KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:32 Uhr Seite 1 Hadronen- und Kernphysik Status und Perspektiven 2003 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:32 Uhr Seite 2 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:32 Uhr Seite 3 Vorwort Welche Kraft hält die Atomkerne im Innersten zusammen? Woher rührt die Masse der Kernbausteine? Wie sind die chemischen Elemente entstanden? Dies ist nur eine kleine Auswahl von grundlegenden Fragen, mit denen sich die Hadronen- und Kernphysik befasst. Das Gebiet hat in den letzten 15 Jahren eine starke Neuorientierung und Renaissance erfahren. Zwei Gründe sind dafür anzuführen; der erste liegt in der Erkenntnis, dass Hadronen und Kerne eine Unterstruktur aus Quarks und Gluonen besitzen und dass ihre Eigenschaften letztlich aus der grundlegenden Theorie der Starken Wechselwirkung zwischen den elementaren Quarks ableitbar sein sollten. Der zweite Grund sind die großen Fortschritte in der Beschleunigerphysik und Experimentierkunst. Aufgrund dieser Fortschritte ist es möglich geworden, die Struktur der Nukleonen und Kerne mit immer besserer Auflösung zu untersuchen. Außerdem konnten die Experimente auf Kerne weitab der Stabilität ausgedehnt werden. Die Hadronen- und Kernphysik hat sich im Zuge der Neuorientierung auch in Bezug auf andere Fachdisziplinen neu positioniert. Heute ergeben sich – wie die Auswahl der obigen Fragen andeutet – enge Verbindungen mit der Elementarteilchenphysik, der Astrophysik und der Kosmologie. Die Methoden der Hadronen- und Kernphysik werden in zahlreichen anderen Wissenschaftssparten, der Technik und der Medizin eingesetzt. Deutschland gehört traditionell zu den führenden Nationen in der Hadronen- und Kernphysik. Dies spiegelt sich zum einen in einer starken Community von etwa 1 700 Wissenschaftlern wider, zum anderen in hervorragenden, zum Teil einzigartigen Forschungsanlagen für dieses Gebiet. Mit dem Ziel eine gemeinsame Interessenvertretung der Community zu schaffen, wurde im Jahr 2000 auf Anregung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) das Komitee für Hadronen- und Kernphysik (KHuK) gegründet. Dem KHuK gehören gegenwärtig 12 Mitglieder an. Als erste Aktivität hat das KHuK innerhalb der Community eine Diskussion über den Status und die längerfristigen Perspektiven der Hadronenund Kernphysik angestoßen und darauf basierend Empfehlungen im Hinblick auf die Weiterentwicklung und Stärkung des Gebiets formuliert. Das im Herbst 2002 verabschiedete Strategiepapier "Hadron and Nuclear Physics in Germany: Status and Perspectives" ist öffentlich verfügbar, zum Beispiel unter: http://ikpp30.ikp.kfa-juelich.de/khuk/. Die vorliegende Broschüre fasst im ersten Teil die wesentlichen Beobachtungen und Empfehlungen des KHuK zusammen. Im zweiten Teil folgt dann ein allgemein verständlicher Überblick über die grundlegenden Fragen, die die Hadronen- und Kernphysiker in Zukunft lösen möchten. Mit der Entscheidung des BMBF vom 5. Februar 2003, die GSI in Darmstadt zu einem europäischen Zentrum der Hadronen- und Kernphysik auszubauen, wurde eine wichtige Weichenstellung vorgenommen, die die vordringlichste Empfehlung des KHuK und der Community für die Zukunft des Gebietes Wirklichkeit werden lässt. Die Wissenschaftler der Hadronen- und Kernphysik danken für das große Vertrauen, das ihnen mit dieser Entscheidung seitens der Politik und Gesellschaft entgegengebracht wird. Die Community – national wie auch international – sieht mit der Realisierung des europäischen Zentrums bei der GSI einer großen Herausforderung, aber auch einer großartigen Zukunftsperspektive entgegen. Juni 2003 Komitee für Hadronen- und Kernphysik (KHuK) KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:32 Uhr Seite 4 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:32 Uhr Seite 5 Inhalt Zusammenfassung und Empfehlungen des KHuK Hadronen- und Kernphysik in Deutschland – Definition des Gebietes, die Community, das KHuK Empfehlungen I III Die Physik der Hadronen und Kerne – ein Überblick Überblick 3 Hadronen, Kerne … und die Struktur der Materie 4 Hadronen, Kerne … und die Evolution des Universums 5 Struktur der Atomkerne … Schlüssel zu unserer Welt 6 Kerne, Sterne … und die Entstehung der Elemente 8 Hadronen und Kerne … Mikrolaboratorien für fundamentale Symmetrien und Wechselwirkungen 10 Hadronen … Verbindungen der Starken Kraft 12 Kerne bei hohen Drücken und Temperaturen – das Phasendiagramm von Kernmaterie 14 Hadronen- und Kernphysik – die wissenschaftliche Community 16 Beschleuniger, Spektrometer, Detektoren – die Instrumente der Hadronen- und Kernphysik 18 Projekt für ein Europäisches Beschleunigerzentrum für die Forschung mit Ionen- und Antiprotonenstrahlen 20 Methoden der Hadronen- und Kernphysik in Wissenschaft, Technik und Medizin 22 Hadronen- und Kernphysik … Förderung und Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses 24 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:32 Uhr Seite 6 ZUSAMMENFASSUNG UND EMPFEHLUNGEN DES KHuK Hadronen- und Kernphysik in Deutschland Definition des Arbeitsgebietes Die Hadronen- und Kernphysik sucht nach einem grundlegenden und quantitativen Verständnis der Atomkerne und ihrer Konstituenten, der Protonen und Neutronen. Letztere sind wie alle Hadronen – das sind Teilchen, die der Starken Kraft unterliegen – aus Quarks und Gluonen aufgebaut, die als elementare Bausteine der Materie angesehen werden. Die Faszination, die von diesem Forschungsgebiet ausgeht, beruht auf der Vielzahl der Phänomene, die durch die Starke Kraft, eine der fundamentalen Kräfte der Natur, ausgelöst werden. So verblüfft die große Vielfalt von stabilen und instabilen Atomkernen, ebenso wie die Tatsache, dass Quarks und Gluonen selbst bisher nie als freie Teilchen beobachtet wurden, sondern im Innern der Hadronen eingeschlossen sind (Confinement). Es ist daher eine der zentralen Aufgaben der Hadronenphysik, die innere Struktur der Hadronen aufzuklären. Hierbei besteht eine enge Verzahnung zwischen Experimenten und theoretischen Beschreibungen mit dem gemeinsamen Ziel, die effektiven Eigenschaften der Hadronen aus den elementaren Eigenschaften der Quarks und Gluonen und ihrer Wechselwirkung abzuleiten. Aus dem Aufbau der Atomkerne, die vor allem in Sternen synthetisiert werden und die Masse der I sichtbaren Materie im Universum bestimmen, lassen sich Aufschlüsse über die Dynamik stark wechselwirkender Vielteilchensysteme gewinnen. Ebenso ergeben sich Erkenntnisse über astrophysikalische Abläufe wie die Elementsynthese im Universum und die Struktur von Neutronensternen. Die Hadronen- und Kernphysik umfasst daher alle Aspekte stark wechselwirkender, zusammengesetzter Teilchensysteme. Mit den beschriebenen Schwerpunkten hat das Gebiet im letzten Jahrzehnt eine signifikante und faszinierende Neuorientierung erfahren. Dies spiegelt sich weltweit wider in neuen Forschungsprojekten und in dem Bau neuartiger, wirkungsvoller und von innovativen technischen Konzepten getragenen Beschleunigeranlagen. KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:32 Uhr Seite 7 Die Community Die deutsche Hadronen- und Kernphysik hat historisch eine der Führungsrollen in diesem Forschungsgebiet inne. Sie ist motiviert und wissenschaftlich optimal positioniert, auch in Zukunft eine zentrale Rolle zu spielen. Das Gebiet wird zur Zeit an über 20 Hochschulen mit etwa 150 Professoren vertreten. Darüber hinaus bildet die Hadronen- und Kernphysik an sechs außeruniversitären Forschungseinrichtungen das Hauptforschungsgebiet beziehungsweise einen Forschungsschwerpunkt. Den Wissenschaftlern stehen sowohl an den Universitäten als auch an den nationalen Forschungszentren hervorragende, zum Teil einzigartige Forschungsmöglichkeiten zur Verfügung, die zusammen mit der Beteiligung an großen internationalen Projekten, zum Beispiel am CERN, den Grundstein für die führende Rolle Deutschlands in der Hadronen- und Kernphysik gelegt haben. Damit verknüpft ist die an vorderster Front der Forschung wie auch vieler technischer Neuentwicklungen orientierte Ausbildung des wissenschaftlich-technischen Nachwuchses. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist zusammen mit den zuständigen Länderministerien der wesentliche Träger der Hadronen- und Kernphysik. Gemeinsam mit den Ländern finanziert das BMBF insbesondere die Großbeschleuniger und -experimente der Forschungszentren mit ihren in vielen Aspekten einmaligen Experimentiermöglichkeiten. Darüber hinaus werden über die Verbundforschung des BMBF und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in erheblichem Umfang Projektmittel an wissenschaftliche Arbeitsgruppen sowie Fördermittel für universitäre Forschungsanlagen vergeben. Das KHuK Zur Koordinierung der zukunftsweisenden Aktivitäten der Hadronen- und Kernphysik in Deutschland einerseits und zur effektiven Einbindung in die zukünftige internationale Forschungslandschaft andererseits hat das BMBF im Jahr 2000 das Komitee für Hadronen- und Kernphysik (KHuK) initiiert. Das KHuK ist wenig später durch eine allgemeine Wahl innerhalb der Community konstituiert worden. Neben den acht gewählten Mitgliedern gehören dem KHuK vier Mitglieder kraft Amtes an, die Vertreter anderer für das Gebiet wichtiger nationaler (Verbundforschung des BMBF, DFG, Deutsche Physikalische Gesellschaft - DPG) und europäischer Gremien (Nuclear Physics European Collaboration Committee - NuPECC) sind. Die aktuelle Mitgliederliste findet sich am Ende dieses Abschnittes. Das KHuK hat es als eine der ersten und vordringlichsten Aufgaben unternommen, den Status der Hadronen- und Kernphysik sowie die Perspektiven für die längerfristige Zukunft zu diskutieren und auf dieser Basis Empfehlungen für die künftige Entwicklung und Stärkung des Gebiets und der Community zu formulieren. Das Strategiepapier "Hadron and Nuclear Physics in Germany: Status and Perspectives" wurde nach eingehender Diskussion innerhalb der Community im Oktober 2002 dem BMBF übergeben. Es ist öffentlich verfügbar unter: http://ikpp30.ikp.kfa-juelich.de/khuk/. II KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 8 Empfehlungen Die Hadronen- und Kernphysik wurde in der Vergangenheit und wird auch in Zukunft ganz wesentlich durch neue Experimentiermöglichkeiten vorangetrieben. Signifikante Fortschritte in der Forschung hängen daher stark ab von neuen technologischen Entwicklungen in den Bereichen Beschleuniger, Spektrometer, Detektoren, Datenaufnahme und Analysesysteme. Solche innovativen Entwicklungen wurden in den vergangenen Jahren durchgeführt und stehen nun für die Umsetzung in neuen Forschungsinstrumenten für die Hadronen- und Kernphysik zur Verfügung. Für die Beantwortung der großen offenen Fragen in der Hadronen- und Kernphysik – mit all ihren faszinierenden Implikationen für unser Verständnis der Materie und der Evolution des Universums – ist es notwendig, eine neue Generation von Beschleuniger- und Experimentieranlagen zu konzipieren, bauen und zu nutzen. I. Das KHuK empfiehlt daher mit höchster Priorität die Realisierung des vorgeschlagenen GSI-Projekts "An International Accelerator Facility for Beams of Ions and Antiprotons". Das vorgeschlagene neue Beschleunigerzentrum bei der GSI eröffnet für die Hadronen- und Kernphysik in vielen Aspekten weltweit einmalige Forschungsmöglichkeiten. Aufbauend auf den Erfahrungen und technologischen Entwicklungen an der bestehenden GSI-Anlage und unter Einbeziehung neuer technologischer Konzepte werden Ionenstrahlen und durch Kernreaktionen produzierte Sekundärstrahlen höchster Strahlintensität III und brillanter Strahlqualität für ein breites Forschungsprogramm zur Verfügung stehen. Zusammen mit den geplanten Detektorsystemen können damit viele fundamentale Fragestellungen in der Hadronen- und Kernphysik, aber auch in benachbarten Disziplinen, beispielsweise in der Atomphysik und der Plasmaforschung bearbeitet werden. Mit mehr als 2 000 Nutzern pro Jahr wird das Beschleunigerzentrum bei der GSI weltweit eine führende Rolle in der Hadronen- und Kernphysik übernehmen. II. Das KHuK empfiehlt mit nächster Priorität, das hohe wissenschaftliche Potenzial der elektromagnetischen Sonden im Energiebereich zwischen 20 und 50 GeV für die Hadronenphysik zu erkunden. Hochenergetische Elektronenstrahlen erlauben es, die Struktur von Atomkernen und Hadronen präzise zu vermessen. Deutschland spielt – zum Beispiel mit den Beschleunigern in Darmstadt, Mainz, Bonn, Hamburg und am CERN – eine wichtige Rolle auf diesem Feld. Im Energiebereich von 20 bis 50 GeV stellen intensive Elektronenstrahlen KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 9 IV. Das KHuK empfiehlt die Bereitstellung von Tera-Flops Rechenanlagen für Gitter-QCDRechnungen Die Theorie der Starken Kraft – die Quanten-Chromodynamik (QCD) – lässt sich wegen der Stärke der Kopplung zwischen Quarks und Gluonen sowie der Gluonen untereinander bei den in der Hadronenphysik relevanten Abständen nicht mit den Näherungsmethoden der Störungstheorie lösen. Einen anderen Ansatz, die Gleichungen der QCD numerisch zu lösen, stellt die "Gittereichtheorie" dar, die wegen der notwendigen Rechenleistung aber noch in den Anfängen steckt. Aufgrund der zu erwartenden Leistungssteigerung sollten Rechenanlagen im Tera-Flops-Bereich bald für solche theoretischen Studien verfügbar werden. Liste der KHuK-Mitglieder 2002 – 2004: (G: gewählte Mitglieder; A: kraft Amtes) eine ideale elektromagnetische Sonde für die Erforschung der Quark-Gluon-Substruktur und der Starken Wechselwirkung im hadronischen Sektor dar, die komplementäre Untersuchungsmöglichkeiten zu denen im GSI-Projekt eröffnen würde. Die Planung und Realisierung einer solchen Anlage muss im europäischen Kontext erfolgen. ➜ Gisela Anton (Universität Erlangen) – G ➜ Peter Braun-Munzinger (GSI Darmstadt / TU Darmstadt) – G; Stellv. Vorsitz ➜ Heinz Clement (Universität Tübingen) – G ➜ Amand Faessler (Universität Tübingen) – DFG – A ➜ III. Das KHuK empfiehlt eine Initiative zur Schaffung von Stellen für junge theoretische Physiker. (TU Dresden) – G ➜ Friedrich Klein (Universität Bonn) – G ➜ Für die Beantwortung der fundamentalen Fragen in der Hadronen- und Kernphysik müssen Experiment und Theorie von der Definition der physikalischen Problemstellung über die Planung und Vorbereitung der Messung bis hin zur Datenanalyse und Interpretation der Resultate eng zusammenarbeiten. Diese gute und effiziente Zusammenarbeit war und ist eine Stärke der Hadronenund Kernphysik-Community und hat die großen Erfolge mit begründet. Das KHuK sieht daher mit Sorge, dass ein Nachwuchsmangel an theoretischen Physikern aufgrund fehlender Stellen an Universitäten und Großforschungszentren droht. Hartwig Freiesleben Volker Metag (Universität Giessen) – Vorsitzender BMBF Gutachterausschuss – A ➜ Ulrich Mosel (Universität Giessen) – G ➜ Andreas Schäfer (Universität Regensburg) – Vorsitzender DPG Fachausschuss – A ➜ Hans Ströher (FZ Jülich / Universität Köln) – G; Vorsitz ➜ Thomas Walcher (Universität Mainz) – Vertreter von NuPECC – A ➜ Jochen Wambach (TU Darmstadt) – G IV KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 2 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 3 Die Physik der Hadronen und Kerne – ein Überblick Die Physik der Hadronen und Kerne beschäftigt sich mit Materie, die ultimativ aus Quarks besteht und durch die Starke Kraft zusammengehalten wird. Die Starke Kraft bindet über den Austausch von Gluonen die Quarks zu komplexen Gebilden, zum Beispiel Protonen und Neutronen oder Atomkernen. Die größten Objekte im Universum, deren Eigenschaften von der Starken Kraft bestimmt werden, sind Neutronensterne. Bisher verfügen wir nur über ein lückenhaftes Verständnis der Starken Kraft und der von ihr beherrschten Materie. Andererseits machen Hadronen und Kerne mehr als 99,9 % der sichtbaren Masse des Universums aus. Entsprechend hatten sie – und haben sie noch heute – einen entscheidenden Einfluss auf die Struktur der Materie sowie die Entwicklung des Universums. Um unser Verständnis der Starken Kraft und der von ihr dominierten Materie zu vertiefen, müssen die existierenden Theorien und Modelle Schritt für Schritt weiterentwickelt werden. Wie immer geschieht das dadurch, dass man Vorhersagen der Theorien und Modelle in bislang unerforschten Bereichen überprüft. Wie kann man aber überhaupt die Struktur von Hadronen und Kernen experimentell bestimmen? Will man im täglichen Leben einen Gegenstand untersuchen, so lässt man Licht auf ihn fallen und unser Auge registriert das vom Gegenstand reflektierte Licht. Genauso geht man in der Hadronen- und Kernphysik vor, allerdings auf anderen Energie- und Längenskalen. Man schießt hochenergetisches Licht oder andere energiereiche Teilchen wie Elektronen, Protonen oder Atomkerne auf das zu untersuchende hadronische Objekt – in der Regel ein Nukleon oder Atomkern – und registriert mit komplexen Nachweisgeräten die zurückkommende Strahlung, die auch aus neuen in der Reaktion gebildeten Teilchen bestehen kann. Um derartige Experimente durchführen zu können, benötigt man Beschleuniger für Strahlen verschiedener Teilchensorten. Elektronen haben den großen Vorteil, dass sie punktförmig sind und ihre elektromagnetische Wechselwirkung mit den beschossenen Hadronen gut verstanden ist, so dass nur die Struktur des Hadrons, die man aufklären möchte, als Unbekannte im Streuprozess auftritt. Bei Hadronenstrahlen hat man trotz der teils unbekannten Wechselwirkung den Vorteil großer Reaktionsraten und kann so auch seltene Prozesse untersuchen. Fortschritte bei der Erforschung der Hadronen und Kerne erfordern auf experimenteller Seite noch leistungsfähigere Beschleunigeranlagen und komplexere Messeinrichtungen, auf theoretischer Seite die besten und schnellsten jeweils verfügbaren Hochleistungsrechner. Aus diesen drei Ingredienzien wollen die Physiker den Schlüssel zur Lösung der großen offenen Fragen zur Struktur der Materie und Entwicklung des Universums schmieden, die auf den folgenden Seiten erläutert werden. 3 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 4 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Hadronen, Kerne … und die Struktur der Materie Die uns umgebende Materie erweist sich bei näherer Untersuchung als eine Hierarchie von zusammengesetzten Systemen unterschiedlicher Komplexität, die in ihren Abmessungen mehr als 40 Größenordnungen überdecken – von den Galaxien über makroskopische Materie, die wir anfassen können, bis zu den elementaren Bausteinen, den Elektronen und den Quarks. Unterschiedliche Kräfte bestimmen den Zusammenhalt der verschiedenen Hierarchiestufen der Materie: die Gravitation im Makrokosmos, die Elektromagnetische Kraft im Atom und die Starke Kraft im Bereich der Atomkerne, Nukleonen und des Quark-Gluon-Plasmas. Zusätzlich gibt es die Schwache Kraft, die ebenfalls die Struktur der Materie und die Evolution des Universums mitbestimmt hat. Galaxie 1021 m 10-1 m Warum lassen sich keine isolierten Quarks beobachten? ➜ Protonen und Neutronen enthalten je drei Quarks. Die Masse der elementaren Quarks beträgt weniger als zwei Prozent der Masse des Nukleons. Ebenso tragen die Quarks nur einen Bruchteil des Eigendrehimpulses der Nukleonen. ➜ Die Starke Kraft bindet die Quarks zu Protonen und Neutronen und diese wiederum zu Kernen. Auf der Erde findet man etwa 300 stabile Kerne. Daneben existieren vermutlich mehr als 6000 instabile Kerne, die über radioaktiven Zerfall in die stabilen Kerne übergehen. DNA 10-8 m Kristall 10-9 m Wo sind die Grenzen der Existenz von Atomkernen? Welche neuen Eigenschaften besitzen sehr instabile Kerne? Atom 10-10 m ➜ Die Kräfte, die auf die Bausteine der Materie wirken, gehorchen oder verletzen bestimmte Symmetrien - mit dramatischen Auswirkungen auf die Struktur der Materie und die Entwicklung des Universums. Atomkern 10-14 m Nukleon 10-15 m Elektron < 10-18 m Quark 4 ➜ Im Gegensatz zu Elektronen kommen Quarks nicht als isolierte Teilchen in der Natur vor, sondern sind immer in Hadronen gefangen. Warum sind Protonen und Neutronen viel schwerer als ihre Bausteine? Wie kommt der Eigendrehimpuls der Nukleonen zustande? Materie Quark-Gluon-Plasma Die Physik der Hadronen und Kerne soll uns Antworten auf folgende zentrale Fragen der Struktur der Materie liefern. Lassen sich aus den Eigenschaften ausgewählter Hadronen oder Atomkerne Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden fundamentalen Symmetrien der Natur ziehen? KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 5 Hadronen, Kerne … und die Evolution des Universums Nach der Urknalltheorie beginnt das Universum – und mit ihm Raum und Zeit – vor etwa 15 Milliarden Jahren. Aus einer Singularität mit unvorstellbar hoher Energiedichte expandiert es explosionsartig, kühlt sich dabei langsam ab und durchläuft eine Folge von Metamorphosen – bis heute und darüber hinaus. Eine millionstel Sekunde nach dem Urknall liegt die Materie als eine Ursuppe bestehend aus Quarks, Gluonen, Photonen und Elektronen vor. Dann, etwa eine hunderttausendstel Sekunde nach dem Urknall, formieren sich aus Quarks und Gluonen die ersten Hadronen: Protonen und Neutronen - und daraus in den ersten drei Minuten die leichten Kerne bis zum Element Lithium. Nach 300 000 Jahren entstehen neutrale Wasserstoffatome. Diese bilden gewaltige Gaswolken, aus denen etwa 1 Milliarde Jahre nach dem Urknall die Sterne geboren werden. Im Inneren der Sterne entstehen über Fusionsreaktionen die chemischen Elemente bis zum Eisen. Die schweren Elemente werden in gewaltigen Sternexplosionen gebildet und ins Weltall geschleudert. Sie sind die Grundlage der unbelebten und belebten Materie. ➜ Die Dynamik von Supernova-Explosionen und das Verhalten von Neutronensternen hängen von der nuklearen Zustandsgleichung ab, das heißt dem Verhalten von Kernmaterie in Abhängigkeit von Dichte und Temperatur. Können wir in Laborexperimenten die Eigenschaften von Kernmaterie untersuchen? ➜ Aus der Bewegung der Galaxien wissen wir, dass es etwa 20 mal mehr Materie im Universum gibt, als wir direkt beobachten. Als Kandidaten für diese Dunkle Materie werden unter anderem Neutrinos und neuartige Verbindungen der Starken Kraft diskutiert. Lassen sich in neuen kernphysikalischen Experimenten genauere Informationen zur Neutrinomasse gewinnen und können in verbesserten Hadronenexperimenten Hinweise auf neue hadronische Materieformen gefunden werden? Die Physik der Hadronen und Kerne soll uns Antworten auf viele ungeklärte Fragen zu den einzelnen Akten der kosmischen Entwicklung liefern: ➜ Wir nehmen an, dass sich in der Frühphase des Universums ein Phasenübergang der Materie vollzog, bei dem die Hadronen aus dem QuarkGluon-Plasma hervorgingen. Können wir in hochenergetischen Kernreaktionen einen umgekehrten Phasenübergang von hadronischer Materie in Quark-Gluon-Materie beobachten? Welche Eigenschaften hat das Quark-Gluon-Plasma? ➜ Die Vielfalt der Atomkerne und damit der Elemente entstand und entsteht noch heute über Kernreaktionen im Inneren von Sternen und in Sternexplosionen. Welche Kernreaktionen laufen bei der Nukleosynthese ab? Welche Rolle spielen dabei die instabilen Kerne? Die wichtigsten Entwicklungsstufen des Universums vom Urknall bis heute. 5 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 6 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Struktur der Atomkerne … Schlüssel zu unserer Welt Die Starke Kraft bindet die Quarks zu Nukleonen und die Nukleonen zu Kernen. Im Zusammenspiel mit der Elektromagnetischen und Schwachen Kraft bestimmt sie, wie viele Kerne existieren können, mit welchen Verhältnissen von Protonen- und Neutronenzahlen sie auftreten und welche Kernladung sie maximal tragen, das heißt wie viele Protonen sie maximal enthalten können. Weiterhin bestimmen diese Kräfte die detaillierte Struktur der Kerne, das heißt ihre Eigenschaften wie zum Beispiel Masse, Stabilität gegenüber radioaktivem Zerfall oder Lebensdauer. Auf diese Weise ist die Struktur der Kerne ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der uns umgebenden Materie, zum Beispiel der natürlich vorkommenden Elemente und Isotope. Auf der Erde finden wir 92 Elemente und etwa 300 stabile Kernsorten. Darüber hinaus hat man in Laborversuchen und an Beschleunigern mehr als 2 500 instabile Kerne synthetisiert und untersucht. Wir vermuten, dass es insgesamt über 6 000 verschiedene Kerne gibt. In der Nuklidkarte sind alle Kerne, geordnet nach der Zahl der Protonen und Neutronen, aufgetragen. Die schwarzen Symbole zeigen die wohlbekannten stabilen Kerne, die gelben die bereits synthetisierten instabilen Kerne, von denen zumindest einige Eigenschaften bekannt sind. Der grüne Bereich kennzeichnet die Region der unbekannten sehr instabilen Kerne. Ein Vorstoß in dieses "Terra Incognita" verspricht sowohl für unser Verständnis der Kerne wie auch für die Entstehung der Elemente wichtige neue Erkenntnisse. kannte Eigenschaften beobachtet beziehungsweise vorausgesagt. Außerdem ermöglichen diese Kerne zum Beispiel über die Messung ihrer bloßen Existenz, ihrer Massen oder ihres Zerfalls einen kritischen Test theoretischer Kernmodelle. Das Ende des Periodensystems: Superschwere Elemente Ein anderer Aspekt der Grenzen von Atomkernen betrifft die Frage nach dem Ende des Periodensystems der Elemente. In Laborexperimenten und an Beschleunigern ist es gelungen jenseits der natürlich vorkommenden 92 Elemente 20 weitere Elemente bis zur Protonenzahl 112 zu synthetisieren, und es gibt Hinweise auf die Existenz von Element 114 und 116. Theoretische Rechnungen sagen eine Insel erhöhter Stabilität im Bereich der Ordnungszahl 114 - 126 und der Neutronenzahl 184 voraus. Die Physiker hoffen, in künftigen Experimenten mit hochintensiven Ionenstrahlen weitere Elemente zum Periodensystem hinzufügen zu können und die vorausgesagte Insel der Stabilität zu erreichen. Die Grenzen der Stabilität von Kernen In den stabilen Kernen stehen die Protonen und Neutronen in einem bestimmten, etwa ausgeglichenen Verhältnis zueinander. Addiert man zu einem gegebenen Kern Neutronen oder Protonen und überschreitet dabei einen Grenzwert, so kann das letzte Nukleon nicht mehr gebunden werden und der Kern zerfällt spontan unter Aussendung von Neutronen oder Protonen. Die Grenzlinien, innerhalb der Kerne existieren können, werden Protonen- beziehungsweise Neutronenabbruchkante (Dripline) genannt. Für Kerne in der Nähe der Abbruchkante werden neue und bislang unbe- 6 Der leichte, neutronenreiche Kern Lithium-11 ist außergewöhnlich groß. Die Wissenschaftler führen dies darauf zurück, dass sich in diesem Kern ein weit ausgedehnter Zwei-Neutronenhalo um einen Lithium-9 Kern bewegt. KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 7 Insel der Stabilität? 116 112 184 Anzahl der Protonen In der Nuklidkarte sind alle Atomkerne, die im Universum existieren können – vermutlich über 6 000 – sortiert nach der Anzahl der Protonen und Neutronen aufgetragen. Die schwarzen Kästchen markieren die stabilen Isotope (annäherend 300), die gelben Kästchen die bekannten instabilen Kerne (etwa 2 500) und die grünen die noch unbekannten instabilen Kerne (über 3500). Aktuelle Themen der Forschung umfassen unter anderem: die exakte Lage der Protonen- und Neutronen Dripline, das Verhalten von sehr neutronen- oder protonenreichen Kernen und die Synthese superschwerer Elemente. 114 162 82 Pb Protonen Dripline 126 100Sn 50 Sn Neutronen Dripline 132 48Ni Sn 82 28 Ni 78Ni 50 28 20 2 8 11Li Anzahl der Neutronen Doppeltmagische Kerne und Schalenstruktur weitab der Stabilität Die Größe von exotischen Kernen: Nukleonenhalos und Nukleonenhäute Nach langläufigen Vorstellungen lässt sich die Größe von Kernen im Rahmen eines Flüssigkeitstropfen-Modells verstehen. Der Radius der Kerne skaliert somit im Wesentlichen mit der dritten Wurzel der Nukleonenzahl. Dieses Bild stößt jedoch für Kerne mit großem Neutronen- oder Protonenüberschuss an seine Grenzen. So wurde für leichte, sehr neutronenreiche Kerne die Bildung eines Neutronenhalos beobachtet. Aufgrund dieses Effektes bläht sich zum Beispiel Lithium-11 (mit 3 Protonen und 8 Neutronen) auf die Größe von Kalzium-48 (mit 20 Protonen und 28 Neutronen) auf. Für schwerere neutronenreiche Kerne, zum Beispiel Zinn-132, erwartet man die Bildung von dicken Neutronenhäuten (engl. neutron skin). Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen die Verteilung der Nukleonen in solchen Kernen, mögliche Korrelationen zwischen den äußeren Nukleonen sowie die Wechselwirkung der innenliegenden Core-Nukleonen mit den Halobeziehungsweise Skin-Nukleonen. Atomkerne mit den magischen Protonen- beziehungsweise Neutronenzahlen 2, 8, 20, 50, 82 und 126 zeichnen sich durch eine besondere Stabilität aus. Diese Beobachtung ist die Grundlage für das Schalenmodell der Kerne, das als Referenzmodell für alle neuen Kernmodelle fungiert. Das Schalenmodell sagt aus, dass sich Protonen und Neutronen im Kern in Schalen anordnen, bei deren Abschluss besonders stabile Konfigurationen – die magischen Zahlen – erreicht werden. Es gibt nur fünf stabile doppeltmagische Kerne, bei denen sowohl eine Protonen- als auch eine Neutronenschale abgeschlossen ist. Diese Kerne stellen die Ankerpunkte des Schalenmodells dar. Eine wichtige Frage ist, ob die Schalenstruktur auch für sehr neutronenreiche Kerne erhalten bleibt oder aufgeweicht wird. Zur Beantwortung dieser Frage zielen künftige Experimente auf eine Untersuchung der fünf instabilen doppeltmagischen Kerne. Diese Kerne, insbesondere Nickel-78 und Zinn-132 und ihre Nachbarisotope, werden an der geplanten neuen Anlage bei der GSI mit den nötigen Intensitäten verfügbar sein und einen breiten Test des Schalenmodells und weiterführender Kernmodelle ermöglichen. 7 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 8 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Kerne, Sterne … und die Entstehung der Elemente Untersuchung stellarer Fusionsreaktionen im Labor Die Synthese der Elemente begann ungefähr eine Milliarde Jahre nach dem Urknall, nachdem sich erste Galaxien und Sterne aus riesigen Wasserstoffwolken gebildet hatten. Durch die freigesetzte Gravitationsenergie wurde die Sternmaterie so aufgeheizt, dass im Inneren der Fusionsprozess von Wasserstoff zu Helium und danach zu schwereren Kernen bis zum Eisen entfacht wurde. Die Elemente jenseits des Eisens entstanden am Ende der Lebenszeit großer Sterne in so genannten Roten Riesen und in gewaltigen Sternexplosionen. Für ein quantitatives Verständnis der Energieerzeugung und Elementsynthese im Inneren von Sternen ist es unerlässlich, die verschiedenen Fusionsreaktionen im Labor zu untersuchen, und zwar bei den Reaktionsenergien, die bei den im Sterninneren herrschenden Temperaturen und Drücken auftreten. Diese Experimente sind wegen der niedrigen Reaktionsraten und der notwendigen Unterdrückung von Untergrundreaktionen äußerst schwierig. Sie erfordern Hochintensitätsbeschleuniger und werden in unterirdischen Labors, zum Beispiel im Gran Sasso in Italien, durchgeführt. Die qualitative und quantitative Erklärung der Entstehung der chemischen Elemente ist Gegenstand der nuklearen Astrophysik. Sie verbindet die Astrophysik mit unserem Wissen über die Struktur der Atomkerne sowie die Dynamik von Kernreaktionen. Im Inneren unserer Sonne findet die Fusion von Wasserstoff zu Helium statt. In größeren Sternen werden durch solche Fusionsreaktionen die Elemente bis zum Eisen gebildet. 8 Die Wissenschaftler nehmen an, dass die schweren protonenreichen Kerne in Novaausbrüchen wie der Nova Cygni 1992 entstanden sind. Überreste einer Supernovaexplosion (Cassiopeia A). Die schwersten Elemente bis zum Uran werden in solchen gewaltigen Sternexplosionen gebildet. KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 9 Elementsynthese in explosiven Sternszenarien Kernmaterie unter Druck und Dynamik von Supernova-Explosionen Anzahl der Protonen Die bei der explosiven Elementsynthese in Novae und Supernovae auftretenden Kernreaktionspfade verlaufen in der Nuklidkarte weit weg von den stabilen Kernen. Neueste astrophysikalische Beobachtungen haben uns ein reichhaltiges Spektrum von Informationen über solche kataklysmischen Ereignisse und Sternausbrüche geliefert. Um sie quantitativ zu verstehen, muss man die dabei ablaufenden kernphysikalischen Prozesse untersuchen. Radioaktive Strahlen wie sie bereits heute zur Verfügung stehen und mit weit höheren Intensitäten an der künftigen GSI-Anlage verfügbar werden, eröffnen hervorragende Perspektiven, um diese Kernreaktionen im Labor nachzuvollziehen. Am Ende seiner Ära stirbt ein großer Stern in einer gewaltigen Supernova-Explosion. Aufgrund des Gravitationsdruckes kollabiert der Eisenkern im Inneren des Sterns und wandelt sich in einen Neutronenstern um. Dabei wird die Kernmaterie kurzzeitig komprimiert, um dann wieder explosionsartig zurückzuschnellen. Es kommt zur Supernovaexplosion, die die Hülle samt den neu gebildeten Kernen in die Weiten des Universums sprengt. Der Verlauf der Explosion hängt davon ab, wie sich die Energiedichte der Kernmaterie in Abhängigkeit von Temperatur und Dichte ändert. Eine Herausforderung der Kernreaktionsphysik ist es daher, diese Abhängigkeit, die so genannte Zustandsgleichung von Kernmaterie, experimentell zu bestimmen. 184 s-Prozess in Roten Riesen 162 82 Pb 126 rp-Prozess in Novae 50 Sn r-Prozess in Supernovae 82 28 Ni 50 28 Fusion in Sternen 20 2 8 Anzahl der Neutronen In der Nuklidkarte sind die verschiedenen Produktionspfade der Nukleosynthese durch Pfeile gekennzeichnet. Die Fusion bringt Kerne bis zum Eisen hervor. Die wichtigsten Produktionspfade zur Bildung schwerer Kerne sind der langsame (slow) Neutroneneinfang (s-Prozess) und der schnelle (rapid) Neutroneneinfang (r-Prozess). Außerdem gibt es noch andere Prozesse, die zu den protonenreichen schweren Kernen führen. Einer davon ist der schnelle Protoneneinfang (rp-Prozess). Der rp-Prozess und der r-Prozess laufen durch Gebiete weit ab der stabilen Isotope und sollen an der geplanten GSI-Anlage systematisch erforscht werden. 9 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 10 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Hadronen und Kerne … Mikrolaboratorien für fundamentale Symmetrien und Wechselwirkungen Der Bauplan der Materie spiegelt ein hohes Maß an Symmetrie wider. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist eine Schneeflocke. Dreht man sie um 60 Grad, so deckt sich das gedrehte Bild mit dem ursprünglichen. Die Schneeflocke besitzt also eine Rotationssymmetrie in Schritten von 60 Grad. Weniger anschaulich, aber von fundamentaler Bedeutung sind Symmetrien im elementaren Regelwerk der Naturgesetze. Laufen elementare Prozesse genauso ab, wenn man sie spiegelt, Teilchen mit Antiteilchen vertauscht oder die Zeitrichtung umkehrt. Lange Zeit glaubte man, dass alle elementaren Prozesse unverändert unter diesen drei Symmetrietransformationen – Spiegelung, Teilchen-Antiteilchen-Vertauschung und Zeitumkehr – ablaufen. Alle Vorgänge im Alltagsleben, wie zum Beispiel das Drehen einer Pirouette, können auch spiegelsymmetrisch ablaufen. Im Mikrokosmos gibt es jedoch Prozesse, welche die Spiegelsymmetrie verletzen. Ein Beispiel dafür ist der Beta-Zerfall von Kobalt-60. Dieser instabile Kern hat einen Eigendrehimpuls (Spin), der durch den gelben Pfeil angedeutet ist. Im Experiment beobachtet man, dass bei der im Bild vorgegebenen Orientierung des Spins das im Beta-Zerfall freigesetzte Elektron bevorzugt nach oben emittiert wird. Der spiegelbildliche Prozess – Elektronenemission nach oben bei umgekehrter Orientierung des Spins – wird nicht beobachtet. Die Spiegelsymmetrie ist verletzt. 10 Um so überraschender war die Entdeckung, dass beim radioaktiven Beta-Zerfall, der durch die Schwache Kraft bewirkt wird, die Spiegelsymmetrie verletzt ist. Der zum Beta-Zerfall gespiegelte Prozess kommt in der Natur nicht vor. So wenig bedeutsam uns solche Symmetrieverletzungen für unser Alltagsleben erscheinen, so entscheidend waren sie doch seit Anbeginn des Universums für die Existenz und Zusammensetzung der Materie im Kosmos. Die Suche nach Symmetrieverletzungen ist daher ein zentrales Anliegen moderner physikalischer Forschung. Wie das Beispiel des Beta-Zerfalls zeigt, sind ausgewählte Hadronen und Kerne ideale Mikrolaboratorien, um fundamentale Symmetrien und Wechselwirkungen der Natur zu untersuchen. KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Die Existenz der Materie Ergebnis einer Symmetrieverletzung Seite 11 Physik jenseits des Standardmodells Ein besonders markantes Beispiel für die Bedeutung von Symmetrieverletzungen sind Prozesse, bei denen die Kombination von Spiegelsymmetrie und Teilchen-Antiteilchen-Vertauschungssymmetrie verletzt sind. Ohne diesen "Webfehler" in den Naturgesetzen wäre die im Urknall symmetrisch entstandene Materie und Antimaterie wieder zerstrahlt, und das Universum wäre materiefrei. Die bislang gefundenen Fälle dieser Symmetrieverletzung reichen jedoch nicht aus, um die jetzt vorhandene Materiemenge im Universum zu erklären. Die Physiker suchen deswegen nach weiteren Beispielen, die sie insbesondere für Hadronen erwarten, die schwere Quarks enthalten. Die bei GSI geplante neue Anlage eröffnet hierzu neue Experimentiermöglichkeiten. Seit nahezu dreißig Jahren ist das so genannte Standardmodell das akzeptierte Modell zur Beschreibung der elementaren Vorgänge in der Teilchenphysik. Das Standardmodell umfasst die Theorie der Starken Kraft sowie der Elektromagnetischen und Schwachen Kraft. Die Physiker nehmen jedoch an, dass das Standardmodell erweitert oder durch ein noch umfassenderes Modell ersetzt werden muss, da das bisherige Modell noch eine Vielzahl von experimentell festzulegenden Parametern enthält, die ultimativ aus der Theorie abzuleiten sein sollten. Auch würde die Einbeziehung der Gravitation eine grundlegende Erweiterung des Standardmodells erfordern. Infolgedessen sind die Teilchen-, Hadronen- und Kernphysiker auf der Suche nach Prozessen, die auf Physik jenseits des Standardmodells hinweisen. Im Bereich der Kernphysik besitzen Niederenergie-Präzisionsexperimente zur Schwachen Kraft ein hohes Entdeckungspotenzial für diese Untersuchungen. Solche Studien umfassen unter anderem sensitive Tests der Spiegel- und Zeitumkehrsymmetrie, die Suche nach zusätzlichen Austauschteilchen der Schwachen Wechselwirkung sowie die Suche nach Neutrino-Oszillationen beziehungsweise nach Hinweisen auf eine von Null verschiedene Neutrinomasse. Elektron Antineutrino Präzisionsexperimente zum BetaZerfall sollen den Wissenschaftlern Hinweise auf neue Physik jenseits des Standardmodells liefern. Das Beispiel zeigt das Prinzip einer BetaNeutrino-Korrelationsmessung. 11 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 12 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Hadronen … Verbindungen der Starken Kraft Wie Atome unter dem Einfluss der Elektromagnetischen Kraft Molekülverbindungen eingehen, so schließen sich Quarks als Folge der Starken Kraft zu Zweier- und Dreierverbindungen zusammen. Diese Verbindungen werden Hadronen genannt. Da es sechs verschiedene Quarksorten – und entsprechend sechs Antiquarks – gibt, die auf unterschiedliche Weise zu Zweier- und Dreierkombinationen verknüpft werden können, existiert eine Vielzahl von Hadronen. Fast alle sind jedoch instabil und lassen sich nur für kurze Zeit in Beschleunigerexperimenten erzeugen. Die einzigen stabilen Hadronen in der Natur sind die Protonen und die in Atomkernen gebundenen Neutronen. Sie bestehen aus den leichten up (u) und down (d) Quarks, und zwar in der Kombination uud für das Proton und udd für das Neutron. Anders als die Moleküle, die wir weitgehend aus den Eigenschaften der Atome verstehen können, geben uns die Hadronen noch immer große Rätsel auf. Um diese aufzuklären, ist ein viel tiefergehendes Verständnis der Starken Kraft erforderlich. Die Theorie der Starken Kraft – die Quantenchromodynamik (QCD) – kann bisher nicht für die Wechselwirkung von Quarks in Hadronen gelöst werden. Erfolgversprechend sind Ansätze, die Eigenschaften von Hadronen im Rahmen der so genannten Gitter-QCD durch Lösung der Grundgleichungen mittels modernster Hochleistungsrechner zu berechnen. Bildung eines Quark-Antiquark-Paares ausreicht, was zur Bildung neuer Hadronen führt, aber keine Quarks freisetzt. Die absolute Gefangenschaft der Quarks in den Hadronen wird als Confinement bezeichnet. Es ist eine der großen Herausforderungen der modernen Physik, das Confinement nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ im Rahmen der Theorie der Starken Kraft zu verstehen. Die Masse des Protons Üblicherweise ergibt sich die Masse eines zusammengesetzten Systems aus der Summe der Massen seiner Bestandteile – bis auf kleine Korrekturen durch Bindungseffekte, die die Masse des zusammengesetzten Systems geringfügig verringern. Um so überraschender war die Beobachtung, dass die Quarks weniger als zwei Prozent zur Protonen- beziehungsweise Neutronenmasse beitragen. Nach unserem heutigen Verständnis ergibt sich die Masse der Nukleonen zum überwiegenden Teil aus der Bewegungsenergie der Quarks und der potenziellen Energie des anschaulich wie ein Gummiband wirkenden Gluonenfeldes zwischen ihnen. Der Mechanismus, der die Protonen- und Neutronenmasse beziehungsweise allgemeiner die Hadronenmassen generiert, ist aber im Einzelnen noch nicht verstanden. Die Physiker nehmen an, dass er eng mit dem Übergang vom Quark-Gluon-Plasma zu den Hadronen in der Frühphase des Universums verknüpft ist. Die Gefangenschaft der Quarks Im Gegensatz zu Molekülverbindungen, die in ihre Bestandteile – die Atome – zerlegt werden können, können Hadronen nicht in einzelne Quarks zerlegt werden. Trotz intensiver Suche wurden bisher keine isolierten Quarks in der Natur beobachtet. Phänomenologisch erklärt man sich die Gefangenschaft der Quarks dadurch, dass die Starke Kraft zwischen ihnen ähnlich wie eine Feder oder ein Gummiband wirkt. Zieht man die Quarks auseinander, so muss man Arbeit aufbringen, die als potenzielle Energie im Gummiband, das heißt im Gluonenfeld zwischen ihnen, gespeichert wird. Das Gummiband reißt erst, wenn die Energie zur 12 In der Natur treten Quarks nicht isoliert auf, sondern immer als Paare oder Dreierkombinationen. Versucht man Quarks zu trennen, so erfordert dies riesige Energien, und es entstehen neue Quark-Antiquark-Paare. KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Brechung und Wiederherstellung der Chiralen Symmetrie Mit dem Übergang von quasi-freien Quarks in hadronisch gebundene Quarks wurde die so genannte Chirale Symmetrie der Starken Kraft spontan gebrochen. Chirale Symmetrie besagt, dass bei allen durch die Starke Wechselwirkung bestimmten Prozessen die Chiralität, das heißt die durch Flugrichtung und Spin definierte Händigkeit eines up oder down Quarks erhalten bleibt. Wäre die Chirale Symmetrie auch in unserer hadronischen Welt erfüllt, so sollten bestimmte Paare von Hadronen, so genannte chirale Partner, gleiche Massen haben. Die beobachteten Hadronenmassen chiraler Partner sind aber deutlich unterschiedlich. Dies lässt sich über die spontane Brechung der Chiralen Symmetrie erklären, die eine Verschiebung und Aufspaltung der Massen chiraler Partner bewirkt und somit zu ihrer hadronischen Masse beiträgt. Weitergehende Überlegungen zeigen, dass in Kernmaterie, insbesondere bei hohen Temperaturen und Dichten, wie sie in energiereichen Stößen zweier Atomkerne auftreten, diese Symmetrie wieder hergestellt wird. Dies sollte sich in einer Modifikation der Hadronenmassen in heißer, dichter Kernmaterie widerspiegeln. Über die präzise Vermessung solcher Massenmodifikationen versuchen die Physiker dem genauen Ursprung der Hadronenmassen auf die Spur zu kommen. Seite 13 benötigt man zur weiteren Klärung dieser Fragen äußerst intensive Elektronenstrahlen mit deutlich höheren Energien als gegenwärtig verfügbar. Planungen für entsprechende Beschleunigeranlagen und Nachweissysteme haben begonnen. Unsere Vorstellung vom Inneren eines Protons: Die drei Quarks schwimmen in einem See aus virtuellen Quark-Antiquark-Paaren, in die sich die Gluonen kurzzeitig verwandeln können. Die Masse des Protons wird in diesem Bild durch die Bewegungs- und Wechselwirkungsenergie der Konstituenten bestimmt. Außerdem besitzen Quarks und Gluonen einen Eigendrehimpuls (kleine Pfeile) und durch ihre Bewegung auch einen Bahndrehimpuls, die zum Gesamtdrehimpuls des Protons (großer Pfeil) beitragen. Suche nach neuen hadronischen Formen der Materie Der Spin des Protons Protonen besitzen einen Eigendrehimpuls, von den Physikern als Spin bezeichnet. Lange Zeit wurde angenommen, dass der Spin des Protons sich in einfacher Weise aus einer Kopplung der Quarkspins ableiten lässt. Streuexperimente mit hochenergetischen Elektronen zeigten dann aber, dass die Quarks weniger als 30 Prozent zum Spin des Protons beitragen. Bis heute ist unklar, wie und in welchem Umfang die Bahnbewegung der Quarks und /oder das Gluonenfeld zum Gesamtspin beitragen. Hier haben neue theoretische Beschreibungen zu unerwarteten Einsichten über die innere Struktur der Hadronen geführt und unsere Kenntnis der Quantenchromodynamik wesentlich vertieft. Auf experimenteller Seite Die Theorie der Starken Kraft erlaubt neben den beobachteten Zweier- und Dreierverbindungen weitere Verbindungen, zum Beispiel Hybridzustände aus zwei Quarks und einem Gluon oder reine Gluonenzustände, so genannte Gluonenbälle. Darüber hinaus ist eine Vielzahl von Mehrquark-Verbindungen theoretisch möglich. Für die Existenz dieser exotischen Hadronen gibt es erste experimentelle Hinweise, aber keine eindeutigen Signaturen. Die bei GSI geplante neue Anlage eröffnet einzigartige Möglichkeiten für die Suche nach neuen hadronischen Zustandsformen. Einige gelten auch als Kandidaten für einen Teil der Dunklen Materie im Universum, so dass der Nachweis ihrer Existenz auch für die Astrophysik und Kosmologie wichtige Implikationen hätte. 13 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 14 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Kerne bei hohen Drücken und Temperaturen – das Phasendiagramm von Kernmaterie Der Atomkern trägt fast die gesamte Masse des Atoms, ist aber um einen Faktor 10 000 kleiner im Durchmesser. Daher besitzen Atomkerne eine ungeheuer hohe Dichte. Ein Stückchen von der Größe eines Würfelzuckers würde 300 Millionen Tonnen wiegen. Wie die uns umgebende normale Materie, zum Beispiel Wasser, verschiedene Aggregatzustände annehmen kann, so erwartet man auch für die wesentlich kompaktere Kernmaterie verschiedene Zustandsformen in Abhängigkeit von Temperatur und Druck, beispielsweise an der Oberfläche oder im Inneren von Neutronensternen. Insbesondere sagt die Theorie für sehr hohe Temperaturen und Dichten einen Phasenübergang von Kernmaterie bestehend aus Nukleonen in ein Plasma aus quasi-freien Quarks und Gluonen voraus. Im Labor kann Kernmaterie in hochenergetischen Kern-Kern-Kollisionen erhitzt und komprimiert werden. Die Physiker nehmen an, dass sich dabei für einen kurzen Moment ein Quark-Gluon-Plasma erzeugen lässt. Als Produkte solcher Kern-KernKollisionen treten viele neue Teilchen – Hadronen und Leptonen – auf, die es erlauben, auf den Verlauf der Reaktion zurückzuschließen. 14 In Experimenten am CERN wurden erste Hinweise auf die Existenz des Quark-Gluon-Plasmas gefunden. Seine Eigenschaften sollen nun in komplexen Experimenten eingehend untersucht werden. Dabei stehen Messungen in zwei unterschiedlichen Bereichen im Mittelpunkt des Interesses: zum einen bei hohen Temperaturen und niedrigen Dichten und zum anderen bei hohen Dichten und vergleichsweise niedrigen Temperaturen. Die Abbildung zeigt das theoretisch vorhergesagte Phasendiagramm von hadronischer Materie. Aufgetragen ist die Temperatur in Einheiten von Millionen Elektronenvolt gegen die Dichte in Einheiten der normalen Atomkerndichte ρ0. Für besonders hohe Temperaturen bzw. Dichten erwartet man, dass die ansonsten in den Nukleonen eingesperrten Quarks und Gluonen aus ihrer Gefangenschaft befreit werden und sich – wie die Elektronen und Ionen im Plasmazustand – als quasi-freie Teilchen im Quark-Gluon-Plasma bewegen. Die Physiker nehmen an, dass sich im frühen Universum der umgekehrte Phasenübergang vom Quark-GluonPlasma in hadronische Materie vollzogen hat. Heute existiert Quark-Gluon-Materie wahrscheinlich noch im Zentrum von Neutronensternen. KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Kern-Kern-Stöße bei ultrahohen Energien – Einblicke in die Frühphase des Universums In Kern-Kern-Stößen bei ultrahohen Energien durchdringen die Kerne einander und regen durch harte Quark-Quark-Stöße den zwischen ihnen liegenden Vakuumbereich hoch an. Es entsteht ein ausgedehntes Quark-Gluon-Plasma, das symmetrisch bezüglich der Zahl der Teilchen und Anti- Seite 15 teilchen ist. Diese Form des Quark-Gluon-Plasmas entspricht dem Zustand der Materie wenige Mikrosekunden nach dem Urknall. Ihre detaillierte Untersuchung ist das Ziel der Experimente am Relativistic Heavy-Ion Collider (RHIC) in den USA und am ALICE-Detektor, der gegenwärtig von einer Kollaboration von über 1 200 Physikern am CERN-LHC aufgebaut wird. Ablauf einer Kern-Kern-Kollision zur Erzeugung des Quark-Gluon-Plasmas bei hohen Temperaturen. Kern-Kern-Stöße bei hohen Energien – Einblicke in das Innere von Neutronensternen Ein anderes Ziel verfolgen die Experimente an der bei GSI geplanten neuen Anlage. Hier soll die Kollisionsenergie der aufeinander geschossenen Kerne so eingestellt werden, dass eine möglichst hohe Kompression der Kernmaterie erreicht wird, in deren Folge sich die Nukleonen in ihre Bestandteile – Quarks und Gluonen – auflösen. Das auf diese Weise erzeugte Quark-Gluon-Plasma enthält viel mehr Teilchen als Antiteilchen. Von der Unter- suchung dieser Form des Quark-Gluon-Plasmas versprechen sich die Physiker neue Einblicke in die Eigenschaften von Neutronensternen. Außerdem werden bei sehr hohen Dichten weitere Phasenübergänge der Quark-Gluon-Materie erwartet. Gegenwärtig formiert sich eine internationale Kollaboration von Wissenschaftlern, um für diese Forschung den Compressed Baryonic Matter (CBM) Detektor an der neuen GSI-Anlage aufzubauen. Ablauf einer Kern-Kern-Kollision zur Erzeugung des Quark-Gluon-Plasmas bei hohen Dichten. 15 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:33 Uhr Seite 16 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Hadronen- und Kernphysik – die wissenschaftliche Community In Deutschland sind gegenwärtig etwa 1 700 Wissenschaftler in der Hadronen- und Kernphysik aktiv. Das Gebiet wird von etwa 150 Professoren an über 20 Universitäten vertreten – in Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Darmstadt, Dresden, Erlangen, Frankfurt, Freiburg, Gießen, Göttingen, Hamburg, Hannover, Heidelberg, Köln, Mainz, München, Münster, Regensburg, Rostock, Siegen, Stuttgart und Wuppertal. Außerdem verfolgen sechs außeruniversitäre Forschungseinrichtungen die Hadronen- und Kernphysik als Hauptforschungsgebiet oder als ein Schwerpunktprogramm – das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg, die Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt, das Forschungszentrum Jülich (FZJ), das Forschungszentrum Karlsruhe (FZK), das Max Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg und das Forschungszentrum Rossendorf (FZR). An einigen Universitäten, vor allem aber an den großen nationalen Forschungszentren, existieren hervorragende, zum Teil einzigartige Beschleuniger- und Experimentiereinrichtungen. Diese werden von der nationalen und einer großen internationalen Community gemeinsam genutzt. Darüber hinaus engagieren sich die deutschen Hadronenund Kernphysiker in einer Reihe von internationalen Großexperimenten, beispielsweise am CERN. Die hervorragende Ausstattung mit Beschleunigeranlagen und Experimentiergeräten hat den Grundstein für die führende Rolle Deutschlands in der Hadronen- und Kernphysik gelegt. Zugleich ermöglicht sie eine an modernster Forschung und technologischer Entwicklung orientierte Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Der überwiegende Teil der Forschungsarbeiten, insbesondere an den Beschleunigerzentren und den Großexperimenten, wird in Zusammenarbeit mit europäischen/internationalen Partnern durchgeführt. Auf diese Weise gibt es in der Hadronenund Kernphysik Zusammenarbeiten mit Hochschulen und Forschungsinstituten aus über dreißig Ländern. 16 Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist gemeinsam mit den zuständigen Länderministerien der finanzielle Träger der Hadronen- und Kernphysik. Gemeinsam mit den Ländern finanziert das BMBF insbesondere die Großbeschleuniger und -experimente mit ihren in vielen Aspekten einmaligen Experimentiermöglichkeiten. Darüber hinaus werden über die Verbundforschung des BMBF und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in erheblichem Umfang Projektmittel an wissenschaftliche Arbeitsgruppen sowie Fördermittel für universitäre Forschungsanlagen vergeben. Beschleunigeranlagen in Deutschland: COSY, Jülich: COoler SYnchrotron Polarisierte, gekühlte Protonenund Deuteronen-Strahlen http://www.fz-juelich.de/ikp/cosy/de/index.shtml ELSA, Bonn: ELektronen-Stretcher Anlage Polarisierte Elektronen- und Photonen-Strahlen http://www-elsa.physik.uni-bonn.de/ GSI, Darmstadt: UNILAC: UNIversal Linear ACcelerator SIS: Schwerionen-Synchrotron ESR: Experiment-Speicherring Gekühlte Ionenstrahlen aller Elemente bis zum Uran, radioaktive Sekundärstrahlen, Pionen-Strahl http://www.gsi.de/ MAMI: MAinz MIkrotron Polarisierte Elektronen- und Photonen-Strahlen http://www.kph.uni-mainz.de/ S-DALINAC: Superconducting DArmstadt Linear ACcelerator Elektronen- und Photonen-Strahlen http://linac.ikp.physik.tu-darmstadt.de/ KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Dynamitron Universität Bochum: http://www.dtl.ruhr-uni-bochum.de/ Dynamitron Universität Stuttgart: http://www.ifs.physik.unistuttgart.de/ Dynamitron/Dynamitron.html FZ Rossendorf: Seite 17 Großexperimente in internationalen Kollaborationen: ALICE (CERN LHC): A Large Ion Collider Experiment Stark wechselwirkende Materie (Quark-Gluon-Plasma) http://alice.web.cern.ch/Alice/ http://www.fz-rossendorf.de/ELBE/en/ Tandem Universität Köln: http://www.ikp.uni-koeln.de/~3T/tandem.html Tandem Universität München: http://www.bl.physik.tu-muenchen.de/ COMPASS (CERN SPS): COmmon Muon and Proton Apparatus for Structure and Spectroscopy Hadronenstruktur und -spektroskopie http://wwwcompass.cern.ch/ HERMES (DESY): HERa MEasurement of Spin dependent structure functions Spinstruktur des Nukleons http://www-hermes.desy.de/ REX-ISOLDE (CERN): Radioactive Beam EXperiment Radioaktive Strahlen http://rextrap.home.cern.ch/rextrap/ BABAR (SLAC, Stanford): Hadronenstruktur und Tests fundamentaler Symmetrien http://www.slac.stanford.edu/BFROOT/ ILL (Grenoble): Institut Laue-Langevin Hadronen- und Kernphysik mit und an Neutronen-Strahlen http://www.ill.fr/ Beschleunigeranlagen Universitäten Außeruniversitäre Forschungszentren 17 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Seite 18 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Beschleuniger, Spektrometer, Detektoren – die Instrumente der Hadronen- und Kernphysik Die Hadronen- und Kernphysik wird ganz wesentlich durch neue, immer komplexere Experimente vorangetrieben. Fortschritte in der Forschung sind daher eng an technologische Entwicklungen in den Bereichen Beschleuniger, Spektrometer, Detektoren, Datenaufnahme und Analysesysteme gebunden. Dies gilt insbesondere für die großen Beschleunigeranlagen und die internationalen Großexperimente, an denen Forschung an der Grenze des heute Machbaren betrieben beziehungsweise geplant wird. Die folgenden Bilder sollen davon einen Eindruck vermitteln. Das gemeinsam von fünf deutschen und europäischen Universitäten betriebene Photonenspektrometer TAPS dient dem Nachweis hochenergetischer Strahlung, die von Hadronen emittiert wird und dadurch Aufschlüsse über ihre Struktur liefert. Der Ringbeschleuniger COSY am Forschungszentrum Jülich liefert für die Hadronen- und Kernphysik hochenergetische Protonenund Deuteronenstrahlen. Die Drei-Spektrometeranlage am Elektronenbeschleuniger MAMI an der Universität Mainz: Mit diesen Detektorsystemen werden Informationen über den Aufbau von Hadronen und Atomkernen gewonnen. Bild rechts: Am Di-Leptonen-Spektrometer HADES bei der GSI versucht eine internationale Kollaboration, den Ursprung der Hadronenmassen aufzuklären. 18 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Bild oben: Im internationalen Großexperiment HERMES am HERA-Beschleuniger bei DESY wird die Spinstruktur des Protons erforscht. Seite 19 Bild unten: Am ALICE-Detektor (im Aufbau) am CERN LHC sollen Materiezustände erforscht werden, wie sie Sekundenbruchteile nach dem Urknall im Universum vorlagen. 19 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Seite 20 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Projekt für ein Europäisches Beschleunigerzentrum für die Forschung mit Ionen- und Antiprotonenstrahlen Trotz der enormen Fortschritte der Hadronen- und Kernphysik stehen wir immer noch vor vielen grundlegenden Rätseln bei der Erforschung der Materie, die in den vorhergehenden Kapiteln erläutert wurden. Ihre Beantwortung erfordert noch leistungsfähigere Beschleuniger und Experimentiergeräte. Mit diesem Ziel schlägt die GSI in enger Abstimmung mit den Hochschulen und der internationalen Forschergemeinschaft ein neues Beschleunigerzentrum für die Forschung in Europa vor. An dem neuen Beschleuniger werden scharf gebündelte, hochintensive und hochenergetische Ionen- und Antiprotonenstrahlen für das Experimentierprogramm zur Verfügung stehen. Die bestehende GSI-Anlage (blau) mit dem Linearbeschleuniger UNILAC, dem Synchrotron SIS, dem Experimentierspeicherring ESR und dem Fragmentseparator FRS dient als Injektor für den vorgeschlagenen Beschleunigerkomplex (rot). In dessen Zentrum steht die Synchrotron-Doppelring-Anlage SIS 100/200. An diese schließen sich an: der Hochenergie-Speicherring HESR, der Kollektor-Ring CR, der Neue Experimentierspeicherring NESR, der SuperFragmentseparator SFRS und eine Reihe von Experimentieraufbauten. Doppelringbeschleuniger als Herzstück Das Herzstück der neuen Anlage ist ein großer Doppelringbeschleuniger mit 1 100 Metern Umfang. An diesen schließt sich ein komplexes System von Speicherringen und Experimentierstationen an. Die existierenden GSI-Beschleuniger dienen als Injektor für die neue Anlage. Der Doppelring wird Ionenstrahlen mit bisher unerreichter Intensität sowie mit höheren Energien liefern. Dadurch lassen sich intensive Sekundärstrahlen – zum Bei- 20 spiel in Kernreaktionen erzeugte exotische Atomkerne oder Antiprotonen – für die Experimente bereitstellen. In den Speicherringen kann die Qualität dieser Strahlen, das heißt ihre Energieschärfe und Bündelung weiter verbessert werden, um sie für Hoch-Präzisionsexperimente zu nutzen. In Verbindung mit dem Doppelring ist außerdem ein effizienter Parallelbetrieb von bis zu vier verschiedenen Forschungsprogrammen möglich. KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Neben grundlegenden neuen Erkenntnissen zum Aufbau der Materie und der Evolution des Universums verspricht das geplante Beschleunigerzentrum Anwendungen und technische Innovationen, beispielsweise in der Materialforschung, der Plasmaphysik und der Raumfahrttechnik oder im Bereich schnell getakteter supraleitender Magnete, im Detektorbau, in der Datenaufnahme und Informationstechnologie. Aufgrund der herausragenden Forschungsmöglichkeiten würde die neue Anlage die Rolle eines zentralen Forschungslabors für Wissenschaftler von Universitäten und Instituten des In- und Auslandes einnehmen. Die Zahl der Nutzer sollte sich dadurch von 1000 an der gegenwärtigen GSI auf mehr als das Doppelte erhöhen. Entsprechend wird der Beitrag zur Ausbildung des hochqualifizierten wissenschaftlich-technischen Nachwuchses anwachsen. Das neue Beschleunigerzentrum bei der GSI vermag somit über die unmittelbaren Forschungsziele hinaus einen wichtigen Beitrag für die Wissenschaft in Europa zu leisten. Seite 21 Der europäische Charakter des Vorhabens soll sich auch in der Organisationsform, eventuell einer European Economical Interest Group (EEIG), widerspiegeln. Eine solche EEIG würde es den Partnerinstituten erlauben, Personal unter Beibehaltung der jeweiligen nationalen Sozialversicherungssysteme in das Projekt zu entsenden. Der Projektvorschlag für das neue Beschleunigerzentrum bei GSI wurde im vergangenen Jahr (2002) vom Wissenschaftsrat begutachtet und zur Förderung empfohlen mit den Auflagen (i) einer mindestens 25prozentigen Beteiligung ausländischer Partner an den Gesamtkosten von 675 Millionen Euro und (ii) der Ausarbeitung eines Stufenplans zur gestaffelten Realisation der Gesamtanlage. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat daraufhin im Februar 2003 die Förderung des Vorhabens mit den genannten Auflagen beschlossen. Bildmontage der bestehenden GSI (links) und der geplanten neuen Anlage (rechts). 21 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Seite 22 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Methoden der Hadronen- und Kernphysik in Wissenschaft, Forschung, Technik und Medizin Kernphysikalische Methoden werden in vielen anderen Arbeitsgebieten eingesetzt. Die rasanten Fortschritte in Wissenschaft, Forschung, Technik und Medizin gehen zu einem beträchtlichen Teil hierauf zurück. Chemie, Biologie, Medizin Neue Diagnose- und Therapieverfahren in der Medizin Kernphysikalische Methoden haben auch den Weg für innovative Diagnose und Therapiemethoden eröffnet. Markante Beispiele aus der jüngeren Zeit sind die Helium-3-Kernspintomografie und die Krebstherapie mit Ionenstrahlen. In der Chemie, Biologie und Medizin stellt die Anwendung von radioaktiven Markern eine Standardtechnik dar, um Reaktionsmechanismen und –raten zu bestimmen. Lungendiagnose über die neu entwickelte Helium-3-Kernspintomografie Nachweis von Tritium-markierten Proteinen in Bakterien über die Methode der Autoradiografie. Festkörperforschung In der Festkörperphysik dienen Neutronen und radioaktive Kerne als Sonden, um Kristall- und magnetische Strukturen von Materialien zu untersuchen. Geologie In der Geologie lassen sich auf der Grundlage von langlebigen Isotopen und Kernreaktionsraten Datierungen für Gesteinsformationen, Felsen oder auch für Meteor-Krater durchführen. 22 Ionenstrahltherapie zur Behandlung von inoperablen Tumoren im Kopf- und Halsbereich. KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Seite 23 Klimaforschung Archäologie und Kunst Durch Messung bestimmter Isotopenkonzentrationen in polaren Eisproben aus unterschiedlichen Tiefen lassen sich Erkenntnisse über die Sonnenaktivität in den zurückliegenden 10 000 Jahren gewinnen. Daraus lässt sich abschätzen, in wie weit Änderungen der Sonneneinstrahlung für die Klimaveränderungen mit verantwortlich sind. Die Kohlenstoff-14-Datierungsmethode wird routinemäßig benutzt, um das Alter von prähistorischen Funden zu bestimmen. Die Methode der Beschleunigermassenspektroskopie hat zu einer wesentlichen Verfeinerung dieser Techniken geführt. Darüber hinaus erlauben nukleare Techniken, zerstörungsfreie Analysen an Kunstwerken durchzuführen. Ozeanographie Wenn kaltes Salzwasser im Meer absinkt, nimmt es über das im Wasser gelöste Kohlendioxid radioaktives Kohlenstoff-14 mit in die Tiefe. Auf diese Weise lässt sich über die Kohlenstoff-14-Datierungsmethode Aufschluss über Austauschzeiten von Oberflächen- und Tiefenwasser sowie über den Zustand des ozeanischen Strömungssystems gewinnen. Untersuchung der Farbglasur einer antiken Vase über die Technik der α-induzierten γ-Emission. Umweltforschung In der Umweltforschung erlauben hochempfindliche nukleare Techniken, wie die Beschleunigermassenspektroskopie, kleinste Schadstoffkonzentrationen nachzuweisen. Entwicklung neuer Materialien Die Bestrahlung von Materialien mit Gammastrahlen, Neutronen oder Ionen löst chemische Reaktionen aus, die die Eigenschaften des gesamten Materials verändern können. Auf diese Weise lassen sich gezielt neue Werkstoffe mit speziellen Eigenschaften herstellen. Herstellung von mikroskopisch feinen Kupfernadeln (Durchmesser 2 µm) durch galvanische Replikation von Ionenspuren. Test von elektronischen Apparaturen für Weltraummissionen Satelliten und Raumschiffe sind gegenüber den Bedingungen auf der Erde einer erhöhten kosmischen Strahlung ausgesetzt. Diese kann in elektronischen Schaltungen zu Informationsverfälschungen oder sogar dauerhaften Schäden führen. Beschleunigeranlagen erlauben es, diesen Effekt im Labor zu messen und die Schaltungen auf ihre Strahlenresistenz zu prüfen. Für den späteren Einsatz in der internationalen Raumstation ISS wird ein Detektor mit Ionenstrahlen getestet. 23 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Seite 24 DIE PHYSIK DER HADRONEN UND KERNE – EIN ÜBERBLICK Hadronen- und Kernphysik … Förderung und Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses In Deutschland sind auf dem Gebiet der Hadronen- und Kernphysik etwa 220 Diplomanden, 380 Doktoranden und 350 Nachwuchswissenschaftler tätig. Die Ausbildung in diesem Arbeitsfeld zeichnet sich, insbesondere bei den Experimentalphysikern aufgrund der Komplexität der Messeinrichtungen, durch eine außerordentliche Breite aus. Neben ihrer Fachdisziplin lernen die jungen Wissenschaftler übergreifend zahlreiche andere Arbeitsgebiete kennen, zum Beispiel Beschleunigertechnik, Detektorbau, Elektronik und Datenaufnahme, Hardund Software-Entwicklung sowie vielfältige Rechneranwendungen. Die Diplom- und Doktorarbeiten sind meist in größere, häufig internationale Projekte eingebettet, wodurch über die fachliche Qualifizierung hinaus Teamfähigkeit und Kommunikationsfertigkeiten im internationalen Umfeld entwickelt werden. Aufgrund dieser fassettenreichen Ausbildung haben Doktoranden aus dem Gebiet der Hadronen- und Kernphysik erfahrungsgemäß sehr gute Berufs- und Karrieremöglichkeiten, die sie flexibel und erfolgreich in den unterschiedlichsten Sparten – von der Forschung und Lehre über Industrie und Handel, Energie und Verkehr bis zu Banken, Versicherungen und Unternehmensberatungen – nutzen. Durch die Einbindung in aktuelle Forschungsthemen und die Arbeit mit modernsten Experimentiergeräten erhält der wissenschaftliche Nachwuchs – von der Diplomarbeit über die Doktorarbeit bis zur Postdoc-Zeit – eine exzellente Ausbildung. 24 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Der Rückgang der Studentenzahlen in den Naturund Ingenieurwissenschaften trifft auch das Gebiet der Hadronen- und Kernphysik. Um dem zu begegnen, gibt es zahlreiche Initiativen einzelner Institute, aber auch konzertierte Aktionen, die darauf abzielen, bereits in der Schule Interesse für die spannenden offenen Fragen der Hadronenund Kernphysik zu wecken. Hierzu zählen Tage der Forschung, Ausstellungen, Schülerlabors und Schülerpraktika, Broschüren und spezielle WebSeiten. Erste zaghafte Erfolge dieser Aktionen spiegeln sich in einem leichten Anstieg der Studienanfängerzahlen und der Bewerbungen um Diplom- und Doktorarbeiten wider. Seite 25 Um Studenten nach dem Vordiplom auf die viel versprechenden Perspektiven der Hadronen- und Kernphysik hinzuweisen, bieten einige Institute mehrwöchige Studentenprogramme an – mit großem Erfolg. Einige der Absolventen dieser Studentenprogramme finden sich inzwischen auf Lehrstühlen wieder. Die Institute der Hadronen- und Kernphysik veranstalten regelmäßig Ausstellungen, Tage der Forschung und Schülerpraktika, um über ihre Arbeit zu informieren und Interesse bei Jung und Alt zu wecken. 25 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:34 Uhr Seite 26 Hadronen- und Kernphysik – Status und Perspektiven Impressum Herausgeber: Komitee für Hadronen- und Kernphysik (KHuK) Erscheinungsdatum: Juni 2003 Internet: http://ikpp30.ikp.kfa-juelich.de/khuk/ Kontakt: Hans Ströher (Vorsitzender des KHuK) Telefon: 0 24 61 – 6 14 40 8 Fax: 0 24 61 – 6 13 93 0 E-Mail: [email protected] Redaktion: Klaus-Dieter Groß (verantwortlich), Walter F. Henning, Volker Metag, Jutta Reiß, Hans Ströher Fotos und Abbildungen: Cleber C. Ouverney (Stanford), K. Peters (FZ-Jülich), Gabriele Otto/Achim Zschau (GSI), ALICE-Kollaboration, HERMES-Kollaboration, Institut für Kernphysik/Universität Mainz, TAPS-Kollaboration, NASA Grafiken: BAUER & GUSE GmbH, GSI, Ingenieurbüro Bung Layout, Satz und Produktion: BAUER & GUSE GmbH Druck: Lautertal Druck Franz Bönsel GmbH KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:35 Uhr Seite 27 KHUK_Broschüre_18.06.03.qxd 30.06.2003 11:35 Uhr Seite 28