ziele 17 11 08.doc 1 Auf dem Weg zu einer guten Schule

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Auf dem Weg zu einer guten Schule: Wettbewerb zwischen Schulen - Vorschläge zur Kulturverbesserung in Schulen
Dieter Frey
Prof. für Sozialpsychologie an der LMU München
Leiter des LMU Centers für Leadership und People Management
Akademischer Leiter der Bayerischen Eliteakademie
Deutschland hat zwei zentrale Werte zu verteidigen: Demokratie und sozialökologische Marktwirtschaft
Deutschland und Europa haben ein großes Privileg, das uns in vielerlei Hinsicht von
den USA und Asien unterscheidet: Wir haben aufgrund unserer Tradition zwei zentrale Werte: Einerseits leben wir in einer Demokratie im Sinne einer offenen Gesellschaft, die geprägt ist durch Rechtsstaatlichkeit. Andererseits genießen wir eine sozial-ökologische Marktwirtschaft, die Schwache schützt, gleichzeitig aber die Marktkomponente betont, das heißt Wettbewerb von Unternehmen statt Monopolwirtschaft
unterstützt; Markt bedeutet aber auch Wettbewerb zwischen Individuen, da das Leistungsprinzip herrscht.
Sowohl Demokratie wie sozial-ökologische Marktwirtschaft beruhen letztlich auf dem
Prinzip Wettbewerb: Hinsichtlich unseres auf Demokratie aufgebauten politischen
Systems geht es um Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Positionen, Parteiprogrammen usw. und hinsichtlich unserer sozial-ökologischen Marktwirtschaft geht es
um Wettbewerb zwischen Unternehmen, aber auch zwischen Personen. Damit ist
klar, dass Wettbewerb nicht nur Gewinner hat, sondern immer auch Verlierer. Bei
Wahlen verlieren Parteien und andere gewinnen. Ebenso kann es in der Marktwirtschaft auch passieren, dass Unternehmen, wenn sie nicht kundenorientiert sind,
nicht überleben, was im Extremfall die Kündigung von Arbeitnehmern impliziert. Aufgrund der sozialen Komponente der sozialen Marktwirtschaft, durch welche Schwache abgesichert sind, sind es aber doch zentrale Werte, die es lohnt zu bewahren
und auf die wir stolz sein können, weil hier weder amerikanische hire-und-fire Verhältnisse herrschen noch chinesische Verhältnisse des Brutalokapitalismus.
Deutschland hat aber keine Rohstoffe, und im globalen Wettbewerb sieht man seit
Jahren, dass vor allem Arbeitsplätze mit geringem Qualifikationsniveau in so genannte Billiglohnländer abwandern. Wenn wir nicht in der Lage sind, die Verlagerung von
Arbeitsplätzen auszugleichen durch qualitativ hochstehende Produkte und Dienstleistungen, die auf dem internationalen Markt Chancen haben, werden wir Probleme haben, unseren Lebensstandard zu wahren.
Um den Lebensstandard zu halten und damit auch unser Wertesystem zu bewahren,
geht es darum, die Humanressourcen von Menschen zu erhöhen sowie Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Innovation und Aktivierung von Humanressourcen
möglich ist. Dies bezieht sich auf alle Institutionen unserer Gesellschaft, die Familie,
den Kindergarten, die Universitäten, die Firmen und die Verbände.
Wenn die Menschen zu viele Verlusterlebnisse beim Lebensstandard haben, werden
sie auch die Werte, die konstitutiv für unsere Gesellschaft sind, also eine offene Gesellschaft und die sozial-ökologische Marktwirtschaft, negativ bewerten. Und in der
Tat sieht sich im Moment die Mehrzahl der Deutschen als Verlierer der Globalisieziele 17 11 08.doc
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rung. Und der Wert von Demokratie und sozialer Marktwirtschaft wird im Moment
nicht mehr von einer Mehrheit unterstützt.
Realität ist, dass in deutschen Firmen laut Gallup-Umfragen 76% der Deutschen
Dienst nach Vorschrift machen. Unsere Untersuchungen zeigen, dass jeder zweite
Mitarbeiter innerlich gekündigt hat. Die Ursache liegt überwiegend in schlechter Unternehmens- und Führungskultur begründet. Ähnliches zeigt sich auch in der Parteien- und Staatsverdrossenheit: Der Prozentsatz von Nichtwählern steigt kontinuierlich
an. Vieles hat einerseits zu tun mit der geringen Zukunftsperspektive, die Menschen
haben, andererseits damit, dass wir uns den Luxus erlauben, schon in den Schulen
viele Verlierer zu haben, vor allem durch schlechte Unterstützung. Dies betrifft besonders Kinder und Schüler mit bestimmten kulturellem und Bildungsbackground.
Gleichzeitig gelingt es uns nicht, die Arbeitslosigkeit substantiell zu reduzieren. Neben der mangelhaften Förderung schwächerer Schüler gelingt es uns aber genauso
wenig, die besonders Begabten zu fördern, weder an Schulen, noch an Hochschulen, noch in den Firmen.
Wettbewerb zwischen Schulen kann helfen, dass die Schulen diese beiden Notwendigkeiten der Förderung besser umsetzen.
Auf welches Menschenbild und welche Werte soll sich unsere Schule gründen?
Meines Erachtens lohnt es sich, sich auf vier Philosophen zu beziehen. Auf der einen
Seite gibt es Immanuel Kant. Er war der große Philosoph der europäischen Aufklärung, der betont hat, dass es um die Befreiung des Menschen aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit geht. Nun kann man bezweifeln, dass die Unmündigkeit
selbst verschuldet ist. Sie mag verschuldet sein durch Kirche, Familie oder heutzutage durch Schule, Firmen, Medien usw. Aber das Bestreben der europäischen Aufklärung ist, die Menschen mündig werden zu lassen. Bediene dich deines eigenen Verstandes. Sei mündig. Verstecke dich nicht. Artikuliere deine Position. Erkenne damit
auch den Handlungsspielraum. Habe keine Ehrfurcht vor Hierarchien, sondern respektiere Menschen.
Eng mit der europäischen Aufklärungsidee von Kant ist natürlich auch der Kantsche
Imperativ verbunden, der sich auf die goldene Regel reduzieren lässt: Behandle den
anderen so, wie du selbst behandelt werden möchtest. Führe so, wie du selbst geführt werden möchtest.
Wenn man Kant ernst nimmt, dann steckt hier sehr viel Potential, Humanressourcen
zu aktivieren, indem man schlicht den Menschen in der Schule, in Krankenhäusern,
in Altersheimen und Firmen, Mündigkeit zukommen lässt, sodass sie atmen können,
dass sie ihre Argumente artikulieren können.
Als zweiten Philosophen könnte man Lessing heranziehen. In „Nathan der Weise“
betont er die Relevanz von Toleranz der fünf Weltreligionen Judentum, Islam, Christentum, Buddhismus und Hinduismus. Es geht Lessing darum, voneinander zu lernen, Vielfalt als Segen zu betrachten, Unterschiedlichkeit zu respektieren und Freiheit in Vielfalt zu leben. Daraus abgeleitet könnte man schließen: Lasst das Biotop
von Potentialen, von Talenten, die in Familien, Kindergärten, Schulen, Universitäten
vorhanden sind, sich entwickeln. Toleriert diese Vielfalt. Toleriert Kreativität, also
auch Querdenker. Aber toleriert auch den Perfektionisten, den Macher usw. Das ist
letztlich ein Plädoyer für Diversity. Natürlich braucht man Spielregeln der Toleranz,
was geht und was nicht geht, und nicht alles sollte man tolerieren (Toleranz heißt
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nicht Freizügigkeit). Übertragen auf den Wettbewerb würde das heißen „Lasst unterschiedliche Blumen blühen, lernt voneinander“. Aber es heißt nicht, sich im Sinne des
wilden Westens zu bekämpfen, so dass Wettbewerb ein Vernichtungs- oder Verdrängungskampf wird. Toleranz für Vielfalt heißt gleichzeitig aber auch Spielregeln zu
definieren, wo Wettbewerb egoman ist und nicht akzeptabel ist, sondern wo Kooperation und Austausch notwendig sind.
Beim dritten Philosophen, der einen wichtigen Beitrag liefern kann, handelt es sich
um Karl Popper mit seinem Konzept des kritischen Rationalismus. Popper betont,
dass Wissenschaft auch Wettbewerb ist. Es geht um die besten Theorien, die sich in
der Tat „bekämpfen“ sollen. Es geht im Sinne der Approximationstheorie der Wahrheit darum, welche Theorien die Realität am besten erklären bzw. vorhersagen können. Dieser Wettbewerb geschieht durch eine kritisch-rationale Diskussion der Beteiligten, also eben nicht durch „Ober sticht Unter“; es geht Popper letztlich um eine hierarchiefreie Kommunikation.
Man kann von Popper ableiten, in den Institutionen der Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Firmen eine hierarchiefreie Kommunikation einzuführen, eine kritischrationale Diskussion im Sinne von „Wo sind Dinge gut, aber wo kann man sie noch
verbessern?“ Dazu gehört eine so genannte „open-mindedness“, ein Offensein für
Veränderungen und für Verbesserungen. Die Idee von Popper impliziert auch, dass
wir uns laufend Gedanken machen: Machen wir die Dinge richtig? Aber auch: Wo
können wir die Dinge noch besser machen? Und machen wir die richtigen Dinge? Es
geht dabei nie um Wahrheit oder Dogmen, sondern um den Austausch von Argumenten. Und dabei kann man natürlich auch die Frage stellen „Was ist uns im Wettbewerb wichtig?“ Ist es nur Leistung? Ist es nicht auch Persönlichkeitsentwicklung,
Verantwortung, Sozialkompetenz?
Schließlich gibt es noch Hans Jonas, den berühmten Verantwortungsphilosophen,
der betont hat, dass der Mensch das einzige Wesen auf unserem Planeten ist, das
zur Verantwortung fähig ist. Wir sind nach Hans Jonas für drei Dinge verantwortlich,
nämlich für die Zukunft des Planeten, den wir von unseren Enkeln geborgt haben,
ebenso aber für Menschenwürde und für die Zukunft.
Dies bedeutet, dass wir für die Zukunft der nächsten Generationen Verantwortung
tragen, und im Sinne der Bewahrung unserer Werte in Deutschland und Europa würde dieses heißen, Rahmenbedingungen zu setzen zur Aktivierung von Innovation,
von Humankapital, aber auch Rahmenbedingungen, wo die Vielfalt von Persönlichkeit sich entwickeln kann und unterschiedliche Talente sich entwickeln können.
Für Führung bedeutet dies „Ich bin verantwortlich für die Aktivierung von Humankapital“; es ist ein Vergehen, wenn Humankapital dadurch brach liegt, dass man sich um
Bildungsschwache nicht kümmert oder das besonders Begabte nicht gefördert werden.
Schließlich möchte ich in diese Reihe noch Albert Schweitzer einfügen, der betont
hat, man muss Menschen mögen. Mit Sicherheit würde bei ihm Wettbewerb eine
ganz geringe Rolle spielen, da das Prinzip Kooperation, Nächstenliebe, Verständnis
einen hohen Stellenwert hat. Und in der Tat muss dieses trotz Wettbewerb immer
auch Platz haben. Dort, wo der Wettbewerb Vernichtung ist, wo nur Gewinner und
Verlierer produziert werden, ist es schädlich.
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Exkurs
Die Chancen von Wettbewerb und die Theorie der sozialen Vergleichsprozesse
Ich glaube, das Leben wäre langweilig ohne Wettbewerb. Die Vielzahl von Sportwettbewerben, Musikwettbewerben, Kunstwettbewerben zeigt, dass den Menschen Wettbewerb Spaß macht.
In der Sozialpsychologie gibt es eine Theorie von Leon Festinger, die sich mit Wettbewerb und Vergleichen beschäftigt: die Theorie der sozialen Vergleichsprozesse. Festinger betont, dass sich Menschen hinsichtlich ihrer Urteile und Meinungen, aber auch hinsichtlich ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten mit anderen vergleichen. Ziel des Vergleichs ist eine Sicherheit zu bekommen, ob die Urteile und
Meinungen, die man hat, richtig sind und sozial adäquat und wie man hinsichtlich der Fähigkeiten und
Fertigkeiten im Vergleich zu anderen steht. Insofern haben Vergleiche einmal einen informativen Gehalt, man will wissen, wo steht man. Aber sehr oft haben sie auch motivierenden Charakter.
Bei Urteilen und Meinungen geht es also darum, zunächst zu schauen, wie die anderen die Dinge
sehen, um durch diese Vergleiche Sicherheit zu haben, ob man adäquat liegt. Beim Vergleich der
Fähigkeiten und Fertigkeiten kommt nach Festinger noch dazu, dass man möglichst seine Fähigkeiten
und Fertigkeiten durch den Vergleich mit ähnlichen anderen anheben möchte. Stellt man fest, dass
man schlechter ist, kommt es dagegen zu einer Änderung der Vergleichsperson oder zu einem Aufgeben des Vergleichs. Vergleiche mit anderen können also hier einen Motivationsschub bedeuten, sich
nicht mit dem Status quo zufrieden zu geben, sondern sich mit denen zu vergleichen, die besser sind.
Natürlich hat vieles auch mit Neid zu tun. Wenn der Vergleich zeigt, man ist schlechter, mag dieses
bewirken, dass man genauso gut sein möchte, wobei der weiße Neid nicht zerstörerisch, sondern
motivierend ist, während der schwarze Neid bewirkt, dass man den anderen verwünscht und abwertet.
Die Dissonanztheorie besagt darüber hinaus, dass Menschen auch mit negativen Konsequenzen des
Vergleichs durchaus gut umgehen können. Sie versuchen, dieses zu rechtfertigen, die Vergleiche
abzuwehren und abzuwerten. Wenn sie schlechter abschneiden, betonen sie, dass falsche Dimensionen Gegenstand waren, usw.
Die Excellenzinitiative der Universität war ein gutes Beispiel, wo Wettbewerb Stimulanz erzeugt hat.
Reflexion, wo ist man stark, wo muss man sich profilieren, wo gibt es eine Fokussierung, was kann
man von anderen lernen, wo muss man Kräfte bündeln? Natürlich hat die Excellenzinitiative aber auch
bewirkt, dass eine Ohnmacht vorhanden ist, dort, wo man sieht, man hat zu schlechte Rahmenbedingungen, um sich überhaupt mit den Besten zu messen. Insofern zeigt auch hier der Wettbewerb, dass
es sowohl Vorteile wie Nachteile gibt, und dass es durchaus Gewinner und Verlierer gibt.
Die Unterscheidung zwischen veränderbaren und nicht veränderbaren Welten
Wenn man sagt, Schule brauche mehr Autonomie, dann heißt dieses nicht, dass dieses ohne Staat
geht. Der Staat wird immer das Ausmaß der Autonomie definieren. Es geht also um Freiheit in Grenzen. Wichtig ist einerseits die Definition von veränderbaren und nicht veränderbaren Welten. Man
muss wissen, wo hat eine Schule Autonomie, wo kann sie gestalten, wo kann sie wirklich entsprechend ihrer Kernkompetenzen, ihres Profils selbst aktiv sein und wo gibt es nicht veränderbare Welten
aufgrund der Vorgaben des Staates. Es ist also wichtig, klar zu unterscheiden, was ist möglich und
was ist nicht möglich. Wichtig ist, dass die Schulen die Freiräume, die sie haben, voll ausnutzen. Wo
hat man Gestaltungsspielräume und wo hat man keine? Dies bezieht sich natürlich auch auf die Frage
des Wettbewerbs: Auf welchen Dimensionen ist Wettbewerb möglich und wo nicht?
Wettbewerb als Chance für Selbstreflexion, Teamreflexion und Fremdreflexion
Ein wichtiger Aspekt, der sowohl für Wettbewerb wie Evaluation relevant ist, sind
Forschungen von Baltes und Kollegen, die sich Gedanken machen, wie kommt es
überhaupt zu Verbesserungen und Entwicklungen? Auf personaler Ebene hat man
festgestellt, dass Selbstreflexion ein wichtiger Faktor ist, also zu reflektieren: Was
läuft gut, was läuft nicht gut, wo kann man sich verbessern? Übertragen auf Wettbewerb heißt dieses, dass man im Vergleich zu anderen reflektiert, wo man gut steht,
wo nicht, wie man sich verbessern kann. Der Standard müssen dabei nicht immer
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andere sein; es können auch eigene Standards sein. Aber Selbstreflexion hat die
Konsequenz von regelmäßigen Soll-Ist-Vergleichen.
Michael West aus Birmingham betont, dass Teamreflexion ein wichtiger Aspekt der
Selbstverbesserung ist. Es bezieht sich auf die Fähigkeit des Teams, auf der Sachund Beziehungsebene zu reflektieren, was läuft gut, was läuft nicht gut, und wie kann
man sich verbessern. Natürlich müssen immer auch Kriterien genannt werden, was
positiv und was negativ ist, so wie das bei Wettbewerben der Fall sein sollte. Man
muss wissen, auf welchen Dimensionen Ist- und Soll-Zustände beurteilt werden. Michael West hat festgestellt, dass durch diese Reflexion die Chance einer kontinuierlichen Verbesserung besteht. Wettbewerb und Evaluation können bewirken, dass
auch Institutionen wie Kindergärten, Schulen, Universitäten und Firmen reflektieren,
was läuft gut bei uns, was läuft nicht gut, wie können wir uns verbessern. Diese
Teamreflexion beinhaltet die Chance der Verbesserung. Nicht nur bei reinen Leistungskriterien wie Schulnoten, sondern natürlich auch bei Kriterien wie Schulkultur,
Umgang mit schwierigen Lehrern, Schülern und Eltern.
Natürlich hilft auch die dritte Reflexionsart, nämlich Fremdreflexion; dies bedeutet,
dass man sich von anderen spiegeln lässt.
Was ist eine gute Schule?
Eine gute Schule zeichnet sich durch folgende Aspekte aus: Sie aktiviert das Potenzial aller beteiligten jungen Menschen, sie fördert die Individualität und Persönlichkeit, sie bereitet für das Leben vor und vermittelt Wissen und Handlungskompetenzen in einer Weise, dass den Schülern das Lernen Spaß macht. Ziel ist es eine Gesellschaft mit Zukunftschancen zu formen, in der Menschen selbständig agieren können, weil sie früh Hilfe zur Selbsthilfe erhielten.
In einer guten Schule herrscht eine gute Kommunikationskultur mit Austausch von
Argumenten innerhalb der Lehrerschaft (voneinander lernen), sowie zwischen Lehrern, Eltern und Schülern. Ausgewählte Eltern stellen zum Beispiel ihre Berufe in der
Schule vor, es bestehen enge Kontakte zwischen Schule und Wirtschaft, sodass
Schüler Schnupperkurse in der Praxis machen können.
Sowohl die starken wie die schwachen Schüler werden besonders gefördert. Die
derzeitige Kultur ähnelt häufig einer Demütigungskultur mit Gewinnern und Verlierern. Die zukünftige Philosophie sollte sein, dass jeder junge Mensch Anspruch auf
eine individuelle Förderung hat. Jeder junge Mensch ist wichtig. Dabei muss die jetzige Personalstruktur erweitert werden durch Mentoren, Paten, Nachmittagsbetreuung, insbesondere von Kindern aus bildungsfernen Familien.
Eine gute Schule legt nicht nur Wert auf die Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenzen, sondern auch auf die Vermittlung von Werten und ethischen Grundprinzipien (natürlich ohne Frontalunterricht, sondern durch gemeinsame Erarbeitung
des Stoffes, durch gemeinsame Durchführung von Projekten usw.). Auch auf Persönlichkeitsentwicklung wird Wert gelegt.
Sicherlich schaut eine Schule auch ständig darauf, was braucht die Gesellschaft der
Zukunft. Man wird die Vermittlung des Stoffes auch mit Brücken zur Zukunft herstellen und in der Zukunft geht es vor allem auch um Themen wie Verantwortung, Zivilcourage, Eigeninitiative und selbständiges Weiterlernen. Auch dies erfordert keine
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Neudefinition des Stoffes, sondern nur ein Grundverständnis in den Köpfen der Lehrer, Eltern und Schüler, im Sinne von wo muss vor Ort noch mehr Verantwortung,
mehr Zivilcourage, mehr eigenständiges Lernen gezeigt werden?
Notwendig ist, dass in den Schulen eine Reflexion genau darüber stattfindet, was ist
eine gute Schule. Jede Schule wird andere Antworten geben, aber allein durch
Selbstreflexion, Teamreflexion und Fremdreflexion besteht die Chance einer kontinuierlichen Entwicklung, einer Reduzierung von möglichen Defiziten und einer bewussten Fokussierung auf die Stärken der Schule, der Schüler und der Lehrer.
Plädoyer für die Veränderung des Führungsverhaltens der Lehrer in Schulen
Damit die Schule, egal ob im Wettbewerb oder nicht, sich in Richtung einer guten
Schule entwickeln kann, braucht man nicht nur insgesamt eine Veränderung der
Schulkultur, im Sinne einer offenen Kommunikation und von mehr Kooperation, sondern es geht auch um eine Veränderung der Führungskultur. Damit ist nicht nur der
jeweilige Schulleiter gemeint, sondern genauso die Lehrer, die sich gegenüber Kollegen, Eltern und Schülern anders verhalten sollten.
Wir haben ein Prinzipienmodell der Führung entwickelt, wie man Humankapital aktivieren kann. Kurz zusammengefasst lauten die Erkenntnisse wie folgt:
1. Prinzip der Sinn- und Visionsvermittlung: Wer Leistung fordert, muss Sinn bieten. Wer Leistung fordert, muss mit Visionen arbeiten.
2. Prinzip der Passung und Eignung: Möglichst die Menschen so einsetzen, dass
sie ihr Potenzial, ihre Talente entwickeln können, dass sie da, wo sie Herzblut
haben, auch in der Institution aktiv sein können. Arbeit und Lernen sollen
Freude und Spaß machen.
3. Prinzip der Transparenz durch Information und Kommunikation: Die Beteiligten zum Beispiel in der Schule sollten ein Höchstmaß an Information und
Kommunikation haben. Sie sollten wissen, um was es geht.
4. Prinzip der Autonomie und Partizipation: Die Institution sollte ein Höchstmaß
an Gestaltungsmöglichkeiten haben. Die Beteiligten sollten mitbestimmen
können über Inhalte und Form des Unterrichtsstoffes usw.
5. Prinzip der Zielvereinbarung: Wer kein Ziel hat, wird nie ein Ziel erreichen.
Deshalb ist es ganz wichtig, die Ziele, was nichts anderes ist als die gegenseitigen Erwartungen, zu definieren: Welche Erwartungen hat der Schulleiter an
seine Lehrer, an die Eltern, an die Schüler? Welche Erwartungen haben die
Schüler an die Lehrer, welche Erwartungen haben die Lehrer an die die Eltern
und die Eltern an die Lehrer? Diese Erwartungen beziehen sich auch auf die
Spielregeln des Umgangs. Je klarer die Erwartungen formuliert sind und je
mehr und offener darüber ein Austausch besteht (vor allem dann, wenn man
Konsens erzielt), umso geringer ist die Gefahr gegenseitiger Frustrationen und
Enttäuschungen.
6. Prinzip der Wertschätzung: Hier geht es darum, eine Kultur von Lob und Anerkennung zu pflegen statt einer Demütigungskultur, wie sie in vielen Schulen
herrscht. Und gleichzeitig geht es darum, dass Kritik konstruktiv und fair sein
sollte.
7. Prinzip der Fairness: Hier geht es um Vertrauen und Fairness als Führungsprinzipien. Wie alle Führungsprinzipien geht es nicht nur darum, ob der Sender das Prinzip für umgesetzt hält, sondern (auch) darum, wie der Empfänger
die Sache wahrnimmt.
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8. Prinzip der sozialen Einbindung: Wichtig ist, den Menschen in den Schulen eine Heimat zu geben, und damit eine Verankerung. Dies insbesondere deshalb, weil viele Familien entwurzelt sind. Man muss ihnen also eine lokale
Heimat geben, mit der sie sich identifizieren können.
9. Prinzip des Wachstums: Natürlich muss Führung immer darauf aus sein, den
Menschen individuelle Wachstumschancen zu geben. Individuelle Stärken
müssen umsetzbar sein und es geht darum, dass sich jedes Individuum weiterentwickeln kann.
10. Prinzip der situativen Führung: Hier geht es darum, dass Führung immer individuell und situativ ist. Man sollte lernen, androgyn zu führen, also eine gute
Mischung so genannter männlicher wie weiblicher Fähigkeiten zu haben. Zu
den ersteren Fähigkeiten gehören Durchsetzungsvermögen, klare Positionierung, nein sagen können. Aber genauso wichtig sind sogenannte feminine
Seiten, nämlich zuhören können, Fragen stellen können, andere groß werden
lassen können.
11. Prinzip des guten Vorbilds: Hier geht es darum, dass die Repräsentanten der
Schulen, die Lehrer, Vorbilder sind in ihrem Verhalten, aber auch in ihren Worten.
Notwendig wäre, dass Lehrer, und vor allem Schulleiter im Sinne dieser Führungsund Motivationsprinzipien ausgebildet werden, damit sie wissen, wie man mit Menschen umgeht.
Die hier vertretenen Prinzipien der Führung laufen auf eine ethikorientierte Führung
hinaus. Es sind letztlich alles Faktoren, die die intrinsische (von innen kommende)
Motivation der Schüler, Lehrer und Eltern verstärken. Solch ein Führungsverhalten
kann man lernen, es ist nicht angeboren.
Führung kann man oft vergleichen mit den Anforderungen an einen Dirigenten: Er
hat häufig Spitzenleute in seinem Orchester. Er darf sie aber nicht platt machen. Es
geht vielmehr darum, dass er Orientierung gibt. Aber es geht eben auch darum zuzuhören, schwierige Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Disziplinen zu
verbinden. Man braucht also eine gewisse Sensibilität. Und das ist, glaube ich, notwendig in allen Institutionen unserer Gesellschaft, mit der Schule beginnend.
Wenn es uns gelingen würde, die Menschen noch mehr auszubilden, bis zur Fähigkeit eines guten Dirigenten, eines guten Trainers, dann hätten wir einen gesunden
Wettbewerb, nicht aber einen Vernichtungskampf. Nur dann besteht die Chance,
dass alle ihr Potential entwickeln können.
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