann doch wieder Gas zu geben.
Zitatorin:
Dann wiederholte lo diese Worte,
,Licht, die Dunkelheit soll in dir sein!'
Und wieder trat tiefste Dunkelheit ein.
Dann sprach er ein drittes Mal:
Lasst dort oben eine Dunkelheit sein,
lasst dort unten eine Dunkelheit sein.
Lasst dort oben ein Licht sein,
lasst dort unten ein Licht sein.
Eine Herrschaft des Lichtes,
ein glänzendes Licht.
Sprecher:
Die Messungen der Weltallbeschleunigung mit den Supernovae und die Analyse der
kosmischen Hintergrundstrahlung waren zentrale Bausteine zu dem
Theoriegebäude, das die Astronomen Anfang des 21. Jahrhunderts zusammenlegten
- zu einem einheitlichen Bild des Universums. Ein tragendes Element dieses
Gebäudes ist die kleine Ergänzung, die Albert Einstein erst später in seine Formeln
zur Allgemeinen Relativitätstheorie einfügte: die „kosmologische Konstante“ Lambda.
In diesem Zusammenhang wird immer wieder die Geschichte erzählt, Einstein habe
Lambda als „die größte Eselei seines Lebens“ bezeichnet. Norbert Straumann hält
dies für einen Mythos.
CUT 17 STRAUMANN
Das tönt so gut. Wenn jetzt ein Journalist oder ein Physiker sagt: „Die größte Eselei
von Einstein ist jetzt eben doch das Richtige.“ – Ich glaub das ist mehr Show. Ich
glaube, ich habe alle Briefe von ihm gelesen, die insbesondere über Physik und
Kosmologie handeln. Und da kommt nichts dergleichen vor. Nie.
Sprecher:
Heute treibt die Astrophysiker eine neue Frage um: Ist es möglich, dass Einsteins
Konstante, gar keine Konstante ist? Womöglich handelt sich bei Lambda um eine
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unbekannte Kraft, die den Kosmos auseinander treibt und die sich im Laufe der
Jahrmilliarden verändert.
Möglicherweise gelingt es den Astronomen, mit immer genaueren Messungen der
Supernovae diese Frage in den kommenden Jahren zu beantworten. Allerdings wird
ihnen in jüngster Zeit immer mehr bewusst, dass die einzelnen Supernovae sich in
ihren Signalen doch deutlich voneinander unterscheiden. Nur wenn es ihnen gelingt,
diese Unterschiede genau zu verstehen, haben sie eine Chance, auch
herauszufinden wie sich die Beschleunigung des Universums verändert.
CUT 18 TURNER
Sometimes when there is something very mysterious - just to get going - you need to
give it a name. TAKE 41 (…) Early on we had to convince the astronomers that this
was not just Einsteins cosmological constant. Because in making the case that this is
an important puzzle. The astronomers thought that it was just lambda. (…) but at this
point in time it is far to early to say that this is just the cosmolgical term.
ÜBERSETZUNG:
Manchmal, wenn etwas große Rätsel aufgibt, dann muss man ihm einen Namen
geben. Es ging mir mit dem Begriff der „Dunklen Energie“ darum, den Astronomen
klar zu machen, dass es sich hierbei nicht notwendiger Weise um Einsteins
Konstante Lambda handeln muss. Es könnte auch sein, dass die Dunkle Energie
sich im Verlauf des Universums wandelt. Es wäre auf jeden Fall zu früh zu sagen,
dass es sich einfach nur um die kosmologische Konstante handelt.
Zitatorin:
Und Io sprach ein viertes Mal.
Und sagte:
„Ihr Wasser von Taikama, seid getrennt.
Himmel sei gebildet.
Dann wurde der Himmel aufgehängt,
und sogleich lag die Erde ausgestreckt da.
Sprecher:
Aus dem Schöpfungsmythos der Maori.
Eine weitere Methode, um die Entwicklung der Dunklen Energie zu messen, besteht
darin, große Bereiche des Nachthimmels mit einer hochauflösenden Teleskopkamera
abzuscannen und zu ermitteln, wie die Galaxien in verschiedenen Entfernungen
verteilt sind. „Baryonische Akustische Oszillationen“ nennt sich dieses Verfahren, bei
dem Materie-Schwankungen in der Frühzeit des Universums mit der heutigen
Verteilung der Galaxien in Zusammenhang gebracht werden. Robert Nichol von der
Universität von Portsmouth in England.
CUT 19 NICHOL
What you’ve effectively got is a standard ruler. So it is a bit like what the surveyors
do. They have this stick that is white and red. So you have the guy and he goes off
with this stick and then there is the guy with the Theodolite, and he measures the
angle of the stick. So he can know how far away the stick is because hi knows the
stick is one meter tall.
- now we’re measure distances in the university. This is exactly what we do. We
know how big the stick is in the universe. So we can measure the angle of it that we
see. So we can measure the distance to the stick. So we are measuring the
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distances in the universe and how quickly those distances are changing with time.”
(So were measuring acceleration.)
ÜBERSETZER:
Wir haben mit der Galaxienverteilung eine Art universelle Messlatte für das
Universum. Etwa so wie die rot-weiß gestreiften Stangen, mit denen
Vermessungsingenieure arbeiten. Sie peilen die Stange und messen den Winkel der
Stange aus der Entfernung, um daraus dann die Entfernungen zu berechnen. Genau
das tun wir im Universum; wir messen Winkel in der Materieverteilung und
bestimmen daraus dann Abstände sowie die Geschwindigkeit, mit der sich Abstände
im Laufe der Zeit verändern.
Sprecher:
Auch der Astrophysiker Matthias Bartelmann von der Universität Heidelberg sucht
nach einer veränderlichen Kraft, die das Universum auseinander treibt: Er vermutet,
dass die Dunkle Energie innerhalb von Galaxienhaufen Spuren hinterlassen haben
könnte – also an den Orten im All, wo sich sehr viel Materie angesammelt hat.
CUT 20 BARTELMANN
Das heißt, ich sollte im Prinzip in der Lage sein, dadurch, dass ich nachmesse, wie
dicht die Materie im Zentrum von Galaxienhaufen jetzt ist, rückzuschließen darauf,
wann sie entstanden sind. Damit rückzuschließen auf die kosmologische Uhr
sozusagen, und damit auf das Expansionsverhalten und damit auch darauf, ob die
Dunkle Energie dynamisch war oder nicht.
Sprecher:
Wenn es den Astrophysikern tatsächlich gelänge, Indizien für eine Dunkle Energie zu
finden, die sich im Verlauf des Universums geändert hat, so wüssten sie, dass
Einsteins Relativitätstheorie nicht mehr ausreicht, um das Weltall zu beschreiben.
CUT 21 BARTELMANN
Das würde weiterhelfen, weil wir dann erstes wüssten, es hat einen Sinn nach
Alternativen für die kosmologische Konstante zu suchen, der über Spekulation
hinaus geht. Und wir könnten dann versuchen den zeitlichen Verlauf der Dichte der
Dunklen Energie umzusetzen in ein Teilchen oder quantenphysikalisches Modell.
Sprecher:
Manche Astronomen berichten bereits auf Tagungen über erste Hinweise nach
denen diese treibende Kraft tatsächlich veränderlich sein könnte. Doch bislang reicht
die statistische Qualität ihrer Daten für einen eindeutigen Nachweis nicht aus.
CUT 22 SPRINGEL
Es wäre eine Sensation, wenn man entscheiden könnte, es ist keine kosmologische
Konstante. Ich glaube man würde dann immer überhaupt noch nicht verstehen, was
es ist. Man würde wissen, dass es eine interessante Physik gibt. (...). - Aber mein
Eindruck ist, dass man sich da auch in der Feldtheorie, also in der Teilchenphysik
sehr stark den Kopf kratzt, was letztlich die physikalische Natur ist der Dunklen
Energie. Das ist ein großes Rätsel.
Sprecher:
11
Die Teilchenphysiker vermuten, dass es sich bei der „Dunklen Energie“ um einen
Vakuumeffekt handelt. Eine Art Grundschwingung im leeren Raum, die das
Universum auseinander treibt. Doch die entsprechenden quantentheoretischen
Rechnungen ergeben allesamt einen viel zu geringen Wert. Er ist mindestens 10
hoch 50 Mal zu klein. Ganz offensichtlich haben die Wissenschaftler hier etwas sehr
Grundlegendes nicht verstanden.
CUT 23 STRAUMANN
So etwas schlimmes hats in der Physik noch nie gegeben. - Völlig daneben! - Das ist
vielleicht das größte Rätsel das wir haben.
Sprecher:
So lange aber die Dunkle Energie nicht verstanden ist, so lange ist auch unklar, wie
es in ferner Zukunft weiter gehen wird – mit dem Universum.
Sollte die Dunkle Energie sehr stark anwachsen, würde sie das Universum regelrecht
explodieren lassen: Die Sterne und Planeten reißen auseinander, irgendwann auch
die Moleküle. Die Kosmologen sprechen hier vom „Big Rip“. Genauso denkbar ist
auch das „Big Crunch“-Seznario: Die Dunkle Energie schwächt sich stark ab, und
das Universum fällt wieder in sich zusammen. Oder aber es stellt sich heraus, dass
die Dunkle Energie am Ende doch nichts weiter ist als Einsteins Konstante Lambda.
Das Ende des Universums wäre dann ziemlich unspektakulär.
CUT 24 SPRINGEL III
Es wird dann in Zukunft auch zu einem Freeze-out kommen, alles friert ein, weil, die
Dunkle Energie bewirkt eine immer schnellere Ausdehnung des Weltraums. Und
dann können die Galaxien nicht mehr zueinander finden und zu größeren Objekten
verschmelzen. Und sie vereinzeln dann und die Strukturentstehung hört dann auf.
CUT 25 Nichol
And so I think if I was a betting man and I had to put some money on where some 10,
20, 30 years from here, what will be the solution to this acceleration problem will be in
that we modify Einsteins theory of Gravity. And the acceleration will be a
consequence. (…) That is where I would put my money: That we modify Gravity and
explain the acceleration through that.
ÜBERSETZER:
Wenn ich also wetten würde, würde ich mein Geld darauf setzen, dass wir Einsteins
Relativitätstheorie ändern werden, in 10, 20 vielleicht 30 Jahren. Eine solche
erweiterte Theorie der Gravitation wird es uns dann erlauben, die Beschleunigung
des Universums zu erklären.
Sprecher:
Im fünfzehnten Gesang der Bhagavad Gita, einer der zentralen spirituellen Schriften
des Hinduismus, heißt es:
Zitatorin:
"Es gibt eine Sage von einem Feigenbaum,
dem riesigen Acvatha, dem ewigen,
der seine Wurzeln im Himmel hat,
die Zweige abwärts gerichtet ...
Seine wahre Gestalt, sein Ursprung, sein Ende,
12
sein Wesen,
kann keiner auf Erden erfahren."
(Musik)
*****
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