8.7 Differenzierbare Abbildungen

Werbung
70
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG
(Setze µ = inf ψ(S n−1 ), da ψ(S n−1 ) kompakt ist, ist µ ∈ ψ(S n−1 ) und damit gibt
es ein h0 mit ψ(h0 ) = µ.) Dann ist für 0 6= khk2 < δ
2
1
1
0<µ≤ψ
h =
ψ(h)
khk2
khk2
also
µkhk22 ≤ ψ(h).
Ist ε < µ so folgt für 0 6= khk2 < δ
f (x0 + h) =
≥
=
>
f (x0 ) + ψ(h) + R2 (h)
f (x0 ) + µkhk22 − εkhk22
f (x0 ) + (µ − ε)khk22
f (x0 ).
Damit hat f bei x0 ein isoliertes lokales Minimum.
(2) Ist A indefinit, so gibt es h1 , h2 ∈ S n−1 mit
ψ(h1 ) < 0 < ψ(h2 ).
Wir betrachten nun die Funktion
fx0 ,h1 (t)
bzw.
fx0 ,h2 (t)
für t nahe 0. Sei ε < min{|ψ(h1 )|, ψ(h2 )} und δ > 0 das in Gleichung (8.4)
definierte δ = δ(ε). Dann ist für |t| < δ, und h ∈ S n−1
fx0 ,h (t) = f (x0 ) + t2 ψ(h) + R(th)
und damit
f (x0 ) + t2 ψ(h) − εt2 < fx0 ,h (t) < f (x0 ) + t2 ψ(h) + εt2 .
Damit ist für t 6= 0 und h = h1 die Funktion fx0 ,h1 (t) < 0 und für h = h2 die
Funktion fx0 ,h2 (t) > 0. Also hat f im Punkt x0 kein lokales Extremum.
(3) Folgt sofort aus (2).
8.7
Differenzierbare Abbildungen
Wir beginnen nun Abbildungen von Rn → Rm oder allgemeiner von V → W ,
wobei V, W Banachräume sind, zu betrachten. Im Fall eines endlich dimensionalen
8.7. DIFFERENZIERBARE ABBILDUNGEN
71
Bildraumes wird die Abbildung als Vektor von Abbildungen angesehen, d. h. sei
U ⊂ V offen


f1 (x)
 f2 (x) 


f : U → Rm : x 7→ 
,
..


.
fm (x)
wobei für i = 1, . . . , m die Funktion fi : U → R abbildet. Wir führen den Begriff
der Differenzierbarkeit sofort im allgemeinen Kontext ein.
Definition 8.7.1 (Differenzierbarkeit)
Es seien (V, k·kV ), (W, k·kW ) Banachräume, ferner sei U ⊂ V offen, f : U →
W eine Abbildung. Die Abbildung f heißt im Punkt x0 ∈ U differenzierbar,
wenn es eine stetige lineare Abbildung L : V → W gibt, so dass
1
(f (x0 + h) − f (x0 ) − L(h)) = 0.
khkV →0 khkV
lim
L wird als Differential Df (x0 ) von f im Punkt x0 bezeichnet.
Wiederum hat man die Eindeutigkeit von L.
Satz 8.7.2 (Eindeutigkeit der Ableitung)
Gibt es eine lineare Abbildung wie in der Definition 8.7.1 angegeben, so ist
diese eindeutig.
Beweis. Der Beweis ist eine wörtliche Wiederholung des Beweises von Satz
8.3.1.6.
Satz 8.7.3 (Charakterisierung der Differenzierbarkeit)
Sei U ⊂ V offen, f : U → Rm ist im Punkt x0 genau dann differenzierbar, wenn jede Funktion fi : U → R im Punkt x0 differenzierbar ist. Das
Differential erhält man als Vektor der Differentiale `i der Funktionen fi .
Beweis. Angenommen f ist im Punkt x0 differenzierbar, so ist
1
(f (x0 + h) − f (x) − L(h)) = 0.
khkV →0 khkV
lim
Dann gilt aber für jede Komponente fi , i = 1, . . . , m
1
(fi (x0 + h) − fi (x0 ) − (Lh)i ) = 0.
khkV →0 khkV
lim
Setzen wir `i (h) = (Lh)i , so zeigt diese Gleichung, dass `i das Differential von fi
ist.
72
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG
Andererseits,
 hat
 man Differentiale `i von fi im Punkt x0 , so hat man auch,
`1
 .. 
dass L =  .  die obige Gleichung erfüllt und sich als Differential von von f
`m
ergibt.
Satz 8.7.4 (Stetigkeit differenzierbarer Abbildungen)
Ist die Abbildung f : U → V im Punkt x0 differenzierbar, so ist sie im Punkt
x0 stetig.
Beweis. Der Beweis ist eine wörtliche Wiederholung des Beweises von Satz
8.3.1.12.
Definition 8.7.5 (Jacobimatrix)
Wählt man eine Basis in den Räumen Rn , Rm aus, so wird dadurch dem
Differential eine Matrix zugeordnet. Bestehen diese Basen jeweils aus den
Standardeinheitsvektoren, so ist zugehörige Matrix gegeben durch die ersten
partiellen Ableitungen der Komponentenfunktionen


∂e1 f1 (x0 ) . . . ∂en f1 (x0 )


..
..
..


.
.
.
∂e1 fm (x0 ) . . .
∂en fm (x0 )
und wird als Jacobimatrix bezeichnet. Wir schreiben dafür f 0 (x0 ).
Wir schauen nun nochmals auf ein weiteres Konzept aus der Linearen Algebra,
den Begriff der Norm einer linearen Abbildung (oder auch einer Matrix). Dies
nimmt das Beispiel 8.1.16 (5) wieder auf und verallgemeinert das Konzept der
Norm im Dualraum V 0 , das wir inzwischen haufig benutzt haben.
Definition 8.7.6 (Norm für lineare Abbildungen)
Es seien (V, k · kV ), (W, k · kW ) Banachräume. Die Menge
n
o
L : V → W L ist stetig und linear
werde mit L(V ; W ) bezeichnet. Wir definieren für L ∈ L(V ; W ) die Norm
n
o
kLkL(V ;W ) = sup kLxkW kxkV ≤ 1 .
Wir nennen L auch Operator und k · kL(V ;W ) Operatornorm.
8.7. DIFFERENZIERBARE ABBILDUNGEN
73
Aufgabe 8.7.7 (Norm für stetigen linearen Abbildungen)
k · kL(V ;W ) ist eine Norm auf dem Raum aller stetigen linearen Abbildungen
V → W , damit gilt
kLvkW ≤ kLkL(V ;W ) kvkV .
Satz 8.7.8 (Banachraum von Operatoren)
(L(V ; W ), k · kL(V ;W ) ) ist ein Banachraum.
Beweis. Wir folgen dem Beweis, dass (V 0 , k · kV 0 ) ein Banachraum ist. Offensichtlich ist L(V ; W ) ein linearer Raum. Die Vollständigkeit wird wie im Fall der
Vollständigkeit von V 0 gezeigt.
Damit können wir die Ableitung Df einer Abbildung f : U → W mit U ⊂ V
offen, (V, k · kV ), (W, k · kW ) Banachräume als Abbildung
Df : U → L(V ; W )
auffassen.
Definition 8.7.9 (Stetig differenzierbar, höhere Ableitungen)
Sind (V, k · kV ), (W, k · kW ) Banachräume, U ⊂ V offen und f : V → W
sei differenzierbar. Ist Df : U → L(V ; W ) stetig, so nennen wir f stetig
differenzierbar. Ist Df : U → L(V ; W ) differenzierbar, so sprechen wir von
einer zweimal differenzierbaren Abbildung. Die zweite Ableitung D2 f (x0 ) ist
nun ein Element in L(V ; L(V ; W )), D2 f : U → L(V ; L(V ; W )). Dies kann
nun iteriert werden und wir können von k-fach differenzierbaren Abbildungen
sprechen, beachte Dk f : U → L(U ; Lk−1 (V ; W )), wobei wir iterativ definieren
L1 (V ; W ) = L(V ; W ), für k ≥ 2 : Lk (V ; W ) = L(V ; Lk−1 (V ; W )).
Es wird eine wichtige Aufgabe sein, die Räume Lk (V ; W ) richtig zu interpretieren.
Wir haben folgende wichtige Rechenregeln.
Satz 8.7.10 (Kettenregel)
Es seien (V, k · kV ), (W, k · kW ), (Z, k · kZ ) Banachräume, U ⊂ V , Y ⊂ W
seien offene Teilmengen, f : U → V sei im Punkt x0 ∈ U differenzierbar,
f (x0 ) = y0 ∈ Y und g : Y → Z sei in y0 differenzierbar. Dann gibt es
ein δ > 0, so dass g ◦ f auf Bδ (x0 ) definiert ist und g ◦ f ist im Punkt x0
differenzierbar und es gilt für h ∈ V
D(g ◦ f )(x0 )h = Dg(y0 )Df (x0 )h.
Beweis. Der Beweis folgt dem von Satz 8.3.2.13 praktisch wörtlich.
74
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG
Satz 8.7.11 (Allgemeiner Mittelwertsatz)
Es seien (V, k · kV ), (W, k · k) Banachräume und U ⊂ Rn offen, f : U → W
stetig differenzierbar, es seien x, y ∈ U , so dass S(x, y) ⊂ U . Dann gilt mit
n
o
M = sup kDf (x + t(y − x))kL(V ;W ) t ∈ [0, 1]
kf (y) − f (x)kW ≤ M kx − ykV .
Beweis von Satz 8.7.11. Wir betrachten für ξ = y − x die Hilfsfunktion
G(t) = f (x0 + tξ) : [0, 1] → W.
G : R → W ist differenzierbar, die Ableitung ist (Begründung wie zuvor)
G0 (t)h = Df (x0 + tξ)hξ.
Nun ist nach Lemma 8.2.3.6 für ein τ ∈ (0, 1)
n
o
kG(1) − G(0)kW ≤ sup kG0 (τ )kW τ ∈ [0, 1] ,
wegen der Kompaktheit von [0, 1] und der Stetigkeit von kG0 kW gibt es ein τ0 ∈
[0, 1] mit
kG(1) − G(0)kW ≤ kG0 (τ0 )kW .
Also haben wir
kf (x0 + ξ) − f (x0 )kW ≤ kDf (x + τ ξ)kL(V ;W ) kξkV .
Daraus folgt die Aussage.
Korollar 8.7.12 (Konstante Abbildung)
Sind (V, k · kV ) und (W, k · kW ) Banachräume, U ⊂ V offen und f : U → W
differenzierbar, Df (v) = 0 für alle v ∈ U , dann ist f konstant.
8.8
Multilineare Abbildungen
In diesem Abschnitt wollen wir die iterierten linearen Abbildungen, d. h. die Elemente in Lk (V ; W ) mit multilinearen Abbildungen identifizieren.
Definition 8.8.1 (Multilineare Abbildungen)
Es seien (Vj , k · kVj ), (W, k · kW ), j = 1, . . . , k Banachräume, wir setzen
V = V1 × · · · × Vk .
Man beachte, dass V auf natürliche Weise zum Banachraum wird. Eine Ab-
8.8. MULTILINEARE ABBILDUNGEN
75
bildung
M:V →W
heißt k-linear von V nach W , wenn M in jeder Komponente linear ist. Eine
Abbildung heißt multilinear, wenn es ein k ∈ N gibt, so dass die Abbildung
k-linear ist. M k (V ; W ) bezeichnen wir die Menge der stetigen, k-linearen
Abbildungen.
Satz 8.8.2 (Stetigkeit)
Eine k-lineare Abbildung
Mk : V k → W
ist genau dann stetig, wenn es eine positive reelle Konstante K gibt mit
kMk (v1 , . . . , vk )kW ≤ Kkv1 kV · · · · · kvk kV .
Beweis. Wir wissen aus den Übungen, dass für lineare Abbildungen Stetigkeit
bei 0 und Stetigkeit äquivalent sind. Diese Aussage überträgt sich sofort auf multilineare Abbildungen. Aus der angegebenen Bedingung folgt aber die Stetigkeit
in 0 sofort.
Aus der Stetigkeit in 0 folgt auch die Existenz dieser Konstanten. Wir werden
dies in den Übungen nochmals nachprüfen.
Nun sei (V, k · kV ) ein Banachraum. Der zentrale Satz dieses Abschnitts identifiziert die Elemente aus Lk (V ; W ) mit k-linearen Abbildungen. Dazu noch eine
Vorüberlegung:
E : V × L(V ; W ) : (v, L) 7→ Lv
ist linear in jeder Komponente und stetig, denn wir haben gesehen, dass
kEvkW ≤ kLkL(V ;W ) kvV .
Ist nun A : V → L(V ; W ) stetig und linear, v ∈ V , so ist A(v) ∈ L(V ; W ) und
wir können die stetige und lineare Abbildung
ṽ 7→ A(v)(ṽ)
betrachten. Damit haben wir eine Abbildung
B(v, ṽ) = A(v)(ṽ).
Nun ist B bilinear und wegen
k B(v, ṽ)kW = k A(v)(ṽ)kW ≤ k A(v)kL(V ;W ) kṽkV ≤ k A kL(V ;L(V ;W )) kvkV kṽkV
Herunterladen