Erweiterte ebensrettende Maßnahmen (Advanced Life Support, ALS Anwendermanual 5. Auflage ISBN 9076934231 EAN 9789076934235 April 2006 European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen I European Resuscitation Council Advanced Life Support Course Manual (5th Edition) Editorial Board Jerry Nolan (Chairman) David Gabbott Andy Lockey Sarah Mitchell Gavin Perkins David Pitcher Jasmeet Soar Contributors Gamal Abbas Max Groenhart Koen Monsieurs Annette Alfonzo Carl Gwinnutt Jerry Nolan Hans-Richard Arntz Anthony Handley Gavin Perkins Alessandro Barelli Bob Harris David Pitcher Peter Baskett Freddy Lippert Maureen Ryan Leo Bossaert Sara Harris Claudio Sandroni Charles Deakin Andy Lockey Mike Scott Patrick Druwé David Lockey Gary Smith David Gabbott Carsten Lott Jasmeet Soar Sarah Gill Sarah Mitchell Karl Thies Illustrations Drawings by Jean-Marie Brisart - [email protected] Drawings based on original photographs taken by Mike Scott Cover page by Anita Muys, Nieuwe Mediadienst, Universiteit Antwerpen, Belgium British Thoracic Society (page 128) This manual is based on the ALS Manual (5th Edition) produced by the Resuscitation Council (UK). Acknowledgements We thank Oliver Meyer for the digital preparation of the ECG’s and rhythm strips, and Jeroen Janssens (ERC) for the administrative co-ordination Published by European Resuscitation Council Secretariat VZW, Universiteitsplein 1, BE 2610 Antwerp - Belgium. ISBN 9076934231 EAN 9789076934235 Printed by The Image Factory, Lindestraat 9, BE 2880 Bornem, Belgium © European Resuscitation Council 2006. All rights reserved. No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system, or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording or otherwise, without the prior written permission of the ERC. Disclaimer: No responsibility is assumed by the authors and the publisher for any injury and/or damage to persons or property as a matter of products liability, negligence or otherwise, or from any use or operation of any methods, products, instructions or ideas contained in the material herein. Because of rapid advances in the medical sciences, the editor recommends that independent verification of diagnosis should be made. II Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Erweiterte lebensrettende Maßnahmen (Advanced Life Support, ALS) im Überblick 1 Kapitel 2 Erkennung von Risikopatienten und die Vermeidung eines Kreislaufstillstandes 5 Kapitel 3 Akute Koronarsyndrome (ACS) 13 Kapitel 4 Versorgung des Kreislaufstillstands im Krankenhaus 25 Kapitel 5 Behandlungsalgorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (Advanced Life Support Algorithm) 33 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung 41 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik 57 Kapitel 8 Defibrillation 75 Kapitelr 9 Verabreichung von Medikamenten 85 Kapitel 10 Medikamente 91 Kapitel 11 Schrittmacherstimulation des Herzens 103 Kapitel 12 Herzrhythmusstörungen vor und nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand 109 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen 117 Kapitel 14 Die Versorgung nach der Wiederbelebung 139 Kapitel 15 Ethische und rechtliche Aspekte der Reanimation 149 Kapitel 16 Unterstützung von Angehörigen während der Reanimation 153 Kapitel 17 Analyse und Outcome nach einem Kreislaufstillstand 157 Appendix 1 LBLS 163 Appendix 2 Useful websites 169 European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen III Glossary Throughout this publication: ■ the masculine pronouns he, him and his are used generically; ■ the terms cardiopulmonary arrest, cardiorespiratory arrest and cardiac arrest have been used interchangeably; ■ adrenaline is the preferred term for adrenaline/epinephrine. AC ACEI ACS AED AF ALS AMI AV AVNRT AVRT BLS BP CCU CK CHB CPR CVP DC DNAR ECG ED EMS GCS HDU ICD ICU IM IO IV JVP Lidocaine LMA LMAP alternating current angiotensin converting enzyme inhibitor acute coronary syndrome automated external defibrillator atrial fibrillation advanced life support acute myocardial infarction atrioventricular as in atrioventricular node AV nodal re-entry tachyarrhythmia AV re-entry tachyarrhythmia basic life support- no equipment is used except protective devices blood pressure coronary care unit creatine kinase complete heart block cardiopulmonary resuscitation - refers to chest compressions and ventilations central venous pressure direct current do not attempt resuscitation electrocardiogram emergency department emergency medical services, e.g. ambulance service glasgow cana scale high dependence unit implantable cardioverter-defibrillator intensive care unit intramuscular intraosseous intravenous jugular venous pressure the preferred term for lignocaine laryngeal mask airway LMA ProsealTM LT LV MET MILS NSTEMI PCI PEA ROSC RV SA SBP SCA STEMI SVT VF VT VF/VT WPW laryngeal tube left ventricular medical emergency team manual in-line stabilisation non-ST elevation myocardial infarction percutaneous coronary intervention pulseless electrical activity return of spontaneous circulation right ventricular sino-atrial as in sino-atrial node systolic blood pressure sudden caroliace arrest ST elevation myocardial infarction supraventricular tachycardia ventricular fibrillation ventricular tachycardia VF/pulseless VT Wolff-Parkinson-White syndrome IV Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Erweiterte lebensrettende Maßnahmen (Advanced Life Support, ALS) Kapitel im Überblick Einleitung: Die Problematik Ischämische Herzerkrankungen sind weltweit die Haupttodesursache. In Europa sind kardiovaskuläre Erkrankungen für ungefähr 40% aller Todesfälle vor dem 75. Lebensjahr verantwortlich. Der plötzliche Herztod ist ursächlich für mehr als 60 % der Todesfälle bei Erwachsenen mit koronarer Herzerkrankung (KHK). Gesammelte Daten aus 37 europäischen Ländern zeigen, dass die jährliche Inzidenz von rettungsdienstlich behandelten Kreislauf-Atem-Stillständen (alle Rhythmen umfassend) bei 38 Fällen pro 100.000 Einwohner liegt. Basierend auf diesen Daten, liegt die jährliche Häufigkeit durch Kammerflimmern (Ventricular Fibrillation, VF) bedingter Kreislaufstillstände bei 17 pro 100.000. Die Krankenhausentlassungsrate beträgt 10,7 % bezogen auf alle Kreislaufstillstände,und 21,2 % bei durch Kammerflimmern (VF) ausgelöste Kreislaufstillständen. Ein Drittel aller Menschen, die einen Myokardinfarkt erleiden, sterben vor Aufnahme in ein Krankenhaus. Die meisten sterben innerhalb einer Stunde nach dem Beginn der akuten Symptome. Beim größten Teil dieser Todesfälle ist der abgeleitete Rhythmus ein Kammerflimmern (VF) oder eine pulslose ventrikuläre Tachykardie (VT). Die einzige wirksame Behandlung dieser beiden Arrhythmien ist ein Defibrillationsversuch, denn mit jeder Minute Verzögerung sinken die Chancen einer erfolgreichen Defibrillation um ungefähr 7-10 %. Unter stationären Bedingungen liegt die Häufigkeit für Kammerflimmern (VF) nach Myokardinfarkt bei ungefähr 5 %. Die Inzidenz innerklinischer Kreislaufstillstände ist schwierig zu bewerten, da diese stark beeinflusst wird von Faktoren, wie den Kriterien einer Krankenhausaufnahme oder der Implementierung von Behandlungsprotokollen für Fälle, in denen auf Reanimationsmaßnahmen verzichtet werden soll (do-not-attempt-resuscitation/ DNAR policies). Die Häufigkeit eines primären 1 Kreislaufstillstandes liegt innerklinisch bei ungefähr 1,5 - 3 Fällen pro 1000 Aufnahmen. Bei etwa zwei von drei innerklinischen Kreislaufstillständen ist der initial abgeleitete Rhythmus entweder eine Asystolie oder eine pulslose elektrische Aktivität (PEA). Viele dieser Patienten weisen signifikante Begleiterkrankungen auf, die den initialen Rhythmus beeinflussen. In diesen Fällen kommen Strategien zur Verhinderung eines Kreislaufstillstandes eine besondere Bedeutung zu. Die Überlebenskette Die Gesamtheit der Interventionen, die zu einem erfolgreichen Outcome nach einem Kreislaufstillstand führen, können als Kette betrachtet werden, welche als „Überlebenskette“ bezeichnet wird. (Abbildung 1.1) Da eine Kette nur so stark ist, wie ihr schwächstes Glied, müssen alle vier Glieder der Überlebenskette stark sein. Sie umfassen: • Frühzeitiges Erkennen und Hilferuf; • Frühzeitige kardiopulmonale Reanimation (CPR); • Frühzeitige Defibrillation; • Maßnahmen zur Versorgung nach einer Reanimation. Frühzeitiges Erkennen und Hilfefruf Außerklinisch sollte die Bedeutung von Brustschmerzen frühzeitig erkannt werden und Betroffene oder Ersthelfer veranlassen, den Rettungsdienst zu alarmieren; die daraus resultierende Notfallbehandlung kann einen Kreislaufstillstand verhindern. Nach einem außerklinischen Kreislaufstillstand ist der rasche Zugang zum Rettungsdienst überlebenswichtig. In den meisten europäischen Ländern erfolgt der Notruf über eine einheitliche Telefonnummer. Abbildung 1.1 Die Überlebenskette European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen KAP 1 Kapitel 1 Erweiterte lebensrettende Maßnahmen (Advanced Life Support, ALS) Land Notrufnummer Deutschland 112, 19222 (Rettungsdienst) Italien 112, 113, 115, 118 Österreich 112, 144 (Rettung) Schweiz 144 (Rettungsdienst) Innerklinisch ist es entscheidend, dass lebensbedrohlich erkrankte Patienten mit erhöhtem Risiko eines Kreislaufstillstandes frühzeitig erkannt werden. Durch rechtzeitiges Hinzuziehen eines medizinischen Notfallteams soll das Eintreten eines Kreislaufstillstandes verhindert werden (Kapitel 2). In allen Krankenhäusern sollte eine einheitliche Telefonnummer zur Alarmierung des Notfallteams etabliert werden. Kommt es zu einem Kreislaufstillstand, darf der Defibrillationsversuch nicht verzögert werden, bis das Notfallteam eintrifft. Das medizinische Personal sollte im Umgang mit Defibrillatoren geschult werden. Frühzeitige kardiopulmonale Reanimation (CPR) Durch Herzdruckmassage und Beatmung kann die Schädigung von Gehirn und Herz des Opfers verzögert werden. Nach außerklinischem Kreislaufstillstand wird durch Ersthelfer-CPR die Zeitspanne für eine erfolgreiche Reanimation verlängert und damit die Überlebenschance wahrscheinlich verdoppelt. Ungeachtet dieser Tatsache kommt es in den meisten europäischen Ländern nur in einer Minderheit der Fälle zu einer Ersthelferreanimation. Nach innerklinischem Kreislaufstillstand muss umgehend mit Herzdruckmassage und Beatmung begonnen werden. Dadurch sollte jedoch eine Defibrillation bei Patienten mit Kammerflimmern (VF) oder pulsloser ventrikulärer Tachykardie (VT) nicht verzögert werden. Unterbrechungen der Herzdruckmassage müssen zeitlich minimiert werden und sollten sich auf Phasen von Defibrillationsversuchen und Rhythmuskontrolle beschränken. Maßnahmen zur Versorgung nach einer Reanimation Die Rückkehr eines Spontankreislaufes (Return of spontaneous circulation, ROSC) ist eine wichtige Phase im Verlauf einer Reanimation. Das endgültige Ziel ist die Wiederherstellung einer normalen zerebralen Funktion, eines stabilen Herzrhythmus´ sowie einer normalen Hämodynamik des Partienten, so dass dieser die Klinik in angemessener Gesundheit und mit minimalem Risiko eines erneuten Kreislaufstillstandes verlassen kann. Die Qualität der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (ALS) in der Postreanimationsphase beeinflusst das letztliche Outcome des Patienten. Die Postreanimationsphase beginnt am Ort der Rückkehr eines Spontankreislaufes. Der ALS-Anwender muss in der Lage sein, die Maßnahmen zur Versorgung nach einer Reanimation mit hoher Qualität durchzuführen, bis der Patient in eine geeignete Intensivbehandlungseinheit transferiert wird. Wissenschaft und Leitlinien Ende 2005 wurde der Internationale Konsensus zur Kardiopulmonalen Reanimation und Kardiovaskulären Notfallmedizin mit den Behandlungsempfehlungen veröffentlicht. Er ist das Ergebnis einer anhaltenden Zusammenarbeit von Reanimationsexperten weltweit. Die Reanimationsleitlinien 2005 des European Resuscitation Council (ERC) leiten sich aus diesem Konsensdokument ab und der Inhalt des vorliegenden Anwendermanuals basiert auf diesen Leitlinien. Die meisten Wiederbelebungsorganisationen Europas haben die Leitlinien des ERC ratifiziert und übernommen. Frühzeitige Defibrillation Nach außerklinischem Kreislaufstillstand ist es das Ziel, einen Defibrillationsversuch, sofern indiziert, innerhalb von fünf Minuten nach Eingang des Notrufs durchzuführen. Vielerorts kann dies nur durch die Einführung von Programmen zur Ersthelferdefibrillation (Public Access Defibrillation, PAD) mit halbautomatischen Defibrillatoren (AEDs) erreicht werden. Innerklinisch sollte eine ausreichende Anzahl medizinischen Fachpersonals in der Benutzung eines Defibrillators ausgebildet und authorisiert sein. Damit soll gewährleistet werden, dass der ersteintreffende Helfer bei einem Kreislaufstillstand, falls indiziert, unverzüglich einen Defibrillationsversuch unternehmen kann. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council KAP 1 ALS-Algorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (ALS) bei Erwachsenen Keine Reaktion? Atemwege freimachen Auf Lebenszeichen achten Reanimationsteam verständigen CPR 30:2 bis Defibrillator/EKG-Monitor angeschlossens Rhythmus beurteilen defibrillierbar (VF / pulslose VT) 1 Shock 150-360 J biphasisch oder 360 J monophasic Sofort weiterführen 30:2 2 min Nicht-difibrillierbar (PEA / Asystolie) Während der CPR: • Reversible Ursachen* beheben* • Elektrodenposition und -kontakte überprüfen • Intravenösen Zugang legen/ überprüfen • Sauerstoffgabe • Atemwege sichern • Wenn endotracheal intubiert, Herzdruckmassage ohne Unterbrechung • Adrenalin alle 3-5 min • Amiodaron, Atropin, Magnesium erwägen Sofort weiterf¨hren 30:2 2 min *Reversible Ursachen Hypoxie Hypovolëmie Hypo-/hyperkalëmie & metabolische Störungen Hypothermie Herzbeuteltamponade Intoxikationen Thrombose (koronar oder pulmonal) Spannungspneumothorax Abbildung 1.2 Algorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (ALS) bei Erwachsenen endotracheal intubiert gegen Atemweg gesichert austauschen European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Kapitel 1 Erweiterte lebensrettende Maßnahmen (Advanced Life Support, ALS) ALS-Algorithmus Der universelle Algorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (ALS-Algorithmus, Abbildung 1.2) ist zentraler Inhalt des ALS-Kurses. Er ist in den meisten Reanimationssituationen anwendbar. Bei bestimmten Umständen können Modifikationen erforderlich sein (siehe Kapitel 13). Der ALS-Kurs Der Kurs der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (Advanced Life Support, ALS) bietet einen standardisierten Ansatz zur kardiopulmonalen Reanimation Erwachsener. Der Kurs richtet sich an Ärzte, Krankenpflege- und anderes medizinisches Fachpersonal, von denen erwartet wird, dass sie innerund außerklinisch ALS-Maßnahmen durchführen. Der multidisziplinäre Charakter des Kurses fördert eine effektive Teamarbeit. Durch das gemeinsame Training haben alle ALS-Anwender während des Kurses die Möglichkeit, sowohl als Teammitglieder, als auch als Teamleiter eines Notfallteams Erfahrungen zu sammeln. Weiterführende Literatur Nolan JP, Deakin CD, Soar J, Bottiger BW, Smith G. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 4: Adult advanced life support. Resuscitation 2005; 67 International Liaison Committee on Resuscitation. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005;67 Pell JP, Sirel JM, Marsden AK, Ford I, Walker NL, Cobbe SM. Presentation, management, and outcome of out of hospital cardiopulmonary arrest: comparison by underlying aetiology. Heart 2003;89:839-42. Atwood C, Eisenberg MS, Herlitz J, Rea TD. Incidence of EMS-treated outof-hospital cardiac arrest in Europe. Resuscitation 2005;67:75-80. Hodgetts TJ, Kenward G, Vlackonikolis I, et al. Incidence, location and reasons for avoidable in-hospital cardiac arrest in a district general hospital. Resuscitation 2002;54:115-23. management, and outcome of out of hospital cardiopulmonary arrest: comparison by underlying aetiology. Heart 2003;89:839-42. Atwood C, Eisenberg MS, Herlitz J, Rea TD. Incidence of EMS-treated outof­hospital cardiac arrest in Europe. Resuscitation 2005;67:75-80. Hodgetts TJ, Kenward G, Vlackonikolis I, et al. Incidence, location and reasons for avoidable in-hospital cardiac arrest in a district general hospital. Resuscitation 2002;54:115-23. Der Kurs besteht aus Workshops, Übungsstationen, Szenariotraining simulierter Kreislaufstillstände und Vorträgen. Das Wissen der Teilnehmer wird durch einen Multiple-Choice-Test bewertet. Praktische Fertigkeiten im Atemwegsmanagement und in der initialen Versorgung eines kollabierten Patienten (einschließlich einer ggf. indizierten Defibrillation), werden kontinuierlich evaluiert. Eine weitere Überprüfung erfolgt im Rahmen eines simulierten Kreislaufstillstandsszenarios. Kursteilnehmer, die den geforderten Standard erreichen, erhalten ein Zertifikat als ALS-Provider. Es hat sich gezeigt, dass Wissen und Fertigkeiten von Reanimationsmaßnahmen mit der Zeit abnehmen. Daher ist eine regelmäßige Re-Zertifizierung erforderlich. Die Re-Zertifizierung bietet die Gelegenheit zur Auffrischung von Reanimationsfertigkeiten und zur Aktualisierung der Leitlinienkenntnis. Dies kann durch die erneute Teilnahme an einem Anwenderkurs oder an einem akkreditierten Rezertifikationskurs geschehen. Alle ALS-Anwender stehen in der Verantwortung, ihre Reanimationsfertigkeiten aufrecht zu erhalten und ihre Kenntnisse über Änderungen von Leitlinen und praktischen Vorgehensweisen auf den aktuellsten Stand zu bringen. Die Notwendigkeit einer Re-Zertifizierung sollte als absolute Minimalanforderung zur Auffrischung von Fertigkeiten und Wissen gesehen werden. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Erkennung von Risikopatienten und die Vermeidung eines Kreislaufstillstandes Lernziele ■ Bedeutung der frühzeitigen Erkennung kritisch erkrankter Patienten. ■ Ursachen für einen Kreislaufstillstand bei Erwachsenen. ■ Identifikation und Behandlung von Risikopatienten mit Hilfe des ABCDESchemas. Einführung Die meisten Patienten mit einem Kreislaufstillstand versterben. Bei überlebenden Patienten im Krankenhaus ist der Kreislaufstillstand häufig beobachtetet und zeigt Kammerflimmern im Monitor-EKG. Ursächlich ist häufig eine primäre myokardiale Ischämie, die Patienten können prompt und erfolgreich defibrilliert werden. Bei den meisten stationär aufgenommenen Patienten stellt ein Kreislaufstillstand weder ein plötzliches noch ein unvorhersehbares Ereignis dar. In circa 80 % der Fälle kommt es in den Stunden vor dem Kreislaufstillstand zu einer klinischen Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Diese Patienten zeigen oft eine langsame und fortschreitende Verschlechterung ihrer Vitalparameter, häufig in Verbindung mit einer nicht erkannten oder nur unzureichend therapierten Hypoxie und Hypotension. Der dem Kreislaufstillstand zugrunde liegende EKG-Befund ist bei dieser Patientengruppe meistens ein nicht defibrillierbarer Rhythmus (PEA oder Asystolie), die Überlebenswahrscheinlichkeit bis zur Krankenhausentlassung ist extrem schlecht. Die frühe und effektive Behandlung kritisch erkrankter Patienten kann möglicherweise einen innerklinischen Kreislaufstillstand, den Tod des Patienten und eine ungeplante Aufnahme auf der Intensivstation verhindern. Risikopatienten, die eine Reanimation für sich selber ablehnen, oder für die aus verschiedensten Gründen ein Reanimationsversuch nicht mehr angemessen wäre, können durch frühzeitiges Erkennen der Situation gleichfalls identifiziert werden. Erkennen von Risikopatienten Klinische Zeichen für eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes sind unabhängig von der Grunderkrankung zumeist sehr ähnlich, d.h. sie äußern sich in einer Verschlechterung der Atemfunktion, der Kreislaufsituation und im neurologischen Erscheinungsbild. Mithilfe des ABCDE-Schemas lassen European Resuscitation Council Chapter 2 sich diese Probleme identifizieren. Bei Patienten auf Normalstationen liegt häufig eine pathologisch veränderte Physiologie vor. Trotzdem findet eine Erfassung und Dokumentation von wichtigen Vitalparametern bei akut Erkrankten häufig nur unzureichend statt. Diese Tatsache ist erstaunlich, weil schon eine pathologisch veränderte Atemfrequenz einen drohenden Kreislaufstillstand anzuzeigen vermag. Viele Krankenhäuser verwenden heutzutage feste Alarmierungsregeln oder standardisierte FrühwarnSysteme (z.B. EWS = Early-Warning-Scores) um rechtzeitig gefährdete Patienten zu erfassen. Durch die Zuordnung von Punktwerten für die erhobenen Vitalparameter werden Abweichungen von vorher definierten „Normalwerten“ bewertet. Aus der Summe der Werte, oder der Beurteilung von Einzelwerten wird der Grad der nötigen Intervention abgeleitet, z.B. eine Verkürzung der Messintervalle, die Alarmierung des Stationsarztes oder des Notfall-Teams. Eine Alternative zu Frühwarnscoringsystemen sind feste Alarmierungsregeln, die jeweils bei Feststellung eines oder mehreren extrem veränderten Vitalparametern eine Alarmierung auslösen. Die Überlegenheit eines dieser Systeme konnte bisher nicht gezeigt werden. Auch nach Information der Ärzte wegen der akuten Verschlechterung der Vitalzeichen eines Patienten kommt es oft zu Verzögerungen bis zur definitiven Behandlung bzw. Verlegung des Patienten auf eine Intensiv- oder Wachstation. Behandlung der akuten Erkrankung Der traditionelle Ansatz einen Kreislaufstillstand zu behandeln ist die Entsendung eines Reanimationsteams. Die Begriffe „Reanimationsteam“ oder „Herzalarmteam“ machen deutlich, dass diese Teams erst bei einem eingetretenen Kreislaufstillstand aktiviert werden. In einigen Krankenhäusern wurde das Reanimations-Team durch andere Behandlungs-Teams ersetzt. Ein Beispiel ist das Medical-Emergency-Team = MET (Medizinische Notfallteam), das nicht nur bei einem Kreislaufstillstand alarmiert wird, sondern auch für Patienten mit einer akuten Verschlechterung des Allgemeinzustandes zur Verfügung steht. Das MET besteht im Allgemeinen aus Ärzten und Pflegepersonal der Intensivstationen und/ oder der Inneren Medizin, die anhand von spezifischen Einsatzkriterien angefordert werden (siehe Tabelle 2.1). Dabei kann jeder Mitarbeiter des Krankenhauses ein medizinisches Notfallteam (MET) anfordern. Eine frühzeitige Involvierung des MET könnte die Anzahl der innerklinischen Kreislaufstillstände, Todesfälle und ungeplante Aufnahmen auf die Intensivstation senken. Einige der häufigsten Interventionen des MET sind Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen KAP 2 Kapitel 2 Erkennung von Risikopatienten und die Vermeidung eines Kreislaufstillstandes einfache Maßnahmen, wie z.B. die Gabe von Sauerstoff oder Infusionen. In der Praxis müssen die Vorzüge eines MET-Systems aber noch belegt werden. Ein System der vorbeugenden Behandlung auf der peripheren Station (pre-emptive ward care) mit intensivierten Pflege + Behandlungsmaßnahmen (critical care outreach) wurde in Großbritannien entwickelt. Diese Sonderteams existieren in verschiedenster Ausprägung, z.B. als ein einzelner Pflegekraft-Dienst (häufig Intensivpflegepersonal) bis hin zu einem multiprofessionellen Team, das 24-Stunden am Tag verfügbar ist. Ein System der vorbeugenden Behandlung auf der peripheren Station könnte Todesfälle reduzieren, Komplikationen in der postoperativen Phase verhindern, sowie die Aufnahmefrequenz und vor allem die Wiederaufnahme auf die Intensivstation vermindern, und so letztendlich die Gesamtüberlebensrate verbessern. Idealerweise werden kritisch kranke Patienten auf eine Station im Krankenhaus verlegt, die eine größtmögliche Versorgungskapazität bzw. Organersatztherapie anbieten kann. Das sind im Allgemeinen die Sonderfunktionsbereiche wie die Intensivstation, Wachstation und der Schockraum. Das ärztliche und pflegerische Personal in diesen Funktionsbereichen sollte Erfahrungen im Advanced-Life-Support haben, und in allen nötigen Fertigkeiten geübt sein. An Wochenenden und in der Nacht ist die Personalbesetzung in den Krankenhäusern am niedrigsten, dies hat Auswirkungen auf die Patientenüberwachung, die Behandlung und auf den Behandlungserfolg. Die Aufnahme in einem Krankenhaus auf eine periphere Station am Abend oder am Wochenende ist mit einer erhöhten Mortalität verbunden. Einige Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Kreislaufstillstand im Krankenhaus am Abend oder in der Nacht häufiger nicht beobachtet ist und mit einer niedrigeren Überlebenswahrscheinlichkeit vergesellschaftet ist. Eine Verlegung von der Intensivstation auf Normalstationen in der Nacht ist mit einer größeren Mortalität verbunden als eine Verlegung am Tage oder die Verlegung auf eine Wachstation. TABLLE 2.1. KRITERIEN ZUR ALARMIERUNG DES MEDIZINISCHEN NOTFALLTEAMS (MET) Akute Physiologie: Veränderung: Atemweg Bedroht Atmung Jeder Atemstillstand Atemfrequenz < 5/min Atemfrequenz > 36/min Kreislauf Jeder Kreislaufstillstand Pulsfrequenz < 40/min Pulsfrequenz > 140/min Systolischer Blutdruck < 90 mmHg Neurologie Sudden decrease in level of consciousness Decrease in GCS of > 2 points Repeated or prolonged seizures Sonstiges Any patient causing concern who does not fit the above criteria Ursachen für einen Kreislaufstillstand Ein Kreislaufstillstand kann durch ein primäres Problem der Atemwege oder der Atmung verursacht, oder primär kardiovaskulär bedingt sein. Verlegung der Atemwege Eine detaillierte Darstellung über das Management der Atemwege finden Sie im Kapitel 6 des Handbuchs.. Ursachen Eine Obstruktion der Atemwege kann komplett oder partiell sein. Eine komplette Obstruktion führt rasch zu einem Kreislaufstillstand. Eine partielle Verlegung geht häufig einer kompletten voraus. Eine partielle Verlegung kann zu einem Hirn- oder Lungenödem, zu allgemeiner Erschöpfung, zu einem sekundären Versagen des Atemantriebs, zu einem hypoxischen Hirnschaden, sowie zu einem Kreislaufstillstand führen. Ursachen für eine Atemwegsobstruktion: • Blut • Erbrochenes • Fremdkörper (z.B. Zähne, Essen) • Direkte Gesichts- oder Halsverletzungen • Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems • Epiglottitis • Schwellung des Pharynx (z.B. bei Infektion, Ödem) • Laryngospasmus • Bronchospasmus • Bronchialsekret Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Eine Beeinträchtigung des zentralen Nervensystems kann zum Verlust der Atemwegskontrolle und der Schutzreflexe führen. Zu den Ursachen zählen Kopfverletzungen, intrazerebrale Störungen, Hyperkapnie, die Vigilanz einschränkenden Auswirkungen metabolischer Störungen (z.B. Diabetes mellitus), sowie Drogen einschließlich Alkohol, Opioiden und Anästhetika. Durch Stimulation der oberen Atemwege bei einem bewusstseinsgetrübtem Patienten kann es zu einem Laryngospasmus kommen, sofern die Schutzreflexe noch erhalten sind. Erkennung Die Beurteilung der Atemwege ist bei jedem Patienten mit erhöhtem Obstruktionsrisiko wichtig. Ein Patient bei Bewusstsein wird über Schwierigkeiten beim Atmen klagen. Er kann Erstickungsanfälle haben und wirkt gestresst. Bei einer teilweisen Verlegung entstehen hörbare Atemgeräusche. Bei einer kompletten Verlegung ist keine Atmung zu hören, und es gibt keine Luftbewegung am Mund des Patienten. Sind Atembewegungen vorhanden, dann sind diese meist sehr angestrengt. Typisch ist der Einsatz der Atemhilfsmuskulatur und inverse Atembewegungen („Schaukelatmung“), d.h. bei der Einatmung wird die Brust eingezogen und das Abdomen hebt sich, während bei der Ausatmung das Gegenteil zu beobachten ist. Behandlung Bei der Behandlung ist vorrangig sicherzustellen, dass die Atemwege frei bleiben. Die Behandlung sollte alle Probleme berücksichtigen, die den Atemweg gefährden. Zum Beispiel soll Blut und Erbrochenes durch Absaugung aus den Atemwegen entfernt werden und der Patient in Seitenlage gebracht werden, sofern dies nicht kontraindiziert ist. Die Gabe von Sauerstoff soll so früh als möglich beginnen. Bei jedem Patienten mit eingeschränktem Bewusstsein, aus welchem Grund auch immer, sollte auf eine aktuelle oder drohende Atemwegsverlegung geachtet werden. Es müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Atemwege zu schützen und weitere Komplikationen wie die Aspiration von Mageninhalt zu verhindern. Eine Vielzahl von Maßnahmen kann nötig werden; z.B. die Versorgung des Patienten in Seitenlage oder mit erhöhtem Oberkörper, eine Überstreckung des Kopfes, die Anwendung des Esmarch-Handgriffs, die Verwendung eines Oropharyngeal- oder Nasopharyngeal-Tubus zum Offenhalten der oberen Atemwege, die geplante endotracheale Intubation oder Tracheostomie, oder auch die Platzierung einer Magensonde, um den Magen zu entleeren. Atmungsprobleme Ursachen Eine Ateminsuffizienz kann akut oder chronisch sein. Sie kann kontinuierlich oder intermittierend auftreten. Sie kann so ausgeprägt sein, dass sie einen Atemstillstand verursacht, der sehr schnell zu einem Kreislaufstillstand European Resuscitation Council führt. Ein Atemstillstand entsteht häufig durch die Kombination mehrerer Faktoren. Bei Patienten mit chronischer respiratorischer Beeinträchtigung kann sich zum Beispiel durch eine Lungeninfektion, Muskelschwäche oder Rippenbrüche die Atemfunktion weiter verschlechtern. Sobald die Atmung nicht mehr ausreicht um das Blut adäquat zu oxygenieren, kommt es eventuell zu einem Kreislaufstillstand. Atemantrieb Depression des zentralen Nervensystems kann den Atemantrieb herabsetzen oder ganz aufheben. Die Ursachen sind die gleichen wie bei der Obstruktion der Atemwege. Atemarbeit Die wichtigsten Atemmuskeln sind das Zwerchfell und die Interkostalmuskeln. Letztere werden auf Höhe der jeweiligen Rippe innerviert und können durch eine Rückenmarksverletzung oberhalb dieser Ebene gelähmt werden. Die Innervation des Zwerchfells erfolgt auf Höhe des dritten, vierten und fünften Halswirbels. Bei einer schweren Verletzung des Rückenmarks oberhalb dieses Niveaus ist eine Spontanatmung nicht mehr möglich. Wegen Muskelschwäche oder Nervenschädigung kann es bei vielen Erkrankungen zu einer unzulänglichen Atemarbeit kommen (z.B. Myasthenia gravis, GuillainBarré-Syndrom, multiple Sklerose). Chronische Unterernährung und eine schwere, lang anhaltende Erkrankung können ebenfalls zu einer allgemeinen Schwäche beitragen. Die Atmung kann auch durch einschränkende Anomalien der Thoraxwand, wie eine Kyphoskoliose, beeinträchtigt werden. Schmerzen aufgrund von Rippen- oder Sternumfrakturen können tiefe Atemzüge und Husten verhindern. Lungenerkrankungen Die Lungenfunktion ist beim Pneumothorax oder Hämatothorax eingeschränkt. Ein Spannungspneumothorax führt zu einer rapiden Verschlechterung des Gasaustauschs, zur Verringerung des venösen Rückflusses zum Herzen und zu einem starken Abfall der kardialen Auswurfleistung. Schwere Lungenerkrankungen behindern den Gasaustausch. Zu den Ursachen zählen Infektionen, Aspiration, Verschlimmerung einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), Asthma, Lungenembolie, Lungenkontusion, akutes Atemnotsyndrom (ARDS) und Lungenödem. Erkennung Ein Patient, der bei Bewusstsein ist, wird oft über Kurzatmigkeit klagen und gestresst wirken. Anamnese und Untersuchung werden meist auf die zugrunde liegende Ursache hinweisen. Reizbarkeit, Verwirrung, Lethargie und eine Bewusstseinstrübung können Zeichen einer Hypoxämie und Hyperkapnie sein. Eine Zyanose kann sichtbar sein, sie ist aber ein sehr spätes Zeichen. Eine schnelle Atemfrequenz (> 30/min) ist ein Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen KAP 2 Kapitel 2 Erkennung von Risikopatienten und die Vermeidung eines Kreislaufstillstandes nützlicher und einfacher Indikator für Atemprobleme. Die Pulsoxymetrie bietet eine einfache und nicht invasive Methode zur Beurteilung der Oxygenierung. Sie ist jedoch kein zuverlässiger Indikator für die Ventilation, so dass hierfür eine Blutgasanalyse erforderlich ist, um Werte für den arteriellen Kohlendioxyd-Partialdruck (PaCO2) und den pH zu erhalten. Bei einem Patienten mit schweren respiratorischen Problemen sind Anstieg des PaCO2 und Absinken des pH häufig späte Zeichen für eine Verschlechterung. Behandlung Jedem hypoxischen Patienten sollte Sauerstoff verabreicht werden. Dann sollte die Behandlung auf die zugrunde liegenden Ursachen gerichtet werden. So sollte zum Beispiel bei einer Thoraxverletzung in der Anamnese ein Spannungspneumothorax vermutet und durch klinische Zeichen und Symptome bestätigt werden. Nach Bestätigung der Diagnose sollte unverzüglich durch Punktion mit einer großen Kanüle (14 G), im zweiten Interkostalraum in der Medioklavikularlinie, eine Entlastung durchgeführt werden (Nadelthorakocentese). Kommt es bei Atemstörungen zur Erschöpfung benötigt der Patient eine respiratorische Unterstützung. Mit einer nicht-invasiven Beatmung (Non-Invasive-Ventilation) über Maske oder Helm kann unter Umständen eine Intubation verhindert werden. Für Patienten die selbst mit Unterstützung nicht mehr adäquat atmen können, muss eine kontrollierte Beatmung mit Sedierung und Intubation durchgeführt werden. Kreislaufprobleme Ursachen Bei einem Kreislaufstillstand werden nur in wenigen Fällen keine zu Grunde liegenden Störungen des Herz-Kreislaufsystems gefunden. Diese können durch primäre Herzerkrankungen oder durch eine sekundäre Beteiligung des Herzens bei anderen Erkrankungen bedingt sein. Das Herz kann plötzlich stillstehen oder über eine gewisse Zeit einen unzureichenden Auswurf produzieren, bevor es dann zum Stillstand kommt. Primäre Herzprobleme Die häufigste kardiale Ursache für einen Kreislaufstillstand ist eine ischämie- oder infarkt- bedingte Arrhythmie. Ein rhythmogener Kreislaufstillstand kann auch durch andere Herzerkrankungen, Überleitungsstörungen, Stromschlag oder einige Medikamenten verursacht sein. Ursachen für ein Kammerflimmern • Akutes- Koronar-Syndrom (siehe Kapitel 3) • Hypertensive Herzerkrankung • Erkrankung der Herzklappen • Medikamente (z.B. Antiarrhythmika, trizyklische Antidepressiva, Digoxin) • Vererbte Herzkrankheiten (z.B. das long-QTSyndrom) • Azidose • Pathologisch veränderte Elektrolytkonzentrationen (z.B. Kalium, Magnesium, Kalzium) • Hypothermie - Stromschlag Zum plötzlichen kardial bedingten Kreislaufstillstand kann es auch bei Klappenfehlern, Herzversagen, Herzbeuteltamponade, Ruptur des Herzmuskels, Myokarditis und hypertrophen Kardiomyopathien kommen. Sekundäre Herzprobleme Das Herz wird auch von anderen Vorgängen im Organismus beeinflusst. Zum Beispiel kann es zum Herzstillstand durch eine Asphyxie in Folge einer Atemwegsverlegung oder einer Apnoe kommen, durch einen Spannungspneumothorax, oder durch einen schweren Blutverlust. Bei schwerer Hypoxämie und Anämie, Hypothermie, Verminderung der Perfusion und schwerem septischen Schock kann ebenfalls ein Kreislaufstillstand auftreten. Erkennung Zu den Erkennungszeichen einer Herzerkrankung gehören Brustschmerz, Kurzatmigkeit, Tachykardie, Bradykardie, Erhöhung der Atemfrequenz, Hypotension, eine schlechte periphere Durchblutung (Verlängerung der Kapillarreperfusionszeit), Veränderungen des Bewusstseinszustandes und die Oligurie. Den plötzlichen Herztod erleiden am häufigsten Menschen mit einer nicht erkannten, vorbestehenden Herzkrankheit. Obwohl das Risiko bei Patienten mit bekannter schwerer Herzkrankheit größer ist, kommt der plötzliche Herztod häufiger bei Menschen mit nicht vorbekannter Herzkrankheit vor. Ursachen für eine initial asymptomatische Herzerkrankung sind die hypertensive Herzkrankheit, Aortenklappenerkrankungen, Kardiomyopathien, die Myokarditis und eine stille Ischämie. Nur wenige Fälle von plötzlichem Herztod ereignen sich bei Patienten mit leerer kardialer Anamnese und mit einem scheinbar normalen Herz. Diese Patienten sind meist jung, aktiv und haben keine relevanten Vorerkrankungen. Risikofaktoren für Herzerkrankungen sind: fortgeschrittenes Alter, eine positive Familienanamnese, männliches Geschlecht, Nikotinabusus, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie und Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Hypertonie. Von einer zunehmende Anzahl kardialer Erkrankungen weiß man, dass sie mit genetischen Markern assoziiert sind, wie z.B. hypertrophe Kardiomyopathie, rechtsventrikuläre Dysplasie oder eine Verlängerung des QT-Intervalls. Die erfolgreichste Prävention zielt auf die Behandlung der zugrunde liegenden Herzkrankheit ab. Die häufigste klinische Manifestation einer koronaren Herzerkrankung ist der Brustschmerz (Siehe Kapitel 3). Behandlung AEine ausführliche Beschreibung der Behandlung eines akuten Koronarsyndroms (ACS) findet sich in Kapitel 3. Bei der Akutbehandlung eines ACS sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden: • Sauerstoffgabe (in hoher Konzentration); • Acetylsalicylsäure 300mg (z.B. als ASS-Kautablette oder zermörsert); • Nitroglyzerin (als sublinguales Spray oder Tablette); • Morphin (intravenös titriert um eine Sedierung oder Atemdepression zu vermeiden). Die meisten Patienten mit Angina pectoris (AP) möchten gerne aufrecht sitzen. In einigen Fällen kann ein Hinlegen AP-Beschwerden auslösen oder verschlimmern. Es sollte immer an die Gabe von Antiemetika gedacht werden, vor allem wenn der Patient über Übelkeit klagt. Überlebende einer früheren Episode mit Kammerflimmern erleiden sehr wahrscheinlich weitere Episoden, wenn keine prophylaktische Behandlung erfolgt. Bei diesen Patienten könnte eine Koronarangiografie, eine aortokoronare Bypassoperation oder ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator sinnvoll sein. Eine Behandlung der Ursachen sollte viele sekundäre Kreislaufstillstände verhindern helfen. Beispielhaft erwähnt sei die zügige Optimierung der Perfusion vitaler Organe bei schwerer Sepsis (Early-Goal-DirectedTherapy), die in diesem Fall die Mortalität erheblich senken kann. Zur kardiovaskulären Unterstützung können die Beseitigung einer Störung des Elektrolythaushaltes oder des Säure-Basen-Gleichgewichts gehören, sowie eine Therapie zur Optimierung von Herzfrequenz, Rhythmus und Herzminutenvolumen. Ein erweitertes kardiovaskuläres Monitoring mittels PulmonalisKatheter und Echokardiographie kann erforderlich sein. Flüssigkeitstherapie und vasoaktive Substanzen sind eventuell notwendig, um die Füllung des Herzens günstig zu beeinflussen. Inotrope Substanzen und Vasokonstriktoren können erforderlich sein um das Herzminutenvolumen und den Blutdruck zu unterstützen. In einigen Situationen können mechanische Maßnahmen zur Kreislaufunterstützung (z.B. intra-aortale Ballonpumpe) oder eine Herztransplantation notwendig sein. European Resuscitation Council Das ABCDE-Schema Das Vorgehen Der grundsätzliche Ansatz zur Behandlung von kritisch kranken Patienten ist immer gleich. Das Vorgehen ist folgendermaßen: 1. Untersuchen und behandeln Sie den Patienten anhand des ABCDE-Schemas: A = Airway - Atemweg B = Breathing - Atmung (Beatmung) C = Circulation - Kreislauf (Cirkulation) D = Disability - Defizit (neurologisch) E = Exposure - Exploration 2. Führen Sie ein komplette körperliche Untersuchung und regelmäßige Nachuntersuchungen durch. 3. Behandeln Sie zuerst die lebensbedrohlichen Probleme, bevor Sie weitere Untersuchungen durchführen. 4. Überwachen Sie den Behandlungserfolg. 5. Denken Sie an zusätzliche Expertenhilfe. Fordern Sie frühzeitig Hilfe nach. 6. Beteiligen Sie alle Teammitglieder am Geschehen. Dadurch können verschiedene Maßnahmen parallel durchgeführt werden, wie z.B. Untersuchungen, das Anschließen des Monitors und die Anlage eines i.v.Zugangs. 7. Kommunizieren Sie ruhig und bestimmt. 8. Das Ziel der ersten Behandlungsschritte ist es, den Patienten am Leben zu erhalten und eine klinische Verbesserung des Allgemeinzustandes zu erreichen. Dadurch entsteht ein größeres Zeitfenster für weitere Maßnahmen. 9. Beachten Sie - Jede Behandlung benötigt Zeit um Wirkung zeigen zu können! Erste Schritte 1. Eigenschutz beachten! 2. Erster Allgemeineindruck ➞ In welchem Zustand ist der Patient? 3. Bei wachen Patienten ➞ Ansprechen „Wie geht es Ihnen?“. Erscheint der Patient bewusstseinsgetrübt oder bewusstlos ➞ Berühren und Ansprechen „Hallo, ist alles in Ordnung“. Sollte der Patient normal sprechen können, dann sind die Atemwege frei, die Atmung ist unbehindert, und eine zerebrale Perfusion ist vorhanden. Sollte er nur in kurzen Sätzen sprechen können besteht wahrscheinlich ein Atemproblem. Hat der Patient nicht reagiert, so ist das ein sicheres Zeichen für einen gefährdeten Patienten. 4. Erfassen Sie frühzeitig die Vitalparameter. Bei allen kritisch kranken Patienten gehören ein Pulsoxymeter, EKG-Monitor und eine nichtinvasive Blutdruckmessung so schnell wie möglich angeschlossen. 5. Legen Sie einen i.v.-Zugang sobald wie möglich. Nehmen Sie dabei Blutproben für Untersuchungen ab. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen KAP 2 Kapitel 2 Erkennung von Risikopatienten und die Vermeidung eines Kreislaufstillstandes A = Airway (Atemweg) Die Obstruktion der Atemwege ist ein Notfall. Expertenhilfe muss sofort angefordert werden. Unbehandelt führt eine Verlegung der Atemwege zur Hypoxie mit dem Risiko einer Schädigung des Gehirns, der Nieren, und des Herzens. In der Folge kann es zu einem Kreislaufstillstand und zum Tod kommen. 1. Achten Sie auf Zeichen einer Verlegung der Atemwege. • Eine Obstruktion verursacht eine paradoxe Bewegung von Thorax und Abdomen beim Atmen („Schaukelatmung“) und die Zuhilfenahme der Atemhilfsmuskulatur. Eine zentrale Zyanose ist ein spätes klinisches Zeichen der Atemwegsobstruktion. Bei einer kompletten Verlegung sind keine Atemgeräusche an Mund und Nase hörbar. Bei einer Teilverlegung sind die Atemgeräusche häufig laut und das Atemzugvolumen ist verringert. • Kritisch Kranke mit einer eingeschränkten Bewusstseinslage entwickeln häufig eine Verlegung der Atemwege. 2. Behandeln Sie eine Obstruktion der Atemwege als dringenden medizinischen Notfall: • Fordern Sie sofort Expertenhilfe an! Unbehandelt führt eine Obstruktion zur Hypoxie mit dem Risiko einer Schädigung des Gehirns, der Nieren, und des Herzens, sowie dem Risiko eines Kreislaufstillstandes und des Todes. • In den meisten Fällen sind nur einfache Maßnahmen notwendig um die Atemwege frei zu machen (z.B. Halsüberstrecken, Absaugen, Oropharyngeal- oder Nasopharyngeal-Tuben). Sollten diese Maßnahmen nicht zum Erfolg führen ist eine Intubation notwendig. 3. Geben Sie Sauerstoff in hoher Konzentration: • Mit Hilfe einer Sauerstoff-Maske mit Reservoirbeutel kann eine hohe O2-Konzentration erreicht werden. Der O2-Fluss muss ≥10 l min-1 betragen, damit beim Einatmen der Reservoirbeutel gefüllt bleibt. Bei einem intubierten Patienten applizieren Sie über den Beatmungsbeutel Sauerstoff in hoher Konzentration. • Bei einem akuten Versagen der Atmung muss der PaO2 so normal wie möglich gehalten werden (ungefähr bei 100 mmHg oder 13 kPa). Bei einigen Patienten ist diese Vorgabe nicht zu realisieren, so dass in Ausnahmefällen auch Werte von mindestens 60 mmHg (8 kPa) oder einer Sättigung von 90 % im Pulsoxymeter toleriert werden können. B = Breathing (Atmung) Schon bei der ersten Untersuchung der Atmung müssen akut vital bedrohliche Zustände wie akutes schweres Asthma, Lungenödem, Spannungspneumothorax oder ein massiver Hämatothorax erkannt und behandelt werden. 10 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 1. Achten Sie durch Hören, Fühlen, und Sehen auf die Zeichen einer eingeschränkten Atmung: Schwitzen, zentrale Zyanose, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur und Bauchatmung. 2. Bestimmen Sie die Atemfrequenz. Normal ist eine Atemfrequenz zwischen 12–20 Atemzügen pro Minute. Eine hohe oder ansteigende Atemfrequenz ist ein Zeichen für eine Störung und kann als Warnung für eine bevorstehende Verschlechterung verstanden werden. 3. Prüfen Sie die Tiefe der Atemzüge und den Atemrhythmus. Ebenfalls ist zu prüfen, ob sich beide Lungenhälften symmetrisch bewegen. 4. Erfassen Sie Deformitäten des Thorax, weil hierdurch im Falle einer Verschlechterung die pulmonalen Reserven eingeschränkt sein könnten. Sind Pulsationen der Jugularvenen sichtbar (z.B. bei akutem Asthma oder einem Spannungspneumothorax)? Liegen Thoraxdrains und sind sie durchgängig? Ein aufgetriebenes Abdomen kann die Zwerchfellatmung beeinträchtigen und die Atemarbeit erschweren. 5. Dokumentieren Sie die inspiratorische O2Konzentration und die Sättigung im Pulsoxymeter (Normalwerte 97-100 %). Mit der Pulsoxymetrie kann eine Hyperkapnie nicht festgestellt werden. Sollte der Patient mit Sauerstoff angereicherte Atemluft erhalten, kann auch bei stark erhöhtem PaCO2 die O2Sättigung normal sein. 6. Hören Sie am Gesicht des Patienten nach Atemgeräuschen. Blasige Rasselgeräusche deuten auf Sekrete in den Atemwegen hin, die gewöhnlich durch fehlendes Husten oder flache Atemzüge bedingt sind. Ein Stridor oder Giemen deutet auf eine signifikante partielle Obstruktion hin. 7. Perkutieren Sie den Brustkorb. Ein hypersonorer Klopfschall kann auf einen Pneumothorax hinweisen, ein abgeschwächter Klopfschall auf Pleuraergüsse oder eine Konsolidierung der Lunge. 8. Auskultieren Sie den Brustkorb. Bronchiales Atmen deutet auf eine Konsolidierung der Lunge mit offenen Atemwegen hin. Fehlende oder abgeschwächte Atemgeräusche können einen Pneumothorax, Pleuraergüsse, oder eine Lungenkonsolidierung durch komplett verlegte Atemwege anzeigen. 9. Überprüfen Sie die Position der Trachea im Jugulum (oberhalb des Sternums). Eine Deviation zur Seite zeigt eine Mediastinal-Verlagerung an (z.B. beim Pneumothorax, bei Lungenfibrose oder Pleuraergüssen). 10. Palpieren Sie die Thoraxwand. Achten Sie auf ein Hautemphysem (gilt bis zum sicheren Ausschluss als Zeichen für einen Pneumothorax). 11. Die spezielle Behandlung einer Atemstörung ist immer von der auslösenden Ursache abhängig. Dennoch sollten alle gefährdeten Patienten Sauerstoff erhalten. Bei Patienten mit einer chronischobstruktiven Lungenerkrankung (COPD) könnte durch Gabe von hochkonzentriertem Sauerstoff der Atemantrieb gehemmt werden. Lassen Sie aber zu, European Resuscitation Council dass der Sauerstoffgehalt des Blutes sinkt, werden auch diese Patienten hypoxische Organschäden oder einen Kreislaufstillstand erleiden. Unter solchen Umständen können aber tiefere PaO2- und spO2Werte toleriert werden. Als Zielwerte sind hier ein PaO2 von 60 mmHg (8 kPa) oder Sättigungen von 90 % in der Pulsoxymetrie akzeptabel. 12. Sollte die spontane Atmung eines Patienten unzureichend sein oder fehlen, lassen Sie sofort Expertenhilfe anfordern und unterstützen Sie zwischenzeitlich die Atmung mit einem Beatmungsbeutel und Maske. C = Circulation (Kreislauf) Bis zum Beweis des Gegenteils gilt bei fast allen medizinischen oder chirurgischen Notfällen die Hypovolämie als die häufigste Ursache eines Schockzustandes. Alle zentralisierten Patienten mit einer erhöhten Herzrate sollten Infusionen erhalten. Ausnahmen sind Patienten mit offensichtlichen Hinweisen auf eine kardiale Ursache. Bei chirurgischen Patienten muss eine verdeckte oder offene Blutung ausgeschlossen werden. Auch Atemprobleme, wie ein Spannungspneumothorax, können den Kreislauf beeinträchtigen. Ein solches Problem hätte schon bei B = Breathing (Atmung) erfasst und behoben werden müssen. 1. Untersuchen Sie die Hände und Finger ➞ Sind sie blau, rosig, blass oder marmoriert? 2. Beurteilen Sie die Temperatur der Extremitäten durch berühren der Hände ➞ Sind sie kalt oder warm? 3. Beurteilen Sie die Kapillarperfusion. Pressen Sie eine Fingerspitze des Patienten für 5 Sekunden, so dass die Haut blass wird. Halten Sie die Hand dabei auf Herzhöhe. Beobachten Sie jetzt die Zeit, bis die Druckstelle die gleiche Farbe hat wie der restliche Finger. Normalerweise sollte es nicht mehr als 2 Sekunden dauern. Eine Verlängerung der Reperfusionszeit bedeutet eine schlechte periphere Zirkulation. Andere Faktoren können ebenfalls die Reperfusionszeit verlängern (z.B. eine kalte Umgebung, schlechte Lichtverhältnisse, oder hohes Alter). 4. Beurteilen Sie die Venenfüllung. Bei einer Hypovolämie können die Venen schlecht gefüllt oder kollabiert sein. 5. Zählen Sie die Pulsfrequenz (oder vorzugsweise die Herzfrequenz). 6. Tasten Sie die peripheren und zentralen Pulse. Beurteilen Sie Vorhandensein, Frequenz, Qualität, Regelmäßigkeit, und Vergleichbarkeit. Kaum tastbare zentrale Pulse lassen auf eine schlechte kardiale Auswurfleistung schließen, während klopfende Pulse auf eine Sepsis schließen lassen könnten. 7. Messen Sie den Blutdruck. Ein normaler Blutdruck ist auch im Schock möglich. Durch Erhöhung des peripheren Widerstandes kann ein niedriges Herzzeitvolumen kompensiert werden. Ein European Resuscitation Council niedriger diastolischer Wert weist auf eine arterielle Vasodilatation hin (wie in der Anaphylaxie oder Sepsis). Eine niedrige Druckamplitude die Differenz zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck, normal sind ~35-45 mmHg, deutet auf eine arterielle Vasokonstriktion (kardiogener Schock oder Hypovolämie) und kann mit einer Tachyarrhythmie einhergehen. 8. Auskultieren Sie das Herz. Sind Herzgeräusche oder ein Perikardreiben hörbar? Sind die Herztöne gut zu hören? Korrespondiert die Herzfrequenz mit dem tastbaren Puls? 9. Achten Sie auf weitere Zeichen einer schlechten kardialen Auswurfleistung, wie eine Verringerung der Vigilanz oder, falls ein Blasenkatheter vorhanden ist, auf die Urinausscheidung (< 0.5 ml kg-1 h-1). 10. Suchen Sie nach externen Blutungen durch Wunden und Drainagen. Suchen Sie nach versteckten inneren Blutungen. (z.B. intrathorakal, intra-, retroperitoneal, oder gastrointestinal). Versteckte Blutungen in den Thorax, ins Abdomen oder ins Becken können zu einem signifikanten Blutverlust führen, auch wenn die Drainagen leer sind. 11. Die Behandlung eines Kreislaufversagens ist von der Ursache abhängig und sollte durch Infusionsgabe, Kontrolle von Blutungen, und die Wiederherstellung einer adäquaten Gewebeperfusion bestimmt sein. Achten Sie auf unmittelbar lebensbedrohliche Umstände und behandeln Sie diese mit höchster Dringlichkeit (z.B. eine Herzbeuteltamponade, massive oder kontinuierliche Blutungen, oder einen septischen Schock). 12. Legen Sie einen oder mehrere großlumige i.v.Zugänge (14 oder 16 G). Kurze, großlumige Kanülen ermöglichen die höchsten Infusionsraten min-1. 13. Entnehmen Sie Blutproben für Labor (z.B. Blutzucker, Blutbild, Elektrolyte, Gerinnung, etc.), Mikrobiologie und Blutbank (Kreuzblut) noch vor der ersten Infusionsgabe. 14. Geben Sie bei normotensiven Patienten einen Flüssigkeitsbolus von 500 ml warmer kristalloider Lösung über 5-10 min. Geben Sie 1000 ml bei hypotensiven Patienten. Bei Patienten mit bekanntem Herzversagen sollten kleinere Mengen infundiert (z.B. 250 ml) und eine engmaschige Überwachung durchgeführt werden. Achten Sie nach jedem Bolus auf feuchte Atemgeräusche und ziehen Sie das Anlegen eines Zentralen-Venen-Katheters in Erwägung. 15. Überprüfen Sie Herzfrequenz und Blutdruck alle 5 Minuten. Als Zielwert dient der bekannte normale Blutdruck des Patienten. Sollte der nicht bekannt sein, so ist ein systolischer Wert von > 100 mmHg anzustreben. 16. Kommt es zu keiner Verbesserung, dann wiederholen Sie den Flüssigkeitsbolus. 17. Bei Zeichen eines akuten Herzversagen (Atemnot, erhöhte Herzfrequenz, hoher Zentral-Venen-Druck, dritter Herzton und feuchte Rasselgeräusche) müssen die Infusionen verringert oder sogar Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 11 KAP 2 Kapitel 2 Erkennung von Risikopatienten und die Vermeidung eines Kreislaufstillstandes gestoppt werden. Bedenken Sie alternative Behandlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Gewebsperfusion, z.B. inotrope Substanzen oder Vasopressoren. 18. Hat der Patient primär Brustschmerzen und vermuten Sie ein akutes Koronarsyndrom, leiten Sie ein 12Kanal-EKG ab und behandeln Sie initial mit Sauerstoff, Nitroglycerin, Acetylsalicylsäure (ASS) und Morphin. D = Disability (neurologisches Defizit) Häufige Ursachen einer Bewusstlosigkeit sind eine ausgeprägte Hypoxie, Hyperkapnie, zerebrale Hypoperfusion, oder die wiederholte Gabe von analgosedierenden Medikamenten. 1. Überprüfen Sie erneut die Punkte ABC. Schließen Sie eine Hypoxie und Hypotension aus, oder behandeln Sie diese. 2. Überprüfen Sie die Stationskurve des Patienten auf reversible medikamenteninduzierte Ursachen für eine Bewusstseinsstörung. Geben Sie Antagonisten falls erforderlich (z.B. Naloxon bei Opiatüberdosierung). 3. Untersuchen Sie die Pupillen auf Größe, Isokorie und Lichtreaktion. 4. Machen Sie eine kurze Vigilanzprüfung mit Hilfe der AVPU-Methode: A = Alert (Wach) V = Responds to Vocal stimuli (Reagiert auf Ansprache) P = Responds to Painful stimuli (Reagiert auf Schmerzreize) U = Unresponsive (Keine Reaktion) Verwenden Sie als Alternative die Glasgow-ComaSkala. 5. Schließen Sie eine Hypoglykämie durch Blutzuckermessung aus (z.B. Blutzuckermessgerät oder BZ-Stick). Sollte der Blutzucker niedriger als 60 mg dl-1 (3 mmol l-1) sein, geben Sie 50 ml Glucose 10 % intravenös. 6. Bringen Sie bewusstlose Patienten in Seitenlage, solange die Atemwege nicht gesichert sind. E = Exposure (Exploration, Untersuchung) Für eine gründliche Untersuchung kann ein komplettes Entkleiden des Patienten notwendig sein. Respektieren Sie die Würde des Patienten und halten Sie den Wärmeverlust so gering wie möglich. a. Achten Sie auf die dokumentierten Vitalparameter und Trends. b. Prüfen Sie, ob alle wichtigen Medikamente gegeben wurden. 3. Überprüfen Sie Laborparameter und Röntgenbefunde. 4. Entscheiden Sie über den Ort der Weiterbehandlung (z.B. Station, Wachstation, Intensivstation). 5. Dokumentieren Sie alle Geschehnisse, Untersuchungen, Entscheidungen und Maßnahmen in den Patientenunterlagen. Beschreiben Sie die Reaktion des Patienten auf die Behandlung. 6. Erwägen Sie eine definitive Behandlung der auslösenden Grunderkrankung. Zusammenfassung •Die meisten Patienten, die einen Kreislaufstillstand im Krankenhaus erleiden, bieten Warnsymptome. •Frühzeitiges Erkennen und Behandlung von kritisch kranken Patienten kann einen Kreislaufstillstand verhindern. •Zur frühzeitigen Erfassung gefährdeter Patienten sollten standardisierte Strategien etabliert werden (z.B. Early-Warning-Scores). •Atemwegs-, Atmungs- und Kreislaufprobleme (ABC-Probleme) können einen Kreislaufstillstand verursachen. •Benutzen Sie das ABCDE-Schema um kritisch kranke Patienten zu untersuchen und zu behandeln. Weiterführende Literatur International Liaison Committee on Resuscitation. Part 4. Advanced Life Support 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005; 67:213-247 Nolan JP, Deakin CD, Soar J, Bottiger BW, Smith G. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 4: Adult advanced life support. Resuscitation 2005; 67S1: S39-S86 National Confidential Enquiry into Patient Outcome and Death. An Acute Problem? London: National Confidential Enquiry into Patient Outcome and Death; 2005. Cretikos M, Parr M, Hillman K, et al. Guidelines for the uniform reporting of data for medical emergency teams. Resuscitation 2006 in press. Smith GB, Osgood VM, Crane S. ALERT - a multiprofessional training course in the care of the acutely ill adult patient. Resuscitation 2002;52:281-286. Zusätzliche Informationen 1. Erheben Sie eine vollständige Anamnese mit dem Patienten, seinen Verwandten und Freunden, sowie dem beteiligten medizinischen Personal. 2. Überprüfen Sie die Patientenakte und Kurve: 12 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Akute Koronarsyndrome (ACS) KAPITEL Lernziele ■ Krankheitsprozess, aus dem das akute Koronarsyndrom entsteht. ■ Unterscheidung der verschiedenen Formen des akuten Koronarsyndroms. ■ Sofortbehandlung des akuten Koronarsyndroms. ■ Weiterbehandlung des Patienten nach einem ACS. Einleitung Während die rasche Wiederbelebung die beste Behandlungsmöglichkeit nach einem Kreislaufstillstand darstellt, ist es natürlich besser, wenn irgend möglich, einen Kreislaufstillstand zu verhindern. Viele Herzstillstände sind Folge einer koronaren Herzkrankheit und treten im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms auf. Daher ist es wichtig, dass ein ALS Anwender versteht, wie ein akutes Koronarsyndrom erkannt wird, wie ein Patient mit akutem Koronarsyndrom klinisch eingeschätzt wird und welche Behandlungsverfahren das Risiko von Kreislaufstillstand und Tod reduzieren können. Definition und Pathogenese Das akute Koronarsyndrom (ACS) umfasst: • die instabile Angina pectoris (UAP/IAP); • den Nicht- ST- Hebungsinfarkt (NSTEMI); • den ST- Hebungsinfarkt (STEMI). Diese klinischen Syndrome sind unterschiedliche Erscheinungsformen des gleichen Krankheitsprozesses. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wird dieser Prozess durch Aufplatzen eines atheromatösen Plaques in einer Koronararterie eingeleitet, was Folgendes auslöst: • Einblutung in den Plaque, wodurch dieser anschwillt und das Lumen der Arterie einengt; • Kontraktion der glatten Gefäßmuskulatur innerhalb der Arterienwand, was zu einer weiteren Verengung des Lumens führt; • Thrombusbildung an der Plaqueoberfläche, was zu einem teilweisen oder vollständigen Verschluss des Lumens der Arterie führen kann oder zu einer distalen Embolisation. Das Ausmaß der durch diese Ereignisse bedingten Verminderung des koronaren Blutflusses zum Myokard bestimmt weitgehend die klinische Präsentation des daraus resultierenden akuten Koronarsyndroms. European Resuscitation Council 3 Angina pectoris (stabil und instabil) Angina pectoris ist ein Schmerz oder Unbehagen, welches durch eine Myokardischämie hervorgerufen wird und üblicherweise in der Brustmitte als Engegefühl oder als Schmerz wie bei einer Magenverstimmung empfunden wird. Wie bei einem akuten Myokardinfarkt strahlt der Schmerz/ das Unbehagen oft in die Halsregion, in einen oder beide Arme (häufiger in den linken), in den Rücken oder in die Oberbauchgegend aus. Manche Patienten spüren die AP eher in einem oder mehreren dieser Bereiche als in der Brust. Viele Patienten empfinden es auch mehr als Unbehagen denn als Schmerz. Wie auch der Herzinfarkt ist die Angina manchmal von Aufstoßen begleitet, was als Beweis für die Magenverstimmung als Genese des Unbehagens fehlinterpretiert werden kann. Solche AP-Beschwerden, die nur durch Belastung hervorgerufen werden und nach dem Ende der Belastung wieder verschwinden, werden als stabile Angina pectoris bezeichnet und sind kein akutes Koronarsyndrom. Im Gegensatz dazu wird die instabile Angina durch ein oder mehrere der folgenden Charakteristika definiert: 1. Belastungs-Angina, die über mehrere Tage mit steigender Häufigkeit auftritt und zunehmend schon nach geringer Belastung verspürt wird. Dies wird auch als „Crescendo-Angina“ bezeichnet. 2. Episoden von Angina, die immer wieder, unvorhergesehen und unabhängig von Belastung auftritt. Diese Episoden können relativ kurzdauernd sein (z.B. wenige Minuten), spontan aufhören oder vorübergehend durch die Verabreichung von sublingualem Nitroglyzerin gelindert werden, bevor sie innerhalb weniger Stunden neuerlich auftreten. 3. Nicht provozierte und längere Episode von Thoraxschmerzen, die den Verdacht auf einen akuten Myokardinfarkt (AMI) nahe legen, aber ohne definitiven Beweis für einen Infarkt im EKG oder in den Laborwerten. Bei instabiler Angina kann das EKG: a) normal sein; b) Anzeichen einer akuten Myokardischämie zeigen (üblicherweise ST-Senkung); c) Unspezifische Veränderungen zeigen (z.B. TNegativierungen). Bei instabiler Angina pectoris sind die Herzenzyme üblicherweise normal (wobei zu bedenken ist, dass außer dem Myokardinfarkt auch andere Ursachen für eine Erhöhung von Muskelenzymen wie CK in Frage kommen), es kommt zu keiner oder nur zu einer minimalen Troponinfreisetzung. EKG- Veränderungen, insbesondere Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 13 KAP 3 Kapitel 3 Akute Koronarsyndrome (ACS)s ST-Senkungen, sind bei Patienten mit instabiler Angina pectoris Marker für ein erhöhtes Risiko von weiteren koronaren Ereignissen. Allerdings bedeutet ein normales EKG und das Fehlen einer Troponinerhöhung nicht notwendigerweise, dass ein Patient mit instabiler AP kein erhöhtes Risiko für weitere frühe lebensbedrohliche koronare Ereignisse hat. Nur wenn das EKG und andere koronare Risikomarker (z.B. Troponin) normal sind und die weitere Risikoerhebung (z.B. durch Belastungstests) keinen Hinweis auf eine reversible myokardiale Ischämie ergeben, sollten andere mögliche Ursachen eines akuten Thoraxschmerzes erwogen werden, wenn die anfängliche Anamnese eine instabile AP vermuten ließ. Nicht – ST – Hebungsinfarkt (NSTEMI) Ein akuter Myokardinfarkt geht typischerweise mit Brustschmerzen einher, die als Druck, Enge oder Unbehagen wie bei einer Magenverstimmung im Brustkorb oder Oberbauch präsentiert werden, die Dauer ist normalerweise mindestens 20 – 30 Minuten, häufig auch länger. Der Schmerz/das Unbehagen strahlt oft in die Halsregion aus, in einen oder beide Arme (häufiger in den linken), in den Rücken oder in die Oberbauchgegend. Manche Patienten spüren das Unbehagen eher in einem oder mehreren dieser Bereiche als in der Brust. Manchmal sind diese Beschwerden von Aufstoßen begleitet, was als Beweis für eine Magenverstimmung als Genese des Unbehagens fehlinterpretiert werden kann. Einige Patienten haben infarktähnliche Symptome und unspezifische EKG -Veränderungen, wie eine ST- StreckenSenkung und/oder eine T- Negativierung (Abbildungen 3.1., 3.2.) Bei einem Patienten mit der Verdachtsanamnese auf ein akutes Koronarsyndrom und signifikanter Freisetzung von Troponin in Labortests (mit oder ohne erhöhten Plasmakonzentrationen der Herzenzyme) ist dies ein Hinweis, dass es zu einer Myokardschädigung gekommen ist. Dies wird als „Nicht-ST-Hebungsinfarkt“ (NSTEMI) bezeichnet. In dieser Situation ist es weniger wahrscheinlich, dass ein plötzlicher kompletter Verschluss des entsprechenden Koronargefäßes aufgetreten ist, als bei einem ST – Hebungsinfarkt (STEMI). Das Ausmaß der Freisetzung von Troponin oder der Herzenzyme spiegelt die Größe der Herzmuskelschädigung wider. Einige dieser Patienten haben ein hohes Risiko, dass es zu einem Verschluss des Koronargefäßes, zu einer weiteren Herzmuskelschädigung und zu einem plötzlichen Herztod kommt. Dieses Risiko ist in den ersten Stunden, Tagen und Monaten nach dem Ereignis am höchsten und nimmt mit der Zeit immer weiter ab. NSTEMI und instabile Angina pectoris (UAP/IAP) werden zusammen auch als Nicht- ST- Hebungs- ACS bezeichnet, weil die Behandlung der beiden Formen im Wesentlichen gleich ist, und sich andererseits in einigen Punkten von der Behandlung des STEMI unterscheidet. Die Behandlung wird vornehmlich durch die Einschätzung des Risikos bestimmt: je höher das Risiko, umso 14 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen aggressiver die Behandlung. ST – Hebungsinfarkt (STEMI Eine Anamnese von anhaltenden, akuten infarkttypischen Brustschmerzen begleitet von Hebungen im 12-KanalEKG sind die Grundlage für die Diagnose eines STEMI. Solche Befunde weisen beinahe immer auf eine fortlaufende Myokardschädigung auf der Basis eines akuten vollständigen Verschlusses der „schuldigen“ Koronararterie (nach initialer Plaqueruptur) hin. Wenn keine Behandlung erfolgt, wird es im Stromgebiet der verschlossenen Arterie sehr wahrscheinlich zu einer weiteren Myokardschädigung kommen, die normalerweise ihren Ausdruck in der Entwicklung von Q- Zacken im EKG findet. Während der akuten Phase eines STEMI besteht ein beträchtliches Risiko für das Auftreten von Kammertachykardien (VT) und Kammerflimmern (VF) sowie von plötzlichem Tod (Abbildung 3.3). Diagnose von akuten Koronarsyndromen Anamnese Eine genaue Anamnese ist ein entscheidender erster Schritt zur Diagnoseerstellung, allerdings gibt es mögliche Ursachen, die zur Verwirrung führen. Bei einigen Patienten (z.B. älteren Personen, Diabetikern, perioperativen Patienten) kann ein ACS ohne oder mit nur geringen Brustschmerzen auftreten. Die pectanginösen Beschwerden oder der Myokardinfarkt werden oft sowohl von Patienten als auch vom Medizinpersonal als verdauungsbedingtes Unbehagen fehlgedeutet. Symptome wie Aufstoßen, Übelkeit und Erbrechen sind zur Unterscheidung von herz- oder verdauungsbedingten Schmerzen nicht hilfreich; alle genannten Symptome können bei Angina und Herzinfarkt vorkommen. Klinische Untersuchung CDie klinische Untersuchung ist für die Diagnose eines ACS nur von begrenztem Nutzen. Starke Schmerzen jeglicher Ursache können einige der klinischen Symptome, wie Schweißausbrüche, Blässe und Tachykardie auslösen, die üblicherweise bei einem ACS vorkommen. Die klinische Untersuchung kann andere, offensichtliche Ursachen für den Brustschmerz (z.B. umschriebene ausgeprägte Druckempfindlichkeit der Brustwand) aufdecken. Bei der klinischen Untersuchung können andere Auffälligkeiten (z.B. Herzgeräusche, Zeichen der Herzinsuffizienz) gefunden werden und die weiteren Untersuchungen und die Behandlung beeinflussen. Bei Patienten mit akutem Brustschmerzen muss auch nach Zeichen für eine Aortendissektion gesucht werden, insbesondere, wenn eine thrombolytische Therapie beabsichtigt ist. Das Vorliegen einer Aortendissektion kann bei klinischen European Resuscitation Council KAP 3 Abbildung 3.1 Akute ST- Strecken Senkung infolge Myokardischämie bei einem Patienten mit einem ACS ohne ST-Hebung (NSTEMI) Abbildung 3.2 T- Negativierung bei einem Patienten mit NSTEMI European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 15 Kapitel 3 Akute Koronarsyndrome (ACS)s Abbildung 3.3 Einsetzendes Kammerflimmern während der EKG Aufzeichnung bei einem Patienten mit akutem anteroseptalen STEMI. Abbildung 3.4 12-Ableitungs EKG bei einem anteroseptalen STEMI 16 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council KAP 3 Abbildung 3.5 12-Ableitungs EKG bei einem inferioren STEMI Abbildung 3.6 12-Ableitungs EKG bei einem posterioren STEMI European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 17 Kapitel 3 Akute Koronarsyndrome (ACS)s Zeichen angenommen werden, wie fehlender Puls oder Pulsdifferenz an einer oberen Extremität, akute Aorten- Insuffizienz oder Zeichen eines Schlaganfalls durch Einbeziehung der Carotiden. Der Verdacht auf eine Aortendissektion muss bei dem Patienten geäußert werden, bei dem der akute Brustschmerz mit einer deutlichen Hypotension, aber ohne Infarktzeichen im EKG, einhergeht. Bei einem Patienten mit typischer Anamnese und EKGKriterien für einen STEMI darf die Reperfusionstherapie nur dann verzögert werden, wenn massive klinische Hinweis auf eine Aortendissektion die vorherige Abklärung rechtfertigen. Die anfängliche klinische Untersuchung stellt auch eine bedeutende Ausgangsbasis dar, so dass Veränderungen entdeckt werden können, sei es durch ein Fortschreiten des zugrunde liegenden Krankheitsprozesses oder durch eine Reaktion auf die Therapie. Bei Patienten mit inferiorem oder posteriorem STEMI, die gestaute Halsvenen haben, aber kein Zeichen eines Lungenödems muss eine ausgeprägte rechtsventrikuläre (RV) Infarzierung vermutet werden. Diese Patienten sind meist hypoton. Untersuchungen Das EKG mit 12 Ableitungen Während der Erstuntersuchung muss so früh wie möglich ebenso wie im weiteren Verlauf ein 12-KanalEKG aufgezeichnet werden, um den Verlauf des ACS und das Ansprechen auf die Behandlung zu beurteilen. Das Vorhandensein von EKG- Veränderungen im Erst- EKG kann die klinische Verdachtsdiagnose auf das Vorliegen eines ACS unterstützen und die erforderliche Behandlung lenken. Das EKG ist eine grundlegende Komponente für die Einschätzung des Risikos und die Planung der Behandlung. So sind im EKG das Vorhandensein einer akuten ST- Hebung oder eines neuen Linksschenkelblocks bei einem Patienten mit einer für einen AMI typischen Vorgeschichte die Indikation für einen Wiedereröffnungsversuch einer verschlossenen Koronararterie (Reperfusionstherapie), entweder mit einer sofortigen perkutanen Koronarangioplastie (PCI) oder einer Thrombolyse- Therapie. Im Gegensatz dazu deutet das Vorhandensein von ST- Senkungen auf einen geringen Nutzen von einer Thrombolysebehandlung hin, unabhängig davon, ob die endgültige Diagnose IAP oder NSTEMI lautet. Bei instabiler Angina pectoris bedeutet das Vorhandensein einer ST-Senkung ein höheres Risiko weiterer koronarer Ereignisse als bei Fehlen einer ST-Senkung. Bei diesen Hochrisiko- Patienten mit ST- Senkung ist eine sofortige medikamentöse Behandlung (z.B. LMWH, ASS, Clopidogrel, Beta-Blocker, Glykoprotein IIb/IIIa- Antagonisten) und eine schnellst mögliche Koronarangiographie erforderlich, oft auch eine Revaskularisation durch PCI oder koronare Bypass18 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Operation. Das EKG bietet Informationen über die Lokalisation und das Ausmaß der Myokardschädigung beim AMI. Dies ist deswegen bedeutsam, weil die Lokalisation und das Ausmaß der Ischämie oder Muskelschädigung die Prognose beeinflusst, und in einigen Fällen auch die Wahl der entsprechenden Behandlung: 1. Ein anteriorer (Abbildung 3.4) oder ein anteroseptaler Infarkt ist üblicherweise in den Ableitungen V1V4 zu sehen und fast immer auf eine Läsion in der linken vorderen absteigenden (LAD) Koronararterie zurückzuführen. Ein anteriorer MI hat eine schlechtere Prognose, und es ist wahrscheinlicher, dass es hier zu einer Funktionseinschränkung des linken Ventrikels kommt. Daher profitieren diese Patienten eher von einer Thrombolyse und einer Behandlung mit ACEHemmern. 2. Ein inferiorer Infarkt ist üblicherweise in den Ableitungen II, III und aVF (Abbildung 3.5) zu sehen und ist oft das Ergebnis einer Läsion in der rechten Koronararterie (RCA) oder, allerdings seltener, der Arteria circumflexa. (CX). 3. Ein lateraler Infarkt ist üblicherweise in den Ableitungen V5-V6 und/oder den Ableitungen I und aVL (manchmal auch nur aVL allein) zu sehen und resultiert oft aus einer Läsion in der Arteria circumflexa (CX) oder einem diagonalen Ast der LAD. 4. Ein posteriorer Myokardinfarkt wird üblicherweise daran erkannt, dass spiegelbildliche (reziproke) Veränderungen in den vorderen Brustwandableitungen (V1-V3) auftreten (Abbildung 3.6). Eine ST- Senkung in die Ableitungen spiegelt die posteriore ST- Hebung wider, und die Entwicklung einer dominanten R-Zacke in den vorderen Ableitungen spiegelt die Entstehung einer posterioren Q-Zacke wider. Dies ist ebenfalls meistens in Folge einer Läsion der rechten Koronararterie, aber kann auch von einer Läsion der Arteria circumflexa (CX) bei jenen Menschen herrühren, bei denen die CX für die Hauptversorgung des hinteren Anteiles des linken Ventrikels und des Septums verantwortlich ist. Der Verdacht eines posterioren Infarktes kann durch wiederholte Aufzeichnungen der posterioren Ableitungen erhärtet werden. Diese Ableitungen (V8, V9 und V10) werden entlang einer horizontalen Linie am Brustkorb abgenommen, in einer Fortsetzung von V6 (mittlere Axillarlinie) und V7 (hintere Axillarlinie). V9 wird links neben der Wirbelsäule, V8 in der Mitte zwischen V7 und V9 und V10 rechts der Wirbelsäule abgeleitet. Ein rechtsventrikulärer Infarkt kann bei bis zu 1/3 der Patienten mit inferiorem oder posteriorem STEMI vorkommen. Ist dieser ausgeprägt kann er im konventionellen 12-Kanal EKG als, den STEMI begleitende, ST-Strecken Hebung in der Ableitung V1 gesehen werden die rechtsseitigen präkordialen Ableitungen, insbesondere V4R, können hier hilfreich sein. In diesen Fällen weisen die rechtsseitigen präkordialen Ableitungen, insbesondere V4R, auf den European Resuscitation Council rechtsventrikulären Infarkt hin. Die zweidimensionale Echokardiographie unterstützt die Diagnose ebenfalls. Die Verdachtsdiagnose eines ausgeprägten rechtsventrikulären Infarktes ist bei hypotensiver Kreislaufsituation, ohne Zeichen des erhöhten zentralvenösen Druckes bei fehlender pulmonaler Schädigung, zu stellen. Bei diesen Patienten sollten Nitrate vermieden werden. ST-Strecken Senkungen und Negativierungen der T-Welle, die bei einem NSTEMI vorkommen können, geben, im Vergleich zu den Änderungen bei einem STEMI, nur selten Hinweise auf den Ort des Infarktes. Die Durchführung modifizierter Extremitätenableitungen beim 12-Kanal EKG kann zu deutlichen Änderungen der Morphologie führen, im speziellen kann die elektrische Aktivität der inferioren Wand des linken Ventrikels, bei modifizierten inferioren Ableitungen, verfälscht dargestellt sein. Laboruntersuchungen Die andere wichtige Komponente für die Diagnose und Risiko-Bewertung sind Labortests.. Kardiale Troponine (Troponin T und Troponin I) Herzspezifische Troponine sind Teile des kontraktilen Apparates der Myokardzellen. Weil die Konzentration von Troponin im Blut von Gesunden praktisch nicht nachweisbar ist und die durch gängige Assays nachgewiesenen herzspezifischen Troponine nicht aus extrakardialen Quellen stammen, sind die Troponine sehr sensitive und spezifische Marker einer Schädigung des Herzens. Die größte Bedeutung der Messung von Troponin liegt in der Risikobeurteilung. Im Zusammenhang mit einer instabilen Angina deutet ein 68 Stunden nach Schmerzbeginn erhöhter Troponinspiegel auf ein erhöhtes Risiko für weitere Koronarereignisse hin, im Gegensatz zu einem normalen (nicht nachweisbaren) Troponin. Die Kombination von ST-Senkung im EKG und erhöhtem Troponin erlaubt die Identifikation einer besonderen Hochrisikogruppe für nachfolgenden Myokardinfarkt und plötzlichen Herztod. Die Freisetzung von Troponin bedeutet nicht an und für sich die Diagnose eines ACS. Die Freisetzung von Troponin ist ein Risikomarker und sollte nur dann als beweisend für einen NSTEMI gedeutet werden, wenn die Anamnese eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen AMI annehmen lässt. Troponin kann unter vielen anderen Bedingungen freigesetzt werden, einschließlich Myokarditis, akuter oder chronischer Herzinsuffizienz, anhaltender Tachyarrhythmie, Lungenembolie, Niereninsuffizienz und akuter Sepsis. Wie bei jedem klinischen Befund ist es wichtig, die Troponin- Ergebnisse im Zusammenhang mit der Anamnese zu interpretieren. Welches Ausmaß der Troponinfreisetzung (mit entsprechender Anamnese und entsprechenden EKG- Veränderungen) als beweisend für einen akuten Herzinfarkt gelten soll, und ob unter bestimmten Bedingungen eine geringe Troponinfreisetzung eher als Nachweis für eine „Instabile AP mit minimaler Myokardnekrose“, als für einen Herzinfarkt gewertet European Resuscitation Council werden soll, wird weiterhin diskutiert. Eine Klärung dieser Punkte muss auf nationaler und internationaler Ebene erfolgen. Die optimale Therapie des ACS ist aufgrund der aktuellen Forschungsaktivitäten ein sich rasch entwickelndes Gebiet. ALS-Anwender sind aufgerufen, bezüglich neuer Behandlungsmöglichkeiten und neu vereinbarter Definitionen, welche die entsprechende Begutachtung und Behandlung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom leiten werden, auf dem Laufenden zu bleiben. Kreatinkinase (CK), Aspartataminotransferase (AST) und Laktatdehydrogenase (LDH) Diese Enzyme werden vom Herzmuskel freigesetzt, wenn er geschädigt wird. Allerdings werden sie auch von einem geschädigten oder durch starke längere körperliche Belastung überanspruchten Skelettmuskel freigesetzt. Um festzustellen, ob eine erhöhte CK-Konzentration im Blut von einem Herz- oder Skelettmuskel stammt, kann das spezifische Iso-Enzym der Kreatinkinase (CK) aus dem Herzmuskel (CK-MB) gemessen werden. In vielen Krankenhäusern ist die Messung von CK-MB nicht routinemäßig verfügbar. Trotzdem kann die Menge von CK, die aus dem Myokard freigesetzt wird, als ungefähres Maß für die Schwere des erlittenen MyokardSchadens dienen, (z.B. wenn es in aufeinander folgenden Blutproben über drei Tage hinweg gemessen wird). Echokardiographie Nach akutem Myokardinfarkt ermöglicht die Echokardiographie die Einschätzung der Größenordnung der LV Schädigung. Sie ist besonders wichtig bei rechtsventrikulären Infarkten zur Beurteilung von RVDilatation und Ausmaß der Schädigung sowie bei der Diagnose einiger Infarktkomplikationen, wie einem erworbenen VSD und eine schwere Mitralinsuffizienz - beide Komplikationen können eine notfallmäßige chirurgische Korrektur notwendig machen. Einschätzung des Risikos Die Wahl der Behandlung wird hauptsächlich vom Risiko der unmittelbar bevorstehenden ausgedehnten Myokardschädigung oder weiterer früher Koronarereignisse bestimmt. Die richtige Einschätzung des Risikos beim ACS ermöglicht es, durch eine frühzeitige Behandlung eine Risikoreduktion zu erreichen und dadurch in gewissem Maße einen Kreislaufstillstand und plötzlichen Herztod zu verhindern. Sofortbehandlung Allgemeine Maßnahmen bei allen akuten Koronarsyndromen Beginnen Sie mit einer raschen klinischen Untersuchung und EKG. Verabreichen Sie sofort etwas zur Schmerzlinderung, zur Begrenzung des Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 19 KAP 3 Kapitel 3 Akute Koronarsyndrome (ACS)s Tabelle 3.1. Typische Indikationen für eine Thrombolyse-Therapie bei AMI Tabelle 3.3 Thrombolytika Streptokinase Vorstellung mit infarkttypischen Brustschmerzen innerhalb von 12 Stunden nach Schmerzbeginn sowie: • ST- Hebung > 0,2 mV in zwei benachbarten Brustwand-Ableitungen oder > 0.1 mV in zwei oder mehreren korrespondierenden Extremitätenableitungen, oder • Dominante R-Zacken und ST-Senkung in V1 – V3 (posteriorer Infarkt), oder • Neu aufgetretener (oder vermutet neu aufgetretener) Linksschenkelblock. • Führt häufig zu Hypotonie und Bradykardie mit Therapieverzögerung. • Allergische Reaktion oder Anaphylaxie möglich. • Applikation (intravenöse Infusion) dauert zumindest 1 Stunde. • Für prähospitale Therapie nicht geeignet; • Vermeide die wiederholte Gabe ab 4 Tagen nach Anwendung. • Dosis – 1.5 Mio Einheiten in 100 ml 0.9 % Kochsalzlösung. • Relativ billig; Tabelle 3.2. Typische Kontraindikationen für eine Thrombolyse- Therapie Alteplase (R-tPA) Abolute • Vorhergehender hämorrhagischer Schlaganfall. • Ischämischer Schlaganfall innerhalb der letzten sechs Monate. • Neoplasie oder Schaden des Zentralnervensystems. • kürzliche (< 3 Wochen) größere Operationen, Kopfverletzung oder schweres Trauma. • Bestehende innere Blutungen (außer Menstruation) oder gastrointestinale Blutung innerhalb des letzten Monats; • Bekannte oder vermutete Aortendissektion. • Vorbekannte Blutungsneigung. Relative • Refraktäre Hypertonie (systolischer Blutdruck > 180 mmHg). • Transiente ischämische Attacke (TIA) < 6 Monate zurückliegend. • Therapie mit oralen Antikoagulantien; • Schwangerschaft oder < 1 Woche nach Entbindung. • Wiederbelebung mit Traumafolgen. • Nicht komprimierbare Punktionsstelle. • Bestehendes peptisches Ulkus. • Schwere Lebererkrankung. • Infektiöse Endokarditis. • Bekannte allergische Reaktion auf die zum Einsatz kommende thrombolytische Substanz. • Wenn Streptokinase mehr als 4 Tage davor gegeben worden ist, wähle ein alternatives Thrombolytikum (Antikörper verringern die Wirksamkeit). 20 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen • Komplexes intravenöses Infusionsschema; • Im Vergleich zu Streptokinase etwas höhere Thrombolysewirksamkeit. • Kurze Wirkdauer – Heparingabe über 48 Stunden nach Applikation erforderlich. • Dosis: • 15 mg intravenös als Bolus gefolgt von 50 mg über 30 Minuten sowie 35 mg über weitere 60 Minuten (Neuhaus Schema); • 15 mg intravenös als Bolus, anschließend Infusion von 0.75 mg/kg über 1 Stunde (beschleunigtes Regime). Reteplase • Wirksamkeit vergleichbar mit Alteplase; • Einfaches Doppel-Bolus Regime. • Kurze Wirkdauer – Heparingabe über 48 Stunden nach Applikation erforderlich. • Dosis: Bolus . Tenecteplase • Wirksamkeit vergleichbar mit Alteplase. • Gewichtsadaptierte Einmal-Bolus-Dosis. • Kurze Wirkdauer – Heparingabe über 48 Stunden nach Applikation erforderlich. • Dosis: 30-50 mg (6.000 – 10.000 Einheiten )nach Körpergewicht des Patienten. European Resuscitation Council Myokardschadens und zur Verringerung des Risikos eines Kreislaufstillstandes. Allgemeine Sofort-Maßnahmen zur Behandlung des ACS umfassen: 1. Sauerstoff in hoher Konzentration; 2. Nitroglycerin, als sublinguales Glyceroltrinitrat (Tablette oder Spray), wenn der Patient nicht hypotensiv ist oder ein ausgedehnter RV-Infarkt vermutet wird; 3. Acetylsalicylsäure 300 mg, per os, zerdrückt oder zum Kauen, so bald wie möglich; 4. Morphin (oder Diamorphin), intravenös titriert, um Sedierung und Atemdepression zu vermeiden. Die meisten Patienten mit ischämischen Brustschmerzen werden sich aufrecht sitzend wohler fühlen. Unter bestimmten Bedingungen kann flaches Liegen Schmerzen erzeugen oder verstärken. Erwägen Sie, insbesondere bei Übelkeit, die Gabe von Antiemetika. Behandlung eines Infarktes mit STHebung (oder eines Infarktes mit neu aufgetretenem Linksschenkelblock) Bemühen Sie sich, unverzüglich eine ReperfusionTherapie einzuleiten - das Ziel ist die Wiederherstellung des noch nicht irreversibel geschädigten Myokards. Klinische Studien haben die Wirksamkeit einer Reperfusionstherapie in Hinsicht auf Reduktion der Infarktgröße, der Komplikationen und Infarktmortalität bestätigt. Das Risiko/Nutzen-Verhältnis favorisiert die Reperfusionstherapie vor allem für die Patienten mit dem höchsten Risiko eines unmittelbaren großen MyokardSchadens und Todes. Die Reperfusionstherapie ist am wirksamsten, wenn sie möglichst rasch nach Beginn des Infarktgeschehens eingeleitet wird; ihr Nutzen nimmt mit der Zeit immer weiter ab. Zwölf Stunden nach Beginn der Brustschmerzen eines AMI überwiegen die Risiken einer Reperfusionstherapie mögliche verbleibende geringe Vorteile, weil der durch den Koronararterienverschluss verursachte Myokard-Schaden dann schon abgelaufen ist. Diese Tatsache unterstreicht die Bedeutung einer frühen und genauen Einschätzung von Patienten mit MI. Die thrombolytische Therapie wird allerdings nicht imstande sein, bei allen Patienten die schuldige (verschlossene) Koronararterie wiederzuöffnen; außerdem besteht bei dieser Therapie ein gewisses Blutungsrisiko einschließlich des Risikos einer intrazerebralen Blutung. Die Notwendigkeit eine frühest mögliche Reperfusion zu erzielen, behält hohe Priorität und für jene Patienten, für die eine sofortige primäre PCI nicht verfügbar ist, kann die initiale Thrombolyse die beste Möglichkeit einer frühen Reperfusion darstellen. Koronare Reperfusionstherapie Eine koronare Reperfusion kann auf folgende zwei Arten erreicht werden: • Durch eine perkutane Koronarintervention (PCI) European Resuscitation Council mit dem Ziel, die verschlossene Arterie mechanisch wiederzuöffnen. Dies wird auch primäre PCI genannt. • Durch eine Thrombolyse-Therapie mit dem Versuch, den Thrombus, der die Arterie verschließt und den MI verursacht, aufzulösen. Rein theoretisch kann auch eine koronare BypassOperation zur Wiederherstellung des Blutflusses jenseits des Gefäßverschlusses zur Anwendung kommen, aber in der Praxis kann dies nicht rasch genug erfolgen, um Herzmuskelzellen zu retten, außerdem ist in dieser Situation das Operationsrisiko hoch. Der wichtigste Gesichtspunkt der Reperfusionstherapie ist, dass die Reperfusion so rasch wie möglich nach Schmerzbeginn erfolgen soll. Das Risiko der Behandlung ändert sich, wenn überhaupt, nur gering mit der Zeit. Aber der Nutzen nimmt rasch ab, und der größte Nutzen kann erreicht werden, wenn die Reperfusionstherapie innerhalb einer Stunde nach Schmerzbeginn durchgeführt wird. Perkutane Koronarintervention (PCI) Die empfohlene Reperfusionstherapie beim STEMI ist die primäre PCI, vorausgesetzt, dass diese innerhalb von 90 Minuten nach dem ersten medizinischen Kontakt durchgeführt werden kann. Bei der Koronarangiographie wird das verschlossene Gefäß identifiziert, danach wird ein Führungsdraht durch den verschließenden Thrombus geschoben und damit die Positionierung eines Ballons an der Stelle des Verschlusses ermöglicht, welcher dann aufgeblasen werden kann, um die Arterie wieder zu eröffnen. Häufig wird ein Stent in das Segment der zuvor verschlossenen Arterie platziert, um das Risiko einer ReStenose an dieser Stelle zu verringern. Die Vorteile einer PCI sind folgende: • verlässliche Wiedereröffnung der betroffenen Arterie bei den meisten Patienten; • visueller Beweis dafür, dass die verschlossene Arterie nicht nur wiedereröffnet, sondern auch bis zu ihrem normalen Durchmesser wieder aufgedehnt wurde; • geringeres Risiko einer schwerwiegenden Blutungskomplikation als bei der Thrombolysetherapie. Während die primäre PCI immer häufiger eine zuverlässige Reperfusion ermöglicht, besteht aber eine bedeutende Limitation darin, dass dazu ein rund um die Uhr besetztes Herzkatheter- Labor und ein in dieser Technik erfahrener interventioneller Kardiologe erforderlich ist - Ressourcen also, die nicht überall verfügbar sind. Wenn eine deutliche Verzögerung bei der Organisation der primären Angioplastie zu erwarten ist, dann kann eine Thrombolyse-Therapie dem Patienten die beste Chance auf eine frühe Reperfusion und auf eine größtmögliche Risiko-Minimierung bieten. Derzeit werden Untersuchungen durchgeführt, um die Rolle der „facilitated PCI“ (PCI nach primärer Thrombolyse) zu bewerten und um die Wirksamkeit der „rescue PCI“ zu Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 21 KAP 3 Kapitel 3 Akute Koronarsyndrome (ACS)s beurteilen, die bei Verdacht auf Thrombolyseversagen (Unvermögen der Wiedereröffnung der verschlossenen Koronararterie durch Thrombolyse), oder bei Hinweis auf Re-Okklusion nach anfänglichem Lyseerfolg durchgeführt wird. Thrombolyse- Therapie In groß angelegten klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass mit der Thrombolyse-Therapie eine deutliche Reduktion der Infarkt- Mortalität erreicht werden kann, wenn diese innerhalb der ersten Stunden nach Schmerzbeginn durchgeführt wird. Einer der Hauptvorteile der Thrombolyse-Therapie liegt darin, dass weder ein Herzkatheter-Labor noch ein in der Angioplastie erfahrener Kardiologe erforderlich sind. Wenn die Transportzeit in ein Krankenhaus lang ist (z.B. > 30 Minuten), kann eine präklinische ThrombolyseTherapie eine frühe Behandlung mit resultierendem klinischen Nutzen bedeuten. Eine frühere Behandlung kann auch durch eine Verkürzung der „door-to-needletime“ (Zeit vom Eintreffen im Krankenhaus bis zum Beginn der Thrombolyse-Therapie) erreicht werden. Das ist möglich, wenn die Thrombolyse-Therapie schon in der Notfallaufnahme durchgeführt wird. Nachteile der Thrombolyse-Therapie sind das Unvermögen, in allen Fällen eine Reperfusion zu erreichen, die eingeschränkte Beurteilbarkeit, ob es zu einer Reperfusion gekommen ist und das Risiko, eine Blutung auszulösen. Die Tabelle 1 zeigt typische Indikationen für eine Thrombolyse- Therapie, typische Kontraindikationen werden in Tabelle 2 aufgelistet. Die meisten der Kontraindikationen sind relativ; der erfahrene Kliniker wird entscheiden, ob der Nutzen einer Thrombolyse die Risiken für den individuellen Patienten überwiegt. Einige der gängigen Thrombolytika sind in Tabelle 3 aufgeführt. Instabile Angina und NSTEMI Die unmittelbaren Behandlungsziele bei diesen Syndromen sind: • Verhinderung der Entstehung von neuen Thromben, die zu einem Arterienverschluss mit Myokardschaden oder zu einer Größenzunahme des Myokardschadens führen können. • Reduktion des myokardialen Sauerstoffbedarfs mit verbesserter Überlebenschance für die Zellen in der Phase einer eingeschränkten Versorgung mit Sauerstoff und Glukose. Verhinderung weiterer Thrombenbildung • Geben Sie niedermolekulares Heparin in therapeutischer Dosierung (gewichtsadaptiert). • Beginnen Sie eine Clopidogrel Therapie (Startdosis mindestens 300 mg, zu erwägen 600 mg oder 900 mg, wenn eine rasche Aufsättigung erwünscht ist). • Beginnen Sie bei Hochrisikopatienten eine 22 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Behandlung mit GP IIb/IIIa- Rezeptor Antagonisten (z.B. Tirofiban), besonders dann, wenn eine baldige PCI vorgesehen ist. Reduktion des Sauerstoffbedarfes • Beginnen Sie eine Beta-Blockertherapie (wenn nicht kontraindiziert). • Erwägen Sie Diltiazem, wenn Betablocker kontraindiziert sind. • Vermeiden Sie Kalziumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ (z.B. Nifedipin) • Erwägen Sie die bukkale oder intravenöse Gabe von Nitraten, wenn die Angina nach sublingualer Gabe persistiert oder wieder auftritt. • Erwägen Sie eine frühe ACE-Hemmer-Therapie, besonders bei gestörter Linksventrikelfunktion oder Herzinsuffizienz. • Behandeln Sie Komplikationen wie Herzinsuffizienz oder Tachyarrhythmien sofort und effektiv.. Weitere Behandlung von Patienten mit akuten Koronarsyndromen Verdacht auf instabile Angina – Patienten mit niedrigem Risiko Patienten mit Verdacht auf instabile Angina ohne Vorgeschichte von Belastungsangina oder Myokardinfarkt und ohne Hochrisikoprofil zum Zeitpunkt der Vorstellung (EKG und Troponinspiegel nach 6-8 Stunden normal) sind für eine frühzeitige weitere Risikobeurteilung (z.B. Belastungstests) geeignet. Verdacht auf instabile Angina – Hochrisiko und NSTEMI Bei Patienten mit instabiler Angina und Hochrisikoprofil (ST-Senkung in Ruhe, erhöhtes Troponin oder früher positiver Belastungstest) sollte eine Koronarangiographie noch während des aktuellen Krankenhausaufenthaltes erwogen werden. Viele von diesen werden von einer Revaskularisation mittels PCI profitieren. Bei einigen wenigen kann eine koronare Bypass-Operation notwendig sein. Patienten mit NSTEMI sollten gleichfalls als Hochrisikogruppe betrachtet werden, welche in der Mehrzahl der Fälle eine frühe Beurteilung mittels Koronarangiographie während des aktuellen Krankenhausaufenthaltes brauchen. STEMI Bei Patienten mit abgelaufenem STEMI, die keine Reperfusionstherapie erhalten haben (z.B. wegen zu später Vorstellung), kann eine Risikostratifizierung durch Belastungstests hilfreich sein, sobald die unmittelbaren Zeichen einer akuten Myokardnekrose (z.B. Fieber, Arrhythmien) abgeklungen sind und weitere European Resuscitation Council Komplikationen (z.B. Herzinsuffizienz) erfolgreich behandelt worden sind. Andere Komplikationen von akuten Koronarsyndromen Sollte eine Thrombolysebehandlung durchgeführt worden sein, kann bei einigen Patienten eine wirksame Stenose oder ein instabiler Plaque in der schuldigen Koronararterie verblieben sein; durch eine PCI kann in diesem Fall eine Stabilisierung erreicht werden und damit das Risiko eines Wiederverschlusses der Arterie mit nachfolgendem Infarkt, Kreislaufstillstand und plötzlichem Tod reduziert werden. Ein Belastungstest kann ein solches Risiko aufdecken, der Test ist aber in einer solchen Situation weder hoch sensitiv noch hoch spezifisch; deshalb wird bei dieser Patientengruppe immer häufiger eine Koronarangiographie als Teil der Risiko-Stratifizierung vor der Krankenhausentlassung durchgeführt. Die Rolle einer „facilitated PCI“ (dabei wird nach initialer Thrombolysebehandlung eine frühzeitige Koronarangiographie und PCI durchgeführt) bleibt Gegenstand weiterer Diskussionen und laufender Studien. Herzinsuffizienz Ventrikuläre Arrhythmien als Komplikation von akuten Koronarsyndromen Wenn eine ventrikuläre Arrhythmie als Komplikation eines ACS auftritt, interpretieren Sie ihre Bedeutung im Zusammenhang mit der konkreten klinischen Situation und dem genauen Beginn der Arrhythmie. Wenn es innerhalb der ersten 24-48 Stunden nach einem STEMI zu einem Kreislaufstillstand mit Kammerflimmern oder pulsloser Kammertachykardie kommt, und die weitere Erholung unkompliziert ist, ist das Risiko weiterer ventrikulärer Arrhythmien relativ niedrig und wird durch andere Faktoren, insbesondere dem Schweregrad der linksventrikulären Funktionsstörung bestimmt. Wenn Kammerflimmern oder pulslose VT im Zusammenhang mit einem Nicht- ST – Hebungs-ACS auftritt, kann das Risiko für neuerliche ventrikuläre Arrhythmien weiter bestehen. Wenn die Arrhythmie durch eine schwere Myokardischämie verursacht worden ist, wird eine Revaskularisation dringend benötigt, um ein Wiederauftreten der Ischämie zu verhindern und das Risiko nachfolgender Arrhythmien zu reduzieren. Falls dies nicht möglich ist, oder wenn die Arrhythmie ohne Hinweis auf schwere Minderdurchblutung aufgetreten ist, bleibt das Risiko weiterer ventrikulärer Arrhythmien für den Patienten bestehen. Solche Patienten sollten mit der Absicht einer ICD-Implantation vor der Krankenhausentlassung einem Kardiologen vorgestellt werden. Patienten, die Kammerflimmern oder pulslose VT als späte Komplikation nach einem Herzinfarkt oder nicht im Zusammenhang mit einem ACS entwickeln, haben ein Risiko für ein Wiederauftreten des Kreislaufstillstandes und sollten noch vor der Krankenhausentlassung dringend einem Kardiologen vorgestellt werden, mit der Absicht einer ICD-Implantation. European Resuscitation Council Das Risiko für weitere Verschlechterung, Kreislaufstillstand und Tod ist für Patienten, die im Rahmen eines AMI oder anderen ACS eine Herzinsuffizienz entwickeln, erhöht. Sofortige und wirksame Behandlung der Herzinsuffizienz zur Risikoreduktion ist erforderlich. Geben Sie Schleifendiuretika (z.B. Furosemid) und/oder Nitroglycerin (sublingual und/oder intravenös) als unmittelbare symptomatische Therapie. Schleifendiuretika sollten routinemäßig verabreicht werden um die Symptome zu beherrschen, Bedarf und Dosis sollten in den ersten Tagen zumindest täglich überprüft werden. Vergewissern Sie sich, dass eine ACE-Hemmertherapie begonnen worden ist, und steigern Sie nach Verträglichkeit bis zur Zieldosis. Bei Patienten mit ACE- Unverträglichkeiten muss die Gabe von Angiotensin- Rezeptor- Blockern erwogen werden. Wenn eine nachgewiesene Einschränkung der systolischen Linksventrikelfunktion vorliegt, (EF 40% oder weniger), beginnen Sie mit einem AldosteronAntagonisten (z.B.:Eplerenon oder Spironolacton). Kardiogener Schock Dieser umfasst eine schwere Hypotonie mit mangelnder Durchblutung der Peripherie, häufig begleitet von Lungenödem, Schwindel oder Verwirrtheit infolge zerebraler Minderdurchblutung und Oligurie infolge Mangeldurchblutung der Nieren. Die Mortalität ist sehr hoch, kann aber reduziert werden durch eine frühe Revaskularisation durch eine PCI. Einige Patienten können durch eine Behandlung mit Inotropika (z.B. Dobutamin) gebessert werden, aber diese Behandlung sollte nur von erfahrenen Anwendern begonnen und überwacht werden. Bei ausgewählten Patienten können andere Behandlungen, wie beispielsweise mit der intra-aortalen Ballonpumpe (IABP) hilfreich sein, diese erfordern ebenfalls eine Überwachung durch Experten. Wenn sich bei einem Patienten mit STEMI ein kardiogener Schock entwickelt, kann die frühzeitige kardiologische Vorstellung mit der Absicht einer Notfall-PCI lebensrettend sein. Andere Herzrhythmusstörungen Die Behandlung weiterer Herzrhythmusstörungen wird im Kapitel 12 näher erörtert. Vorhofflimmern in Zusammenhang mit einem akuten Koronarsyndrom weist in einem gewissen Grad auf eine bestehende Herzinsuffizienz hin: die Behandlung sollte einerseits diesen Umstand berücksichtigen, und andererseits auf die Normalisierung der Herzfrequenz oder des Rhythmus ausgerichtet sein. Ein AV- Block im Zusammenhang mit einem inferioren Infarkt tritt häufig bei übermäßiger Vagusaktivierung auf. Die QRS- Komplexe sind oft schmal (<0,12 sec.) und die Herzfrequenz muss dabei nicht besonders niedrig sein. Behandle eine symptomatische Bradykardie unter diesen Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 23 KAP 3 Kapitel 3 Akute Koronarsyndrome (ACS)s Umständen mit Atropin, erwäge eine vorübergehende Schrittmacherbehandlung nur dann, wenn die Bradykardie und die Hypotonie nach Atropingabe weiter bestehen. Ein totaler AV- Block ist in dieser Situation meist vorübergehend, und eine permanente Schrittmacherbehandlung ist kaum jeweils notwendig. Wenn ein AV- Block bei einem Vorderwandinfarkt auftritt, so bedeutet dies üblicherweise, dass ein ausgedehnter Myokardschaden vorliegt und deutet auf eine schlechte Prognose hin. Dabei sind die QRS- Komplexe meistens breit (>0,12 sec.) und die Herzfrequenz niedrig. Da meist eine Atropin- Resistenz vorliegt, ist üblicherweise eine vorübergehende Schrittmachertherapie erforderlich und sollte nicht verzögert werden. Viele, aber nicht alle Patienten, die eine solche Situation überleben, werden einen permanenten Schrittmacher benötigen. Kardiale Rehabilitation Bei allen Patienten nach akutem Koronarsyndrom kann ein effektives Programm einer kardialen Rehabilitation die Rückkehr zu einer normalen Tätigkeit beschleunigen und Maßnahmen fördern die ein weiteres Risiko reduzieren (siehe unten). Es ist nachgewiesen, dass eine effektive kardiale Rehabilitation die Notwendigkeit einer neuerlichen Hospitalisierung reduziert. Kardiale Rehabilitation ist ein kontinuierlicher Prozess, der auf der Herzüberwachungsstation beginnt und dann wohnortnah weitergeführt wird mit dem Ziel einer Lebensstiländerung und Sekundärprävention. Sekundärprävention Bei Patienten mit nachgewiesener koronarer Herzerkrankung können Allgemeinmaßnahmen zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos („Sekundärprävention“) die Wahrscheinlichkeit für weitere koronare Ereignisse (einschließlich plötzlichem Herztod) und Schlaganfall reduzieren. Anti-thrombotische Therapie Eine kontinuierliche Hemmung der Plättchenaggregation ist bei allen Patienten angebracht. Die Mehrzahl soll niedrig dosiert ASS (75 mg täglich) erhalten. Geben Sie allen Hochrisikopatienten mit ACS und allen, die mit einer PCI behandelt werden, 75 mg Clopidogrel täglich (nach anfänglicher Aufsättigung mit mindestens 300 mg). Aktuelle Leitlinien empfehlen eine Behandlungsdauer über mindestens 12 Monate. Bei Patienten mit ASS- Unverträglichkeit kann Clopidogrel allein gegeben werden. Bei Patienten, die als Komplikation der ischämischen Herzkrankheit Vorhofflimmern entwickeln, besteht ein zusätzliches Risiko einer Thromboembolie aus dem linken Vorhof. Bei der Verhinderung einer intrakardialen Thrombusbildung sind orale Antikoagulantien (Vitamin K- Antagonisten wie Warfarin, Marcumar, Sintrom) wirksamer als ASS und sollten zusätzlich oder anstatt der Hemmung der Plättchenaggregation erwogen werden. 24 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Erhalt der Linksventrikelfunktion Die Prognose nach einem AMI wird zum Teil durch den Schweregrad der resultierenden Beeinträchtigung der Linksventrikelfunktion bestimmt. Die Behandlung mit ACE- Hemmern nach einem AMI vermag das Remodelling, welches zur Dilatation und Funktionsstörung des linken Ventrikels führt, zu verringern. Bei Beeinträchtigung der systolischen Funktion kann eine ausreichend dosierte Behandlung mit ACE- Hemmern das Risiko und den Schweregrad der folgenden Herzinsuffizienz, ebenso wie das Risiko eines weiteren Infarktes und Todes reduzieren. In den ersten Tagen nach einem ACS ist eine echokardiographische Untersuchung der Funktion des linken Ventrikels angebracht, um das Risiko zu beurteilen und diejenigen Patienten zu erkennen, die von dieser Behandlung am meisten profitieren werden. Für den Großteil der Patienten sollte während der ersten Tage nach einem AMI eine Behandlung mit ACE- Hemmern erwogen werden. Cholesterinsenkung Eine weitere Reduktion des Risikos kann durch eine effektive Verringerung des Cholesterinspiegels im Blut erreicht werden, insbesondere durch Senkung des LDL-Cholesterins. Statine vermögen das Risiko weiterer Koronarereignisse um etwa 30% zu senken. Eine Diät mit wenig Fett, reichlich Ballaststoffen und regelmäßige körperliche Aktivität ergänzen die medikamentöse Cholesterinsenkung. Vermeiden von Rauchen Zumindest ebenso wichtig für die Risikoreduktion ist die Beseitigung anderer vermeidbarer Risikofaktoren wie zum Beispiel des Rauchens. Information, Ermutigung und Unterstützung von Patienten, mit dem Rauchen aufzuhören, sollte möglichst früh nach Präsentation eines akuten Koronarsyndroms erfolgen. Antihypertensive Behandlung Eine wirksame Senkung eines erhöhten Blutdrucks durch den Einsatz von Medikamenten genauso wie durch nichtpharmakologische Methoden, verringert das Risiko eines Schlaganfalls und von Herzinsuffizienz und trägt zu einer Reduktion des Risikos künftiger koronarer Ereignisse bei. European Resuscitation Council Zusammenfassung •Die akuten Koronarsyndrome umfassen die instabile Angina pectoris, den Nicht- STHebungsinfarkt und den ST- Hebungsinfarkt. •Verabreiche Sauerstoff, Nitroglycerin, Acetylsalicylsäure und Morphin allen Patienten mit akuten Koronarsyndromen. •Eine schnelle initiale Begutachtung unter Zuhilfenahme der Anamnese, der klinischen Untersuchung und des 12- Kanal- EKG hilft bei der Erstellung der Diagnose und zur Abschätzung des unmittelbaren Risikos. •Eine sofortige Reperfusionstherapie sollte bei jenen Patienten erwogen werden, die einen Myokardinfarkt mit einer ST- Hebung oder neuem Linksschenkelblock aufweisen. •Eine effektive Beurteilung und sofortige Behandlung der Patienten mit KAP 3 Weiterführende Literatur International Liaison Committee on Resuscitation. Part 5. Acute Coronary Syndromes. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005. Arntz H-R, Bossaert L. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 5: Initial management of acute coronary syndromes. Resuscitation 2005; 67. Bertrand M E et al. The Task Force on the Management of Acute Coronary Syndromes of the European Society of Cardiology. Management of acute coronary syndromes presenting without persistent ST- segment elevation. European Heart Journal 2002;23:1809-40. Van de Werf et al. The Task Force on the Management of Acute Myocardial Infarction of the European Society of Cardiology. Management of acute myocardial infarction presenting with STsegment elevation. European Heart Journal 2003;24:28-66. Silber S, Albertsson P, Aviles FF, et al. The Task Force for Percutaneous Coronary Interventions of the European Society of Cardiology. Guidelines for Percutaneous Coronary Interventions. European Heart Journal 2005; 26:804-47. Fox K A A et al. British Cardiac Society Working Group on the definition of myocardial infarction. Heart 204;90:603-9. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 25 Kapitel 3 Akute Koronarsyndrome (ACS)s 26 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Versorgung des Kreislaufstillstands im Krankenhaus KAPITEL Lerninhalte ■ Wie wird eine Wiederbelebung im Krankenhaus begonnen. ■ Wie wird die Wiederbelebung weitergeführt, bis das Wiederbelebungs-Team eintrifft. Einleitung Nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand im Krankenhaus ist die Unterscheidung zwischen Basisreanimation und erweiterten Wiederbelebungs-Maßnahmen eher willkürlich. In der Praxis ist der Übergang fließend. Die Öffentlichkeit erwartet, dass das medizinische Personal die kardiopulmonale Wiederbelebung beherrscht. Für alle Kreislaufstillstände im Krankenhaus muss deshalb sichergestellt sein, dass: • Der Kreislaufstillstand sofort erkannt wird. • Eine einheitliche Telefonnummer für das Wiederbelebungsteam zur Verfügung steht. • Die Wiederbelebung sofort unter Verwendung von Atemwegs-Hilfsmitteln (z.B. Taschenmasken) begonnen wird und wenn notwendig, so schnell wie möglich, mit der Defibrillation begonnen wird (innerhalb von höchstens 3 Minuten). Was unterscheidet die Wiederbelebung im Krankenhaus Die genaue Vorgangsweise einer Wiederbelebung im Krankenhaus hängt von verschiedenen Faktoren ab: • Ort (klinischer / nicht-klinischer Bereich; monitorüberwachter / nicht-monitorüberwachter Bereich); • Fähigkeiten des Ersthelfers; • Anzahl der Ersthelfer; • Vorhandenes Material; • Art der Organisation des Krankenhauses in Hinblick auf Notfälle und Wiederbelebung; z.B. Medizinisches Notfallteam (MET), Wiederbelebungs-Team. Ort des Kreislaufstillstands Bei Patienten, die eng überwacht werden, wird ein Kreislaufstillstand üblicherweise rasch erkannt. Patienten, die sich in einem Bereich ohne kontinuierliche Überwachung befinden, können sich unbemerkt verschlechtern und einen unbeobachteten HerzKreislauf-Stillstand erleiden. Idealerweise sollten alle European Resuscitation Council 4 Patienten, die ein hohes Risiko haben, einen HerzKreislauf-Stillstand zu erleiden, in einem Bereich betreut werden, der eine kontinuierliche Überwachung und sofortige Wiederbelebung bietet. Patienten, Besucher und Angestellte können ebenfalls einen Herz-KreislaufStillstand in nicht-klinischen Bereichen erleiden (z.B. auf Parkplätzen oder Gängen). Training der Ersthelfer Alle professionellen Ersthelfer sollten einen HerzKreislauf-Stillstand erkennen, Hilfe herbeiholen und mit der Wiederbelebung beginnen können. Das Personal sollte das tun, wofür es jeweils ausgebildet worden ist. Z.B. wird Personal der Intensivstation oder Notaufnahme bessere Kenntnisse in Wiederbelebung haben, als jene, die nicht regelmäßig damit konfrontiert sind. Krankenhaus-Personal, das auf einen HerzKreislauf-Stillstand reagiert, kann ganz unterschiedliche Fähigkeiten für das Management von Atemweg, Atmung und Kreislauf haben. Ersthelfer sollen die Fähigkeiten verwenden, für die sie ausgebildet wurden. Anzahl der Ersthelfer Der einzelne Ersthelfer muss sichergehen, dass Hilfe kommt. Normalerweise sind aber andere Personen in der Nähe und mehrere Maßnahmen können gleichzeitig durchgeführt werden. Vorhandenes Material Das Personal in allen klinischen Bereichen soll unmittelbaren Zugang zu Reanimations-Material und Medikamenten haben, um sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen zu können. Idealerweise sollte das Material (inklusive Defibrillatoren) und die jeweilige Anordnung dessen im gesamten Krankenhaus standardisiert sein. Man sollte sich mit dem Material in seinem klinischen Bereich vertraut machen. Wiederbelebungs-Team Das Wiederbelebungs-Team kann in der Form eines traditionellen Kreislaufstillstands-Teams organisiert werden, das gerufen wird, sobald ein Herz-KreislaufStillstand bemerkt wird. Andererseits kann auch ein System mit einem medizinischen Notfallteam (MET) eingerichtet werden, das bei Patienten mit Risiko für einen Kreislaufstillstand bereits aktiv wird, bevor dieser auftritt, denn Kreislaufstillstände im Krankenhaus sind Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 27 KAP 4 Kapitel 4 Versorgung des Kreislaufstillstands im Krankenhaus In-hospital resuscitation Collapsed / sick patient Shout for HELP and assess patient NO Call Resuscitation Team Signs of life? YES Assess ABCDE Recognise and treat Oxygen, monitoring, IV access CPR 30:2 with oxygen and airway adjuncts Call Resuscitation Team if appropriate Apply pads / monitor Attempt defibrillation if appropriate Handover to Resuscitation Team Advanced Life Support when Resuscitation Team arrives Figure 4.1 In-hospital resuscitation 28 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council selten plötzlich oder unerwartet. Eine Strategie zur Erkennung von Risikopatienten könnte möglicherweise einige Kreislaufstillstände verhindern oder aussichtslose Reanimationen vermeiden (Kapitel 2). Vorgehen bei kollabierten Patienten im Krankenhaus Den Algorithmus für die anfängliche Behandlung von Patienten nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand im Krankenhaus zeigt Abbildung 4.1. 1. Persönliche Sicherheit Es gibt nur wenige Berichte über Ersthelfer, die durch die Durchführung einer Wiederbelebung zu Schaden gekommen sind. • Die persönliche Sicherheit und die des Wiederbelebungs-Teams hat oberste Priorität während jedes Wiederbelebungs-Versuchs. • Überprüfen Sie, ob die Umgebung des Patienten gefahrlos ist. • Ziehen Sie Handschuhe so früh wie möglich an. Andere Schutzmaßnahmen wie Schutzbrillen, Schürzen und Gesichtsmasken können notwendig sein. • Das Risiko einer Infektion ist viel niedriger als vermutet. Es gibt einzelne Berichte von Infektionen mit Tuberkulose (Tbc) und „Severe Acute Respiratory Syndrome (SARS)“. Eine Ansteckung mit HIV während der Wiederbelebung wurde bis jetzt nicht beobachtet. Verwenden Sie Taschenmasken mit Filter oder eine Schutzmaske mit Ein-Weg-Ventil, um das Infektionsrisiko während der Beatmung zu minimieren. Die Effektivität von Beatmungstüchern ist nicht gesichert und sie verhindern nicht zuverlässig den Übertritt von Bakterien auf den Ersthelfer. • Tragen Sie einen Ganzkörper-Infektionsschutz wenn das Opfer mit schwerwiegenden Krankheiten wie SARS oder Tbc infiziert ist. • Die neuesten Hinweise zum Infektionsschutz finden sie unter www.rki.de • Seien Sie vorsichtig mit spitzen Gegenständen. Eine dafür vorgesehene Abwurfbox sollte vorhanden sein. Wenn Patienten unter Reanimation transportiert werden müssen, sollte mit Bedacht vorgegangen werden. • Vorsicht bei Patienten, die Giftstoffen ausgesetzt waren. Vermeiden Sie Mund-zu-Mund-Beatmung und Kontakt mit der Ausatemluft des Patienten bei Zyanid oder Hydrogensulfid-Vergiftungen. • Vermeiden Sie Kontakt bei Vergiftungen mit ätzenden Substanzen (z.B. starken Säuren, Basen, Paraquat) oder bei Substanzen, die über die Haut oder den Respirationstrakt aufgenommen werden können (z.B. Organophosphate). • Es gibt keine Berichte über Infektionen, die durch Wiederbelebungs-Training aufgetreten sind. Es sollten European Resuscitation Council jedoch trotzdem Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden, um eine mögliche Infektion zu verhindern. Reinigen Sie die Übungspuppen regelmäßig und desinfizieren Sie diese nach jedem Gebrauch. Einige Puppen haben Einmal-Gesichtsstücke und -Atemwegsteile, die eine Reinigung vereinfachen. 2. Bewusstseinskontrolle • Wenn Sie sehen, wie ein Patient kollabiert, oder wenn Sie einen offensichtlich nicht ansprechbaren Patienten in einem klinischen Bereich auffinden, sollten Sie zuerst um Hilfe rufen und dann den Bewusstseinszustand des Patienten untersuchen (Schütteln und Ansprechen). Schütteln Sie vorsichtig die Schultern des Patienten und fragen Sie laut: „Geht es Ihnen gut?“ (Abbildung 4.2). • Wenn andere Mitarbeiter in der Nähe sind, können mehrere Maßnahmen gleichzeitig gesetzt werden. Figure 4.2 Shake and shout 3A. Der Patient reagiert auf Ansprache • Eine rasche medizinische Untersuchung sollte erfolgen. Abhängig von der Organisation innerhalb des Krankenhauses kann diese auch ein medizinisches Notfallteam (z.B. MET) durchführen. Während der Wartezeit sollte der Patient entsprechend dem ABCDESchema untersucht werden. Es sollte Sauerstoff gegeben, der Patient an ein Überwachungsgerät angeschlossen und ein venöser Zugang gelegt werden. 3B. Der Patient reagiert nicht • Der genaue Ablauf hängt vom jeweiligen Training und der Erfahrung bei der Überprüfung von Atmung und Kreislauf bei kranken Patienten ab. Schnappatmung (vereinzelte Atemzüge, langsame oder geräuschvolle Atmung) kommt häufig in der frühen Phase eines Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 29 KAP 4 Kapitel 4 Versorgung des Kreislaufstillstands im Krankenhaus Kreislaufstillstandes vor. Dies ist ein Zeichen eines Herz-Kreislauf-Stillstands und sollte nicht mit Lebenszeichen verwechselt werden. • Rufen Sie um Hilfe (falls Sie es noch nicht gemacht haben). • Drehen Sie den Patienten auf den Rücken. • Öffnen Sie den Atemweg des Patienten, indem Sie den Kopf nackenwärts überstrecken und das Kinn anheben (Abbildung 4.3). • • • Figure 4.3 Head tilt and chin lift • • • • Anheben des Unterkiefers, weiterhin der Atemweg verlegt sein, überstrecken Sie den Kopf vorsichtig und schrittweise nackenwärts, bis der Atemweg frei ist. Das Freimachen der Atemwege ist wichtiger als eine mögliche HWS-Verletzung. Halten Sie den Atemweg offen und sehen, hören und fühlen Sie die Ausatemluft für maximal 10 sec (Abbildung 4.4), um festzustellen, ob der Patient normal atmet (vereinzelte Atemzüge, langsame oder geräuschvolle Atmung ist nicht normal) oder andere Lebenszeichen zeigt. − Bewegungen des Brustkorbs (Atmung oder Husten) − Andere Körperbewegungen oder Lebenszeichen − Hören von Atemgeräuschen am Mund des Patienten − Fühlen der Ausatemluft an Ihrer Wange Wenn der Patient keine Lebenszeichen zeigt (keine Bewegung, keine Atmung, kein Husten), beginnen Sie sofort mit der Wiederbelebung. Führen Sie diese fort, bis jemand eintrifft, der eine größere Erfahrung in Wiederbelebung hat, oder der Patient wieder Lebenszeichen zeigt. Wenn Sie in der Untersuchung von kranken Patienten geübt sind, können Sie Atmung und Puls auch gleichzeitig überprüfen (Abbildung 4.5). (Dieses Vorgehen hat eine niedrigere diagnostische Sicherheit. Siehe: Albarran JW, Moule P, Gilchrist M, Soar J. Comparison of sequential and simultaneous breathing and pulse check by healthcare professionals during simulated scenarios. Resuscitation. 2006 Feb;68(2):243-9.) Falls der Patient keine Lebenszeichen zeigt oder keinen Puls hat, sollte sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden. Im Zweifelsfall sollte ebenfalls sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden. Verzögerungen in der Diagnose eines Herz-KreislaufStillstands und dem Beginn der Wiederbelebung haben negative Auswirkungen auf das Überleben der Patienten und müssen unter allen Umständen vermieden werden. Es ist unwahrscheinlich, dass der Beginn von Wiederbelebungs-Maßnahmen bei schwerkranken Patienten mit niedrigem Herzminutenvolumen schädlich ist - es könnte sogar vorteilhaft sein. Auch Patienten, die sich in einem überwachten Bereich befinden, müssen untersucht werden um einen Kreislaufstillstand zu bestätigen. Figure 4.3 Head tilt and chin lift • Inspizieren Sie den Mund des Patienten. Falls Fremdkörper sichtbar sind, entfernen Sie diese mittels Magill-Zange oder Absaugung. • Bei Verdacht auf Verletzung der HWS sollte der obere Atemweg mithilfe des Esmarch’schen Handgriffs (Unterkiefer anheben) unter gleichzeitiger Stabilisierung der HWS mittels vorsichtigem Längszug durch eine 2. Person geöffnet werden (wenn genügend Personal vorhanden ist). Sollte, trotz 30 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council 4A. Der Patient hat Puls oder zeigt Lebenszeichen • Eine rasche medizinische Untersuchung sollte erfolgen. Abhängig von der Organisation innerhalb des Krankenhauses kann diese auch ein Wiederbelebungs-Team (z.B. MET) durchführen. Während der Wartezeit sollte der Patient entsprechend dem ABCDE-Schema untersucht werden. Es sollte Sauerstoff gegeben, der Patient an ein Überwachungsgerät angeschlossen und ein venöser Zugang gelegt werden 4B. Der Patient hat keinen Puls oder Lebenszeichen • Beginnen Sie sofort mit der Wiederbelebung. Ein Kollege soll das Wiederbelebungs-Teams verständigen (Abbildung 4.6) und Wiederbelebungs-Materialien und den Defibrillator holen. Figure 4.4 Looking for breathing and any other movement Figure 4.6 Call the resuscitation team • Wenn Sie alleine sind, verlassen Sie den Patienten und holen Sie selbst Hilfe und Material. • Geben Sie 30 Herz-Druck-Massagen gefolgt von 2 Beatmungen • Die richtige Hand-Position für Herz-Druck-Massagen ist die Mitte der unteren Hälfte des Brustbeins (Abbildung 4.7). Figure 4.5 Simultaneous check for breathing and carotid pulse European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 31 KAP 4 Kapitel 4 Versorgung des Kreislaufstillstands im Krankenhaus (abhängig von den lokalen Richtlinien). Eine endotracheale Intubation sollte nur versucht werden, wenn man in dieser Maßnahme erfahren und geübt ist. Figure 4.7 Hand position for chest compressions • Diese Hand-Position wird schnell gefunden, wenn Sie in der Schulung unterrichtet wurden, den Handballen der einen Hand auf die Mitte des Brustkorbs zu setzen und die andere Hand über die unten liegende zu legen. Dabei sollte in einer Demonstration das Auflegen der Hände in der Mitte der unteren Brustbeinhälfte gezeigt werden (Abbildung 4.8). Figure 4.9 Use of the pocket mask Figure 4.8 Hands placed in the middle of the lower half of the sternum • Drücken Sie das Brustbein 4-5 cm tief ein mit einer Kompressionsrate von 100 /min. Der Brustkorb soll nach jeder Herz-Druck-Massage vollständig entlastet werden. Kompression und Entlastung sollen etwa gleich lange dauern. • Immer wenn die Herz-Druck-Massage wiederaufgenommen wird, setzen Sie die Hände ohne Verzögerung in der Mitte des Brustkorbs auf. • Verlassen Sie sich nicht auf einen tastbaren Carotisoder Femoralis-Puls, um die Effektivität der HerzDruck-Massage zu beurteilen. • Verwenden Sie das nächste verfügbare Gerät zur Beatmung. Zumindest eine Taschenmaske in Verbindung mit einer oropharyngealen Atemwegs-Hilfe sollte unmittelbar zur Verfügung stehen (Abbildung 4.9). Alternativ kann auch eine Larynxmaske mit Beatmungsbeutel oder ein Beatmungsbeutel mit Maske verwendet werden 32 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen • Die Beatmungszeit sollte etwa 1 sec betragen. Dabei soll sich der Brustkorb sichtbar heben. Geben Sie zusätzlich Sauerstoff so früh wie möglich. • Vermeiden Sie schnelle und druckstarke Beatmungen. • Sobald der Patient intubiert wurde, kann die HerzDruck-Massage ununterbrochen mit einer Rate von 100 /min fortgeführt werden. Die Herz-Druck-Massage darf nur für die Defibrillation oder die Überprüfung des Pulses unterbrochen werden. Die Beatmung soll 10-mal pro Minute erfolgen. Vermeiden Sie eine Hyperventilation. • Sind Hilfsmittel zur Beatmung nicht vorhanden, führen Sie Mund-zu-Mund-Beatmung durch. Bei klinischen Gründen ist ein direkter Mund-zu-Mund-Kontakt zu vermeiden. Wenn Sie sich nicht in der Lage sehen, eine Mund-zu-Mund-Beatmung durchzuführen, machen sie zumindest Herz-Druck-Massagen, bis Hilfe oder Atemwegs-Hilfsmittel eintreffen. Eine Taschenmaske sollte in allen klinischen Bereichen unmittelbar zur Verfügung stehen. • Wenn der Defibrillator eintrifft, setzen Sie die Elektroden auf den Brustkorb des Patienten und analysieren Sie den Herzrhythmus. Mit SelbstklebeDefibrillations-Elektroden oder „Quick-Look“Elektroden (Abbildung 4.10) kann der Rhythmus schneller abgeleitet werden als durch das Aufkleben von EKG-Elektroden. European Resuscitation Council KAP 4 Figure 4.10 ‘Quick-look’ technique with defibrillator paddles • Wenn Selbstklebe-Defibrillations-Elektroden zur Verfügung stehen und mehrere Ersthelfer anwesend sind, können die Elektroden auch während der HerzDruck-Massage angeklebt werden (Abbildung 4.11). • Unterbrechen Sie die Herz-Druck-Massage nur kurz, um den Rhythmus zu analysieren. Wenn notwendig, führen Sie eine manuelle Defibrillation durch. Bei Verwendung eines automatisierten externen Defibrillators (AED) folgen Sie einfach den Anweisungen des Geräts. • Führen Sie die Herz-Druck-Massage unmittelbar nach der Defibrillation fort. Machen Sie keine Pause, um den Puls oder Herzrhythmus zu überprüfen. Vermeiden Sie jede unnötige Unterbrechung der Herz-Druck-Massage. • Führen Sie die Wiederbelebungs-Maßnahmen fort, bis das Wiederbelebungs-Team des Krankenhauses eintrifft oder der Patient Lebenszeichen zeigt. Folgen Sie den Sprachanweisungen des AED, wenn Sie einen verwenden. • Wenn Sie einen manuellen Defibrillator verwenden, folgen Sie der Handlungsanweisung für die „Erweiterte Wiederbelebung“ (Kapitel 5). • Nachdem mit der Wiederbelebung begonnen wurde, falls ausreichend Personal zur Verfügung steht, sollte ein IV Zugang und Reanimations-Medikamente (z.B. Adrenalin) vorbereitet werden. • Es sollte eine Person für die Übergabe an das Wiederbelebungs-Team bestimmt werden. Dafür sollte auch die Patienten-Krankengeschichte zur Verfügung stehen. • Die Person, die die Herz-Druck-Massage durchführt, wird rasch erschöpft sein. Falls ausreichend Personal zur Verfügung steht, sollte alle 2 min gewechselt werden. • Die Qualität der Herz-Druck-Massage während einer Wiederbelebung im Krankenhaus ist oft mangelhaft. Leiten Sie die Person, die die Herz-Druck-Massagen durchführt, an, diese effektiv auszuführen, oder wechseln Sie wenn nötig die Person aus. • Verwenden Sie eine Uhr, um die Zeit zwischen den einzelnen Defibrillationen zu stoppen. Es ist schwierig, sich die Anzahl der 30:2 Zyklen zu merken European Resuscitation Council Figure 4.11 Maintain chest compressions while self adhesive pads are applied 4C. Der Patient atmet nicht, hat aber Puls (Atemstillstand) • Beatmen Sie den Patienten (wie oben beschrieben) und überprüfen Sie den Kreislauf alle 10 Beatmungen (etwa jede Minute). • Diese Diagnose darf nur gestellt werden, wenn Sie in der Überprüfung der Atmung und des Kreislaufs geübt sind oder der Patient andere Lebenszeichen zeigt (z.B. fühlt sich warm an und ist gut durchblutet, normale kapilläre Füllung). • Falls Zweifel bestehen, ob Puls vorhanden ist, beginnen Sie mit der Herz-Druck-Massage, bis erfahrenere Hilfe eintrifft. • Alle Patienten mit Atemstillstand erleiden einen Kreislaufstillstand, wenn der Atemstillstand nicht sofort effektiv behandelt wird. 5. Wenn der Patient einen beobachteten Kreislaufstillstand in einem überwachten Bereich erleidet (z.B. ICU) • Bestätigen Sie den Kreislaufstillstand und rufen Sie um Hilfe. • Geben Sie einen präcordialen Faustschlag (Kapitel 5), wenn es sich um Kammerflimmern oder eine pulslose ventrikuläre Tachykardie (VF/VT) handelt und ein Defibrillator nicht unmittelbar zur Verfügung steht. • Wenn der Erstrhythmus VF/VT ist und ein Defibrillator unmittelbar verfügbar ist, geben Sie einen Schock ab. • Starten Sie die Herz-Druck-Massage sofort nach der Schockabgabe, wie oben beschrieben. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 33 Kapitel 4 Versorgung des Kreislaufstillstands im Krankenhaus Zusammenfassung •Der genaue Handlungsablauf einer Wiederbelebung im Krankenhaus hängt vom Ort, den Fähigkeiten des Ersthelfers, der Anzahl der Ersthelfer, dem vorhandenen Material und der Art der Organisation des Krankenhauses in Hinblick auf Notfälle und Wiederbelebung ab. •Die Sicherheit des WiederbelebungsTeams hat oberste Priorität während jedes Wiederbelebungs-Versuchs. •Vermeiden Sie jede unnötige Unterbrechung der Herz-Druck-Massage. Weiterführende Literatur IInternational Liaison Committee on Resuscitation. Part 4. Advanced Life Support. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005;67:213-47. Nolan JP, Deakin CD, Soar J, Bottiger BW, Smith G. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005 Section 4: Adult advanced life support. Resuscitation 2005; 67 Suppl 1:S39-86. Abella BS, Alvarado JP, Myklebust H, et al. Quality of cardiopulmonary resuscitation during in-hospital cardiac arrest. JAMA 2005;293:305-10. Gabbott D, Smith G, Mitchell S, et al. Cardiopulmonary resuscitation standards for clinical practice and training in the UK. Resuscitation 2005;64:13-9. Guidance for safer handling during resuscitation in hospitals. July 2001. Resuscitation Council UK. Perkins GD, Stephenson B, Hulme J, Monsieurs KG. Birmingham assessment of breathing study (BABS). Resuscitation 2005;64:109-13. Ruppert M, Reith MW, Widmann JH, et al. Checking for breathing: evaluation of the diagnostic capability of emergency medical services personnel, physicians, medical students, and medical laypersons. Ann Emerg Med 1999;34:720-9. Handley AJ. Teaching hand placement for chest compression—a simpler technique. Resuscitation 2002;53:29-36. Heilman KM, Muschenheim C. Primary cutaneous tuberculosis resulting from mouth-to-mouth respiration. N Engl J Med 1965;273:1035-6. Christian MD, Loutfy M, McDonald LC, et al. Possible SARS coronavirus transmission during cardiopulmonary resuscitation. Emerg Infect Dis 2004;10:287-93. Cydulka RK, Connor PJ, Myers TF, Pavza G, Parker M. Prevention of oral bacterial flora transmission by using mouth-to-mask ventilation during CPR. J Emerg Med 991;9:317-21. Kern KB, Sanders AB, Raife J, Milander MM, Otto CW, Ewy GA. A study of chest compression rates during cardiopulmonary resuscitation in humans: the importanceof rate-directed chest compressions. Arch Intern Med 1992;152:145-9. 34 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Behandlungsalgorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (Advanced Life Support Algorithm) KAPITEL Lernziele ■ Die Funktion des Behandlungsalgorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (Advanced Life Support/ALS). ■ Die Behandlung von Kammerflimmern (VF) und pulsloser Kammertachykardie (VT). ■ Die Behandlung nicht-defibrillierbarer Rhythmen. ■ Die Indikationen und die Technik des präkordialen Faustschlages. ■ Die potentiell reversiblen Ursachen des Kreislaufstillstandes. ■ Die Rolle des Teamleiters bei der Reanimation. Einführung Mit einem Kreislaufstillstand einhergehende Rhythmen kann man in zwei Gruppen einteilen: In defibrillierbare (Kammerflimmern, VF und pulslose Kammertachykardie, VT) und in nicht-defibrillierbare Rhythmen (Asystolie und pulslose elektrische Aktivität, PEA). Der grundlegende therapeutische Unterschied besteht in der Notwendigkeit zur Defibrillation bei Kammerflimmern bzw. pulsloser Kammertachykardie. Die übrigen Maßnahmen sind bei beiden Gruppen gleich, d.h. Herzdruckmassage, Atemwegssicherung und Beatmung, venöser Zugang, Adrenalingabe sowie das Erkennen und die Korrektur potentiell reversibler Ursachen. Der Behandlungsalgorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (ALS) beschreibt ein standardisiertes Vorgehen bei der Behandlung eines Kreislaufstillstandes. Er ermöglicht damit die situationsgerechte Durchführung der Behandlungsmaßnahmen - ohne langwierige Absprache. Anhand des Algorithmus kennt jedes Teammitglied die nächsten Schritte und kann sich entsprechend darauf vorbereiten. Dies steigert die Effektivität des Teams. Obwohl der ALS-Behandlungsalgorithmus (Abb. 5.1) für die meisten Arten von Kreislaufstillständen gilt, können besondere Umstände und Ursachen zusätzliche, spezielle Maßnahmen bedingen (s. Kapitel 13). Maßnahmen, die nachweisbar die Überlebensrate nach Kreislaufstillstand verbessern, sind die frühzeitige Defibrillation bei Kammerflimmern und pulsloser Kammertachykardie sowie die prompte und effektive Durchführung der kardiopulmonalen Reanimation (CPR), d.h. Herzdruckmassage und Beatmung. Obwohl weder mittels erweiterter Maßnahmen zur Sicherung European Resuscitation Council 5 der Atemwege, noch durch die Verabreichung von Medikamenten eine erhöhte Krankenhausentlassungsrate nach Kreislaufstillstand nachgewiesen werden konnte, sind diese nach wie vor Bestandteil der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen. Im Rahmen der erweiterten Maßnahmen sollte jedoch besonders auf eine frühzeitige Defibrillation sowie eine korrekte und konsequent durchgeführte kardiopulmonale Reanimation (CPR) geachtet werden. Defibrillierbare Rhythmen (Kammerflimmern, VF und pulslose Kammertachykardie, VT) Dem Kreislaufstillstand Erwachsener liegt initial meist ein Kammerflimmern (VF) zugrunde, dem eine Kammertachykardie (VT), eine Bradyarrhythmie, oder seltener eine supraventrikuläre Tachykardie (SVT) vorangegangen sein kann. Nach Bestätigung des Kreislaufstillstandes muss umgehend Hilfe (einschließlich eines Defibrillators) angefordert und die kardiopulmonale Reanimation (CPR) gestartet werden. Beginnen Sie die externe Herzdruckmassage mit einem KompressionsVentilations-Verhältnis von 30 zu 2 (s. Kapitel 4). Sobald ein Defibrillator verfügbar ist, überprüfen Sie den vorliegenden Rhythmus mittels selbstklebender Elektroden oder über die Paddles des Defibrillators. Liegt ein Kammerflimmern oder eine pulslose Kammertachykardie vor, folgen Sie den nachstehenden Behandlungsschritten. Behandlung defibrillierbarer Rhythmen (VF/VT) • Führen Sie eine Defibrillation durch. Geben Sie einen Schock mit 150-200 Joules (biphasisch) bzw. 360 Joules (monophasisch) ab. • Nehmen Sie dann umgehend wieder die Herzdruckmassage auf (30:2), ohne erneute Rhythmus- oder Pulskontrolle. • Führen Sie die CPR weiter für 2 Minuten; unterbrechen Sie diese dann kurz zur Überprüfung des EKGRhythmus. - Besteht weiterhin VF/VT: • Geben Sie einen weiteren Schock (Nr. 2) mit 150-360 Joules (biphasisch) bzw. 360 Joules (monophasisch) ab. • Nehmen Sie dann umgehend wieder die CPR auf und führen diese über 2 Minuten weiter. • Unterbrechen Sie dann die CPR kurz zur Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 35 KAP 5 Kapitel 5 Behandlungsalgorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (Advanced Life Support Algorithm) ALS-Algorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (ALS) bei Erwachsenen Keine Reaktion? Atemwege freimachen Auf Lebenszeichen achten Reanimationsteam verständigen CPR 30:2 bis Defibrillator/EKG-Monitor angeschlossen Rhythmus beurteilen defibrillierbar (VF / pulslose VT) 1 Shock 150-360 J biphasisch oder 360 J monophasic Sofort weiterführen 30:2 2 min Nicht-difibrillierbar (PEA / Asystolie) Während der CPR: • Reversible Ursachen* beheben* • Elektrodenposition und -kontakte überprüfen • Intravenösen Zugang legen/ überprüfen • Sauerstoffgabe • Atemwege sichern • Wenn endotracheal intubiert, Herzdruckmassage ohne Unterbrechung • Adrenalin alle 3-5 min • Amiodaron, Atropin, Magnesium erwägen Sofort weiterf¨hren 30:2 2 min *Reversible Ursachen: Hypoxie Hypovolëmie Hypo-/hyperkalëmie & metabolische Störungen Hypothermie Herzbeuteltamponade Intoxikationen Thrombose (koronar oder pulmonal) Spannungspneumothorax Abb. 5.1 Algorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (ALS) bei Erwachsenen. 36 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Überprüfung des EKG-Rhythmus. • Falls weiterhin VF/VT besteht, geben Sie 1 mg Adrenalin i.v., unmittelbar gefolgt von einem 3. Schock mit 150-360 Joules (biphasisch) bzw. 360 Joules (monophasisch). • Nehmen Sie dann umgehend die CPR wieder auf und führen diese über 2 Minuten weiter. • Unterbrechen Sie dann die CPR kurz zur Überprüfung des EKG-Rhythmus. • Falls weiterhin VF/VT besteht, geben Sie 300 mg Amiodaron i.v., unmittelbar gefolgt von einem 4. Schock mit 150-360 Joules (biphasisch) bzw. 360 Joules (monophasisch). • Nehmen Sie umgehend die CPR wieder auf und führen diese über 2 Minuten weiter. • Geben Sie 1 mg Adrenalin i.v. unmittelbar vor jedem 2. Schock, d.h. ungefähr alle 3-5 Minuten. • Geben Sie nach jedem 2-minütigen CPR-Intervall weitere Schocks, nachdem Sie sich vergewissert haben, dass weiterhin VF/VT vorliegt. - Liegt eine organisierte elektrische Aktivität vor, die mit einem kardialen Auswurf einhergehen kann, überprüfen Sie den Puls: • Ist ein Puls tastbar, beginnen Sie mit den Maßnahmen der Versorgung nach Reanimation (s. Kapitel 14). • Ist kein Puls tastbar, führen Sie die CPR fort und wechseln Sie auf die rechte Seite des ALSAlgorithmus (nicht-defibrillierbare Rhythmen). - Liegt eine Asystolie vor, führen Sie die CPR fort und wechseln Sie auf die rechte Seite des ALSBehandlungsalgorithmus (nicht-defibrillierbare Rhythmen). Das Zeitintervall zwischen Stopp der Herzdruckmassage und Schockabgabe muss so kurz wie möglich gehalten werden und sollte keinesfalls 10 Sekunden überschreiten. Längere Unterbrechungen der Herzdruckmassage vermindern die Wahrscheinlichkeit durch Defibrillation einen Spontankreislauf wiederherzustellen. Unmittelbar nach der Schockabgabe wird die Herzdruckmassage wieder aufgenommen, ohne erneut Rhythmus oder Puls zu überprüfen. Selbst wenn durch die Defibrillation ein perfundierender Rhythmus wiederhergestellt wurde, ist unmittelbar danach nur sehr selten ein Puls zu tasten. Wurde kein perfundierender Rhythmus wiederhergestellt, beeinträchtigt jede zeitliche Verzögerung durch Pulstasten zusätzlich die Myokardfunktion. Liegt ein perfundierender Rhythmus vor, wird durch eine Herzdruckmassage das Wiederauftreten von Kammerflimmern nicht begünstigt. Kommt es nach Defibrillation zur Asystolie, kann die Herzdruckmassage diese in ein besser behandelbares Kammerflimmern überführen. Die erste Adrenalindosis wird sofort nach der Rhythmusbestätigung und unmittelbar vor der Abgabe des dritten Schocks gegeben (Sequenz: European Resuscitation Council Medikament-Schock-CPR-Rhythmusüberprüfung). Weitere Adrenalindosen folgen unmittelbar vor jedem zweiten Schock, solange VF/VT fortbesteht. Halten Sie das Adrenalin bereit, so dass die Verzögerung zwischen der Unterbrechung der Herzdruckmassage und der Schockabgabe möglichst kurz ist. Durch die nachfolgende kardiopulmonale Reanimation (CPR) gelangt Adrenalin, das unmittelbar vor der Defibrillation gegeben wird, in die Zirkulation. Die Schockabgabe darf nicht durch die Adrenalingabe verzögert werden; falls das Adrenalin nicht eher bereit ist, geben Sie es nach dem Defibrillationsversuch. Während der CPR wird Adrenalin alle 3-5 Minuten gegeben. Bei Wechsel von der nicht-defibrillierbaren auf die defibrillierbare Seite des Algorithmus, wird die nächste Adrenalindosis vor dem ersten oder zweiten Schock gegeben, abhängig vom Zeitpunkt der letzten Adrenalingabe. Zeigt sich bei der Rhythmuskontrolle zwei Minuten nach der Defibrillation ein nicht-defibrillierbarer, organisierter Rhythmus (schmale oder breite QRSKomplexe), versuchen Sie einen Puls zu tasten. Die Rhythmuskontrollen dürfen nur kurzzeitig erfolgen; Pulskontrollen werden nur dann durchgeführt, wenn ein organisierter Rhythmus vorliegt. Zeigt sich während der 2-minütigen CPR ein organisierter Rhythmus, sollte die Herzdruckmassage nicht zur Pulskontrolle unterbrochen werden, es sei denn, der Patient zeigt Lebenszeichen, die die Wiederkehr eines Spontankreislaufes (ROSC) vermuten lassen. Besteht ein organisierter Rhythmus und haben Sie Zweifel, ob ein Puls vorliegt, nehmen Sie die CPR wieder auf. Hat der Patient einen Spontankreislauf (ROSC), beginnen Sie mit den Maßnahmen zur Versorgung nach Reanimation. Tritt eine Asystolie oder eine PEA auf, folgen Sie den untenstehenden Leitlinien für nicht-defibrillierbare Rhythmen. Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass die routinemäßige Gabe eines Antiarrhythmikums während des Kreislaufstillstandes beim Menschen die Krankenhausentlassungsrate verbessert. Verglichen mit Placebo oder Lidocain kann durch die Gabe von Amiodaron beim schockrefraktären Kammerflimmern die kurzzeitige Überlebensrate (Überleben bis Krankenhausaufnahme) erhöht werden. Falls kein Amiodaron verfügbar ist, können alternativ 100 mg (bzw. 1 – 1,5 mg kg-1) Lidocain i.v. gegeben werden. Lidocain sollte jedoch nicht verwendet werden, wenn zuvor bereits Amiodaron appliziert wurde. Geben Sie Magnesium (2 g Bolus i.v.), wenn bei schockrefraktärem Kammerflimmern eine Hypomagnesiämie vorliegen könnte, z.B. bei einem Patienten unter Diuretikatherapie. Bei schockrefraktärem Kammerflimmern bzw. pulsloser Kammertachykardie ist es wichtig, Position und Kontakt der Ableitungselektroden (oder Paddle) sowie die Eignung des Kontaktmediums (z.B. der Gelpads) zu überprüfen. Die Dauer individueller Reanimationsmaßnahmen richtet sich nach der klinischen Einschätzung und der mutmaßlichen Aussicht auf ein günstiges Outcome. Erschien es angemessen, eine Reanimation zu beginnen, Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 37 KAP 5 Kapitel 5 Behandlungsalgorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (Advanced Life Support Algorithm) Abb. 5.3. Kammerflimmern (VF) während einer Koronarangiographie. Ein einzelner präkordialer Faustschlag terminiert das VF. Die untere Kurve entspricht dem Druck in der rechten Koronararterie (RCA). sollte es grundsätzlich sinnvoll sein, diese fortzuführen solange ein Kammerflimmern oder eine pulslose Kammertachykardie besteht. Bestehen Zweifel, ob der abgeleitete EKG-Rhythmus einer Asystolie oder einem sehr feinschlägigen Kammerflimmern entspricht, versuchen Sie keine Defibrillation, sondern fahren Sie mit Herzdruckmassage und Beatmung fort. Bei sehr feinschlägigem Kammerflimmern, welches kaum von einer Asystolie zu unterscheiden ist, ist eine erfolgreiche Defibrillation in einen perfundierenden Rhythmus unwahrscheinlich. Durch eine effektive CPR kann die Amplitude und die Frequenz des Kammerflimmerns vergrößert und somit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Defibrillation in einen perfundierenden Rhythmus erhöht werden. Wiederholte Defibrillationsversuche bei vermeintlich sehr feinschlägigem Kammerflimmern verstärken die Myokardschädigung, sowohl als direkte Folge des elektrischen Stroms, als auch indirekt infolge der Unterbrechungen der Koronarperfusion. Liegt hingegen eindeutig ein Kammerflimmern vor, sollte die Defibrillation versucht werden. Technik des präkordialen Faustschlages ausgebildet sind. Verabreichen Sie mit der ulnaren Seite der fest geschlossenen Faust aus einer Höhe von etwa 20 cm einen kräftigen Schlag auf die untere Hälfte des Sternums. Ziehen Sie die Faust dann rasch zurück, um einen impulsartigen Stimulus zu erzeugen (Abb. 5.2 Präkordialer Faustschlag). Am ehesten kann eine Kammertachykardie mittels präkordialem Faustschlag in einen Sinusrhythmus überführt werden. Die erfolgreiche Konversion eines Kammerflimmerns hingegen ist sehr viel unwahrscheinlicher. In allen veröffentlichten Fallberichten mit erfolgreich appliziertem, präkordialen Faustschlages wurde dieser innerhalb der ersten 10 Sekunden nach Auftreten des Kammerflimmerns gegeben (Abb. 5.3). Es gibt vereinzelte Berichte, dass durch einen präkordialen Faustschlag ein Perfusions- in einen NichtPerfusionsrhythmus konvertiert wurde. Präkordialer Faustschlag Ist bei beobachtetem und monitorüberwachtem Kreislaufstillstand (VF/VT) ein Defibrillator nicht umgehend verfügbar, kann ein einmaliger präkordialer Faustschlag erwogen werden. Dieser sollte jedoch nur von professionellen Helfern appliziert werden, die in der 38 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Kammertachykardie (VT) vorliegt, wechseln Sie auf den linken Schenkel des Algorithmus (defibrillierbare Rhythmen). - Falls im EKG jetzt eine Asystolie oder agonaler Rhythmus zu erkennen ist: • Führen Sie die CPR weiter. • Überprüfen Sie nach 2 Minuten erneut den Rhythmus und gehen Sie entsprechend vor. • Geben Sie alle 3-5 Minuten 1 mg Adrenalin i.v. (während jeder zweiten Handlungsschleife). Behandlung einer Asystolie bzw. einer langsamen PEA (Herzfrequenz < 60 min-1) Figure 5.2 Precordial thump Nicht-defibrillierbare Rhythmen (PEA und Asystolie) Pulslose elektrische Aktivität (PEA) ist definiert als organisierte, kardiale elektrische Aktivität ohne tastbare Pulse. Bei diesen Patienten finden sich häufig Myokardkontraktionen, die jedoch zu schwach sind, um einen tastbaren Puls oder einen messbaren Blutdruck zu erzeugen. Eine PEA kann durch reversible, zu behebende Ursachen bedingt sein (s.u.). Die Überlebensrate nach Asystolie oder PEA ist gering, es sei denn, reversible Ursachen können erkannt und rasch und effektiv behandelt werden. • Beginnen Sie mit der CPR (30:2). • Überprüfen Sie die korrekte Lage der EKGAbleitungen, ohne dabei die CPR zu unterbrechen. • Geben Sie 1 mg Adrenalin i.v., sobald ein venöser Zugang liegt. • Geben Sie einmalig 3 mg Atropin i.v. • Führen Sie die CPR mit 30:2 weiter, bis die Atemwege gesichert sind. Danach erfolgt die Herzdruckmassage ohne Unterbrechungen zur Beatmung. • Überprüfen Sie nach 2 Minuten erneut den Rhythmus und gehen Sie entsprechend vor. • Falls jetzt ein Kammerflimmern bzw. eine pulslose Kammertachykardie vorliegt, wechseln Sie auf den linken Schenkel des Algorithmus (defibrillierbare Rhythmen). • Geben Sie alle 3-5 Minuten 1 mg Adrenalin i.v. (während jeder zweiten Handlungsschleife). Behandlung einer PEA • Beginnen Sie die CPR (30:2). • Geben Sie 1 mg Adrenalin i.v., sobald ein venöser Zugang liegt. • Führen Sie die CPR mit 30:2 weiter, bis die Atemwege gesichert sind. Danach erfolgt die Herzdruckmassage ohne Beatmungspausen. • Überprüfen Sie nach 2 Minuten erneut den Rhythmus. - Falls eine organisierte, elektrische Aktivität vorliegt, versuchen Sie einen Puls zu tasten und/oder achten Sie auf Lebenszeichen: • Ist ein Puls tastbar und/oder sind Lebenszeichen erkennbar, beginnen Sie mit den Maßnahmen zur Vorsorgung nach der Reanimation. • Ist kein Puls tastbar und/oder sind keine Lebenszeichen erkennbar (PEA): • Führen Sie die CPR weiter. • Überprüfen Sie nach 2 Minuten erneut den Rhythmus und gehen Sie entsprechend vor. • Geben Sie alle 3-5 Minuten 1 mg Adrenalin i.v. (während jeder zweiten Handlungsschleife). - Falls jetzt ein Kammerflimmern (VF) bzw. eine pulslose European Resuscitation Council Asystolie Eine Asystolie kann durch einen exzessiven Vagustonus verstärkt oder ausgelöst werden. Dieser ist durch Medikamente unterdrückbar, welche einen Vagusreiz wirksam blockieren. Geben Sie daher bei Asystolie oder langsamer PEA (Frequenz < 60 min-1) 3 mg Atropin. Diese Dosis bewirkt eine maximale Vagusblockade. Überprüfen Sie bei vermuteter Asystolie sorgfältig das EKG auf das Vorhandensein von P-Wellen, da in dieser Situation ein Kammerstillstand mittels eines Schrittmachers wirksam behandelt werden kann. Die erfolgreiche Schrittmacherstimulation einer wahren Asystolie (ohne P-Wellen) ist hingegen unwahrscheinlich. Maßnahmen während der CPR Achten Sie während der Behandlung von persistierendem Kammerflimmern/pulsloser Kammertachykardie bzw. PEA/Asystolie darauf, dass zwischen den Defibrillationsversuchen eine effektiv und konsequente Herzdruckmassage durchgeführt wird. Versuchen Sie reversible Ursachen („4 H’s und HITS“) zu erkennen und Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 39 KAP 5 Kapitel 5 Behandlungsalgorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (Advanced Life Support Algorithm) zu behandeln. Sichern Sie die Atemwege und legen Sie einen venösen Zugang. Während der Beatmungspausen der CPR kann der EKGRhythmus gut erkennbar sein. Liegt Kammerflimmern vor, sollte zu diesem Zeitpunkt keine Defibrillation versucht werden – unabhängig davon, auf welcher Seite des ALSAlgorithmus Sie sich befinden. Führen Sie stattdessen die CPR weiter, bis das 2-minütige Intervall vollendet ist. In Kenntnis dessen, dass Kammerflimmern vorliegt, sollte sich das Team auf eine Defibrillation vorbereiten, um die Verzögerung am Ende der 2-minütigen CPR so kurz als möglich zu halten. Obwohl die Qualität von Herzdruckmassage und Beatmung großen Einfluss auf das Outcome haben, werden Sie von professionellen Helfern häufig unzulänglich durchgeführt. Eine CPR mit einem 30:2-Verhältnis ist ermüdend. Sobald die Atemwege gesichert sind, führen Sie die Herzdruckmassage ohne Unterbrechungen während der Beatmung durch. Zur Verringerung von Ermüdungserscheinungen sollte der Helfer, der die Herzdruckmassage durchführt, alle 2 Minuten abgewechselt werden. Atemwege und Beatmung Am zuverlässigsten werden die Atemwege durch eine endotracheale Intubation gesichert. Diese sollte jedoch nur dann angestrebt werden, wenn der Helfer darin gut ausgebildet ist und eine ausreichende Routine in der Technik besitzt. Ein erfahrener Helfer sollte versuchen ohne Unterbrechung der Herzdruckmassage zu laryngoskopieren. Während der Passage des Tubus durch die Stimmritze kann eine kurze Unterbrechung der Kompressionen erforderlich sein. Alternativ kann die Intubation bis zur Wiederkehr des Spontankreislaufes (ROSC) aufgeschoben werden, um jegliche Unterbrechung der Herzdruckmassage zu vermeiden. Ein Intubationsversuch sollte nicht länger als 30 Sekunden dauern. Falls die Intubation innerhalb dieser Zeitspanne nicht gelingt, kehren Sie zurück zur Beutel-MaskenBeatmung. Nach der Intubation muss die korrekte Tubuslage überprüft und der Tubus fixiert werden. Nach endotrachealer Intubation wird die Herzdruckmassage ohne Beatmungspausen mit einer Frequenz von 100 min-1 weitergeführt. Beatmen Sie mit einer Frequenz von 10 min-1. Eine Hyperventilation muss vermieden werden. Jede Unterbrechung der Herzdruckmassage bewirkt einen drastischen Abfall des koronaren Perfusionsdrucks, welcher sich nach Wiederaufnahme der Herzdruckmassage erst mit Verzögerung wieder erholt. Eine durchgehende Herzdruckmassage ohne Beatmungspausen erzeugt daher einen deutlich höheren koronaren Perfusionsmitteldruck. Steht kein in der endotrachealen Intubation geübtes Personal zur Verfügung, sind folgende Atemwegsalternativen akzeptabel: Combitubus, Larynxmaske (LMA), ProSeal-LMA und Larynxtubus (s. Kapitel 6). Sobald eine dieser Atemwegssicherungen 40 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen etabliert wurde, sollten Sie versuchen, die Herzdruckmassage ohne Beatmungspausen durchzuführen. Ist jedoch aufgrund einer großen Luftleckage keine adäquate Ventilation möglich, muss die Herzdruckmassage zur Beatmung unterbrochen werden. Intravenöser Zugang Falls noch nicht erfolgt, legen Sie einen venösen Zugang. Bei zentralvenöser Medikamentenapplikation sind die Wirkstoffspitzenspiegel höher und die Kreislaufzeiten kürzer als bei periphervenöser Gabe. Allerdings erfordert das Legen eines zentralen Venenkatheters eine Unterbrechung der CPR und kann zudem verschiedene Komplikationen verursachen. Eine periphervenöse Kanülierung ist hingegen rascher, einfacher und sicherer durchzuführen. Nach peripherer Medikamenteninjektion muss ein Flüssigkeitsbolus von mindestens 20 ml gegeben werden. Das zusätzliche Anheben der Infusionsextremität für 10 bis 20 Sekunden erleichtert das Einschwemmen des Medikaments in die zentrale Zirkulation. Alternative Applikationsformen, wie intraossäre oder endotracheale Zugangswege, werden in Kapitel 9 besprochen. Reversible Ursachen Denken Sie bei jedem Kreislaufstillstand an mögliche Ursachen für die es eine spezifische Therapie gibt. Zur besseren Erinnerlichkeit wurden diese in zwei Gruppen zu jeweils vier Begriffen unterteilt - basierend auf ihren Anfangsbuchstaben - den 4 “H’s” und den “HITS”. Weitere Details dazu werden auch in Kapitel 13 besprochen. • Hypoxie • Hypovolämie • Hyperkaliämie, Hypokaliämie, Hypoglykämie, Hypokalziämie, Azidose und andere metabolische Störungen • Hypothermie • Herzbeuteltamponade • Intoxikationen • Thrombembolien (Lungenembolie oder koronare Thrombosen) • Spannungspneumothorax Die vier “H’s” Minimieren Sie das Risiko einer Hypoxie durch eine Beatmung mit 100 % Sauerstoff. Stellen Sie sicher, dass sich der Brustkorb adäquat hebt und dass die Atemgeräusche beidseitig auskultierbar sind. Verwenden Sie die in Kapitel 6 beschriebenen Techniken zum Erkennen einer endobronchialen oder ösophagealen Fehllage des Endotrachealtubus. Eine pulslose elektrische Aktivität (PEA) bei Hypovolämie beruht meist auf einem starken Blutverlust. Dieser kann verursacht sein durch ein Trauma (s. Kapitel 13), eine gastrointestinale Blutung oder ein rupturiertes European Resuscitation Council Aortenaneurysma. Ersetzen Sie rasch den intravasalen Volumenverlust mit Flüssigkeit und sorgen Sie für eine dringliche chirurgische Blutstillung. Hyperkaliämie, Hypokaliämie, Hypoglykämie, Hypokalziämie, Azidose und andere metabolische Störungen können durch Laboruntersuchungen erkannt oder aufgrund der Krankengeschichte des Patienten vermutet werden, z. B. im Rahmen eines Nierenversagens (s. Kapitel 13). Ein 12-Ableitungs-EKG kann dabei diagnostische Hinweise geben. Bei Hyperkaliämie und Hypokalziämie sowie bei Überdosierung mit einem Kalzium-Kanal-Blocker ist die intravenöse Gabe von Kalziumchlorid indiziert. Gehen Sie bei jedem Ertrinkungsereignis von einer Hypothermie aus (s. Kapitel 13) und verwenden Sie ein Niedrig-Bereich-Thermometer. Die „HITS“ Eine Herzbeuteltamponade ist schwierig zu diagnostizieren, da ihre typischen Zeichen, wie gestaute Halsvenen und arterielle Hypotonie, im Kreislaufstillstand nicht beurteilt werden können. Ein Kreislaufstillstand in Folge eines penetrierenden Thoraxtraumas sollte jedoch den starken Verdacht auf eine Tamponade lenken. In dieser Situation sollte eine Perikardpunktion (Perikardiozentese) bzw. eine notfallmäßige Thorakotomie in Erwägung gezogen werden (s. Kapitel 13). Bei fehlenden anamnestischen Hinweisen auf eine akzidentelle oder beabsichtigte Ingestion kann es schwierig sein, Intoxikationen mit therapeutischen oder giftigen Substanzen aufzudecken. Manchmal werden sie im weiteren Verlauf durch Laboruntersuchungen diagnostiziert (s. Kapitel 13). Wenn möglich, sollten geeignete Antidote gegeben werden; zumeist ist jedoch lediglich eine symptomatische Behandlung erforderlich. . Die häufigste Ursache für eine thrombembolische oder mechanische Kreislaufobstruktion ist eine fulminante Lungenembolie. Liegt die Vermutung nahe, dass der Kreislaufstillstand durch eine Lungenembolie verursacht wurde, sollte die sofortige Gabe eines Thrombolytikums erwogen werden. Ein Spannungspneumothorax kann die primäre Ursache einer PEA sein, z.B. in Folge zentralvenöser Kanülierungsversuche. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Sorgen Sie für eine rasche Dekompression mittels Punktionsthorakozentese, und legen Sie anschließend eine Thoraxdrainage ein. Lebenszeichen Falls Sie während der CPR Lebenszeichen erkennen (z.B. regelmäßige Atembemühungen, Bewegungen etc.), oder falls die Monitorwerte mit der Rückkehr eines Spontankreislaufes (ROSC) vereinbar sind (z.B. expiratorisches CO2, arterieller Blutdruck etc.), European Resuscitation Council unterbrechen Sie die CPR kurz und überprüfen Sie den Patientenmonitor. Liegt ein organisierter Rhythmus vor, versuchen Sie einen Puls zu tasten. Ist ein Puls vorhanden, beginnen Sie mit den Maßnahmen zur Versorgung nach Reanimation bzw. der Behandlung von ggf. auftretenden Arrhythmien. Wenn Sie keinen Puls tasten, führen Sie die CPR fort. Das Reanimationsteam Ein Notfallteam kann wie ein traditionelles Reanimationsteam („Herzalarmteam“) konzipiert sein, das ausschließlich beim Vorliegen eines manifesten Kreislaufstillstandes alarmiert wird. Alternativ dazu haben manche Krankenhäuser Strategien entwickelt, durch die Patienten mit erhöhtem Risiko für einen Kreislaufstillstand frühzeitig identifiziert werden sollen: Ein spezielles notfallmedizinisches Team (z.B. Medical Emergency Team, MET) kann hinzugezogen werden, bevor es zu einem Kreislaufstillstand kommt (s. Kapitel 2). Der Begriff „Notfallteam“ beinhaltet somit das gesamte Spektrum möglicher Interventionsteams. Die Zusammensetzung eines Reanimationsteams variiert von Institution zu Institution; die für eine kardiopulmonale Reanimation notwendigen Fähigkeiten sollten dabei kompetent abgedeckt werden. Diese umfassen die Sicherung der Atemwege (einschließlich der endotrachealen Intubation), die intravenöse Kanülierung (einschließlich zentralvenöser Zugänge), die Defibrillation (mittels AED und manuell) und die elektrische Kardioversion, die Gabe von Medikamenten, die Durchführung spezieller Reanimationsmaßnahmen (z.B. externe Schrittmacherstimulation, Perikardpunktion) sowie die Maßnahmen der Versorgung von Patienten nach Reanimation. Der Teamleiter muss bei einer Reanimation frühzeitig bestimmt werden. Er sollte in den erweiterten Maßnahmen der kardiopulmonalen Reanimation (ALS) ausgebildet sein und ist zumeist ein ärztliches Mitglied des Reanimationsteams. Der Teamleiter übernimmt die Leitung und Koordination der Reanimationsmaßnahmen und sorgt für deren sichere Durchführung. Wenn indiziert, trägt er die Verantwortung für die Beendigung der Reanimationsmaßnahmen. Nach der Reanimation ist der Teamleiter verantwortlich für die korrekte Dokumentation (einschließlich von Aufzeichnungen zur Qualitätskontrolle) sowie für die Kommunikation mit Angehörigen und behandelnden Kollegen, die in die Versorgung des Patienten involviert sind. So sollten Sie sich als Teamleiter verhalten: 1. Machen Sie frühzeitig deutlich, dass Sie die Teamleitung übernehmen. 2. Folgen Sie den anerkannten Reanimationsleitlinien bzw. erläutern Sie dem Team ggf. davon abweichendes Handeln. 3. Bewahren Sie eine ruhige und positive Arbeitshaltung; ermuntern und unterstützen Sie Ihre Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 41 KAP 5 Kapitel 5 Behandlungsalgorithmus der erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (Advanced Life Support Algorithm) Teammitglieder. 4. Treffen Sie Ihre Entscheidungen sicher und zügig. Besprechen Sie sich bei Unsicherheiten mit dem Team. Seien Sie flexibel, aber geben Sie klare Anordnungen. Greifen Sie bei Bedarf auf Rat und Unterstützung durch erfahrene Kollegen zurück. 5. Berücksichtigen Sie die Stärken Ihrer Teammitglieder und gestehen Sie ihnen eine ihren Fähigkeiten angemessene Handlungsautonomie zu. 6. Teilen Sie Rollen und Aufgaben während der Reanimation klar und eindeutig zu. Dadurch wird vermieden, dass die Aufgabe entweder von mehreren gleichzeitig oder von niemandem übernommen wird. 7. Geben Sie während der gesamten Reanimation klare und präzise Anordnungen. 8. Planen Sie vorausschauend und informieren Sie das Team über anstehende Maßnahmen. 9. Sorgen Sie für realistische Leitungsstandards - ohne dabei missbilligend zu sein. 10. Versuchen Sie sich möglichst im Hintergrund zu halten. Verteilen Sie die Aufgaben an Ihre Teammitglieder und behalten Sie die Übersicht. 11. Danken Sie Ihrem Team nach Beendigung der Reanimationsmaßnahmen und stellen Sie sicher, dass Personal und Angehörige die notwendige Unterstützung erhalten. Vervollständigen Sie Ihre Dokumentation und sorgen Sie für eine adäquate Übergabe. So sollten Sie sich als Teammitglied verhalten: 1. Bestimmen Sie so früh wie möglich einen Teamleiter. 2. Folgen Sie den Anweisungen des Teamleiters. 3. Steuern Sie Ideen und Vorschläge bei, in dem Sie diese dem Teamleiter mitteilen. 4. Seien Sie klar und präzise bei der Weitergabe von Informationen. Halten Sie jedoch den allgemeinen Geräuschpegel niedrig. 5. Wenn angemessen, arbeiten Sie selbstständig unter Befolgung der Leitlinien und in Antizipation der Maßnahmen. 6. Bitten Sie um Unterstützung, wenn Sie sich unsicher sind. 7. Bestätigen Sie, wenn Sie eine Ihnen zugeteilte Aufgabe erledigt haben und geben Sie wichtige Informationen an den Teamleiter weiter. 8. Unterstützen Sie den Teamleiter. Bieten Sie während und nach der Reanimation Ihre Hilfe zur Bewältigung anstehender Aufgaben an. 42 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Zusammenfassung •Der ALS-Behandlungsalgorithmus bietet ein Gerüst für die standardisierte Reanimation von Erwachsenen im Kreislaufstillstand. •Die Behandlung hängt vom zugrunde liegenden Rhythmus ab. •Wenn möglich, sichern Sie die Atemwege frühzeitig, um eine durchgehende Herzdruckmassage zu ermöglichen. •Die Qualität von Herzdruckmassage und Beatmung hat einen entscheidenden Einfluss auf das Outcome. •Achten Sie auf reversible Ursachen und behandeln Sie diese ggf. frühzeitig. •Der Teamleiter spielt eine wichtige Rolle bei der Führung des Reanimationsteams.. Weiterführende Literatur International Liaison Committee on Resuscitation. Part 3. Defibrillation. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005; 67: 203-11. International Liaison Committee on Resuscitation. Part 4. Advanced Life Support. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005; 67: 213-47. Nolan JP, Deakin CD, Soar J, Bottiger BW, Smith G. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 4: Adult advanced life support. Resuscitation 2005;67 Suppl 1: S39-86 Deakin CD, Nolan JP. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 3: Electrical therapies: automated external defibrillators, defibrillation, cardioversion and pacing. Resuscitation 2005;67 Suppl 1: S25-37. European Resuscitation Council Atemwegsmanagement und Beatmung Kapitel Lernziele ■ Ursachen und Erkennen einer Atemwegsobstruktion ■ Techniken des Atemwegsmanagements während der Reanimation ■ Verwendung einfacher Hilfsmittel, um die Atemwege offen zu halten ■ Verwendung einfacher Hilfsmittel zur Beatmung Teil 1. Basis-atemwegsmanagement und beatmung Einleitung Bei Patienten die reanimiert werden müssen sind die Atemwege häufig verlegt. Der Grund hierfür ist üblicherweise der fehlende Muskeltonus bei Kreislaufstillstand. Gelegentlich können aber auch verlegte Atemwege der primäre Grund für einen Kreislaufstillstand sein. Daher ist eine sofortige Untersuchung mit Kontrolle der Atemwege und eventuell anschließender Beatmung essentiell. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, sekundäre hypoxische Schäden am Gehirn und anderen lebenswichtigen Organen zu verhindern. Ohne ausreichende Oxygenierung wird es unmöglich sein, einen organisierten, perfundierenden Rhythmus zu erreichen. Ursachen einer Atemwegsobstruktion Eine Verlegung der Atemwege kann partiell oder vollständig sein. Sie kann in jeder Höhe von der Nase über den Mund bis hinunter zu den Bronchien vorkommen. Beim bewusstlosen Patienten tritt die Atemwegsobstruktion am häufigsten auf Höhe des Pharynx auf. Die genaue Ursache der Atemwegsobstruktion beim Bewusstlosen wurde bei Patienten in Allgemeinanästhesie untersucht. Die Atemwegsobstruktion wurde früher dem Zurückfallen der Zunge aufgrund des reduzierten Muskeltonus zugeschrieben, wobei die Zunge letztlich die hintere Pharynxwand berührt. Die Untersuchungen an narkotisierten Patienten haben allerdings gezeigt, dass häufiger der weiche Gaumen bzw. die Epiglottis und nicht die Zunge die Ursache für die Atemwegsobstruktion sind. Eine Obstruktion kann aber auch durch Erbrochenes oder European Resuscitation Council 6 Blut verursacht werden oder Folge der Regurgitation von Mageninhalt, eines Traumas oder einer Verlegung durch Fremdkörper sein. Eine Obstruktion im Bereich des Larynx kann Folge von Verbrennungsödemen, Entzündungen oder anaphylaktischen Reaktionen sein. Eine Reizung der oberen Atemwege oder die Inhalation von Fremdkörpern können einen Laryngospasmus auslösen. Eine Verlegung der Atemwege unterhalb der Larynxebene kommt selten vor, kann aber durch exzessive Bronchialsekretion, Mukosa-Ödem, Bronchospasmus, Lungenödem oder Aspiration von Mageninhalt verursacht sein. Erkennen einer Atemwegsobstruktion Dies wird am besten durch Sehen - Hören - Fühlen erreicht. • SEHEN – ob sich Brustkorb und Abdomen bewegen • HÖREN und FÜHLEN – nach Luftbewegungen an Mund und Nase Bei partieller Atemwegsobstruktion ist der Einstrom von Luft vermindert und üblicherweise geräuschvoll. • Inspiratorischer Stridor wird durch Obstruktion auf Larynxebene oder darüber verursacht. • Exspiratorischer Stridor lässt auf eine Obstruktion der unteren Luftwege schließen, die während der Exspiration zum Kollabieren und zum Verlegen neigen. • Gurgeln – lässt auf flüssige oder halbfeste Stoffe in den oberen Atemwegen schließen. • Schnarchen – entsteht, wenn der Rachen durch die Zunge oder den Gaumen teilweise verlegt ist • Krächzen – ist der Klang des Laryngospasmus oder einer Obstruktion. Eine komplette Atemwegsobstruktion löst bei einem Patienten, der zu atmen versucht, gegenläufige Brust- und Bauchbewegungen aus, die auch als “Schaukelatmung“ bezeichnet werden. Wenn der Patient einzuatmen versucht, wird der Brustkorb eingezogen und das Abdomen dehnt sich aus; das Gegenteil geschieht bei der Ausatmung. Dies steht im Gegensatz zum normalen Atemmuster, das mit einer synchronen Aufwärts- und Auswärtsbewegung des Abdomens (hinuntergedrückt durch das Zwerchfell) und mit einer Anhebung des Brustkorbs einhergeht. Während einer Atemwegsobstruktion wird die Atemhilfsmuskulatur eingesetzt, wobei sich die Nacken- und Schultermuskeln kontrahieren, um die Thoraxbewegungen zu unterstützen. Es können auch inter- und subcostale sowie tracheale Einziehungen Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 43 KAP 6 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung vorkommen. Eine genaue Beobachtung von Nacken, Brustkorb und Abdomen sollten eine Differenzierung von Atembewegungen bei kompletter Atemwegsobstruktion und normalen Atembewegungen ermöglichen. Höre auf den Luftstrom: normales Atmen sollte ruhig sein, komplette Obstruktion lautlos; und laute Atemgeräusche deuten auf eine partielle Atemwegsobstruktion hin. Wenn die Atemwegsobstruktion nicht innerhalb weniger Minuten beseitigt werden kann, um eine adäquate Ventilation zu ermöglichen, können neurologische und andere lebensbedrohliche Organschäden auftreten. Eine Atemwegsobstruktion kann auch zum Kreislaufstillstand führen. Wenn möglich sollte die hochkonzentrierte Sauerstoffgabe bei der Therapie einer Atemwegsobstruktion erfolgen. Auch nach Wiederherstellen freier Atemwege erholt sich die Sauerstoffsättigung des Blutes schneller bei hoher inspiratorischer SauerstoffKonzentration. Patienten mit Tracheostomie oder permanentem Tracheostoma Patienten mit einer Trachealkanüle oder einem permanentem Tracheostoma (häufig nach Laryngektomie) können eine Atemwegsobstruktion aufgrund einer Verstopfung der Trachealkanüle oder des Stomas entwickeln – die Atemwegsobstruktion kann hier nicht auf der Ebene des Rachens auftreten. Entfernen sie jegliches Fremdmaterial aus dem Stoma bzw. der Trachealkanüle. Wenn notwendig, ziehen sie die Trachealkanüle zurück oder wechseln diese. Geben sie Sauerstoff und unterstützen sie die Atmung über das Stoma bzw. die Trachealkanüle, aber nicht über den Mund. Grundtechniken zum Freimachen der Atemwege Figure 6.1 Head tilt and chin lift Vorschieben des Unterkiefers (Esmarch`scher Handgriff) Das Vorschieben des Unterkiefers (Esmarch`scher Handgriff ) stellt eine alternative Maßnahme dar, um den Unterkiefer nach vorn zu bringen und damit eine Obstruktion durch die Zunge zu beseitigen (Abb. 6.2). Dieser Handgriff ist besonders in Verbindung mit dem Überstrecken des Kopfes erfolgreich. Sobald eine Atemwegsobstruktion erkannt ist, müssen sofort Maßnahmen ergriffen werden, um die Obstruktion zu beseitigen und die Atemwege frei zu halten. Folgende drei Manöver können angewendet werden, um Atemwege frei zu machen: • Überstrecken des Kopfes; • Anheben des Kinns; • Vorschieben des Unterkiefers (Esmarch`scher Handgriff ). Überstrecken des Kopfes und Anheben des Kinns Legen Sie eine Hand an die Stirn des Patienten und überstrecken Sie den Kopf gefühlvoll nach hinten; legen Sie die Fingerspitzen der anderen Hand unter das Kinn des Patienten und heben Sie das Kinn gefühlvoll an, um die vorderen Anteile des Halses zu strecken (Abb. 6.1). 44 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council das Anheben des Kinns in Kombination mit einer manuellen achsengerechten Stabilisierung (manual in-line stabilisation – MILS) des Kopfes und Halses durch eine Hilfsperson ein freier Atemweg geschaffen werden. Besteht trotz effektiver Maßnahmen eine lebensbedrohliche Atemwegsobstruktion weiter, muss der Kopf bis zum Freiwerden der Atemwege überstreckt werden; der offene Atemweg hat Priorität gegenüber einer potentiellen Verletzung der Halswirbelsäule. Hilfsmittel für das primäre At emwegsmanagement Figure 6.2 Jaw thrust Technik des Esmarch`schen Handgriffes • Identifizieren Sie den Unterkieferwinkel. • Mit hinter dem Kieferwinkel platzierten Zeige- und anderen Fingern üben Sie nun gleichmäßigen Druck nach oben und vorn aus, um den Unterkiefer anzuheben. • Öffnen Sie unter Verwendung der Daumen vorsichtig den Mund, indem Sie das Kinn nach unten drücken. Diese einfachen Methoden sind meistens erfolgreich, wenn die Atemwegsobstruktion durch einen Verlust des Muskeltonus im Pharynx verursacht ist. Überprüfen Sie nach jedem Manöver den Erfolg durch „Sehen, Hören, Fühlen“. Falls die Atemwege nicht freigemacht werden konnten, muss nach anderen Ursachen der Atemwegsobstruktion gesucht werden. Ein fester Fremdkörper, der im Mund sichtbar ist, sollte mit den Fingern entfernt werden. Zerbrochene oder verschobene Gebissteile sollten ebenfalls entfernt, gut sitzende Prothesen dagegen belassen werden, weil sie die Form des Munds aufrechterhalten und so die Mund-zu-Mund-, die Mund-zu-Maske-Beatmung und die Beatmung mit einem Beatmungsbeutel erleichtern. Atemwegsmanöver bei Patienten mit Verdacht auf Verletzungen der Halswirbelsäule Wenn der Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung besteht (z.B. wenn der Patient gestürzt ist, auf den Kopf oder Hals geschlagen wurde, oder nach einem Kopfsprung in seichtes Wasser), halten Sie während einer Reanimation den Kopf, den Hals, den Brustkorb und die Lumbalregion in einer neutralen Position. Exzessives Überstrecken des Kopfes könnte die Verletzung und die Schäden am cervikalen Rückenmark verstärken; dies sind allerdings rein theoretische Überlegungen - das tatsächliche Risiko ist unbekannt. Besteht der Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung, sollte durch Einsatz des Esmarch`schen Handgriffes oder durch European Resuscitation Council Zum Freihalten der Atemwege, im speziellen bei prolongierten Reanimationen, sind einfache Hilfsmittel oft hilfreich, manchmal sogar entscheidend. Die Position von Kopf und Hals muss erhalten bleiben, um die Atemwege in gerader Linie zu halten. Oropharyngealund Nasopharyngealtuben sind dazu geeignet, eine Obstruktion durch den weichen Gaumen und ein Zurücksinken der Zunge beim bewusstlosen Patienten zu verhindern, wobei zuweilen aber noch zusätzlich das Überstrecken des Kopfes und der Esmarch`sche Handgriff notwendig sind. Figure 6.3 Oropharyngeal and nasopharyngeal airways Oropharyngealtubus Beim Oropharyngeal- oder Guedel-Tubus handelt es sich um einen gebogenen, am oralen Ende verdickten und mit einem abgeflachten Stück verstärkten Kunststoff-Tubus, der genau zwischen die Zunge und den harten Gaumen passt (Abb. 6.3). Er ist in verschiedenen Größen erhältlich, passend für Neugeborene bis hin zu Erwachsenen. Die benötigte Größe des Guedeltubus wird abgeschätzt, indem man dessen Länge mit der vertikalen Distanz zwischen Schneidezähnen und Kieferwinkel abgleicht (Abb. 6.4). Die üblichen Größen sind 2, 3 und 4 für kleine, mittelgroße und große Erwachsene. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 45 KAP 6 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung Figure 6.5 Insertion of an oropharyngeal airway Figure 6.4 Sizing of an oropharyngeal airway Während des Einführens eines oropharyngealen Tubus kann es passieren, dass die Zunge zurückgedrückt und damit die Obstruktion verschlimmert wird. Eine korrekte Einführungstechnik sollte dieses Problem verhindern. Das Einführen sollte nur bei bewusstlosen Patienten versucht werden: wenn glossopharyngeale und laryngeale Reflexe noch erhalten sind kann es zu Erbrechen oder Laryngospasmus kommen. Einführen eines oropharyngealen Tubus: • Öffnen Sie den Mund des Patienten und überzeugen Sie sich, dass keine Fremdkörper vorhanden sind, die in den Larynx gedrückt werden könnten (wenn Fremdmaterial vorhanden ist, verwenden Sie einen Sauger um es zu entfernen). • Führen Sie den Tubus „umgekehrt“ in die Mundhöhle bis zum Übergang zwischen hartem und weichen Gaumen ein und drehen Sie ihn dann um 180° (Abb. 6.5). Dann wird er weiter eingeführt, bis er im Pharynx liegt. Diese Drehtechnik minimiert das Risiko, die Zunge nach hinten und unten zu drücken. Entfernen Sie den Tubus wieder wenn der Patient würgt oder presst. Die richtige Lage wird durch eine bessere Durchgängigkeit der Atemwege angezeigt und dadurch, dass das abgeflachte verstärkte Teilstück zwischen den Zähnen des Patienten sitzt, oder an der Kieferleiste bei zahnlosen Patienten. 46 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Behalten Sie nach dem Einführen die Überstreckung des Kopfes und Anhebung des Kinns oder den Esmarch`schen Handgriff bei und kontrollieren Sie die freien Atemwege und die Beatmung, indem Sie die „Sehen, Hören, Fühlen“ Technik verwenden. Bei Verdacht auf Verletzung der Halswirbelsäule behalten Sie die ursprüngliche Ausrichtung und Immobilisation von Kopf und Hals bei. Ein Absaugen durch den Guedel-Tubus ist normalerweise bei Verwenden eines dünnen, flexiblen Absaugkatheters möglich. Nasopharyngealtubus (Wendl-Tubus) Dieser besteht aus weichem, verformbarem Kunststoff, ist an einem Ende abgeschrägt und mit einer Verdickung am anderen Ende versehen (Abb. 6.3). Von nicht tief bewusstlosen Patienten werden sie besser toleriert als oropharyngeale Tuben. Bei Patienten mit Kieferklemme, Trismus oder maxillofazialen Verletzungen kann er lebensrettend sein. Ein versehentliches Einführen des Nasopharyngealtubus bei einer Schädelbasisfraktur in die Schädelhöhle ist möglich, aber extrem selten. Bei Vorliegen einer bekannten oder vermuteten Schädelbasisfraktur ist eine orale Atemwegssicherung anzustreben; wenn das aber nicht möglich ist und der Atemweg verlegt ist, kann das sanfte Einführen eines Nasopharyngealtubus lebensrettend sein (hier kann der Nutzen das Risiko deutlich überwiegen). Die Tubengrößen werden in Millimeter entsprechend ihrem inneren Durchmesser angegeben, wobei die Länge mit dem Durchmesser zunimmt. Die traditionelle Methode die Größe des Nasopharyngealtubus zu bestimmen (Messung anhand des kleinen Fingers des European Resuscitation Council Patienten oder der Nasenlöcher) korreliert nicht mit der Anatomie des Luftweges und ist unzuverlässig. Die Größen 6-7 mm sind beim Erwachsenen passend. Beim Einführen kann die Schleimhaut der Nasenhöhle verletzt werden, was in bis zu 30% zu einer Blutung führt. Ist der Tubus zu lang, kann er einen laryngealen oder glossopharyngealen Reflex auslösen, so dass es zum Laryngospasmus oder zu Erbrechen kommt. Einführen eines nasopharyngealen Tubus: • Kontrollieren Sie die Durchgängigkeit des rechten Nasenlochs. • Bei einigen Modellen benötigt man als besondere Vorsichtsmassnahme eine Sicherheitsnadel oder einen Sicherheitsring, um das Abrutschen in ein Nasenloch zu verhindern. • Befeuchten Sie den Tubus mit einem wasserlöslichen Gleitmittel. • Führen Sie das abgeschrägte Tubusende vertikal mit leichten Drehbewegungen dem Nasenboden entlang ein (Abb. 6.6). Die Biegung des Tubus sollte zu den Füßen des Patienten zeigen. Sollten Sie auf irgendeinen Widerstand stoßen, entfernen Sie den Tubus und versuchen Sie das linke Nasenloch. • Einmal in Position gebracht, überprüfen Sie die Durchgängigkeit des Tubus und die ausreichende Ventilation durch die „Sehen, Hören, Fühlen“-Technik. Ein Anheben des Kinns oder der Esmarch`sche Handgriff können immer noch erforderlich sein, um die Atemwege offen zu halten. Behalten Sie bei Verdacht auf eine Verletzung der Halswirbelsäule die korrekte Ausrichtung und Immobilisation von Kopf und Nacken bei. inspiratorische Sauerstoffkonzentration, abhängig von der gewählten Maske. Eine Standard-Sauerstoffmaske liefert bis zu 50%, vorausgesetzt, der Sauerstofffluss ist hoch genug. Es sollte zunächst die höchste verfügbare Sauerstoffkonzentration verabreicht werden. Dies wird am besten erreicht, indem man eine Maske mit Reservoir (keine Rückatmungsmaske) verwendet, die eine inspiratorische Sauerstoffkonzentration von 85% bei einem Fluss von 10-15 l/min liefern kann. Überwachen Sie die Sauerstoffsättigung mit einem Pulsoxymeter (SpO2) oder mit einer arteriellen Blutgasmessung um ein Titrieren der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration zu ermöglichen.. Absaugung Eine starre, großlumige Absaugung (Yankauer) sollte verwendet werden, um Flüssigkeiten (Blut, Speichel, Mageninhalt) aus den oberen Atemwegen zu entfernen (Abb. 6.7). Benützen Sie den Sauger bei erhaltenem Würgereflex vorsichtig um kein Erbrechen zu provozieren. Dünne, flexible Absaugkatheter können bei Patienten mit ungenügender Mundöffnung notwendig sein. Diese Absaugkatheter passen auch durch einen Oro- oder Nasopharyngealtubus Figure 6.7 Suction Figure 6.6 Insertion of a nasopharyngeal airway BEATMUNG Sauerstoff Wenn Sauerstoff verfügbar ist, sollte er immer gegeben werden. Eine Venturi-Maske liefert 24-60% European Resuscitation Council Bei jedem Patienten, bei dem die spontane Atmung nicht ausreichend oder gar nicht vorhanden ist, muss so schnell wie möglich mit der Beatmung begonnen werden. Die Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 47 KAP 6 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung Beatmung mit Ausatemluft (Notfallbeatmung) ist effektiv, aber die vom Helfer ausgeatmete Sauerstoffkonzentration beträgt nur 16-17%. Daher muss sie so bald wie möglich durch Beatmung mit Sauerstoff-angereicherter Luft ersetzt werden. Obwohl eine Mund-zu-Mund-Beatmung den Vorteil hat, dass sie keiner Ausrüstung bedarf, birgt diese Technik ästhetische Probleme, besonders wenn Erbrochenes oder Blut vorhanden sind; die Helfer könnten davor zurückschrecken, sich in nahen Kontakt zu dem Patienten zu begeben den sie eventuell gar nicht kennen. Es gibt nur vereinzelte Fallberichte über Helfer, die sich im Rahmen der CPR eine Infektion zugezogen haben (Tuberkulose oder ein schweres akutes Atemstörungssyndrom (SARS). Eine Übertragung von HIV durch eine CPR ist niemals berichtet worden. Es sind einfache Hilfsmittel erhältlich, die es ermöglichen, dass ein direkter Kontakt von Person zu Person verhindert wird; manche dieser Geräte können auch das Kreuzinfektionsrisiko zwischen Retter und Patient reduzieren. Ein vielfach verwendetes Hilfsmittel ist die Taschenmaske. Sie ähnelt einer anästhesiologischen Gesichtsmaske und erlaubt eine Mund-zu-Maske-Beatmung. Sie hat ein Einweg-Ventil, so dass die vom Patienten ausgeatmete Luft vom Helfer weggeleitet wird, wodurch die beiden Luftwege voneinander getrennt werden. Die Maske ist transparent, so dass Erbrochenes oder Blut des Patienten zu sehen sind. Einige Masken haben einen Sauerstoffanschluss. Wenn Sie Masken ohne Sauerstoffanschluss verwenden kann zusätzlicher Sauerstoff verabreicht werden, indem man den O2Schlauch unter der Maske platziert und eine ausreichende Abdichtung sicherstellt. Die größte Schwierigkeit bei der Verwendung dieser Masken ist, den luftdichten Verschluss zwischen Maske und Gesicht aufrecht zu erhalten. Verwenden Sie die Zwei-Hand-Technik um die Abdichtung mit dem Patientengesicht zu optimieren (Abb. 6.8). Ist der inspiratorische Fluss zu gering, verlängert sich die Inspirationszeit und die verfügbare Zeit für Thoraxkompressionen wird verkürzt. Verabreichen Sie jede Beatmung über etwa eine Sekunde, es sollte soviel Luft insuffliert werden, dass Sie eine Thoraxhebung sehen können; dies entspricht einem Kompromiss zwischen adäquatem Tidalvolumen und Minimierung des Risikos der Magenüberblähung, zusätzlich wird die Zeit zur Durchführung der Thoraxkompressionen optimiert. Während einer CPR mit nicht gesicherten Atemwegen, verabreichen Sie zwei Beatmungen nach jeder Sequenz von 30 Thoraxkompressionen. Mund-zu-Maske-Beatmung • Bringen Sie den Patienten in Rückenlage mit dem Kopf in Schnüffelposition; den Nacken leicht gebeugt auf einem Polster mit im Nacken gestrecktem Kopf (nach hinten gebeugt). • Setzen Sie die Maske auf das Gesicht des Patienten. Verwenden Sie dazu beide Daumen. • Heben Sie den Unterkiefer mit den übrigen Fingern der Maske entgegen, indem Sie hinter dem Kieferwinkel Druck ausüben (Esmarch`scher Handgriff ). Gleichzeitig pressen Sie die Maske mit den Daumen auf das Gesicht, um sie gut abzudichten (Abb. 6.8). • Blasen Sie durch das Inspirationsventil und beobachten Sie, ob sich der Brustkorb hebt. • Stoppen Sie das Einblasen und beobachten Sie das Senken des Brustkorbs. • Etwaige Lücken zwischen Maske und Gesicht können dadurch verkleinert werden, dass man den Kontaktdruck anpasst, die Haltung der Finger und Daumen verändert oder den Esmarch`schen Handgriff verstärkt. • Falls Sauerstoff verfügbar ist, sollte er über den Anschluss mit 10 l/min hinzugefügt werden. Sind das Tidalvolumen oder der inspiratorische Flow zu hoch, werden hohe Beatmungsdrücke erzeugt und damit die Gefahr von Mageninsufflation, mit daraus resultierendem Risiko der Regurgitation und Aspiration, erhöht. Durch die Magenüberblähung wird die Compliance der Lunge reduziert und die Beatmung erschwert. Zur Insufflation von Luft in den Magen kommt es bei: • fehlerhafter Ausrichtung von Kopf und Nacken, sowie verlegtem Atemweg; • insuffizientem ösophagealen Sphinkter (wie bei allen Patienten mit Kreislaufstillstand); • hohem Beatmungsdruck. Die bei der Beatmung mit reiner Ausatemluft erforderlichen hohen Tidalvolumina (10 ml/kg KG) können durch zusätzliche Sauerstoffinsufflation deutlich reduziert werden (6-7 ml/kg KG) ohne das es zu Einbußen bei Oxygenierung und Ventilation kommt. Dadurch wird das Risiko einer Magenblähung reduziert. 48 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Figure 6.8 Mouth-to-mask ventilation European Resuscitation Council Der Beatmungsbeutel Der Beatmungsbeutel kann an eine Gesichtsmaske, einen Endotrachealtubus, oder alternative Atemwegshilfsmittel wie die Larynxmaske oder den Combitubus angeschlossen werden. Wird der Beutel zusammengedrückt, wird der Inhalt in die Lungen des Patienten abgegeben. Beim Loslassen wird die ausgeatmete Luft über ein Einweg-Ventil in die Umgebung abgegeben; der Beutel füllt sich dann automatisch wieder über eine Öffnung am anderen Ende. Verwendet man den Beutel ohne zusätzlichen Sauerstoff, wird die Lunge des Patienten nur mit Umgebungsluft beatmet (Sauerstoffkonzentration 21%). Dies kann bis zu ca. 45% erhöht werden, indem man eine Sauerstoffversorgung mit 5-6 l/min direkt am Einlassventil des Beutels anschließt. Wenn ein Reservoir angeschlossen ist und die Sauerstoffzufuhr auf 10 l/min erhöht wird, kann eine inspiratorische Sauerstoffkonzentration von annähernd 85% erreicht werden. Wenn sich der Beutel wieder ausdehnt, wird er sowohl mit Sauerstoff aus dem Reservoir als auch durch den kontinuierlichen Fluss über den angesteckten Sauerstoffschlauch gefüllt. Obwohl der Beatmungsbeutel eine Beatmung mit hohen Sauerstoffkonzentrationen erlaubt, erfordert seine Verwendung durch nur eine Person beträchtliche Fertigkeiten. Wird er mit einer Gesichtsmaske verwendet, ist es oft schwierig, einen dichten Verschluss zwischen der Maske und dem Gesicht des Patienten zu erreichen, gleichzeitig den freien Atemweg sicher zu stellen und mit der anderen Hand den Beutel zusammenzudrücken. Jede größere Undichtigkeit hat eine Hypoventilation zur Folge. Wenn der Atemweg nicht frei ist, kann Luft auch in den Magen gelangen. Dies erschwert die Ventilation zusätzlich und erhöht das Risiko von Regurgitation und Aspiration. Die natürliche Neigung, eine undichte Stelle durch übertriebenes Zusammendrücken des Beatmungsbeutels zu kompensieren, resultiert in höheren Beatmungsdrücken und einer Überblähung des Magens. Manche Beatmungsbeutel haben einen Flussbegrenzer, der den Spitzendruck limitiert mit dem Ziel die Überblähung des Magens zu reduzieren. Darüber hinaus kann der Krikoid-Druck dieses Risiko der Magenüberblähung verringern, erfordert aber die Anwesenheit eines zweiten, geübten Helfers. Ein inkorrekt angewandter Krikoid-Druck kann die Beatmung des Patienten erschweren. KAP 6 Figure 6.9 The two-person technique for using a bagmask ventilation Zusammenfassung •Atemwegsmanagement und Beatmung sind wichtige Komponenten der CPR. •Einfache Atemwegs-Manöver, mit oder ohne einfache Hilfsmittel, führen oftmals zu einem freien Atemweg. •Geben Sie allen Patienten hohe Sauerstoffkonzentrationen bis die arterielle Sauerstoffsättigung bekannt ist. Die Zwei-Personen Technik zur Beatmung mit dem Beatmungsbeutel ist zu bevorzugen (Abb. 6.9). Ein Helfer hält die Gesichtsmaske und führt mit beiden Händen den Esmarch`schen Handgriff aus, der andere Helfer drückt den Beutel zusammen. Auf diese Weise wird ein besseres Abdichten erzielt und die Lungen des Patienten können effektiver und sicherer beatmet werden. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 49 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung 50 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Teil 2. Alternative hilfsmittel zur atemwegssicherung Lernziel ■ Die Rolle der Larynxmaske (LMA) und anderer supraglottischer Atemwegshilfsmittel während der CPR. Einleitung Die effektive Beatmung mit Beatmungsbeutel und Maske erfordert ein beträchtliches Maß an Fertigkeit und Erfahrung. Die Anwendung durch ungeübtes Personal führt häufig zur Verabreichung von ineffektiven Tidalvolumina und zur Magenüberblähung, verbunden mit dem daraus resultierenden Risiko von Regurgitation und Aspiration. Im Vergleich zu einem Beatmungsbeutel mit Maske ermöglichen die Larynxmaske (LMA) und andere supraglottische Atemwegshilfsmittel, die oberhalb des Larynx platziert werden, eine effektivere Beatmung und reduzieren das Risiko einer Magenüberblähung. Ohne adäquates Training und Erfahrung ist das Auftreten von Komplikationen beim Versuch der endotrachealen Intubation inakzeptabel hoch. Die nicht bemerkte oesophageale Fehlintubation ist verheerend, und prolongierte endotracheale Intubationsversuche sind schädlich: die in dieser Zeit nicht mögliche Thoraxkompression verschlechtert die koronare und cerebrale Perfusion. Die alternativen Atemwegshilfsmittel können bei gescheiterter endotrachealer Intubation oder von in der endotrachealen Intubation nicht geübtem Personal verwendet werden. und einfacher als mit Beutel und Maske; hohe applizierte Inflationsdrücke (> 20 cm H2O) werden vermieden, das Risiko der Magenüberblähung ist minimiert. Wenn eine LMA ohne Verzögerung eingeführt werden kann, ist es besser, auf eine Beatmung mit Beutel und Maske ganz zu verzichten, da diese das Risiko der Magenüberblähung und Regurgitation reduziert. Obwohl die Larynxmaske keinen 100%igen Schutz der Atemwege garantiert ist die Aspiration bei ihrer Verwendung sehr selten. Da der Einsatz der LMA keine stärkeren Bewegungen zur Ausrichtung von Kopf und Nacken erfordert, kann die Larynxmaske bei Verdacht auf eine Verletzung der Halswirbelsäule Atemwegszugang der Wahl sein. Die Verwendung der LMA in der Wiederbelebung durch Schwestern, Sanitäter und medizinischem Personal ist gut untersucht und hat sich als effektiv erwiesen. Wie bei der endotrachealen Intubation muss auch hier der Patient tief bewusstlos sein. Bei in der Intubation geübten Helfern ist die LMA besonders in Situationen indiziert, in denen nicht intubiert und nicht mit Beutel/Maske beatmet werden kann („cannot ventilate, cannot intubate“ Szenario). Die konventionelle LMA kann nach Sterilisierung bis zu 40 Mal wieder verwendet werden. Eine EinwegVersion ist ebenfalls verfügbar und kann besonders für den präklinischen Bereich eine Option darstellen. Manche der Einweg-LMA`s sind aus einem geringfügig anderen Design und Material als die klassische LMA; ihre Anwendung kann geringfügig abweichend zur klassischen LMA sein. Die Larynxmaske (LMA), der Combitubus und der Larynxtubus (LT) sind die einzigen alternativen Beatmungshilfsmittel, die während der CPR untersucht worden sind; aber keine dieser Untersuchungen hat genügend Patienten eingeschlossen, um deren Einfluss auf das Überleben fest zu legen. Die meisten Untersucher haben nur die Einführung und die Rate erfolgreicher Ventilationen studiert. Es gibt keine Daten, die die routinemäßige Verwendung von irgendwelchen spezifischen Atemwegstechniken während des Kreislaufstillstandes unterstützen. Die im individuellen Fall beste Technik ist abhängig von den genauen Umständen des Kreislaufstillstandes und der Kompetenz des Helfers. Larynxmaske (LMA) Die Larynxmaske besteht aus einem Tubus mit breitem Innendurchmesser und einem elliptisch geformten aufblasbaren Cuff, der sich um die Larynxöffnung legt (Abb. 6.10). Sie wurde Mitte der 80er Jahre in die anästhesiologische Praxis eingeführt und hat sich als verlässliches und sicheres Hilfsmittel bewährt. Sie kann leicht eingeführt werden, die Erfolgsrate nach nur kurzer Übung ist hoch. Die Beatmung mit der LMA ist effektiver European Resuscitation Council Figure 6.10 Laryngeal mask airway Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 51 KAP 6 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung Einführen der Larynxmaske • Wählen Sie eine Larynxmaske in entsprechender Größe und lassen Sie die Luft aus dem aufblasbaren Cuff ganz ab. Die Größe 5 ist für die meisten Männer passend, die Größe 4 für die meisten Frauen. Auf der äußeren Fläche rund um den Cuff (das ist jener Teil, der nicht in Kontakt mit dem Larynx kommt) sollte großzügig wasserlösliches Gleitmittel aufgetragen werden. • Beugen sie den Nacken des Patienten leicht und strecken Sie den Kopf (versuchen Sie eine neutrale Ausrichtung des Kopfes und Halses aufrecht zu erhalten, wenn der Verdacht auf eine Verletzung der Halswirbelsäule besteht). • Die LMA wird wie ein Stift gehalten und in den Mund eingeführt (Abb. 6.11). Die Spitze wird hinter die oberen Schneidezähne geschoben, wobei die Außenfläche am Gaumen entlang gleitet, bis sie die hintere Rachenwand erreicht. Die Maske wird dann nach hinten und unten entlang der Wölbung der Rachenhinterwand weitergeschoben. Bei Erreichen des hinteren Teils des Hypopharynx ist ein deutlicher Widerstand zu spüren. Wenn möglich sollte ein Helfer den Esmarch`schen Handgriff anwenden – dieses Manöver vergrößert den Raum im hinteren Pharynx und macht ein erfolgreiches Platzieren einfacher. • Mit einer Blockerspritze wird nun der Cuff mit Luft (40ml für Größe 5, 30ml für Größe 4) befüllt; alternativ befüllen Sie den Cuff bis zu einem Druck von 60 cmH2O. Wenn das Einführen erfolgreich war, wird sich die LMA als Zeichen der richtigen Cuffposition ein bis zwei Zentimeter aus dem Mund heraus heben und der Kehlkopf wird nach vorne gedrückt. • Sollte die LMA nach 30 Sekunden nicht erfolgreich eingeführt sein, oxygenieren Sie den Patienten unter Verwendung einer Taschenmaske oder mit Beutel und Maske, bevor Sie einen weiteren Versuch mit der LMA unternehmen. • Die Lagekontrolle wird durch Auskultation über dem Brustkorb und Beobachtung beidseitiger Brustkorbbewegungen durchgeführt. Sind über Kehlkopf und/oder Mund größere Undichtigkeiten zu hören lässt das auf eine Fehllage der Larynxmaske schließen. Bei ausreichenden Thoraxbewegungen kann ein kleines Leck durchaus hingenommen werden. • Führen Sie einen Beißschutz entlang des Tubus ein und befestigen Sie die LMA mit einer Bandage oder Binde. 52 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Figure 6.11 Insertion of a laryngeal mask airway Limitierungen der LMA • Bei hohem Atemwegswiderstand oder einer geringen Compliance der Lunge (Lungenödem, Bronchospasmus, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung) können über die LMA keine ausreichend hohen Beatmungsdrucke appliziert werden. Folgen sind eine unzureichende Beatmung sowie die mögliche Magenüberblähung. • Es gibt noch keine Daten die belegen, dass es mit der LMA möglich ist, ohne Unterbrechung der Thoraxkompressionen, adäquat zu beatmen. Es ist anzunehmen, dass die ununterbrochene Thoraxkompression letztlich zu einer Leckage bei Beatmung führt. Versuchen Sie die Thoraxkompressionen initial ohne Pause durchzuführen; beenden Sie dies, wenn ein persistierendes Leck mit begleitender Hpoventilation vorliegt. • Aufgrund der supraglottischen Lage der LMA besteht ein theoretisches Risiko der Aspiration von Mageninhalt; in der klinischen Praxis wurde diese Komplikation bisher nur selten beschrieben. • Wenn der Patient nicht tief bewusstlos ist, kann das Einführen der LMA zu Husten, Pressen oder der Entwicklung eines Laryngospasmus führen. Dies kommt bei Patienten mit Kreislaufstillstand nicht vor. • Ist die Beatmung bei platzierter Larynxmaske nicht vernünftig durchzuführen, sollte die LMA sofort entfernt werden, die Luft aus dem Cuff abgelassen und ein neuer Versuch der Wiedereinführung nach genauer Ausrichtung von Kopf und Nacken gemacht werden. • In seltenen Fällen kann der Kehldeckel durch die European Resuscitation Council Larynxmaske nach unten gedrückt werden und so die Atemwege verlegen. In diesem Fall sollte die Larynxmaske entfernt, der Cuff entblockt und ein erneuter Platzierungsversuch durchgeführt werden. Die Verwendung der LMA sollte unter der Aufsicht erfahrener Anwender (z.B. eines Anästhesisten) in kontrollierter Umgebung geübt werden Die ProSeal LMA® Die ProSeal LMA (LMAP) ist eine modifizierte Version der originalen LMA. Sie verfügt über einen zusätzlichen hinteren Cuff und zweites Lumen zur Drainage des Magens (Abb. 6.12). Sie wurde umfassend unter Narkosebedingungen untersucht. Es gibt aber keine Studien über ihre Funktion und das Verhalten während der CPR. Sie hat theoretisch mehrere Eigenschaften, die sie im Rahmen der CPR geeigneter erscheinen lassen als die originale LMA: eine bessere Dichtheit im Kehlkopfbereich, die eine Beatmung mit höheren Drücken (üblicherweis bis zu 35-40 cm H2O) ermöglicht; das integrierte Lumen zur Drainage des Magens gestattet das Absaugen von flüssigem, regurgitiertem Mageninhalt aus dem oberen Oesophagus und die passive Passage von flüssigem Mageninhalt. Darüber hinaus ist ein Beißschutz integriert. Der höhere Anpressdruck, der mit der LMAP erreicht wird, könnte ein konstantes Atemvolumen während ununterbrochener Thoraxkompression ermöglichen. Potenzielle Schwachstellen der ProSeal LMA als ein Atemwegshilfsmittel für die CPR sind das geringfügig schwierigere Einführen im Vergleich zur originalen LMA, die zum jetzigen Zeitpunkt eingeschränkte Verfügbarkeit, der relativ hohe Preis und die Tatsache, dass fester, regurgitierter Mageninhalt das gastrale Lumen verstopfen kann. Daten über die Anwendung bei der CPR werden erwartet. Andere Atemwegshilfsmittel Der Kombitubus Der Kombitubus ist ein Doppellumen-Tubus, der blind entlang der Zunge in den Pharynx eingeführt wird (Abb. 6.13). Er ist so konstruiert, dass er die Beatmung, unabhängig von der Lage des Tubus in der Trachea oder dem Ösophagus, ermöglicht. Der Kombitubus verfügt über einen kleinen distalen Cuff zum Verschluß von Ösophagus oder Trachea und ein größeren proximalen Cuff, der im Pharynx aufgeblasen wird. Das „tracheale“ Lumen hat ein offenes distales Ende. Das „ösophageale“ Lumen hat keine Öffnung am Ende, sondern mehrere kleine Seitenlöcher, die sich zwischen den beiden Cuffs befinden. Blind eingeführt liegt der Tubus mit dem „trachealen“ Lumen normalerweise im Ösophagus (in 95% der Fälle) und der Patient wird über das „ösophageale“ Lumen beatmet. Die Beatmung erfolgt über die Seitenlöcher, die am oder über dem Larynxeingang gelegen sind (Abb. 6.14a). Die Luft kann wegen des verschlossenen Endes am ösophagealen Lumen und des distalen Cuffs, der genau oberhalb des verschlossenen Endes positioniert ist, nicht in den Ösophagus hinunter gelangen. Der pharyngeale Cuff verhindert, dass Luft aus dem Mund entweicht. Wenn der Tubus in der Trachea liegt, erreicht man eine Beatmung über das tracheale Lumen mit seinem offenen distalen Ende (Abb. 6.14b). Figure 6.13 The Combitube Figure 6.12 LMA ProsealTM Figure 6.14a Einführen des Kombitubus European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 53 KAP 6 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung Figure 6.14b Combitube in tracheal position Figure 6.15 Laryngeal Tube Grenzen des Kombitubus • Das Hilfsmittel ist relativ teuer. • Wie bei der endotrachealen Intubation und der LMA ist eine entsprechende Öffnung des Mundes erforderlich und es kann sein, dass ein Einführen unmöglich ist, wenn der Patient nicht tief bewusstlos ist. • Anders als bei der LMA kann der Kombitubus nicht einfach eingeführt werden, wenn eine Halskrawatte angelegt ist. • Während des Einlegens können scharfe Zähne die Cuffs beschädigen. • Es gibt Berichte über Hautemphyseme und Ösophagusrupturen in Verbindung mit dem Kombitubus. Dies könnte deshalb auftreten, weil das Gerät relativ steif ist und eine starre anteriore Krümmung aufweist. • In einem retrospektiven Überblick wurde in 3,5% der Fälle das falsche Lumen für die Beatmung verwendet. Eine Beatmung des falschen Lumens bewirkt eine Magenüberblähung, dies kann zu Regurgitation und Aspiration führen Zusammenfassung •LMA und Kombitubus sind gute Alternativen zur Beutel-Masken Beatmung. •Diese Atemwegs-Hilfsmittel können anstelle eines endotrachealen Tubus verwendet werden, wenn die Intubation fehlgeschlagen oder aus Mangel an entsprechend geübtem Personal nicht möglich ist. •Es gibt einige neue supraglottische Atemwegshilfsmittel. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen zu wenige Daten vor, um die generelle Verwendung im Rahmen des Kreislauf- und Atemstillstandes zu empfehlen. Larynxtubus Der Larynxtubus (LT) ist eines von vielen neuentwickelten supraglottischen Atemwegshilfsmitteln. Es ist ein Tubus mit einem Lumen und zwei Cuffs – einem oesophagealen und einen pharyngealen (Abb. 6.15). Über ein Cuffventil werden beide Cuffs gleichzeitig aufgeblasen. Der LT ist in verschiedenen Größen erhältlich. Das Einführen und die Atemwegsdrücke, die erreicht werden, sind mit der LMA vergleichbar. Es gibt vereinzelte Fallbereichte über den Einsatz des LT während der CPR. In einer Studie wurde der LT durch minimal trainiertes Krankenpflegepersonal bei 30 Patienten während eines Kreislaufstillstandes außerhalb des Krankenhauses angewendet. 54 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Teil 3. Endotracheale intubation und Krikothyreotomie Lernziele ■ Vor- und Nachteile der endotrachealen Intubation während der kardiopulmonalen Reanimation. ■ Einfache Hilfe bei der endotrachealen Intubation. ■ Methoden zur Bestätigung der korrekten Lage des endotrachealen Tubus. ■ Rolle von Nadel- und chirurgischer Krikothyreotomie. Endotracheale Intubation Es gibt keine ausreichende Evidenz zur Unterstützung oder Ablehnung einer spezifischen Technik zum Freihalten der Atemwege und zur Ventilation bei Erwachsenen mit einem Kreislaufstillstand. Trotzdem wird die endotracheale Intubation als die optimale Methode betrachtet, um einen freien und sicheren Atemweg zu schaffen und sicherzustellen. Sie sollte nur angewendet werden, wenn geübtes Personal zur Verfügung steht, das die Prozedur mit entsprechender Fertigkeit und Verlässlichkeit durchführen kann. Die einzige randomisierte, kontrollierte Studie welche die endotracheale Intubation mit der Beutel-Masken Beatmung verglichen hat, wurde präklinisch bei Kindern durchgeführt. In dieser Untersuchung fand sich kein Unterschied hinsichtlich Überleben und Entlassungsrate. Die anerkannten Vorteile der endotrachealen Intubation gegenüber der Beutel-Masken Beatmung beinhalten: Die Sicherstellung eines freien Atemweges, der vor Aspiration von Mageninhalt oder Blut aus dem Oropharynx geschützt ist; die Fähigkeit adäquate Tidalvolumina verlässlich zu verabreichen – ohne Unterbrechung der Thoraxkompressionen; die Möglichkeit dem Helfer die Hände frei für andere Tätigkeiten zu machen; die Möglichkeit Bronchialsekret abzusaugen und die Möglichkeit der Medikamentenapplikation. Beutel-Masken Beatmung geht mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einher den Magen zu überblähen, und könnte in höherem Maße zur Regurgitation und Aspiration führen. Hier fehlen noch randomisierte klinische Studien zum Vergleich. Bekannte Nachteile der endotrachealen Intubation im Vergleich zur Beutel-Masken Beatmung sind das Risiko einer nicht bemerkten Tubusfehllage (bis zu 17 %), das verlängerte Zeitfenster ohne Thoraxkompressionen während intubiert wird und eine vergleichsweise hohe Misserfolgsrate. Relevant sind sicher auch die Ausbildungskosten bei Schulung präklinischer Helfer. Präklinische Intubationsprogramme sollten ausschließlich strukturiert und überwacht stattfinden, sie sollten ein umfassendes Kompetenz-basiertes Training und regelmäßige Möglichkeiten die Fertigkeiten aufzufrischen European Resuscitation Council beinhalten. In einigen Fällen können sich Laryngoskopie und Intubation als unmöglich erweisen oder sogar zu einer lebensbedrohlichen Verschlechterung des Patientenzustandes führen. Diese Gefahr besteht bei akuter Epiglottitis, pathologischen Veränderungen des Pharynx, Kopfverletzungen (bei denen der intrakranielle Druck durch Husten oder Pressen noch weiter ansteigen kann) oder bei Patienten mit einer Verletzung der HWS. Unter solchen Umständen können spezialisierte Fähigkeiten wie die Verwendung von Anästhetika oder die fiberoptische Intubation erforderlich sein. Diese Techniken erfordern entsprechendes Können und Übung auf hohem Niveau. Helfer müssen Risiko und Nutzen der endotrachealen Intubation gegenüber der Notwendigkeit effektive Thoraxkompressionen aufrecht zu erhalten abwägen. Der Intubationsversuch erfordert eine Unterbrechung der Thoraxkompressionen, andererseits sind keine weiteren Unterbrechungen der Thoraxkompressionen notwendig, wenn der Patient einmal intubiert ist. Personal, das in erweitertem Atemwegsmanagement erfahren ist, sollte in der Lage sein ohne Unterbrechung der Thoraxkompressionen zu laryngoskopieren – eine kurze Unterbrechung der Thoraxkompressionen wird nur notwendig sein, um den Tubus durch die Stimmritze zu schieben. Um jegliche Unterbrechungen der Thoraxkompressionen zu verhindern, könnten alternativ die Intubationsversuche bis zum Wiedererlangen stabiler Kreislaufverhältnisse verschoben werden. Ein Intubationsversuch sollte nicht länger als 30 Sekunden dauern. Wenn nach dieser Zeit die Intubation nicht gelungen ist, wird wieder mit der Beutel-Masken Beatmung begonnen. Nach erfolgter endotrachealer Intubation muss die Tubuslage überprüft und der Tubus adäquat gesichert werden. Wenn irgendein Zweifel über die korrekte Tubuslage besteht, wird dieser entfernt und der Patient wird vor einem weiteren Versuch reoxygeniert. Erforderliche Ausrüstung für eine Intubation • Laryngoskop, üblicherweise mit einem gebogenen (Macintosh-) Spatel. Es sind verschiedene Größen verfügbar, wobei für die meisten Patienten Größe 3 passend sein wird. Lichtquelle und Batterie müssen regelmäßig und direkt vor Verwendung kontrolliert werden, und Ersatz muss sofort verfügbar sein. • Eine Auswahl von endotrachealen Tuben mit Cuff entsprechend der Größe des Patienten sollte verfügbar sein. Für einen männlichen Erwachsenen ist üblicherweise ein Tubus mit 8,0 mm und für Frauen ein Tubus mit 7,0 mm Innendurchmesser passend. • Die Größen 6, 7 und 8 decken normalerweise den unmittelbaren Bedarf für erwachsene Patienten ab. Kleinere Tuben können bei Patienten mit einer Einengung im Bereich der oberen Atemwege hilfreich sein. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 55 KAP 6 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung • Blockerspritze für das Aufblasen des Cuffs. • Extras: - wasserlösliches Gleitmittel; - Magill-Zange; - Führungsstäbe: entweder ein elastischer Führungsstab oder ein halbstarrer Mandrin; - Pflaster oder Verbandmaterial, um den Tubus zu fixieren; - Stethoskop zur Bestätigung der richtigen Tubuslage; - Absaugung mit einem großlumigen, starren Katheter (z.B. Yankauer) und einer Reihe von kleineren flexiblen Kathetern; - Ein exspiratorischer CO2-Detektor oder ein Ösophagusdetektor für die Bestätigung der richtigen Platzierung des Tubus. Der Ösophagusdetektor ist beim Kreislaufstillstand verlässlicher. Vorgehen nach der Intubation • Nach erfolgreicher Intubation verbinden Sie den Tubus mit einem Beatmungsgerät, z.B. einem Beatmungsbeutel, und beatmen Sie mit der größtmöglichen Sauerstoffkonzentration. • Blasen Sie den Cuff gerade soweit auf, dass kein Leck während der Inspiration auftritt. • Auskultieren Sie über dem Epigastrium um eine Mageninsufflation zu erkennen. Beobachten Sie die Thoraxbewegungen und auskultieren Sie, um zu prüfen, ob beide Lungen belüftet sind. Hören Sie besser an der Seite des Brustkorbes (mittlere Axillarlinie) als im vorderen Breich. Wenn nur die rechte Seite belüftet ist, könnte das dafür sprechen, dass der Tubus zu weit eingeführt worden ist und sich im rechten Hauptbronchus befindet: lassen Sie die Luft aus dem Cuff ab, ziehen Sie den Tubus 1-2 cm zurück, blasen Sie den Cuff wieder auf und kontrollieren Sie die Beatmung erneut. Benutzen Sie einen Detektor für endexspiratorisches CO2 und/oder einen Ösophagusdetektor um eine korrekte Tubuslage zu bestätigen (siehe unten). • Beatmen Sie weiter mit einer hohen Sauerstoffkonzentration. • Sichern Sie den Tubus mit Verbandmaterial oder einem Band. Pflaster ist bei feuchtem Gesicht nicht verlässlich. • Ein oropharyngealer Tubus (Guedeltubus) kann entlang des Trachealtubus eingeführt werden um die Tubuslage zu sichern und um Schäden am Tubus zu verhindern, falls der Patient das Bewusstsein erlangt und zubeißt. Bestätigung der richtigen Lage des endotrachealen Tubus Eine Bestätigung der Tubuslage durch ausgeatmetes CO2 oder einen Ösophagusdetektor sollte das Risiko einer 56 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen unerkannten ösophagealen Intubation verringern. Keine dieser Techniken wird aber einen Tubus, der in einem Hauptbronchus platziert ist, von einem richtig in der Trachea liegenden unterscheiden können. Der Ösophagusdetektor erzeugt einen Sog am trachealen Ende des endotrachealen Tubus, und zwar entweder durch Zurückziehen eines Kolbens an einer großen Spritze oder durch Entlastung eines zusammengedrückten elastischen Ballons. Dadurch kann Luft aus den unteren Atemwegen durch den endotrachealen Tubus, der in der durch Knorpelspangen „versteiften“ Trachea liegt, leicht angesaugt werden. Liegt der Tubus aber im Ösophagus, kann keine Luft aspiriert werden, da der Ösophagus kollabiert, wenn eine Aspiration versucht wird. Der Ösophagusdetektor ist normalerweise sowohl bei Patienten mit einem perfundierenden als auch einem nicht perfundierenden Rhythmus zuverlässig. Er kann aber bei Patienten mit Fettsucht, Spätschwangerschaft oder schwerem Asthma oder bei Vorliegen ausgiebiger trachealer Sekretion irreführend sein; unter diesen Umständen kann die Trachea kollabieren, wenn eine Aspiration versucht wird. CO2-Detektoren messen die Konzentration von aus den Lungen ausgeatmetem CO2. Ist nach sechs Beatmungen immer noch ausgeatmetes CO2 vorhanden, weist dies auf eine Lage des endotrachealen Tubus in der Trachea oder im Hauptbronchus hin. Eine Bestätigung der richtigen Lage oberhalb der Carina erfordert jedoch die Auskultation des Brustkorbs beidseitig in der mittleren Axillarlinie. Bei Patienten mit spontaner Zirkulation weist ein Fehlen von ausgeatmetem CO2 darauf hin, dass der Tubus im Ösophagus liegt. Während eines Kreislaufstillstandes kann der pulmonale Blutfluss aber so gering sein, dass nicht ausreichend CO2 in die Lungen transportiert wird, so dass der Detektor einen richtig platzierten endotrachealen Tubus nicht erkennen kann. Wenn ausgeatmetes CO2 beim Kreislaufstillstand detektiert wird, weist das verlässlich darauf hin, dass der Tubus in der Trachea oder im Hauptbronchus liegt, wenn es aber fehlt, wird die Lage des endotrachealen Tubus am besten mit einem Ösophagusdetektor bestätigt. Eine Vielzahl von elektronischen wie auch von einfachen, billigen, kolorimetrischen CO2-Detektoren sind sowohl für den klinischen wie auch für den präklinischen Gebrauch verfügbar. Mögliche Probleme während der endotrachealen Intubation Zu den anatomischen und pathologischen Veränderungen, die eine Intubation schwierig oder unmöglich machen können, gehören: fliehendes Kinn, kurzer Hals, vorstehende Schneidezähne, geringe Mundöffnung, bewegungseingeschränkte Halswirbelsäule und Trismus. Wenn die Stimmbänder nicht sichtbar sind, sollte nicht versucht werden den Tubus blind einzuführen. Ein elastischer Führungsstab ist einfacher durch die Glottis einzuführen als ein endotrachealer Tubus. Wenn dieser platziert ist, kann der Tubus darüber in die Trachea geführt werden. European Resuscitation Council Ein Mandrin kann verwendet werden, um den Tubus vorzuformen und steifer zu machen und ihn so in den Larynx zu führen. Eine schwierige Intubation kann verursacht werden durch: • Gesichtsverbrennungen und –traumen: es kann sich bei schweren Gesichtsschädelverletzungen und Verbrennungen der oberen Luftwege als unmöglich erweisen, BLS Techniken anzuwenden oder den Patienten zu intubieren. In solchen Fällen kann es notwendig sein, auf eine chirurgische Alternative zurückzugreifen (z.B. Krikothyreotomie). • Pathologien der oberen Luftwege (z.B. Tumore, Infektionen, Schwellungen bei Anaphylaxie, …) • Nicht fest sitzende / lose Zähne oder Zahnprothesen – diese können beschädigt oder gelockert werden, wenn übermäßiger Druck auf sie ausgeübt wird. Eine gute Intubationstechnik sollte dieses Risiko verringern. • Regurgitation von Mageninhalt – eine funktionierende Saugvorrichtung und ein Katheter mit großem Durchmesser sollten immer zur Hand sein. KrikoidDruck kann passive Regurgitation und Aspiration verhindern. • Zusammenbeißen der Zähne – in den frühen Stadien der Reanimation kann eine gute Basiswiederbelebung eine tiefe Bewusstlosigkeit verhindern, die für eine Intubation erforderlich ist. Wenn dem so ist, dann greifen Sie auf einfache Atemwegs- und Beatmungstechniken zurück. Der Druck sollte erhalten bleiben, bis der endotracheale Tubus durch die Stimmbänder eingeführt und der Cuff aufgeblasen ist. Die Person, die die Intubation durchführt, gibt das Ende des Manövers vor. Der Krikoid-Druck darf nicht bei aktivem Erbrechen angewendet werden, es kann sonst zur Ösophagusruptur kommen. Wird die Technik ungenau oder mit zu großer Kraft angewendet, können die Beatmung mit dem Beatmungsbeutel und die Intubation erschwert werden. Ist eine Beatmung des Patienten nicht möglich, sollte der Druck, der auf das Krikoid ausgeübt wird, verringert oder ganz beendet werden. KAP 6 Eine ösophageale Intubation sollte nicht unerkannt bleiben, wenn man den empfohlenen Leitlinien folgt, besonders dann nicht, wenn die Lage des endotrachealen Tubus mit einem Ösophagusdetektor und/oder Kapnometrie überprüft wird. Wenn Sie im Zweifel sind, entfernen Sie den Tubus und reoxygenieren Sie den Patienten mit Beutel/Maske. Eine mögliche Verletzung der HWS muss bei allen Patienten mit einer Anamnese eines schweren stumpfen Traumas vermutet werden. Kopf und Hals sollten manuell in einer Linie mit dem Körper gehalten werden. Die Intubation sollte von einem Erfahrenen durchgeführt werden. Krikoid-Druck Das Ziel dieses Manövers ist es, eine Regurgitation von Mageninhalt und das daraus folgende Risiko einer Aspiration zu verhindern. Das Manöver wird während der Beatmung mit dem Beatmungsbeutel und der Intubation durch einen geübten Helfer ausgeführt. Der Ringknorpel (Krikoid) liegt direkt unter dem Schildknorpel, wo er am oberen Ende der Trachea einen geschlossenen Ring bildet. Es wird ein Druck von 30 N (3 kg) von vorne nach hinten ausgeübt, der den Ringknorpel nach hinten und damit auch den Ösophagus nach hinten gegen die Wirbelsäule drückt (Abb. 6.16). European Resuscitation Council Figure 6.16 Cricoid pressure Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 57 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung Hilfen bei der Intubation Alternativer Laryngoskop-Spatel Der Macintosh Spatel ist ein guter Allzweck-Spatel, die Größe 3 passt bei den meisten Erwachsenen. Gelegentlich ist ein längerer Spatel der Größe 4 für sehr große Patienten mit langem Hals besser. Das McCoyLaryngoskop hat eine bewegliche Spitze und verbessert bei der Laryngoskopie oft die Sicht. Introducer Ist das Einstellen der Stimmbänder schwierig, kann ein weicher, elastischer Bougie hilfreich sein, um den endotrachealen Tubus durch den Larynx zu führen. Er wird am besten alleine durch den Kehlkopf eingeführt – der Tubus wird dann über diese Führungsschiene in die Trachea geschoben. Wenn er korrekt platziert ist, lässt er sich frei vorschieben und wird erst in den kleineren Luftwegen des Bronchialbaumes gestoppt; ein Bougie, der irrtümlich in den Ösophagus geschoben wird, kann ohne offensichtlichen Widerstand komplett eingeführt werden. Wenn schlimmstenfalls Beatmung und Intubation unmöglich und auch die Alternativen (z.B. LMA) nicht einsetzbar sind, dann ist es notwendig, eine Krikothyreotomie durchzuführen (siehe unten). Auch wenn Beschreibungen fortgeschrittener Atemwegstechniken in diesem Kapitel miteinbezogen wurden, sind diese Beschreibungen nicht als Ersatz für die Übung an Puppen oder an anästhetisierten Patienten unter der Aufsicht eines Fachmanns zu sehen. Die endotracheale Intubation während des Kreislaufstillstandes sollte nur von denjenigen versucht werden, die diese Intervention beherrschen und regelmäßig durchführen. Absaugung Ein starrer Katheter mit großem Durchmesser (Yankauer) sollte verwendet werden, um Flüssigkeiten (Blut, Speichel und Mageninhalt) aus den oberen Atemwegen zu entfernen. Dies wird am besten unter direkter Sicht während der Intubation durchgeführt, darf aber zu keiner Verzögerung bei der Atemwegssicherung führen. Ist eine endotracheale Absaugung notwendig, sollte sie so kurz wie möglich sein und immer von einer vorherigen und nachfolgenden Beatmung mit 100% Sauerstoff begleitet werden. Für das endotracheale Absaugen benutzt man dünne Absaugkatheter, die direkt in den Tubus eingeführt werden. Krikothyreotomie aufgrund von Ödemen (Anaphylaxie) oder Fremdkörpern. Unter diesen Umständen wird es notwendig sein, einen chirurgischen Atemweg unterhalb der Höhe der Obstruktion zu schaffen. Eine Tracheostomie ist im Notfall kontraindiziert, weil sie zeitaufwendig und riskant ist, beträchtliches chirurgisches Können und eine entsprechende Ausrüstung erfordert. Es können starke Blutungen auftreten. Eine Nadel- oder chirurgische Krikothyreotomie ist die Technik der Wahl, da sie weniger gefährlich und schneller ist und nur eine einfache Ausrüstung erfordert. Nadelkrikothyreotomie Verfahren • Bringen Sie den Patienten in Rückenlage und überstrecken Sie den Kopf leicht. • Identifizieren Sie die Krikothyroid-Membran; das ist die Vertiefung zwischen dem Schildknorpel (Thyroid) und dem Ringknorpel (Krikoid). • Die Membran wird vertikal in der Mittellinie punktiert. Dabei benutzt man einen großlumigen iv-Zugang oder - bevorzugt - eine spezielle KrikothyreotomieKanüle jeweils mit aufgesetzter Spritze (Abb. 6.17). Die Aspiration von Luft bestätigt dabei die richtige Lage in der Trachea. • Die Kanüle wird in einem Winkel von 45° angesetzt und nach kaudal in die Trachea vorgeschoben. Nun zieht man die Nadel aus der Kanüle heraus und überprüft ob Luft leicht zu aspirieren ist. Anschließend wird die Kanüle an eine Hochdruck-Sauerstoffquelle angeschlossen. • Der Patient wird beatmet, indem man den offenen Schenkel eines Y-Konnektors oder eines DreiwegeHahnes für eine Sekunde oder bis zur sichtbaren Brustkorbhebung mit einem Finger verschließt. Im Anschluß muss lange genug geöffnet werden, um eine Ausatmung zu erlauben. Die Ausatmung muss durch den Larynx und die oberen Luftwege erfolgen. Diese Technik darf nicht angewendet werden, wenn die Ausatmung über diesen Weg durch eine Obstruktion vollständig verhindert ist. Bei einer teilweisen Larynxverlegung muss die Exspirationszeit ausreichend lange gewählt werden, es kommt sonst zum Anstieg des intrathorakalen Drucks, dadurch werden der venöse Rückstrom und das Herzzeitvolumen verringert und es kann ein Barotrauma der Lungen verursacht werden. • Wenn weder Y-Verbindung noch Dreiwege-Hahn verfügbar sind, kann ein Loch in die Sauerstoffzufuhr geschnitten und dieses Loch mit einem Finger in Abständen verschlossen werden, um so eine Beatmung durchzuführen. Gelegentlich ist es unmöglich, einen apnoeischen Patienten mit einem Beatmungsbeutel zu beatmen, einen endotrachealen Tubus oder ein anderes Hilfsmittel einzuführen. Dies kann bei Patienten der Fall sein, die ein ausgedehntes Gesichtstrauma haben oder eine mechanische Obstruktion im Larynxbereich z.B. 58 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Zusammenfassung •Wenn sie von einem Helfer mit entsprechendem Können und Erfahrung durchgeführt wird, stellt die endotracheale Intubation die effektivste Technik des Atemwegs-Managements während der kardiopulmonalen Reanimation dar. •In ungeübten Händen ist die Intubation durch zu lange Unterbrechungen der Thoraxkompression sowie das Risiko des Misserfolges und/oder anderer Komplikationen (wie eine unerkannte ösophageale Intubation) potenziell schädlich. Figure 6.17 Needle cricothyroidotomy KAP 6 Zu den Komplikationen bei einer Nadelkrikothyreotomie gehört eine Fehl-Positionierung der Kanüle außerhalb der Trachea, was zu einem massiven Emphysem, zu Blutung und zur Ösophagusperforation führen kann. Chirurgische Krikothyreotomie Anders als die Nadelkrikothyreotomie bietet die chirurgische Technik einen Atemweg, der durch einen geblockten Tubus geschützt ist. Es können damit höhere Atemwegsdrücke erzeugt werden und es kann tracheal abgesaugt werden. Die chirurgische Krikothyreotomie ermöglicht eine Beatmung der Lungen trotz einer Atemwegsverlegung auf Höhe oder oberhalb der Glottis. Verfahren • Bringen Sie den Patienten in Rückenlage und überstrecken den Kopf, falls möglich. • Identifizieren Sie die Krikothyroid-Membran; das ist die Vertiefung zwischen dem Schildknorpel (Thyroid) und dem Ringknorpel (Krikoid). • Inzidieren Sie die Haut über dieser Membran und führen Sie den Schnitt weiter durch die KrikothyroidMembran. Die Inzision der Haut erfolgt in vertikaler Richtung, die der Krikothyroid-Membran in horizontaler. Dies verhindert die Verletzung der oberhalb liegenden Arteria cricothyroidea. • Benützen Sie den Griff des Skalpells oder eine Klemme um die Inzision der Krikothyreoid-Membran zu erweitern. • Führen Sie nun einen entsprechend dimensionierten Trachealtubus in die Trachea ein und blocken sie ihn. Führen Sie den Tubus nicht zu weit in die Trachea ein: die Karina ist nicht sehr weit entfernt. • Beatmen Sie mit einem konventionellen Beatmungsbeutel mit hoher Sauerstoffkonzentration. Die Ausatmung erfolgt direkt über den Tubus. Auch eine tracheale Absaugung ist nun möglich. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 59 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung 60 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Teil 4. Einfache mechanische Beatmung Lernziel ■ Die Bedeutung einfacher automatischer Beatmungsgeräte in der Periarrest-Phase. Es gibt nur wenige Untersuchungen, die die spezifischen Aspekte der Beatmung während der Reanimation beleuchten. Es gibt einige Daten die zeigen, dass die Zahl der Ventilationen während der Reanimation exzessiv hoch ist. Eine Vielzahl kleiner, tragbarer, automatischer Beatmungsgeräte kann während der Wiederbelebung eingesetzt werden. Sie sind normalerweise gasbetrieben. Wenn eine Sauerstoffflasche sowohl zur Sauerstoffversorgung des Patienten als auch zum Betreiben des Beatmungsgerätes verwendet wird, kann der Inhalt sehr schnell aufgebraucht sein. Die meisten automatischen Beatmungsgeräte versorgen den Patienten während der Inspiration mit einem konstanten Gasfluss. Das abgegebene Volumen hängt von der Inspirationszeit ab (eine längere Zeit bedeutet ein größeres Tidalvolumen). Da der Druck in den Atemwegen während der Inspiration steigt, haben diese Geräte oft eine Druckbegrenzung, um die Lungen vor einem Barotrauma zu schützen. Die Ausatmung geschieht passiv in die Umgebung. Tidalvolumen relativ konstant. Professionelle Ersthelfer können einfache automatische Beatmungsgeräte verwenden, vorausgesetzt, dass sie eine spezielle Ausbildung für das verwendete Gerät erhalten haben. Zusammenfassung •Einfache automatische Beatmungsgeräte können während der kardiopulmonalen Reanimation ein sinnvolles Hilfsmittel sein, obwohl es nur begrenzte Daten für ihre Anwendung gibt. Ihre sichere Anwendung erfordert eine entsprechende Ausbildung. KAP Weiterführende Literatur Nolan JP, Deakin CD, Soar J, Bottiger BW, Smith G. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 4: Adult advanced life support. Resuscitation 2005;67 Suppl 1: S39-86 International Liaison Committee on Resuscitation. Part 4. Advanced Life Support. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005; 67: 213-47. Ein automatisches Beatmungsgerät sollte anfänglich auf die Abgabe eines Tidalvolumens von 6-7 ml/kg KG bei 10 Atemzügen pro Minute eingestellt werden. Einige Beatmungsgeräte haben aufeinander abgestimmte Markierungen auf den Einstellknöpfen, um eine schnelle und einfache Einstellung für Patienten unterschiedlicher Größen zu ermöglichen. Mit anderen Beatmungsgeräten lassen sich wiederum anspruchsvolle Variationen der Atemmuster durchführen. Bei Vorhandensein einer spontanen Zirkulation wird die richtige Einstellung durch eine Analyse der arteriellen Blutgase des Patienten bestimmt. Wenn kein endotrachealer Tubus, keine LMA oder kein Combitubus liegt, sollten während der Einatemphase keine Thoraxkompressionen ausgeführt werden. Ist der Patient intubiert, bzw. liegt eine LMA oder ein Combitubus, ist es nicht mehr notwendig, die Thoraxkompressionen für die Inspiration zu unterbrechen. Automatische Beatmungsgeräte bieten einige Vorteile gegenüber alternativen Methoden der Beatmung: • Bei intubierten Patienten setzen sie einen Helfer frei für andere Aufgaben. • Bei nicht intubierten Patienten hat der Helfer beide Hände für das Halten der Maske und zur Atemwegssicherung frei. • Sie verabreichen eine eingestellte Beatmungsfrequenz. • Beim intubierten Patienten liefern sie das eingestellte European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 61 6 Kapitel 6 Atemwegsmanagement und Beatmung 62 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik KAPITEL Lernziele: ■ Indikationen zum EKG-Monitoring. ■ Technik des EKG-Monitorings. ■ Entstehung des EKG. ■ Bedeutung der EKG-Aufzeichnung. ■ Herzrhythmen im Rahmen des Kreislaufstillstandes. ■ Erkennen anderer häufiger Herzrhythmusstörungen. Einleitung Bei einem Herz-Kreislaufstillstand ist die Beurteilung des Herzrhythmus bedeutsam für das Einleiten der korrekten Therapie. Deswegen soll so früh wie möglich ein EKGMonitoring erfolgen. Bei manchen Patienten besteht die Gefahr, dass eine Herzrhythmusstörung zum Kreislaufstillstand oder anderen schwerwiegenden Verschlechterungen des Gesundheitszustandes führt. Frühzeitiges Erkennen und Behandeln einer Rhythmusstörung kann im Einzelfall den Kreislaufstillstand oder eine lebensbedrohliche Entwicklung verhindern. Risikopatienten sind solche mit Brustschmerzen, Bewußtseinsstörungen, Herzinsuffizienz, Palpitationen oder Schock. Alle Risikopatienten benötigen ein EKG-Monitoring. Beim Auftreten einer Rhythmusstörung kann schon das Monitoring einer einzelnen EKG-Ableitung hilfreich sein, führt jedoch nicht immer zur exakten RhythmusDiagnose. Deshalb sollte nach Möglichkeit immer eine 12-Kanal-Ableitung zur Dokumentation der Rhythmusstörung erfolgen. Das Monitoring einer einzelnen Ableitung ist keine verlässliche Technik um Hinweise auf eine Myokardischämie (ST-Strecken-Senkung) zu erkennen. Bei einem Patienten mit Brustschmerzen und Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom muss wiederholt ein 12Kanal-EKG geschrieben werden. Im Kreislaufstillstand ist das Erkennen des Kammerflimmerns (VF) und der pulslosen ventrikulären Tachykardie (VT) als defibrillierbarer Rhythmus ausschlaggebend für eine erfolgreiche Therapie. Automatisierte externe Defibrillatoren (AED) und Geräte mit halbautomatischer Beratungsfunktion (ein sog. shock advisory defibrillator, SAD) können diese Rhythmen durch elektronische Auswertung verlässlich erkennen. Falls ein defibrillierbarer Rhythmus vorliegt, lädt der Defibrillator European Resuscitation Council 7 die geeignete Energie und informiert den Anwender von der Notwendigkeit eines Schocks. Die Einführung von AEDs hat es ermöglicht, dass Helfer ohne ausreichende Kenntnisse in Rhythmus-Diagnostik - sowohl innerklinisch als auch in der Öffentlichkeit - bei VF/VT erfolgreich eine Therapie einleiten können. Die korrekte Diagnose einiger Herz-Rhythmusstörungen erfordert Fachwissen und Erfahrung, allerdings kann auch der Nicht-Fachmann die meisten Rhythmusstörungen ausreichend für eine geeignete Therapie beurteilen. Oberste Priorität hat dabei, das Vorliegen einer Rhythmusstörung sowie unangemessen schneller oder langsamer Frequenzen zu erkennen. Um Fehler zu vermeiden ist daher ein strukturiertes Herangehen an die Rhythmus-Interpretation erforderlich. Die Dringlichkeit der Therapie wird mehr durch die Auswirkungen der Rhythmusstörung auf den Patientenzustand als durch die Art der Rhythmusstörung bestimmt. Bei einer Rhythmusstörung muss zuerst der Zustand des Patienten beurteilt werden. Erst dann erfolgt die bestmögliche Interpretation des Rhythmus. Behandle den Patienten, nicht das EKG! Techniken des EKG-Monitorings Geräte EKG-Geräte zeigen das EKG auf einem Bildschirm in Echtzeit an. Das Signal wird durch selbstklebende Elektroden auf der Haut des Patienten aufgenommen und über Kabel oder Telemetrie zu einem Monitor übertragen. Viele Geräte haben weitere Funktionen, wie die Möglichkeit EKG-Streifen auszudrucken oder zu speichern. Die meisten modernen Geräte verfügen über eine Anzeige der Herzfrequenz, einige haben programmierbare Alarme, die bei Über- oder Unterschreitung eines eingestellten HerzfrequenzBereiches warnen. Viele Systeme ermöglichen das Monitoring anderer Werte, wie Blutdruck oder Sauerstoffsättigung, die für die Beurteilung von Risikopatienten wichtig sind. Die digitale Verarbeitung des EKG ermöglicht eine elektronische Analyse des Herz-Rhythmus. Wenn ein Patient ein Monitoring benötigt, muss auch gewährleistet sein, dass der Monitor beobachtet wird, so dass bei einer Rhythmus-Änderung sofort gehandelt werden kann. Anlegen des EKG Die EKG-Elektroden sollen wie in Abbildung 7.1. gezeigt angelegt werden. Dadurch wird ein Erfassen der „modifizierten Extremitätenableitungen I, II und Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 63 KAP 7 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik III“ ermöglicht. Die Haut muss dabei trocken und fettfrei sein (evtl. mit Alkohol-Tupfer o.ä. reinigen); die Elektroden sollten auf wenig behaartem Gebiet oder nach Rasur dicht behaarter Stellen angebracht werden. Die Elektroden sollten eher über knöchernen Arealen als über Muskulatur angebracht werden, damit Interferenzen durch Muskel-Artefakte im EKG minimiert werden. Bei Bedarf können verschiedene Positionen verwendet werden (z.B. bei Trauma, postoperativ oder bei Hauterkrankungen). benutzt werden (Abb. 7.2). Die Pads werden in den üblichen Paddle-Positionen aufgeklebt, unter dem rechten Schlüsselbein und an der linken Brustwand. Kann die übliche Position nicht verwendet werden ist die anterior-posteriore Platzierung als Alternative sinnvoll (z.B. bei rechts-pectoralem Schrittmacher, linksseitigem Brustwand-Trauma). Häufig sind die Ableitungen zur Erleichterung des Anschlusses farbcodiert. Typischerweise wird das Ampelschema rot (rechter Arm), gelb (linker Arm) und grün (linkes Bein - normalerweise über Abdomen oder unterer Brustwand platziert) für die modifizierten Extremitätenableitungen angewendet. Primär sollte die Ableitung II für das Monitoring benutzt werden, da hierbei im Regelfall eine gute Amplitude der P-Wellen und der QRS-Komplexe gegeben ist. Falls notwendig kann zu einer anderen Ableitung gewechselt werden, um das bestmögliche EKG-Signal zu erhalten. Es sollte versucht werden, Muskel- und Bewegungsartefakte zu minimieren, indem man dem Patienten die Notwendigkeit des Monitoring erklärt, und ihn warm und ruhig hält. Figure 7.2 Selbstklebende Elektroden Schnellableitung. Die meisten manuellen Defibrillatoren ermöglichen ein EKG-Monitoring über manuelle Hardpaddles, wenn diese auf die Brustwand aufgesetzt werden (Abbildung 7.3). Dies ist jedoch nur für eine „Schnellableitung“ geeignet. Die Herzdruckmassage soll nur für wenige Sekunden zur Rhythmus-Beurteilung unterbrochen werden. Falls über die Paddles abgeleitet wird, müssen sie sehr ruhig gehalten werden, um Bewegungsartefakte zu vermeiden. Eine Ableitung über Klebe-Pads oder -Elektroden ist so früh wie möglich sicherzustellen. Figure 7.1 Position der Klebeelektroden für ein EKG-Monitoring der modifizierten Extremitätenableitungen Notfall-Monitoring Im Notfall, z.B. bei einem bewußtlosen Patienten, sollte der EKG-Rhythmus sobald wie möglich analysiert werden. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Selbstklebende Elektroden-Pads können für das Monitoring und eine „freihändige“ Schockabgabe 64 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council KAP 7 Figure 7.4 12-Kanal EKG: die Vorhoftachykardie ist nur in Ableitung V1 gut erkennbar. Figure 7.5 12-Kanal EKG mit Adenosin-Effekt bei Vorhofflattern. Der vorübergehende AV-Block zeigt deutlich, dass diese reguläre Schmalkomplex-Tachykardie ein Vorhofflattern mit 2:1 AV-Überleitung ist. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 65 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik einem EKG-Ausdruck festgehalten werden, am besten in mehreren Ableitungen (Abbildung 7.5). Grundlagen der Elektrokardiographie Im Ruhezustand sind die Zellen des HerzReizleitungssystems und des Myokards polarisiert geladen. Eine Spannungsdifferenz von ungefähr 90 mV besteht zwischen dem Zellinneren (das negativ geladen ist) und dem Extrazellularraum. Eine plötzliche Verschiebung von Calcium- und/ oder Natrium-Ionen durch die Zellmembran bewirkt eine Depolarisation, wobei diejenigen elektrischen Signale entstehen, welche durch das Reizleitungssystem fortgeführt die Kontraktion der Myokardzellen verursachen. Figure 7.3 Monitoring über Paddles Diagnostik am EKG-Monitor Bei einem normalen Sinusrhythmus beginnt die Depolarisation in einer Gruppe spezialisierter Schrittmacherzellen, die Sinusknoten genannt wird. Dieser ist nahe der Eintrittsstelle der oberen Vena cava in den rechten Vorhof lokalisiert. Eine Depolarisationwelle läuft dann vom Sinusknoten ausgehend über das Vorhof-Myokard. Dieser Vorgang imponiert im EKG als P-Welle (Abbildung 7.6). Die Vorhofkontraktion ist die mechanische Antwort auf diesen elektrischen Impuls. Die Anzeige oder ausgedruckte EKG-Streifen eines Überwachungsmonitors sind nur für die Rhythmuserkennung zu verwenden. ST-StreckenVeränderungen oder weitere differenzierte Beurteilungen können nicht am EKG-Monitor diagnostiziert werden. Bei Auftreten einer Rhythmusstörung am Monitor sollte allerdings ein Rhythmusstreifen festgehalten werden. Hält eine Rhythmusstörung länger an, ist ein 12Kanal-EKG zu schreiben. Es ist nicht immer möglich, eine Rhythmusstörung in einer einzigen Ableitung zu erkennen. Das Herz ist ein dreidimensionales Organ und erst im 12-Kanal-EKG werden die elektrischen Signale des Herzens dreidimensional erfasst. Manchmal sind einzelne Aspekte, die eine präzise Rhythmus-Diagnostik ermöglichen, nur in ein oder zwei Ableitungen des 12-Kanal-EKG vorhanden und können in den EKGAufzeichnungen anderer Ableitungen nicht erkannt werden (Abbildung 7.4). TDiese EKG-Aufzeichnungen können bei der primären Rhythmus-Diagnostik hilfreich sein, sind allerdings ebenso wichtig für die weitere Verlaufskontrolle und Langzeit-Therapie. Deswegen bedarf die effektive Behandlung einer Rhythmusstörung bei einem Kreislaufstillstand, gleichermaßen einer guten Dokumentation, einer akuten Interpretation und PrimärMaßnahmen. Wichtige Informationen über Art und Ursache einer Tachyarrhythmie können auch über das Erfassen der Reaktion auf bestimmte Maßnahmen (z.B. KarotissinusMassage, Adenosin-Gabe) gewonnnen werden. Falls möglich sollte der Effekt einer solchen Maßnahme auf 66 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Figure 7.6 Bestandteile des normalen EKG-Signals Die Überleitung des elektrischen Impulses auf die Ventrikel geschieht durch ein spezialisiertes Leitungs- European Resuscitation Council Gewebe (Abbildung 7.7). Beginnend mit einer langsamen Weiterleitung durch den Atrioventrikular (AV)-Knoten, findet eine schnelle Weiterleitung auf das ventrikuläre Myokard über spezialisiertes Leitungsgewebe (PurkinjeFasern) statt. Das HIS-Bündel verteilt diese Fasern vom AV-Knoten zum rechten und linken Kammerschenkel, die über den rechten und linken Ventrikel verteilt sind. Die schnelle Weiterleitung über diese Fasern ermöglicht eine koordinierte Kontraktion der Ventrikel. Anterior division Lesen eines Rhythmus-Streifen Fachwissen und Erfahrung sind nötig, um eine Rhythmusstörung exakt zu erkennen. Dennoch kann eine einfache, strukturierte Herangehensweise bei der Interpretation des EKGs eine für die Therapieentscheidung ausreichende RhythmusBeurteilung ermöglichen. Die folgende 6 Schritte sollten zur Analyse jedes EKGRhythmus verwendet werden: 1. Ist überhaupt elektrische Aktivität vorhanden? 2. Wie hoch ist die ventrikuläre (QRS-) Frequenz? 3. Ist der QRS-Rhythmus regelmäßig oder unregelmäßig? 4. Ist der QRS-Komplex schmal oder verbreitert? 5. Ist Vorhofaktivität erkennbar? 6. Stehen Vorhofaktivität und Kammeraktivität miteinander in Beziehung? Wie? Sinoatrial node Atrioventicular node Bundle of His Right bundle Left bundle Posterior division Figure 7.7 Reizleitungssystem des Herzens Die Depolarisation des HIS-Bündels, der Kammerschenkel und des Ventrikel-Myokards erscheint auf dem EKG als der QRS-Komplex (Abbildung 7.6). Die Kammerkontraktion ist die mechanische Antwort auf diesen elektrischen Impuls. Zwischen P-Welle und QRS-Komplex findet sich eine schmale isoelektrische Strecke, die vor allem die Verzögerung der Überleitung durch den AV-Knoten darstellt. Der normale Ablauf einer Vorhof-Depolarisation, gefolgt von einer Kammer-Depolarisation (P-Welle gefolgt von QRS-Komplex) ist der Sinusrhythmus (RhythmusStreifen 1). Die dem QRS-Komplex folgende T-Welle entsteht durch die Erregungsrückbildung in den Zellen des Reizleitungssystems und im Ventrikel-Myokard (ventrikuläre Repolarisation). Weil das normale Reizleitungssystem den Impuls schnell auf beide Ventrikel verteilt, ist der normale QRS-Komplex von relativ kurzer Dauer (normalerweise unter 0,12 Sekunden). Wenn einer der Kammerschenkel pathologisch verändert ist, wird die schnelle Weiterleitung in dem entsprechenden Ventrikel verhindert. Der depolarisierende Impuls wandert schneller entlang des gegenseitigen Kammerschenkels zum zugehörigen Ventrikel, und erst dann langsamer durch das reguläre Kammermyokard zum anderen Ventrikel. Dieser Zustand wird als Schenkelblock bezeichnet. Weil dabei die European Resuscitation Council Depolarisation beider Ventrikel länger dauert, ist der QRSKomplex im EKG verbreitert (0,12 Sekunden oder länger). Jeder EKG-Rhythmus kann unter Verwendung der ersten vier Schritte genau beschrieben (z.B. unregelmäßige Schmalkomplex-Tachykardie, regelmäßige BreitkomplexTachykardie, etc.) sowie sicher und effektiv behandelt werden. Ist überhaupt elektrische Aktivität vorhanden? Ist keine elektrische Aktivität vorhanden, müssen sowohl die Höhe der Amplitudeneinstellungen, als auch die Elektroden und Kabelverbindungen zwischen dem Patienten und dem Monitor überprüft werden. Ist bei derUntersuchung des Patienten ein Puls vorhanden? Falls der Patient pulslos ist und immer noch keine Aktivität auf dem EKG erkennbar ist, liegt eine Asystolie vor (Rhythmus-Streifen 2). Zumeist sind Vorhof- und Kammer-Asystolie vorhanden, wobei eine Linie ohne Ausschläge vorliegt. Eine völlig gerade oder auch unterbrochene Linie zeigt üblicherweise die Diskonnektion einer Ableitung an. Bei einer Asystolie zeigt das EKG typischerweise leichte Schwankungen der Basislinie, es können auch elektrische Interferenzen aufgrund von Beatmung oder Herzdruckmassage vorliegen. Nach Eintreten einer Kammer-Asystolie kann über einen kurzen Zeitraum noch Vorhof-Aktivität (normalerweise P-Wellen, aber auch Vorhofflimmern-/flattern) vorhanden sein. Das EKG besteht aus Vorhof-Aktivität bei fehlenden QRS-Komplexen: ventrikulärer Stillstand (RhythmusStreifen 3). Dies zu erkennen ist wichtig, denn die Schrittmacher-Anwendung kann in dieser Situation eher zu einer Auswurfleistung des Herzens führen als in den Fällen mit kompletter Asystolie (vgl. Kapitel11). Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 67 KAP 7 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik Figure 7.8 Errechnen der Herzfrequenz aus einem Rhythmus-Streifen. Ist der Patient bei vorhandener elektrischer Aktivität pulslos, so muss entschieden werden, ob QRS-Komplexe vohanden sind. Bei fehlenden QRS-Komplexen und Vorliegen schneller, bizarr geformter und arrhythmischer Ausschläge im EKG, liegt ein Kammerflimmern vor (Rhythmus-Streifen 4). Beim Kammerflimmern (VF) ist sämtliche Koordination der elektrischen Erregung verlorengegangen, es ist keine effektive Kontraktion und damit auch keine nachweisbare Auswurfleistung vorhanden. Das Kammerflimmern kann abhängig von der Amplitude in grob (Rhythmus-Streifen 4) und fein (RhythmusStreifen 5) eingeteilt werden, Falls Zweifel bestehen, ob eine Asystolie oder feines Kammerflimmern vorliegt, sollte keine Defibrillation durchgeführt sondern Beatmung und Herzdruckmassage fortgesetzt werden. Feines Kammerflimmern, das schwer von einer Asystolie zu unterscheiden ist, kann üblicherweise nicht durch eine Defibrillation in einen Rhythmus mit Auswurfleistung überführt werden. Durch die Fortführung effektiver HLW können Amplitude und Frequenz des Kammerflimmerns, und damit auch die Chance einer erfolgreichen Defibrillation in einen perfundierenden Rhythmus, verbessert werden. Wiederholte Schockabgaben bei einem vermuteten feinen Kammerflimmern verstärken den myokardialen Schaden sowohl direkt durch den Stromfluss als auch indirekt durch die Unterbrechungen des koronaren Blutflusses (vgl. Kapitel 5). Ist elektrische Aktivität vorhanden und sind QRSKomplexe zu erkennen, muss mit den folgenden Schritten der Rhythmus-Analyse fortgefahren werden. Ist der Patient pulslos, sind aber Komplexe, die einen Auswurf produzieren könnten, auf dem EKG auszumachen, dann liegt eine pulslose elektrische Aktivität (PEA) vor. Es ist sofort - ohne Verzögerung durch die weitere Rhythmus-Analyse - die CPR erforderlich. Wie hoch ist die ventrikuläre (QRS-) Frequenz? Die normale (ventrikuläre) Ruhefrequenz beträgt 60-100 Schläge/min. Eine Herzfrequenz unter 60 Schlägen/min wird als Bradykardie bezeichnet, eine Frequenz über 100 Schläge/min als Tachykardie. Normales EKG-Papier ist in Millimetern kalibriert, mit fettgedruckten Linien alle 5 mm. Die Standard-Papier-Geschwindigkeit beträgt 25 mm/s, eine Geschwindigkeit, bei der fünf große Quadrate 68 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen (oder 25 kleine) eine Sekunde darstellen. Eine Methode zur schnellen Bestimmung der KammerFrequenz ist es, die Anzahl der großen (5 mm) Quadrate zwischen zwei aufeinander folgenden QRS-Komplexen zu zählen und dann 300 durch diese Anzahl zu dividieren (z.B. sind in „Rhythmus-Streifen 1“ 4 große Quadrate zwischen zwei benachbarten QRS-Komplexen - folglich ist die Herzfrequenz 300/4 = 75/min). Weniger sinnvoll ist diese Methode bei Arrythmien, hier sind die Abstände zwischen den QRS-Komplexen unterschiedlich. Ungenau ist die Methode, wenn die Abstände zwischen den QRS-Komplexen nicht zu den Abständen der großen Quadrate passen. In diesem Fall müssen die kleinen Quadrate zwischen zwei aufeinanderfolgenden QRSKomplexen gezählt und 1500 durch diese Anzahl dividiert werden (z.B. sind in „Rhythmus-Streifen 1“ 20 kleine Quadrate zwischen zwei benachbarten QRS-Komplexen - folglich ist die Herzfrequenz 1500/20 = 75/min). Alternativ kann die Anzahl der Herzzyklen (inklusive Bruchteile)in einer definierten Anzahl von Sekunden gezählt und daraus die Herzfrequenz pro Minute errechnet werden. Wenn beispielsweise 8,4 Herzzyklen in 30 großen Quadraten (6 Sekunden), oder 4,2 Zyklen in 15 großen Quadraten (3 Sekunden) ablaufen, dann ist die Herzfrequenz 84/min (Abbildung 7.8). Ist der Rhythmus regelmäßig oder unregelmäßig? Die Antwort ist nicht immer so einfach wie es scheint. Gerade bei schnellen Herzfrequenzen können die Unterschiede von Schlag zu Schlag bei verschiedenen Rhythmusstörungen wenig auffällig erscheinen. Einige Rhythmen mögen sogar abschnittsweise regelmäßig sein, sind aber wegen intermittierender Änderungen des R-RIntervalls unregelmäßig. Ein Rhythmus-Streifen muss in ausreichender Länge betrachtet werden, wobei, um Unregelmäßigkeiten zu entdecken, jedes R-R-Intervall ausgemessen und mit den anderen verglichen werden sollte. Spezielle Zirkel können hilfreich sein, um die R-R-Intervalle zu vergleichen. Als Alternative kann der Abstand zwischen zwei identischen, benachbarten Punkten im Herzzyklus (üblicherweise die Spitzen der R-Zacken) auf einem Blatt Papier markiert werden, dann kann mit einem anderen Abschnitt des Rhythmus-Streifens verglichen werden. Bei einem regelmäßigen Rhythmus passt die Abstandmarkierung zu European Resuscitation Council jedem R-Zacken Paar. Wenn der Rhythmus unregelmäßig ist, so muss entschieden werden: • Ist er völlig unregelmäßig, ohne erkennbare Muster im R-R-Intervall? • Ist der Grund-Rhythmus regelmäßig mit intermittierenden Unregelmäßigkeiten, oder • Liegt eine zyklisch wiederkehrende Variation des R-RIntervalls vor? Falls ein zyklisches Muster vorliegt, muss die Beziehung zwischen QRS-Zacken und P-Wellen, wie unten beschrieben, sorgfältig analysiert werden. Wenn die R-RIntervalle insgesamt völlig unregelmäßig sind, aber das Erscheinungsbild des QRS-Komplexes dabei gleichförmig ist, so liegt höchstwahrscheinlich ein Vorhofflimmern vor (Rhythmus-Streifen 6). Ein regelmäßiger Grundrhythmus kann durch Extrasystolen (Ektopien) unregelmäßig erscheinen. Extrasystolen können in Vorhöfen oder Kammern entstehen. Der Ort der Entstehung bedingt ihr Erscheinungsbild im EKG. Wenn der QRS-Komplex ektoper Schläge schmal ist (unter 0,12 Sekunden), so entsteht die Extrasystole typischerweise oberhalb des Ventrikel-Myokards (z.B. in Vorhof-Muskulatur oder AV-Knoten). Breitkomplex-Extrasystolen können ventrikulären Ursprungs, bei Schenkelblöcken aber auch supraventrikulären Ursprungs sein. Vorzeitige Breitkomplex-Vorhof-Ektopien können manchmal an einer vorausgehenden ektopen P-Welle erkannt werden. Bei ventrikulären Ektopien können auch kurz nach dem QRS-Komplex P-Wellen auftreten, die durch eine retrograde Erregung der Vorhöfe durch die Ventrikel bedingt sind. Ektopien die verfrüht auftreten (d.h. vor Erscheinen der nächsten regulären Sinus-Erregung) werden als vorzeitige Extrasystolen bezeichnet (Rhythmus-Streifen 7). Eine Extrasystole, die vom AV-Knoten oder dem Ventrikel-Myokard nach einer längeren Pause ausgeht, beispielsweise bei einer Sinusbradykardie oder nach Sinusknoten-Stillstand, wird als Ersatzsystole bezeichnet (Rhythmus-Streifen 8). Dabei agiert der neue Fokus als Ersatzschrittmacher, bei fehlender oder verlangsamter Schrittmacher-Funktion des Sinusknotens. Extrasystolen können einzeln, als Paar (Couplets) oder Trio (Triplet) vorkommen. Falls mehr als drei Extrasystolen hintereinander auftreten, liegt eine Tachyarrhythmie vor. Eine intermittierend auftretende Arrhythmie, die von Perioden mit normalem Sinusrhythmus unterbrochen wird, bezeichnet man als paroxysmal. Wenn Extrasystolen abwechselnd mit Sinusschlägen European Resuscitation Council auftreten, spricht man von einem Bigeminus. Abhängig vom Ursprung der Extrasystole kann ein atrialer oder ventrikulärer Bigeminus vorliegen. Ist der QRS-Komplex schmal oder verbreitert? Die Obergrenze für die Dauer des QRS-Komplexes liegt bei 0,12 Sekunden (3 kleine Kästchen). Falls der QRS-Komplex schmaler ist, entsteht er oberhalb der Bifurkation des HIS-Bündels, kann also vom Sinusknoten, aus dem Vorhof oder dem AV-Knoten kommen, nicht jedoch aus dem Ventrikel-Myokard. Bei einer QRS-Dauer von 0,12 Sekunden oder mehr kann der Ursprung das Ventrikel-Myokard sein. Bei aberranter Weiterleitung kann aber auch ein supraventrikulärer Rhythmus vorliegen (z.B. beim Schenkelblock). Ist Vorhofaktivität erkennbar? Sobald der Rhythmus hinsichtlich Frequenz, Regelmäßigkeit und QRS-Dauer beurteilt ist, soll das EKG sorgfältig nach Zeichen einer Vorhofaktion untersucht werden. Diese kann schwierig oder unmöglich zu entdecken sein, wenn entweder tatsächlich keine vorliegt oder aber die Vorhofaktivität teilweise oder vollständig durch QRS-Komplexe oder T-Wellen verdeckt wird. Falls keine absolute Sicherheit über das Vorliegen einer Vorhofaktivität besteht, darf auch nicht von einer Vorhofaktivität ausgegangen werden. Abhängig vom Ursprung der Arrhythmie und der untersuchten EKG-Ableitung, können P-Wellen positiv, negativ oder biphasisch sein. Bei Vorliegen von U-Wellen können diese als P-Wellen fehlinterpretiert werden. P-Wellen können mit QRS-Komplexen, der ST-Strecke oder T-Wellen zusammenfallen und diese deformieren. Häufig können erst mit einer 12-Kanal-Ableitung in einer oder zwei Ableitungen P-Wellen erkannt werden, was in der ersten Monitor-Ableitung nicht möglich war. Die Ableitung V1 ist häufig geeignet um eine Vorhofaktivität, wie Sinus-P-Wellen oder Vorhofflimmern, klar darzustellen. Sinus-P-Wellen sind auch häufig in der Ableitung II gut zu erkennen. Auch andere Arten der Vorhofaktivität können vorliegen. Beim Vorhofflattern sind als Zeichen der Vorhofaktivität Flatterwellen vorhanden - absolut regelmäßig wiederkehrende Erhebungen mit „Sägezahn-Muster“ - häufig in einer Frequenz um 300 / min. Typischerweise sind diese am auffälligsten in den inferioren Ableitungen (II, III, aVF) (Abbildung 7.5). Beim Vorhofflimmern breiten sich Ströme und Depolarisationswellen zufällig über beide Vorhöfe aus. P-Wellen liegen nicht vor. Die Flimmerwellen können als schnelle Abweichungen von der Grundlinie in variabler Amplitude und Dauer - meist am besten in Ableitung V1 - erkannt werden. Bei manchen Patienten können diese jedoch von so geringer Amplitude sein, dass überhaupt Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 69 KAP 7 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik keine Vorhofaktivität erkannt wird. Auch bei langanhaltenden Tachykardien ist möglicherweise keine Vorhofaktivität erkennbar. Bei einem ursprünglich im Vorhof entstehenden Rhythmus (Vorhofflimmern / -flattern) kann ein Erkennen durch die Verlangsamung der ventrikulären Frequenz während der EKG-Aufzeichnung, vorzugsweise in mehreren Ableitungen, gelingen. Zum Beispiel kann es bei einer regelmäßigen Tachykardie von 150/min, bedingt durch Vorhofflattern mit 2:1 Block, unmöglich sein, die Flatterwellen mit Sicherheit zu erkennen. Die vorübergehende Zunahme des AV-Blocks durch vagale Stimulation oder einen i.v.-Bolus Adenosin kann die Flatterwellen erkennbar machen und zur Diagnosestellung führen (Abbildung 7.5). Form und Richtung der P-Wellen sind zur Identifikation des Vorhofrhythmus hilfreich. Beim Sinusrhythmus beispielsweise sind die P-Wellen in den Ableitungen II und aVF positiv. Bei retrograder Erregung der Vorhöfe durch den AV-Knoten (bei Knoten- oder Kammerrhythmen) ist die P-Welle in den Ableitungen II und aVF negativ, da die Depolarisation entgegen der normalen Richtung verläuft. Frequenz und Regelmäßigkeit der P-Wellen (auch Frequenz von Flatterwellen) werden so wie beim QRSKomplex bestimmt. In welcher Beziehung stehen Vorhofund Kammeraktivität? Bei gleichbleibendem Abstand zwischen den PWellen und den nachfolgenden QRS-Komplexen liegt wahrscheinlich eine intakte Überleitung zwischen Vorhöfen und Kammern vor und die Kammerdepolarisation ist durch die Vorhofentladung getriggert. Es muß ein langer Rhythmusstreifen untersucht werden, um geringere Veränderungen im PRIntervall nicht zu übersehen. Manchmal ist die Reizleitung zwischen Vorhöfen und Kammern umgekehrt (z.B. wenn die ventrikuläre Erregung retrograd durch den AV-Knoten auch die Vorhöfe depolarisiert). Dann erscheinen PWellen kurz nach dem QRS-Komplex. Mitunter ist die Unterscheidung zwischen dieser Situation und einem langen PR-Intervall schwierig. In anderen Fällen fällt erst durch sorgfältige Untersuchung die fehlende Beziehung zwischen P-Wellen und QRS-Komplexen auf. Dies ist ein Zeichen für die unabhängige Erregung von Vorhöfen und Kammern, auch als atrioventrikuläre Dissoziation bezeichnet. Beispiele dafür sind: • Kompletter (drittgradiger) AV-Block; dabei liegen gleichzeitig eine normale Sinusfrequenz und eine unterhalb des AV-Knotens entstehende regelmäßige Bradykardie vor. • Bei ventrikulären Tachykardien können breite QRSKomplexe und regelmäßige P-Wellen in niedrigerer Frequenz und unabhängig von den QRS-Komplexen nebeneinander vorkommen. Figure 7.9 Präexzitation bei einem Patienten mit Vorhofflimmern und Wolff Parkinson White Syndrom 70 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Schwierig kann die Beurteilung dann sein, wenn die Beziehung zwischen P-Wellen und QRS-Komplexen in einem periodischen Muster variiert. Dies kann als atrioventrikuläre Dissoziation fehlinterpretiert werden. Am ehesten liegt dies bei einer Form des zweitgradigen AV-Blocks vor (Wenkebach oder Mobitz I AV-Block). Es muss ein langer Rhythmus-Streifen nach wiederkehrenden Mustern und Zeitabständen zwischen P-Wellen und QRS-Komplexen untersucht werden. Zu beachten ist, dass beim kompletten AV-Block der QRSRhythmus zumeist absolut regelmäßig ist. Beim Vorhofflimmern (VHF) ist die Vorhofaktivität absolut unregelmäßig und es besteht keine erkennbare Beziehung zwischen der Vorhofaktivität und der resultierenden unregelmäßigen Kammererregung. Falls das VHF mit einem regelmäßigen, langsamen Kammerrhythmus einhergeht, dann besteht zusätzlich ein kompletter AV-Block. Beim Vorhofflattern kann eine gleichbleibendes Verhältnis zwischen Flatterwellen und QRS-Komplexen vorliegen, ansteigend von 1:1 über 2:1, 3:1 usw. Manchmal ist auch hier die Beziehung wechselnd, wobei ein unregelmäßiger QRS-Rhythmus resultiert. Dann liegt ein Vorhofflattern mit variablem AV-Block vor. Rhythmen beim Kreislaufstillstand Die Rhythmen bei einem Kreislaufstillstand können in drei Gruppen eingeteilt werden: • Kammerflimmern (VF) und einige Fälle einer Kammertachykardie (VT); • Asystolie; • pulslose elektrische Aktivität (PEA). Extreme Bradykardien und seltener auch sehr schnelle supraventrikuläre Tachyarrhythmien können einen derartigen Abfall der Auswurfleistung bedingen, dass im Prinzip ein Kreislaufstillstand vorliegt. Kammerflimmern Das charakteristische Erscheinungsbild des Kammerflimmerns (Rhythmus-Streifen 4) ist normalerweise einfach zu erkennen und es ist der einzige Rhythmus, der nicht derart systematisch analysiert werden muss, wie zuvor in diesem Kapitel beschrieben. Falls am Monitor ein Kammerflimmern erscheint, muss sofort der Patient untersucht werden, um festzustellen, ob eine sofortige Defibrillation indiziert ist oder das Bild artefaktbedingt ist. Sofern der Patient einen Puls hat, ist der Rhythmus kein Kammerflimmern. Zwei Rhythmusstörungen können unter bestimmten Bedingungen dem Kammerflimmern ähneln, beide sind schnell und unregelmäßig mit breiten Komplexen. Der eine ist die polymorphe Kammertachykardie. Er kann einen Kreislaufstillstand verursachen und ist dann sofort European Resuscitation Council wie das Kammerflimmern zu behandeln. Deshalb führt eine Fehlbeurteilung hier nicht zu einer unangemessenen Therapie. Trotzdem ist es wichtig das Auftreten einer polymorphen Kammertachykardie nach Therapiebeginn zu erkennen und zu dokumentieren. Erst dann können Ursachen erkannt, korrigiert und die geeignete Behandlung eingeleitet werden um ein Wiederauftreten zu vermeiden. Der zweite mögliche Rhythmus ist das VHF bei Vorliegen einer akzessorischen Leitungsbahn, welche die Vorhof- und Kammermuskulatur miteinander verbindet (Wolff Parkinson White Syndrom, WPW). Einige dieser akzessorischen Leitungsbahnen können sehr schnell überleiten, wobei Vorhoferregungen machmal mit 300 / min. oder schneller auf die Kammern übergeleitet werden. Daraus resultiert eine unregelmäßige Kammertachykardie (Abbildung 7.9), die irrtümlicherweise für Kammerflimmern oder eine polymorphe Kammertachykardie gehalten werden kann. Unbehandelt kann dies zum Kreislaufstillstand durch Kammertachykardie oder Kammerflimmern führen. Wenn durch VHF mit WPW-Syndrom ein Kreislaufstillstand verursacht wird, ist die korrekte Therapie die sofortige Defibrillation (wie für jede pulslose BreitkomplexTachykardie). Auch hier führt also die Fehlinterpretation nicht zur falschen Behandlung. Ebenso ist aber das Erkennen und Dokumentieren von Bedeutung für die spezielle Weiterbehandlung mit dem Ziel, ein erneutes Auftreten dieser bedrohlichen Rhythmusstörung zu vermeiden. Kammertachykardie Eine Kammertachykardie kann durch verminderte Auswurfleistung bis zum Kreislaufstillstand führen. Dies ist vor allem bei hohen Frequenzen und strukturellen Herzerkrankungen der Fall (z.B. bei eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion, extremer linksventrikulärer Hypertrophie, Aortenstenose). Kammertachykardien können plötzlich in Kammflimmern übergehen. Eine pulslose Kammertachykardie wird wie das Kammerflimmern behandelt: Durch sofortige Defibrillation. Bei vorhandener Auswurfleistung sollte eine Kammertachykardie entsprechend dem BreitkomplexTachykardie-Algorithmus in Kapitel 12 behandelt werden. Die QRS-Komplexe können ein mono- oder polymorphes Erscheinungsbild haben. Bei der monomorphen Kammertachykardie (Rhythmus-Streifen 10) ist der Rhythmus regelmäßig (zumindest annähernd). Die Frequenz kann irgendwo zwischen 100-300/min. liegen, selten schneller. Während einer Episode mit einer Kammertachykardie ist es ungewöhnlich, starke Schwankungen der Herzfrequenz zu sehen (ganz im Unterschied zu Reaktionen auf medikamentöse antiarrhythmische Therapien). Oft bestehen noch Vorhofaktionen, die unabhängig von der Kammeraktion erfolgen. Durch die Identifizierung von P-Wellen, die von Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 71 KAP 7 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik den QRS-Komplexen entkoppelt sind, kann der Rhythmus eindeutig als Kammertachykardie eingeordnet werden. Gelegentlich können diese Vorhoferregungen zu den Ventrikeln übergeleitet werden, was zu „Capture beats“ oder fusionierten Erregungen („fusion beats“) führt (Rhythmus-Streifen 11). Eine fusionierte Erregung erzeugt während einer monomorphen Kammertachykardie einen normal aussehenden QRS-Komplex, ohne im Verlauf die Arrhythmie zu unterbrechen. Bei der Fusionssystole wandert eine Depolarisationswelle vom AV-Knoten hinunter zu den Kammern, während gleichzeitig eine Depolarisationswelle vom Kammerfokus, der die Arrhythmie erzeugt, hinauf wandert. Als Ergebnis entsteht ein „hybrider“ QRS-Komplex, der aus der „Fusion“ des normalen QRS-Komplexes mit dem Komplex der monomorphen VT hervorgegangen ist. Bei einem Schenkelblock führt eine supraventrikuläre Tachykardie (SVT) zum Bild einer BreitkomplexTachykardie. Nach einem Herzinfarkt liegt der Fokus einer Breitkomplex-Tachykardie meistens in den Kammern. Sicherheitshalber sollte in diesem Zusammenhang jede Breitkomplex-Tachykardie bis zum Beweis des Gegenteils als Kammertachykardie angesehen werden. Eine wichtige Variante einer polymorphen VT ist die Torsades de Pointes, bei der die elektrische Achse im EKG ständig rotiert, so dass ein sinusartiges Muster entsteht (Rhythmus-Streifen 12). Gewöhnlich tritt diese Arrhythmie bei Patienten mit einem verlängerten QTIntervall auf. Die erbliche Genese wird diskutiert, häufiger ist aber die Auslösung durch Medikamente verursacht, Antiarrhythmika eingeschlossen. Viele Patienten mit einer Torsades de Pointes bieten begleitend eine Hypokaliämie und/oder eine Hypomagnesiämie. Die effektivste Behandlung (Verhindern von wiederkehrenden Episoden) beinhaltet die Gabe von Magnesium und die Korrektur weiterer Elektrolyt-Abweichungen sowie das Absetzen anderer Auslöser (z.B. Medikamente). Die Anwendung von Overdrive-Pacing kann erforderlich sein. Die Torsades de Pointes kann einen Kreislaufstillstand verursachen (in diesem Fall erfolgt die Behandlung durch Defibrillation), sie kann ebenfalls zum Kammerflimmern führen. Asystolie Der Kurvenverlauf einer Asystolie wurde bereits abgehandelt (Rhythmus-Streifen 2). Manchmal stellt sich die Frage, ob der vorliegende Rhythmus eine Asystolie oder ein sehr feines Kammerflimmern ist. In solchen Fällen sollten zunächst eine gute Basiswiederbelebung weitergeführt und die Entwicklung beobachtet werden. Sollte tatsächlich ein feines Kammerflimmern vorliegen, kann eine gut durchgeführte Basisreanimation Amplitude und Frequenz erhöhen, so dass nicht nur die Diagnose deutlicher sondern auch eine erfolgreiche Defibrillation wahrscheinlicher wird. 72 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Pulslose Elektrische Aktivität (PEA) Der Begriff „Pulslose Elektrische Aktivität (PEA)“ bezeichnet keinen speziellen Herzrhythmus. Der Begriff kennzeichnet eine Situation ohne kardiale Auswurfleistung, obwohl man bei der jeweils vorliegenden elektrischen Erregung einen Auswurf erwarten würde. Die PEA hat normalerweise eine schlechte Prognose; besonders wenn ein ausgedehnter Herzinfarkt die Ursache ist. Eine massive Lungenembolie, ein Spannungs-Pneumothorax, eine Perikardtamponade oder ein massiver Blutverlust können möglicherweise eher behandelbare Ursachen sein. Peri-Arrest Arrhythmien (vgl. Kapitel 12) Diese Rhythmusstörungen werden entsprechend der Herzfrequenz als Bradyarrhythmie, Tachyarrhythmie oder Arryhthmie mit normaler Frequenz bezeichnet. Bei einem instabilen Patienten ist die frühzeitige Behandlung wichtiger als langwierige Überlegungen welcher Rhythmus genau vorliegt. Bradyarrhythmie Bei einer ventrikulären (QRS-) Frequenz von weniger als 60 Schlägen /min (Rhythmus-Streifen Nr. 13) liegt eine Bradykardie vor. Eine Bradykardie kann bei sehr sportlichen Menschen oder im Schlaf physiologisch sein, sie kann auch das beabsichtigte Ergebnis einer Therapie (z.B. bei ß-Blockern) sein. Eine pathologische Bradykardie kann durch das Versagen des SinusknotenSchrittmachers und/oder durch Verzögerung oder Block der atrioventrikulären Überleitung entstehen. Bei einigen Patienten kann dann eine Behandlung mit einem implantierten Herzschrittmacher notwendig werden (Rhythmus-Streifen 14). Die Notfallbehandlung der meisten Bradykardien beinhaltet die Gabe von Atropin und/oder einer Herzschrittmacher-Therapie. Manchmal kann der Einsatz sympathomimetischer Medikamente, - wie Adrenalin - nötig werden. Die Behandlungsbedürftigkeit ist eher abhängig von den hämodynamischen Folgen der Arrhythmie und dem Risiko einer Asystolie. Die genaue EKG-Klassifizierung der Bradykardie ist weniger wichtig. Eine extreme Bradykardie kann einem Kreislaufstillstand vorausgehen, dieser kann durch eine schnelle Behandlung verhindert werden. Die wichtigste Bradyarrhythmie in diesem Zusammenhang ist ein kompletter AV-Block (s. unten). AV-Block ersten Grades Das PQ-Intervall bezeichnet die Zeit zwischen dem Beginn der P-Welle und dem Anfang des QRS-Komplexes (egal ob dieser mit einer Q-Zacke oder einer R-Zacke beginnt). Das normale PQ-Intervall liegt im Bereich zwischen 0,12 und 0,2 Sekunden. Bei einem AV-Block ersten Grades wird das PQ-Intervall größer als 0,2 Sekunden (Rhythmus-Streifen 15), dies ist ein sehr European Resuscitation Council häufiger Befund. Es entsteht aus einer verzögerten Überleitung der AV-Verbindung (zwischen AV-Knoten und His-Bündel). Unter bestimmten Bedingungen kann dies physiologisch sein (beispielsweise bei trainierten Sportlern). Es gibt eine Vielzahl anderer Ursachen für einen AV-Block ersten Grades, einschließlich primärer Erkrankungen des Reizleitungssystems (z.B. Fibrose) oder Medikamente, die die AV-Knoten-Überleitung verzögern. Allerdings ist ein AV-Block ersten Grades selten symptomatisch und muss nur selten behandelt werden. AV-Block zweiten Grades Ein AV-Block zweiten Grades liegt vor, wenn einige, aber nicht alle, P-Wellen auf die Ventrikel übergeleitet werden, dies führt zu fehlenden QRS-Komplexen nach einigen PWellen. Zwei Typen werden unterschieden: Mobitz Typ I Block oder Wenckebach-Periodik Das PQ-Intervall wird nach jeder P-Welle zunehmend länger, bis schließlich eine P-Welle ohne nachfolgenden QRS-Komplex auftritt. Typischerweise wiederholt sich dieser Verlauf. (Rhythmus-Streifen 16). Jeder Zustand, der die AV-Überleitung verzögert, kann eine Wenckebach-Periodik hervorbringen. Dies kann auch bei einer Ischämie aufgrund eines akuten (v.a. inferioren) Myokardinfarktes auftreten. Eine asymptomatische Wenckebach-Periodik muss in den meisten Fällen nicht sofort behandelt werden. Die Behandlungsbedürftigkeit wird vom Risiko einer Weiterentwicklung zu einer kompletten AV-Blockade oder einer Asystolie bestimmt. Mobitz Typ II Block Bei allen im AV-Knoten übergeleiteten Herzschlägen besteht ein konstantes PQ-Intervall, aber auf einige der P-Wellen folgt kein QRS-Komplex. Dies kann zufällig geschehen, ohne wiederkehrendes Muster. Es kann aber auch ein regelmäßiges Verhältnis zwischen P-Wellen und den QRS-Komplexen vorliegen (Rhythmus-Streifen 17). Folgt beispielsweise nur jeder zweiten P-Welle ein QRSKomplex, liegt ein 2:1 AV-Block vor. Wird nur jeder dritte Schlag übergeleitet, besteht ein 3:1 AV-Block (RhythmusStreifen 18). AV Block dritten Grades Bei einem AV-Block dritten Grades (kompletter Block) gibt es keine Beziehung zwischen den P-Wellen und den QRS-Komplexen. Die Vorhof- und Kammerdepolarisation entsteht unabhängig in getrennten „Schrittmachern“ (Rhythmus-Streifen 19). Die Lokalisation des Kammerschrittmachers bestimmt die ventrikuläre Frequenz und QRS-Breite. Liegt der Schrittmacher im AV-Knoten oder im proximalen HIS-Bündel, kann er Frequenzen von 40-50 / min oder darüber haben und schmale QRS-Komplexe generieren. Ein Schrittmacher in den distalen HIS-Purkinje-Fasern oder in der Kammermuskulatur hat oft eine Frequenz von 30-40 / min oder weniger. Die Gefahr einer Asystolie, d.h. eines abrupten Aussetzens des Schrittmachers, ist hoch. Ersatzrhythmen Sollte der normale Herzschrittmacher (Sinusknoten) European Resuscitation Council versagen oder ungewöhnlich langsam arbeiten, kann aus der Vorhofmuskulatur, dem AV-Knoten, den erregungsleitenden Fasern oder der Kammermuskulatur ein „Hilfs“-Schrittmacher einspringen und eine Depolarisation des Herzens auslösen. Der Ersatzrhythmus ist üblicherweise langsamer als die normale Sinusfrequenz. Es wurde bereits erwähnt, dass die distal angesiedelten Hilfs-Schrittmacher eher langsamere Frequenzen erzeugen als die mehr proximal im Erregungsleitungssystem gelegenen. Somit ist ein ventrikulärer Ersatzrhythmus üblicherweise langsamer als ein „Knoten“-Rhythmus, der aus dem AV-Knoten oder dem HIS-Bündel stammt. Mit der Bezeichnung idioventrikulärer Rhythmus wird ein Ersatzrhythmus beschrieben, der aus der Kammermuskulatur entstammt. Darunter fallen auch Ersatzrhythmen bei komplettem AV-Block. Die Bezeichnung beschleunigter idioventrikulärer Rhythmus beschreibt einen idioventrikulären Rhythmus mit einer normalen Herzfrequenz (typischerweise schneller als der Sinusrhythmus, aber nicht schnell genug für eine Kammertachykardie). Dieser Rhythmustyp wird regelmäßig bei einer erfolgreichen Thrombolyse nach akutem Herzinfarkt („Reperfusions-Arrhythmie“) beobachtet. Beschleunigte idioventrikuläre Rhythmen haben keinen Einfluss auf die Prognose, in seltenen Fällen verursachen sie hämodynamische Instabilität oder sie entwickeln sich zu einer schnellen VT oder zu Kammerflimmer. Der QRS-Komplex eines idioventrikulären Rhythmus ist verbreitert (0,12 Sekunden oder mehr), während ein Knoten-Rhythmus schmal oder verbreitert sein kann, abhängig davon, ob die Überleitung zu den Kammern normal ist oder durch einen Schenkelblock gehemmt wird. Agonal-Rhythmus Agonal-Rhythmen treten bei sterbenden Patienten auf. Sie sind durch langsame, unregelmäßige breite KammerKomplexe mit wechselnder Morphologie charakterisiert (Rhythmusstreifen Nr. 20). Dieser Rhythmus ist üblicherweise während der späten Stadien einer erfolglosen Reanimation zu sehen. Die Komplexe werden zunehmend langsamer und oft breiter, bevor dann jede erkennbare Aktivität verloren geht. Tachyarrrhythmien Eine pathologische Tachykardie kann in der Vorhofmuskulatur, in der AV-Verbindung oder in der Kammermuskulatur entstehen. Eine Sinustachykardie ist keine Arrhythmie und ist normalerweise nur die Reaktion auf eine pyhsiologische oder pathologische Situation. Schmalkomplex-Tachykardien Sollte eine Tachykardie aus dem Gewebe oberhalb der Gabelung des HIS-Bündels entstehen, wird sie als „supraventrikulär“ bezeichnet (Rhythmus-Streifen 21). Bei einer normalen Kammerdepolarisation sind die QRS-Komplexe schmal. Sollte eine Leitungsverzögerung Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 73 KAP 7 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik vorliegen (z.B. bei einem Schenkelblock), sind die QRS-Komplexe verbreitert. Die QRS-Komplexe sind regelmäßig, wenn sie von einem einzelnen Schrittmacher ausgelöst werden. Sie sind unregelmäßig, wenn ein Vorhofflattern oder Vorhofflimmern mit unregelmäßiger Überleitung vorliegt. Im Allgemeinen hat eine Tachykardie mit schmalen QRS-Komplexen eine günstige Prognose, dies hängt aber von der individuellen klinischen Situation ab. Diese Rhythmen können bei chronischen (koronaren) Herzerkrankungen schlecht toleriert werden und pectanginöse Beschwerden hervorrufen. Vorhofflimmern Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste Arrhythmie im klinischen Alltag. Sie ist durch eine unkontrollierte elektrische Aktivität der Vorhöfe gekennzeichnet. In keiner Ableitung sind P-Wellen oder andere Formen einer koordinierten Vorhofaktion zu sehen (Rhythmus-Streifen 6). Der in Amplitude und Frequenz unregelmäßige Kurvenverlauf der Grundlinie ist am besten in Ableitung V1 zu sehen. Der QRS-Rhythmus ist vollkommen unregelmäßig und die Länge der RR-Intervalle wechselt von Schlag zu Schlag. Die ventrikuläre Frequenz ist abhängig vom Refraktärstadium des Gewebes in und um die AV-Verbindung. Ohne Behandlung und bei fehlender Erkrankung des AV-Knotens wird die ventrikuläre Frequenz schnell sein, weil viele der am AV-Knoten ankommenden Impulse übergeleitet werden. Oft ergibt sich eine ventrikuläre Frequenz von 120-180 / min. Die Ursache des VHF können Hypertonie, strukturelle Herzerkrankungen und Alkoholexzesse sein. Bei der KHK entsteht das VHF üblicherweise durch die LinksherzInsuffizienz und nicht direkt infolge einer Ischämie des Vorhof-Myokards. Vorhofflattern r Beim Vorhofflattern wird die Vorhofaktivität durch Serien schneller Flatter- (oder F-) Wellen mit Frequenzen über 300 / min (Rhythmus-Streifen 22) angezeigt. Das „Sägezahnmuster“ ist am besten in den Ableitungen II, III und aVF zu erkennen. Die ventrikuläre Frequenz wird durch die AV-Überleitung bestimmt. Meist besteht eine AV-Blockade mit einer 2:1 (Rhythmus-Streifen 9) oder 3:1 Überleitung. Bei konstanter Blockade ist der ventrikuläre Rhythmus regelmäßig. Eine variierende Blockade führt zu einem unregelmäßigen ventrikulären Rhythmus. Wie dem VHF liegt auch dem Vorhofflattern häufig - aber nicht immer - eine Erkrankung zugrunde. Vorhofflattern entsteht normalerweise im rechten Vorhof und ist von daher als Komplikation einer Erkrankung zu werten, die das rechte Herz betrifft. Diese beinhalten chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, eine große Lungenembolie, komplexe angeborene Herzerkrankungen und chronische kongestive Herzerkrankungen unterschiedlicher Ursachen. Breitkomplex-Tachykardien Tachykardien mit breiten Komplexen sind das Ergebnis von: 74 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen • Tachykardien, die im Ventrikel unterhalb der Gabelung des His-Bündels entstehen – ventrikuläre Tachykardie (Rhythmus-Streifen 10) oder; • supraventrikulären Tachykardien, die mit einer Überleitungsstörung (rechter oder linker Schenkelblock) zu den Ventrikeln einhergehen. Die klinischen Auswirkungen sind abhängig von der Herzfrequenz während der Arrythmie, dem Vorliegen einer strukturellen oder koronaren Herzerkrankung und von der Dauer der Arrhythmie. Eine ventrikuläre Tachykardie kann zu Kammerflimmern degenerieren, besonders bei Frequenzen über 200/ min, in einer instabilen Situation bei akuter Ischämie, Infarkt oder bei Elektrolytstörungen (Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie). Alle Tachykardien mit breiten Komplexen sollten grundsätzlich als ventrikuläre Tachykardie behandelt werden, es sei denn, es gibt einen sehr guten Grund anzunehmen, dass sie einen supraventrikulären Ursprung haben. Patienten mit Wolff-Parkinson-White Syndrom haben akzessorische (zusätzliche) Überleitungsbahnen, welche Vorhof- und Kammermyokard verbinden. Die atrioventrikuläre Überleitung kann zusätzlich zum AVKnoten über diese Bahnen geschehen. Dabei wird der QRS-Komplex durch sog. „Delta-Wellen“ verbreitert. Bei Vorliegen einer solchen akzessorischen Überleitung, die den AV-Knoten umgeht, kann VHF in einer derart hohen Kammerfrequenz resultieren, dass die Auswurfleistung dramatisch abnimmt. Das Erscheinungsbild im EKG ist eine sehr schnelle, unregelmäßige BreitkomplexTachykardie, wobei die Breite der QRS-Komplexe ständig variiert. Dieser Rhythmus kann für ein Kammerflimmern gehalten werden oder wird als unregelmäßige Kammertachykardie fehlinterpretiert. Insgesamt ist der Rhythmus organisierter als bei Kammerflimmern und es fehlt auch die zufällige, chaotische Aktivität mit variabler Amplitude. Das QT-Intervall Zum Erkennen und Behandeln von Rhythmusstörungen ist es wichtig, häufige Ursachen zu erkennen, die eine effektive Therapie beeinflussen. Diese können durch klinische Untersuchung (z.B. beim Myokardinfarkt), Laboruntersuchungen (z.B. Elektrolytstörungen) oder im EKG erkannt werden. Ein verlängertes QT-Intervall im EKG prädisponiert für ventrikuläre Rhythmusstörungen, insbesondere Torsades de Pointes und Kammerflimmern. Das QT-Intervall wird vom Beginn des QRS-Komplexes bis zum Ende der T-Welle gemessen. Dies kann schwierig sein, meistens weil das Ende der T-Welle schwierig zu bestimmen ist. Die Interpretation ist besonders dann schwierig wenn prominente U-Wellen mit dem Ende der T-Wellen verschmelzen. U-Wellen können als ein pathologisches Zeichen (Z.B. Hypokaliämie) auftreten, European Resuscitation Council Rhythm Strip 1 Normal sinus rhythm KAP 7 Rhythm Strip 2 Asystole Rhythm Strip 3 P-wave asystole Rhythm Strip 4 Course ventricular fibrillation Rhythm Strip 5 Fine ventricular fibrillation European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 75 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik Rhythm Strip 6 Atrial fibrillation Rhythm Strip 7 Premature ventricular beat Rhythm Strip 8 Junctional escape beat Rhythm Strip 9 Atrial flutter with 2:1 atrioventricular block Rhythm Strip 10 Monomorphic ventricular tachycardia 76 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Rhythm Strip 11 Ventricular tachycardia with capture and fusion beats Rhythm Strip 12 Torsade de pointes KAP 7 Rhythm Strip 13 Sinus bradycardia Rhythm Strip 14 Paced rhythem Rhythm Strip 15 First degree atrioventricular block European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 77 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik Rhythm Strip 16 Mobitz type I or Wenckebach block Rhythm Strip 17 Mobitz type II second degree atrioventricular block (2:1) Rhythm Strip 18 Mobitz type II second degree atrioventricular block (3:1) Rhythm Strip 19 Third degree (complete) atrioventricular block Rhythm Strip 20 Agonal rhythm 78 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Rhythm Strip 21 Supraventricular tachycardia Rhythm Strip 22 Atrial flutter with a high degree of atrioventricular block KAP 7 European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 79 Kapitel 7 Kardiales Monitoring, EKG und Rhythmus-Diagnostik kommen aber auch bei Gesunden ohne vorgeschädigte Herzen vor. Die Länge des QT-Intervalls kann zwischen verschiedenen Ableitungen variieren. Dies kann zum Teil in der Variation von Amplitude und Richtung der T-Welle begründet sein. Variable QT-Intervalle (QT-Dispersion) gehen auch bei Patienten mit ischämischen Herzerkrankungen mit einem erhöhten Risiko einher, wenn auch diese Erkenntnis nicht zu einer spezifischen Behandlung führt. Das QT-Intervall variiert mit Alter, Geschlecht und Herzfrequenz. Bei Beschleunigung der Herzfrequenz verkürzt sich das QT-Intervall. Eine Anpassung des gemessenen QT-Intervalles an die Herzfrequenz kann kalkuliert werden und wird als korrigiertes QT-Intervall (QTc) bezeichnet. Viele moderne EKG-Geräte errechnen automatisch das QTc. Diese Werte sind allerdings nur dann verwertbar, wenn die EKG-Aufzeichnung von guter Qualität ist. Die meisten EkG-Geräte können nicht die Tvon der U-Welle unterscheiden. Es ist immer erforderlich, den Ausdruck zu kontrollieren um grobe Fehlmessungen zu erkennen. Abnorme Veränderungen des QT-Intervalles können in verschiedenen Situationen auftreten. Eine Verkürzung kommt durch Hypercalcämie und Digoxin vor. Eine Verlängerung kann durch Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Hypocalcämie, Hypothermie und Myokarditis verursacht werden. Ebenso können viele Medikamente das QT-Intervall verlängern, wie z.B. Antiarrhytmika der Klassen I und III. Es gibt verschiedene angeborene Störungen, bei denen das QT-Intervall verlängert ist, oder eine abnorme ventrikuläre Repolarisation auftritt (vor allem das LongQT- und das Brugada-Syndrom). Die Veränderungen der Repolarisation führen zum erhöhten Risiko einer ventrikulären Arrythmie und dem plötzlichen Herztod. Einige dieser Patienten benötigen daher sicherheitshalber einen implantierten Cardioverter-Defibrillator. Besonders wichtig ist, dass diese Patienten keine Medikamente erhalten, die zusätzlich QT-Verlängerungen verursachen können. 80 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Zusammenfassung •Durch ein systematisches Vorgehen bei der Analyse eines EKG-Rhythmus kann jede Arrhythmie ausreichend charakterisiert werden, um eine zuverlässige und wirkungsvolle Behandlung durchzuführen. •Die Aufzeichnungen jeder Arrhythmie und des EKG mit Sinusrhythmus kann wertvolle diagnostische Informationen liefern und dazu beitragen, eine geeignete Langzeittherapie einzuleiten. •Bei allen Patienten, die gefährdet sind, eine lebensbedrohliche Arrhythmie zu erleiden, ist die genaue Erfassung und Überwachung des Herzrhythmus entscheidend (z.B. bei Vorhandensein eines akuten Koronarsyndroms). •Für das Vorgehen beim Kreislaufstillstand ist eine genaue Überwachung des Herzrhythmus entscheidend. Weiterführende Literatur Blomstrom-Lundqvist C, Scheinemann M M et al. American College of Cardiology/American Heart Association Task Force and the European Society of Cardiology Committee for Practice Guidelines. ACC/AHA/ ESC Guidelines for the management of patients with supraventricular arrhythmias. European Heart Journal 2003;24:1857-1897 Fuster V, Lyden R E et al. American College of Cardiology/American Heart Association Task Force and the European Society of Cardiology Committee for Practice Guidelines and Policy Conferences. ACC/AHA/ ESC Guidelines for the management of patients with atrial fibrillation arrhythmias. European Heart Journal 2001;22:1852-1923 European Resuscitation Council Defibrillation KAPITEL Lernziele ■ Der Mechanismus der Defibrillation. ■ Faktoren, die eine erfolgreiche Defibrillation beeinflussen. ■ Sichere Verabreichung eines Schocks mit einem manuellen oder einem automatisierten externen Defibrillator (AED). Einleitung Mit Beginn von Kammerflimmern / pulsloser ventrikulärer Tachykardie (VF/VT) sistiert die Herzauswurfleistung und nach drei Minuten kommt es zu hypoxischen Hirnschädigungen. Soll eine vollständige neurologische Wiederherstellung erreicht werden, ist eine frühe erfolgreiche Defibrillation mit Wiedereinsetzen eines spontanen Kreislaufes notwendig. Die Defibrillation ist einer der Schlüsselpunkte in der Überlebenskette und eine der wenigen Maßnahmen, für die gezeigt werden konnte, dass sie zu einem verbesserten Überleben nach einem Kreislaufstillstand bei VF/VT führt. Die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Defibrillation mit anschließendem Überleben bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus nimmt mit zunehmender Dauer von VF/VT schnell ab. Die Möglichkeit einer frühen Defibrillation ist einer der wichtigsten Faktoren die ein Überleben nach Kreislaufstillstand bestimmen. Für jede Minute, die zwischen einem Kollaps und der ersten Defibrillation verstreicht, steigt die Sterblichkeit um 7-10%, wenn keine Laienreanimation durchgeführt wird. Je kürzer das Intervall zwischen Eintreten von VF/VT und dem Auslösen eines Schocks, desto größer ist die Chance einer erfolgreichen Defibrillation und des Überlebens. Kommt es zu irgendeiner Verzögerung bei der Bereitstellung eines Defibrillators, muss sofort mit der Herzdruckmassage und der Beatmung begonnen werden. Wird durch Ersthelfer reanimiert sinkt die Überlebensrate weniger schnell, um durchschnittlich 3% - 4% pro Minute, vom Zeitpunkt des Kollaps bis zur Defibrillation. Eine CPR bei einem beobachteten Kreislaufstillstand kann die Überlebenschance in jedem Intervall bis zur Defibrillation verdoppeln oder verdreifachen. Mechanismus der Defibrillation Unter Defibrillation versteht man den Durchgang eines Stromes durch das Myokard, der ausreicht, eine kritische Myokardmasse zu depolarisieren, wodurch es dem natürlichen Schrittmacherzentrum wieder möglich ist den Erregungsablauf zu kontrollieren. Als erfolgreiche Defibrillation ist die Terminierung European Resuscitation Council 8 eines Flimmerns definiert, oder - genauer gesagt - das Fehlen von VF/VT fünf Sekunden nach der Abgabe des elektrischen Schocks, obgleich das letztliche Ziel die Wiederherstellung eines spontanen Kreislaufes ist. Um dies zu erreichen, haben alle Defibrillatoren drei wesentliche Komponenten: eine Gleichstromquelle, einen Kondensator der auf ein voreinstellbares Energieniveau geladen werden kann und zwei Elektroden, die auf dem Brustkorb des Patienten aufgebracht werden, über welche sich der Kondensator entlädt. Der Erfolg hängt davon ab, dass genügend Strom an das Myokard abgegeben wird. Dennoch ist die abgegebene Energiemenge schwierig zu bestimmen, da der Stromfluss durch den transthorakalen Widerstand und die Position der Elektroden beeinflusst wird. Außerdem wird ein Großteil des Stroms auf anderen Wegen in den Brustkorb verteilt, so dass nur etwa 4% das Herz erreichen. Einige Defibrillatoren können diesen transthorakalen Widerstand messen und passen ihr Output daran an (Impedanz-Kompensation). Es besteht keine eindeutige Beziehung zwischen der Körpergröße und der erforderlichen Energiemenge bei der Defibrillation von Erwachsenen. Obwohl andere Faktoren wie der metabolische Zustand des Patienten, das Ausmaß der myokardialen Ischämie, sowie die vorhergehende medikamentöse Behandlung den Erfolg der Defibrillation beeinflussen, können diese Rahmenbedingungen normalerweise während einer CPR nicht verändert werden. Faktoren die eine erfolgreiche Defibrillation beeinflussen Transthorakaler Widerstand Die Technik der Defibrillation muss optimiert werden, um den transthorakalen Widerstand zu minimieren und die Strommenge zu maximieren die an das Myokard abgegeben wird. Der Widerstand beträgt normalerweise bei Erwachsenen 70-80 Ω, doch bei schlechterer Technik kann dieser bis auf 150 Ω ansteigen, was die Stromstärke halbiert und daher die Aussicht auf eine erfolgreiche Defibrillation verringert. Die transthorakale Impedanz wird durch Kontakt zwischen Elektroden und Haut, der Größe der Elektroden oder Paddles, das Kontaktmittel zwischen Paddles und Haut, den Druck auf die Paddles und die Beatmungsphase beeinflusst. Die Verwendung von transdermalen Medikamentenpflastern am Brustkorb des Patienten kann einen guten Kontakt verhindern und kann zu Funkenbildung und Verbrennungen führen, Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 81 KAP 8 Kapitel 8 Defibrillation wenn die Paddles oder Klebeelektroden darüber platziert werden; entfernen Sie diese und wischen Sie die Fläche trocken bevor Sie die Elektroden platzieren und die Defibrillation versuchen. Rasieren der Brust Bei Patienten mit behaartem Brustkorb ist es oft schwer, einen guten Elektroden-Haut-Kontakt herzustellen. Dies erhöht die Impedanz, verringert die Wirksamkeit der Defibrillation und kann zu Verbrennungen am Brustkorb führen. Wenn ein Rasierer sofort verfügbar ist, sollten mit diesem die Haare in dem Areal in dem die Elektroden platziert werden entfernt werden. Trotzdem sollte die Defibrillation nicht verzögert werden, wenn ein Rasierer nicht sofort zur Hand ist. Elektrodengröße Die Summe der Elektrodenfläche sollte mindestens 150 cm² betragen. Größere Elektroden haben eine geringere Impedanz, übermäßig große Elektroden können zu einem verminderten transmyokardialen Stromfluss führen. Für die Defibrillation bei Erwachsenen werden sowohl mit den Händen gehaltene Paddles als auch selbstklebende Elektroden von 8-12cm Durchmesser verwendet. Kontaktmittel Wenn manuelle Paddles verwendet werden, sind Gelpads gegenüber der Elektrodenpaste bzw. dem Elektrodengel zu bevorzugen, da letzteres zwischen die Paddles verteilt werden kann und es zu Funkenschlag kommen kann. Blanke Elektroden ohne Kontaktmaterial sollte nicht verwendet werden, da dies einen hohen transthorakalen Widerstand verursacht und den Schweregrad jedweder Hautverbrennungen erhöhen kann. Es sollten keine medizinischen Gels oder Pasten mit schlechter Leitfähigkeit verwendet werden (z.B. Ultraschallgel). ergibt sich, dass die optimale Elektrodenposition bei ventrikulärer und atrialer Arrhythmie nicht die gleiche sein muß. Versucht man einen Patienten mit VF/VT zu defibrillieren, wird eine Elektrode standardmäßig rechts vom Sternum unterhalb des Schlüsselbeins platziert. Die andere Elektrode für die Herzspitze wird in der mittleren Axilarlinie geklebt, ungefähr auf der Höhe der V6-EKG-Elektrodenposition oder der weiblichen Brust. Dabei darf bei dieser Position kein Brustgewebe bedeckt sein. Es ist sehr wichtig, dass die Elektrode seitlich genug platziert wird (Abbildung 8.1). Obwohl die Elektroden mit positiv und negativ beschriftet sind, können sie auch vertauscht aufgebracht werden. Andere akzeptable Pad Positionen beinhalten: • Anbringung der Elektroden an der lateralen Brustkorbwand, eine auf der rechten, die andere auf der linken Seite (bi-axillar). • Eine Elektrode in der apikalen Position und die andere auf dem rechten oder linken Schulterblatt. • Eine Elektrode vorne über dem linken Praekordium, und die andere Elektrode auf dem Rücken hinter dem Herzen, gleich unterhalb des linken Schulterblatts. Asymmetrisch geformte Elektroden haben eine geringere Impedanz, wenn sie der Länge nach anstatt schräg angebracht werden. Richten Sie die Längsachse des apikalen Paddles in die kranio-kaudale Richtung. Anpressdruck der Paddles Wenn Paddles verwendet werden, sind diese kräftig auf den Brustkorb zu drücken. Dies reduziert die transthorakale Impedanz durch einen verbesserten elektrischen Kontakt an der Elektroden-Haut Kontaktfläche und durch Reduktion des thorakalen Volumens. Die defibrillierende Person sollte immer einen kräftigen Druck auf die Paddles ausüben, der optimale Druck beträgt 8 kg bei einem Erwachsenen. Dieser Druck kann oft nur von den stärksten Mitgliedern des Rettungsteams erreicht werden. Elektrodenposition Keine am Menschen durchgeführte Studie hat die Elektrodenposition als eine Determinante von ROSC bzw. für das Überleben eines VF / pulslosen VT Kreislaufstillstandes untersucht. Der transmyokardiale Stromfluss wird während der Defibrillation wahrscheinlich dann maximiert, wenn die Elektroden so platziert sind, dass das flimmernde Herz genau zwischen ihnen liegt (z.B. Ventrikel bei VF/VT, Vorhöfe bei AF). Daraus 82 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Abbildung 8.1 Standard Elektroden-Position für die Defibrillation Pads vs. Paddles Selbstklebende Defibrillationselektroden sind sicher und effektiv und den normalen DefibrillationsPaddles vorzuziehen. Man sollte selbstklebende Defibrillationselektroden für die Situation nach einem Kreislaufstillstand in Erwägung ziehen, bzw. überall dort verwenden, wo sich der Zugang zum Patienten schwierig gestaltet. Sie haben eine ähnliche transthorakale European Resuscitation Council Impedanz (und daher Wirksamkeit) wie manuelle Paddles und sie ermöglichen dem Anwender den Patienten aus einer sicheren Entfernung zu defibrillieren. Wenn nun Pads oder Paddles verwendet werden, ermöglichen beide ein anfängliches Monitoring eines Rhythmus und so eine schnellere Abgabe des ersten Schocks im Vergleich zu Standard EKG Elektroden, jedoch sind Pads schneller als Paddles zu verwenden. Wenn Paddles mit Gelpads verwendet werden, wird das Elektrolyt-Gel polarisiert und zu einem schlechten Leiter nach der Defibrillation. Das kann eine Schein-Asystolie verursachen, die für 3-4 Minuten anhält, wenn man sie zum Monitoring verwendet; ein Phänomen das bei selbstklebenden Pads noch nicht beobachtet wurde. Bei Verwendung einer Gel/Paddle Kombination, sollte die Asystolie mit unabhängigen EKG Elektroden anstatt mit den Paddles bestätigt werden. Schockenergie und Impulsform Die Defibrillation erfordert die Abgabe jener elektrischen Energiemenge, die notwendig ist um eine kritische Masse des Myokards zu defibrillieren. Die Stromstärke korreliert mit der erfolgreichen Defibrillation und Kardioversion. Die optimale Energiemenge für die Defibrillation, unter Verwendung einer monophasischen Funktion, beträgt zwischen 30 und 40 Ampere. Messdaten während der Kardioversion von Vorhofflimmern lassen vermuten, dass bei biphasischen Wellenfunktionen der optimale Stromfluss etwa im Bereich von 15-20 Ampere liegt. Die optimale Energiedosis für die Defibrillation ist jene, die bei minimaler Myokardverletzung zu einem ROSC führt. Die Verwendung einer angepassten Energiedosis reduziert die Anzahl der wiederholten Schocks, dies reduziert ebenfalls die myokardialen Verletzungen. Monophasische Defibrillatoren Ein Schock vs. drei Schock Strategie Es gibt keine publizierten Studien am Menschen oder Tier, welche bei Kammerflimmern die Abgabe eines einzelnen Schocks gegenüber einer Folge von drei Schocks verglichen haben. In Tierexperimenten gingen selbst kurze Unterbrechungen der Thoraxkompressionen zur Beatmung oder Rhythmusanalyse mit einer anschließend reduzierten post-ReanimationsMyokardfunktion und reduzierten Überlebensrate einher. Unterbrechungen der Thoraxkompressionen verringern auch die Wahrscheinlichkeit der Konversion von Kammerflimmern in einen anderen Rhythmus. Prähospitale und innerklinische Daten zur Qualität der Herzlungenwiederbelebung zeigten, dass erhebliche Unterbrechungen häufig sind. Mit einer über 90%igen Erfolgsrate des ersten Schocks bei biphasischer Wellenfunktion, lässt das Scheitern der Kardioversion von Kammerflimmern eher auf die Notwendigkeit einer Periode der Herzwiederbelebung als auf die eines weiteren Schocks schließen. Daher soll sofort nach Abgabe des einzelnen Schocks die Herzlungenwiederbelebung (30 Kompressionen, 2 Atemspenden) über 2 Minuten bis zur Abgabe des nächsten Schocks (falls indiziert)(siehe unten) fortgesetzt werden, ohne eine Kontrolle von Rhythmus oder Puls durchzuführen. Selbst wenn der Defibrillationsversuch erfolgreich einen perfundierenden Rhythmus hergestellt hat, ist unmittelbar nach der Defibrillation nur äußerst selten ein Puls zu tasten, und durch die Verzögerung beim Versuch, den Puls zu tasten, wird das Myokard noch weiter geschädigt, sollte kein perfundierender Rhythmus hergestellt worden sein. Nach Wiederherstellung eines perfundierenden Rhythmus ist die Gefahr der Induktion von neuerlichem Kammerflimmern durch Thoraxkompressionen nicht erhöht. Bei Asystolie nach Schock können Thoraxkompressionen zu Kammerflimmern führen. Monophasische Defibrillatoren werden nicht mehr hergestellt, sind aber trotzdem noch in Verwendung. Diese Geräte geben einen Strom ab, der nur in eine Richtung fließt. Es gibt zwei grundsätzliche monophasische Abgabeverhalten: eine gedämpfte sinusförmige Wellenform sinkt allmählich gegen Null (Abbildung 8.2), und eine abgeschnittene exponentielle Funktion, mit sofortiger Terminierung. In der Vergangenheit wurden der erste und der zweite monophasische Schock der Defibrillation mit geringerer Energie (200J) als nachfolgende Schocks (360J) abgegeben. Auf Grund der geringen Effizienz der monophasischen Funktion, im Vergleich zur biphasischen Funktion, liegt das empfohlene InitialEnergieniveau für den ersten Schock bei Verwendung eines monophasischen Defibrillators jetzt bei 360J. Obwohl bei höheren Energiemengen ein größeres Risiko für eine Verletzung des Myokards besteht, überwiegt der Nutzen einer frühzeitigen Konvertierung in einen perfundierenden Rhythmus. Durch die Abgabe eines einzelnen Schocks, anstelle von drei aufeinanderfolgenden Schocks, ist eine maximale Effektivität des ersten Schocks besonders wichtig. Ist der erste monophasische Schock nicht erfolgreich, geben Sie den zweiten und die darauf folgenden Schocks bei 360J ab. Die 1-Schock-Strategie gilt gleichermaßen für mono- und biphasische Defibrillatoren. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 83 KAP 8 Kapitel 8 Defibrillation Schocks als effektiv anzusehen ist und heutzutage von jedem biphasischen manuellen Defibrillator abgegeben werden kann. War der erste Schock nicht erfolgreich, können der zweite und die nachfolgenden Schocks entweder mit gleich bleibender oder steigender Energie abgegeben werden (150-360J), abhängig von dem verwendeten Gerät. Hat ein Benutzer keine Kenntnis über die Energiemengen, die mit dem biphasischen Gerät abgegeben werden können, und wurden als voreingestellte Energie 200J beim ersten Schock abgegeben, sollte entweder die gleiche oder eine höhere Menge für nachfolgende Schocks gewählt werden, abhängig von der Leistungsfähigkeit des Geräts. Abbildung 8.2 Eine monophasische gedämpfte sinusförmige Welle Biphasische Defibrillatoren Bei biphasischen Wellenformen fließt Strom zunächst für eine festgelegte Dauer in eine bestimmte Richtung die sich für den Rest der elektrischen Entladung umkehrt. Es gibt im Wesentlichen zwei Arten der biphasischen Wellenform: die biphasische abgeschnittene Exponentialkurve (biphasic truncated exponential, BTE) (Abbildung 8.3) und der biphasische Rechteckimpuls (rectilinear biphasic, RLB) (Abbildung 8.4). Einige biphasische Defibrillatoren kompensieren die große Variabilität der transthorakalen Impedanz in dem sie die Größe und die Dauer der Wellenform elektronisch anpassen. Das optimale Verhältnis von der ersten zur zweiten Phase ist noch nicht festgelegt, ob verschiedene Wellenformen unterschiedliche Effizienz beim Kammerflimmern aufweisen, ist auch unbekannt. Die Effektivität eines ersten Schocks für eine lange andauernde VF/VT ist bei der biphasischen Wellenform größer (86-98%) als bei der monophasischen Wellenform (54-91%), weshalb die erstgenannte empfohlen wird, wann immer es möglich ist. Bei der biphasischen Defibrillation wird weniger Energie gebraucht, infolge dessen haben diese Geräte kleinere Kondensatoren, benötigen weniger Batteriestrom und die Wellenform kann durch einen Halbleiterschaltkreis ohne Induktor kontrolliert werden. Daher sind sie kleiner, leichter und einfach zu transportieren. Es gibt keinen Hinweis, dass eine biphasische Wellenform oder ein biphasisches Gerät anderen überlegen ist. Obwohl die initiale biphasische Schockenergie bei einer RLB Wellenform nicht geringer als 120J und 150J bei BTE Wellenformen sein sollte, wird empfohlen, dass der initiale biphasische Schock zumindest 150J betragen sollte. Wenn der Anwender im Unklaren über die möglichen Energiemengen, die ein Gerät abgeben kann, ist, sollten 200J für den ersten Schock gewählt werden. 200J als voreingestellte Energie wurden gewählt, weil diese, in der beschriebenen Spannbreite von ausgewählten Dosen, beim ersten und alle nachfolgenden biphasischen 84 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Abbildung 8.3 Die biphasische abgeschnittene Exponentialkurve Abbildung 8.4 Der biphasische Rechteckimpuls Wiederkehrendes Kammerflimmern Wenn ein schockbarer Rhythmus nach erfolgreicher Defibrillation wiederkehrt (mit oder ohne ROSC), sollte für den nächsten Schock das letzte erfolgreiche Energieniveau gewählt werden. Sicherheit Defibrillationsversuche sollten ohne Risiko für die Mitglieder des Reanimationsteams durchgeführt werden. Vorsicht bei nasser Umgebung und Kleidung – jegliches Wasser sollte vom Brustkorb des Patienten entfernt werden, bevor eine Defibrillation durchgeführt wird. Kein Teil einer Person sollte in direktem oder European Resuscitation Council indirektem Kontakt zum Patienten stehen. Intravenöse Infusionen sollten aus der Hand gelegt werden, die Trage auf der der Patient liegt sollte während der Schockabgabe nicht berührt werden. Der Bediener des Defibrillators darf keinen Teil der Elektrodenoberfläche berühren, Elektrodengel sollte nicht über die Brustkorboberfläche verteilt sein. Gel-imprägnierte Pads reduzieren dieses Risiko – daher sollten sie, wann immer möglich, verwendet werden. Der Bediener muss vor der Schockabgabe sicher stellen, dass niemand Patientenkontakt hat wenn der Schock abgegeben wird. Sichere Anwendung von Sauerstoff während der Defibrillation In einer mit Sauerstoff angereicherten Atmosphäre kann der Funkenschlag von unsachgemäß angewendeten Defibrillator-Paddles einen Brand auslösen. Es existieren mehrere Fallberichte über derart verursachte Brände, und meistens erlitt der Patient erhebliche Verbrennungen. Die Brandgefahr während eines Defibrillationsversuches kann durch die Beachtung folgender Sicherheitsmaßnahmen verringert werden. • Ist der Patient an ein Beatmungsgerät angeschlossen, z. B. während einer Operation oder auf der Intensivstation, soll das Atemschlauchsystem an dem Tubus angeschlossen bleiben, es sei denn die Thoraxkompressionen behindern eine Abgabe von ausreichenden Tidalvolumina durch den Respirator. In diesem Fall wird die Respiratorbeatmung durch eine manuelle Beatmung mit dem Beatmungsbeutel ersetzt, der dabei konnektiert bleiben kann, oder aber diskonnektiert und mindestens 1 Meter aus dem Umkreis entfernt wird. Werden die Beatmungsschläuche diskonnektiert, muss auf den Sicherheitsabstand von mindestens 1 Meter geachtet werden oder das Beatmungsgerät abgeschaltet werden. Moderne Respiratoren entwickeln bei Diskonnektion hohe Sauerstoff-Flüsse. Während der normalen Nutzung auf der Intensivstation wird bei erhaltener Verbindung zwischen Trachealtubus und Respirator überschüssiger Sauerstoff – deutlich außerhalb des Defibrillationsbereichs – aus dem Gerätegehäuse abgegeben. Manche Intensivpatienten benötigen möglicherweise zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden Oxygenierung eine Beatmung mit positivem endexpiratorischen Druck (PEEP); während einer Kardioversion, bei welcher der erhaltene Spontankreislauf eine Oxygenierung des Blutes gewährleistet, ist es umso mehr angezeigt, den Intensivpatienten während der Schockabgabe an den Respirator angeschlossen zu lassen. • Minimieren Sie das Risiko eines Funkenschlags während der Defibrillation. Theoretisch sollten selbstklebende Defibrillatorelektroden im Vergleich zu manuellen Defibrillator-Paddles seltener zu Funkenschlag führen. Sicherheit bei der Paddle Bedienung Figure 8.5 Abbildung 8.5: Entfernung der Sauerstoffmaske vor der Defibrillation • Entfernen Sie gegebenenfalls die Sauerstoffmaske oder die Nasenbrille und legen sie diese in einer Entfernung von mindestens 1 Meter von der Brust des Patienten ab. • Belassen Sie den Beatmungsbeutel am Trachealtubus oder alternativen Atemwegshilfen. Wenn ein Beatmungsbeutel an den Endotrachealtubus angeschlossen ist, kommt es in der Nähe des Defibrillationsareals zu keiner Erhöhung der Sauerstoffkonzentration, auch nicht bei einem flow von 15 l/min. Wahlweise können sie den Beatmungsbeutel auch vom Trachealtubus oder anderen Atemwegshilfen diskonnektieren und ihn während der Defibrillation aus dem Umkreis von mindestens 1 Meter von der Brust des Patienten entfernen. European Resuscitation Council Ein manueller Defibrillator darf erst dann geladen werden, wenn sich die Paddles bereits auf dem Brustkorb des Patienten befinden, nicht während sie noch in der Luft gehalten werden. Wenn die Paddles zum ersten Mal auf den Brustkorb aufgesetzt werden, müssen die TeamMitglieder informiert werden, ob das Gerät geladen wird oder ob die Paddles einfach nur zum Monitoring des Herzrhythmus verwendet werden. Wenn der Defibrillator geladen ist, ein Schock aber nicht länger indiziert ist, ermöglichen moderne Geräte ein sicheres Entladen indem sie die Energieeinstellung verändern. Automatisierte externe Defibrillatoren Automatisierte externe Defibrllatoren sind hoch entwickelte, verlässliche computergestützte Geräte, die sowohl durch akustische als auch visuelle Anweisungen Laienhelfer und medizinisches Personal zum sicheren Defibrillationsversuch bei Patienten mit Kreislaufstillstand anleiten (Abbildung 8.6). Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 85 KAP 8 Kapitel 8 Defibrillation Technische Fortschritte, insbesondere in Hinblick auf Batteriekapazität und Software zur Analyse von Arrhythmien, haben die Massenproduktion von relativ günstigen, zuverlässigen und einfach zu bedienenden transportablen Defibrillatoren ermöglicht. Defibrillatoren mit Schock-Beratungsfunktion haben auch die Möglichkeit der EKG-Analyse, die aber manuell durch medizinisches Personal mit Erfahrung in der Interpretation von Herzrhythmusstörungen außer Kraft gesetzt werden kann. Abbildung 8.6 Ein automatischer externer Defibrillator Automatische Rhythmusanalyse Automatisierte externe Defibrillatoren verfügen über Mikroprozessoren, welche mehrere Parameter eines EKG, einschließlich Frequenz und Amplitude auswerten. Manche AED sind so programmiert, dass sie Störungen durch Eigenbewegungen des Patienten oder Bewegungen durch andere erkennen. Die technische Entwicklung dürfte bald dazu führen, dass AED Angaben über die Frequenz und Tiefe der Thoraxkompressionen während der Herzlungenwiederbelebung machen, was zu einer Verbesserung der Reanimationsmaßnahmen bei allen Helfer beitragen könnte. Automatisierte externe Defibrillatoren wurden umfangreich an Rhythmusdatenbanken und in vielen Studien sowohl an Erwachsenen als auch an Kindern erprobt. Die Rhythmusanalyse der Geräte ist überaus genau. Obwohl AED nicht zur Abgabe von synchronisierten Schocks vorgesehen sind, werden alle AED bei Vorliegen einer ventrikulären Tachykardie die Abgabe eines Schocks empfehlen, wenn die Frequenz und die R-Zackenmorphologie voreingestellte Grenzwerte überschreiten. Verwendung von AED im Krankenhaus Es kann zu einer verzögerten Defibrillation kommen, wenn Patienten einen Kreislaufstillstand in einem nicht überwachten Krankenhausbett bzw. einer Ambulanz erleiden. In solchen Bereichen können mehrere Minuten vergehen, bis ein Reanimationsteam mit einem Defibrillator eintrifft und defibrilliert wird. Trotz begrenzter Nachweise sollte die Verwendung von AED im KH als eine Möglichkeit angesehen werden, eine Defibrillation so früh wie möglich (in den meisten Fällen innerhalb von 3 Minuten nach einem Kollaps), vor allem in Bereichen, in denen das Personal wenig Erfahrung mit der Rhythmusinterpretation hat, oder in denen Defibrillatoren selten verwendet werden, durchzuführen. Ein wirksames System zur Grundschulung und Wiederholungsschulung sollte vorhanden sein. Es sollte eine ausreichend große Anzahl von Personen geschult werden, um das Ziel der Schockabgabe innerhalb von 3 Minuten nach Kollaps an jedem Ort des Krankenhauses zu erreichen. Die Ausbildung in der Handhabung dieser Geräte ist schneller und einfacher möglich als für manuelle Defibrillatoren. Automatisierte Defibrillatoren haben es ermöglicht, dass weit mehr Mediziner, Pflegekräfte, Sanitäter und Laienhelfer (z.B. Polizei und Ersthelfer – „Ersthelfer Defibrillation“) Defibrillationen durchführen. Angehörige der Gesundheitsdienste mit einer Verpflichtung zur Herz-Lungen-Wiederbelebung sollten adäquat ausgebildet und ausgestattet sein, sowie zur Durchführung einer Defibrillation berechtigt werden. Der Defibrillationsversuch durch First Responder ist lebenswichtig, da die Verzögerung bis zur Abgabe des ersten Schocks der wesentliche Faktor zum Überleben bei einem Herzkreislaufstillstand ist. Bedeutung von ununterbrochenen Thoraxkompresionen Die Bedeutung der frühzeitigen, ununterbrochenen äußeren Herzdruckmassage wird im gesamten Kursbuch betont. Der Helfer der die Herzdruckmassage durchführt sollte sie nur für die Rhythmus-Analyse und die Schockabgabe unterbrechen, und sollte darauf vorbereitet sein mit der Herzdruckmassage fortzufahren, sobald der Schock abgegeben wurde. Wenn zwei Personen zugegen sind, sollte der Helfer, der den AED bedient, während die Herzdruckmassage durchgeführt wird die Klebeelektroden anbringen. Die CPR sollte nur zur Rhythmusanalyse und Schockabgabe unterbrochen werden. Die Person, die den AED bedient, sollte vorbereitet sein, den Schock sofort abzugeben, wenn die Analyse abgeschlossen ist und ein Schock empfohlen wird, sich versichernd, dass niemand in Kontakt zum Patienten steht. Einzelne Helfer sollten die Koordination der Herzdruckmassage und die Anwendung eines AED üben (Abbildung 8.8). Zwei nicht-randomisierte Studien an Erwachsenen mit einem innerklinischen Kreislaufstillstand dem ein defibrillierbarer Rhythmus zu Grunde lag, zeigten höhere Überlebens- und Krankenhausentlassungsraten, wenn die Defibrillation im Rahmen eines AED-Programmes erfolgte, als wenn eine manuelle Defibrillation erfolgte. 86 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Algorithm for use of an automated external defibrillator (AED) Unresponsive Call for help Open airway Not breathing normally Send or go for AED Call 112* CPR 30:2 Until AED is attached KAP 8 AED Assess rhythm Shock Non-Shock advised advised 1 Shock 150-360 J biphasic or 360 J monophasic Immediately resume CPR 30:2 for 2 min Immediately resume CPR 30:2 for 2 min Continue until the victim starts to breathe normally *OR APPROPRIATE EMERGENCY TELEPHONE NUMBER Abbildung 8.7 Algorithmus für die AED Anwendung bei Atem-Kreislauf-Stillstand European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 87 Kapitel 8 Defibrillation Frühdefibrillationsprogramme Ersthelfer und First Responder AED Programme können zu einer Steigerung der Zahl von Patienten führen, die durch Laien reanimiert und frühzeitig defibrilliert werden, so dass es zu einem verbesserten Überleben nach einem präklinischen Kreislaufstillstand kommt. Diese Programme erfordern organisierte und trainierte Abläufe mit Helfern, die geübt und ausgestattet sind um Notfälle erkennen zu können, den Rettungsdienst zu aktivieren, Herz-Lungen-Wiederbelebung durchzuführen und einen AED einzusetzen. Laienhelfer AED Programme mit sehr schnellen Reaktionszeiten auf Flughäfen, in Flugzeugen, oder Casinos, und unkontrollierte Studien mit Polizisten als First Responder haben eine Überlebensrate im Bereich von 49-74% ergeben. Empfohlene Elemente für ein Frühdefibrillations Programm beinhalten: • geplante und trainierte Abläufe; • Training der zukünftigen Helfer in Herz-LungenWiderbelebung und in der Anwendung des AED; • Vernetzung mit dem lokalen Rettungsdienst; • Kontinuierliche Überprüfung (Qualitätsverbesserung). Frühdefibrillationsprogramme werden vor allem dann das Überleben nach einem Herzkreislaufstillstand sichern, wenn sie an Orten etabliert werden, an denen es wahrscheinlich ist, dass Herzkreislaufstillstände beobachtet eintreten. Geeignete Plätze können unter anderem diejenigen sein, an denen zumindest einmal in zwei Jahren ein Herzkreislaufstillstand aufgetreten ist (z.B. Flughäfen, Casinos, Sporteinrichtungen). Ungefähr 80% aller präklinischer Kreislaufstillstände treten im privaten Bereich und Wohnvierteln auf; diese Tatsache limitiert unvermeidlich den Gesamteffekt, den Frühdefibrillationsprogramme auf Überlebensraten haben können. 88 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Figure 8.8 a-b Operation of a defibrillator and efficient CPR AED Anwendung (Figure 8.7) 1. Vergewissern Sie sich, dass das Opfer und die Umstehenden und die Helfer sicher sind. 2. Ist das Opfer regungslos und atmet nicht normal: - Entsenden Sie jemanden um einen AED zu holen und den Rettungsdienst, bzw. das Reanimationstem zu verständigen. Sind Sie alleine führen Sie diese Maßnahmen selbst durch. 3. Beginnen Sie mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung gemäß den Leitlinien. 4. Sobald der AED beim Patienten ist: - Schalten Sie den AED ein und schließen Sie die Klebeelektroden an. Falls mehr als ein Helfer vor Ort ist, sollte die Herz-Lungen-Wiederbelebung während der Vorbereitungen fortgesetzt werden; - Folgen Sie den Sprach- bzw. dem optischen Anweisungen; - Stellen Sie sicher, dass niemand den Patienten berührt, während der AED den Rhythmus analysiert. 4A Wenn ein Schock indiziert ist: -Stellen Sie sicher, dass niemand den Patienten berührt; -Drücken Sie den Schock-Knopf wie angegeben - voll automatische AED werden den Schock automatisch abgeben; -Folgen Sie den Sprach- bzw. den optischen Anweisungen. 4B Wenn kein Schock empfohlen ist: -Führen Sie die CPR sofort in einem Verhältnis von 30 Kompressionen zu 2 Beatmungen weiter fort. 5. Folgen Sie den AED Anweisungen bis: -qualifizierte Hilfe (z.B. Rettungsdienst oder ein Reanimationsteam) eintrifft und übernimmt; -Das Opfer wieder normal zu atmen beginnt, oder; -Sie erschöpft sind. . European Resuscitation Council Anmerkungen • Die Tragetasche des AED muß eine starke Schere enthalten, um Kleidung durchschneiden zu können, sowie einen Einwegrasierer um die Brust rasieren zu können, um einen guten Elektrodenkontakt zu erhalten • Sofern in erweiterten Maßnahmen der Wiederbelebung trainierte Helfer einen AED verwenden, sollten die erweiterten Maßnahmen der Wiederbelebung (Intubation, Beatmung, i. v. Zugang, Medikamentenapplikation, etc.) entsprechend der lokalen Vorschriften durchgeführt werden. Manuelle Defibrillation Manuelle Defibrillatoren (Abbildung 8.9) haben einige Vorteile im Vergleich zu einem AED. Sie ermöglichen dem Benutzer selbst den Rhythmus zu analysieren und zügig einen Schock abzugeben, ohne auf die Rhythmus-Analyse warten zu müssen. Dies minimiert die Unterbrechungen während der Brustkorb-Kompressionen. Manuelle Defibrillatoren haben oft zusätzliche Funktionen, wie zum Beispiel die Möglichkeit synchronisiert Schocks abzugeben oder einen externen Herzschrittmacher anzuwenden. Der größte Nachteil dieser Geräte ist, dass der Anwender in der EKG Rhythmus-Interpretation geschult sein muss; daher ist - im Vergleich zum AED - ein zusätzlicher Trainingsaufwand erforderlich. Abbildung 8.9.: Platzierung der Defibrillatorpaddles auf Gel-Pads Anwendung eines manuellen Defibrillators Dieser Abschnitt ist ein integraler Bestandteil des Algorithmus für die erweiterten Maßnahmen der Wiederbelebung aus Kapitel 5. European Resuscitation Council 1. Herz-Kreislauf-Stillstand bestätigen – Atmung und Puls gleichzeitig überprüfen. 2. Kammerflimmern auf einem EKG oder mit Hilfe von Klebeelektroden oder mit DefibrillatorPaddles bestätigen. 3. Klebeelektroden oder Defibrillator-Gelpads auf dem Brustkorb platzieren – eines direkt unterhalb der rechten Clavicula, das andere in der Position V6 in der mittleren Axillarlinie. Ist mehr als ein Helfer anwesend, sollte die Herzdruckmassage fortgeführt werden, 4. Werden Defibrillator-Paddles verwendet, drücken Sie diese kräftig auf die Gelpads. 5. Einstellen des korrekten Energieniveaus: 150200J biphasisch (360J monophasisch) für den ersten Schock und 150-360J biphasisch (360J monophasisch) für weitere Schocks 6. Versichern Sie sich, dass kein Sauerstoff mit hohem Fluss in die Defibrillationszone strömt. 7. Warnen Sie jeden „alle weg vom Patienten“ und laden Sie den Defibrillator unter der Verwendung von Klebeelektroden oder Defibrillator-Paddles. 8. Durch optische Kontrolle ist sicherzustellen, dass niemand den Patienten berührt. 9. Schock abgeben. 10. Das Intervall zwischen der Unterbrechung der Herzdruckmassage und der Schockabgabe sollte so minimal wie möglich sein; es sollte 10 Sekunden sicher nicht überschreiten. 11. Werden Defibrillator-Paddles verwendet kommen diese sofort nach der Defibrillation zurück ins Gerät. 12. Ohne den Rhythmus erneut zu beurteilen oder einen Puls zu fühlen, wird die Wiederbelebung in einem Verhältnis 30:2 begonnen, dabei wird mit den Herzdruckmassagen begonnen. 13. Für 2 Minuten werden die Wiederbelebungsmaßnahmen fortgesetzt, dann wird der Rhythmus am Monitor überprüft. 14. Liegt ein Kammerflimmern / eine pulslose ventrikuläre Tachykardie vor, dann werden die Schritte 4-12 wiederholt und eine zweite Defibrillation durchgeführt, 15. Für 2 Minuten werden die Wiederbelebungsmaßnahmen fortgesetzt, dann wird der Rhythmus am Monitor überprüft. 16. Persistiert ein Kammerflimmern / eine pulslose ventrikuläre Tachkardie, wird 1 mg Adrenalin i.v. gegeben, gefolgt von einem dritten Schock und 2 min. Wiederbelebungsmaßnahmen. 17. Wiederholen Sie diese Sequenz falls weiterhin ein Kammerflimmern / eine pulslose ventrikuläre Tachkardie vorliegt. 18. Die Adrenalingabe (1 mg i. v.) wird alle 3-5 Minuten wiederholt. 19. Amiodarone (300 mg i. v.) kann nach dem dritten Schock eingesetzt werden. 20. Wird eine organisierte elektrische Aktivität in einer Pause, in der der Rhythmus beurteilt wird, Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 89 KAP 8 Kapitel 8 Defibrillation beobachtet, wird nach einem Puls getastet: a. Ist ein Puls vorhanden, wird mit der Postreanimationsbehandlung begonnen. b. Ist kein Puls vorhanden, wird die Wiederbelebung fortgesetzt und im Algorithmus zur Seite der nichtdefibrillierbaren Rhythmen gewechselt. 21. Wird eine Asystolie beobachtet, wird die Wiederbelebung fortgesetzt und im Algorithmus zur Seite der nicht-defibrillierbaren Rhythmen gewechselt. Präklinische Defibrillation Obwohl die vorhergehenden Leitlinien die sofortige Defibrillation bei allen defibrillierbaren Rhythmen empfohlen haben, haben aktuelle Studien zum präklinischen Kreislaufstillstand ergeben, dass eine Phase der Wiederbelebung vor einer Defibrillation nach einem längerdauernden Kreislaufstillstand nützlich sein kann. Die Synchronisation kann bei ventrikulären Tachykardien auf Grund der breiten Komplexe und variablen Formen schwierig sein. Wenn nicht synchronisiert ausgelöst werden kann, müssen beim instabilen Patienten mit VT unsynchronisierte Schocks abgegeben werden, um längere Verzögerungen in der Wiederherstellung eines Sinusrhythmus zu verhindern. Ein Kammerflimmern oder eine pulslose VT erfordern unsychronisierte Schockabgaben. Patienten, die bei Bewusstsein sind müssen anästhesiert oder sediert werden, bevor eine synchronisierte Kardioversion versucht werden kann. Bei einigen Defibrillatoren muß der synchronisierte Modus erneut eingestellt werden, wenn ein zweiter Schock erforderlich ist. Andere Geräte bleiben im synchronisierten Modus; Es muss darauf geachtet werden, dass ein Synchronisationsschalter nicht in der „Ein“ Position belassen wird, da bei weiterem Gebrauch dies das Entladen des Defibrillators verhindert, wenn dieser das nächste mal zur Behandlung von Kammerflimmern/ VT verwendet wird. Rettungsdienstpersonal sollte bei Patienten mit einem längerdauernden Kreislaufstillstand (>5 min) vor einer Defibrillation für eine Zeit von ca. 2 Minuten reanimieren. Die Dauer des präklinischen Kreislaufstillstands kann üblicherweise schwer abgeschätzt werden, daher sollte die Basiswiederbelebung bei jedem unbeobachteten Kreislaufstillstand für 2 Minuten vor dem ersten Defibrillationsversuch durchgeführt werden. Die Energien für die Kardioversion werden in Kapitel 12 behandelt. Laien und Ersthelfer, die AED verwenden, sollten das Gerät so schnell wie möglich in Betrieb nehmen und den Anweisungen folgen. Ist bei einem Patienten ein Herzschrittmacher oder ein kardiovertierender Defibrillator (ICD) implantiert, ist Vorsicht bei der Positionierung der Elektroden geboten. Obwohl moderne Schrittmacher mit Schutzvorrichtungen ausgestattet sind, kann der Strom am Schrittmacherdraht oder ICD entlang fließen und Verbrennungen dort verursachen, wo die Elektrodenspitze mit dem Myokard in Kontakt kommt. Dies kann zu einem Anstieg des Widerstandes am Kontaktpunkt und einem schrittweisen Anstieg der Schrittmacherschwelle über eine erhebliche Zeitspanne führen. Die Defibrillatorelektroden müssen zumindest 12-15 cm vom Schrittmacher entfernt platziert werden, um das Risiko zu minimieren. War eine Reanimation nach Defibrillation erfolgreich, muss der Schrittmacher in den nächsten beiden Monaten regelmäßig kontrolliert werden. Es gibt keinen Hinweis auf Vor- oder Nachteile einer CPRPhase vor der Defibrillation bei einem innerklinischen Kreislaufstillstand. Eine Defibrillation sollte so schnell wie möglich nach Eintritt des Stillstandes durchgeführt werden. Synchronisierte Kardioversion Wird elektrisch kardiovertiert, um atriale oder ventrikuläre Tachyarrhythmien zu konvertieren, muss der Schock synchronisiert abgegeben werden, um in die R-Zacke des Elektrokardiogramms und nicht in die T Welle einzufallen. Indem man die Stromabgabe in der relativen Refraktärzeit vermeidet, wird das Risiko minimiert durch die Kardioversion ein Kammerflimmern auszulösen. Die meisten manuellen Defibrillatoren besitzen einen Schalter, der es ermöglicht einen Schock R-Zacken getriggert abzugeben. Aufbringen der Elektroden und Bedienung des Gerätes erfolgen wie bei der Defibrillation. Aufgrund der R-Zacken Triggerung muss der Anwender mit einer kurzen Verzögerung zwischen dem Betätigen der Druckknöpfe und dem Entladen des Schocks rechnen. Die Defibrillatorelektroden dürfen während dieser Verzögerung nicht bewegt werden sonst wird der QRSKomplex nicht detektiert. 90 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Herzschrittmacher und implantierte kardiovertierende Defibrillatoren European Resuscitation Council Zusammenfassung •Für einen Patienten mit Kammerflimmern ist eine frühzeitige Defibrillation das einzige effektive Mittel einen Spontankreislauf wieder herzustellen. •Wenn ein Defibrillator verwendet wird, müssen die Unterbrechungen bei der Thoraxkompressionen auf absolutes Minumum reduziert werden. •Moderne, biphasische Defibrillatoren haben eine hohe „Erster Schock“ Effizienz; einzelne Schocks wechseln mit jeweils zweiminütiger Herzdruckmassage und Beatmung im Verhältnis 30:2. Weiterführende Literatur International Liaison Committee on Resuscitation. Part 3. Defibrillation. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005; 67: In Press. KAP 8 International Liaison Committee on Resuscitation. Part 4. Advanced Life Support. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005; 67: In Press. Nolan JP, Deakin CD, Soar J, Bottinger BW, Smith G. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 4: Adult advanced life support. Resuscitation 2005; 67: In Press. Deakin CD, Nolan JP. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 3: Electrical therapies: automated external defibrillators, defibrillation, cardioversion and pacing. Resuscitation 2005; 67: In Press. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 91 Kapitel 8 Defibrillation 92 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Verabreichung von Medikamenten KAPITEL Lernziele ■ Die Gründe, die während der Reanimation einen venösen Zugang erfordern. ■ Das verfügbare Material für einen venösen Zugang. ■ Die Techniken der Punktion zentraler Venen. ■ Die Vor- und Nachteile der peripheren und zentralen Venenpunktion. ■ Die möglichen Komplikationen, die durch eine Venenpunktion entstehen. ■ Die Verwendung des intraossären und des endotrachealen Wegs zur Medikamentengabe. Einleitung Während der kardiopulmonalen Reanimation erfordern folgende Maßnahmen einen Zugang zur Zirkulation: • Die Verabreichung von Medikamenten; • Die Verabreichung von Flüssigkeiten; • Die Blutgasanalyse (BGA); • Das Einführen eines transvenösen Schrittmachers. Während der erweiterten Wiederbelebung wird meist der intravenöse Weg verwendet. Sollte dieser jedoch fehlschlagen, können der tracheale oder der intraossäre Weg zur Medikamentengabe verwendet werden. 9 Medikament mit Flüssigkeit eingeschwemmt werden und durch Hochhalten der Extremität die Geschwindigkeit der Einschwemmung in den zentralen Kreislauf erhöht werden. Material Es kann eine Reihe von Hilfsmitteln verwendet werden, um einen venösen Zugang zu schaffen. Der Durchmesser dieser intravaskulären Hilfsmittel kann mit Hilfe zweier Skalen angegeben werden: • Standard Wire Gauge (SWG) – oftmals einfach als Gauge bezeichnet – der Durchmesser der Kanüle nimmt mit abnehmender Gauge-Zahl zu; • French Gauge (FG) – der Durchmesser der Kanüle nimmt mit zunehmender Gauge-Zahl zu. Die Länge der Kanüle nimmt üblicherweise mit größerem Durchmesser zu. Kanüle über Nadel - Technik Dies ist die am weitesten verbreitete Technik zum Schaffen eines intravenösen Zugangs. Verschiedene Größen sind erhältlich und können für den peripheren und den zentralen Zugang verwendet werden. Alle Kanülen weisen eine standardisierte Luer-lockVerbindung zum Anschließen eines Infusionsbesteckes auf und manche besitzen eine Injektionsöffnung mit Ventil, über welche Medikamente verabreicht werden können Venöser Zugang Seldinger-Technik Der intravenöse Weg garantiert am ehesten die erfolgreiche Verabreichung von Medikamenten während einer Reanimation. Wenn bereits ein intravenöser Zugang vorhanden und dessen Durchgängigkeit sichergestellt ist, sollte dieser vorzugsweise verwendet werden. Wenn eine Venenpunktion notwendig ist, wird die Entscheidung, eine periphere oder zentrale Vene zu verwenden, von den Fähigkeiten und der Erfahrung des Durchführenden und der Verfügbarkeit des Materials bestimmt. Während des Ablaufs der Wiederbelebung beträgt die Zirkulationszeit von den zentralen Venen (V. subclavia oder jugularis interna) durch das Herz zur Femoralarterie etwa 30 Sekunden, verglichen mit bis zu 5 Minuten bei Verwendung einer peripheren Vene. Demnach ist bei bereits liegendem zentralen Katheter, dieser der bevorzugte Applikationsweg für die Medikamentengabe. In Abwesenheit eines zentralen Katheters ist die Kanülierung einer peripheren Vene günstiger und schneller. Wenn eine periphere Vene für die Gabe von Medikamenten verwendet wird, muss das Dieses Equipment wird hauptsächlich zur Punktion zentraler Venen verwendet. Eine relativ dünne Nadel wird verwendet, um eine Vene zu punktieren und einen stumpfen, biegsamen Führungsdraht einzuführen. Nach Dilatation wird dann ein Katheter mit größerem Durchmesser über den Führungsdraht in die Vene eingeführt. Diese Methode erlaubt das Einführen eines großlumigen Katheters (12-14 Gauge, 7-8,5 FG), ohne eine Nadel mit großem Durchmesser verwenden zu müssen und in Gefahr zu laufen, die Vene oder angrenzendes Gewebe zu verletzen. Eine ähnliche, jedoch kleinere Vorrichtung ist für die Punktion peripherer Venen erhältlich. European Resuscitation Council Zugang über die peripheren Venen Die am häufigsten verwendeten Venen sind oberflächliche, periphere Venen der oberen Extremitäten. Die V. jugularis externa am Hals ist eine Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 93 KAP 9 Kapitel 9 Verabreichung von Medikamenten hervorragende Alternative und stellt sich bei Patienten mit Kreislaufstillstand häufig sehr gut dar. Die V. femoralis ermöglicht ebenfalls einen rascheren Transport von Medikamenten zum Herz als weiter peripher gelegene Venen. Die Größe der verwendeten Kanüle hängt von ihrem Zweck ab. Kanülen mit einem großen Durchmesser sind zur raschen Gabe von Flüssigkeiten notwendig. Einmal eingeführt sollte die Kanüle gut fixiert werden; sie kann während der Reanimation leicht dislozieren. Allgemeine Vorsichtsmaßnahmen (insbesondere Handschuhe) müssen beachtet werden. Die benutzte Nadel muss unverzüglich in einer entsprechenden Abwurfbox entsorgt werden. Internal jugular vein Sternocleidomastoid muscle External jugular vein Clavicle 1st rib Manubrium Abb. 9.2 Lage der rechten V. jugularis externa Vena femoralis Die V. femoralis liegt direkt medial der Femoralarterie. Während eines Kreislaufstillstands macht das Fehlen des Femoralispulses das Auffinden der Vene schwierig und es besteht ein erhebliches Risiko der versehentlichen arteriellen Medikamentengabe. Komplikationen Es gibt eine Reihe von Komplikationen der perkutanen Venenpunktion; die meisten sind relativ geringfügig. Abb. 9.1 Lage der Venen der oberen Extremität Vena jugularis externa Am Hals ist die V. jugularis externa leicht zu erkennen und gut zugänglich. Sie verläuft vom Kieferwinkel abwärts und nach vorne und verschwindet hinter der Mitte des Schlüsselbeins. Die Vene liegt relativ oberflächlich, bedeckt nur von einer dünnen Muskelschicht (Platysma), Faszie und Haut. Punktion der V. jugularis externa Die Punktion der V. jugularis externa ist relativ einfach, dennoch sollten die folgenden Punkte beachtet werden: • Eine geringe Abwärtsneigung des Kopfes (15°) hilft, die Vene zu füllen. • Die Vene kann auch gefüllt werden indem man sie proximal, direkt über dem Schlüsselbein, mit einem Finger verschließt. • Die Seldinger-Technik kann leichter zum Erfolg führen als die „Kanüle über Nadel“-Technik Frühe Komplikationen • Fehlpunktion. Es ist zu empfehlen zunächst distal an einer Extremität zu beginnen und sich nach proximal vorzuarbeiten. Dies verhindert bei Mehrfachpunktionen den Austritt von Flüssigkeit und Medikamenten aus vorangegangenen Punktionsstellen. • Hämatom. Sekundär nach misslungener Punktion. • Extravasation. Das Ausmaß der Schädigung des darüber liegenden Gewebes hängt hauptsächlich von der Art der ausgetretenen Flüssigkeit ab. • Schädigung anderer lokaler Strukturen. • Luftembolie. Tritt auf, wenn der Druck in den Venen geringer ist als im rechten Herzen und Luft angesaugt oder versehentlich injiziert wird. Sie tritt viel wahrscheinlicher nach Punktion der V. jugularis externa oder zentraler Venen auf. • Abscheren der Kanüle. Dies erlaubt Fragmenten, in die Zirkulation zu gelangen. Üblicherweise ist es die Folge eines Versuchs, die Nadel nach dem Zurückziehen wieder einzuführen. Die sicherste Art ist, die gesamte Kanüle zurückzuziehen und die Punktion an einer anderen Stelle zu versuchen. Späte Komplikationen • Entzündung der Vene (Thrombophlebitis). Steht im Verhältnis zur Dauer der Verwendung und der Art der infundierten Flüssigkeiten und Medikamente. 94 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Hohe Konzentrationen von Medikamenten und Flüssigkeiten mit extremen pH-Werten oder hoher Osmolalität stellen die Hauptursache dar. • Entzündung der umgebenden Haut (Cellulitis). Üblicherweise sekundär durch schlechte initiale aseptische Technik, lange Verwendung oder Undichtigkeit der Vene. Right internal jugular vein Right common carotid artery Zugang über die zentralen Venen Die zentralen Venen sind oftmals zugänglich, wenn die peripheren Venen kollabiert sind, und Medikamente, die über diesen Weg verabreicht werden, erreichen rasch das Herz. Jedoch handelt es sich um tief liegende Strukturen, die in enger Beziehung zu großen Arterien, Nerven und anderen lebenswichtigen Strukturen stehen. Die Punktion zentraler Venen erfordert mehr Übung und Praxis als eine periphere Punktion. Üblicherweise muss die Reanimation unterbrochen werden. Folglich werden die nachfolgend beschriebenen Maßnahmen nicht für unerfahrene Anwender empfohlen. Bei Fehlen eines zentralen Zugangs ist eine große periphere Vene vollkommen ausreichend. Die am häufigsten genutzten zentralen Venen sind die Vena jugularis interna und die Vena subclavia. Vor kurzem hat das National institute of Clinical Excellence (NICE) die Sonografie zur Kanülierung von zentralen Gefäßen empfohlen. Dies ist unter der Reanimation praktisch nicht durchführbar, ist aber hilfreich wenn ein geübter Anwender die Punktion einer zentralen Vene nach Wiederherstellung des Spontankreislaufs versucht. Lage der zentralen Venen Vena jugularis interna (Abb. 9.3) • Sie verläuft am Hals lateral der A. carotis communis. • Sie zieht dann durch das Dreieck, das von den klavikulären und sternalen Köpfen des M. sternocleidomastoideus gebildet wird. • Sie verbindet sich hinter dem Sternoclavikulargelenk mit der V. subclavia, um die V. brachiocephalica zu bilden. • Der IX-XII Hirnnerv und der N. phrenicus stehen in enger Beziehung zur V. jugularis interna in ihrem Verlauf am Hals. Thyroid cartilage Right subclavian vein Trachea Clavicle 1st rib Manubrium Left subclavian vein Abb. 9.3 Lage der V. jugularis interna und V. subclavia Vena subclavia (Abb. 9.3): • Sie liegt hinter dem medialen Drittel der Clavicula und vor der A. subclavia, von der sie durch den M. scalenus anterior getrennt wird. • Sie endet bei der Verbindung mit der V. jugularis interna. Ausrüstung Eine einfache „Katheter über Nadel“-Vorrichtung, länger als die für die periphere Punktion, kann zur Punktion einer zentralen Vene verwendet werden. Jedoch wird häufiger die Seldinger-Technik für den zentralen Zugang angewandt: • Eine dünnwandige Nadel mit kleinem Durchmesser wird in die gewählte Vene eingeführt. Erfolgreiches Einführen wird durch die Möglichkeit, mit der angesteckten Spritze leicht Blut aspirieren zu können, bestätigt; • Die Spritze wird entfernt und ein Führungsdraht wird durch die Nadel in die Vene eingebracht; • Die Nadel wird unter Belassen des Drahtes in der Vene entfernt. Machen Sie mit dem Skalpell einen Hautschnitt ohne den Draht zu entfernen; • Ein Dilatator wird über den Draht durch die Haut gerade bis zur Vene vorgeschoben und dann wieder entfernt; • Der Katheter wird über den Draht bis in die Vene vorgeschoben; • Der Draht wird unter Belassen des Katheters in der Vene entfernt. Ein- oder Mehrlumenkatheter, 14-16 G, 15 cm lang, erlauben das Überwachen des zentralen Venendrucks und das Verabreichen von Infusionen und Medikamenten. Kurze, 7,5-8,5 FG „Schleusen“-Katheter sind ideal, wenn rasch Flüssigkeit benötigt wird. Technik Es gibt mehrere Zugangswege zur V. jugularis interna und V. subclavia. Der folgende Überblick ist nicht als European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 95 KAP 9 Kapitel 9 Verabreichung von Medikamenten umfassende Darstellung gedacht. Der interessierte Leser sollte für weitere Details die Literaturangabe zu Rate ziehen. Richtung suprasternale Einziehung geneigt. • Die Vene wird üblicherweise erreicht wenn die Nadel 4-6 cm eingeführt wurde. Welche Vene auch verwendet wird:: • Idealerweise sollte eine aseptische Technik verwendet werden. Wenn dies nicht möglich ist, muss der Ausführende zumindest sterile Handschuhe tragen. • Alle Klingen/Nadeln müssen vorsichtig entsorgt werden. • Der Kopf des Patienten wird am besten 10-15° tiefgelagert, um die Venen zu füllen. V. jugularis interna • Der Kopf des Patienten wird leicht von der Seite, an der die Punktion durchgeführt wird, weggedreht. • Die Spitze des Dreiecks, das durch die Köpfe der beiden Mm. sternocleidomastoidei gebildet wird, wird als Punktionsstelle identifiziert. • Wenn möglich sollte die A. carotis medial der Punktionsstelle getastet werden. • Die Vene liegt ziemlich oberflächlich (in 1-2 cm Tiefe) und kann punktiert werden, indem man die Nadel leicht nach lateral und kaudal richtet (bei Männern in Richtung Brustwarze). Alternativ kann die Vene auch über den tiefer gelegenen Zugangsweg punktiert werden. Die Vorteile dieser Technik sind, dass sie nicht auf die Identifikation des M. sternoclaidomastoideus oder der A. carotis, die beim Kreislaufstillstand schwer tastbar sein kann, angewiesen ist. • Den Kopf leicht überstrecken und leicht von der Seite, auf der die Punktion erfolgt, wegdrehen. Ein Infusionsbeutel oder ein zusammengerolltes Handtuch unter die Schultern des Patienten gelegt hilft den Kopf zu überstrecken. • Die Einkerbung der oberen Fläche des medialen Endes der Klavikula wird getastet. • Die Nadel wird direkt oberhalb der Kerbe eingeführt und dann in einem Winkel von 30-40° zur Koronarebene angehoben. • Die Nadel wird nach hinten und unten weiter geschoben. • Die Vene liegt üblicherweise in einer Tiefe von 1,5-4 cm. The subclavian vein • Ein Infusionsbeutel oder ein zusammengerolltes Handtuch wird unter die Schulter der betroffenen Seite gelegt und der Kopf leicht weggedreht. • Der Übergang vom mittleren zum medialen Drittel der Klavikula und die suprasternale Einziehung werden identifiziert. • Die Nadel wird 1 cm unter dem Übergang vom mittleren zum medialen Drittel der Klavikula eingeführt leicht kopfwärts unter der Klavikula in 96 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Figure 9.4 Internal jugular catheter insertion using Seldinger technique European Resuscitation Council erfolgen. • Verletzungen des Ductus thoracicus mit nachfolgendem Chylothorax (häufiger auf der linken Seite). • Nervenläsionen – des zervikalen und brachialen Plexus. • Verlust des Führungsdrahtes in das Gefäß. Späte Komplikationen • Luftembolie • Sepsis Die intraossäre Medikamentengabe Wenn der venöse Zugang schwierig oder unmöglich ist, sollte der intraossäre Zugangsweg erwogen werden. Der intraossäre Zugang wird häufig bei Kindern verwendet, es ist aber auch möglich, Erwachsenen Medikamente über diesen Zugang zu verabreichen. Wahrscheinlich ist die forcierte Volumengabe bei Erwachsenen intraossär nicht möglich. Bei der intraossären Medikamentenapplikation werden adäquate Plasmaspiegel, vergleichbar mit zentral einer venösen Applikation, erreicht. Der intraossäre Zugang ermöglicht über das Knochenmark die Entnahme von Blutproben zur Blutgasanalyse sowie Elektrolyt-, Zucker- und Hämoglobinbestimmungen. Die intraossäre Gabe von Medikamenten erreicht zuverlässigere Plasmaspiegel als die endotracheale Gabe. Bei Erwachsenen sind die besten Stellen für den intraossären Zugang die proximale (2 cm unterhalb der Tuberositas tibiae an der anteromedialen Fläche) und die distale Tibia (2 cm proximal des Malleolus medialis). Eine Reihe von Spezialnadeln zur intraossären Infusion sind erhältlich. Komplikationen des Legens von Zentralvenenkathetern Frühe Komplikationen • Arterielle Punktion • Hämatom • Hämothorax. Kann nach Punktion der A. subclavia auftreten • Pneumothorax. Tritt am häufigsten nach Punktion der V. subclavia oder der tiefen Punktion der V. jugularis interna auf. Bei Patienten mit vorbestehendem Pneumothorax ist es sinnvoll, die Punktion der V. subclavia derselben Seite zu versuchen, um das Risiko eines beidseitigen Pneumothorax zu vermeiden. • Venöse Luftembolie. Dies geschieht häufig als Folge einer Diskonnektion oder bei einem teilweise geöffneten Dreiwegehahn. • Kardiale Arrhythmien. Treten auf als Folge direkter Stimulation des Myokards durch den Führungsdraht oder Katheter. Wann immer möglich sollte die Anlage eines Zentralvenenkatheters unter EKG-Kotrolle European Resuscitation Council Figure 9.5 Intraosseus needle Die endotracheale Medikamentengabe Unter bestimmten Bedingungen ist der periphere Venenzugang schwierig; zum Beispiel bei stark hypovolämen oder hypothermen Patienten oder bei intravenös Drogenabhängigen. Bei fehlender Erfahrung Erweiterte Lebensrettende Maßnahmenrt 97 KAP 9 Kapitel 9 Verabreichung von Medikamenten des Anwenders in der Punktion einer zentralen Vene können diese Faktoren die venöse Kanülierung unmöglich machen. Kann kein intravenöser oder intraossärer Zugang geschaffen werden, sollte der endotracheale Weg zur Gabe von Medikamenten verwendet werden. Adrenalin, Atropin, Lidocain und Naloxon können über den endotrachealen Zugangsweg verabreicht werden. Die Plasmaspiegel der gegebenen Medikamente sind nicht vorhersehbar, ebenso ist die optimale Dosis bei endotrachealer Gabe unbekannt. Unter der Reanimation haben Studien gezeigt, dass die equipotente Dosis von Adrenalin drei bis zehnfach höher sein muss als bei intravenöser Gabe. KalziumSalze, Natrium-Bikarbonat und Amiodaron dürfen nicht endotracheal verabreicht werden. Weiterführende Literatur International Liaison Committee on Resuscitation. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Part 4. Advanced Life Support. Resuscitation 2005;67:213-47. Nolan JP, Deakin CD, Soar J, Böttiger BW, Smith G. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 4: Adult advanced life support. Resuscitation 2005; in press Um Plasmakonzentrationen im therapeutischen Bereich zu erreichen, muss die Dosis des Medikaments auf das mindestens 3-fache der intravenösen Dosis (das sind z.B. 3 mg Adrenalin) erhöht werden. Das Medikament sollte mit 10-20 ml Flüssigkeit über den Tubus gegeben werden. Die tief endobronchiale Gabe ist nicht notwendig – hierdurch wird die Plasmakonzentration gegenüber der trachealen Gabe nicht erhöht. Die Lösung in vorgefertigten Spritzen für diesen Zweck ist akzeptabel, obwohl die Lösung in sterilem Wasser im Vergleich zu 0,9% Kochsalzlösung eine bessere Absorption erreicht. Die Gabe von Medikamenten über die Larynxmaske erscheint unzuverlässig, da sich der größte Anteil des Medikaments bereits im Larynxbereich absetzt. Daher wird dieser Zugangsweg nicht empfohlen. Zusammenfassung •Ist eine Venenpunktion notwendig, besteht die Wahl zwischen einer peripheren und zentralen Vene. •Der periphere intravenöse Weg ist akzeptabel, wenn eine funktionierende Kanüle korrekt platziert ist. •Ein zentralvenöser Zugang ermöglicht den Medikamenten einen schnellen Zugang zum zentralen Kreislauf, jedoch erfordert diese Technik spezielle Fähigkeiten und Materialien. •Ist keiner der o.g. Zugangswege möglich stehen alternativ der intraossäre oder der tracheale Zugangsweg mit entsprechender Anpassung der Medikamentendosierung zur Verfügung. •Der intraossäre Zugangsweg ist zuverlässiger als der endotracheale Zugangsweg, er sollte daher bevorzugt genutzt werden. 98 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council 10 Medikamente KAPITEL Lernziele ■ Kenntnisse von Wirkungen, Indikationen und Dosierungen der wichtigsten Medikamente, die zur Behandlung eines Kreislaufstillstands verwendet werden. ■ Kenntnisse spezifischer Vorsichtsmaßnahmen und von Kontraindikationen bei Einsatz dieser Medikamente. ■ Kenntnisse von Wirkungen, Indikationen und Dosierungen der wichtigsten Medikamente, die in der Periarrest-Phase verwendet werden. Einleitung Dieses Kapitel ist in 2 Abschnitte unterteilt. Abschnitt 1: Medikamente zur Behandlung eines Kreislaufstillstands Abschnitt 2: Medikamente zur Verwendung in der Periarrest-Phase Die Informationen in diesem Kapitel wurden sorgfältig zusammengestellt und entsprechen dem aktuellen Wissensstand, sie ersetzen aber nicht die aktuellen Veröffentlichungen der relevanten Institutionen oder der pharmazeutischen Industrie. Jeder ALS-Provider sollte mit den Medikamenten aus Abschnitt 1 sicher umgehen können und zu den Medikamenten aus Abschnitt 2 Grundlagenwissen besitzen. Abschnitt 1. Medikamente zur Behandlung eines Kreislaufstillstands Nur wenige Medikamente sind während der unmittelbaren Behandlung eines Kreislaufstillstandes indiziert und es liegen nur wenige wissenschaftliche Daten vor, die deren Verwendung unterstützen. Medikamente sollten nur in Betracht gezogen werden, nachdem mit der Herzdruckmassage und der Beatmung begonnen wurde und der Patient, wenn notwendig, defibrilliert wurde. European Resuscitation Council Sauerstoff Jeder Patient mit einem Herz-Kreislaufstillstand sollte mit der höchstmöglichen, verfügbaren Sauerstoffkonzentration versorgt werden. Alle spontan atmenden Notfallpatienten sollten Sauerstoff über eine Maske mit Reservoir erhalten. Um das Zusammenfallen des Reservoirs während der Inspiration zu vermeiden, sollte der Sauerstoff-Flow nicht unter 10 l/min liegen. Bei intubierten Patienten sollte Sauerstoff in hoher Konzentration mit einem Beatmungsbeutel gegeben werden. Bei allen Patienten sollte angestrebt werden, den arteriellen Sauerstoffpartialdruck PaO2 so eng wie möglich den physiologischen Verhältnissen anzupassen (paO2 ~ 13 kPa oder 100 mmHg, SpO2 ~ 97-100%). Ist das nicht möglich, müssen natürlich auch geringere Werte akzeptiert werden, der Minimalwert von paO2 = 8 kPa (60 mmHg) oder eine Sauerstoffsättigung von 90-92% sollten jedoch nach Möglichkeit nicht unterschritten werden. Bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COLD, COPD) können hohe Sauerstoffkonzentrationen atemdepressiv wirken. Aber auch diese Patienten sind durch eine Hypoxie gefährdet. Organschäden oder auch ein Kreislaufstillstand können die Folge sein. Bei diesen Patienten sollten ein niedriger paO2 und geringere Sättigungswerte toleriert werden. Ein brauchbares Ziel ist ein paO2 von 8 kPa (60 mmHg) oder eine Sauerstoffsättigung von 90-92%, gemessen mittels Pulsoximetrie. Adrenalin Indikationen Dosis Kreislaufstillstand unabhängig von der Ursache 1 mg i.v./i.o. alle 3-5 min Anwendung Adrenalin ist üblicherweise in 2 Verdünnungen erhältlich: • 1:10.000 (10 ml dieser Lösung enthalten 1 mg Adrenalin) • 1:1.000 (1 ml dieser Lösung enthält 1 mg Adrenalin) Kann ein intravasaler Zugang (intravenös oder intraossär) verspätet oder gar nicht geschaffen werden, so können bei einem Kreislaufstillstand 3 mg Adrenalin, mit Aqua verdünnt auf 10-20 ml, über den endotrachealen Tubus verabreicht werden. Die Absorption bei endotrachealer Applikation ist unzuverlässig und von Patient zu Patient Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 99 KAP 10 Kapitel 10 Medikamente sehr unterschiedlich. Für die Gabe von Adrenalin in höheren Dosierungen beim therapie-refraktären Herz-Kreislauf-Stillstand gibt es derzeit keine Evidenz. In der Postreanimationsphase kann die kontinuierliche Adrenalinapplikation über Perfusor erforderlich sein. Nach Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs (ROSC) kann es durch hohe Dosen von Adrenalin zu einer Tachykardie, myokardialen Durchblutungsstörungen, ventrikulären Tachykardien (VT) und Kammerflimmern (VF) kommen. Sobald ein spontaner Kreislauf erzielt wurde und weitere Gaben von Adrenalin notwendig sind, sollten diese vorsichtig in kleinen Dosen bis zum Erreichen des gewünschten Blutdrucks verabreicht werden. Für die meisten hypotensiven Patienten sind intravenöse Dosen von 50 – 100 µg normalerweise ausreichend. Wirkungen Adrenalin ist ein direkt sympathomimetisches Amin mit alpha (α)- und beta (β)-adrenerger Wirkung. In den bei Reanimationen angewandten Dosierungen bewirkt die Adrenalingabe eine α- Rezeptor vermittelte periphere Vasokonstriktion. Dies führt zur Erhöhung des systemischen Gefäßwiderstands und zur Verbesserung der cerebralen und der koronaren Perfusion. Am schlagenden Herzen führt Adrenalin, vermittelt über β1-Rezeptoren, zu einem Anstieg der Herzfrequenz und der Herzleistung. Das kann möglicherweise auch negative Auswirkungen haben, da dadurch der myokardiale Sauerstoffverbrauch erhöht wird und eine vorliegende Ischämie verstärkt werden kann. Unabhängig vom α–vermittelten Anstieg des Perfusionsdrucks kann der β–adrenerge Effekt den zerebralen Blutfluss verbessern. Adrenalin wirkt durch die gesteigerte Erregbarkeit des Myokards proarrhythmogen, dieser Effekt ist bei ischämischem und/oder hypoxischem Myokard verstärkt. In der Phase nach der Wiederbelebung kann Adrenalin ein Wiederauftreten von Kammerflimmern bewirken. Vasopressin Seit ungefähr 40 Jahren ist Adrenalin das Sympathomimetikum der Wahl zur Behandlung eines Kreislaufstillstands. Die vorwiegende Wirkung entfaltet Adrenalin über seinen α-adrenergen gefäßverengenden Effekt, der die Durchblutung von Herz und Gehirn verbessert. Der β-adrenerge Effekt von Adrenalin (inotrop, chronotrop) kann ebenfalls die Durchblutung von Herz und Gehirn verbessern, führt aber andererseits zu einer Erhöhung des Sauerstoffverbrauchs des Herzens, ektopen ventrikulären Arrhythmien (besonders bei hypoxischem oder azidotischem Herzmuskel) und vorübergehender Hypoxämie durch Verstärkung des arterio-venösen Shunts in der Lunge. führten zu einer verstärkten Suche nach alternativen Vasopressoren. Vasopressin ist ein natürlich vorkommendes anti-diuretisches Hormon. In sehr hoher Dosierung hat es über die Aktivierung von V1-Rezeptoren der glatten Muskulatur eine starke gefäßverengende Wirkung. Die Bedeutung von Vasopressin in der Behandlung des Kreislauf-stillstands wurde erstmals beobachtet bei Überlebenden eines Kreislaufstillstands außerhalb des Krankenhauses, bei denen höhere Vasopressin-Spiegel als bei verstorbenen Patienten gemessen wurden. Sowohl in klinischen als auch in tierexperimentellen Studien konnte eine verbesserte hämodynamische Situation bei Verwendung von Vasopressin anstelle von Adrenalin während der Wiederbelebung nachgewiesen werden. Nicht alle dieser Studien zeigten jedoch eine Verbesserung des Überlebens. In zwei großen, randomisierten Studien wurde die Gabe von Vasopressin mit der Gabe von Adrenalin bei Wiederbelebungen im und außerhalb des Krankenhauses verglichen. In beiden Studien erhielten die Patienten zu Beginn randomisiert Adrenalin oder Vasopressin. Bei Versagen der Initialtherapie wurde in beiden Studiengruppen Adrenalin als weitere Therapie eingesetzt. Keine der beiden Studien konnte eine Verbesserung der Rate von ROSC oder Überleben durch die Gabe von 40 IE Vasopressin (oder einmaliger Wiederholung von Vasopressin in einer Studie) im Vergleich mit 1 mg Adrenalin nachweisen. In der großen Studie, die an Patienten außerhalb des Krankenhauses durchgeführt wurde, ließ eine nachträgliche Subgruppenanalyse (d.h. an einer Patientengruppe die nicht vor Studienbeginn festgelegt wurde) eine erhöhte Entlassungsrate für Patienten mit primärer Asystolie vermuten, die Zahl der Patienten ohne neurologisches Defizit war jedoch nicht unterschiedlich zwischen den Behandlungsgruppen. Eine aktuelle Metaanalyse, die fünf randomisierte Studien umfasst, fand keine signifikanten Unterschiede bei ROSC, 24 Stunden Mortalität und Tod vor KrankenhausEntlassung. Die Subgruppenanlyse, basierend auf dem initialen Rhythmus, zeigte keinen statistisch signifikanten Unterschied der Mortalitätsrate bei Krankenhausentlassung. Aufgrund der fehlenden Evidenz kann derzeit keine Empfehlung für oder gegen den Einsatz von Vasopressin als Alternative oder in Kombination mit Adrenalin gegeben werden. Daher ist, dem derzeitigen Standard folgend, weiterhin Adrenalin als Vasopressor der ersten Wahl bei einem Kreislaufstillstand, unabhängig von dem zugrunde liegenden Rhythmus, anzusehen. Die potentiell negativen beta-Effekte von Adrenalin 100 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Amiodaron Indikationen Dosis Refraktäres Kammerflimmern oder pulslose Kammertachykardie (VF/VT) 300 mg i.v. Anwendung Vor allem in Kombination mit anderen Präparaten, die zu einer Verlängerung der QT-Zeit führen, kann Amiodaron paradoxerweise zu Rhythmusstörungen führen. Es kommt durch Amiodaron jedoch deutlich seltener zu Rhythmusstörungen als durch andere Antiarrhythmika unter ähnlichen Bedingungen. Die wesentlichen schwerwiegenden Nebenwirkungen von Amiodaron sind Hypotonie und Bradykardie, die aber erst nach Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs auftreten. Beides kann durch Reduktion der Infusionsgeschwindigkeit, Therapie mit positiv inotropen Substanzen und Flüssigkeitsgabe in der Regel beherrscht werden. Weitere Nebenwirkungen durch längere orale Einnahme (Photosensitivität, abnormale Schilddrüsenfunktion, korneale Mikroablagerungen, periphere Neuropathie, pulmonale Entzündung/Fibrose und Leberfunktionsstörungen) sind in der Akutsituation unbedeutend. Nach der dritten erfolglosen Defibrillation werden 300 mg Amiodaron verdünnt auf 20 ml mit Glukose 5% oder aus einer Fertigspritze intravasal appliziert. Bei peripherer Gabe kann eine Thrombophlebitis die Folge sein. Daher ist ein zentraler Zugang, sofern bereits vorhanden, vorzuziehen. Falls dieser nicht vorhanden ist, sollten eine große periphere Vene und ein großzügiger Flüssigkeitsbolus verwendet werden. Details zur Anwendung von Amiodaron zur Behandlung anderer Arrhythmien werden in Abschnitt 2 dargestellt. Im Vergleich zu Placebo oder Lidocain verbessert Amiodaron nach drei erfolglosen Defibrillationen das Kurzzeitüberleben bis zur Krankenhausaufnahme. In klinischen Studien und auch im Tierversuch scheint Amiodaron die Defibrillierbarkeit des Myokards bei Kammerflimmern oder hämodynamisch instabilen tachykarden Rhythmusstörungen zu verbessern. Bezüglich des Zeitpunktes der Amiodaron-Gabe bei der neu etablierten „Single-Shock“-Strategie gibt es derzeit keine Evidenz. In allen bisherigen klinischen Studien wurde Amiodaron nach der dritten Defibrillation verabreicht. Das Fehlen alternativer Daten führt zu der Empfehlung Amiodaron nach der dritten erfolglosen Defibrillation einzusetzen. Wirkungen Amiodaron ist ein membranstabilisierendes Antiarrhythmikum, es verlängert die Dauer des Aktionspotentials und der Refraktärzeit in der Muskulatur von Vorhof und Kammer. European Resuscitation Council Die Überleitung im AV-Knoten und auch die Überleitung im Bereich aberrierender Leitungsbahnen wird verzögert. Amiodaron kann durch eine nicht kompetitive α–blockierende Wirkung zu einer geringen Gefäßerweiterung führen und hat auch gering ausgeprägte negativ inotrope Effekte. Der Blutdruckabfall ist am stärksten bei schneller Injektion und wird eher durch eine lösungsmittelbedingte (Polysorbat 80) Histaminfreisetzung bedingt. Es sollte bevorzugt eine wässrige Präparation von Amiodaron verwendet werden, diese ist jedoch noch nicht weit verbreitet. Lidocain Indikationen Dosis Refraktäres Kammerflimmern oder pulslose Kammertachykardie (VF/VT) falls Amiodaron nicht verfügbar ist 100 mg i.v. Anwendung Wenn Amiodaron nicht verfügbar ist, kann bei refraktärem Kammerflimmern und pulsloser ventrikulärer Tachykardie, die nach drei Defibrillationen noch besteht, 100 mg (1-1,5 mg/kg) Lidocain gegeben werden. Ein weiterer Bolus von 50 mg kann bei Bedarf verabreicht werden. Die Gesamtdosis sollte in der ersten Stunde 3 mg/kg nicht übersteigen. Im direkten Vergleich scheint Amiodaron dem Lidocain überlegen zu sein. Da Lidocain in der Leber abgebaut wird, ist seine Halbwertszeit dann verlängert, wenn die Durchblutung der Leber bei vermindertem HZV, Erkrankungen der Leber oder älteren Patienten vermindert ist. Während des Kreislaufstillstands funktionieren die normalen Ausscheidungsmechanismen nicht, dadurch kann durch eine einzelne Gabe eine hohe Plasmakonzentration erreicht werden. Nach 24 Stunden kontinuierlicher Infusion nimmt die Plasmahalbwertszeit signifikant zu. Unter diesen Bedingungen ist eine Reduktion der Dosis notwendig und die Indikation zur kontinuierlichen Therapie sollte regelmäßig überdacht werden. Lidocain ist weniger wirksam bei Hypokaliämie und Hypomagnesiämie, die rasch korrigiert werden sollten. Wirkungen Lidocaine is a membrane stabilising antiarrhythmic drug that acts by increasing the myocyte refractory period. It decreases ventricular automaticity and ectopic activity. Lidocaine suppresses activity of depolarised, arrhythmogenic tissues while interfering minimally with the electrical activity of normal tissues. Therefore, it is effective in suppressing arrhythmias associated with depolarisation (e.g. ischaemia, digitalis toxicity) but is relatively ineffective against arrhythmias occurring in normally polarised cells (e.g. atrial fibrillation/flutter). Lidocaine increases the threshold for VF. An excessive dose of lidocaine (> 3 mg kg-1 over the first hour) can cause paraesthesia, drowsiness, confusion, and Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 101 KAP 10 Kapitel 10 Medikamente muscular twitching progressing to convulsions. If there are signs of toxicity, stop the infusion immediately; treat seizures if they occur. Lidocaine depresses myocardial function, but this is usually transient and can be treated with intravenous fluids or vasopressors. Magnesium Sulphate Indikationen Dosis Kammerflimmern bei Hypomagnesiämie, das auf eine Defibrillation nicht anspricht 2 g Bolus i.v. Ventrikuläre Tachyarrhythmien bei Hypomagnesiämie 2 g über 10 min i.v. weitere Elektrolytstörungen wie Hypokaliämie, Hypophosphatämie, Hyponatriämie und Hypokalzämie vor. Hypomagnesiämie kann zu Arrhythmien bis hin zum Herz-Kreislaufstillstand führen. Sie steigert die myokardiale Digoxinaufnahme und hemmt die zelluläre Na/K-ATPase. Patienten mit einer Hypomagnesiämie und/oder einer Hypokaliämie können schon bei DigoxinPlasmakonzentrationen im therapeutischen Bereich Symptome einer Vergiftung aufweisen. Obwohl die Gabe von Magnesium bei Hypomagnesiämie anerkannt ist, hat die routinemäßige Gabe von Magnesium während des Herz-Kreislauf-Stillstands zu keiner Verbesserung des Überlebens geführt. Sowohl Studien im und außerhalb des Krankenhauses konnten keine Verbesserung der Rate des Wiedererlangens eines spontanen Kreislaufs zeigen. Es gibt jedoch Hinweise, dass Magnesium bei therapierefraktärem Kammerflimmern hilfreich sein könnte. Torsades de pointes Vorhofflimmern Digoxin Intoxikation Anwendung Die intravenöse Anwendung von Magnesium stellt ein sehr sicheres Verfahren dar und kann häufig erfolgreich zur Behandlung von ventrikulären Tachyarrhythmien eingesetzt werden. Magnesium wird über die Nieren ausgeschieden, aber Nebenwirkungen bei Überdosierung sind sogar bei Nierenversagen selten. Magnesium blockiert die glatte Muskulatur und kann dadurch eine Gefäßerweiterung mit konsekutivem Flush (bei ansprechbaren Patienten) und einen dosisabhängigen Blutdruckabfall auslösen. Dies tritt üblicherweise nur vorübergehend auf und kann durch Therapie mit positiv inotropen Substanzen und Flüssigkeitsgabe in der Regel beherrscht werden. Bei Kammerflimmern, das auf eine Defibrillation nicht anspricht, soll 2 g (=4 ml (8 mmol)) Magnesiumsulfat 50% verabreicht werden. Dies kann nach 10-15 Minuten wiederholt werden. Bei den anderen tachykarden Rhythmusstörungen (siehe Tabelle) werden 2 g über 10 min verabreicht. Wirkungen Magnesium ist ein wichtiger Bestandteil vieler Enzymsysteme, vor allem zur ATP-Bildung in der Muskulatur. Es spielt eine wichtige Rolle in neurochemischen Übertragungsprozessen, wobei es die Freisetzung von Acetylcholin hemmen und damit die Empfindlichkeit der motorischen Endplatte senken kann. Magnesium steigert die Kontraktilität des Myokards in der Stunning-Phase und kann mittels derzeit noch unbekannten Mechanismen die Größe eines Infarktareales limitieren. Die normale PlasmaKonzentration beträgt 0,8 – 1,0 mmol/l. Eine Hypomagnesiämie findet sich häufig bei hospitalisierten Patienten und oft liegen 102 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Weitere Medikamente Es gibt wenig Evidenz für den Routineeinsatz weiterer Medikamente wie Atropin, Kalzium und Natriumbikarbonat beim Herz-Kreislaufstillstand. Die folgenden Empfehlungen beruhen somit auf den pathophysiologischen Vorgängen beim HerzKreislaufstillstand und den pharmakodynamischen Eigenschaften der Medikamente. Atropin Indikationen Dosis Asystolie 3 mg i.v. einmalig Pulslose Elektrische Aktivität (PEA) mit einer Herzfrequenz < 60 min-1 Anwendung Der Nutzen von Atropin bei Asystolie im Rahmen eines Herz-Kreislaufstillstands ist nicht belegt. Es gibt vereinzelte Fallberichte, die den Nutzen von Atropin beschreiben, eine Schädigung des Patienten erscheint unwahrscheinlich, so dass bei der weiterhin sehr schlechten Prognose von Patienten mit primärer Asystolie Atropin weiterhin verwendet werden kann. Die empfohlene Dosis für Erwachsene bei Asystolie oder PEA mit einer Frequenz < 60/min beträgt 3 mg intravenös als einmalige Gabe. Die Anwendung in der Behandlung von Bradykardien wird in Abschnitt 2 behandelt. Wirkungen Atropin antagonisiert die Wirkung des parasympathischen Neurotransmitters Acetylcholin an muskarinergen Rezeptoren. Deshalb blockiert es den Effekt des N. vagus am Sinusknoten und AV-Knoten. Die Sinus-Automatizität nimmt zu und die AV-Überleitung European Resuscitation Council wird beschleunigt. Nebenwirkungen von Atropin sind dosisabhängig (Verschwommensehen, trockener Mund und Harnverhalt); sie sind beim Kreislaufstillstand jedoch ohne Relevanz. Akute Verwirrungszustände können nach intravenöser Gabe besonders bei älteren Patienten auftreten. Erweiterte Pupillen können ebenfalls Folge einer Atropingabe sein, sollten aber nach einem Herz-Kreislaufstillstand nicht allein auf diese zurückgeführt werden. In einer Reihe von Studien von Kreislaufstillständen im und außerhalb des Krankenhauses konnte kein Nutzen für die Anwendung von Atropin bewiesen werden. Kalzium Indikationen Dosis Pulslose elektrische Aktivität durch: • Hyperkaliämie • Hypokalzämie • Überdosierung von KalziumKanal-Blockern • Hypermagnesiämie 10 ml 10% Kalziumchlorid i.v Die routinemäßige Gabe von Natriumbikarbonat beim Herz-Kreislaufstillstand (speziell außerhalb des Krankenhauses) oder nach ROSC kann nicht empfohlen werden. Steht der Herz-Kreislaufstillstand im Zusammenhang mit einer Hyperkaliämie oder der Intoxikation mit trizyklischen Antidepressiva, sollten 50 mmol Natriumbikarbonat appliziert werden. Abhängig vom klinischen Zustand des Patienten und den Ergebnissen der Blutgasanalysen kann die Gabe wiederholt werden. Die Gabe von Natriumbikarbonat bei einem pH-Wert von weniger als 7,1 wird kontrovers diskutiert. Im Herz-Kreislaufstillstand gibt die arterielle Blutgasanalyse den Säure Basen Status auf Gewebsebene nur unzureichend wieder. Der Gewebe-pH-Wert ist normalerweise noch niedriger als der Blut-pH-Wert. Gemischtvenöse Blutgaswerte würden eine genauere Abschätzung des Gewebe-pH-Wertes ermöglichen, diese müssten aber über einen pulmonalarteriellen Katheter abgenommen werden und dieser ist bei Patienten mit einem Herz-Kreislaufstillstand selten vorhanden. Ist bei Reanimation ein zentraler Venenkatheter vorhanden, lässt eine zentralvenöse Blutgasanalyse den Säure-BasenStatus des Gewebes besser abschätzen. Wirkungen Anwendung Kalzium kann die Herzfrequenz verlangsamen und Arrhythmien verursachen. Bei einem HerzKreislaufstillstand wird Kalzium als Bolus intravenös gegeben. Hat der Patient einen Spontankreislauf, sollte Kalzium langsam verabreicht werden. Kalzium-Lösungen und Natriumbikarbonat dürfen nicht gleichzeitig über denselben Zugang gegeben werden. Die initiale Dosis beträgt 10 ml 10% Kalziumchlorid (6,8 mmol Ca2+) und kann im Bedarfsfall wiederholt werden. Wirkungen Kalzium spielt bei der Myokardkontraktion eine wesentliche Rolle. Es gibt nur wenige Studien, die einen günstigen Effekt der Kalziumgabe beim Herz-Kreislaufstillstand zeigen. Hohe KalziumPlasmakonzentrationen können weitere Schädigungen am ischämischen Myokard verursachen und die cerebrale Erholung verzögern. Aus diesem Grund sollte Kalzium nur bei eindeutiger Indikation gegeben werden. Natriumbikarbonat Indikationen Anwendung Dosis Lebensbedrohliche Hyperkaliämie 50 ml 8.4% oder Hyperkaliämie bei Herzsodium Kreislaufstillstand bicarbonate IV Intoxikation mit trizyklischen Antidepressiva European Resuscitation Council Die Gabe von Natriumbikarbonat führt zur Bildung von CO2. Dieses diffundiert schnell in die Zellen. Dies verstärkt die intrazelluläre Azidose und hat negativ inotrope Effekte am ischämischen Myokard. Die Gabe von Natriumbikarbonat bewirkt eine hohe, osmotisch wirksame Natriumbelastung des bereits vorgeschädigten Kreislaufs und Gehirns. Zusätzlich kommt es zu einer Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve und damit zu einer weiteren Hemmung der Gewebssauerstoffversorgung. Eine leichte Azidose verursacht eine Vasodilatation und kann zu einem Anstieg des zerebralen Blutflusses führen. Daher kann eine vollständige Korrektur des arteriellen pH-Werts den zerebralen Blutfluss zu einem besonders kritischen Zeitpunkt sogar verringern. Da das Bikarbonat-Ion als CO2 über die Lungen ausgeschieden wird, muss nach Gabe die Beatmung intensiviert werden. Aus allen diesen Gründen muss eine schwerwiegende metabolische Azidose vorliegen, um eine Natriumbikarbonat-Gabe zu rechtfertigen. Flüssigkeitsgabe Die Hypovolämie gehört zu den potentiell reversiblen Ursachen eines Herz-Kreislaufstillstandes – bei vermuteter Hypovolämie soll Flüssigkeit zugeführt werden. In der Frühphase einer Reanimation sollten Vollelektrolytlösungen eingesetzt werden. Vorteile einer frühen Gabe kolloidaler Substanzen konnten bisher nicht gezeigt werden. Glucosehaltige Lösungen sollten vermieden werden, da Glucose schnell aus dem Intravasalraum umverteilt wird und die daraus resultierende Hyperglykämie das neurologische Outcome Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 103 KAP 10 Kapitel 10 Medikamente verschlechtern kann. Bei Vorliegen einer Ursache, die chirurgisch behandelt werden kann (postoperative Nachblutung, rupturiertes Aortenaneurysma, Trauma), sollte die Flüssigkeitszufuhr reduziert werden sobald ein peripherer Puls tastbar ist. Die chirurgische Behandlung ist so schnell wie möglich einzuleiten. Eine weitere exzessive Flüssigkeitstherapie kann die Blutung verstärken und zu einer bedrohlichen Verdünnung der Gerinnungsfaktoren führen. allem bei Pulmonalembolie als Ursache, beschreiben. Der Einsatz thrombolytisch wirksamer Präparate zur Wiedereröffnung thrombotisch verschlossener Koronarund Pulmonalarterien wurde in mehreren Studien untersucht. In Tierversuchen zeigten die Thrombolytika günstige Effekte auf die zerebrale Perfusion während der Reanimation und eine klinische Studie konnte eine Reduktion der hypoxischen Enzephalopathie nach Reanimation zeigen. Es ist unklar, ob generell Flüssigkeit während des HerzKreislaufstillstands gegeben werden soll. Es liegen keine klinischen Studien zur Flüssigkeitsgabe beim normovolämischen Herz-Kreislaufstillstand vor. Die exzessive Flüssigkeitsgabe ohne Anhalt für Vorliegen einer Hypovolämie kann für den Patienten schädlich sein. Ein Flüssigkeitsbolus ist jedoch erforderlich, um peripher applizierte Medikamente in den zentralen Kreislauf einzuschwemmen. Nach ROSC kann die Flüssigkeitsgabe jedoch abhängig von der klinischen und hämodynamischen Situation erforderlich sein. Mehrere Studien haben die Wirkung der thrombolytischen Therapie beim nicht traumatisch verursachten Herz-Kreislaufstillstand, der nicht auf die Standardtherapie angesprochen hatte, untersucht. Zwei dieser Studien konnten eine ROSC-Zunahme ohne Steigerung der Zahl der Krankenhausentlassungen zeigen, eine weitere Studie zeigte eine höhere Intensivstations-Überlebensrate. Thrombolyse während der Reanimation Indikationen Dosis Herz-Kreislaufstillstand bei vermuteter Lungenembolie • Alteplase (r-tPA) 10 mg i.v. über 1-2 min im Anschluss 90 mg über 2h Anwendung Ein Überleben mit gutem neurologischen Outcome, selbst nach Reanimationsintervallen von mehr als 60 Minuten, ist nach thrombolytischer Therapie unter CPR bei vermuteter Lungenembolie beschrieben. Nach Applikation eines Thrombolytikums sollte in Betracht gezogen werden, die Reanimation für mindestens 60 – 90 Minuten fortzuführen. Indikationen Eine thrombolytische Therapie sollte in Betracht gezogen werden, wenn als Ursache für den Herz-Kreislaufstillstand eine Lungenembolie nachgewiesen ist oder vermutet wird. Derzeit liegen keine ausreichenden klinischen Daten vor, um die Thrombolyse generell beim HerzKreislaufstillstand nicht traumatischer Genese zu empfehlen. Die Thrombolyse kann im Einzelfall bei therapierefraktärer Reanimation erwachsener Patienten mit vermutetem thrombotischen Ereignis erwogen werden. Die fortgeführte Herzdruckmassage ist nicht als Kontraindikation für eine thrombolytische Therapie zu sehen. Wirkung Die Hauptursache für den Herz-Kreislaufstillstand bei erwachsenen Patienten ist die akute Myokardischämie nach thrombotischem Verschluss der Koronararterien. Es gibt einige Fallberichte, die den erfolgreichen Einsatz eines Thrombolytikums bei Herz-Kreislaufstillstand, vor 104 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Bei Kreislaufstillstand aufgrund vermuteter oder nachgewiesener Lungenembolie konnten zwei Studien einen möglichen Nutzen für die Patienten zeigen. Eine weitere zeigte eine verbesserte Überlebensrate nach 24 Stunden. In mehreren klinischen Studien und Fallberichten konnte kein erhöhtes Blutungsrisiko nach dem Einsatz von Thrombolytika unter der Reanimation beobachtet werden. Abschnitt 2. Medikamente zum Einsatz in der PeriarrestPhase Dieser Abschnitt liefert detaillierte Informationen zu den Medikamenten, die in der Periarrest-Phase verwendet werden. Die Rolle von Atropin, Amiodaron und Lidocain zur Behandlung eines Herz-Kreislauf-Stillstands wurde in Abschnitt 1 behandelt. Die Medikamente sind in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Merke: Alle Medikamente, die zur Behandlung von Arrhythmien eingesetzt werden, können ihrerseits Arrhythmien verursachen. Adenosin Indikationen Dosis Stabile und regelmäßige Schmalkomplex-tachykardie (oder Breitkomplextachykardie mit bekanntem supraventrikulären Ursprung und Schenkelblock), die nicht durch vagale Manöver beendet werden kann 6 mg, 12 mg, 12 mg i.v. Anwendung Gabe nur bei sichergestellter Monitorüberwachung (Überwachungseinheit, Intensivstation). Die Gabe kann European Resuscitation Council einen vorübergehenden ventrikulären Herzstillstand verursachen. Der wesentliche Vorteil der Gabe von Adenosin ist, dass verglichen mit Verapamil, dies auch bei Breitkomplextachykardien unbekannten Ursprungs durchgeführt werden kann. Die Kammerfrequenz wird bei supraventrikulären Tachykardien (SVT) vorübergehend verlangsamt, bei ventrikulären Tachykardien (VT) kommt es zu keiner Veränderung. Adenosin beendet zuverlässig die Mehrzahl von Tachykardien, die durch einen Reentry-Mechanismus im Bereich der AV Überleitung bedingt sind. Ein weiterer Vorteil sind die fehlenden negativ inotropen Effekte der Substanz, so dass es bei Gabe nicht zur Verminderung des Herzindex oder zum Blutdruckabfall kommt. Adenosin kann problemlos bei Patienten unter Beta-Blocker-Therapie eingesetzt werden. Der Patient muss über vorübergehende Nebenwirkungen wie Flush, Übelkeit und Brustschmerzen vor der Gabe aufgeklärt werden. Adenosin ist nicht in allen europäischen Ländern verfügbar, Adenosintriphosphat (ATP) ist hier eine mögliche Alternative. Ist keine der Substanzen verfügbar, so ist Verapamil das Mittel der Wahl. Die Effekte von Adenosin werden durch Theophyllin und verwandte Substanzen blockiert. Unter Dipyridamol- oder Carbamazepintherapie sowie am denervierten Herzen kann es zu einer gefährlichen Wirkungsverstärkung kommen. Beim Wolff-Parkinson-White-Syndrom kann die Blockade der AV-Überleitung durch Adenosin zu einer verstärkten aberranten Überleitung führen. Bei Vorliegen von Vorhofflimmern oder flattern mit einer zusätzlichen Überleitung kann Adenosin paradoxerweise die Überleitung über den anormalen Weg vermehren und zu gefährlich hohen Kammerfrequenzen führen. Die minimale Wirkdosis beträgt 6 mg (entspricht nicht überall den Dosierungsrichtlinien), bei fehlendem Erfolg sollte die Gabe mit zweimal je 12 mg im Abstand von 1-2 Minuten wiederholt werden. Wirkungen Adenosin ist ein natürlich vorkommendes PurinNukleotid. Es verlangsamt die Überleitung am AVKnoten und hat nur geringen Einfluss auf andere Herzmuskelzellen und die übrige Reizleitung. Es ist sehr effektiv zur Terminierung von paroxysmalen SVT mit re-entry-Kreislauf, die den AV-Knoten mit einschließt (AVNRT, AVRT). Bei anderen Schmalkomplextachykardien (Vorhofflimmern) kann Adenosin durch Verlangsamung der Ventrikelfrequenz die zugrunde liegende Rhythmusproblematik demaskieren. Die Substanz hat mit 10-15 Sekunden eine extrem kurze Halbwertszeit und sollte zügig als Bolus in eine schnell laufende Infusion oder von einem Flüssigkeitsbolus gefolgt verabreicht werden. European Resuscitation Council Amiodaron Indikationen Dosis • Stabile VT, Polymorphe VT, Breitkomplex-tachykardie unbekannten Ursprungs • Therapierefraktäre PSVT (Adenosin, Vagale Manöver, AV-Blockade) • Schnelle Ventrikelfrequenz bei akzessorischer Überleitung und Präexzitationsarrhythmien auf Vorhofebene 300 mg i.v. über 2060 min danach 900 mg über 24 h • Auf Kardioversion therapierefraktäre hämodynamisch instabile Tachykardie 300 mg i.v. über 1020 min danach 900 mg über 24 h Anwendung Abhängig von den klinischen Bedingungen und dem hämodynamischen Zustand des Patienten werden 300 mg Amiodaron in 10 – 60 Minuten intravenös appliziert. Nach dieser Aufsättigungsdosis werden weitere 900 mg über 24 Stunden als Dauerinfusion gegeben. Falls erforderlich, können bei therapierefraktären oder erneut auftretenden Tachyarrhythmien weitere Bolusgaben von 150 mg bis zu einer Tageshöchstdosis von 2g verabreicht werden (die Tageshöchstdosis ist in einzelnen Ländern unterschiedlich). Bei Patienten mit höhergradiger Einschränkung der Herzleistung ist Amiodaron sowohl bei Arrhythmien aus dem Vorhof als auch bei ventrikulären Arrhythmien anderen Antiarrhythmika vorzuziehen. Die schwerwiegendsten Nebenwirkungen sind Hypotension und Bradykardie, in der Regel können diese durch Verlangsamung der Infusionsrate beherrscht werden. Amiodaron sollte bevorzugt über einen zentralvenösen Katheter appliziert werden, bei periphervenöser Gabe kann es zu Thrombophlebitiden kommen. In der Notfallsituation kann Amiodaron natürlich auch in eine großlumige periphere Vene appliziert werden. Die Plasmaspiegel von oralen Antikoagulantien (Cumarin, Warfarin) und Digoxin werden durch Amiodaron erhöht, daher sollten deren Dosierungen reduziert werden. Die Cumarindosis muss üblicherweise um 1/3 reduziert werden, die Digoxindosis muss halbiert werden. INR und Digoxinspiegel müssen im Bedarfsfall engmaschig kontrolliert werden. Amiodaron zeigt einen additiven Effekt mit Betablockern und Kalziumkanal-Blockern, der zu einer Zunahme des Grades von AV-KnotenBlockierungen führen kann. Acetylsalicylsäure Indikationen Dosis • Akute Coronarsyndrome (Kapitel 3) 300-325 mg oral zur Aufsättigung danach 75 mg täglich Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 105 KAP 10 Kapitel 10 Medikamente Beta-Blocker Anwendung Initial werden 300 – 325 mg als orale Einzeldosis verabreicht. Die Wirksamkeit scheint unabhängig vom Zeitpunkt der Gabe zu sein. Beim akuten Koronarsyndrom (s. Kapitel 3) sollte es unabhängig von der Verzögerung seit Symptombeginn gegeben werden. Die regelmäßige Acetylsalicylsäure-Einnahme kann zu akuten oder chronischen oberen gastrointestinalen Blutungen führen. Das Risiko ist dosisabhängig. Die Hemmung der Thrombozytenaggregation beginnt nach etwa 30 Minuten, die Verabreichung ist einfach und die Substanz wird in der Regel gut vertragen, so dass bei Fehlen von Kontraindikationen, das Präparat zum frühestmöglichen Zeitpunkt eingesetzt werden sollte. Wird eine Thrombolysetherapie in der Frühphase durchgeführt sollte Aspirin begleitend eingesetzt werden um das Risiko einer frühen Reokklusion der Koronararterien zu verringern. Wirkungen Acetylsalicylsäure verbessert die Prognose von Patienten mit akutem Koronarsyndrom und senkt die Mortalität signifikant. Die Hemmung der Thrombozytenaggregation ist der wesentliche Wirkmechanismus. Atropin Indikationen Dosis Sinus-, Vorhof-, oder AVKnoten-Bradykardie bei instabilen Patienten 0,5 mg i.v. wiederholt bis zu maximal 3 mg Anwendung Anfänglich werden 0,5-1 mg intravenös verabreicht. Gegebenenfalls sind wiederholte Gaben erforderlich. Wenn dies wirkungslos ist, sollte eine Schrittmachertherapie erwogen werden (s. Kapitel 11). Überleitungsstörungen oder Bradykardien aufgrund einer erhöhten Vagusaktivität können mit Atropin erfolgreich behandelt werden. Indikationen Dosis • Regelmäßige Schmalkomplextachykardien, die auf vagale Manöver und Adenosin bei Patienten mit adäquater ventrikulärer Funktion nicht ansprechen • Zur Frequenzkontrolle bei Vorhofflimmern und –flattern mit einer Dauer von weniger als 48 Stunden und adäquater ventrikulärer Funktion • Atenolol (β1) 5 mg i.v. über 5 min • Metoprolol (β1) 2-5 mg i.v. alle 5 min, maximal 15 mg • Propanolol (β1 and β2) 100 µg/kg auf 3 Dosen aufgeteilt in 2 min Abständen • Esmolol (β1) 500 µg/kg über 1 min, danach 50-200 µg/ kg/min Anwendung Beta-Blocker sind Mittel der zweiten Wahl nach Adenosin zur Behandlung von Schmalkomplextachykardien (oder Breitkomplextachykardien die durch eine SVT mit aberranter Leitung verursacht werden) (s. Kapitel 12). Die Anwendung eines β-Blockers kann linksventrikuläre Funktionsstörungen bei Patienten mit Kammerfunktionsstörung, Hypotension, oder Erregungsleitungsblocks hervorrufen. Eine schwer zu behandelnde, ausgeprägte Bradykardie kann dadurch verursacht werden. Das Risiko eines Erregungsleitungsblocks oder einer Asystolie ist erhöht, wenn Verapamil bei einem Patienten unter β-Blocker-Therapie intravenös verabreicht wird. Dies tritt besonders dann auf, wenn der β-Blocker ebenfalls intravenös gegeben wurde. Aus den gleichen Gründen sollte die Kombination eines β-Blockers mit anderen antiarrhythmischen Medikamenten wie z.B. Lidocain vermieden werden. Bei der Behandlung einer SVT ist Vorsicht geboten, um nicht eine nicht-lebensbedrohliche Situation durch unüberlegte Gabe von vielen verschieden Medikamenten in eine lebensbedrohliche zu verwandeln. Mit Esmolol steht eine kurzwirksame (HWZ 2-9 min) β1selektive Substanz zur i.v. Gabe zur Verfügung. Wirkungen Beta-Blocker (Atenolol, Metoprolol, Labetalol (alpha- und beta-blockierende Wirkung), Propanolol, Esmolol) verringern die Herzfrequenz und den Blutdruck durch Verminderung der Wirkung der zirkulierenden Katecholamine. Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom haben sie schützende Effekte auf das Myokard. Nebenwirkungen sind Bradykardie, AVÜberleitungsstörungen, Hypotension und Bronchospasmus. Als Kontraindikationen gelten AV Block II und III, Hypotension, schwere Herzinsuffizienz und Lungenerkrankungen mit Bronchospasmus. 106 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Kalzium-Kanal-Blocker: Verapamil und Diltiazem Indikationen Dosis Stabile, regelmäßige Schmalkomplextachykardie, die auf eine Behandlung mit vagalen Manövern und Adenosin nicht anspricht Verapamil 2,5 – 5mg i.v. über 2 min oder Diltiazem 15-20 mg i.v. über 2 min Ventrikel-Frequenzkontrolle Diltiazem 15-20 mg i.v. bei Vorhofflimmern oder über 2 min –flattern mit einer Dauer von weniger als 48 Stunden Anwendung Verapamil wird intravenös zur Behandlung von SVT nur dann verwendet, wenn die Diagnose gesichert ist. Es hat einen signifikanten negativ-inotropen Effekt und darf Patienten mit einer Breitkomplextachykardie ventrikulären oder unklaren Ursprungs nicht gegeben werden. Nebenwirkungen sind, wie bei anderen Vasodilatatoren, Flush, Kopfschmerzen und Hypotension. Der blutdrucksenkende Effekt kann schwerwiegend sein. Die antiarrhythmische Wirkung hält nach intravenöser Gabe für etwa 6 Stunden an. Die intravenöse Verapamildosis beträgt 2,5-5 mg über 2 Minuten. Bei fehlendem therapeutischen Effekt und Ausbleiben von Nebenwirkungen können weitere 5-10 mg in Abständen von 15-30 Minuten bis zu einer Maximaldosis von 20 mg gegeben werden. Nach jeder Gabe müssen die Patienten sorgfältig überwacht werden. Verapamil darf nur bei einer gesicherten SVT appliziert werden. Die erste Gabe von Diltiazem beträgt 0,25 mg/kg, die Wiederholungsdosis beträgt 0,35 mg/kg. Die Wirksamkeit ist der von Verapamil vergleichbar. Die i.v. Präparation ist nicht in allen europäischen Staaten verfügbar (z.B. UK). Sowohl Verapamil, als auch, allerdings in geringerer Ausprägung, Dilitazem verringern die Kontraktilität des Myokards und können zu einer kritischen Verminderung der Herzleistung mit konsekutivem Linksherzversagen führen. Wie bereits für Adenosin beschrieben (siehe oben), können Kalziumkanalblocker ungünstige Wirkungen Beide Substanzen verlangsamen durch Blockade der Kalzium-Kanäle die Reizleitung und erhöhen die Refraktärzeit im AV Knoten. Dadurch können Reentry Arrhythmien, die den AV-Knoten mit einbeziehen, beendet und die Ventrikelfrequenz bei anderen Vorhofarrhythmien kontrolliert werden. European Resuscitation Council Digoxin Indikationen Dosis Vorhofflimmern mit schneller 500 µg i.v. über 30 min Überleitung Anwendung Digoxin hat als antiarrhythmisches Medikament nur begrenzten Nutzen. Bei Vorhofflimmern mit schneller Überleitung kann es die Kammerfrequenz verringern. Bei akut aufgetretenem Vorhofflimmern ist der Wirkungseintritt jedoch langsam und es ist weniger effektiv als alternative Substanzen wie Amiodaron oder Beta-Blocker. Die wesentlichen Nebenwirkungen sind Übelkeit, Diarrhö, Anorexie, Verwirrtheitszustände und Schwindel. Diese nehmen in ihrer Intensität bei steigender DigoxinKonzentration im Serum zu. Bei Digoxin-Überdosierung können auch Arrhythmien auftreten. Die toxischen Wirkungen von Digoxin nehmen bei Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Hypoxie, Hyperkalziämie, Nierenfunktionsstörungen und Hypothyreose zu. Die Substanz kann durch direkte Messung der PlasmaKonzentration nachgewiesen werden. Eine rasche Digitalisierung wird entweder durch intravenöse Gabe oder durch Kombination von intravenösen und oralen Initialdosen erreicht. Maximal werden 500 µg Digoxin in 50 ml Glukose 5% intravenös über 30 Minuten gegeben, eine einmalige Wiederholung ist möglich. Bei älteren und kleinen Patienten, sowie bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand muss die Anfangsdosis reduziert werden. Die orale Erhaltungsdosis liegt zwischen 62,5 µg und 500 µg am Tag, oberhalb einer Tagesdosis von 250 µg ist das Vergiftungsrisiko deutlich erhöht. Die Halbwertszeit von Digoxin beträgt bei Patienten mit normaler Nierenfunktion etwa 36 Stunden, ist aber bei beeinträchtigter Nierenfunktion erheblich verlängert. Wirkungen Digoxin ist ein Herzglykosid, das die Kammerfrequenz verlangsamt durch: • Erhöhung des Vagotonus; • Verminderung der Sympathikusaktivität durch Hemmung der Barorezeptoren; • Verlängerung der Refraktärzeit des AV-Knotens. Die Kontraktilität des Myokards wird verbessert, es erhöht die Automatizität und verringert die Überleitungsgeschwindigkeit in den Purkinje-Fasern. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 107 KAP 10 Kapitel 10 Medikamente Inotropika und Vasopressoren: Dobutamin, Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin Dobutamin Indikationen • Hypotension, die nicht durch Hypovolämie verursacht ist Dosis 5-20 µg/kg/min • Kardiogener Schock Anwendung Dobutamin ist in der Post-Reanimationsphase häufig die inotrope Substanz der Wahl. Es ist indiziert, wenn niedriges Herzminutenvolumen und Hypotension zu merklich verminderter Gewebeperfusion führen. Die Substanz wird vor allem bei einem Lungenödem oder wenn die Hypotension den Einsatz von Vasodilatatoren verhindert, eingesetzt. Die hämodynamische Überwachung des Patienten ist zwingend erforderlich und sollte im Überwachungs- oder Intensivbereich durchgeführt werden. Nach Möglichkeit sollte die Entwicklung von Tachykardien vermieden werden, um einer weiteren myokardialen Ischämie vorzubeugen. Arrhythmien können besonders bei höherer Dosierung auftreten. Die Substanz muss bei Beendigung der Therapie ausgeschlichen werden um einen Blutdruckabfall zu vermeiden. Das Medikament hat eine kurze Halbwertszeit und ist als intravenöse Infusion, bevorzugt über eine Spritzenpumpe, zu verabreichen. Die übliche Dosis liegt zwischen 5-20 µg/kg/min und wird dem Blutdruck und/ oder dem Herzminutenvolumen angepasst. Wirkungen Dobutamin ist ein synthetisches Katecholamin mit Wirkungen, die über β1-, β2- und α1-Rezeptoren vermittelt werden. Es übt auf den Herzmuskel eine positiv inotrope Wirkung über die Stimulation von β1-Rezeptoren aus. In den peripheren Blutgefäßen führt die β2-Stimulation zu Vasodilatation und Absinken des peripheren Widerstands. Dies kann zu einem Absinken des Blutdrucks führen. In der Summe der Effekte resultiert ein erhöhtes Herzminutenvolumen. Der renale Blutfluss wird ebenfalls normalerweise gesteigert. Dobutamin führt zu einem geringeren Anstieg des Sauerstoffbedarfs des Herzmuskels und bedingt seltener Arrhythmien als die übrigen Inotropika. Adrenalin Indikationen Dosis Mittel zweiter Wahl zur Behandlung des kardiogenen Schocks 0,05 – 1 µg/kg/min Alternative zur externen Schrittmachertherapie bei Bradykardien 2–10 µg/min Anaphylaxie Siehe Kapitel 13 Anwendung Eine Adrenalininfusion ist in der Post-Reanimationsphase angezeigt, wenn durch weniger potente inotrope Substanzen (wie Dobutamin) das Herzminutenvolumen (HZV) nicht adäquat gesteigert werden konnte. Es ist ebenfalls indiziert zur Therapie von Bradykardien mit Instabilitätszeichen und/oder dem Risiko einer Asystolie, wenn diese nicht auf Atropin ansprechen und ein Schrittmacher nicht verfügbar ist oder dessen Einsatz keinen Erfolg zeigte. Die übliche Anfangsdosis in der Post-Reanimationsphase beträgt 0,05 -1 µg/kg/min. Die Infusion sollte mit niedriger Geschwindigkeit begonnen und je nach arteriellem Blutruck und/oder HZV gesteigert werden. Bei Bradykardien, die nicht auf Atropin ansprechen, beträgt die Anfangsdosis 2-10 µg/min. Wirkungen Die α- und β-agonistischen Eigenschaften von Adrenalin führen zu einer deutlichen Steigerung der Kontraktilität und zur Vasokonstriktion. Dadurch werden Blutdruck und HZV gesteigert, aber die begleitende Tachykardie und der Anstieg der Nachlast können eine erhebliche myokardiale Ischämie verursachen. Adrenalin kann auch eine Darmischämie auslösen. Noradrenalin Indikationen Dosis • Schwerwiegende Hypotension bei geringem peripheren Widerstand (z.B. septischer Schock) und Ausschluss einer Hypovolämie • Als Alternative zu Adrenalin bei der Behandlung des kardiogenen Schocks 0,05-1 µg/kg/min Anwendung Noradrenalin ist in der Post-Reanimationsphase indiziert, wenn Hypotension und vermindertes HZV zu signifikant verminderter Gewebsperfusion führen. Eine Hypovolämie muss zuvor korrigiert werden. Die Substanz ist besonders wirkungsvoll, wenn der Kreislaufstillstand bei ausgeprägter Vasodilatation (z.B. Sepsis oder 108 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council andere Ursachen, die ein „systemic inflammatory response syndrome“ (SIRS) verursachen) aufgetreten ist. Noradrenalin kann mit Dobutamin kombiniert werden. Die hämodynamische Überwachung des Patienten auf einer Intensivstation ist erforderlich. Noradrenalin sollte unbedingt über einen zentralvenösen Katheter verabreicht werden, da es bei subkutaner Extravasation zu schweren Gewebsnekrosen kommt. α- und β-Rezeptor-vermittelte Effekte. Mittlere Infusionsraten (2-10 µg/kg/min) steigern das HZV und den systolischen Blutdruck (β1). Hohe Infusionsraten (über 10 µg/kg/min) verursachen über α1- und α2-Rezeptoren eine ausgedehnte Vasokonstriktion. Dopamin kann Arrhythmien verursachen, den Sauerstoffbedarf des Herzmuskels erhöhen und eine Ischämie verstärken. Die Substanz hat eine kurze Halbwertszeit und sollte als Infusionen über eine Spritzenpumpe verabreicht werden. Es sollte die niedrigste effektive Dosis verabreicht werden. Die Startdosis beträgt 0,05 µg/kg/min und wird entsprechend dem arteriellen Blutdruck angepasst. Lidocain Wirkungen Noradrenalin ist ein Katecholamin mit hochpotenter α-agonistischer Wirkung. Die Substanz hat auch eine gering ausgeprägte ß-agonistische Wirkung. Die Gabe führt zu einer ausgeprägten Vasokonstriktion und einer geringen positiv-inotropen Wirkung. Die Wirkung auf das HZV wird durch mehrere Faktoren (Blutvolumen, Gefäßwiderstand,…) beeinflusst, üblicherweise wird das HZV gesteigert. Noradrenalin kann den myokardialen Sauerstoffbedarf erhöhen, dieser Effekt kann aber durch die verbesserte Koronarperfusion und die bessere Sauerstoffversorgung des Myokards ausgeglichen werden. Dopamin Indikationen Dosis Hypotension, die nicht durch Hypovolämie entstanden ist 1- 10 µg/kg/min Anwendung Dopamin hat eine erhebliche individuelle Wirkungsbreite, Dosisbereiche zur Stimulation spezifischer Rezeptoren können nicht angegeben werden. Die Urinausscheidung ist unter Dopamin häufig verbessert, die Substanz hat aber keinen positiven Effekt auf die Nierenfunktion. Dopamin sollte mittels Spritzenpumpe über eine zentrale Vene verabreicht werden. Die Anwendung von Dopamin erfordert eine invasive Überwachung in einer Intensivstation oder Überwachungseinheit. Die Startdosis beträgt 1-2 µg/kg/min. Zur Steigerung von HZV und Blutdruck werden üblicherweise 5-10 µg/kg/min benötigt. Wirkungen Dopamin ist die Vorstufe der natürlich vorhandenen Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin. Die Substanz hat einen dosisabhängigen positiv-inotropen Effekt, vermittelt über Dopamin (D1 und D2), α1- und β1-Rezeptoren. Theoretisch verursachen niedrige Infusionsraten (1-2 µg/kg/min) eine Vasodilatation der Nierenarterien (über D1-Rezeptoren) und steigern die glomeruläre Filtrationsrate und die Natriumausscheidung. Klinisch verursacht niedrig dosiertes Dopamin auch European Resuscitation Council Indikationen Dosis Hämodynamisch stabile ventrikuläre Tachykardie (als Alternative zu Amiodaron) 50 mg i.v. Anwendung Lidocain ist eine Alternative zu Amiodaron zur initialen Behandlung einer ventrikulären Tachykardie ohne Instabilitätszeichen. Initial werden 50 mg i.v. appliziert. Nach rascher Umverteilung beträgt die Wirkdauer etwa 10 min. Falls erforderlich kann diese Dosis alle 5 Minuten bis zu einer Maximaldosis von 200 mg wiederholt werden. Naloxon Indikationen Dosis Opioid-Überdosierung (s. Kapitel 13) 400 – 800 µg i.v. KAP Anwendung Naloxon hebt alle Effekte exogener Opioide auf, insbesondere die zerebrale Dämpfung und die Atemdepression. Die Wirkdauer ist sehr kurz, so dass wiederholte Injektionen erforderlich sein können. Das Aufheben der Opioid-Wirkung kann zum Schmerzdurchbruch führen und Unruhezustände bei abhängigen Patienten verursachen. Die Initialdosis bei Erwachsenen beträgt 0,4-0,8 mg i.v. Diese kann alle 2-3 Minuten bis zu einem Maximum von 10 mg wiederholt werden. Alternativ wird eine NaloxonInfusion wirkungsabhängig angepasst. Wirkungen Naloxon ist ein spezifischer, kompetitiver Antagonist an µ-, δ- und κ-Opioidrezeptoren. Nitrate Indikationen Dosis Prophylaxe und Unterbrechung einer Angina pectoris Nitroglyzerin: 300-600 µg sublingual Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 109 10 Kapitel 10 Medikamente Instabile Angina pectoris Sublingual 400 µg, buccal 1-5 mg Myokardinfarkt Buccal 5 mg, transdermal 5-15 mg Akutes und chronisches Linksherzversagen 10-200 µg/min i.v. Isosorbit Mono- or Dinitrat: 10-60 mg oral Anwendung Die Dauer der Wirkung hängt vom verwendeten Nitrat und der Art der Gabe ab. Buccal und subligual verabreichte Nitrate wirken innerhalb von 1-2 Minuten. Wenn Nebenwirkungen auftreten, kann die Tablette rasch entfernt werden. Die sichere Anwendung intravenöser Nitrate erfordert eine hämodynamische Überwachung, da es zu erheblichen Blutdruckabfällen kommen kann. Nitrate dürfen hypotonen Patienten nicht gegeben werden. Weitere Nebenwirkungen sind Flush und Kopfschmerzen. Glyceroltrinitrat (GTN) kann als sublinguale Kapsel (300600 µg), als Spray (400 µg), über buccale Absorption (1-5 mg) oder transdermal (5-15mg) sowie intravenös (10-200 µg/min) verabreicht und bei Bedarf wiederholt werden. Isosorbidmononitrat oder -dinitrat wird oral (30-120 mg täglich) gegeben. Eine Erwachsenendosis von 0,05-0,1 mg Fentanyl und 510 mg Morphin sind gleich wirksam. Wirkungen Morphin und Fentanyl sind Opioid-Analgetika. Sie vermindern durch Erhöhung der Venenkapazität und geringe arterielle Vasodilatation die ventrikuläre Vorund Nachlast und verringern dadurch den myokardialen Sauerstoffbedarf. Thrombolytische Therapie bei akutem Myokardinfarkt Indikationen Brustschmerzen, die auf einen akuten Myokardinfarkt hinweisen und innerhalb der letzten 12 Stunden aufgetreten sind und: • ST Strecken Hebung > 0,2 mV in 2 benachbarten Brustwandableitungen, oder > 0·1 mV in mindestens zwei „benachbarten“ Extremitätenableitungen; oder • Dominante R Zacken und ST Strecken Senkung in V1V3 (posteriorer Infarkt); oder • Neu aufgetretener Linksschenkelblock. Dosis Präparate und Dosierung werden in Kapitel 3 besprochen. Anwendung und Wirkung Wirkungen Nach Umwandlung zu Stickoxyd bewirken Nitrate eine Entspannung der glatten Muskulatur. Die daraus resultierende Vasodilatation ist im venösen Schenkel stärker ausgeprägt als im arteriellen. Dadurch wird die myokardiale Vorlast mehr gesenkt als die Nachlast. Dies verbessert die Perfusion der subendokardialen Myokardanteile durch die Senkung des enddiastolischen linksventrikulären Druckes. Zusätzlich erweitern Nitrate die Koronararterien und reduzieren Spasmen der glatten Muskulatur der Koronargefäße. Opioide Indikationen Dosis •Schmerzbekämpfung •Akutes Linksherzversagen • Morphin 5 - 20 mg i.v. Die thrombolytische Therapie kann eine verschlossene Koronararterie wiedereröffnen und damit die linksventrikuläre Schädigung und das Remodelling minimieren. Der klinische Nutzen ist von der Zeitspanne bis zur Wiedereröffnung und deren Ausmaß abhängig. Daher ist die Einleitung einer thrombolytischen Therapie zeitlich beinahe genau so kritisch wie der Beginn einer Reanimation. Bei Patienten mit ST-HebungsMyokardinfarkt (STEMI) muss jede Zeitverzögerung bis zum Therapiebeginn vermieden werden. In vielen Systemen wird die thrombolytische Therapie erst in der Klinik durchgeführt. Hier sollte der präklinische Therapiebeginn erwogen werden, dies vor allem bei langen Transportwegen oder erwarteten Verzögerungen. Die Wahl des Thrombolytikums hängt von den regionalen Gegebenheiten ab. Die thrombolytische Therapie beim akuten Koronarsyndrom wird ausführlich in Kapitel 3 besprochen. Anwendung Opioide sollten langsam intravenös gegeben und dem Bedarf des Patienten angepasst werden. Dies verhindert das plötzliche Auftreten von Atemdepression, Hypotension oder Bradykardie. Die gewählte Dosis hängt auch vom Alter und dem Körpergewicht ab. Atemdepression und Hypotension können durch Naloxon aufgehoben werden. Antiemetika können begleitend appliziert werden, um opioid-induzierte Übelkeit und Erbrechen zu unterdrücken. 110 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Zusammenfassung •Die Gabe von Medikamenten ist beim Herz-Kreislaufstillstand nur zweitrangig. Viel wichtiger sind die unverzügliche Defibrillation, die Durchführung effektiver Herzdruckmassagen und Beatmungen (mit hoher Sauerstoffkonzentration). •Es gibt keine Daten, die den Nutzen von Medikamenten in der Reanimation bezogen auf das Langzeit-Ergebnis belegen. •Die Peri-Arrest Algorithmen (s. Kapitel 12) geben eine Hilfestellung zur Auswahl von Antiarrhythmika. Weiterführende Literatur International Liaison Committee on Resuscitation. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Part 4. Advanced life support. Resuscitation 2005;67:213-47. Nolan JP, Deakin CD, Soar J, Bottiger BW, Smith G. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 4: Adult advanced life support. Resuscitation 2005; 67: S39-86. International Liaison Committee on Resuscitation. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Part 5. Acute coronary syndromes. Resuscitation 2005;67:249-69. Arntz H-R, Bossaert L, Filippatos GS. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 5: Initial management of acute coronary syndromes. Resuscitation 2005; S87-96. . European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 111 Kapitel 10 Medikamente 112 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council 11 Schrittmacherstimulation des Herzens coronary arteries and relieve spasm in coronary smooth muscle. KAPITEL Lernziele ■ Indikationen für eine notfallmäßige Schrittmacherstimulation es zum junktionalem Ersatzrhythmus kommt, sowie bei komplettem AV-Block (AVB III, kompletter Herzblock), wenn der Ersatzrhythmus vom Ventrikelmyokard oder vom EBLS distal des AV-Knotens stammt. ■ Durchführung einer präkordialen Faustschlagstimulation ■ Sichere Anwendung eines nicht invasiven, transkutanen elektrischen Schrittmachers ■ Probleme bei temporärer transvenöser Schrittmacherstimulation und deren Beseitigung ■ Behandlung von Patienten mit implantierten Herzschrittmachern und Defibrillatoren (ICD) bei Kreislaufstillstand und in Peri-Arrest-Situationen Distal His-Purkinje fibres Intrinsic rate 0 to 30 per minute Broad QRS complex Sinoatrial node Intrinsic rate 60 to 70 per minute Atrioventicular node Atrioventricular junction Intrinsic rate 40 to 50 per minute Narrow QRS complex Einleitung Bei einigen Fällen von Kreislaufstillstand oder in Peri-Arrest-Situationen kann eine nicht invasive Schrittmacherstimulation das kardiale Auswurfvolumen bis zum Eintreffen von Expertenhilfe und der Etablierung einer definitiven Therapie temporär aufrechterhalten. Eine nicht invasive Schrittmacherstimulation kann schnell angewendet werden und gehört zu den erweiterten Maßnahmen eines ALS-Providers. Der ALS- Provider muss nicht über detaillierte technische Kenntnisse bezüglich einer permanenten Schrittmacherbzw. ICD-Therapie verfügen, er muss jedoch erkennen können, wenn eine Fehlfunktion dieser Geräte vorliegt. Zudem muss er wissen, wie das Vorhandensein eines ICD den Behandlungsablauf bei Kreislaufstillstand beeinflussen kann. Der kardiale Schrittmacherimpuls – Bildung und mögliche Störungen Die elektrische Aktivität, die zu einem normalen Herzschlag führt, entsteht im Sinusknoten. Dieser depolarisiert spontan und regelmäßig ohne einen äußeren Stimulus. Diese Eigenschaft wird als Automatie bezeichnet und jedes kardiale Gewebe, das diese Fähigkeit besitzt, kann einen Herzschlag initiieren und als natürlicher Schrittmacher fungieren. Die Eigenfrequenz, bei der die verschiedenen Teile des Erregungsbildungsund Leitungssystems (EBLS) spontan depolarisieren, ist unterschiedlich. (Abb. 11.1). Der jeweils schnellste Schrittmacher bestimmt den Herzrhythmus, und nur bei dessen Ausfall übernehmen die langsameren natürlichen Schrittmacher. Dies ist beispielsweise bei Sinusarrest oder extremer Sinusbradykardie zu sehen, wenn der AV-Knoten die Schrittmacherfunktion übernimmt und European Resuscitation Council Abbildung 11.1 Das kardiale EBLS und die jeweiligen spontanen Depolarisationsraten Liegt die Ursache für einen kompletten AV-Block in Höhe des AV-Knotens selbst, entsteht die schnellste automatische Aktivität von den Zellen unmittelbar unterhalb dieses Blockes. Diese Zellen übernehmen die Schrittmacherfunktion für die ventrikuläre Kontraktion mit einer relativ hohen Eigenfrequenz (oftmals ca. 50/ Minute). Dieser Ersatzrhythmus ist normalerweise relativ stabil und es ist ungewöhnlich, dass er ausfällt und es zu einer Asystolie kommt. Der QRS-Komplex, der bei einem solchen Block entsteht, ist schmal, da eine schnelle Überleitung über ein intaktes His-Purkinje-System auf die Ventrikel erfolgt. Diese Situation kann als Komplikation eintreten bei akutem inferiorem Infarkt, bei dem die Blutzufuhr zum AV-Knoten beeinträchtigt ist. Bei AV-Block III.Grades mit Schmalkomplex-Ersatzrhythmus kann auf eine Schrittmacherstimulation meist verzichtet werden, da die Herzfrequenz oftmals nicht so langsam und das Risiko einer Asystolie für gewöhnlich gering ist. Ein kompletter AV-Block kann jedoch auch weiter distal im EBLS entstehen (=infra-His-Block), beispielsweise, wenn alle Anteile der Tawara-Schenkel nach einem anteroseptalen Infarkt betroffen sind, oder in Folge anderer Erkrankungen wie degenerativen Fibrosen und Herzklappenerkrankungen. Die Automatie, die unterhalb dieses Blockes im distalen Purkinje –System entsteht, ist meist langsam und unzuverlässig. Die daraus resultierenden QRS-Komplexe sind breit, da die Leitung über das Ventrikelmyokard langsamer verläuft als bei der schnellen Überleitung über das His-Purkinje-System. Der Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 113 KAP 11 Kapitel 11 Schrittmacherstimulation des Herzens unzuverlässige Ersatzrhythmus kann entweder kurzfristig, wodurch es zu einer Synkope (Adam-Stokes-Anfall) kommt, oder komplett ausfallen, was zu einem Stillstand der Ventrikel und somit zum Kreislaufstillstand führt. Ein kompletter Herzblock mit breitem Kammerkomplex erfordert eine Schrittmacherstimulation, insbesondere beim Auftreten von ventrikulären Pausen, da diese die Gefahr einer Asystolie implizieren. Das mögliche Risiko eines höhergradigen AV-Blocks und einer Asystolie sollte immer bei Patienten mit Synkopen in Betracht gezogen werden, die im EKG eine Überleitungsstörung aufweisen (z.B. lange PQ-Zeit oder Schenkelblock). Diese Patienten benötigen zumindest ein kardiales Monitoring und eine Beurteilung durch Spezialisten. In einer Peri-Arrest-Situation wird eine Schrittmacherstimulation verwendet, wenn der Herzrhythmus übermäßig langsam oder unzuverlässig ist und nicht auf eine Behandlung anspricht, wie sie im Algorithmus für Bradykardie beschrieben wird. (Kapitel 12). Die Schrittmacherstimulation wird jedoch nur erfolgreich sein, wenn das Herz mit einer Kontraktion auf die Stimulation reagieren kann, wobei bei einem Kreislaufstillstand mit P-Wellen –Aktivität im EKG die Wahrscheinlichkeit dafür höher ist („P-Wellen – Asystolie“). Bei einer Asystolie ohne P-Wellen ist eine Schrittmacherstimulation nur sehr selten erfolgreich und sollte in dieser Situation nicht routinemäßig angewendet werden („Nulllinien-Asystolie“) Die Schrittmacherimpulse können entweder mechanisch sein, so wie bei der Faustschlagstimulation (percussion pacing), oder elektrisch, wie bei der transkutanen und transvenösen Schrittmacherstimulation. Nicht invasive Schrittmacherstimulation Faustschlagstimulation („PERCUSSION PACING“) Ist die Bradykardie so ausgeprägt, dass sie klinisch einen Kreislaufstillstand verursacht, kann statt einer Herzdruckmassage eine Faustschlagstimulation zur Anwendung kommen, da durch diese ein ausreichender kardialer Auswurf bei minimalem Trauma des Patienten erreicht werden kann. Sind bei einem ventrikulären Stillstand P-Wellen zu sehen, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit besonders groß (siehe Kapitel 7). Durchführung einer Faustschlagstimulation • Schlagen Sie wiederholt fest, aber dosiert mit der Faust links-lateral des unteren Sternums in die Herzgegend, • Heben Sie die Hand für jeden Schlag jeweils nur etwa 10 cm über den Brustkorb. • Die Intensität dieser Schläge sollte so angepasst sein, dass sie von einem wachen Patienten noch toleriert werden können. • Erzeugen die initialen Schläge im EKG keinen QRS-Komplex, suchen Sie durch Veränderung des Kontaktpunktes im Bereich der Herzgegend nach der besten Position und zwar so lange, bis eine Stelle gefunden ist, die eine beständige ventrikuläre Stimulation hervorruft. • Falls nötig kann die Intensität der Schläge soweit reduziert werden, dass gerade noch ein QRS –Komplex ausgelöst werden kann. Wenn im EKG unmittelbar auf den Schrittmacherstimulus ein QRS -Komplex folgt, nennt man dies „capture“ (Übernahme). Vergewissern Sie sich stets, ob einer elektrischen Aktivität im EKG eine mechanische Aktion mit einem tastbaren Puls folgt. Die Faustschlagstimulation ist nicht so zuverlässig wie eine Elektro-Stimulation. Kann damit nicht rasch ein Rhythmus mit fühlbarem Puls erzeugt werden, unabhängig davon, ob ein QRS -Komplex stimuliert wurde oder nicht, sollte ohne Verzögerung mit der Herzdruckmassage begonnen werden. Arten der Schrittmacherstimulation Beide, die Herzdruckmassage und die Faustschlagstimulation sind Notfallmaßnahmen zur Aufrechterhaltung eines Kreislaufes für die lebenswichtigen Organe. Zudem ermöglichen sie entweder, dass eine Spontanzirkulation eintritt oder dass im weiteren Verlauf eine transkutane oder transvenöse Stimulation eingesetzt werden kann. Stimulationsarten: Nicht invasive • Faustschlagstimulation („Percussion pacing“) • transkutane Schrittmacherstimulation Invasive • temporäre transvenöse Schrittmacherstimulation • permanente Stimulation mit implantierbarem Schrittmacher Zu den implantierbaren Schrittmachern gehören rein antibradykarde Systeme, biventrikuläre Systeme zur Therapie der Herzinsuffizienz (kardiale Resynchronisationstherapie /CRT) sowie implantierbare Defibrillatoren (ICD), welche auch eine Schrittmacherfunktion haben. 114 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Transkutane Schrittmacherstimulation Im Vergleich zur transvenösen Stimulation hat die nicht invasive, transkutane Stimulation folgende Vorteile: • sie kann sehr schnell etabliert werden; • sie ist leicht durchzuführen und erfordert nur ein Minimum an Training; • sie vermeidet die Risiken einer zentralvenösen Punktion; • sie kann von Krankenschwestern, Rettungsassistenten und Ärzten begonnen werden, bis Expertenhilfe zum Einsatz einer transvenösen Stimulation verfügbar ist. European Resuscitation Council Der Hauptnachteil der transkutanen Schrittmacherstimulation bei wachen Patienten sind die Schmerzen. Der Schrittmacherimpuls führt sowohl zu einer schmerzhaften Kontraktion der Thoraxmuskulatur als auch zu direktem Unbehagen. Neben Geräten die ausschließlich zur Schrittmachertherapie dienen, besitzen viele NotfallDefibrillatoren auch eine Schrittmacherfunktion, Die Entwicklung von Multifunktions-Klebeelektroden für EKGMonitoring, Schrittmacherstimulation, Kardioversion und Defibrillation haben deren Anwendung besonders leicht gemacht. Die meisten modernen transkutanen Schrittmachersysteme können als Bedarfs-Schrittmacher arbeiten, indem sie intrinsische QRS- Komplexe erkennen und Schrittmacherstimuli nur bei Bedarf abgeben. Ablauf der transkutanen Schrittmacherstimulation • Ungeachtet der Notwendigkeit eines schnellen Beginns der transkutanen Schrittmachertherapie kann die genaue Beachtung der Vorgehensweise die Erfolgsaussichten erhöhen. • Entfernen Sie schnell mit einer Schere oder einem Rasierer längere Brusthaare von der Hautstelle, auf der die Klebeelektroden angebracht werden sollen. KAP 11 Figures 11.2 a-d Elektrodenplatzierung bei transkutaner Stimulation European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 115 Kapitel 11 Schrittmacherstimulation des Herzens • Stellen Sie sicher, dass die Haut trocken ist. • Bei einigen Geräten zur Schrittmachertherapie müssen sowohl die Klebeelektroden als auch separate EKG- Monitoring Elektroden angebracht werden. • Wenn möglich, bringen Sie die Paddles in der anterior-posterior-Position an (Abb. 11.2a-c). Dies ist normalerweise in einer „Peri-Arrest“-Situation möglich. • Wenn das Schrittmachergerät nicht gleichzeitig über eine Defibrillationsmöglichkeit verfügt, können bei Kreislaufstillstand die Defibrillationselektroden oder Paddles in der „konventionellen“ Position rechts pektoral und apikal angebracht werden. • Bei Schrittmachern, die Teil eines Defibrillator-Gerätes sind, kann ein effektiver Defibrillationsschock in anterior-posterior Position abgegeben werden. • Wenn Sie im Fall eines Kreislaufstillstandes Elektroden anbringen, wählen Sie die rechts pektorale und apikale Position (Abb. 11.2d); die Basismaßnahmen sollten zum Anbringen der Elektroden in posteriorer Position nicht unterbrochen werden. • Überprüfen Sie, ob die Polarität der Elektroden und der Kabel mit den Herstellerangaben übereinstimmen: wenn die Polarität vertauscht ist, kann es zum „Kopplungsversagen“ oder hohen Stimulationsreizschwellen kommen. • Zur A-P-Positionierung bringen Sie die anteriore Elektrode auf der vorderen linken Thoraxwand neben dem Sternum in Höhe der EKG-Ableitung V2 - V3 an. Platzieren Sie die posteriore Elektrode zwischen Margo Inferior der Skapula und der Wirbelsäule auf gleicher Höhe wie die anteriore Elektrode. • Auch die Elektroden multifunktioneller Geräte können in der anterior-posterior Position angebracht werden, aber während eines Kreislaufstillstandes ist es besser, eine rechts pektoral-apikal Position zu verwenden (Abb. 11.2d), da die Herzdruckmassage nicht unterbrochen werden muss, um den Patienten umzudrehen und die posteriore Elektrode anzulegen. Bringen Sie die Elektrode rechts oben, neben dem Sternum unter dem Schlüsselbein an. Die apikale Elektrode wird in der mittleren Axillarlinie angebracht, ungefähr auf Höhe der EKG-Ableitung V6 bzw. der weiblichen Brust. Die Elektrode sollte so angebracht werden, dass das Brustgewebe nicht im Strompfad liegt. Es ist wichtig, dass diese Elektrode ausreichend lateral platziert wird. • Wählen Sie, wenn möglich, den Bedarfs-Modus und optimieren Sie die EKG-Verstärkung, um sicherzustellen, dass die intrinsischen (patienteneigenen) QRS- Komplexe erkannt werden. Wenn auf dem EKG-Monitor zahlreiche Bewegungsartefakte zu sehen sind, kann dies den Schrittmacher inhibieren. Vermeiden Sie so gut wie möglich Bewegungsartefakte, andernfalls wird ein starrfrequenter Stimulations-Modus nötig. • Wählen Sie eine adäquate Stimulationsfrequenz. Diese liegt gewöhnlich für Erwachsene im Bereich von 6090/min, aber u.U. (beispielsweise bei komplettem AV Block mit einem idioventrikulären Rhythmus von 50/ min) kann eine niedrigere Stimulationsfrequenz von 116 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 40 oder sogar 30/min angebracht sein, nur um einen plötzlichen Kammerstillstand oder eine Verstärkung der Bradykardie zu verhindern. • Wählen Sie die niedrigstmögliche Stromstärke und schalten Sie den Schrittmacher ein. Erhöhen Sie stufenweise die Stromstärke und beobachten Sie dabei den Patienten und das EKG. Mit zunehmender Stromstärke kommt es zur impuls-synchronen Kontraktion der Thoraxmuskulatur des Patienten, und im EKG erscheint ein Schrittmacher-Spike (Abb.11.3a). Erhöhen Sie die Stromstärke weiter, bis jedem Schrittmacher-Spike ein QRS- Komplex folgt, was eine elektrische Kopplung (Übernahme) bedeutet (meist bei einer Stromstärke von 50-100 mA). Das bedeutet, dass der Schrittmacher-Impuls eine Depolarisation der Ventrikel verursacht. (Abb.11.3b) • Vergewissern Sie sich, dass dem vorliegenden QRSKomplex eine T-Welle folgt. Gelegentlich können Artefakte, die durch den transthorakalen Stromfluss erzeugt werden, fälschlicherweise für einen QRSKomplex gehalten werden, jedoch folgt auf solch ein Artefakt keine T-Welle. (Abb. 11.3a) • Kann auch bei Stimulation mit maximaler Stromstärke keine elektrische Kopplung erreicht werden, versuchen Sie eine andere Elektrodenposition. Ist es nicht möglich eine elektrische Kopplung zu erreichen, ist das Myokard wahrscheinlich erheblich geschädigt. Abbildung 11.3a Transkutane Schrittmacherstimulation. Auftreten von Schrittmacher-Spikes im EKG Abbildung 11.3b Transkutane Schrittmacherstimulation. Das EKG zeigt eine ventrikuläre Ankopplung (Übernahme) nach jedem Schrittmacher-Spike European Resuscitation Council Überprüfen Sie den Puls nach erreichter elektrischer Kopplung.Ein palpabler Puls bestätigt das Vorhandensein einer elektro-mechanischen Kopplung (d.h. Kontraktion des Myokards). Eine pulslose elektrische Aktivität besteht dann, wenn bei guter elektrischer Ankopplung keine elektro-mechanische Kopplung erzielt werden kann. Die wahrscheinlichste Ursache ist schweres Pumpversagen, aber andere mögliche Ursachen von pulsloser elektrischer Aktivität sollten unter diesen Umständen auch berücksichtigt werden. Wache Patienten verspüren während der transkutanen Schrittmacherstimulation normalerweise deutliche Schmerzen. Klären Sie die Patienten vorher darüber auf. Oft werden sie eine intravenöse Analgesie und/oder Sedierung benötigen, wenn eine längere transkutane Schrittmacherstimulation notwendig ist. Zur Defibrillation eines Patienten, bei dem zuvor reine Schrittmacherelektroden angebracht wurden, platzieren Sie die Defibrillations –Paddles mindestens 2 bis 3 cm entfernt von den Schrittmacherelektroden, um dem Auftreten von Funkenschlag vorzubeugen. Bei liegenden transkutanen Stimulationselektroden kann die Herzdruckmassage problemlos durchgeführt werden. Es besteht keine Gefahr für die ausführende Person (weniger als ein Joule wird abgegeben und die Elektrodenpads sind gut isoliert). Die Fortführung der Schrittmachertherapie während der HDM ergibt jedoch keinen Sinn, so dass man die Stimulation am Besten abschaltet. Wird durch die transkutane Schrittmacherstimulation ein ausreichendes Herzzeitvolumen erzielt, sollte sofort Expertenhilfe zur Etablierung eines temporären transvenösen Schrittmachers hinzugezogen werden. Invasive Schrittmacherstimulation Temporäre transvenöse Schrittmacherstimulation Nur selten muss während eines Kreislaufstillstandes eine transvenöse Schrittmacherstimulation versucht werden. Verwenden Sie in dieser Situation zur Etablierung eines kardialen Auswurfes vorerst eine nicht invasive Schrittmacherstimulation und ziehen Sie danach Expertenhilfe zur Anlage eines transvenösen Stimulationssystems hinzu. Ein Ausfall eines temporären transvenösen Schrittmacherstimulationssystems kann zum Kreislaufstillstand führen, insbesondere wenn der Patient schrittmacherabhängig ist. Dabei bestehen prinzipiell 3 Möglichkeiten: 1. Zu hohe Reizschwelle Wenn die temporäre Schrittmachersonde gelegt wird, sollte ihre Spitze möglichst im Apex des rechten Ventrikels positioniert werden, da hier das Risiko einer Sondendislokation am geringsten ist. Nachdem die Sonde richtig positioniert ist, dient sie zur Stimulation des Herzens, wobei die Spannung European Resuscitation Council des Schrittmachers angepasst wird, um die minimal erforderliche Stromspannung zur ventrikulären Stimulation zu ermitteln. Diese Mindestspannung wird als (Stimulations-) Reizschwelle bezeichnet und sollte idealerweise unmittelbar nach Sondenlegung weniger als 1 Volt betragen. Höhere Reizschwellenwerte deuten darauf hin, dass die Elektrode keinen befriedigenden Kontakt mit dem Myokard besitzt (Sondendislokation) und eine Neupositionierung der Sonde nötig sein kann. Normalerweise wird das Herz mit 3-4 Volt stimuliert, also deutlich höher als die initiale Stimulationsreizschwelle. In den ersten 4 Wochen nach Positionierung der Stimulationselektrode (temporär oder permanent) muss mit einer Reizschwellenerhöhung gerechnet werden. Das Überprüfen des Schwellenwertes bei temporären Schrittmachersonden sollte mindestens einmal am Tag stattfinden, um sicherzustellen, dass die Energie des Schrittmacherimpulses genügend hoch über dem Schwellenwert liegt. Ist dies nicht der Fall, kann es zum Verlust der elektrischen Kopplung kommen. Im EKG ist dies als Schrittmacher-Spike ohne nachfolgenden QRS- Komplex sichtbar. Der Kopplungsverlust kann auch intermittierend sein, jedoch sollte jeder offensichtlich ausgelassene Schlag zu einer wiederholten Kontrolle der Stimulationsreizschwelle führen. Erfolgt der Kopplungsverlust infolge einer zu hohen Reizschwelle, muss unverzüglich die Energie des Schrittmacherimpulses über die Reizschwelle erhöht werden. Eine plötzliche Erhöhung der Stimulationsreizschwelle kann durch eine Elektrodendislokation verursacht werden. In diesem Fall ist Expertenhilfe zur Neupositionierung der Sonde erforderlich. In einigen Krankenhäusern verwenden Ärzte mit mangelnder Erfahrung im Legen von endokardialen Schrittmachersonden im Notfall andere Arten transvenöser Schrittmachersonden. Konkret werden zur Stimulation frei flottierende Schrittmachersonden angewendet, mitunter ohne Hilfe einer radiologischen Lagekontrolle. Da diese Sonden oftmals keinen, guten direkten Kontakt mit dem Endokard haben, liegt die Stimulationsreizschwelle üblicherweise deutlich höher als bei Verwendung einer endokardialen Sonde. 2. Unterbrechung der elektrischen Kopplung Moderne temporäre transvenöse Schrittmachersonden sind bipolar. Eine Elektrode ist an der Spitze der Sonde und die zweite etwa 1 cm proximal der Spitze angebracht. Jede Elektrode ist durch eine Leitung zu separaten Anschlüssen am distalen Ende außerhalb des Patienten verbunden. Diese Anschlüsse sind üblicherweise über Steckkontakte mit einem Kabel und dieses wiederum mit den Steckanschlüssen am Schrittmachergenerator verbunden. Vergewissern Sie sich, dass alle Verbindungen zwischen der Sonde und dem Schrittmacher einen guten und sicheren Kontakt haben, der nicht Gefahr läuft, z. B. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 117 KAP 11 Kapitel 11 Schrittmacherstimulation des Herzens durch geringe Bewegungen der Sonde oder des Kabels, unterbrochen zu werden. Ein Kontaktverlust an irgendeinem Punkt dieser Verbindungen unterbricht die Stimulation am Herzen, was am Fehlen des Schrittmacher-Spikes im EKG zu erkennen ist. Dies kann intermittierend und ohne Symptome oder plötzlich und komplett sein und dabei zu einer Synkope oder zum Kreislaufstillstand mit ventrikulärer Asystolie führen. Wenn ein Stimulationsversagen mit einem Fehlen von Schrittmacher-Spikes im EKG eintritt, überprüfen Sie sofort alle Kabelverbindungen. Stellen Sie sicher, dass die Schrittmachereinheit nicht versehentlich ausgeschaltet wurde bzw. die Batterien nicht leer sind. Falls dies alles nicht zutrifft, könnte ursächlich ein Kabelbruch innerhalb der Isolierung der Schrittmachersonde in Frage kommen. Dieser führt üblicherweise zu einem intermittierenden Stimulationsausfall. Die Brüche treten häufiger im Verbindungskabel als in der Schrittmachersonde selbst auf. Falls dies angenommen werden muss, wechseln Sie die Verbindungskabel sofort aus. 3. Elektrodendislokation Die Spitze einer endokardialen transvenösen Schrittmachersonde sollte normalerweise im Apex des rechten Ventrikels liegen. Die Schlaufe der Schrittmachersonde im rechten Vorhof sollte für einen Lagewechsel und eine tiefe Inspiration genügend groß sein, jedoch nicht so groß, dass sie eine Dislokation der Sondenspitze begünstigt. Die Spitze einer Schrittmacherelektrode kann aber auch durch die Wand des rechten Ventrikels perforieren und im Perikardraum zu liegen kommen, wobei im Thorax -Röntgen ggf. keine oder nur geringe Veränderungen der Position erkennbar sein müssen. Selten führt dies zu einer PerikardTamponade; an diese Möglichkeit muß bei Patienten im Kreislaufstillstand bei vorhandener pulsloser elektrischer Aktivität gedacht werden, wenn sie erst kürzlich eine Schrittmachersonde implantiert bekommen haben. Im Fall von Sonden-Dislokation oder Perforation kann das EKG noch einen Stimulations-Spike anzeigen bei gleichzeitigem intermittierendem oder komplettem Kopplungsverlust des Schrittmacherimpulses, so dass der Schrittmacher-Spike nicht ständig von einem QRSKomplex gefolgt wird. Wenn die Sonde im rechten Ventrikel verrutscht, kann sie ventrikuläre Extrasystolen oder komplexe ventrikuläre Arrythmien einschließlich Kammerflimmern und Kammertachykardien auslösen. Wenn das transvenöse Stimulationssystem versagt, besteht immer das Risiko eines Kreislaufstillstandes bei ventrikulärer Asystolie. Diese kann relativ kurz sein und zu einer Synkope führen oder länger andauern, was dann zu einem Kreislaufstillstand führt. In dieser Situation sollte eine nicht invasive Schrittmachertherapie angewendet werden, bis eine effektive transvenöse Schrittmacherstimulation wiederhergestellt werden kann. Implantierbare, permanente Schrittmachersysteme Störungen von permanenten Schrittmachersystemen 118 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen sind selten, da die Verbindungen zwischen den Schrittmachersonden und dem Schrittmacher sehr viel sicherer sind. Gelegentlich kommt es zum Bruch einer permanenten Schrittmachersonde, normalerweise posttraumatisch, z.B. Sturz auf den ausgestreckten Arm auf der Schrittmacherseite. Dies kann zu einem permanenten oder vorübergehenden Verlust der Schrittmacher-Spikes führen. Erleidet ein Patient mit einem implantierten, permanenten Schrittmachersystem einen Kreislaufstillstand oder benötigt er eine ElektroKardioversion, sollten die Defibrillatoren-Paddles oder Klebepads mindestens 12 – 15 cm entfernt vom Schrittmachergehäuse aufgesetzt werden. Die Schrittmacher sind häufig unterhalb der linken Klavikula implantiert und stellen somit kein Problem für die Standardposition der Defibrillator-Therapie dar. Wurde der Schrittmacher unterhalb der rechten Klavikula implantiert, sollte man, wenn möglich, anterior-posteriore Paddlepostionen für die Defibrillation oder Kardioversion anwenden. Am einfachsten und sichersten geschieht dies durch die bevorzugte Anwendung von Klebepads im Unterschied zur Verwendung manueller Paddles. Automatische externe Defibrillatoren (AEDs) können u.U. den Stimulations-Spike fälschlicherweise als ein EKGSignal interpretieren und somit den Rhythmus, der eine Schockbehandlung erfordert, nicht erkennen. Biventrikuläre Schrittmachersysteme Bis noch vor kurzer Zeit war der übliche Grund für die Implantation eines Schrittmachers die Behandlung einer Bradykardie, meistens verursacht durch eine SinusKnoten-Erkrankung oder AV-Überleitungsstörung. In den letzten Jahren werden vermehrt biventrikuläre Schrittmachersysteme unter dem Schlagwort „kardiale Resynchronisationstherapie“ bei Patienten mit Herzinsuffizienz angewendet. Die meisten dieser Patienten benötigen keine Stimulation auf Grund einer Bradykardie. Die simultane Stimulation im Apex des rechten Ventrikels und der lateralen Wand des linken Ventrikels verbessert die Koordination der linksventrikulären Kontraktion. Bei diesen Schrittmachern müssen die gleichen Vorsichtsmaßnahmen während der Defibrillation und Elektro-Kardioversion getroffen werden wie bei jedem anderen Schrittmacher, aber der Ausfall eines Schrittmachers, der auf Grund der oben genannten Indikationen implantiert wurde, führt normalerweise nicht zu auffälligen Veränderungen in der Herzfrequenz oder zur anderen gefährlichen Rhythmusstörungen. Implantierbare CardioverterDefibrillatoren (ICDs) Diese Geräte ähneln großen implantierten Schrittmachern. Viele von ihnen dienen als BedarfsSchrittmacher bei Bradykardie, einige von ihnen können darüber hinaus bei Herzinsuffizienz biventrikulär stimulieren und, wenn nötig, einen Defibrillationsschock European Resuscitation Council abgeben. Nationale und internationale Leitlinien beschreiben die Indikationen für das Einsetzen eines ICDs, aber die zunehmende Evidenz einer höheren Überlebensrate nach großem Myokardinfarkt und Herzinsuffizienz wird zu einer verstärkten Anwendung dieser Geräte führen. Im Unterschied zu einem einfachen Schrittmacher besteht die primäre Funktion eines ICDs in der Beendigung einer lebensbedrohlichen Tachyarrhythmie. Ein einfacher ICD kann im Fall von Kammerflimmern oder sehr schneller Kammertachykardie einen Defibrillationsschock abgeben; weiter entwickelte Geräte können so programmiert werden, dass sie zur Beendigung einer Kammertachykardie, die nicht besonders schnell ist und wahrscheinlich nicht zu einem Kreislaufstillstand führt, ein antitachykardes Pacing (ATP/Überstimulation) abgeben können, und nur dann eine Defibrillationsschock abgeben, wenn die Kammertachykardie akzeleriert oder in ein Kammerflimmern übergeht. ICDs werden, ähnlich wie normale Schrittmacher, in der Pektoralisregion implantiert. Erscheinen diese Geräte auch ziemlich komplex, so ist die Art und Weise, wie sie Veränderungen des Herzrhythmus erkennen, relativ einfach: im Wesentlichen beruht dies auf der Wahrnehmung schneller Herzaktionen. Es ist daher nicht überraschend, dass ICDs gelegentlich eine Arrhythmie oder andere elektrische Signale fehlinterpretieren und inadäquate Schocks abgeben, die sehr unangenehm für den wachen Patienten sind. ICDs können durch eine Magnetauflage oder das Ankleben eines Magneten auf der Haut direkt über dem Generator/Gehäuse des ICD vorübergehend ausgeschaltet werden. Bei Verdacht auf Fehlfunktion eines ICD muss unbedingt die Hilfe eines Experten in Anspruch genommen werden, da eine Umprogrammierung nötig sein könnte. Erleidet ein Patient mit einem ICD einen Kreislaufstillstand, der durch den ICD nicht beendet wird, kann die kardiopulmonale Reanimation wie üblich und ohne Risiko für die Helfer erfolgen, selbst wenn der ICD einen internen Schock während der Druckmassage abgibt. Wird ein defibrillierbarer Rhythmus bei Kreislaufstillstand durch den ICD nicht beendet, sollte die externe Defibrillation wie üblich durchgeführt werden, wobei bei der Auswahl der richtigen Paddle-Position die gleichen Vorsichtsmaßnahmen wie bei Patienten mit implantiertem Schrittmacher getroffen werden sollten. Zusammenfassung •Eine nicht invasive Schrittmacherstimulation ist leicht durchzuführen und ist somit die Therapie der Wahl bei bradykarden Herzrhythmusstörungen, die ein ernstes Risiko für den Patienten darstellen, besonders wenn diese nicht auf die anfängliche Medikamentengabe (Atropin) ansprechen.. •Die nicht invasive Schrittmacherstimulation ist eine überbrückende Maßnahme bis zur Wiederkehr eines stabilen und effektiven Spontanrhythmus oder bis eine entsprechend versierte Person eine transvenöse Schrittmacherstimulation etabliert. •Besondere Vorsichtsmaßnahmen sind im Falle der Wiederbelebung von Patienten mit implantierten Schrittmachern und ICDs notwendig. •Eine ICD- Implantation sollte bei Patienten in Erwägung gezogen werden, die wegen Kreislaufstillstand infolge Kammertachykardie oder Kammerflimmern reanimiert wurden, wenn bei diesen ein Rezidivrisiko besteht. Weiterführende Literatur International Liaison Committee on Resuscitation. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Part.4 Advanced life support. Resuscitation 2005;67:213-47 Deakin CD, Nolan JP. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 3: Electrical therapies: automated external defibrillators, defibrillation, cardioversion and pacing. Resuscitation 2005; in Druck DiMarco JP. Implantable cardioverter-defibrillators. N Engl J Med 2003;349:1836-47 Die Notwendigkeit einer ICD-Implantation sollte bei jedem Patient in Betracht gezogen werden, der im Rahmen eines Kreislaufstillstandes mit schockbarem Rhythmus wiederbelebt wurde, wenn das Ereignis nicht während eines akuten ST-Hebungs-Infarktes aufgetreten ist. Jeder dieser Patienten sollte vor Entlassung aus dem Krankenhaus einem Kardiologen, der über Spezialkenntnisse auf dem Gebiet der Herz-RhythmusStörungen verfügt, vorgestellt werden. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 119 KAP 11 Kapitel 11 Schrittmacherstimulation des Herzens 120 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Herzrhythmusstörungen vor und nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand Lernziele ■ Die Bedeutung von Herzrhythmusstörungen, die einem Herz-Kreislauf-Stillstand vorausgehen oder die nach Wiedereinsetzen eines Spontankreislaufes auftreten können. ■ Analyse von Herzrhythmusstörungen vor oder nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand. ■ Die Behandlungsprinzipien von Herzrhythmusstörungen vor und nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand. Einleitung Die Herzrhythmusstörungen, die zu einem Kreislaufstillstand führen, müssen sofort behandelt werden, wenn Wiederbelebungsmaßnahmen erfolgreich sein sollen. Die Erkennung und Behandlung dieser Rhythmen wurde bereits in vorhergehenden Kapiteln behandelt. Herzrhythmusstörungen können auch nach primär erfolgreicher Wiederbelebung und Einsetzen eines Spontankreislaufs auftreten. Rhythmusstörungen können in anderen Situationen auftreten, ohne einen Kreislaufstillstand zu verursachen: sie sind eine relativ häufige Komplikation eines akuten Myokardinfarktes, sind aber auch häufig bei Patienten mit anderen Herzerkrankungen und auch bei Patienten, die keine koronare Herzerkrankung oder strukturelle Herzerkrankungen haben. Unbehandelt können einige dieser Rhythmusstörungen zum Kreislaufstillstand oder zu einer vermeidbaren Verschlechterung des Patientenzustands führen. Andere Rhythmusstörungen bedürfen keiner sofortigen Behandlung. Man muss in der Lage sein häufige Rhythmusstörungen zu erkennen, um abschätzen zu können ob eine sofortige Behandlung notwendig ist und um zu wissen, welche Behandlung geeignet ist. Dieses Kapitel setzt den Schwerpunkt auf häufige Arrhythmien, die vor oder nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand auftreten können und gibt demjenigen, der nicht regelmäßig erweiterte Maßnahmen der Wiederbelebung durchführt, eine Handlungsleitlinie, um in solchen Situationen sicher und effektiv behandeln zu können. Die Notwendigkeit sich durch Experten unterstützen zu lassen, die mehr Routine in der Durchführung bestimmter Maßnahmen haben oder die besondere Behandlungen durchführen können, aber auch wenn die initialen Maßnahmen erfolglos waren, wird besonders betont. Ist ein Patient nicht akut European Resuscitation Council 12 KAPITEL gefährdet, ist normalerweise genügend Zeit, in der ein Spezialist konsultiert werden kann, um die am besten geeignete Behandlung durchzuführen. Beurteilung der Problematik Besteht eine Arrhyhtmie oder wird sie vermutet, müssen zwei grundsätzliche Fragen beantwortet werden: 1. Wie geht es dem Patienten? 2. Welcher Rhythmus liegt vor? Untersuchung des Patienten – Instabilitätszeichen Das Vorhandensein oder Fehlen von gewissen ungünstigen Zeichen bestimmt bei den meisten Patienten, ob eine Behandlung notwendig ist und ob eine Rhythmuskontrolle dringlich ist. Instabilitätszeichen sind: • Klinische Zeichen eines niedrigen Herz-ZeitVolumens Blässe, Schwitzen, Zentralisation (kalte, klamme Extremitäten), Hypotension, Benommen- oder Verwirrtheit • Ausgeprägte Tachykardie Steigt die Herzfrequenz, verkürzt sich die Diastole mehr als die Systole. Bei Herzrhythmusstörungen, die zu sehr hohen Herzfrequenzen führen (typischerweise > 150 min-1) verringert sich das Herzschlagvolumen dramatisch (da die Diastole sehr kurz ist und das Herz nicht mehr genügend Zeit hat sich zu füllen) und der koronare Blutfluss verringert sich (da dieser überwiegend während der Diastole stattfindet), mit der potentiellen Gefahr einer Myokardischämie. Je höher die Herzfrequenz, umso schlechter wird dies toleriert. Bei gleicher Frequenz werden Breit-Komplex Tachykardien hauptsächlich deswegen schlechter als Schmal-Komplex Tachykardien toleriert, weil BreitKomplex Tachykardien häufig (aber nicht immer) mit einer schwereren Herzerkrankung einhergehen. • Ausgeprägte Bradykardie Als Instabilitätszeichen wird eine Herzfrequenz unter 40 min-1 definiert. Es kann sein, dass weniger ausgeprägte Bradykardien von Patienten mit schweren Herzerkrankungen, die bei einer Bradykardie ihr Schlagvolumen nicht kompensatorisch steigern können, schlecht vertragen werden. Manche Patienten mit einer schweren Herzerkrankung benötigen schnellere als normale Herzfrequenzen um das Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 121 KAP 12 Kapitel 12 Herzrhythmusstörungen vor und nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand Herzzeitvolumen aufrecht halten zu können, und selbst „normale“ Herzfrequenzen können für solche Patienten inadäquat niedrig sein. • Herzinsuffizienz Arrhythmien verringern die effektive Pumpleistung des Herzens und können zu einer Reduktion des koronaren Blutflusses führen. Eine regelmäßige Komplikation der Herzinsuffizienz sind Arrhythmien, die einer Dekompensation vorausgehen können oder die zu einer Verschlechterung einer bestehenden Herzinsuffizienz führen können. Linksherzversagen führt zum Lungenödem (Atemnot, Rasselgeräusche, Zeichen einer pulmonalen Stauung im Röntgenbild des Thorax). Bei der Rechtsherz- und biventrikulären Herzinsuffizienz kommt es zu peripheren Ödemen (erhöhter Jugularvenenpuls, Unterschenkelödeme, sakrale Ödeme, Leberstauung und –vergrößerung). • Angina pectoris Kommt es zu pectanginösen Beschwerden bedeutet dies, dass eine Arrhythmie (speziell eine Tachyarrhythmie) eine Myokardischämie auslöst. Dies ist von besonderer Bedeutung bei einer begleitenden koronaren oder strukturellen Herzerkrankung, bei der eine Myokardischämie wahrscheinlich zu weiteren lebensbedrohlichen Komplikationen, einschließlich Kreislaufstillstand, führt. gelegt werden, während der Rhythmus analysiert wird. Rhythmusanalyse Daher ist es wichtig die Patienten zu erkennen, deren Zustand stabil ist und bei denen keine Instabilitätszeichen durch eine Arrhythmie bestehen. Wenn dies so ist, besteht keine Dringlichkeit für eine sofortige Behandlung, und vor allem wenn es Unsicherheit über die am besten geeignete Behandlung gibt, sollte ein Experte konsultiert werden. Die klinische Untersuchung ist von beschränktem Wert um festzustellen, welche Herzrhythmusstörung vorliegt. Es ist zwar üblicherweise möglich zu untersuchen, ob der Puls regelmäßig oder unregelmäßig ist und ob die Herzfrequenz langsam, normal oder schnell ist, aber eine sichere Feststellung um welchen Rhythmus es sich handelt ist – auch für Spezialisten - selten an Hand klinischer Zeichen alleine möglich. Ein Rhythmus-Monitoring sollte so früh wie möglich während der Untersuchung und Behandlung jeder Rhythmusstörung sichergestellt werden. Es ist nicht immer möglich mit einem Ein-Kanal-Monitor oder an Hand eines Rhythmusstreifen einen Herzrhythmus korrekt zu bestimmen. Wann immer möglich sollte ein 12-Kanal EKG während einer Arrhythmie aufgezeichnet werden. Dies hilft die Rhythmusstörung vor einer Behandlung zu identifizieren und ist als bleibende Aufzeichnung verfügbar, um bei nachfolgenden Behandlungen als Orientierung zu dienen. Es sollte immer daran gedacht werden nach einer erfolgreichen Behandlung einer Arrhythmie ein 12-Kanal EKG zu schreiben, da dies pathologische Befunde (oder fehlende pathologische Befunde) zeigen kann, die für die Planung einer weiteren Behandlung wichtig sind. Behandlung Wann immer klinische Instabilitätszeichen erkennbar sind, sollte Sauerstoff gegeben und ein intravenöser Zugang 122 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Nach Beurteilung von Patient und Rhythmus muss bedacht werden, dass andere Faktoren zum Entstehen der Arrhythmie beigetragen haben oder ihre Behandlung beeinträchtigen können. So sollten zum Beispiel die Serum-Elektrolyte bestimmt werden und jede Abweichung vom Normwert für Kalium, Magnesium oder Calcium korrigiert werden. Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten sollten erwogen werden: 1. Keine sofortige Behandlung notwendig; 2. Physikalische Manöver (z. B. Vagusreiz); 3. Antiarrhythmische (und andere) Medikamente; 4. Elektrische Kardioversion; 5. Herzschrittmacher. Bei jeder antiarrhythmischen Behandlung (physikalische Manöver, Medikamente, Kardioversion, Herzschrittmacher) besteht das potentielle Risiko, dass sich die Rhythmusstörung eher verschlechtert als bessert und zu einer klinischen Verschlechterung führt. Darüber hinaus wirken die meisten Antiarrhythmika negativ inotrop, was zu einer Verschlechterung einer Herzinsuffizienz oder einer Hypotension führen kann. Bei der Konversion einer Tachyarrhythmie in einen Sinusrhythmus ist die Wirkung von Antiarrhythmika generell langsamer und weniger zuverlässig, als die einer elektrischen Kardioversion. Daher gilt generell, dass Antiarrhythmika bei stabileren Patienten ohne Instabilitätszeichen Therapie der ersten Wahl sind und eine elektrische Kardioversion die sicherste und effektivste Möglichkeit für instabile Patienten. Elektrische Kardioversion Dies ist eine relativ zuverlässige Methode um in den meisten Fällen eine Tachyarrhythmie zu beenden und einen Sinusrhythmus wieder herzustellen. Wird versucht mit einer elektrischen Kardioversion eine Schmal-Komplex oder Breit-Komplex Tachykardie zu beenden, muss der Schock mit der R-Zacke synchronisiert abgegeben werden – die Abgabe des Schocks zum Zeitpunkt der T-Welle kann Kammerflimmern auslösen. Defibrillatoren, die für eine Kardioversion benutzt werden, haben einen Schalter um die Synchronisation mit der R-Zacke zu aktivieren. Der bei der Kardioversion abgegebene Schock ist unangenehm und sollte immer unter Sedierung oder in European Resuscitation Council Allgemeinanästhesie durchgeführt werden, die durch einen erfahrenen Arzt durchgeführt wird. Sobald die Notwendigkeit einer Kardioversion erkannt wurde: • Umgehend einen Experten um Hilfe ersuchen; • Einen adäquaten i. v. Zugang sicherstellen; • Den Patienten an den Defibrillator anschließen – Monitoring durch Ableitungen, nicht durch Paddles; • Ein EKG-Signal guter Qualität sicherstellen – wenn nötig Ableitung wechseln; • Synchronisations-Schalter drücken und überprüfen, dass der Defibrillator die R-Zacke korrekt erkennt; • Sobald der Patient sediert oder in Narkose ist den Defibrillator laden; • Zur die Energiewahl siehe unten; • An alle Sicherheitsmaßnahmen wie bei einer Defibrillation denken – alle weg vom Patienten usw; • Beide Auslösetasten drücken und gedrückt halten, bis der Schock abgegeben wurde – daran denken, dass es eine kleine Verzögerung geben kann, bevor der Schock abgegeben wird; • Wenn ein zweiter Schock notwendig ist daran denken, dass der Synchronisationsmodus ggf. erneut aktiviert werden muss. Welche Energielevel am besten für eine Defibrillation / Kardioversion geeignet sind, wird diskutiert und kann den Umständen nach, zu denen auch Rhythmus und Größe des Patienten gehören, variieren. Wenn verfügbar sollte ein biphasischer Defibrillator verwendet werden, da die Erfolgswahrscheinlichkeit höher ist als bei einem monophasischen Gerät. • Bei Breit-Komplex Tachykardien und Vorhofflimmern mit 120-150 J biphasisch oder 200 J monophasisch beginnen und mit bis zu zwei weiteren Schocks mit steigender Energie bis zur maximalen Energie des Defibrillators fortfahren, wenn der erste Schock die Arrhythmie nicht terminiert. • Bei Vorhofflattern und regelmäßiger SchmalKomplex Tachykardie sind niedrigere Energielevel üblicherweise effektiv. Es wird mit 70-120 J biphasisch oder 100 J monophasisch begonnen und mit bis zu zwei weiteren Schocks mit steigender Energie bis zur maximalen Energie des Defibrillators fortgefahren, wenn der erste Schock die Rhythmusstörung nicht beendet. Bradykardie Die herkömmliche Definition für Bradykardie ist eine Herzfrequenz von weniger als 60 min-1; dennoch ist für manche Menschen oder in bestimmten Situationen eine Herzfrequenz von weniger als 60 min-1 nicht bedrohlich und kann völlig physiologisch sein. Es ist daher hilfreich zu unterscheiden: • Extreme Bradykardie (weniger als 40 min-1) European Resuscitation Council - selten physiologisch, selten gut toleriert und bedarf üblicherweise einer Behandlung - als ungünstigeres Zeichen erachtet • Weniger schwere Bradykardie (40-60 min-1) - bedarf üblicherweise nur dann einer sofortigen Behandlung, wenn Instabilitätszeichen vorliegen Auf Instabilitätszeichen ist zu achten und ein 12-Kanal EKG ist zu schreiben. Die nachfolgenden klinischen Symptome legen eine sofortige Behandlung nahe: • Systolischer Blutdruck unter 90 mm Hg; • Herzfrequenz unter 40 min-1; • Ventrikuläre Arrhythmie; • Herzinsuffizienz; Ist eines dieser Zeichen festzustellen sollen 0,5 mg Atropin intravenös gegeben werden. Wenn notwendig sollte dies alle 3-5 Minuten bis zu einer Gesamtdosis von 3 mg wiederholt werden. Bei einer myokardialen Ischämie oder einem akuten Myokardinfarkt, sollte Atropin mit Bedacht gegeben werden, da eine durch Atropin induzierte Tachykardie eine myokardiale Ischämie verschlechtern oder einen Infarkt vergrößern kann. Bei stabilen Patienten oder falls mit Atropin eine zufriedenstellende Verbesserung erreicht werden konnte, muss als nächster Schritt die Gefahr eine Asystolie, die unter folgenden Voraussetzungen erhöht sein kann, eingeschätzt werden: • Kürzlich aufgetretene Asystolie; • AV-Block II. Grades, Typ Mobitz; • Kompletter AV-Block (AV-Block III. Grades) (vor allem mit breiten QRS-Komplexen und initialer Herzfrequenz unter 40 min-1); • Ventrikulärer Herzstillstand für länger als 3 Sekunden; (Für die Beschreibung der verschiedenen Grade eines AVBlocks und deren Bedeutung siehe Kapitel 6). If there is a risk of asystole, seek expert help with cardiac pacing. The definitive treatment is transvenous pacing. If there is delay in achieving this or obtaining expert help consider the temporary use of transcutaneous pacing. If this is not available or ineffective in preventing dangerous bradycardia, give adrenaline as an intravenous infusion (2-10 mcg min-1 titrated to response). ‘Fist pacing’ may be used as a temporary measure to treat ventricular standstill or very extreme bradycardia whilst other treatment is being organised. Besteht das Risiko einer Asystolie sollte zur Durchführung einer Schrittmachertherapie ein Experte konsultiert werden. Eine transvenöse Schrittmachertherapie ist die definitive Behandlung. Kommt es bei der Umsetzung dieser Maßnahme oder bei der Konsultation eines Experten zu Verzögerungen, sollte an die Möglichkeit einer temporären transkutanen Schrittmachertherapie gedacht werden. Steht diese nicht zur Verfügung, oder kann damit eine gefährliche Bradykardie nicht effektiv Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 123 KAP 12 Kapitel 12 Herzrhythmusstörungen vor und nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand Bradycardia Algorithm (includes rates inappropriately slow for haemodynamic state) If appropriate, give oxygen, cannulate a vein, and record a 12-lead ECG YES Adverse signs? NO • Systolic BP < 90 mmHg • Heart rate < 40 beats min-1 • Ventricular arrhythmias compromising BP • Heart faillure Atropine 500 mcg IV Satisfactory response? YES NO Interim measures • Atropine 500 mcg IV repeat to maximum of 3 mg • Adrenaline 2-10 mcg min-1 • Alternative drugs* OR • Transcutaneous pacing YES Risk of asystole? • Recent asystole • Möbitz II AV block • Complete heart block with broad QRS • Ventricular pause > 3s NO Observe Seek expert help Arrange transvenous pacing *Alternative include: Aminophylline Isoprenaline Dopamine Glucagon (if beta-blocker or calcium-channel blocker overdose) Glycopyrronium can be used instead of atropine Figure 12.1 Bradycardia Algorithm 124 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council European Resuscitation Council * Attempted electrical cardiovision is always undertaken under sedation or general anaesthesia Possibilities include: • AF with bundle branch block treat as for narrow complex • Pre-excited AF consider amidarone • Polymorphic VT (e.g. torsade de pointes - give magnesium 2 g over 10 min) Seek expert help Irregular Is patient stable? No Probable re-entry PSVT: • Record 12-lead ECG in sinus rhythm • If recurs, give adenosine again & consider choice of anti-arrhythmic prophylaxis Yes Normal sinus rhythm restored? Irregular Probable atrial flutter • Control rate (e.g. ß-Blocker) Seek expert help Irregular Narrow Complex Tachycardia Probable atrial fibrillation Control rate with: • ß- Blocker IV or digoxin IV If onset < 48 h consider • Amiodarone 300 mg IV 20-60 min; then 900 mg over 24 h Narrow QRS Is rhythm regular? Narrow • Use vagal manoeuvres • Adenosine 6 mg rapid IV bolus; if unsuccesful give 12 mg; if unsuccesful give further12 mg; • Monitor ECG continuously Regular Is QRS narrow (< 0.12 sec)? If Ventricular Tachycardia (or uncertain rhythm): • Amiodarone 300 mg IV over 20-60 min; then 900 mg over 24 h If previously confirmed SVT with bundle branch block: • Give adenosine as for regular narrow complex tachycardia Regular Broad Stable Signs of instability INCLUDE: 1. Reduced conscious level 2. Chest pain 3. Systolic BP <90mmHg 4. Heart failure (Rate-related symptoms uncommon at less than 150 beats min-1) Broad QRS Is QRS regular? • Amiodarone 300 mg IV over 10-20 min and repeat shock; followed by: • Amiodarone 900 mg over 24 h Synchronised DC shock* Up to 3 attemps Unstable • Support ABCs: give oxygen; cannulate a vein • Monitor ECG, BP, SpO2 • Record 12-lead ECG if possible; if not, record rhythm strip • Identify and treat reversible causes (e.g. electrolyte abnormalities) Tachycardia Algorithm (with pulse) KAP 12 Figure 12.2 Tachycardia algorithm Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 125 Kapitel 12 Herzrhythmusstörungen vor und nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand verhindert werden, dann soll Adrenalin als intravenöse Infusion gegeben werden (2-10 mcg min-1 nach Wirkung titriert). Eine „Faustschlagstimulation“ kann als vorübergehende Maßnahme durchgeführt werden um einen ventrikulären Herzstillstand oder eine sehr extreme Bradykardie zu behandeln, derweil andere Behandlungsmaßnahmen organisiert werden Zu den weiteren Medikamenten, die zur Behandlung einer Bradykardie gegeben werden gehören Dopamin und Orciprenalin als intravenöse Infusion. An die Gabe von Glucagon sollte gedacht werden, wenn die mögliche Ursache der Bradykardie die Einnahme eines ß-Blockers oder Calciumkanalblockers ist. Atropin sollte bei Herztransplantierten Patienten nicht gegeben werden, da das Herz denerviert ist und nicht auf eine Vagusblockade reagieren wird und es ein gewisses Risiko gibt einen paradoxen AV-Block auszulösen. Ein kompletter AV-Block mit schmalen QRS Komplexen stellt nicht in jedem Fall eine absolute Indikation für eine Schrittmachertherapie dar; der Rhythmus entsteht im AV-Knoten und kann eine ausreichende Herzfrequenz, bei einem niedrigen Risiko einer Asystolie, liefern und kann durch Atropingabe behandelt werden. Bei solchen Patienten hängt die Notwendigkeit einer langfristigen Schrittmacherbehandlung von der auslösenden Ursache des AV-Blocks ab und ob diese weiter besteht oder nicht; zum Beispiel tritt ein kompletter SchmalKomplex AV-Block nach einem inferioren Herzinfarkt fast immer nur vorübergehend auf und nur sehr selten ist eine Schrittmachertherapie notwendig. Bei einem angeborenen kompletten AV-Block besteht üblicherweise ein Schmal-Komplex Rhythmus und für Erwachsene ist eine dauerhafte Schrittmachertherapie empfohlen um dem geringen, aber vorhandenen, mit dem Alter zunehmenden Risiko eines plötzlichen Herztodes vorzubeugen. Tachykardie Der erste Schritt bei der Behandlung einer Tachyarrhythmie ist die Beurteilung des Patienten. Ist bei einer Tacharrhythmie kein Puls vorhanden entspricht dies einem Kreislaufstillstand und KEINER Arrhythmie vor oder nach einem Kreislaufstillstand. Der Patient ist gemäß den Algorithmen für den Kreislaufstillstand zu behandeln. Eine Ausnahme stellt die sehr schnelle Schmalkomplextachykardie mit Frequenzen >250/min dar. • Schläfrigkeit oder Verwirrtheit. Während der Patient beurteilt wird: 1. Sauerstoff geben und einen i. v. Zugang legen, wenn nicht bereits geschehen (insbesondere, wenn Instabilitätszeichen vorhanden sind); 2. 12-Kanal EKG schreiben, wenn nicht bereits geschehen (ohne die Behandlung zu verzögern); In general, at the same heart rate, a narrow-complex tachycardia causes less cardiovascular compromise than a broad-complex tachycardia. Im Allgemeinen veursacht, bei gleicher Herzfrequenz, eine Schmalkomplextachykardie weniger kardiovaskuläre Probleme als eine Breitkomplextachykardie. Die nachfolgenden Empfehlungen gelten nur für Patienten in einer Situation eines drohenden oder nach einem Kreislaufstillstand (z. B. unmittelbar nach einer kardiopulmonalen Reanimation, nach einem kürzlich abgelaufenen Herzinfarkt, den Beginn einer neu aufgetretenen symptomatischen Arrhythmie usw.) Sie gelten üblicherweise nicht für Patienten mit einer bekannten chronischen Arrhythmie und/oder bei einer Verschlechterung eines chronischen Zustandes wie einer kongestiven Herzinsuffizienz (z. B. der Patient mit chronischem Vorhofflimmern und sich verschlechternder chronischer kongestiver Herzinsuffizienz, bei dem der Blutdruck niedrig sein kann, Zeichen der kardialen Dekompensation bestehen können, aber eine sofortige Kardioversion nicht angemessen sein kann). Wenn ein Patient, in der Situation eines drohenden oder abgelaufenen Kreislaufstillstandes, instabil ist und die Tachykardie zu einer Verschlechterung mit Instabilitätszeichen führt, sollte eine synchronisierte Kardioversion umgehend versucht werden. Ist die Kardioversion nicht erfolgreich, werden 300 mg Amiodaron über 10-20 Minuten gegeben danach wird nochmals versucht zu kardiovertieren. Nach der Initialdosis werden 900 mg Amiodaron als Infusion über 24 Stunden gegeben. Sind während der Arrhythmie keine Instabilitätszeichen vorhanden, wird bestimmt, ob es sich um eine Rhythmusstörung mit schmalen (das heißt normale Dauer) QRS-Komplexen oder mit breiten (0,12 sec. oder länger) handelt. Hierdurch wird eine Breit-Komplex von einer Schmal-Komplex Tachykardie unterschieden. Ist ein Puls vorhanden, ist der Patient auf Instabilitätszeichen hin zu beurteilen. Diese sind: • Systolischer Blutdruck unter 90 mm Hg; • Herzfrequenz über 150 min-1; • Brustschmerz; • Herzinsuffizienz; 126 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Breit-Komplex Tachykardie Liegen keine Instabilitätszeichen vor, die die Notwendigkeit für eine elektrische Kardioversion anzeigen, wird die weitere Beurteilung helfen, die am besten geeignete Behandlung zu wählen. Obwohl es sich bei einer Breit-Komplex Tachykardie um eine supraventrikuläre Tachykardie (SVT) mit einer abnormalen Leitung (z. B. Schenkelblock) handeln kann, sollte in der Periarrestphase angenommen werden, dass Breit-Komplex Tachykardien ventrikulären Ursprungs sind. Eine supraventrikuläre Tachykardie (SVT) so zu behandeln, als wäre es eine ventrikuläre Tachykardie (VT) führt weniger wahrscheinlich zu einer Verschlechterung, als eine VT wie eine SVT zu behandeln. Die Ausnahmen sind im folgenden Text aufgeführt. behandelt, sollte wie bei Vorhofflimmern vorgegangen werden (siehe nachfolgend). Wenn ein Vorhofflimmern (oder Vorhofflattern) bei Prä-Exzitation vermutet wird, ist die Gabe von Adenosin, Digoxin, Verapamil und Diltiazem zu vermeiden. Diese Substanzen blockieren den AVKnoten und führen zu einer relativen Zunahme der PräExzitation. Die elektrische Kardioversion ist in der Regel die sicherste Behandlung. Regelmäßige Breit-Komplex Tachykardie Bei der Behandlung einer Torsade des Pointes Tachykardie sind alle Medikamente, die zu einer QT-Verlängerung führen können, sofort abzusetzen. Elektrolytstörungen, insbesondere eine Hypokaliämie, sind zu korrigieren. 2 g Magnesium Sulfat werden über 10 Minuten gegeben. Ein Experte sollte konsultiert werden, da weitere Behandlungen (z. B. overdrive pacing) indiziert sein können, um einem Wiederauftreten der Arrhythmie vorzubeugen, nachdem sie terminiert wurde. Wird der Patient instabil sind alle Vorbereitungen für eine sofortige Kardioversion zu treffen. Wird der Patient pulslos, ist die sofortige Defibrillation zu versuchen (KreislaufstillstandAlgorithmus). Sind keine Instabilitätszeichen vorhanden, werden 300 mg Amiodaron intravenös über 20-60 Minuten gegeben, gefolgt von einer Infusion von 900 mg über 24 Stunden. Schmal-Komplex Tachykardie Zuerst ist anhand des EKG zu entscheiden, ob die BreitKomplex Tachykardie regelmäßig oder unregelmäßig ist. Das Monitoring wird fortgesetzt und der Patient weiter beurteilt, ein Experte konsultiert, und die Vorbereitungen für eine elektrische Kardioversion getroffen, für den Fall, dass Instabilitätszeichen auftreten, oder dass die Rhythmusstörung über mehrere Stunden persistiert. Ist es eindeutig nachgewiesen, dass es sich um eine SVT mit einem Schenkelblock handelt, wird in der gleichen Weise wie bei einer Schmal-Komplex Tachykardie verfahren (siehe nachfolgend). Bei Zweifeln gilt – behandle wie bei einer VT. Zu den regelmäßigen Schmal-Komplex Tachykardien gehören: • Sinus Tachykardie; • AV-Knoten (Node) Re-entry Tachykardie – AVNRT (die häufigste Form der “SVT”); • AV Re-entry Tachykardie - AVRT (verursacht durch ein WPW Syndrom) ; • Vorhofflattern mit regelmäßiger AV-Überleitung (üblicherweise 2:1). Eine ventrikuläre Tachykardie ist wahrscheinlicher in der Phase eines akuten Myokardinfarktes und bei Patienten mit bekannter ischämischer Herzerkrankung. Bei einer unregelmäßigen Schmal-Komplex Tachykardie handelt es sich am häufigsten um Vorhofflimmern (AF) oder manchmal um Vorhofflattern mit variabler AV-Überleitung („variabler Block“). Unregelmäßige Breit-Komplex Tachykardie Regelmäßige Schmal-Komplex Tachykardie Am wahrscheinlichsten handelt es sich um Vorhofflimmern (AF – atriales Flimmern) mit einem Schenkelblock, wobei eine gründliche Bewertung eines 12-Kanal EKG (wenn nötig durch einen Experten) eine sichere Diagnose des Rhythmus ermöglichen kann. Eine andere mögliche Ursache ist Vorhofflimmern mit Prä-Exzitation, (bei Patienten mit Wolff-Parkinson-White (WPW) - Syndrom). Hierbei gibt es mehr Variationen im Erscheinungsbild und in der Breite des QRS-Komplexes als bei Vorhofflimmern mit Schenkelblock. Eine dritte mögliche Ursache ist eine polymorphe VT (z. B. Torsade des Pointes), aber es ist unwahrscheinlich, dass eine polymorphe VT ohne Instabilitätszeichen vorliegt. Experten sollten bei der Untersuchung und Behandlung unregelmäßiger Breit-Komplex Tachykardien konsultiert werden. Wird ein Vorhofflimmern mit Schenkelblock European Resuscitation Council Sinus Tachykardie Diese ist die übliche physiologische Reaktion auf einen Stimulus wie Anstrengung oder Angst. Bei einem kranken Patienten kann sie als Reaktion auf viele Ursachen wie Schmerz, Fieber, Anämie, Blutverlust und Herzversagen beobachtet werden. Die Behandlung wird fast immer durch die zu Grunde liegende Erkrankung bestimmt – der Versuch eine Sinus Tachykardie, die auf einem der genannten Gründe beruht, zu verlangsamen, wird die Situation verschlechtern. AVNRT und AVRT (“paroxysmale SVT’) Die häufigste der “paroxysmalen SVT”, die AV-Knoten Re-Entry Tachykardie (AVNRT), wird oft bei Patienten ohne irgendeine weitere Herzerkrankung beobachtet und ist relativ ungewöhnlich in einer Situation vor oder nach einem Kreislaufstillstand. Sie führt zu einer SchmalKomplex Tachykardie, oft ohne eindeutig erkennbare Vorhofaktivität im EKG, mit Herzfrequenzen üblicherweise Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 127 KAP 12 Kapitel 12 Herzrhythmusstörungen vor und nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand weit oberhalb der Bereiche einer Sinusfrequenz in Ruhe (60-120 min-1). Sie ist üblicherweise nicht bedrohlich, so lange keine begleitende strukturelle oder eine koronare Herzerkrankung vorliegt, kann aber Symptome verursachen, die der Patient als beängstigend erlebt. AV-Re-Entry Tachykardien werden bei Patienten mit WPW Syndrom gesehen und sind üblicherweise auch nicht bedrohlich, es sei denn es liegt zusätzlich eine strukturelle Herzerkrankung vor. Die gängige Form der AVRT ist die regelmäßige Schmal-Komplex Tachykardie, bei der ebenfalls häufig keine Vorhofaktivität im EKG erkennbar ist. Vorhofflattern mit regelmäßiger AV Überleitung (häufig 2:1 Block) Hierbei kommt es zu einer regelmäßigen SchmalKomplex Tachykardie, bei der es schwierig sein kann, eine Vorhofaktivität und Flatterwellen sicher zu erkennen, so dass es sein kann, dass es von einer AVNRT oder AVRT initial nicht unterschieden werden kann. Wenn Vorhofflattern mit einem 2:1 Block oder gar einer 1:1 Überleitung zusammen mit einem Schenkelblock auftritt, entsteht eine Breit-Komplex-Tachykardie die üblicherweise sehr schwer von einer VT unterschieden werden kann; wird diese Rhythmusstörung behandelt als wenn es sich um eine VT handeln würde, wird dies üblicherweise effektiv sein oder zu einer Verlangsamung der ventrikulären Reizantwort führen und den Rhythmus erkennbar machen. Meist hat das typische Vorhofflattern eine atriale Frequenz um 300 min-1, so das Vorhofflattern mit einem 2:1 Block zu einer Frequenz um 150 min-1führt. Wesentlich höhere Frequenzen (170 min-1 oder mehr) beruhen wahrscheinlich nicht auf einem Vorhofflattern mit 2:1 Block Behandlung einer regelmäßigen Schmal-Komplex Tachykardie Ist der Patient auf Grund der Arrhythmie instabil, sollte eine synchronisierte elektrische Kardioversion versucht werden. Es ist gerechtfertigt einem instabilen Patienten mit einer Schmal-Komplex Tachykardie Adenosin zu verabreichen, während die Vorbereitungen für eine elektrische Kardioversion getroffen werden. Dennoch darf eine elektrische Kardioversion nicht verzögert werden wenn durch Adenosin ein Sinusrhythmus nicht wiederhergestellt werden kann. Bestehen keine Instabilitätszeichen: • Beginnen Sie mit Vagusmanövern. Mit einer KarotisSinus Massage oder einem Valsalva Manöver können bis zu einem Viertel aller Episoden „paroxysmaler SVT“ beendet werden. Ein Valsalva Manöver (forcierte Exspiration bei geschlossener Glottis) in Rückenlage kann die am meisten effektive Technik sein. Um dies ohne langwierige Erklärungen zu erreichen, hat sich als praktisch erwiesen den Patienten aufzufordern mit so viel Kraft in eine 20 ml Spritze zu blasen, dass der Stempel zurückgedrückt wird. 128 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen • • • • Eine Karotismassage sollte vermieden werden wenn ein Strömungsgeräusch an der Karotis vorhanden ist; die Ruptur eines atheromatösen Plaques kann eine zerebrale Embolie und einen Apoplex verursachen. Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass eine plötzliche Bradykardie im Zusammenhang mit einer akuten Myokardischämie oder einer Digitalisüberdosierung, Kammerflimmern auslösen kann. Ein (vorzugsweise Mehr-Kanal) EKG ist während jeden Manövers aufzuzeichnen. Handelt es sich um ein Vorhofflattern, kommt es häufig zu einer langsameren ventrikulären Erregung und Flatterwellen werden erkennbar. Wenn die Rhythmusstörung anhält und es sich nicht um Vorhofflattern handelt, sollte Adenosin eingesetzt werden. Es werden 6 mg als schneller intravenöser Bolus gegeben. Während jeder Injektion wird ein (vorzugsweise Mehr-Kanal) EKG aufgezeichnet. Kommt es zu einem vorübergehenden Abfall der ventrikulären Frequenz, doch die Rhythmusstörung hält dann an, ist auf eine atriale Aktivität wie Flatterwellen oder andere Vorhoftachykardien zu achten und entsprechend zu behandeln. Gab es keine Reaktion auf 6 mg Adenosin, werden 12 mg als Bolus gegeben. Wenn es keine Reaktion hierauf gibt, wird ein weiterer 12 mg Bolus gegeben. Wird eine Tachyarrhythmie erfolgreich durch Vagusmanöver oder Adenosin beendet, deutet dies darauf hin, dass es sich fast sicher um eine AVNRT oder AVRT gehandelt hat. Die Patienten werden weiter am Monitor überwacht. Ein Wiederauftreten wird entweder weiter mit Adenosin oder mit länger wirksamen Medikamenten (z. B. Diltiazem oder Beta Blocker) mit blockierender Wirkung auf den AV-Knoten behandelt. Vagusmanöver oder Adenosin beenden beinahe alle AVNRT oder AVRT innerhalb von Sekunden. Versagt Adenosin dabei eine regelmäßige Schmal-Komplex Tachykardie zu beenden, legt dies das Vorliegen einer Vorhoftachykardie wie Vorhofflattern nahe. Wenn Adenosin kontraindiziert ist oder eine regelmäßige Schmal-Komplex Tachykardie damit nicht beendet werden kann, ohne dass sich zeigt, dass es sich um Vorhofflattern handelt, werden Calciumkanalblocker gegeben (z. B. Verapamil 2.5 - 5 mg i. v. über 2 Minuten; oder Diltiazem 15 - 20 mg über 2 Minuten). Unregelmäßige Schmal-Komplex Tachycardie Bei einer unregelmäßigen Schmal-Komplex Tachykardie handelt es sich am wahrscheinlichsten um ein Vorhofflimmern mit einer unkontrollierten ventrikulären Erregung oder, weniger häufig, um ein Vorhofflattern mit einer variablen AV-Blockierung. Um den Rhythmus zu erkennen, muss ein 12-Kanal EKG geschrieben werden (siehe Kapitel 6). Ist der Patient instabil, ist eine synchronisierte elektrische Kardioversion zu versuchen. European Resuscitation Council Liegen keine Instabilitätszeichen vor gehören zu den Behandlungsmöglichkeiten: • Medikamentöse Herzfrequenzkontrolle ; • Rhythmuskontrolle durch die Verwendung von Medikamenten die eine medikamentöse Kardioversion fördern; • Rhythmuskontrolle durch elektrische Kardioversion; • Vorbeugende Behandlungen (z. B. Antikoagulation). Die geeigneteste Behandlung für den individuellen Patienten sollte gemeinsam mit einem Experten festgelegt werden. Je länger ein Patient im Vorhofflimmern bleibt, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Vorhofthrombus bildet. Generell gilt, dass Patienten, die seit mehr als 48 Stunden Vorhofflimmern haben, nicht kardiovertiert werden sollten (elektrisch oder medikamentös) bis sie vollständig therapeutisch antikoaguliert worden sind, oder bis ein Vorhofthrombus in einer Transösophagealen Echokardiographie ausgeschlossen werden konnte. Wenn es das Ziel ist, die Herzfrequenz zu kontrollieren, gehören zu den Behandlungsmöglichkeiten ß-Blocker, Digoxin, Diltiazem, Magnesium oder Kombinationen von diesen. Besteht das Vorhofflimmern weniger als 48 Stunden und ist man zu dem Schluss gekommen, dass eine Rhythmuskontrolle angebracht ist, kann dies mit Amiodaron (300 mg intravenös über 20-60 Minuten, gefolgt von 900 mg über 24 Stunden) versucht werden. Ibutilide oder Flecainid kann ebenfalls zur Rhythmuskontrolle gegeben werden, eine Expertenempfehlung sollte jedoch eingeholt werden, bevor diese Medikamente zu diesem Zweck gegeben werden. Die elektrische Kardioversion ist eine verbleibende Option in einer solchen Situation und wird bei mehr Patienten wieder zu einem Sinusrhythmus führen als die medikamentöse Kardioversion. Zusammenfassung •Rhythmusstörungen nach Reanimation und Wiedereinsetzen eines Spontankreislaufs müssen behandelt werden, um den Patienten zu stabilisieren und das erneute Auftreten eines Kreislaufstillstandes zu verhindern. •Unter Umständen kann es sein, dass manche Arrhythmien einer prompten Behandlung bedürfen um einer Verschlechterung vorzubeugen, einschließlich des Risikos eines Herzstillstandes, während andere keine sofortige Behandlung benötigen. •Die Dringlichkeit einer Behandlung und welche Behandlung am besten geeignet ist, wird vom Zustand des Patienten (Instabilitätszeichen) und von der Art der Rhythmusstörung bestimmt. •Unterstützung durch einen Experten bei der Beurteilung und der Behandlung einer Herzrhythmusstörung sollte so früh wie möglich angefordert werden. Weiterführende Literatur Blomstrom-Lundqvist C, Scheinmann M M et al. American College of Cardiology/American Heart Association Task Force and the European Society of Cardiology Committee for Practice Guidelines. ACC/AHA/ ESC Guidelines for the Management of Patients With Supraventricular Arrhythmias. European Heart Journal 2003;24:1857-97. Fuster V, Lyden R E et al. American College of Cardiology/American Heart Association Task Force and the European Society of Cardiology Committee for Practice Guidelines and Policy Conferences. ACC/AHA/ ESC guidelines for the management of patients with atrial fibrillation. European Heart Journal 2001;22:1852-1923. Ein Experte sollte bei jedem Patienten mit Vorhofflimmern konsultiert werden, bei dem eine ventrikuläre Präexcitation (WPW Syndrom) bekannt ist oder festgestellt wird. Die Verwendung von Adenosin, Diltiazem, Verapamil oder Digoxin bei Patienten mit Vorhofflimmern oder –flattern bei Prä-Exzitation ist zu vermeiden, da diese den AV-Knoten blockieren und zu einer relativen Zunahme der Prä-Exzitaion führen. Schnelle Schmal-Komplex Tachykardie ohne Puls Selten kann eine sehr schnelle (üblicherweise > 250 Schläge min-1) Schmal-Komplex Tachykardie das Herzschlagvolumen so weit vermindern, dass ein Puls nicht tastbar und das Bewusstsein beeinträchtigt ist. Die geeignete Behandlung ist die sofortige synchronisierte Kardioversion. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 129 Kapitel 12 Herzrhythmusstörungen vor und nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand 130 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen KAPITEL Lernziele Verständnis für die Modifikationen der Wiederbelebungstechniken in folgenden speziellen Situationen: ■ Lebensbedrohliche Elektrolytentgleisung ■ Vergiftung ■ Hypothermie ■ Hyperthermie ■ Ertrinken ■ Asthma ■ Anaphylaxie ■ Kreislaufstillstand nach herzchirurgischen Eingriffen ■ Trauma ■ Schwangerschaft ■ Stromunfall Einleitung In speziellen Situationen bedarf es einer Modifikation der Wiederbelebungsmaßnahmen. Das Erkennen der frühen Anzeichen und eine effektive Behandlung kann einen Kreislaufstillstand oftmals verhindern. Diese Bedingungen sind auch für einen großen Teil von Kreislaufstillständen in einer jüngeren Altersgruppe verantwortlich, bei denen es keine begleitende kardiorespiratorische Erkrankung gibt. Lebensbedrohliche Elektrolytentgleisung Elektrolytverschiebungen können Arrhythmien oder einen Herz-Kreislaufstillstand hervorrufen. Veränderungen des Kaliumhaushaltes bieten das größte Risiko. Die primäre Behandlung sollte bei lebensbedrohlichen Elektrolytentgleisungen begonnen werden, bevor aktuelle Laborwerte vorhanden sind. Definierte Elektrolytwerte sind angegeben, um klinische Entscheidungen zu treffen. Die Grenzwerte, welche die klinischen Entscheidungen beeinflußen, sind vom Patientenzustand und der Geschwindigkeit mit der sich die Elektrolytwerte verändern abhängig. eintritt • Beseitigen Sie auslösende Faktoren (z.B. Medikamente) und untersuchen sie die Elektrolytspiegel, um das Wiederauftreten zu verhindern • Untersuchen Sie die Nierenfunktion der Patienten bei Risiken von Elektrolytverschiebungen • Prüfen Sie regelmäßig die Nierenersatztherapie, um unerwünschte Elektrolytverschiebungen während der Behandlung zu verhindern Veränderungen des Kaliumhaushaltes Die reguläre extrazelluläre Kaliumkonzentration befindet sich zwischen 3,5 und 5,0 mmol/l. Normalerweise existiert ein großer Konzentrationsgradient zwischen den intra- und extrazellulären Flüsigkeitskompartimenten. Die Erhebung des Serumkaliums muss immer in Verbindung zu Veränderungen des pH Wertes gesehen werden. Wenn der Serum pH Wert fällt, steigt das Kalium im Serum aufgrund eines Kaliumshifts von intra- nach extrazellulär an. Wenn der Serum pH Wert steigt, sinkt hingegen das Serumkalium aufgrund einer Kalium-Verschiebung in die Zelle. Bei der Therapie der Hyper- oder Hypokaliämie müssen Effekte der pH Wert Veränderung berücksichtigt werden. Hyperkaliämie Eine Hyperkaliämie ist meistens durch eine Freisetzung aus dem Zellinneren oder durch eine verminderte Ausscheidung der Niere bedingt. Definition Es gibt keine allgemeingültige Definition. Wir definieren die Hyperkaliämie als Serumkonzentrationen größer 5,5 mmol/l. Bei zunehmendem Kalium steigt die Gefahr von Komplikationen und es steigt die Notwendigkeit unmittelbar wirkender Behandlungskonzepte. In manchen Literaturstellen wird die schwere Hyperkaliämie auch erst bei Serumkaliumwerten von über 6,5 mmol/l definiert. Ursachen Vermeidung von Elektrolytentgleisungen • Behandeln Sie lebensbedrohliche Elektrolytentgleisungen, bevor ein Kreislaufstillstand European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 131 KAP 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen Ursachen für eine Hyperkaliämie sind: •Nierenversagen; •Medikamente (ACE Hemmer, Angiotensin II Blocker, kaliumsparende Diuretika, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAID), Betablocker, Trimetoprim); •Gewebszerfall (Skelettmuskel (Rhabdomyolyse), Tumorzerfall, Hämolyse); •Metabolische Azidose; •Endokrine Entgleisung (Addison-Krise); •Hyperkaliämisch bedingte Paralyse; •Diät (möglicherweise Hauptursache bei Patienten mit chronischer Nierenersatztherapie). Erythrozytenveränderungen oder eine Thrombozytose können eine fälschlicherweise hohe Kaliumkonzentration vortäuschen. Die Gefahr einer Hyperkaliämie steigt mit der Kombination von ursächlichen Faktoren. Das Erkennen einer Hyperkaliämie Bei Patienten mit Arrhythmien oder im Kreislaufstillstand sollte eine Hyperkaliämie ausgeschlossen werden Die Patienten zeigen häufig einen verminderten Muskeltonus (Muskelschlaffheit), Parästhesien, oder abgeschwächte Sehnenreflexe. Die Effekte der Hyperkaliämie im EKG sind abhängig vom absoluten Serum-Kaliumspiegel und von der Dynamik des Serumanstiegs. (Abb. 13.1). EKG Veränderungen in Verbindung mit einer Hyperkaliämie sind üblicherweise progredient und beinhalten: • AV-Block I° (verlängertes PR Intervall > 0,2 sec.); • Abgeflachte oder fehlende P Welle; • Große, spitze T Wellen (T welle größer als R Welle in mehr als einer Ableitung); • ST Abflachung; • ST Wellen Verschmelzung; • Verbreiterter QRS Komplex ( > 0,12 sec.); • Bradykardie (Sinusbradykardie oder AV-Block); • Ventrikuläre Tachykardie; • Herz-Kreislaufstillstand (Asystolie, VF/VT, PEA). Therapie der Hyperkaliämie Die fünf Schlüsselmaßnahmen zur Behandlung der Hyperkaliämie sind: 1. Herzprotektion durch die Antagonisierung der Hyperkaliämie-Effekte; 2. Kaliumverschiebung in das Zellinnere; 3. Kaliumentfernung aus dem Körper; 4. Regelmäßige Bestimmung des Kaliumspiegels zur Verhinderung von Rebound-Phänomenen; 5. Prävention des Wiederauftretens. Besteht der dringende Verdacht auf das Vorliegen einer Hyperkaliämie (z.B. durch charakteristische EKG Veränderungen), sollten erste lebenserhaltende Therapiemaßnahmen eingeleitet werden, noch bevor die Laborwerte vorliegen. ©ERC Abb 13.1 12-Ableitungs-EKG mit charakteristischen Zeichen der Hyperkaliämie 132 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Patienten ohne Kreislaufstillstand Beurteilen Sie den Flüssigkeitshaushalt des Patienten. Liegt eine Hypovolämie vor, substituieren sie Volumen, um die Kaliumausscheidung über die Nieren anzuregen. Die angegebenen Werte sind als Richtgrößen zur Therapieentscheidung zu werten: Leichte Erhöhung (5,5 bis 6 mmol/l): entfernen Sie das Kalium aus dem Körper • Kalium-Austauscher-Harze – Resonium 15-30 g ODER Polysulfonsäure 15-30 in 50-100ml 20% Sorbitol, oral oder über Darmspülung (Beginn in 1-3 Std., maximaler Effekt in 6 Std), oder • Diuretika: Furosemid 1mg/kg langsam iv, oder • eventuell Dialyse: eine Hämodialyse ist effizienter als eine Peritonealdialyse um Kalium zu eliminieren (umgehender Wirkungseintritt: 25-30 mmol Kalium pro Stunde wird durch Hämodialyse eliminiert). Mittlere Erhöhung (6,0 bis 6,5 mmol/l) ohne EKG Veränderung: Verfolgen Sie oben angeführte Strategien plus Kaliumverschiebung in die Zelle mittels: • Glukose/Insulin: 10 IE kurzwirksames Insulin und 50 g Glukose iv. über 15 – 30 Minuten (Beginn der Wirkung nach 15-30 Min; maximaler Effekt nach 30-60 Min; regelmäßige Bestimmung des Blutglukose-Wertes empfohlen). Schwerwiegende Erhöhung (≥6,5 mmol/l) ohne EKGVeränderungen: Kaliumverschiebung in die Zelle mittels oben angeführten Strategien plus: • Salbutamol: 5 mg vernebelt. Mehrere Dosen können notwendig sein (Beginn der Wirkung nach 15-30 Min) • Natriumbikarbonat: 50 mmol iv. über 5 Min bei Vorliegen einer metabolischen Azidose (Beginn der Wirkung nach 5-30 Min). Natriumbikarbonat allein ist weniger effektiv als Glukose/Insulin oder vernebeltes Salbutamol; am besten wird es in Verbindung mit diesen Medikamenten verabreicht Schwerwiegende Erhöhung (≥6,5 mmol/l) mit toxischen EKG Veränderungen (Abb. 13.1): Schützen sie zuerst das Herz mittels: • Calciumchlorid: 10 ml 10% Calciumchlorid iv. über 2-5 Minuten, um die toxischen Effekte des hohen Kaliumspiegels an der Zellmembran der Myokardzelle zu antagonisieren. Dies schützt das Herz durch Verminderung des VF Risikos, senkt aber nicht den Kaliumspiegel im Serum(Zeit bis Wirkungseintritt ca.: 1-3 Min).Verfolgen Sie zusätzliche Strategien zur Entfernung und Verschiebung von Kalium wie oben beschrieben. Patient im Kreislaufstillstand Modifikationen der BLS-Maßnahmen Bei Vorliegen von Elektrolytstörungen sind keine BLS Änderungen erforderlich. Modifikationen der ALS-Maßnahmen Folgen sie dem Universalalgorithmus. Der übliche European Resuscitation Council Behandlungsansatz ist abhängig vom Grad der Hyperkaliämie, dem Anstieg des Serumkaliumspiegels und dem klinischen Zustand des Patienten. • Kreislaufstillstand: schützen Sie zuerst das Herz; im Anschluss verfolgen Sie Shifting- und EntfernungsStrategien;10 ml 10% Calciumchlorid iv. als rasche Bolusinjektion um die schädlichen Effekte der Hyperkaliämie auf die Myokardzellmembran zu antagonisieren. • Natriumbikarbonat: 50 mmol iv. mittels zügiger iv. Injektion (bei schwerer Azidose oder Nierenversagen). • Dextrose/Insulin: 10IE kurzwirksames Insulin und 50g Glukose iv. mittels zügiger Injektion • Hämodialyse: zu überlegen bei hyperkaliämieinduzierten Kreislaufstillständen, falls therapierefraktär. Indikationen zur Hämodialyse Die Hämodialyse ist die effektivste Methode, um Kalium aus dem Körper zu eliminieren. Die typische Abnahme des Serumkaliums beträgt 1 mmol/l in den ersten 60 Min, gefolgt von 1 mmol/l in den folgenden zwei Stunden. Die Hämodialyse sollte bei einer Hyperkaliämie in Kombination mit einer bekannten Niereninsuffizienz, oligurischem Nierenversagen (< 400 ml Urinausscheidung/Tag) oder bei Gewebezerstörung frühzeitig erwogen werden. Eine Dialyse ist ebenso indiziert, wenn die konventionelle medikamentöse Therapie nicht erfolgreich ist. Der Serumkaliumspiegel neigt nach der initialen Therapie häufig zu einem Wiederanstieg (Reboundphänomen). Hypokaliämie Hypokaliämie ist bei hospitalisierten Patienten häufig. Hypokaliämie erhöht die Inzidenz von Arrhythmien, insbesondere bei Patienten mit präexistenter Herzkrankheit und solchen, die mit Digoxin behandelt werden. Definition Hypokaliämie ist definiert als Serum-Kalium < 3,5 mmol/l. Schwere Hypokaliämie ist definiert als K+< 2,5 mmol/l und kann mit Symptomen assoziiert sein Ursachen KAP Ursachen der Hypokaliämie können sein: • gastrointestinal loss (diarrhoea); • Gastrointestinaler Verlust (Diarrhoe) • Medikamente (Diuretika, Laxantien, Steroide, Adrenalin, Isoprenalin, etc.) • Verlust über die Niere (Renal-tubuläre Störungen, Diabetes insipidus, Dialyse) • Endokrine Ursachen (M. Cushing, Hyperaldosteronismus) • Metabolische Alkalose • Magnesiummangel • Diät Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 133 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen STÖRUNG URSACHE KLINIK EKG THERAPIE Hyper-calciämie Primärer oder tertiärer Hyperpara-thyreoidismus Verwirrtheit Verkürztes QT Intervall Intravenöse Flüssigkeitsgabe [Ca2+] > 2.6 mmol/l Malignom Sarkoidose Medikamente Schwäche Bauchschmerzen Verlängertes QRS Intervall Hypotension Abgeflachte T Arrhythmien Wellen Kreislaufstillstand AV Block Herzstillstand Hypo-calciämie [Ca2+] < 2.1 mmol/l Chronisches Nierenversagen Parästhesien Akute Pankreatitis Krämpfe CA++ Kanal Blocker Überdosierung toxisches schock Syndrom Furosemid 1mg/kg IV Hydrokortison 200-300 mg IV Pamidronat 60-90 mg IV Calcitonin 4-8 IE/kg pro 8h IM Medikation überprüfen Hämodialyse Verlängertes QT Intervall Calciumchlorid 10% 10-40 ml Magnesiumsulfat 50% T Wellen -Inversion 4-8 mmol (wenn nötig) IV Tetanie AV- Block AV- Block Verwirrtheit Schwäche Atemdepression AV-Block Kreislaufstillstand Verlängerte PQ und QT Intervalle Calciumchlorid 10% Spitze T Welle Atmungsunterstützung Kreislaufstillstand Herzstillstand Rhabdomyolyse Tumorzerfall Hyper-magnesiämie [Mg2+] > 1.1 mmol/l Nierenversagen iatrogen AV- Block Herzstillstand 5-10ml IV ggf. repetitiv (falls nötig) Salzdiurese - NaCl 0.9% mit Furosemid 1mg kg-1 IV Hämodialyse Hypo-magnesiämie [Mg2+] < 0.6 mmol/l Gastrointestinaler Verlust Tremor Polyurie Nystagmus Hungern Alkoholabhängigkeit Malabsorption Ataxie Krämpfe Arrhythmien – Torsade de pointes Verlängertes PQ und QT Intervall ST-Abflachung T-Wellen Inversion Abgeflachte P Wellen verlängerter QRS Kreislaufstillstand Komplex Torsade de pointes Schwer oder Symptomatisch: 2 g 50% Magnesiumsulfat (4 ml; 8 mmol) IV in 15 min. Torsade de pointes: 2 g 50% Magnesiumsulfat (4 ml; 8 mmol) IV in 1-2 min. Krampfanfall: 2 g 50% Magnesiumsulfat (4 ml; 8 mmol) IV in 10 min. Tab 13.1 Calcium (Ca2+) and Magnesium (Mg2+) Störungen mit assoziierten klinischen Zeichen, EKGVeränderungen und empfohlener Therapie Ebenso kann die Therapie einer Hyperkaliämie eine Hypokaliämie verursachen. Erkennen der Hypokaliämie Schließen Sie eine Hypokaliämie bei jedem Patienten mit einer Herzrhythmusstörung oder einem Kreislaufstillstand aus. Bei Dialysepatienten sieht man die Hypokaliämie am ehesten am Ende der Dialysesitzung oder während der Behandlung mit Peritonealdialyse im ambulanten Bereich, CAPD. Sinkende Serumkaliumkonzentration führt in erster Linie zur Beeinträchtigung von Nerven und Muskeln. 134 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Die Folgen sind Müdigkeit, Schwäche, Beinkrämpfe, Obstipation. In schweren Fällen(K+ < 2,5 mmol/ l) kann es zur Rhabdomyolyse, aufsteigenden Lähmungserscheinungen und respiratorischer Insuffizienz kommen. EKG Veränderungen einer Hypokaliämie sind: • U - Wellen; • T – Wellen Abflachung; • ST Elevation; • Arrhythmien; European Resuscitation Council • Herz-Kreislaufstillstand (VF/VT, Asystolie, PEA); Behandlung Die Behandlung ist abhängig vom Schweregrad der Hypokaliämie und dem Auftreten von Symptomen und EKG Veränderungen. Die schrittweise Zufuhr von Kalium ist vorzuziehen, jedoch ist in einer Notfallsituation die intravenöse Applikation erforderlich. Die maximal empfohlene intravenöse Infusionsrate liegt bei 20 mmol/l pro Stunde. Jedoch kann bei einer instabilen Arrhythmie oder bei drohendem oder bereits eingetretenem Kreislaufstillstand eine schnellere Infusionsgeschwindigkeit indiziert sein (z.B. 2 mmol/min in 10 min, gefolgt von weiteren 10 mmol über 5 – 10 min). Kontinuierliches EKG Monitoring ist während der intravenösen Applikation essentiell. Adjustieren Sie die Dosis nach wiederholten Messungen des Serumkaliumspiegels.. Patienten mit einer Hypokaliämie können auch eine Hypomagnesiämie aufweisen. Die Aufsättigung der Magnesiumspeicher führt zu einem schnelleren Ausgleich der Hypokaliämie und ist in schweren Fällen der Hypokaliämie empfohlen. Calcium und Magnesium Veränderungen Das Erkennen und das Management der Calcium und Magnesiumstörungen ist in Tab. 13.1 zusammengefasst. Vergiftungen Vergiftungen sind selten Ursache eines Kreislaufstillstands, bleiben aber führend bei Opfern, die jünger als 40 Jahre alt sind. Darüber hinaus sind Vergiftungen häufig Ursache eines nicht-traumatischen Komas in dieser Altersgruppe. Selbstvergiftung mit therapeutischen oder anderen (Freizeit-) Drogen ist der Hauptgrund für die Krankenhausaufnahme. Eine Medikamentenvergiftung kann auch durch unangemessene Dosierung oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten hervorgerufen werden. Bei Kindern findet man am häufigsten akzidentielle Vergiftungen. Mord durch Vergiftung ist eher ungewöhnlich. Industrielle Unfälle, Krieg oder Terrorismus können zum Kontakt mit Chemikalien, biologischen Stoffen, röntgenoder nuklearen Strahlen (ABC) führen. Dekontamination und das sichere Management für individuelle Vorfälle oder den Massenanfall von Verletzten ist nicht Teil dieses Handbuchs. Weitere Informationen können Sie unter www.ukresilience.info/ erhalten. Initiale Behandlung Wesentliche Behandlung sind, auf dem ABCDE Schema basierende, Maßnahmen zur Vorbeugung eines Kreislaufstillstands während der Eliminationsphase. European Resuscitation Council Atemwegsverlegung und Atemstillstand sind im Rahmen eines reduzierten Bewusstseinszustands häufig anzutreffen. Alkoholexzesse sind oft mit einer Selbstvergiftung kombiniert. • Nach dem Öffnen und Freimachen der Atemwege überprüfen Sie Atmung und Puls (wenn Sie dafür ausgebildet sind). Vermeiden Sie Mundzu-Mund Beatmung in der Gegenwart etwaiger Gifte wie Zyanid, Schwefelsäure, ätzenden Stoffen und Organophosphaten. Beatmen sie den Patienten mit Hilfe einer Taschenmaske oder eines Beatmungsbeutels und höchstmöglicher Sauerstoffkonzentration. Im Fall einer Paraquatvergiftung kann sich die Lungenschädigung durch hohe Sauerstoffkonzentrationen ausweiten; wählen Sie die inspiratorische Sauerstoffkonzentration entsprechend der Pulsoxymeterie oder der arteriellen Blutgasanalyse. • Nach Vergiftungen besteht eine hohe Inzidenz einer pulmonalen Aspiration von Mageninhalt. Bei bewusstlosen Patienten ohne Schutzreflexe sollte eine rasche Einleitung (Rapid sequence induction) mit Krikoiddruck zur Intubation durchgeführt werden, um das Risiko einer Aspiration zu verringern. Dieses Vorgehen sollte durch Personen, die Erfahrung in dieser Technik haben, erfolgen. • Bei Kreislaufstillstand wird nach Standard BLS und ALS Algorithmen vorgegangen. • Bei lebensbedrohlichen Tachyarrhythmien besteht die Indikation zur Kardioversion. Das Vorgehen richtet sich nach den Leitlinien zu den Periarrest Arrhythmien (Kapitel 12). Versuchen Sie, reversible Ursachen zu beheben. • Nach einer Selbstvergiftung kommt es gewöhnlich zur medikamenteninduzierten Hypotension. Normalerweise reagiert diese auf eine Volumentherapie, gelegentlich ist aber auch der Einsatz von positiv inotropen Substanzen notwendig. • Nach Beginn der Reanimation sollte das Gift (die Gifte) identifiziert werden. Verwandte, Freunde oder Rettungsdienstpersonal können häufig nützliche Hinweise geben. Die Patientenuntersuchung kann weitere diagnostische Hinweise wie Geruch, Einstichstellen, stecknadelkopfgroße Pupillen, Tablettenrückstände, Verätzungen im Mund, oder mit protrahiertem Koma assoziierte Hautblasen ergeben. • Die Körpertemperatur sollte gemessen werden, da es nach Medikamentenüberdosierung zu einer Hypooder Hyperthermie kommen kann. • Es sollte eine regionale oder nationale Giftnotrufzentrale kontaktiert werden, um Informationen zur Behandlung des Vergifteten zu erhalten. Im UK kann man eine Spezialberatung über den Zugriff von TOXBASE erhalten (www.spib. axl.co.uk). Ähnliche Zentren existieren in anderen Ländern. Die Weltgesundheitsorganisation führt eine Liste mit Giftnotrufzentralen (www.who.int/ipcs/). Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 135 KAP 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen Spezifische Behandlungen Es gibt nur wenige therapeutische Maßnahmen, die bei Vergiftungen unverzüglich sinnvoll sind. Der Schwerpunkt liegt auf einer intensiven unterstützenden Therapie mit Korrektur der Hypoxie, der Hypotension, des Säure-Basen Haushalt und von Elektrolytentgleisungen. Die therapeutischen Maßnahmen beinhalten die Einschränkung der Resorption des aufgenommenen Giftes, die Erhöhung der Ausscheidung, oder den Einsatz von spezifischen Antidoten. Bei schwerwiegenden oder ungewöhnlichen Vergiftungen sollte man sich bei Giftnotrufzentralen im Hinblick auf die neueste Datenlage beraten lassen. • Aktivkohle adsorbiert bestimmte Medikamente. Ihr Wert verringert sich mit zunehmender Zeit nach der Aufnahme. Man sollte den Einsatz einer Einzeldosis Aktivkohle bei denjenigen Patienten erwägen, die eine potenziell toxische Menge eines Giftes (das bekanntermaßen von Aktivkohle adsorbiert wird) innerhalb der letzten Stunde eingenommen haben. Verabreichung nur bei Patienten mit einem funktionierendem oder geschütztem Atemweg. Mehrfache Dosierungen können bei lebensbedrohlichen Vergiftungen mit Carbamazepin, Dapson, Phenobarbital, Quinin und Theophyllin nützlich sein. • Eine Magenspülung, gefolgt von einer Therapie mit Aktivkohle, ist nur innerhalb einer Stunde nach Aufnahme des Giftes sinnvoll. Generell sollte dies nur nach einer Intubation durchgeführt werden. Eine verspätete Magenspülung hat nur sehr geringen Einfluss auf die Medikamentenadsorption und kann • • • • möglicherweise die Medikamente tiefer in den Gastrointestinaltrakt treiben. Eine komplette Darmspülung kann die Aufnahme von Medikamenten aufgrund einer Reinigung des GastroIntestinaltraktes durch Gabe einer Polyethylen-GlykolLösung reduzieren. Dies sollte man bei potentiell toxischer Einnahme mit verzögerter Freisetzung oder magensäureresistenten Medikamenten, oraler Eisenvergiftung sowie verschluckten Paketen verbotener Drogen in Erwägung ziehen. Eine Urinalkalisierung (pH>7,5) durch intravenöse Gabe von Natriumbicarbonat kann bei Patienten mit einer moderaten bis schweren Salizylatvergiftung nützlich sein, die keine Hämodialyse benötigen. Bei einer Überdosis von trizyklischen Medikamenten kann die Urinalkalisierung ebenfalls nützlich sein (siehe unten). Die Hämodialyse sollte bei Vergiftungen mit Methanol, Ethylenglykol, Salizylaten und Lithium in Erwägung gezogen werden. Eine Kohlehämoperfusion kann bei Vergiftungen mit Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin oder Theophyllin indiziert sein. Spezifische Antidote sind: N-Acetylcystein für Paracetamol; Atropin hochdosiert für Organsphosphate (Insektizide); Natriumnitrit, Natriumthiosulfat, Hydroxocobalamin, Amylnitrit oder Dicobalt Edetat für Zyanide; Digoxin-spezifische Fab Antikörper für Digoxin; Flumazenil für Benzodiazepine; Naloxon für Opioide. Die Antagonisierung von Benzodiazepinen mit Flumazenil ist bei Patienten mit einer Benzodiazepinabhängigkeit oder der gleichzeitigen Aufnahme von krampfsteigernden Medikamenten wie trizyklischen Antidepressiva Abb 13.2 12-Ableitungs-EKG mit charakteristischen Zeichen der schweren Vergiftung mit trizyklischen Antidepressiva 136 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council mit einer signifikanten Toxizität verbunden. Die routinemäßige Gabe von Flumazenil beim komatösen Patienten mit einer Überdosis wird nicht empfohlen. Spezifische Antidote These guidelines address only some causes of cardiorespiratory arrest from poisoning. Opiatvergiftungen Opiatvergiftungen verursachen Atemdepression, stecknadelkopfgroße Pupillen und Koma, gefolgt von Atemstillstand. Der Opioidantagonist Naloxon hebt diese Effekte schnell auf. Es gibt weniger ungünstige Ereignisse, wenn bei opiatinduzierter Atemdepression der Luftweg freigehalten wird, der Patient Sauerstoff erhält und noch vor der Naloxongabe beatmet wird (beispielsweise mit einer Taschenmaske oder einem Beatmungsbeutel); wie auch immer: der Einsatz von Naloxon kann die Intubation eventuell verhindern. Der Applikationsweg von Naloxon richtet sich nach den Fähigkeiten des Retters: intravenöse (i.v.), intramuskuläre (i.m.), subkutane (s.c.), endotracheale (e.t.) und intranasale (i.n.) Zugänge können benutzt werden. Die nicht-intravenösen Zugänge können schneller sein, da Zeit gespart wird, indem man einen intravenösen Zugang nicht erst schaffen muss, welches bei einem i.v. Drogenabhängigen extrem schwierig sein kann. Die initiale Dosierung von Naloxon sind 400 mcg i.v, 800 mcg im., 800 mcg sc., 2 mg in. und 1-2 mg et.. Schwere Opiatüberdosierungen erfordern eine Titration bis zu einer totalen Naloxondosis von 6-10 mg. Die Wirkdauer von Naloxon ist 45-70 min., die Atemdepression jedoch kann für bis zu 4-5 Stunden nach der Opiatüberdosierung anhalten. Folglich halten die klinischen Effekte von Naloxon möglicherweise nicht so lange an wie die einer signifikanten Opiatüberdosierung. Naloxon sollte so lange gegeben werden, bis das Opfer adäquat atmet und Atemwegsschutzreflexe hat. Der akute Entzug von Opiaten produziert einen Sympathikusüberschuss und kann Komplikationen wie Lungenödem, ventrikuläre Arrhythmien und schwere Agitation hervorrufen. Naloxon zur Aufhebung einer Opiatintoxikation sollte bei Personen mit vermuteter Opiatabhängigkeit mit Vorsicht eingesetzt werden. Der Kreislaufstillstand ist üblicherweise ein sekundäres Geschehen nach einem Atemstillstand und ist mit schwerer cerebraler Hypoxie verbunden. Die Prognose ist schlecht. Die Naloxongabe ist wahrscheinlich nicht schädlich. Bei eingetretenem Kreislaufstillstand sollte nach den Standardleitlinien verfahren werden. Trizyklische Antidepressiva Die Selbstvergiftung mit trizyklischen Antidepressiva ist weit verbreitet und kann Hypotension, Krampfanfälle und Arrhythmien verursachen. Die meisten lebensbedrohlichen Probleme treten in den ersten sechs Stunden nach der Einnahme auf. Ein verbreiterter QRS Komplex, verlängertes QT Intervall und Verschiebung der Herzachse nach rechts zeigen ein erhöhtes Risiko European Resuscitation Council für Arrhythmien und Krampfanfälle an (Abb. 13.2). Die Natriumbikarbonattherapie mit einem Ziel pH-Wert des Blutes von 7,45 bis 7,55 verhindert möglicherweise diese Komplikationen. Hypertone Salzlösungen können eine Alternative zu Natriumbikarbonat sein. Kokain Toxizität Eine Überstimulation des Sympathikus verbunden mit einer Kokainintoxikation kann Agitation, symptomatische Tachykardien, hypertensive Krisen, Hyperthermie und myokardiale Ischämien mit Angina verursachen. Kleine Dosen intravenöser Benzodiazepine (Midazolam, Diazepam, Lorazepam) sind effektive Medikamente der ersten Wahl. Trinitroglyzerin und Phentolamine können die kokaininduzierte Vasokonstriktion aufheben, Labetalol hat keinen signifikanten Effekt, und Propanolol verschlimmert die Symptomatik. Nitrate sollten nur in zweiter Linie für die Therapie der Myokardischämie eingesetzt werden. Mögliche myokardiale Nekrosen sollten bei Patienten mit kokainassoziierten Brustschmerzen mit Hilfe des EKG und der Herzmarker (z.B. Troponin) erhoben werden. Medikamenteninduzierte schwere Bradykardie Schwerwiegende Bradykardien durch Vergiftungen oder Medikamentenüberdosierungen sind aufgrund von verlängerter Rezeptorbindung oder direkter Zelltoxizität den ALS Standardmaßnahmen gegenüber möglicherweise therapierefraktär. Atropin kann bei Vergiftungen mit Organophosphaten, Carbamat oder Nervengiften lebensrettend sein. Atropin sollte bei Bradykardien, die durch Acetylcholinesterasehemmer verursacht sind, verabreicht werden. Große (2-4 mg) und wiederholte Dosen können notwendig werden, um einen klinischen Effekt zu erreichen. Isoprenalin in hohen Dosen kann bei Bradykardien, die durch Betablockade induziert sind, hilfreich sein. Leitungsblockaden und ventrikuläre Arrhythmien, die mit einer Vergiftung durch Digoxin oder Digitalisglykoside verbunden sind, können effektiv durch digoxinspezifische Antikörperfragmente behandelt werden. Vasopressoren, inotrope Substanzen, Kalzium, Glucagon, Phosphodiesterasehemmer und Insulin-Glukose können bei einer Überdosierung von Betablockern oder Kalziumkanalblockern hilfreich sein. Transkutane Schrittmacher können bei schwerwiegenden Bradykardien durch Vergiftungen und Überdosierungen effektiv sein (Kapitel 11 und 12). Weitere Behandlung und Prognose Eine lange Zeitspanne im Koma in der gleichen Position kann Druckstellen und Rhabdomyolyse verursachen. Es sollten Elektrolyte (besonders Kalium), Blutzucker und arterielle Blutgaswerte bestimmt werden. Die Temperatur sollte überwacht werden, da die Thermoregulation beeinträchtigt ist. Sowohl Hypothermie als auch Hyperthermie (Hyperpyrexie) können nach einer Überdosierung einiger Medikamente auftreten. Blut- und Urinproben sollten für Analysen zurückgehalten werden. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 137 KAP 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen Man sollte sich auf eine verlängerte Reanimationszeit vorbereiten, insbesondere bei jungen Patienten, da das Gift während der lebenserhaltenden Maßnahmen verstoffwechselt oder ausgeschieden werden könnte. Hypothermie Definition Hypothermie entspricht einem Absinken der Körperkerntemperatur unter 35 °C; die Klassifizierung erfolgt willkürlich als mild (32 bis 35 °C), moderat (32 bis 30 °C) oder schwer (unter 30 °C). Hypothermie kann bei Personen mit normaler Thermoregulation auftreten, die kalter Umgebung, insbesondere nassen oder windigen Bedingungen ausgesetzt sind, oder nach Immersion in kaltem Wasser. Wenn die Thermoregulation beeinträchtigt ist, beispielsweise bei Älteren oder bei sehr jungen Menschen, kann schon eine milde Erkältung eine Hypothermie auslösen. Das Risiko einer Hypothermie wird auch durch Drogen- oder Alkoholaufnahme, Krankheit, Verletzungen oder Verwahrlosung erhöht. Hypothermie kann durch die klinische Vorgeschichte oder eine kurze Untersuchung des kollabierten Patienten vermutet werden. Ein Thermometer, das auch tiefe Temperaturen misst, wird zur Messung der Körperkerntemperatur und zur Bestätigung der Diagnose benötigt. Entscheidung zur Wiederbelebung Die Hypothermie kann einen schützenden Einfluss auf das Gehirn nach einem Kreislaufstillstand ausüben. Eine neurologische Erholung ist nach einem hypothermen Kreislaufstillstand möglich, obwohl diejenigen mit nicht asphyktischem Kreislaufstillstand eine bessere Prognose haben als diejenigen mit hypothermen Kreislaufstillstand, welcher mit Asphyxie verbunden ist. Lebensrettende Maßnahmen sollten allein aufgrund des klinischen Erscheinungsbildes nicht vorenthalten werden. Man sollte vorsichtig sein bei der Todesfeststellung bei einem hypothermen Patienten, da die Hypothermie allein schon einen langsamen, wenig voluminösen, unregelmäßigen Puls und einen nicht messbaren Blutdruck verursacht. Die Hypothermie schützt das Gehirn und die lebenswichtigen Organe, und Arrhythmien vor oder während der Erwärmung sind potenziell reversibel. Bei 18° C kann das Gehirn Zeitspannen eines Kreislaufstillstandes 10 mal länger tolerieren als bei 37 °C. Erweiterte Pupillen können durch eine große Vielfalt von Ursachen auftreten und dürfen nicht als Zeichen des Todes gewertet werden. Beim Auffinden eines Patienten im hypothermen Kreislaufstillstand in einer kalten Umgebung ist es nicht immer einfach, zwischen primärer und sekundärer Hypothermie zu unterscheiden. Der Kreislaufstillstand könnte primär aufgrund der Hypothermie entstanden sein, oder sekundär aufgrund eines normothermen Kreislaufstillstandes (z.B. Kreislaufstillstand aufgrund myokardialer Ischämie bei einer Person in kalter 138 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Umgebung). Man sollte den Tod eines Patienten nicht bestätigen, solange dieser nicht erwärmt worden ist, oder Versuche seine Körperkerntemperatur zu erwärmen fehlgeschlagen sind; dabei kann eine verlängerte Reanimationszeit notwendig sein. Unter den präklinischen Bedingungen sollte eine Reanimation nur dann vorenthalten werden, wenn offensichtlich tödliche Verletzungen vorliegen oder der Körper vollständig gefroren ist, sodass Wiederbelebungsversuche nicht möglich sind. Im Krankenhaus wird man die klinische Beurteilung heranziehen, um den Zeitpunkt des Reanimationsabbruches bei einem hypothermen Patienten zu bestimmen. Behandlung Die Standardmaßnahmen zur Basisversorgung und Vorbeugung weiterer Komplikationen werden auch bei hypothermen Patienten angewendet. Man sollte dringende Maßnahmen wie die Intubation oder das Legen eines Gefäßkatheters nicht verzögern. • Atemwege freimachen und, falls es keinen spontanen Atemanstrengungen gibt, Beatmung mit hoher Sauerstoffkonzentration. Falls möglich, sollte angewärmter (40-46°C) und angefeuchteter Sauerstoff verwendet werden. Man sollte eine vorsichtige Intubation, wenn sie gemäß den ALS Algorithmen indiziert ist, in Erwägung ziehen. Die Verfahren können Kammerflimmern auslösen. • Es sollte eine große Arterie palpiert werden, sowie, falls vorhanden, ein EKG für 1 Minute abgeleitet werden und auf Lebenszeichen geachtet werden, bevor man den Schluss zieht, dass es keine Herzauswurfleistung gibt. Falls eine Doppleruntersuchung möglich ist, sollte man diese benutzen, um einen peripheren Blutfluss zu registrieren. Wenn dass Opfer pulslos ist, sollte die Herzdruckmassage sofort begonnen werden. Wenn man in der Beurteilung eines Patienten nicht geübt ist, oder wenn es irgendwelche Zweifel gibt, sollte sofort mit der Herzdruckmassage begonnen werden, bis erfahrenere Hilfe zur Verfügung steht. Sowohl die Atemfrequenz, als auch der Puls kann bei schwerer Hypothermie sehr langsam sein, so dass man mehr Zeit für die Beurteilung benötigt. • Sobald die Reanimation begonnen wurde, sollte man die Hypothermie mittels eines Thermometers für tiefe Temperaturen bestätigen. Man kann die ösophageale, Blasen-, rektale oder Ohrtemperaturmessung benutzen. Man sollte versuchen, eine dieser Methoden beizubehalten, um einen Serienvergleich zwischen den gemessenen Werten zu erlauben. • Das Verhältnis Kompression:Ventilation beträgt 30:2 wie bei einem normothermen Patienten. Eine Hypothermie verursacht eine Steifheit des Brustkorbes, was die Herzdruckmassage und die Beatmung schwierig macht. • Das hypotherme Herz kann eventuell auf herzaktive European Resuscitation Council • • • • Medikamente, versuchtes elektrisches Pacing und versuchter Defibrillation unempfindlich sein. Der Metabolismus der Medikamente ist verlangsamt, so dass potentiell toxische Plasmakonzentrationen von jeder Substanz, welche wiederholt gegeben wird, auftreten können. Man sollte kein Adrenalin und andere Medikamente geben, solange der Patient nicht auf Temperaturen über 30 °C aufgewärmt worden ist. Nachdem 30°C erreicht worden sind, sollten die Zeitintervalle der Medikamentenapplikation verdoppelt werden (zwei Mal so lang wie normal). Bei Normalisierung der Patiententemperatur (>35°C) kommen die Standardmedikamentenprotokolle zur Anwendung. Medikamente sollten, falls möglich, über einen zentralen oder großlumigen proximal venösen Zugang gegeben werden. Andere primäre Gründe für einen Kreislaufstillstand sollten ausgeschlossen werden (z.B. Medikamentenüberdosierung, Hypothyreose oder Trauma) oder auch reversible Ursachen anhand der 4 H´s und HITS. Elektrolyte, Glukose und Blutgase sollten regelmäßig während der Reanimation und Postreanimationsphase überwacht werden, da schnelle Veränderungen auftreten können. Blutgasanalysegeräte beziehen die Blutgaswerte für den Patienten auf eine Temperatur von 37°C, wenn die Patiententemperatur nicht in das Gerät eingegeben wird. Sauerstoff- und Kohlendioxidpartialdruck sind bei der Hypothermie verringert, da sich die Gase bei geringeren Temperaturen besser lösen. Im klinischen Alltag ist es einfacher, alle Messungen bei 37°C zu machen. Es ist dann nur wichtig, sie mit den bekannten Normalwerten für 37°C zu vergleichen. Dies ermöglicht auch den Vergleich von Serienergebnissen der Blutgasproben während der Erwärmungsphase. Arrhythmien Mit zunehmendem Sinken der Körperkerntemperatur neigt die Sinusbradykardie dazu, in ein Vorhofflimmern überzugehen, welches von Kammerflimmern (VF) und schließlich Asystolie gefolgt wird. Hier sollten die Standard-Behandlungsprotokolle angewendet werden. • Andere Arrhythmien als das Kammerflimmern tendieren dazu, mit dem Ansteigen der Körperkerntemperatur spontan zu sistieren und bedürfen keiner sofortigen Behandlung. Eine Bradykardie kann bei einer schweren Hypothermie physiologisch sein. Eine Schrittmachertherapie ist nicht notwendig, außer die Bradykardie persistiert nach der Wiedererwärmung. • Der Nachweis von VF/VT führt zur Defibrillation. Sollte eine VF/VT nach drei Defibrillationen fortbestehen, führen Sie weitere notwendige Defibrillationen erst nach dem Erreichen einer Körperkerntemperatur >30°C durch. Automatische externe Defibrillatoren (AED`s) dürfen bei diesen Patienten benutzt werden. European Resuscitation Council Aufwärmen Allgemeine Maßnahmen für alle Patienten umfassen das Entfernen aus der kalten Umgebung, Verhindern von weiterem Wärmeverlust und einen schnellen Transport in das Krankenhaus. Eine Erwärmung kann passiv äußerlich, aktiv äußerlich oder aktiv innerlich erfolgen. • Kalte oder nasse Kleidung sollte so bald wie möglich entfernt werden. Das Opfer sollte abgetrocknet und zugedeckt werden. Schützen sie den Patienten vor Wind. • Die Erwärmung sollte passiv erfolgen durch Zudecken in einem warmen Raum, sofern das Opfer mit milder Hypothermie bei Bewusstsein ist. • Bei schwerer Hypothermie oder im Kreislaufstillstand sind aktive Maßnahmen zur Erwärmung notwendig. Erwärmung mittels warmer Luft oder intravenöser Applikation von warmer Flüssigkeit ist bei Patienten mit schwerer Hypothermie und einem funktionsfähigen Kreislauf sehr effektiv. Andere Erwärmungstechniken umfassen die Verwendung von warmen, befeuchteten Gasen und gastrische, peritoneale, pleurale oder Blasen-Lavage mit warmer Flüssigkeit (um 40°C) sowie die extrakorporale Bluterwärmung mit partialem Bypass. • Beim Patienten mit Kreislaufstillstand und Hypothermie ist ein Herz-Lungen-Bypass die bevorzugte Methode einer aktiven inneren Erwärmung, weil dies den Kreislauf, die Oxygenierung und die Beatmung ersetzt, während die Kerntemperatur des Körpers langsam erhöht wird. Überlebende einer Fallserie wurden vor dem Anschluss an die Herz-Lungenmaschine durchschnittlich 65 Minuten konventionell reanimiert. Leider sind die Möglichkeiten des extrakorporalen Bypasses nicht weit verbreitet, sodass unter Umständen eine Kombination anderer Möglichkeiten benutzt werden muss. • Erwärmen Sie die Patienten nicht zu stark. Bei komatösen Patienten kann eine Periode einer therapeutischen Hypothermie von 32-34°C von Vorteil sein. Hyperthermie ist bei diesen Patienten schädlich (siehe unten). • Während der Erwärmung benötigen die Patienten große Mengen an Flüssigkeiten, weil sich aufgrund der Vasodilatation ihr vaskulärer Raum ausdehnt. Alle intravenösen Flüssigkeiten sollten erwärmt werden. Ein ständiges hämodynamisches Monitoring sollte durchgeführt werden, und - sofern möglich - sollte die Behandlung dieser Patienten auf einer Intensivstation erfolgen. Phase nach der Wiederbelebung Vermeiden Sie Hyperthermie während und nach der Aufwärmphase. Bei ROSC sollten die Standard-Strategien für die Post-Reanimationsphase befolgt werden, einschließlich milde Hypothermie, sofern angezeigt. (Kapitel 14). Es gibt keine Evidenz für die routinemäßige Anwendung Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 139 KAP 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen von Steroiden, Barbituraten oder Antibiotika. Hyperthermie Definition Überwärmung entsteht, wenn die Thermoregulationsfähigkeit des Körpers versagt und die Körperkerntemperatur das normalerweise durch homöostatische Mechanismen aufrechterhaltene Maß übersteigt. Die Überwärmung kann exogen durch äußere Einflüsse oder sekundär durch körpereigene Wärmeproduktion entstehen. Die umgebungsbedingte Hyperthermie entsteht, wenn Wärme, üblicherweise in Form von Strahlungsenergie, vom Körper schneller absorbiert wird als durch Thermoregulations-mechanismen abgegeben werden kann. Hyperthermie führt zu einer Reihe von Notfallbildern beginnend mit Hitzebelastung, in weiterer Folge Hitzeerschöpfung und Hitzschlag, welcher in ein Multiorganversagen und in manchen Fällen zum HerzKreislaufstillstand führen kann. Die maligne Hyperthermie (MH) ist eine seltene muskuloskelettale Dysfunktion des Kalziumgleichgewichts, die durch Muskelkontrakturen und eine hypermetabolische Krise charakterisiert ist, welche bei genetisch prädisponierten Patienten durch halogenierte Anästhetika und depolarisierende Muskelrelaxantien ausgelöst wird. Hitzschlag Der Hitzschlag ist eine systemische Entzündungsantwort mit einer Körperkerntemperatur > 40,6°C in Verbindung mit Persönlichkeitsveränderung und unterschiedlichen Graden von Organdysfunktionen. Es werden zwei Formen unterschieden: Der klassische Hitzschlag, welcher durch hohe Umgebungstemperaturen vornehmlich ältere Mitmenschen während Hitzeperioden trifft; der „exertionale“ Hitzschlag ist durch starke körperliche Anstrengung bei hohen Umgebungstemperaturen und/oder hoher Luftfeuchtigkeit bedingt und betrifft vornehmlich junge Menschen. Die Mortalität des Hitzschlags liegt bei 10-50%. Prädisponierende Faktoren Ältere Personen haben ein höheres Risiko für hitzebedingte Erkrankungen. Die Ursachen sind zugrundeliegende Krankheiten, regelmäßige Medikation, reduzierte Möglichkeiten der Thermoregulation und eine geringere soziale Unterstützung. Es gibt eine Reihe von Risikofaktoren wie: Akklimatisierungsschwäche, Dehydratation, Übergewicht, Alkohol, Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems, Hauterkrankungen (Schuppenflechte, Ekzeme, Sklerodermie, Verbrennungen, zystische Fibrose), Hyperthyreose, Phäochromozytom, Medikamente 140 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen und Drogen (Anticholinergika, Morphin, Kokain, Amphetamine, Phenothiazine, Sympathomimetika, Ca++ Kanal Blocker, Beta Blocker). Klinische Erscheinungsform Der Hitzschlag kann dem septischen Schock ähneln und durch ähnliche Mechanismen entstehen. Charakteristisch sind: • Körperkerntemperatur > 40,6° C; • Heiße, trockene Haut ( die Hälfte der Patienten mit anstrengungsbedingtem Hitzschlag schwitzen); • Frühzeichen: extreme Müdigkeit, Kopfschmerzen, Ohnmacht, Gesichtsröte, Erbrechen und Durchfall; • Kardiovaskuläre Dysfunktion einschließlich Arrhythmien und Hypotension; • Respiratorische Einschränkung einschließlich ARDS; • ZNS Dysfunktion einschließlich Krampfanfall und Koma; • Leber- und Nierenversagen; • Gerinnungsstörungen; • Rhabdomyolyse. Andere Umstände müssen bedacht werden: • Medikamentennebenwirkungen; • Syndrome durch Absetzen von Medikamenten; • Serotonin Nebenwirkung; • Neuroleptisch-maligne Syndrome; • Sepsis; • ZNS Infektion; • Endokrine Fehlfunktion (z.B. Thyreotoxische Krise, Phäochromozytom). Behandlung Der Schwerpunkt der Behandlung ist die unterstützende Therapie auf Basis der ABCDE Maßnahmen und die Kühlung des Patienten. • Beginnen Sie mit der Kühlung des Patienten, bevor er das Krankenhaus erreicht. Patienten mit schwerem Hitzschlag sollten auf einer Intensivstation betreut werden. • Benutzen sie hämodynamisches Monitoring, um die Flüssigkeitstherapie zu steuern. Es kann ein hoher Volumenbedarf entstehen. Gleichen sie den Elektrolythaushalt aus. • Bei einem Herz-Kreislaufstillstand folgen sie den Standard-Empfehlungen des BLS und ALS und kühlen sie den Patienten. Die Defibrillation wird, falls notwendig, entsprechend den gültigen Leitlinien durchgeführt, während die Kühlung des Patienten fortgesetzt wird. • Wenden sie die Empfehlungen der Postreanimationsphase entsprechend der Leitlinien an (Kapitel 14). European Resuscitation Council Kühlungstechniken Definition Verschiedene Kühlungsmethoden sind beschrieben, es gibt aber nur wenige Studien dazu. • Einfache Techniken wie kühle Getränke, entkleideten Patienten befächeln und mit lauwarmem Wasser besprühen, Eispackungen auf Areale mit großen oberflächlichen Gefäßen legen (Leiste, Achseln, Hals). Das Kühlen der Oberfläche kann Zittern erzeugen • Bei bewusstseinsklaren und stabilen Patienten ist das Eintauchen in kaltes Wasser sehr effektiv, dies kann jedoch zu peripherer Gefäßverengung und verminderter Hitzeabgabe führen. Immersion von sehr kranken Patienten ist nicht praktikabel. • Benutzen Sie die gleichen erweiterten Kühltechniken, die auch für die therapeutische Hypothermie nach einem Herz-Kreislaufstillstand empfohlen werden (siehe Postreanimationsphase). Magen, Peritoneal-, Pleura- oder Harnblasenlavage mit kaltem Wasser senkt die Kerntemperatur. Denken sie auch an die Applikation von kalter intravenöser Flüssigkeit, intravaskulären Kathetern und an einen extrakorporalen Kreislauf, z.B. veno-venöse Hämofiltration oder Kardiopulmonaler Bypass. • Es gibt keine spezifischen Medikamente, welche die Körperkerntemperatur bei Hitzschlag senken. Es gibt keine gute Evidenz, dass Antipyretika (z.B. NSAID’s oder Paracetamol) bei Hitzschlag effektiv sind. Ertrinken ist definiert als ein Prozess, der aus einer primären respiratorischen Insuffizienz durch Submersion/ Immersion in einer Flüssigkeit resultiert. Diese Definition impliziert das Vorhandensein einer Flüssigkeit/Luftgrenze am Eingang der Luftwege des Opfers, welche die Atmung verhindert. Das Opfer kann nach diesem Vorgang leben oder sterben; unabhängig vom Outcome aber war es in einen Ertrinkungsvorfall involviert. Immersion bedeutet, mit Wasser bedeckt zu sein. Zum Ertrinken muss normalerweise zumindest das Gesicht und die Atemwege unter Wasser sein. Submersion bedeutet, dass sich der gesamte Körper einschließlich Atemwege unter Wasser oder einer anderen Flüssigkeit befindet. Maligne Hyperthermie Die maligne Hyperthermie ist eine lebensbedrohliche genetische Empfindlichkeit der Skelettmuskulatur auf inhalative Anästhetika und depolarisierende neuromuskulär blockierende Substanzen, welche während oder nach einer Narkose wirksam wird. Stoppen sie sofort die Zufuhr der auslösenden Stoffe, geben sie Sauerstoff, gleichen sie die Azidose- und Elektrolytverschiebungen aus. Kühlen sie aktiv und applizieren sie Dantrolen. Ertrinken Ertrinken ist eine häufige unfallbedingte Todesursache. Die schwerwiegendste Folge des Ertrinkens ist die Hypoxie. Der Kreislaufstillstand ist üblicherweise ein sekundäres Ereignis. Bei erwachsenen Ertrinkungsopfern geht häufig Alkoholkonsum voraus. Sofortige Wiederbelebung am Ort des Geschehens ist unerlässlich für das Überleben und die neurologische Wiederherstellung nach Ertrinken. Dazu ist die CPR durch Unfallzeugen sowie die sofortige Aktivierung des Rettungssystems erforderlich. Patienten, die mit Spontankreislauf und Atmung das Krankenhaus erreichen, erholen sich üblicherweise mit gutem Outcome. Nicht vergessen werden darf, dass bei manchen Patienten der Kreislaufstillstand das primäre Ereignis darstellt (z.B. durch Myokardinfarkt während des Schwimmens). European Resuscitation Council Entscheidung zur Wiederbelebung Die Entscheidung, ob die Reanimation eines Ertrinkungsopfers begonnen oder beendet werden soll, ist offensichtlich schwierig. Es gibt keinen einzigen Faktor, der die Prognose zuverlässig voraussagen kann. • Die Reanimation sollte begonnen und fortgesetzt werden, wenn keine klaren Indizien vorliegen, dass die Versuche aussichtslos sind (z.B. massive Verletzungen, Totenstarre, Fäulnis usw.) oder wenn ein rechtzeitiger Transport in eine medizinische Einrichtung nicht möglich ist. Neurologisch unversehrtes Überleben wurde bei einigen Opfern berichtet, welche länger als 60 min unter Wasser waren. Initiale Behandlung Wasserrettung und Bergen aus dem Wasser • Die Sicherheit für das Personal muss während der gesamten Zeit gewährleistet und die Eigengefährdung minimiert werden. Wenn möglich sollte versucht werden, das Ertrinkungsopfer zu retten, ohne selbst ins Wasser zu gehen. Es sollte mit dem Opfer gesprochen und Hilfsmittel verwendet werden (z.B. ein Stock oder Kleider), oder ein Seil oder ein schwimmendes Hilfsmittel, falls sich das Opfer nahe am trockenen Boden befindet. Alternativ kann ein Boot oder ein anderes Wasserfahrzeug bei der Rettung behilflich sein. Wenn irgendwie möglich, sollte der Retter nicht selbst ins Wasser gehen. Sollte dies absolut notwendig sein, soll eine Schwimmweste oder eine Auftriebshilfe benutzt werden. • Nach dem Herausziehen aus dem Wasser sollte die Wiederbelebung so schnell und sicher wie möglich begonnen werden. Eine Halswirbelsäulenverletzung bei Ertrinkungsopfern ist ungewöhnlich (ungefähr 0,5%). Immobilisation der Wirbelsäule im Wasser ist schwierig und verzögert die Entfernung aus dem Wasser und die adäquate Reanimation. Überlegenswert ist die HalswirbelsäulenImmobilisation nach einem Sprung ins Wasser, Benutzung einer Wasserrutsche, Zeichen schwerer Verletzungen oder Hinweise für Alkoholintoxikation. Bei Pulslosigkeit oder Apnoe sollte das Opfer Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 141 KAP 13 Chapter 13 Arrest inunter Special Circumstances Kapitel 13Cardiac Kreislaufstillstand besonderen Umständen Figure 13.3 SIGN and BTS guidelines for treatment of severe asthma Figure 13.3 SIGN and BTS guidelines for treatment of severe asthma ADVANCED LIFE SUPPORT 142 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 128 European Resuscitation Council Defibrillation trotz möglicher Wirbelsäulenverletzung so schnell wie möglich aus dem Wasser gezogen werden (insbesondere wenn kein Instrument zur Rückenstützung vorhanden ist), wobei versucht werden soll, die Flexion und Extension des Nackens zu limitieren. • Das Opfer sollte in einer horizontalen Position aus dem Wasser gezogen werden, um das Risiko einer Post-Immersions-Hypotension und eines Kreislaufkollapses zu minimieren. • Wenn ein AED verfügbar ist, sollte dieser am Patienten angebracht und eingeschaltet werden. Vor Anlegen der AED Elektroden sollte der Brustkorb des Patienten abgetrocknet werden, um die Haftung zu ermöglichen. Die Schockabgabe erfolgt nach Anweisung des AED. Bei Hypothermie mit einer Körperkerntemperatur < 30°C sollte die Defibrillation auf insgesamt drei Versuche beschränkt werden, bis die Körpertemperatur auf über 30°C ansteigt. Atemspende Regurgitation während der Wiederbelebung • Bei Apnoe sollte die Atemspende begonnen werden, sobald die Atemwege des Opfers geöffnet werden können und die Sicherheit des Helfers garantiert ist. Dies kann manchmal im seichten Wasser der Fall sein. Mund-zu-Nasen-Beatmung kann als Alternative zur Mund-zu-Mund-Beatmung angewandt werden, sollte das Zudrücken der Nase schwierig sein. In tiefem Wasser sollte die Atemspende nur durch trainierte Personen begonnen werden, idealerweise unter Verwendung einer Auftriebshilfe. Keine Reanimationsversuche in tiefem Wasser, außer wenn vorher trainiert. • Sollte nach Öffnen der Atemwege keine Spontanatmung vorhanden sein, soll für ungefähr eine Minute die Atemspende durchgeführt werden (10 Beatmungen). Sollte das Opfer nicht wieder zu atmen beginnen, hängt das weitere Vorgehen von der Distanz zum Ufer ab. Wenn der Retter und das Opfer sich nahe am Land befinden (< 5min Rettungszeit), Fortsetzen der Atemspende, sofern möglich. Bei mehr als geschätzten 5 Minuten Entfernung vom Land sollte die Atemspende über eine weitere Minute durchgeführt werden und dann der Patient so schnell wie möglich ohne weitere Beatmungsversuche an Land gebracht werden. • Es besteht keine Notwendigkeit, die Atemwege von aspiriertem Wasser frei zu machen. Fremdkörper sollten manuell oder, wenn festes Land erreicht ist, sofern verfügbar mittels Absaugung entfernt werden. Die meisten Ertrinkungsopfer aspirieren kleine Mengen an Wasser, und dieses wird schnell in den zentralen Kreislauf absorbiert. Es sollte weder abdominaler Druck ausgeübt noch der Kopf des Opfers niedergedrückt werden, um Wasser aus Lunge oder Magen zu entfernen. • Regurgitation von Mageninhalt nach Wiederbelebung aufgrund Ertrinkens ist häufig und erschwert das Atemwegsmanagement. Bei Erbrechen sollte der Mund des Opfers zur Seite gedreht und das regurgitierte Material entfernt werden, wenn möglich mittels Absaugung. Bei Verdacht auf Wirbelsäulenverletzung sollte das Opfer so gedreht werden, dass der Kopf, der Nacken und der Brustkorb in einer Achse gehalten werden kann. Diese Drehung kann nur von mehreren Rettern durchgeführt werden Herzdruckmassage Kreislauf und Defibrillation • Überprüfung der Atmung, sobald das Opfer aus dem Wasser geborgen ist. Wenn das Opfer nicht atmet, sofortiger Beginn der Herzdruckmassage. Trainierte medizinische Helfer können Puls oder andere Lebenszeichen prüfen, bei Ertrinkungsopfern ist dies insbesondere bei Kälte besonders schwierig (siehe Hypothermie). Bei jeglichen Zweifeln an der Diagnose des Kreislaufstillstands sollte mit der Herzdruckmassage begonnen werden. Herzdruckmassage ist im Wasser ineffektiv. European Resuscitation Council Erweiterte Wiederbelebung Atemwege und (Be)Atmung • High-flow Sauerstoff bei Spontanatmung. Sollte der Patient auf diese Behandlung nicht reagieren, ist eine nicht-invasive Beatmung oder ein durchgehender positiver Atemwegsdruck (continuous positive airway pressure, CPAP) überlegenswert; die inspiratorische Sauerstoffkonzentration sollte mit Hilfe von Pulsoxymeter und arterieller Blutgasanalyse titriert werden. • Wenn die ersten Maßnahmen misslingen und der Patient sich erschöpft oder einen reduzierten Bewusstseinszustand aufweist, sollte frühzeitig an die endotracheale Intubation und kontrollierte Beatmung gedacht werden. Wählen sie eine SchnellIntubationstechnik zur endotrachealen Intubation. • Frühe Sicherung der Atemwege beim Kreislaufstillstand, idealerweise mittels endotrachealem Tubus. Hohe inspiratorische Sauerstoffkonzentration während der Beatmung. • Zur Entlastung und Entleerung des Magens sollte eine Magensonde gelegt werden. • Vorgehen entsprechend Standard ALS Protokoll. Bei schwerer Hypothermie (Köperkerntemperatur < 30°C) werden die Defibrillationsversuche auf drei beschränkt sowie keine Medikamente intravenös verabreicht, bis die Körperkerntemperatur über dieses Niveau ansteigt. Bei moderater Hypothermie sind die Intervalle bei der intravenösen Medikamentengabe länger als die Standardintervalle (siehe Hypothermie). • Während länger dauernder Immersion kann durch den hydrostatischen Druck des Wassers auf den Körper Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 143 KAP 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen eine Hypovolämie eintreten. Gabe von intravenöser Flüssigkeit korrigiert die Hypovolämie, exzessive Volumengabe sollte aber aufgrund eines potenziell resultierenden Lungenödems vermieden werden. Nach Wiederherstellung des Spontankreislaufs sollte ein hämodynamisches Monitoring die weitere Flüssigkeitsmenge bestimmen. Post-Reanimationsphase Folgende Leitlinien sollten für die Betreuung in der PostReanimationsphase Standard sein (siehe Kapitel 14). • Es gibt keine wesentlichen Unterschiede in der Behandlung von Süß- oder Salzwasser- Ertrinken • Ertrinken bedeutet ein hohes Risiko für die Entwicklung eines akuten respiratory distress Syndroms (ARDS) bis zu 72 Stunden nach Submersion. Sie sollten daher endotracheal intubiert, sediert und unter Anwendung lungenschützender Strategien kontrolliert beatmet werden. • Das Auftreten einer Pneumonie nach Ertrinken ist häufig. Antibiotika sollten aufgrund der klinischen Beurteilung, Ergebnissen von Kulturen und auf Anraten von Mikrobiologen verabreicht werden. • Bei Submersion in eiskaltem Wasser (<5°C) entwickelt sich die Hypothermie sehr rasch, welche einen gewissen Schutz gegen die Hypoxie darstellt. Hypothermie kann auch als sekundäre Komplikation der Submersion auftreten sowie als nachfolgender Wärmeverlust durch Verdunstung während der Reanimationsversuche. Bei diesen Patienten wirkt die Hypothermie nicht protektiv. • Bei Überlebenden, die komatös bleiben, kann eine Periode einer therapeutischen Hypothermie (34°C) vorteilhaft sein. • Barbiturate, Monitoring des intrakraniellen Druckes (ICP) und Steroide verändern das Outcome nicht. Ein erhöhter ICP weist üblicherweise auf eine schwere Gehirnverletzung hin. Asthma Asthma ist nach wie vor eine häufige Todesursache bei jungen Erwachsenen, zumeist bei jenen mit schwerem chronischen Asthma, schlechtem psychosozialen Hintergrund und dürftiger medizinischer Betreuung. Das Erkennen und die Behandlung von AsthmaExazerbationen ist wichtig, um „beinahe-tödliches“ Asthma und einen Atem-Kreislaufstillstand zu vermeiden. Für das Asthma-Management existieren nationale und internationale Guidelines (Abb. 13.3). Dieses Manual konzentriert sich auf die Behandlung von „beinahetödlichem“ Asthma und den Kreislaufstillstand 144 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Gründe für Kreislaufstillstand • gastrointestinal loss (diarrhoea); Der Kreislaufstillstand beim Asthmatiker ist oft ein terminales Ereignis nach Hypoxämie, tritt aber gelegentlich auch plötzlich auf. Der Kreislaufstillstand ist bei Asthmatikern verbunden mit: • Schwerem Bronchospasmus mit Schleimpfropfen und Ausbildung einer Asphyxie; • Herzrhythmusstörungen aufgrund Hypoxie, stimulierender Medikamente (z.B. ß-Mimetika, Aminophyllin) oder Elektrolytstörungen; • Die mechanische Beatmung von Asthmapatienten kann zu einer dynamischen Hyperinflation führen. Die Ursache dafür ist Gas-Trapping („Luftfalle“) in der Lunge. Die Erhöhung des intrathorakalen Druckes vermindert die kardiale Auswurfleistung; • Spannungspneumothorax (oft beidseits) Die 4 H’s und HITS der reversiblen Ursachen sind eine Hilfe, diese Ursachen für den Kreislaufstillstand zu identifizieren. Behandlung Verwenden Sie die ABCDE-Methode, um den Schweregrad einzuschätzen und die Behandlung festzulegen. Spastische Atemgeräusche sind ein häufiger physikalischer Befund, die Ausprägung korreliert aber nicht mit dem Grad der Atemwegsobstruktion. Andere Gründe für spastische Geräusche sind: Lungenödem, Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD), Pneumonie, Anaphylaxie, Fremdkörper, Lungenembolie, Bronchiektasen, subglottischer Tumor. Die British Thoracic Society (BTS) und Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN) haben Guidelines zum Management des schweren Asthmas herausgegeben (Abb. 13.3). Der Schweregrad des Asthmas ist zusammengefasst in Tabelle 13.2 European Resuscitation Council Beinahe-tödliches Asthma Erhöhter PaCO2 und/oder Notwendigkeit mechanischer Beatmung mit erhöhten inspiratorischen Drücken Life-threatening asthma Zumindest einer der folgenden Punkte beim Patienten mit schwerem Asthma: - bester oder erwarteter exspiratorischer peak flow (PEF) <33% - Bradykardie - SpO2 < 92% - Dysrhythmie - PaO2 < 8 kPa - Hypotension - Normaler PaCO2 (4.6 – 6.0 kPa (35-45 mmHg) - Erschöpfung - Stumme Lunge - Verwirrtheit - Zyanose - Koma - Kraftlose Atmung Akutes schweres Asthma Zumindest einer der folgenden Punkte: - bester oder erwarteter PEF 33-50% -- Atemfrequenz > 25/min - Herzfrequenz > 110/min - Unfähigkeit, ganze Sätze in einem Atemzug zu sprechen Tab 13.2 Schweregrade des Asthmas nach BTS/SIGN Guidelines • Patienten mit akutem schwerem Asthma benötigen aggressives medizinisches Management, um eine Verschlechterung zu verhindern. Erfahrene Kliniker sollten diese Patienten an einer Überwachungs-/ Intensivstation behandeln. • Sauerstoffgabe mit dem Ziel einer Sauerstoffsättigung (SpO2) > 92%. • Salbutamol (5 mg vernebelt) ist die wichtigste Therapie für das akute Asthma. Wiederholte Dosen alle 15-20 min oder kontinuierliche Gabe kann notwendig sein. Es sollten Vernebler verwendet werden, die durch high flow Sauerstoff gesteuert werden. Vernebelte Medikamente gelangen jedoch nicht effektiv in die Lungen, wenn der Patient ermüdet und hypoventiliert. • Corticosteroide (Prednisolon 30-40 mg oral oder Hydrocortison 200 mg i.v.) sollten früh gegeben werden. Orale Spezifitäten haben eine längere Halbwertszeit, der Venenzugang ist aber beim beinahe-tödlichen Asthma einfacher. • Vernebelte Anticholinergika (Ipratropium 0,5 mg 4-6 stündlich) bewirkt zusätzliche Bronchodilatation beim schweren Asthma und bei jenen Patienten, die auf ßMimetika nicht reagieren. European Resuscitation Council • Magnesiumsulfat (2 g langsam iv = 8 mmol) ist ein ebenso wertvoller Bronchodilatator beim schweren oder nahe-tödlichem Asthma. • Die intravenöse Gabe von Salbutamol sollte beim schweren oder beinahe-tödlichen Asthma erwogen werden. Salbutamol 250 mcg langsam iv kann bei Patienten, die schon vernebeltes Salbutamol erhalten haben, einen zusätzlichen Benefit bringen. Die Dosierung einer eventuell notwendigen Infusion beträgt 3-20 mcg min-1. • Aminophyllin sollte nur beim schweren oder beinahetödlichen Asthma überlegt werden. Eine Initialdosis von 5 mg/kg wird über 20-30 min (sofern nicht Dauertherapie) verabreicht, gefolgt von einer Infusion von 500 bis 700 µg/kg/h. Zusätzlich zu hohen Dosen von ß2-Agonisten verstärkt Aminophyllin eher die Nebenwirkungen als es zur Bronchodilatation beiträgt. Zur Vermeidung der Toxizität sollten wiederholt Theophyllin Plasmaspiegel kontrolliert werden. • Die Patienten sind oft dehydriert oder hypovoläm und profitieren vom Flüssigkeitsersatz. • Helium/Sauerstoffgemische und die intravenöse Gabe von Ketamin haben keinen bewiesenen Vorteil und sollten nur von Personen verwendet werden, die mit diesen Substanzen Erfahrung haben. • Mechanische Beatmung ist notwendig, wenn die oben angeführten Therapien versagen und der Patient sich erschöpft oder das Bewusstsein verliert. Zur Vermeidung der endotrachealen Intubation ist der Versuch einer non-invasiven Beatmung mittels Gesichtsmaske überlegenswert. Kreislaufstillstand • Die Basisreanimationsmaßnahmen erfolgen nach Standard-Guidelines. Die Beatmung wird aufgrund des erhöhten Atemwegswiderstandes schwierig sein; Mageninsufflation sollte vermieden werden. • Die Intubation sollte frühzeitig erfolgen. Die Beatmung eines schweren Asthmas ohne endotrachealem Tubus bedeutet ein signifikantes Risiko einer Mageninsufflation und Hypoventilation der Lunge. • Die empfohlene Beatmungsfrequenz (10 Beatmungen pro Minute) sowie das für eine normale Thoraxhebung erforderliche Tidalvolumen sollte keine dynamische Hyperinflation der Lunge nach sich ziehen („gas trapping“). • Sollte während der Reanimation eine Hyperinflation der Lunge vermutet werden, kann die Kompression der Thoraxwand und/oder eine Apnoe-Phase (TubusDiskonnektion) gas-trapping abbauen. Obwohl dieses Vorgehen nur geringe Evidenz zeigt, ist es wahrscheinlich nicht schädlich in einer ansonsten ausweglosen Situation. • Dynamische Hyperinflation vergrößert den transthorakalen Widerstand. Bei VF sollten höhere Energien zur Defibrillation überlegt werden, wenn die ersten Defibrillationsversuche fehlschlagen. • Reversible Ursachen sollten mit der 4 H’s und HITS Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 145 KAP 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen Anaphylactic Reactions: Treatment Algorithm for Adults by First Medical Responders Consider when compatible history of severe allergic-type reaction with respiratory difficulty and/or hypotension especially if skin changes present Oxygen treatment when available Stridor, wheeze, respiratory distress or clinical signs of shock1 Adrenaline2,3 1:1,000 solution 0.5 mL (500 mcg) IM Repeat in 5 minutes if no clinical improvement Anitihistamine (chlorphenamine) 10-20 mg IM/or slow IV IN ADDITION For all severe or recurrent reactions and patients with asthma give hydrocortisone 100-500 mg IM/or slowly IV If clinical manifestations of shock do not respond to drug treatment give 1-2 litres IV fluid. Rapid infusion or one repeat dose may be necessary 1. An inhaled beta2-agonist such as salbutamol may be used as an adjunctive measure if bronchospasm is severe an does not respond rapidly to other traetment. 2. If profound shock judged immediatly life threatening give CPR/ALS if necessary. Consider slow IV adrenaline 1:10,000 solution. This is hazardous and is recommended only for an experienced practitioner who can also obtain IV access without delay. Note the different strength of adrenaline that may be required for IV use. 3. If adults are treated with an adrenaline auto-injector, the 300 micrograms will usually be sufficient. A second dose may be required. Half doses of adrenaline may be safer for patients on amitriptyline, imipramine, or beta blocker. Figure 13.4 Anaphylaxis algorithm 146 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Methode gesucht werden. • Ein Spannungspneumothorax kann im Kreislaufstillstand schwierig zu diagnostizieren sein; Hinweise können eine unilaterale Brustkorbhebung, Trachealshift oder ein subkutanes Emphysem darstellen. Notwendig ist eine frühzeitige NadelDekompression (Thorakozentese) mit nachfolgendem Thoraxdrain. Beim beatmeten Patienten kann die Thorakostomie (chirurgische Öffnung der Thoraxwand und Pleura) schneller sein und den Thorax effektiver entlasten (siehe Abschnitt Trauma) • Beim Kreislaufstillstand in Zusammenhang mit Asthma müssen immer bilaterale Pneumothoraces in Betracht gezogen werden! Post-Reanimationsphase • Vorgehen nach Standard Guidelines für die PostReanimationsphase • Optimieren der medizinischen Strategien für Bronchospasmus • Hyperkapnie sollte großzügig erlaubt sein: Normale Oxygenierung und Ventilation kann bei Patienten mit schwerem Brochospasmus unter Umständen nicht erreicht werden. Bemühungen um normale Blutgaswerte können die Lungenschädigung verstärken. Milde Hypoventilation reduziert das Risiko eines Barotraumas, und Hyperkapnie wird im allgemeinen gut toleriert. Der Zielwert der arteriellen Sauerstoffsättigung sollte niedriger sein (z.B. 90%), • Der Patient sollte sediert (und neuromuskulär relaxiert, falls notwendig) und kontrolliert beatmet werden. Trotz Fehlen offizieller Studien haben Ketamin und inhalative Anästhetika bronchodilatatorische Wirkung, was beim schwer zu beatmenden asthmatischen Patienten hilfreich sein kann • Frühzeitige Einbeziehung eines erfahrenen Intensivmediziners. Anaphylaxie Anaphylaxie ist eine seltene aber potentiell reversible Ursache für einen Kreislaufstillstand. Obwohl das Management eines der Anaphylaxie zugrunde liegenden Kreislaufstillstands den Behandlungsprinzipien folgt, die woanders in diesen Guidelines beschrieben sind, erfordert der pathophysiologische Prozess im Rahmen einer Anaphylaxie eine zusätzliche spezifische Therapie. Anaphylaxie ist eine schwere, lebensbedrohliche, generalisierte oder systemische hypersensitive Reaktion. Untersuchungen können zeigen, ob eine allergische (Immunglobulin E (IgE) oder nicht IgE mediiert) oder nicht-allergische Reaktion zugrunde liegt. Der Terminus „Anaphylaktoide Reaktion“ wird nicht mehr verwendet. Ätiologie Obwohl allergische Reaktionen relativ häufig sind, ist die Progression zu einer schweren lebensbedrohlichen European Resuscitation Council Reaktion selten. Die häufigsten Gründe lebensbedrohlicher Reaktionen sind Medikamente, Insektenstiche und Nahrungsmittel. In 5-20% der Fälle kann der Trigger für die anaphylaktische Reaktion nicht identifiziert werden. • Unter klinischen Bedingungen sind Muskelrelaxantien (im Speziellen Suxamethonium), Antibiotika und intravenöse Kontrastmittel die häufigsten Trigger für Anaphylaxie. • Prähospital sind Acetylsalicylsäure, nichtsteroidale Antiphlogistika und Antibiotika die häufigsten Ursachen für medikamenteninduzierte lebensbedrohliche Anaphylaxie. • Insektenstiche durch Hymenoptera (z.B. Hornissen, Wespen, Bienen und Feuerameisen) verursachen üblicherweise lokale Reaktionen mit Schmerz und lokaler Schwellung. Tödliche Reaktionen sind bei Menschen zu beobachten, welche nach der Induktion von IgE Antikörpern durch einen früheren Insektenstich neuerlich gestochen werden. Tödliche Reaktionen treten innerhalb 10-15 min auf, die häufigste Todesursache ist ein Kreislaufzusammenbruch. • Lebensbedrohliche allergische Reaktionen auf Nahrungsmittel sind in Zunahme begriffen. Nüsse und Meeresfrüchte (im Besonderen Garnelen und Schalentiere) stellen die häufigsten Trigger dar. Die häufigsten tödlichen Mechanismen sind dabei Bronchospasmus, Angio-Ödem, Atemwegsverlegung und Asphyxie. • Latex oder natürlicher Gummi ist ein signifikanter Trigger der Anaphylaxie bei hospitalisierten Patienten infolge häufiger Anwendung und Operationen, bei denen Latexprodukte verwendet werden. Die einzige effektive Therapie ist die Vermeidung von Produkten, die Latex enthalten. Lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktionen auf Latex sind sehr selten. Erkennung Eine anaphylaktische Reaktion ist eine schwere, systemische allergische Reaktion, welche durch Involvierung multipler Systeme charakterisiert ist. Es sollte daran gedacht werden, wenn zwei oder mehr Körpersysteme betroffen sind (Haut, Atmung, Kreislauf, Nervensystem oder Gastrointestinaltrakt), mit oder ohne Einbeziehung von Kreislauf oder Atmung. Frühzeichen und Symptome sind Urticaria, Rhinitis, Konjunktivitis, Bauchschmerzen, Erbrechen, Diarrhoe und Vernichtungsgefühl. Ein Flush ist häufig, aber auch Blässe ist möglich. Es können sich Ödeme der oberen Atemwege (laryngeal) und Bronchospasmus entwickeln, gefolgt von Stridor und Giemen (oder hohe Atemwegsdrücke bei beatmeten Patienten). Bei Asthmatikern kann dies besonders ausgeprägt und schwer zu behandeln sein. Als Todesursache ist ein Atemstillstand durch Bronchospasmus oder obere Atemwegsokklusion, ein kardiogener Schock durch den direkten Effekt der anaphylaktischen Mediatoren auf das Herz oder eine Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 147 KAP 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen Vasodilatation denkbar, welche eine relative Hypovolämie nach sich zieht (exazerbiert durch den wahren Volumenverlust bei erhöhter Kapillarpermeabilität, die in einer Extravasation der intravasalen Flüssigkeit resultiert). Anaphylaktische Reaktionen variieren im Schweregrad, und das Fortschreiten kann schnell, langsam oder (unüblich) biphasisch sein. Selten gibt es verzögerte Manifestationen (möglicherweise bei Latex-Allergie) oder solche, die länger als 24 h anhalten. Das Fehlen übereinstimmender klinischer Manifestationen und eine große Palette möglicher Präsentationen kann die Diagnostik schwierig gestalten. Eine alternative Erklärung für die „Reaktion“ ist häufig. Die klinische Beurteilung erleichtert die Diagnose. Die Anamnese früherer allergischer Reaktionen ist genauso wichtig wie die des aktuellen Ereignisses. Im Besonderen sollte der Zustand der Haut, Pulsfrequenz, Blutdruck, die oberen Luftwege beurteilt und die Lunge auskultiert werden. Wenn möglich sollte der Peak Flow gemessen und dokumentiert werden. Die Diagnose anderer Zustände sollte erst nach Ausschluss einer Anaphylaxie erfolgen; fehlende Identifikation und Behandlung der Anaphylaxie kann tödlich sein. • ACE-Hemmer können Angio-Ödeme mit deutlichen Schwellungen der oberen Atemwege verursachen. Diese Reaktion kann jederzeit auftreten und steht nicht in Zusammenhang mit der initialen Einnahme. Die Schwellung reagiert unter Umständen nicht auf Adrenalin – die beste Therapie für diese Form des Angio-Ödems ist unklar. Früherkennung, Bebachtung und geeignetes Atemwegsmanagement ist notwendig. • Hereditäres Angio-Ödem ist familiär und nicht unterscheidbar vom Frühstadium eines anaphylaktischen oder eines medikamenteninduzierten Angio-Ödems. Beim hereditären Angio-Ödem fehlt die Urticaria. Die Behandlung erfolgt mit C1 Esterase Inhibitor als spezifisches Konzentrat. • Schweres Asthma zeigt Bronchospasmus und Stridor, welches auch bei der schweren Anaphylaxie häufig vorkommt. Asthmaanfälle präsentieren sich üblicherweise nicht mit Urticaria oder Angio-Ödemen. • Selten kann eine Panikattacke mit funktionalem Stridor als Ergebnis der forcierten Adduktion der Stimmbänder assoziiert sein. Wie beim Asthma ist aber hier keine Urticaria, Angio-Ödem, Hypoxie oder Hypotension zu beobachten. Die Diagnostik kann bedeutend erschwert sein, wenn Patienten nach Auftreten von Urticaria (z.B. nach Latexkontakt) panisch reagieren oder nach Adduktion der Stimmbänder hypoxisch werden. • Vasovagale Reaktionen (z.B. nach einer Impfung) können einen plötzlichen Kollaps und extreme Bradykardie verursachen, welche als Anaphylaxie missgedeutet werden kann. Üblicherweise ist die Erholungsphase nach einfachen Interventionen (z.B. Flachlagerung) relativ rasch und nicht assoziiert mit Urticaria, Angio-Ödem oder Bronchospasmus. 148 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Behandlung (Abb 13.4) • Lagerung des Patienten in bequemer Position. Flachlagerung mit oder ohne Erhöhung der Beine kann bei Hypotension, nicht aber bei Atemnot hilfreich sein. • Vermutetes ursächliches Allergen beseitigen (z.B. Stop einer Infusion oder Bluttransfusion) • High-flow Sauerstoffgabe (15 l min –1) • Adrenalin sollte allen Patienten mit Schockzeichen, Atemwegsschwellung oder tatsächlichen Schwierigkeiten beim Atmen intramuskulär verabreicht werden. Inspiratorischer Stridor, Giemen, Zyanose, offensichtliche Tachykardie und verzögerte kapilläre Füllung weisen auf eine schwere Reaktion hin. Erwachsene sollten intramuskulär 0,5 ml Adrenalin in einer Verdünnung von 1:1000 erhalten (500 mcg). Bei fehlender Besserung sollte die Dosis nach 5 min wiederholt werden. Mehrere Dosen können notwendig sein, insbesondere wenn nur eine vorübergehende Besserung eintritt. Als α-Agonist verhindert Adrenalin die periphere Vasodilatation und reduziert Ödeme. Seine β-Agonisten-Anteile dilatieren die Atemwege, verbessern die myokardiale Kontraktion und supprimieren die Ausschüttung von Histamin und Leukotrienen. • Die intramuskuläre Gabe von Adrenalin ist sehr sicher. Unerwünschte Wirkungen sind extrem selten. Manchmal gab es Unsicherheit darüber, ob Komplikationen (z.B. myokardiale Ischämie) durch den Effekt des Allergens oder durch Adrenalin verursacht wurde. • Adrenalin intravenös (Verdünnung mindestens 1:10.000) ist potentiell riskant und muss für Patienten mit unmittelbar lebensbedrohlichem ausgeprägtem Schock oder für spezielle Indikationen (z.B. während einer Anästhesie) reserviert bleiben. Eine zusätzlich zehnfach verdünnte Lösung (1:100.000) ermöglicht eine bessere Titrierung und erhöht die Sicherheit bei gleichzeitiger Reduktion des Risikos unerwünschter Effekte. Dies sollte zumindest unter EKG Überwachung durchgeführt werden. Bei ausreichender Erfahrung kann bei allen Patienten mit Zeichen schwerer Anaphylaxie Adrenalin auch i.v. appliziert werden. • Adrenalin kann unter Umständen bezüglich Rückbildung der klinischen Manifestation der Anaphylaxie versagen, im Speziellen bei Spätreaktionen oder bei Patienten, die mit β-Blocker behandelt sind. Andere Maßnahmen (im Besonderen der Volumenersatz) erhalten dann größere Bedeutung. • H1-Antihistaminika (z.B. Chlorphenamin 4mg oral oder 10-20 mg langsam iv.) sollten verabreicht werden. Ebenso überlegenswert ist ein H2-Blocker, z.B. Ranitidin 50 mg iv. • Corticosteroide sollten nach schweren Attacken gegeben werden, um Folgeschäden zu vermeiden. Dies ist im Besonderen bei Asthmatikern wichtig (erhöhtes Risiko einer schweren oder tödlichen Anaphylaxie), wenn sie schon vorher mit Corticosteroiden behandelt wurden. Corticosteroide European Resuscitation Council können die Behandlung einer akuten Attacke im Notfall unterstützen und spielen auch in der Prävention oder Verkürzung von protrahierten Reaktionen eine Rolle. • Salbutamol im Vernebler (5mg in wiederholten Dosen falls notwendig) ist in der Lage, refraktären Bronchospasmus zu lösen. Ipratropium inhaliert (500mcg, Wiederholung wenn notwendig) kann im Speziellen für die Behandlung des Bronchospasmus bei Patienten mit β-Blocker von Bedeutung sein. Einige Fälle von nahe-tödlichem Asthma sind unter Umständen in Wahrheit Anaphylaxie, resultierend aus einer fälschlichen Überbehandlung mit konventionellen Bronchodilatatoren anstatt der spezifischeren Therapie mit Adrenalin. Überlegenswert ist die intravenöse Gabe von Salbutamol, Aminophyllin oder Magnesiumsulfat beim schweren Bronchospasmus (siehe Asthma). • Volumengabe ist angezeigt, sollte eine schwere Hypotension nicht rasch auf die Therapie ansprechen; die rasche Infusion von 1-2 Litern kann erforderlich sein, häufig sogar mehr. Manche Patienten können kontinuierliche Adrenalininfusion über mehrere Stunden benötigen. • Weitere mögliche Therapie: - Glucagon (1 – 2 mg alle 5 min im oder iv) bei Patienten, bei denen Adrenalin versagt (speziell bei Patienten mit β-Blockern) - Sofortige Entfernung aller Insektenteile von der Einstichstelle unter Vermeidung von Ausquetschen. Kreislaufstillstand Zusätzlich zu den Standardmaßnahmen ist folgendes zu überlegen: • Eine schwerwiegende Anaphylaxie verursacht eine ausgeprägte Vasodilatation und eine relative Hypovolämie. Zur Verabreichung großer Volumina sind mindestens 2 großlumige Kanülen mit Druckbeuteln angezeigt (4 bis 8 Liter können allein in der unmittelbaren Reanimationsphase notwendig sein); • Sofern nicht vor dem Stillstand geschehen, sollten Antihistaminika intravenös verabreicht werden; • Steroide während der Reanimation werden nur einen geringen Effekt zeigen, in der Post-Reanimationsphase sind sie aber möglicherweise effektiv (bei Erreichen von ROSC); • Verlängerte Reanimationsmaßnahmen können erforderlich sein. Schwellung des Oropharynx. • Eher früh intubieren; verzögerte Intubation kann sich extrem schwierig gestalten. Bei fortgeschrittener Obstruktion ist auch die Platzierung von LMA und Combitubus wahrscheinlich schwierig. Darüber hinaus können Intubationsversuche zur Exaberation des Larynxödem führen – die frühzeitige Einbeziehung eines erfahrenen Anästhesisten ist im Management dieser Patienten obligatorisch. • Ein chirurgischer Atemwegszugang kann erforderlich sein, falls eine Intubation nicht gelingt. Überwachung Selbst Patienten mit nur moderaten Attacken sollten vor der Möglichkeit des raschen Wiederauftritts der Symptome gewarnt und unter Umständen für 8-24 h beobachtet werden. Diese Vorsicht ist im Speziellen geboten bei: • Schweren Reaktionen mit langsamem Beginn bei idiopathischer Anaphylaxie; • Reaktionen bei schweren Asthmatikern oder mit schwerer asthmatischer Komponente; • Reaktionen bei möglicherweise anhaltender Allergenabsorption; • Patienten mit biphasischen Reaktionen in der Anamnese. Untersuchungen und weiteres Management Die Diagnose „Anaphylaxie“ kann durch Bestimmung der Mastzelltryptase gestützt werden. Drei mal 10 ml Vollblut sollte abgenommen werden: 1. Sofort nach der Behandlung; 2. ungefähr 1 h nach der Reaktion; 3. ungefähr 6 bis maximal 24 h nach der Reaktion. Wichtig ist die Identifikation des Allergens, um ein Wiederauftreten der Anaphylaxie zu verhindern. Der Patient sollte an eine Spezialabteilung überwiesen werden. Patienten mit sehr hohem Risiko sollten eventuell ihre eigene Adrenalinspritze zur Selbstinjektion erhalten und ein MedicAlert Armband tragen. Medikamentenreaktionen sollten der dafür vorgesehenen Behörde gemeldet werden. Atemwegsobstruktion • Bei schwerer Anaphylaxie kann sich eine Atemwegsobstruktion rasch entwickeln, speziell bei Patienten mit Angio-Ödem. Warnsignale sind Schwellung der Zunge und der Lippen, Heiserkeit und European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 149 CKAP 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen Kreislaufstillstand nach herzchirurgischen Eingriffen Kreislaufstillstand nach großen Herzoperationen ist ein relativ häufiges Ereignis in der unmittelbaren postoperativen Phase (eine Inzidenz von 0,7% in den ersten 24 h und 1,4% innerhalb der ersten 8 Tage wird berichtet). Der Kreislaufstillstand deutet sich häufig im Verlauf an, er kann aber auch plötzlich bei stabilen Patienten auftreten. Kontinuierliches Monitoring auf der Intensivstation (Intensive Care Unit, ICU) ermöglicht die sofortige Intervention zum Zeitpunkt des Auftretens des Stillstands. Die Überlebensrate von Patienten nach Kreislaufstillstand innerhalb 24 h nach herzchirurgischen Eingriffen bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus bewegt sich um 54-79% bei Erwachsenen und 41% bei Kindern. Ätiologie Häufigste Ursache des plötzlichen Kreislaufstillstands ist ein perioperativer Myokardinfarkt, oftmals sekundär aufgrund einer Graft-Okklusion. Die wichtigsten Ursachen eines Kreislaufstillstands in der initialen postoperativen Phase sind: • Myokardiale Ischämie; • Spannungspneumothorax; • Blutung mit nachfolgendem hypovolämischen Schock • Herzbeuteltamponade • Diskonnektion des Schrittmachersystems bei schrittmacherabhängigen Patienten; • Elektrolytentgleisungen (im Besonderen Hypo/ Hyperkaliämie) Diagnose Um eine rasche Intervention und erfolgreiche Wiederbelebung zu ermöglichen, muss eine sofortige Entscheidung über die wahrscheinliche Ursache des Kreislaufstillstands getroffen werden. Thoraxauskultation, EKG und Thoraxröntgen, transösophageale/ transthorakale Echokardiographie sowie die Messung des Blutverlustes aus den Thoraxdrains helfen die Ursache des Stillstands zu erkennen. Reversible Ursachen für einen Kreislaufstillstand (die 4 H’s und HITS) sollten aktiv gesucht und ausgeschlossen werden. Myokardiale Ischämie verursacht vor einem Stillstand häufig myokardiale Irritabilität und fortschreitende Hypotension. Ein Spannungspneumothorax und Herzbeuteltamponade verursacht fortschreitende Hypotension und zunehmenden Zentralvenendruck. Aufgrund steigender Atemwegsdrucke und geringem Eintritt von Luft in die beteiligte Lunge können diese zwei Zustände unterschieden werden. Fehlender Blutabfluss aus den Thoraxdrains schließt aufgrund möglicher Verstopfung eine Hämorrhagie oder Tamponade nicht aus. 150 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Behandlung Die Behandlung erfolgt nach Standard ALS Protokoll. • Kontaktaufnahme mit erfahrenen Kollegen ohne Verzögerung • Sofortiger Ausschluss korrigierbarer Ursachen wie Diskonnektion von Schrittmacherelektroden oder Spannungspneumothorax. Extreme Bradykardie oder Asystolie reagiert möglicherweise auf Schrittmacherimpulse über interne Elektroden (falls vorhanden), die an einen externen Schrittmacher angeschlossen werden. • Korrektur einer Hypo/Hyperkaliämie und Hypomagnesiämie. Wichtig ist auch der rasche Ersatz von ausreichend Blutvolumen. • Vorsicht bei intravenöser Adrenalingabe – die resultierende Hypertension kann sich katastrophal auf die Anastomosen auswirken. • Die Herzdruckmassage kann Sternumsubluxationen, Rippenbrüche und eine Beschädigung von Grafts verursachen. Ständige Beobachtung des invasiven Blutdrucks ermöglicht eine Optimierung der Stärke der Druckmassage. Effektive Herzdruckmassage sollte der eventuellen Sorge über mögliche Graftschädigung vorgezogen werden. • Mechanische Faktoren (z.B. Hämorrhagie, Tamponade, Graftokklusion) sind verantwortlich für eine Reihe von Ursachen des plötzlichen Herztodes bei hämodynamisch stabilen Patienten in der unmittelbaren postoperativen Phase. Beseitigung dieser Ursachen erfordert möglicherweise die Wiedereröffnung des Thorax und somit eine interne Herzdruckmassage. • Sofortige Wiedereröffnung des Thorax im Fall von fehlendem Output bei der Herzdruckmassage oder eines schockrefraktären defibrillationswürdigem Rhythmus. Das Management einer Asystolie erfordert üblicherweise die prompte Wiedereröffnung des Sternums. Die Eröffnung des Brustkorbs ist relativ einfach und sollte, falls indiziert, innerhalb 10 Minuten Stillstandzeit erfolgen. • Training von nichtchirurgischem medizinischen Personal im Hinblick auf Öffnung der Wunde und Entfernung der Drähte im Sternum bis zum Erscheinen des Chirurgen sollte überlegt werden. Instrumente zur Thoraxöffnung müssen an der ICU unmittelbar verfügbar sein. Invasive Blutdruckmessung zeigt die Effektivität der internen Herzdruckmassage. Um eine Beschädigung des Grafts zu vermeiden, sollten Blutgerinnsel vorsichtig, manuell oder mittels Absauger, beseitigt werden. Frühzeitige Identifikation und Behandlung der zugrunde liegenden Pathologie unter diesen Umständen ist eine Herausforderung und erfordert einen erfahrenen Chirurgen. • Überlegenswert ist der notfallmäßige Wiederanschluss an einen Cardiopulmonalen Bypass (CPB) zur Blutstillung, zur Wiedereröffnung eines Graftverschlusses oder auch zur Erholung eines erschöpften Myokards. Der notfallmäßige CBP Anschluss sollte an allen herzchirurgischen European Resuscitation Council Abteilungen möglich sein. Wichtig ist eine adäquate Re-Antikoagulation vor Beendigung des CPB oder ein heparingebundener CPB. Auch wenn die Aorta wieder abgeklemmt werden muss ist ein gutes Outcome nicht ausgeschlossen. • Interne Defibrillation mit Paddles, die direkt an den Ventrikeln angelegt werden, bedarf wesentlich weniger Energie als für die externe Defibrillation. Biphasische Schocks sind bei direkter Defibrillation effektiver als monophasische. Bei biphasischen Schocks ist der Beginn mit 5 J optimal bezüglich niedrigster Schwelle und kumulativer Energie, bei Beginn mit 10 oder 20 J kann gegebenenfalls rascher erfolgreich defibrilleirt werden. Bei monophasischen Schocks sollte die doppelte Energie aufgewendet werden. Trauma Ein sekundärer Kreislaufstillstand aufgrund einer Verletzung ist mit einer sehr hohen Mortalität behaftet, die Überlebensrate beträgt 2.2% (0-3,7%). Häufig bleibt bei Überlebenden eine neurologische Beeinträchtigung. Kreislaufstillstand durch stumpfes Trauma hat eine sehr schlechte Prognose. Etwas besser ist die Situation für den Kreislaufstillstand nach penetrierenden Traumen. Ein Kreislaufstillstand durch ein primär medizinisches Problem (z.B. Herzrhythmusstörungen, Hypoglykämie, Krampfanfälle) kann ein sekundär traumatisches Ereignis nach sich ziehen (z.B. Herabstürzen, Verkehrsunfall). Die Verletzungen müssen nicht die primäre Ursache des Kreislaufstillstandes sein. Das Überleben hängt üblicherweise von einer frühzeitigen Reanimation durch erfahrene Retter ab. Die Ursachen für einen Kreislaufstillstand bei Traumapatienten umfassen: schwere traumatische Hirnverletzung, Hypovolämie durch massiven Blutverlust, Hypoxie durch Atemstillstand, direkte Verletzung lebenswichtiger Organe und großer Gefäße, Spannungspneumothorax, Herzbeuteltamponade. Es gibt keine sicheren Prädiktoren für das Überleben eines verletzungsbedingten Kreislaufstillstands. Das American College of Surgeons und die National Association of EMS physicians empfehlen prähospital in ihren Guidelines ein zurückhaltendes Vorgehen bei: • Patienten mit stumpfem Trauma mit Apnoe, Pulslosigkeit und keiner geordneten EKG-Aktivität • Patienten mit penetrierendem Trauma ohne Atmung und Puls nach rascher Beurteilung der Lebenszeichen wie Pupillenreflexe, Spontanbewegungen oder organisierte EKG-Aktivität. Behandlung • Beurteilung und Behandlung erfolgt nach ABCDE. Die Behandlung vor Ort sollte sich auf eine qualitativ gute CPR und erweiterte Reanimation sowie den European Resuscitation Council • • • • • • • • Ausschluss von reversiblen Ursachen mittels 4 H’s und HITS konzentrieren. Vor Ort sollten ausschließlich lebensrettende Maßnahmen gesetzt werden und, sofern der Patient Lebenszeichen zeigt, der Transport rasch in das nächste geeignete Krankenhaus erfolgen. Keine Verzögerung durch Immobilisation der Wirbelsäule! Effektives Atemwegsmanagement ist essentiell für die Aufrechterhaltung der Oxygenierung des schwer kompromittierten Patienten. Frühzeitige endotracheale Intubation durch erfahrene Retter kann einen Benefit bringen. Sollte diese nicht sofort möglich sein, sollten Basismanöver und alternative Atemwegszugänge angewandt werden, um die Oxygenierung aufrecht zu erhalten. Sollten diese Maßnahmen nicht gelingen, ist ein chirurgischer Atemwegszugang indiziert. Hohe inspiratorische Sauerstoffkonzentration! Exzessive Tidalvolumina sollten zur Beatmung vermieden werden. Beginn der Herzdruckmassage nach Feststellen des Kreislaufstillstands. Bei hypovolämischen Kreislaufstillständen oder bei Herzbeuteltamponade ist die Herzdruckmassage weniger effektiv als normal. Rasche Dekompression eines Spannungspneumothorax mittels lateraler Thorakostomie (Inzision der lateralen Thoraxwand bis in den Pleuraraum). Diese ist wahrscheinlich effektiver als die Nadelthorakostomie und schneller als eine Versorgung mittels Thoraxtubus. Blutstillung und Volumenersatz so früh wie möglich. Dazu ist je nach Umständen ein direkter Druck, Schienen von Frakturen oder sofortige chirurgische Intervention von Nöten. Falls verfügbar wird bei Hämoperitoneum, Hämooder Pneumothorax und Herzbeuteltamponade die Diagnose sehr schnell durch Ultraschall gestützt. Dies erfordert einen erfahrenen Untersucher und sollte die Behandlung nicht verzögern. Konservativer Flüssigkeitsersatz bis die Blutung unter Kontrolle ist. Bei unkontrollierten Blutungen verstärkt exzessiver Flüssigkeitsersatz die Blutung. Die Verfügbarkeit von Flüssigkeit und Blutprodukten hängt von lokalen Gegebenheiten ab. Notfallthorakotomie • Vor Ort ist die notfallmäßige Thorakotomie bei Kreislaufstillstand aufgrund eines penetrierenden Thoraxtraumas überlegenswert, falls dies innerhalb 10 min nach Verlust des Pulses durchgeführt werden kann. Diese Maßnahme erfordert einen trainierten Retter. • In einer Notaufnahme gelten folgende Überlegungen (emergency department thoracotomy, EDT): - Nach stumpfem Trauma bei Patienten mit beobachtetem Kreislaufstillstand, die bei Eintreffen Vitalzeichen zeigen - Nach penetrierenden Herzverletzungen bei Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 151 KAP 13 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen Patienten, die nach einer kurzen präklinischen Behandlungs- und Transportzeit mit Vitalzeichen und EKG-Aktivität eintreffen - Bei penetrierenden nicht-kardialen Thoraxverletzungen, auch wenn die Überlebensraten gering sind. - Bei Patienten mit exzessivem Blutverlust aufgrund Bauchgefäßverletzung, auch wenn die Überlebensraten niedrig sind. Dieses Prozedere ermöglicht das Abklemmen der thorakalen Aorta und sollte zusätzlich zur definitiven Versorgung der abdominalen Gefäßverletzung erfolgen • Bei traumaassoziierter Herzbeuteltamponade ist eine Nadelperikardiozentese wahrscheinlich nicht hilfreich. Sie verlängert die Zeit vor Ort, kann myokardiale Verletzungen hervorrufen und verzögert effektive Behandlungen wie die Notfallthorakotomie. Commotio cordis Commotio cordis bedeutet einen Zustand von manifestem oder nahezu manifestem Kreislaufstillstand aufgrund einer stumpfen Einwirkung auf die Thoraxwand über dem Herzen. Ein Schlag auf den Thorax während der vulnerablen Phase des Herzzyklus kann maligne Arrhythmien hervorrufen (üblicherweise Kammerflimmern). Eine Synkope nach wuchtigem Stoß auf die Thoraxwand kann durch nicht-anhaltende Arrhythmien verursacht sein. Die Commotio cordis ereignet sich zumeist während Sport und Freizeitaktivitäten, und die Opfer sind üblicherweise junge Männer (mittleres Alter 14 Jahre). Vorgehen nach den Standard-Guidelines für die Reanimation. Schwangerschaft Bei Schwangerschaftsnotfällen müssen sowohl die Mutter als auch der Fötus berücksichtigt werden. Die effektive Wiederbelebung der Mutter ist oft der beste Weg, das Ergebnis für den Fötus zu optimieren. Während der Schwangerschaft kommt es zu signifikanten physiologischen Veränderungen; zum Beispiel steigen Herzzeitvolumen, Blutvolumen, Atemminutenvolumen und Sauerstoffverbrauch. Der gravide Uterus kann, wenn die Schwangere sich in Rückenlage befindet, iliakale und abdominelle Gefäße komprimieren, was in einem reduzierten Herzzeitvolumen und einer Hypotension resultiert. 152 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Ursachen für einen Herz-Kreislaufstillstand • während der Schwangerschaft • • • • • • • • Vorbestehende Herzerkrankungen Thromboembolie Selbstmord Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie Sepsis Bauchhöhlenschwangerschaft Blutung Fruchtwasserembolie Schwangere Frauen können auch dieselben Ursachen für einen Herz-Kreislaufstillstand haben wie (nicht schwangere) Frauen derselben Altersgruppe (z.B. anaphylaktischer Schock, Drogenintoxikation, Trauma). Behandlung • Im Notfall befolgen sie die ABCDE – Regel. Viele Kreislaufprobleme bei Schwangeren sind durch eine Kompression der V. cava bedingt • Wenn sie eine gefährdete oder kompromittierte schwangere Patientin behandeln: - Legen sie die Patientin in eine Linksseitenlage oder lagern sie mit den Händen vorsichtig den Uterus nach links; - Geben Sie 100% Sauerstoff; - Geben Sie einen Flüssigkeitsbolus; - Ziehen sie sofort eine/n Geburtshelfer/in hinzu. • Bei einem Herz-Kreislaufstillstand gelten die Empfehlungen für BLS und ALS • Fordern sie sofort zusätzliche Hilfe an. Zur effektiven Wiederbelebung von Mutter und Fötus muss fachliche Hilfe bereitgestellt werden (Gynäkologe und Neonatologe) • Lagern sie die Patientin mindestens 15° nach links, um die cavale Kompression zu vermindern. Ab der 20. Schwangerschaftswoche kann der Uterus gegen die V cava inferior und die Aorta drücken und so den venösen Rückstrom und das Herzzeitvolumen vermindern. Eine Cava-Kompression vermindert die Effektivität von Thoraxkompressionen. • Die Methode der Linksseitenlage ist abhängig von den Möglichkeiten. Improvisation wird notwendig sein – der Körper der Patientin muss auf einer Oberfläche liegen, welche eine effektive Thoraxkompression erlaubt: - Linksseitenlage, wenn die Patientin auf dem Spineboard oder dem OP Tisch liegt - Platzierung von Sandsäcken, Kissen oder einem für diesen Zweck gedachten Keil (z.B. Cardiff Keil), falls verfügbar - Manuelle Verlagerung des Uterus nach links European Resuscitation Council - Anlage des Körpers der Schwangeren an die Oberschenkel der knieenden Helfer • Für die Herzdruckmassage kann eine weiter kraniale Handposition notwendig sein, um dem höherstehenden Zwerchfell und der, durch den graviden Uterus verursachten, Verlagerung des Abdomens Rechnung zu tragen. • Während der Schwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko der Aspiration von Mageninhalt. Die frühe Intubation reduziert dieses Risiko. Die Intubation bei Schwangeren kann erschwert sein. Alternative Beatmungshilfen und ein in der Intubation erfahrener Kollege könnten notwendig sein. • Wählen sie für die Defibrillation die StandardEnergien. Eine Linksseitenlage und große Brüste können die Auflage der Paddles erschweren. Klebeelektroden sind hier deutlich im Vorteil. Reversible Ursachen Bedenken sie die reversiblen Ursachen (4 H´s und HITS). Die Verwendung eines abdominellen Utraschallgerätes während der Reanimation einer Schwangeren kann hilfreich sein; es sollten aber andere wichtige Behandlungen dadurch nicht gestört werden. Spezifische reversible Ursachen in der Schwangerschaft sind: • Blutung: Eine Blutung kann vor und nach der Geburt auftreten, Ursachen können sein: Ektope Schwangerschaft, Plazentalösung, Plazenta praevia oder eine Uterusruptur. Entbindungsstationen sollten einen Notfallplan zur Behandlung von massiven Blutungen haben. Die Behandlung basiert auf dem ABCDE-Behandlungspfad. Der entscheidende Schritt ist, die Blutung zu stoppen. Folgende Punkte sind überlegenswert: Gabe von intravenöser Flüssigkeit mittels Druckinfusionssystem, Korrektur von Gerinnungsstörungen, Oxytocin, Ergometrine und Prostaglandine zur Beseitigung der Uterusatonie, Kompressionsnähte des Uterus, radiologische Embolisation von blutenden Gefäßen und chirurgische Maßnahmen inklusive Cross clamping der Aorta und Hysterektomie.. • Medikamente: Patientinnen, die aufgrund einer Präeklampsie Magnesium erhalten, können insbesondere in Kombination mit einer Oligurie eine Überdosierung zeigen. Eine Magnesiumvergiftung sollte mit Calcium behandelt werden (siehe lebensbedrohliche Elektrolytverschiebungen). Eine Blockade des zentralen Nervensystems zur Analgesie oder Anästhesie kann Probleme aufgrund der Sympathikusblockade (Hypotension, Bradykardie). oder auch lokaltoxische Nebenwirkungen verursachen. • Herz-Kreislauferkrankungen: Die pulmonale Hypertension verursacht die meisten Todesfälle bei angeborenen Herzerkrankungen. Eine Kardiomyopathie in der Schwangerschaft, der Herzinfarkt, ein Aneurysma oder eine Dissektion der großen Gefäße sind die Hauptursache bei den erworbenen Herzerkrankungen. Schwangere Frauen mit koronarer Herzkrankheit können ein akutes European Resuscitation Council Koronarsyndrom entwickeln. Die perkutane coronare Intervention ist die Reperfusionsstrategie der Wahl für einen STEMI während der Schwangerschaft, da die thrombolytische Therapie relativ kontraindiziert ist. • Präeklampsie und Eklampsie: Eklampsie ist definiert als Entwicklung von Krampfanfällen und/oder unklarem Koma während der Schwangerschaft oder nach der Geburt bei Patientinnen mit Zeichen der Präeklamsie. Magnesium kann das Auftreten einer Eklampsie während der Wehen oder unmittelbar nach der Geburt in diesen Fällen möglicherweise verhindern. • Fruchtwasserembolie kann mit Dyspnoe, Zyanose, Arrhythmien, Hypotension und Blutungen in Kombination mit einer disseminierten intravasalen Gerinnungsstörung einhergehen. Die Symptome können variieren und auch einer Anaphylaxie ähneln. Die Therapie ist unterstützend – spezifische Therapiemaßnahmen gibt es nicht. Sectio Caesarea Sollten die ersten Reanimationsversuche scheitern, kann die Entbindung des Föten die Chancen der erfolgreichen Wiederbelebung für Mutter und Kind erhöhen. Die beste Überlebensrate für Kinder ab der 24-25 SSW besteht, wenn sie innerhalb fünf Minuten nach dem Beginn des Herz-Kreislaufstillstandes der Mutter entbunden werden. Die Geburt vermindert die CavaKompression und kann die Wahrscheinlichkeit des Reanimationserfolges der Mutter erhöhen. Gleichzeitig wird der Zugang zum Kind ermöglicht, sodass mit der Reanimation des Kindes begonnen werden kann. In Rückenlage beginnt der Uterus ab der 20 SSW den Blutfluss der V. cava inferior und der Aorta abdominalis zu behindern; allerdings beginnt die Überlebensfähigkeit des Föten nach etwa 24-25 Wochen. • Gestationsalter < 20 Wochen: notfallmäßige Sectio caesarea ist nicht notwendig, da die Größe des Uterus das Herzzeitvolumen der Schwangeren nicht kompromittiert • Gestationsalter ungefähr 20-23 Wochen: Initiieren Sie die notfallmäßige Entbindung um den Reanimationserfolg der Mutter zu verbessern. Ein Überleben des Feten zu diesem Zeitpunkt ist unwahrscheinlich. • Gestationsalter ungefähr > 23 Wochen: Initiieren Sie die notfallmäßige Entbindung, um das Leben der Mutter und des Kindes zu retten. Vorausplanung Erweiterte Wiederbelebung bei Schwangeren bedarf einer Koordination aus Reanimation der Mutter, Sectio Caesarea zur Entwicklung des Feten und einer Neugeborenen Reanimation innerhalb von fünf Minuten. Um dies zu erreichen, gilt für Stationen, die wahrscheinlich mit Reanimationen in der Schwangerschaft zu tun haben werden: • Notfallpläne und das Equipment zur Reanimation für Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 153 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen die Mutter und das Kind sollten vorhanden sein • Sicherstellung der frühzeitigen Einbindung eines geburtshilflichen und neonatologischen Teams • Sicherstellung von regelmäßigem Training der Mitarbeiter in geburtshilflichen Notfällen Stromunfall Verletzungen durch elektrischen Strom sind relativ selten, haben jedoch potenziell verheerende Auswirkungen mit einer hohen Morbidität und Mortalität. Die meisten Verletzungen durch Strom ereignen sich bei Erwachsenen am Arbeitsplatz und sind generell mit Hochspannung assoziiert, während das größte Risiko für Kinder zuhause besteht, hier ist die Spannung niedriger (220V in Europa, Australien, Asien; 110 V in den USA und Kanada). Der Tod durch einen Blitz ist selten, verursacht aber ca. 1000 Todesfälle pro Jahr weltweit. Zu den Faktoren, welche die Schwere der Stromverletzung beeinflussen, gehört, ob es sich um Wechselstrom (alternating current, AC) oder Gleichstrom (direct current, DC) handelt, die Spannung, die Menge der verabreichten Energie, der Widerstand zum Stromfluss, der Weg des Stroms durch den Patienten sowie der Bereich und die Dauer des Kontakts. Der Hautwiderstand wird durch Feuchtigkeit herabgesetzt, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung erhöht wird. Elektrischer Strom folgt dem Weg des geringsten Widerstands; leitende neurovaskuläre Bündel innerhalb der Extremitäten sind speziell anfällig für Schädigungen. Kontakt mit Wechselstrom kann eine tetanische Kontraktion der Skelettmuskulatur verursachen. Dadurch kann es unmöglich werden, dass sich das Opfer von der Stromquelle löst. Myokardiales oder respiratorisches Versagen kann den plötzlichen Tod verursachen: • Atemstillstand kann durch eine zentrale Atemdepression oder eine Lähmung der Atemmuskulatur hervorgerufen werden; • Strom kann auch Kammerflimmern auslösen, wenn er während der vulnerablen Phase auf die Herzmuskulatur wirkt (analog zu einem R-auf-TPhänomen). Elektrischer Strom kann in Folge eines Koronararterienspasmus auch eine Myokard-Ischämie verursachen; • Eine Asystolie kann primär auftreten, oder sekundär in Folge eines Atemstillstandes. Strom, der das Myokard durchquert, ist mit einer höheren Wahrscheinlichkeit tödlich. Ein transthorakaler Verlauf des Stroms (Hand zu Hand) ist eher fatal als ein vertikaler (Hand zu Fuß) oder ein gespreizter Verlauf (Fuß zu Fuß). Entlang des Stromwegs kann das Gewebe stark zerstört sein. Ein Blitzschlag setzt mehr als 300 Kilovolt in wenigen Millisekunden frei. Der größte Teil der Energie eines Blitzschlages passiert die Oberfläche des Körpers 154 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen in einem Prozess, der externer Funkenüberschlag genannt wird. Sowohl Lichtbogen als auch Blitzschlag verursacht am Kontaktort eine tiefe Verbrennung. Bei Industrieunfällen sind die Kontaktareale üblicherweise die obere Extremität, Hände und Handgelenke, während sie beim Blitzschlag überwiegend am Kopf, Nacken und den Schultern zu finden sind. Verletzungen können auch indirekt auftreten durch Bodenströme oder durch Strom‚Splashing’, von einem Baum oder einem anderen Objekt, das von einem Blitz getroffen wird. Die Sprengkraft, die durch einen Blitzschlag verursacht wird, kann auch zu stumpfen Traumen führen. Das Verletzungsmuster und der Schweregrad einer Verletzung durch Blitzschlag variiert beträchtlich. Sowohl beim industriellen als auch beim häuslichen Stromunfall ist der Tod durch den Kreislaufstillstand oder Atemstillstand verursacht. Wird der erste Stromschlag überlebt, kommt es zur extensiven Freisetzung von körpereigenen Katecholaminen oder einer autonomen Stimulation, welche Hypertension, Tachykardie, unspezifischen EKG Veränderungen (inkl. Verlängerung des QT-Intervalls und kurzzeitiger Umkehrung der T-Welle, sowie Myokardzellnekrosen verursacht. Der Anstieg der Kreatin-Kinase kann durch Freisetzung aus dem Skelettmuskel und aus dem Myokard kommen. Blitzschlag verursacht darüber hinaus verschiedene zentrale als auch peripher neurologische Probleme. Behandlung Stellen sie sicher, dass jede Stromquelle abgeschaltet ist, und nähern sie sich dem Opfer erst, wenn Ihre Umgebung sicher ist. Man sollte auch bedenken, dass Hochspannungs-Elektrizität (über dem Level von Haushalten) einen Lichtbogen verursachen und durch den Boden bis zu ein paar Metern um das Opfer herum fließen kann. Es ist jedoch sicher, sich nach einem Blitzschlag den Verletzten zu nähern und sie zu behandeln, obwohl es auch hier besser wäre, in eine sicherere Umgebung zu wechseln. Das Vorgehen richtet sich nach den Standard-Leitlinien zur Wiederbelebung. • Das Atemwegs-Management kann schwierig sein, wenn es um Gesicht und Nacken herum Verbrennungen gibt. Eine frühe endotracheale Intubation ist in diesen Fällen notwendig, da sich Ödeme der Weichteile entwickeln können, die eine Verlegung der Atemwege verursachen. Die Immobilisation der Halswirbelsäule sollte in Betracht gezogen werden. Dies sollte jedoch nicht zu einer Verzögerung der Atemwegssicherung führen. • Eine Muskellähmung kann, besonders nach Hochspannungsschocks, bis zu mehreren Stunden andauern; während dieser Zeit ist eine Unterstützung der Atmung erforderlich. • Kammerflimmern ist die häufigste anfängliche Arrhythmie nach einem Hochspannungs-Schock mit Wechselstrom; es sollte mit einem sofortigen Defibrillationsversuch behandelt werden. Nach einem Gleichstrom-Schlag tritt häufiger eine Asystolie auf; European Resuscitation Council • • • • für diese und andere Arrhythmien sollte man die Standard-Protokolle verwenden. Glimmende Kleidungsstücke und Schuhe sollten entfernt werden, um weitere thermische Verletzungen zu vermeiden. Eine ausgiebige Flüssigkeits-Therapie kann bei signifikanter Gewebszerstörung notwendig sein. Es ist wichtig, eine gute Urinausscheidung zu erhalten, um die Ausscheidung von Myoglobin, Kalium und anderen Produkten des Gewebeschadens zu verbessern. Bei Patienten mit schweren thermischen Verletzungen kann ein frühzeitiger chirurgischer Eingriff notwendig sein. Wichtig ist eine sorgfältige zweite Untersuchung, um Verletzungen auszuschließen, welche durch die tetanischen Muskelkontraktionen oder durch das Wegschleudern der Person durch die Gewalt des Schocks verursacht werden. Strom kann schwere, tiefe Weichteilwunden mit relativ geringen Hautläsionen verursachen. Der Grund ist die Tendenz des Stromes, den neurovaskulären Bündeln zu folgen; es sollte sorgfältig auf die charakteristischen Zeichen eines Kompartmentsyndroms geachtet werden, welche eine Fasziotomie erforderlich machen würden. Weitere Behandlung und Prognose Bei jungen Opfern mit Kreislaufstillstand nach einem Stromunfall kann eine sofortige Reanimation dazu führen, dass sie überleben. Von erfolgreicher Reanimation nach längerer Wiederbelebung wird berichtet. Alle, die eine Stromverletzung überleben, sollten im Krankenhaus beobachtet werden, wenn sie eine Vorgeschichte mit kardio-respiratorischen Problemen haben oder sie folgendes erlitten haben: • Verlust des Bewusstseins; • Kreislaufstillstand; • EKG-Anomalien; • Weichteilverletzung und Verbrennungen. Schwere Verbrennungen (thermisch oder elektrisch), Myokardnekrosen, das Ausmaß der ZNS-Schädigung sowie sekundäre Multiorganschäden bestimmen die Morbidität und die Langzeitprognose. Es gibt keine spezifische Therapie bei elektrischen Verletzungen, und das Management ist symptomatisch. Vorbeugung ist offensichtlich der beste Weg, die Prävalenz und die Schwere von elektrischen Verletzungen zu minimieren. Zusammenfassung •Die in diesem Kapitel beschriebenen Bedingungen sind verantwortlich für eine große Anzahl an Kreislaufstillständen bei jüngeren Patienten. •Verwenden Sie das ABCDE-Schema zur frühen Erkennung und Behandlung. Weiterführende Literatur Soar J, Deakin CD, Nolan JP, et al. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 7: Cardiac arrest in special circumstances. Resuscitation 2005;67 Suppl 1:S135-70.. International Liaison Committee on Resuscitation. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Part 4. Advanced life support. Resuscitation 2005;67:213-47. Mahoney B, Smith W, Lo D, Tsoi K, Tonelli M, Clase C. Emergency interventions for hyperkalaemia. Cochrane Database Syst Rev 2005: CD003235. Proudfoot AT, Krenzelok EP, Vale JA. Position Paper on urine alkalinization. J Toxicol Clin Toxicol 2004;42:1-26. Idris AH, Berg RA, Bierens J, et al. Recommended guidelines for uniform reporting of data from drowning: The “Utstein style”. Resuscitation 2003;59:45-57. Bouchama A, Knochel JP. Heat stroke. N Engl J Med 2002;346:1978-88. Grogan H, Hopkins PM. Heat stroke: implications for critical care and anaesthesia. Br J Anaesth 2002;88:700-7. BTS/SIGN. British Thoracic Society, Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN). British guideline on the management of asthma. Thorax 2003;58(Suppl I):i1–94. Mertes PM, Laxenaire MC, Alla F. AnapHylactic and anapHylactoid reactions occurring during anesthesia in France in 1999-2000. Anesthesiology 2003;99:536-45. Joint Working Party of the Association of Anaesthetists of Great Britain and Ireland and the British Society for Allergy and Clinical Immunology. Suspected anapHylactic reactions associated with anaesthesia. 3rd ed. London: The Association of Anaesthetists of Great Britain and Ireland and British Society for Allergy and Clinical Immunology; 2003. Mackay JH, Powell SJ, Osgathorp J, Rozario CJ. Six-year prospective audit of chest reopening after cardiac arrest. Eur J Cardiothorac Surg 2002;22:421-5. Pottle A, Bullock I, Thomas J, Scott L. Survival to discharge following Open Chest Cardiac Compression (OCCC). A 4-year retrospective audit in a cardiothoracic specialist centre - Royal Brompton and Harefield NHS Trust, United Kingdom. Resuscitation 2002;52:269-72. Department of Health, Welsh Office, Scottish Office Department of Health, Department of Health and Social Services, Northern Ireland. Why mothers die. Report on confidential enquiries into maternal deaths in the United Kingdom, 2000-2002: London: The Stationery Office; 2004. Boyd R, Teece S. Towards evidence based emergency medicine: best BETs from the Manchester Royal Infirmary. Perimortem caesarean section. Emerg Med J 2002;19:324-5. Katz V, Balderston K, DeFreest M. Perimortem caesarean delivery. Were our assumptions correct? Am J Obstet Gynecol 2005; 192: 1916-20. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 155 Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen Zafren K, Durrer B, Herry JP, Brugger H. Lightning injuries: prevention and on-site treatment in mountains and remote areas. Official guidelines of the International Commission for Mountain Emergency Medicine and the Medical Commission of the International Mountaineering and Climbing Federation (ICAR and UIAA MEDCOM). Resuscitation 2005;65:369-72. 156 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Die Versorgung nach der Wiederbelebung 14 KAPITEL Lernziele ■ Die Behandlung des Patienten endet nicht mit dem Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs. ■ Patientenüberwachung und Untersuchungen. ■ Planung und Durchführung des sicheren Transports. ■ Sicherstellung der optimalen Organfunktionen nach einem Kreislaufstillstand. ■ Wertigkeit und Einschränkungen der Prognoseerstellung nach dem Kreislaufstillstand. Einleitung Das Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs (Return Of Spontaneous Circulation = ROSC) ist ein wichtiges Ziel einer Reanimation. Der nächste wichtige Schritt ist die Wiederherstellung einer normalen zerebralen Funktion und der Erhalt eines stabilen Herzrhythmus und einer normalen Hämodynamik. Dies erfordert eine an den jeweiligen Patienten angepasste Therapie. Die Qualität der Behandlung in der Postreanimationsphase beeinflusst wesentlich das Outcome des Patienten. Die weitere Versorgung nach Wiederbelebung ist so bedeutsam, dass sie als letztes Glied der Rettungskette eingefügt wurde. Die Phase der Versorgung nach der Wiederbelebung beginnt bereits an jenem Ort, an dem ein stabiler Kreislauf wiederhergestellt wurde. Nach der Stabilisierung muss der Patient jedoch zur weiteren Beobachtung und Therapie an eine geeignete Abteilung (Intensivstation – ICU oder kardiologische Überwachungsstation) verlegt werden. Fortsetzung der Therapiemaßnahmen Der am ABCDE- System (Airway-Breathing-CirculationDisabilitiy-Exposure) orientierte Behandlungszugang sollte in der Post-Reanimations-Phase bis zur Übergabe an eine geeignete Abteilung (ICU) weitergeführt werden. Atemweg und Atmung Ziel: Sicherung des freien Atemweges, ausreichende Oxygenierung und Ventilation. Patienten mit einem kurz dauernden Kreislaufstillstand, die sofort auf die eingeleitete Behandlung ansprechen (z.B. beobachtetes Kammerflimmern, das durch eine frühe Defibrillation in einen Sinusrhythmus European Resuscitation Council konvertiert wurde), können sofort wieder eine normale Hirnfunktion erreichen. Diese Patienten benötigen keine endotracheale Intubation und Beatmung, sollten aber trotzdem Sauerstoff über eine Maske oder Sauerstoffbrille erhalten. Hypoxie oder Hyperkapnie erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Kreislaufstillstandes und können zu einer sekundären Gehirnschädigung beitragen. Bei Patienten mit eingeschränkter Bewusstseinslage sollte man eine Intubation mit Sedierung und kontrollierter Beatmung in Erwägung ziehen. Eine Hypokapnie durch Hyperventilation nach dem Kreislaufstillstand kann zu einer Ischämie des Gehirns führen. Wenn auch keine Daten bei Patienten nach einem Kreislaufstillstand vorliegen, die einen bestimmten Zielwert des pCO2 favorisieren, erscheint es jedoch sinnvoll einen normalen Wert des pCO2 (40 mmHg) anzustreben und diesen mittels Kapnometrie (end-expiratorisches CO2 in der Ausatemluft) und arterieller Blutgas-Bestimmung zu überwachen. Die angebotene Sauerstoffkonzentration sollte entsprechend angepasst werden, um eine ausreichende Sauerstoffsättigung zu erreichen. Der Brustkorb des Patienten sollte in Hinblick auf symmetrische Brustwandbewegungen untersucht werden. Zusätzlich sollte der Brustkorb abgehört werden, um sicher zu gehen, dass die Atemgeräusche beiderseits hörbar sind. Ein zu weit eingeführter Endotrachealtubus neigt dazu mit der distalen Öffnung im rechten Hauptbronchus zu liegen. Es wird dann die linke Lunge nicht mehr beatmet. Wenn während der Herzdruckmassage Rippen gebrochen wurden, kann es zu einer instabilen Thoraxwand oder einem Pneumothorax kommen (verminderte oder fehlende Atemgeräusche auf der Seite des Pneumothorax). Beim Abhören sollte auf Anzeichen eines Lungenödems oder auf Hinweise für eine Aspiration von Mageninhalt geachtet werden. Eine Magensonde zu Entlastung sollte eingeführt werden. Dies führt auch zu einer Reduktion eines Zwerchfellhochstandes (durch Überblähung des Magens bei Mund-zu-Mund- oder Masken-Beatmung) und Ableitung von angesammeltem Mageninhalt. Bei einem intubierten Patienten, der nach einem ROSC zügig das Bewusstsein wiedererlangt und spontan atmet, kann die Extubation notwendig werden. Durch Husten bei liegendem Tubus wird die KatecholaminAusschüttung des Patienten deutlich gesteigert. Dies kann Arrhythmien und/oder eine Hypertonie hervorrufen. Vor und nach der Extubation soll dem Patienten eine hohe Sauerstoffkonzentration zugeführt werden. Eine leistungsstarke Absaugung mit großlumigen Saugkathetern sollte ebenfalls zur Verfügung stehen. Falls eine Extubation nicht möglich ist (unzureichende Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 157 KAP 14 Kapitel 14 Die Versorgung nach der Wiederbelebung Oxygenierung, Bewusstseinslage), sollte der Patient sediert werden, um eine Toleranz des Endotrachealtubus und der Beatmung zu ermöglichen. Kreislauf Ziel: Aufrechterhaltung eines normalen Sinusrhythmus und einer ausreichenden kardialen Pumpleistung, die für die Durchblutung der lebenswichtigen Organe notwendig ist. Sehr oft sind nach einem Kreislaufstillstand der Herzrhythmus und die hämodynamische Funktion instabil. Eine kontinuierliche Überwachung des EKG ist daher notwendig. Es sollte auf Anzeichen einer Herzinsuffizienz geachtet werden. Puls- und Blutdruckwerte, sowie periphere Durchblutung sollten aufgezeichnet werden. Warme, rosige Finger mit rascher Kapillarfüllung zeigen eine ausreichende Durchblutung an. Patienten mit gestauten Halsvenen in halbaufrechter Position (Oberkörperhochlage) lassen ein Rechtsherzversagen vermuten, dies könnte jedoch auch auf eine Perikardtamponade hinweisen. Ein Linksherzversagen mit Lungenödem wird beim Abhören durch fein- oder grobblasige Rasselgeräusche beim Einatmen und/oder durch blassroten schaumigen Auswurf angezeigt. Der rechte und linke Herzfüllungsdruck sollte optimiert werden, dies kann durch die Messung des zentralen Venendruckes gesteuert werden. Auf der Intensivstation kann dazu auch der Einsatz von nichtinvasiven Geräten zur Messung des Herzzeitvolumens hilfreich sein. Um den rechts-ventrikulären Füllungsdruck zu erhöhen kann einerseits eine Flüssigkeitsinfusion erforderlich sein. Andererseits können harntreibende Mittel und gefäßerweiternde Substanzen notwendig sein, um ein linksseitiges Herzversagen zu behandeln. Eine frühe Echokardiographie kann bei der Steuerung der Therapie günstig sein. Ein 12-Ableitungs-EKG sollte so früh wie möglich angefertigt werden. Bei akuten ST-Hebungen oder einem neu aufgetretenen Linksschenkelblock und typischer Klinik eines akuten Herzinfarkts sollte eine rasche Wiedereröffnung des verschlossenen Herzkranzgefäßes angestrebt werden. Dies kann entweder mit Thrombolyse oder Ballondehnung (PTCA) erfolgen (siehe auch Kapitel 3). Suche nach Ursachen des Kreislaufstillstands und Beurteilung der Neurologie Ziel: Erfassung des neurologischen Status und Ausschluss internistischer oder chirurgischer Ursachen des Kreislaufstillstandes, die eine sofortige Behandlung erfordern. Obwohl ein Kreislaufstillstand häufig durch primäre Herzerkrankungen verursacht ist, müssen andere 158 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen auslösende Umstände ausgeschlossen werden, ganz besonders bei Patienten, die den Kreislaufstillstand im Krankenhaus erleiden (z.B. durch einen massiven Blutverlust, Ateminsuffizienz). Daher sollte eine Untersuchung aller wichtigen Organsysteme durchgeführt werden, um die weitere Behandlung entsprechend anpassen zu können. Um einen kompletten Status des Patienten zu erheben, kann es notwendig sein, den Patienten vollständig zu entkleiden. Obwohl es vielleicht keine unmittelbare Konsequenz für die Behandlung des Patienten hat, sollte ein rascher neurologischer Status erhoben und der Glasgow-KomaSkala Wert dokumentiert werden (Tabelle 14.1). Das maximal erreichbare Punktzahl beträgt 15, die minimal erreichbare 3. Augen öffnen spontan auf Ansprache auf Schmerzreiz kein 4 3 2 1 Verbale Antwort orientiert verwirrt inadäquate Antwort unverständliche Laute keine 5 4 3 2 1 Beste motorische Antwort auf Aufforderung lokalisiert Schmerzreiz Wegziehen auf Schmerz pathologische Beugung Strecken auf Schmerz keine 6 5 4 3 2 1 Tabelle 14.1 Die Glasgow Koma Skala Weitere Untersuchungen Anamnese Ziel: Feststellung des Gesundheitszustandes des Patienten und die Erfassung der regelmäßigen Medikamententherapie vor dem Kreislaufstillstand Man sollte sich so schnell als möglich einen umfassenden Überblick über die Vorerkrankungen verschaffen. Personen, die direkt vor dem Kreislaufstillstand an der Pflege des Patienten beteiligt waren, können wertvolle Informationen beisteuern (z.B. Rettungsdienst, Hausarzt, Verwandte etc.). Man sollte besonders nach Anzeichen einer Herzerkrankung suchen. Falls keine ausreichenden Hinweise auf eine primäre Herzerkrankung hindeuten, sollte man andere Ursachen eines Kreislaufstillstandes in Erwägung ziehen (z.B. Medikamenten-Überdosierung, Subarachnoidalblutung). Jede zeitliche Verzögerung des Beginns der Wiederbelebungsmaßnahmen, sowie die Dauer der Wiederbelebung sollten notiert werden, da European Resuscitation Council dies von prognostischer Bedeutung ist. Monitoring Ziel: Kontinuierliche Erfassung der Vitalparameter mit der Möglichkeit Trends zu erfassen. Eine kontinuierliche Überwachung des EKG, des arteriellen und möglicherweise zentralvenösen Blutdrucks, der Atemfrequenz, der Pulsoximetrie, der Kapnographie, der Körperkerntemperatur und der Harnausscheidung ist notwendig, um Veränderungen während der instabilen Phase nach einem Kreislaufstillstand zu erfassen. Die Auswirkungen der medizinischen Interventionen (z.B. mechanische Beatmung, diuretische Therapie etc.) sollten dauernd kontrolliert werden. Apparative Diagnostik Direkt nach einem Kreislaufstillstand kann eine Vielzahl physiologischer Parameter verändert sein, weswegen biochemische und kardiologische Untersuchungen rasch durchgeführt werden sollten (Tabelle 14.2). Arterielle Blutgasanalyse Hinweise zur Interpretation von arteriellen Blutgasen finden sich am Ende des Kapitels. Die Mangeldurchblutung während des Kreislaufstillstands führt normalerweise zu einer metabolischen Azidose (Anstieg der Plasma H+-Konzentration), mit niedrigen pH-Wert (Azidämie), niedrigem Bikarbonat und einem Basendefizit. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Azidose in der Phase nach der Wiederbelebung normalisiert, zeigt die Wiederherstellung einer normalen Gewebedurchblutung an. Die effektivste Art, eine Azidämie zu beseitigen, ist die zugrundeliegenden Ursachen zu behandeln. Zum Beispiel wird eine schlechte periphere Durchblutung besser durch die Verabreichung von Flüssigkeit und inotroper Substanzen behandelt, als durch die Verabreichung von Puffer-Lösungen. Die normale physiologische Antwort auf eine metabolische Azidose ist eine Reduktion des PaCO2 durch eine Steigerung der Atemtätigkeit (respiratorische Kompensation). Beim spontan atmenden Patienten kann dies unter Umständen nicht ausreichend möglich sein, wenn die Ventilation durch Sedativa, eine reduzierte Bewusstseinslage oder durch eine ausgeprägte Lungenerkrankung eingeschränkt ist. In solchen Fällen kann der PaCO2 sogar ansteigen, was zu einer kombinierten respiratorischen und metabolischen Azidose mit einer erheblichen Azidämie führt. Paradoxerweise kann die Verabreichung von Bikarbonat zu einer Verstärkung der intrazellulären Azidose führen, da es innerhalb der Zelle zu CO2 und freien H+-Ionen gespalten wird. Indikationen für Bikarbonat sind jedoch weiterhin der Kreislaufstillstand verbunden mit einer Hyperkaliämie oder einer Überdosierung mit trizyklischen Antidepressiva. European Resuscitation Council KOMPLETTES BLUTBILD Ausschluss einer Anämie als zusätzlicher Faktor einer Myokard-Ischämie und Dokumentation eines Ausgangswerts KLINISCHE CHEMIE Erfassung der Nierenfunktion Erfassung der Elektrolyt-Werte (K+, Mg 2+, und Ca 2+)* Kontrolle des Blutzuckers Beginn serieller Herz-Enzym- und TroponinBestimmungen Dokumentation eines Ausgangswerts 12-KANAL-EKG Dokumentation des Herzrhythmus** Hinweis auf ein akutes Koronarsyndrom Hinweis auf einen alten Myokardinfarkt Dokumentation eines Aufnahme-EKGs RÖNTGEN-THORAX Lageüberprüfung des Endotracheal-Tubus, der Magensonde und/oder des zentralen Venenkatheters Hinweis auf ein Lungenödem Hinweis auf eine Aspiration Ausschluss eines Pneumothorax Beurteilung von Größe und Form des Herzens (die exakte Beurteilung der Herzgröße ist nur in einem stehend aufgenommen p.a. Röntgenbild möglich – dies ist nach einer Wiederbelebung oft nicht durchführbar) ARTERIELLE BLUTGASE Sicherung einer ausreichenden Beatmung und Oxygenierung, Um Störungen des Säure/Basen-Haushalts auszugleichen ECHOKARDIOGRAPHIE Bei entsprechenden Patienten: Zur Suche nach den Ursachen des Kreislaufstillstands Beurteilung der Form und Funktion des re. und li. Ventrikels. Table 14.2 Investigations after restoration of circulation *Typischerweise tritt nach dem Herzkreislaufstillstand eine hyperkaliämische Phase auf. Andererseits begünstigt die endogene Katecholamin-Ausschüttung den KaliumEinstrom in die Zellen, so dass eine Hypokaliämie auftreten kann. Eine Hypokaliämie kann zu ventrikulären Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 159 KAP 14 Kapitel 14 Die Versorgung nach der Wiederbelebung Arrhythmien führen. Kalium sollte zugeführt werden, um den Kalium-Spiegel im Bereich von 4.0-4.5 mmol/l zu halten. **Normaler Sinusrhythmus wird für eine optimale kardiale Funktion benötigt. Die Vorhofkontraktion hat einen großen Anteil an der ventrikulären Füllung, besonders bei kardialen Erkrankungen und KlappenFunktionsstörungen. Der Verlust der synchronisierten Kontraktionen von Vorhof und Kammer bei Sinusrhythmus kann das Herzminutenvolumen erheblich reduzieren. Die Verlegung des Patienten Ziel: Planung und Durchführung eines sicheren Patienten-Transportes vom Ort der Wiederbelebung zu einer geeigneten Behandlungseinheit. Nach der unmittelbaren Post-Reanimationsphase und Stabilisierung, sollte der Patient an eine geeignete intensivmedizinische Behandlungseinheit (z.B. Intensivstation oder kardiologische Überwachungsstation) transferiert werden. Die Entscheidung, den Patienten zu verlegen, sollte nur in Absprache mit der aufnehmenden Station und den dort verantwortlichen Mitarbeitern getroffen werden. Die begonnene Überwachung sollte während des Transports weitergeführt werden, und alle Kanülen, Katheter, Sonden und Drainagen müssen sorgfältig fixiert und gesichert sein. Unmittelbar vor der Verlegung wird der Patient noch einmal vollständig untersucht. Eine tragbare Absaugpumpe, eine mobile Sauerstoffversorgung, und ein Defibrillator/Monitor müssen dem Transport-Team zur Verfügung stehen. Die Mitglieder des Transport-Teams sollten in der Lage sein, den Patienten zu überwachen und auf jede Veränderung des Zustands entsprechend zu reagieren, einschließlich der Durchführung einer erneuten Reanimation. Entsprechende Leitlinien wurden von den jeweiligen Fachgesellschaften veröffentlicht. Eine aktuelle Leitlinie der amerikanischen Society of Critical Care Medicine findet sich unter der Homepage der deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensivund Notfallmedizin (DIVI; http://www.divi-org.de). Diese Leitlinie listet die erforderlichen Materialien und personellen Qualifikationen auf, die für einen Intensivtransport notwendig sind. Die Optimierung der Organfunktionen Ziel: Optimierung der Funktion lebenswichtiger Organe und Reduktion sekundärer Organschäden. Das Ausmaß der sekundären Organschäden nach Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs ist abhängig von der Fähigkeit des kardiovaskulären Systems, sauerstoffangereichertes Blut bereitzustellen. Hier 160 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen bieten sich Behandlungsmöglichkeiten, die einer Organschädigung nach einem Kreislaufstillstand entgegenwirken können. Herz und kardiovaskuläres System Hämodynamische Instabilität tritt häufig nach einem Kreislaufstillstand auf und präsentiert sich als Hypotension, niedriges Herzminutenvolumen und Neigung zu Arrhythmien. Die myokardiale Funktionsstörung nach dem Kreislaufstillstand ist teilweise durch einen Reperfusions-Schaden verursacht und bildet sich üblicherweise innerhalb von 24-48 Stunden zurück. Die Phase nach der Reanimation ist auch durch einen ausgeprägten Anstieg von Plasma-Zytokinen gekennzeichnet, die sich als Sepsis-Ähnliches-Syndrom mit vielzähligen Organstörungen äußert. An der Intensivstation sollte ein arterieller Katheter zur kontinuierlichen invasiven Blutdruckkontrolle gelegt werden. Eine nicht-invasive Messung des Herzzeitvolumens kann ebenfalls hilfreich sein. Es gibt nur wenige randomisierte Studien, die den Einfluss des Blutdrucks auf das weitere Überleben untersucht haben. Da endgültige Ergebnisse noch ausstehen, sollte der arterielle Blutdruck in einem Bereich gehalten werden, der eine adäquate Harnausscheidung gewährleistet. Dabei sollte auf den üblichen Blutdruck des Patienten Rücksicht genommen werden. Implantation eines automatischen internen Defibrillators (ICD) Die Implantation eines automatischen internen Defibrillators (ICD) sollte bei allen Patienten nach einem Kreislaufstillstand mit einem schockbaren Rhythmus erwogen werden. Ausgenommen sind Patienten, bei denen dies im Zusammenhang mit einem akuten STHebungs-Herzinfarkt aufgetreten war. Diese Patienten sollten vor der Entlassung einem Kardiologen mit entsprechenden Kenntnissen in Rhythmologie vorgestellt werden (siehe Kapitel 11). Das Gehirn: Optimierung der neurologischen Erholung Durchblutung des Gehirns Unmittelbar nach dem Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs folgt eine Phase der vermehrten zerebralen Durchblutung. Nach weiteren 15-30 Minuten verringert sich jedoch der globale zerebrale Blutfluss wieder und wechselt in eine generalisierte Mangeldurchblutung. Die Selbstregulierung der zerebralen Blutgefässe geht verloren, wodurch die zerebrale Durchblutung jetzt unmittelbar vom arteriellen Mitteldruck abhängig ist. Unter diesen Umständen führt jede Hypotonie zu einer Reduktion des zerebralen Blutflusses und zu einer Verschlimmerung des neurologischen Schadens. Daher sollte nach dem Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs der arterielle Mitteldruck innerhalb der für den European Resuscitation Council Patienten üblichen Grenzen gehalten werden. Sedierung Obwohl es üblich ist Patienten bis zu 24 Stunden nach Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs zu sedieren und zu beatmen, gibt es keine Daten, die eine bestimmte Zeitdauer der Beatmung, Sedierung und Relaxierung nach dem Kreislaufstillstand unterstützen. Die Dauer der Sedierung und Beatmung kann durch die Verwendung therapeutischer Hypothermie (siehe unten) beeinflusst werden. Ob die Art der Sedierung das Outcome beeinflusst ist nicht bekannt. Kurzwirksame Medikamente (z.B. Propofol, Alfentanil, Remifentanil) ermöglichen jedoch eine frühere neurologische Beurteilung. Kontrolle von Krampfanfällen Bei insgesamt 5-15% der erwachsenen Patienten mit Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs (ROSC) und bei ungefähr 40% der komatös bleibenden Patienten kommt es zu zerebralen Krampfanfällen und/oder einem Myoklonus. Krampfanfälle erhöhen den zerebralen Stoffwechsel um das Vierfache. Anhaltende Anfälle können zu einer Gehirnschädigung führen und sollten mit Benzodiazepinen, Phenytoin, Propofol oder einem Barbiturat kontrolliert werden. Jedes dieser Medikamente kann eine Blutdrucksenkung verursachen, die entsprechend behandelt werden muss. Anfälle und Myoklonus alleine stehen in keinem besonderen Zusammenhang mit einem schlechten neurologischen Ergebnis, jedoch sind der Status epilepticus und ganz besonders der Status myoklonus mit schlechtem Outcome vergesellschaftet. Kontrolle der Körpertemperatur Therapie von Fieber Fieber tritt häufig in den ersten 48 Stunden nach einem Kreislaufstillstand auf. Das Risiko eines schlechten neurologischen Ergebnisses erhöht sich mit jedem Grad, um welches die Körpertemperatur über 37°C ansteigt. Fieber, das in den ersten 72 Stunden nach einem Kreislaufstillstand auftritt, sollte mit fiebersenkenden Medikamenten oder aktiver Kühlung behandelt werden. Therapeutische Hypothermie Milde Hypothermie scheint eine Vielzahl von chemischen Reaktionen zu unterdrücken, die zu einem ReperfusionsSchaden führen können. Diese Reaktionen beinhalten die Produktion von freien Radikalen, Freisetzung von exzitatorischen Aminosäuren und Kalziumeinstrom. Dies führt in weiterer Folge zu mitochondrialem Schaden und Apoptose (programmierter Zelltod). Zwei randomisierte klinische Studien zeigten eine Verbesserung des neurologischen Ergebnisses bei komatösen, erwachsenen Überlebenden eines außerhalb des Krankenhauses aufgetretenen Kreislaufstillstandes, die innerhalb von Minuten bis Stunden nach Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs gekühlt wurden. Der primäre Rhythmus bei diesen Patienten war Kammerflimmern und sie wurden auf 32-34°C über 12-24 Stunden abgekühlt. Eine kleinere Studie zeigte einen Trend zur Verbesserung des neurologischen Ergebnisses auch bei Patienten European Resuscitation Council nach einem nicht durch Kammerflimmern verursachten Kreislaufstillstand. Nicht-invasive und/oder invasive Kühlmethoden können verwendet werden um die Patienten abzukühlen. Eine Infusion mit 30 ml/kg 4°C kalter Vollelektrolytlösung, die innerhalb von 30 Minuten infundiert wurde, reduzierte die Körpertemperatur in einer Studie um 1,5°C. Intravaskuläre Kühlgeräte mit Temperatur-FeedbackSteuerung ermöglichen eine genauere Kontrolle der Kerntemperatur als die bisher verfügbaren OberflächenKühlmethoden, aber es ist noch nicht klar, ob dies das neurologische Ergebnis weiter verbessern kann. Mögliche Komplikationen milder therapeutischer Hypothermie sind eine höhere Rate von Infektionen, kardiovaskuläre Instabilität, Gerinnungsstörungen, Hyperglykämie oder Elektrolytstörungen wie Hypophosphatämie oder Hypomagnesiämie. Bewusstlose erwachsene Patienten mit spontanem Kreislauf nach einem durch Kammerflimmern verursachten außerklinischen Kreislaufstillstand sollten auf 32-34°C gekühlt werden. Die Kühlungsbehandlung sollte sobald wie möglich begonnen werden und zumindest 12 bis 24 Stunden fortgeführt werden. Diese Therapie ist möglicherweise ebenso vorteilhaft bei Patienten, die den Kreislaufstillstand im Krankenhaus erlitten hatten und bei Patienten mit nicht-schockbaren Herzrhythmen. Lokale Richtlinien an den betreuenden Intensivstationen sollten festlegen, welche Patienten dann jeweils gekühlt werden sollten. Es besteht derzeit jedoch Übereinstimmung, dass Patienten mit schweren systemischen Infektionen, multiplen Organausfällen und schwerem kardiogenen Schock nicht gekühlt werden sollten. Kältezittern kann durch eine adäquate Sedierung und die Gabe von muskelrelaxierenden Medikamenten verhindert werden. Eine Bolusgabe der relaxierenden Medikamente ist üblicherweise ausreichend, in einigen Fällen kann aber eine Dauerinfusion notwendig sein. Die Wiedererwärmung des Patienten sollte langsam (0,250,5°C/h) erfolgen und Fieber sollte dabei vermieden werden. Die optimale Zieltemperatur, Kühlrate, Dauer der Hypothermie und die optimale Rate der Wiedererwärmung müssen noch bestimmt werden. Andere unterstützende Therapien Kontrolle des Blutzuckers Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen hohen Blutzuckerwerten nach der Wiederbelebung und einem schlechten neurologischen Ergebnis. Eine enge Kontrolle des Blutzuckerwertes (4,4 – 6,1 mmol/l; 80 – 110 mg/dl) mittels Insulin reduziert die KrankenhausSterblichkeit bei Intensivpatienten. Für Patienten nach einem Kreislaufstillstand wurde dies jedoch noch nicht direkt nachgewiesen. Der Effekt wird eher durch die strikte Blutzuckerkontrolle als durch die verabreichte Insulindosis bewirkt. Es gibt derzeit jedoch noch keine randomisierten klinischen Studien, die die Auswirkungen einer strikten Blutzuckerkontrolle bei Patienten nach einem Kreislaufstillstand untersucht haben. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 161 KAP 14 Kapitel 14 Die Versorgung nach der Wiederbelebung Der optimale Zielblutzuckerwert bei kritisch kranken Patienten konnte bis jetzt noch nicht festgelegt werden. Bei komatösen Patienten besteht ein besonderes Risiko einer unerkannten Hypoglykämie und das Risiko dieser Komplikation steigt je niedriger der Zielblutzuckerwert gewählt wird. Patienten zeigt ein Fehlen der Pupillenreaktion auf Licht und das Fehlen einer motorischen Antwort auf Schmerzreize am dritten Tag mit sehr hoher Spezifität ein schlechtes Ergebnis (Tod oder Wachkoma) an. Die Patienten dürfen dabei jedoch nicht unter dem Einfluss von sedierenden Medikamenten stehen. Wie bei allen anderen Intensivpatienten sollte auch bei Patienten nach einem Kreislaufstillstand, die auf einer Intensivstation aufgenommen wurden, eine häufige Kontrolle des Blutzuckerwertes vorgenommen und hohe Werte mit Insulin behandelt werden. Die Blutzuckerkonzentration die eine Insulintherapie erfordert und der Blutzucker-Zielwert sollte den lokalen Gegebenheiten auf der Intensivstation jeweils angepasst werden. Biochemische Tests Prognosebeurteilung Ziel: Zum frühestmöglichen Zeitpunkt jene Patienten nach einem Kreislaufstillstand zu identifizieren, die trotz Rückkehr eines spontanen Kreislaufs, nicht überleben werden. Von 22.105 Patienten, die nach einem Kreislaufstillstand in Großbritannien auf Intensivstationen aufgenommen wurden, konnten 9.974 (45%) von der Intensivstation entlassen werden und 6353 (30%) Patienten konnten lebend aus dem Krankenhaus entlassen werden [Daten des Intensive Care National Audit and Research Centre (ICNARC), London, Dezember 1995 – Oktober 2004]. Sobald ein stabiler Kreislauf mit einem ausreichenden Herzminutenvolumen wieder hergestellt wurde, bestimmt hauptsächlich das Ausmaß der Schädigung des Gehirns das weitere Überleben. Von den Patienten, die nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb des Krankenhauses auf einer Intensivstation versterben, sterben zwei Drittel aufgrund der neurologischen Schädigung. Bei Patienten, die nach einem HerzKreislauf-Stillstand innerhalb des Krankenhauses auf einer Intensivstation aufgenommen werden, versterben ein Viertel der Patienten aufgrund der neurologischen Schädigung. Zur Prognosebeurteilung wären Tests nötig, die eine Vorhersage des individuellen neurologischen Ergebnisses bei Patienten unmittelbar nach Wiedererlangung des spontanen Kreislaufs ermöglichen. Solche PrognoseTests müssten eine 100-prozentige Spezifität besitzen. Das heißt, der Test darf kein schlechtes Ergebnis bei einem Patienten voraussagen, der dann doch noch eine zufriedenstellende Lebensqualität erreicht. Klinische Tests Es gibt keine neurologischen Untersuchungsbefunde in den ersten Stunden nach Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs, die das weitere Ergebnis vorhersagen können. Von komatösen Patienten nach einem Kreislaufstillstand, die keine Chance auf eine neurologische Erholung haben, versterben 50 % innerhalb von 3 Tagen. Bei den verbleibenden komatösen 162 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Die Bestimmung von Neuronen-spezifischer-Enolase (NSE) und Protein S-100b im Serum können hilfreich sein, um das neurologische Ergebnis nach einem Kreislaufstillstand abzuschätzen. Allerdings ist die Streuung der Werte in den bis jetzt durchgeführten Studien breit und in vielen Studien wird die Wiedererlangung des Bewusstseins mit einem „guten“ Ergebnis gleichgesetzt (ohne genauere Angaben der Funktion). Elektrophysiologische Tests Somatosensorisch evozierte Potentiale des Nervus medianus bei normothermen Patienten, die für zumindest 72 Stunden bewusstlos waren, zeigen ein schlechtes neurologisches Ergebnis mit 100-prozentiger Spezifität an. Ein beidseitiger Verlust der N20-Komponente der evozierten Potentiale in komatösen Patienten, verursacht durch Hypoxie oder Kreislaufstillstand, führt immer zu einem schlechten neurologischen Ergebnis. Das Elektroenzephalogramm (EEG) hat nur geringen prognostischen Wert, wenn es innerhalb von 24 – 48 Stunden nach Wiedererlangen eines spontanen Kreislaufs abgeleitet wird. Ein normales oder beträchtlich abnormales EEG kann das neurologische Ergebnis zuverlässig vorhersagen, aber ein EEG-Befund, der zwischen diesen beiden Extremen liegt, ist für die Vorhersage der Prognose nicht geeignet. Betreuung des WiederbelebungsTeams Alle Wiederbelebungsversuche sollten formal erfasst und ausgewertet werden. Die Daten sollten unter Verwendung eines standardisierten Utstein-Protokolls (Reanimationsprotokoll) aufgezeichnet werden, um so einen Vergleich zwischen den verschiedenen Institutionen zu erlauben (siehe Kapitel 17). Die Nachbesprechung der Reanimation mit den TeamMitgliedern sollte in der Form einer positiven Kritik erfolgen und nicht in einer Auseinandersetzung mit Fehler- und Schuld-Zuweisungen enden. Unabhängig davon, ob der Wiederbelebungsversuch erfolgreich war oder nicht, brauchen die Angehörigen des Patienten erhebliche psychologische Unterstützung. Auch die seelsorgerischen Bedürfnisse aller an einer Wiederbelebung beteiligten Personen sollten nicht vergessen werden. European Resuscitation Council Säure-Basen-Haushalt: Interpretation von Blutgas-Werten Wenn ein stabiler Kreislauf nicht sofort wieder hergestellt wird, kommt es durch den Kreislaufstillstand zu erheblichen Störungen im Säure-Basen-Haushalt. Um den Patienten optimal behandeln zu können, ist es notwendig, Blutgas-Werte in der unmittelbaren Phase nach einem Kreislaufstillstand beurteilen zu können. pH H+ (nmol l-1) 6.8 7.1 7.4 7.7 160 80 40 20 Tabelle 14.3 Beziehung zwischen pH und H+Konzentration Um optimal zu funktionieren, brauchen zelluläre Enzyme eine enge Kontrolle der biochemischen Bedingungen. Die Konzentration der Wasserstoff-Ionen (H+) ist zwar gering, aber entscheidend für die normale Enzymfunktion. Die häufigen Ionen des Plasmas wie Natrium und Kalium kommen in Konzentrationen von Millimol pro Liter (mmol/l) vor. Die normale Plasma-Konzentration von H+ ist 40 Nanomol pro Liter (nmol/l). Die H+-Konzentration wird aber meistens als pH-Wert angegeben. Dies ist der negative Logarithmus der H+-Konzentration. Daher führt die Verdoppelung oder Halbierung der H+-Konzentration zu einer Abnahme oder Zunahme des pH-Wertes um ca. 0,3 (Tabelle 14.3). Der normale extrazelluläre pH-Wert ist 7,35 – 7,45. Oxygen partial presure (kPa) Abb. 14.1 Oxyhämoglobin-Dissoziations-Kurve Säure-Basen-Störung Respiratorische Azidose Metabolische Azidose Respiratorische Alkalose Metabolische Alkalose Respiratorische Azidose mit renaler Kompensation Metabolische Azidose mit respirator. Kompensation Respiratorische Alkalose mit renaler Kompensation Metabolische Alkalose mit respiratorischer Kompensation Gemischte metabolische und respiratorische Azidose Gemischte metabolische und respiratorische Alkalose pH PaCO2 HCO3N N N N * * * * KAP 14 *Bei fast vollständiger Kompensation kann der pH-Wert im Normalbereich sein Überkompensation findet nicht statt. Fett gekennzeichnete Störungen treten besonders häufig im Zusammenhang mit einem Kreislaufstillstand auf. Tabelle 14.4 Zusammenfassung der Veränderungen des pH, PaCO2 and HCO3- bei Säure-Basen-Störungen European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 163 Kapitel 14 Die Versorgung nach der Wiederbelebung Definitionen Säure Ein Protonen- oder H+-IonenDonator (Spender) Base Ein Protonen- oder H+-IonenAkzeptor (Empfänger) Azidämie BBlut pH-Wert unter 7,35. Alkaliämiea Blut pH-Wert über 7,45. Azidose Abnormer Prozess, der zu einer Abnahme des pH-Wertes führt Alkalose Abnormer Prozess, der zu einer Zunahme des pH-Wertes führt. Gemischte Störung Kombination von 2 oder mehreren Säure-Basen-Störungen. Kompensation Normale Körperfunktion, die den Blut-pH-Wert wieder normalisiert (z.B. respiratorisch oder renal). Puffer Eine Substanz, die der Wirkung einer Säure oder Base auf den pHWert entgegenwirkt FiO2 Anteil des eingeatmeten Sauerstoffs. Die Sauerstoffkonzentration ist unabhängig von der Meereshöhe und der FiO2 beträgt daher überall 0,21. Dies wird oft als Prozentsatz angegeben, z.B. 21% PaO2 Partialer Sauerstoffdruck in arteriellem Blut. Der PaO2 gibt nicht den Gesamtgehalt an Sauerstoff an, sondern nur den Druck gelöster O2-Moleküle. Normale PaO2-Werte variieren mit dem Alter. Im Alter von 20 Jahren beträgt der normale PaO2 bei Luftatmung 12,5 – 13,0 kPa (95 – 100 mmHg) und etwa 10.8 kPa (80 mmHg) im Alter von 65 Jahren. PaCO2 Partialer Druck von Kohlendioxid in arteriellem Blut. (Normalwert 5.3 [4.7 – 6.0] kPa oder 40 [35 – 45] mmHg) SO2 Hämoglobinsättigung mit Sauerstoff (SaO2-arteriell, SvO2-venös, SpO2-peripher, Pulsoxymeter) HCO3 - Bikarbonat-Konzentration (Normalwert 24 [22 – 26] mmol/l) BE Basenüberschuss (base excess) – die Menge von starker Säure oder Base, die notwendig wäre um einen pH-Wert von 7,4 wieder herzustellen. Der Normalwert beträgt ±2 mmol/l. Ein positiver BE zeigt einen Überschuss an Base (oder Mangel an Säure), während ein negativer Wert einen Mangel an Base (oder Überschuss an Säure) anzeigt. 164 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen An example of a ‘normal’ arterial blood gas analysis old from a 70 year patient is: FiO2 0.21 (21%) = Luft pH 7.39 PaCO2 5.2 kPa (39.2 mmHg) PaO2 11.2 kPa (85 mmHg) HCO3 24 mmol l BE -0.5 mmol/l Oxygenierung Die obere Grenze des arteriellen PO2 (PaO2) ist vom alveolären PO2 (PAO2’) abhängig. Der arterielle PO2 ist immer niedriger als der alveoläre PO2 und der Wert dieses „alveolo-arteriellen-Sauerstoff-Gradienten“ nimmt bei Lungenerkrankungen zu (schlechter funktionierende Lungen reduzieren den Übertritt von Sauerstoff von den Alveolen ins Blut). Der Unterschied zwischen dem PO2 in der Einatemluft und dem arteriellen PO2 beträgt etwa 10 kPa bei Gesunden. Auf Meeresniveau entspricht 1% O2 etwa 1 kPa. Daher sollte eine Person, die 21% Sauerstoff atmet und über gesunde Lungen verfügt, einen PO2 von über 11 kPa (80 mmHg) (d.h. 21-10 kPa = 11 kPa) erreichen. Beim Atmen von 50% Sauerstoff auf Meeresniveau erzielen Personen ohne Lungenerkrankung einen arteriellen PO2 von etwa 40 kPa (300 mmHg) (d.h. 50-10 kPa = 40 kPa). Die Wiederherstellung einer adäquaten GewebeOxygenierung ist wesentlich. Eine Hypoxämie sollte durch Erhöhung des FiO2, Sicherung der Atemwege und ausreichende Beatmung behandelt werden. Es sollte versucht werden eine Sauerstoff-Sättigung von zumindest 92% zu erreichen (entspricht einem PaO2 von 8 - 9 kPa, 60 – 70 mmHg). Bei einigen Patienten, wie solchen mit COPD oder unter lang andauernder Beatmung auf der Intensivstation, kann eine niedrigere arterielle SauerstoffSättigung (88-89%) angemessen sein. Wenn zusätzlich Sauerstoff gegeben wird (z.B. über eine Maske), zeigt ein „normaler“ PaO2 nicht unbedingt eine ausreichende Ventilation an. Auch eine geringe Erhöhung des FiO2 kann eine Hypoxämie aufheben, die durch einen hohen alveolären PCO2-Wert (Hypoventilation) verursacht ist Der Zusammenhang zwischen dem Sauerstoff Partialdruck und der prozentualen Sättigung des Hämoglobins mit Sauerstoff wird durch die Oxyhämoglobin-Dissoziations-Kurve dargestellt (Abbildung 14.1). Diese Kurve hat eine Sigmoid-Form. Der flache obere Teil der Kurve bedeutet, dass, wenn der PaO2abnimmt, die Sauerstoffsättigung (SaO2) weitgehend konstant gehalten wird. Ab einem PaO2 von etwa 8 kPa (ca. SaO2 90%) kommt es aber bei weiterer Verringerung zu einem abrupten Abfall der SaO2. European Resuscitation Council Puffer Das Haupt-Puffer-System des Körpers beinhaltet Bikarbonat, Proteine, Hämoglobin und Phosphat. Das Bikarbonat-Puffer-System ist das bedeutendste und wird durch die Henderson – Hasselbalch’sche Gleichung beschrieben: pH = 6.1 + log [HCO3-] PaCO2 x 0.03 (0,03 = Löslichkeits-Koeffizient von CO2 in mmol/mmHg) Respiratorische und renale Kompensation Aus der Henderson – Hasselbalch’schen Gleichung ist ersichtlich, dass ein Anstieg des PaCO2 zu einer Abnahme des pH-Wertes und eine Abnahme des PaCO2 zu einer Zunahme des pH-Wertes führen muss. Auf diese Weise kann das respiratorische System den pH-Wert regulieren. Wenn die metabolische Produktion des CO2 konstant bleibt, ist der einzige Faktor, der den PaCO2 beeinflusst die alveoläre Ventilation. Eine Zunahme der alveolären Ventilation vermindert den PaCO2 und eine Abnahme der alveolären Ventilation erhöht den PaCO2. Das Atemzentrum im Hirnstamm reagiert sensibel auf die H+-Konzentration und verändert entsprechend die alveoläre Ventilation. Falls z.B. der pH-Wert absinkt, würde unter normalen Umständen durch eine Zunahme der Ventilation der pH-Wert wieder normalisiert werden. Dies ist innerhalb weniger Minuten möglich. Die Nieren regulieren den Säure-Basen-Haushalt durch eine Änderung der H+-Ausscheidung relativ zur Filtration von HCO3-. Deswegen scheiden die Nieren entweder sauren oder alkalischen Harn aus. Die Reaktion der Nieren ist langsam und die maximale Kapazität der H+Ausscheidung wird erst nach einigen Tagen erreicht. Einteilung und Beurteilung der SäureBasen-Störungen Die primäre Störung des Säure-Basen-Haushalts wird durch den auslösenden Prozess definiert. Dieser kann entweder metabolisch (Veränderungen des HCO3-) oder respiratorisch (Veränderungen des PaCO2) verursacht sein. Die Kompensation ist dann die sekundäre physiologische Reaktion auf die primäre Störung. Eine Überkompensierung kommt nicht vor. Respiratorisch Metabolisch Azidose Alkalose CO2 HCO3oder BE CO2 HCO3oder BE und die Plasma-Elektrolyt-Werte gemeinsam mit den Blutgasen beurteilt werden. Die 5-Schritt Methode zur Beurteilung der Blutgas-Werte 1. Beurteilung der Oxygenierung Ist der Patient hypoxisch? Besteht ein signifikanter alveolo-arteriellerSauerstoff-Gradient? 2. Bestimmung des pH oder der H+-Konzentration pH > 7,45 (H+ < 35 nmol/l) – Alkaliämie pH < 7,35 (H+ > 45 nmol/l) – Azidämie 3. Bestimmung der respiratorischen Komponente PaCO2 > 6.0 kPa (45 mmHg) – respiratorische Azidose (oder respiratorische Kompensation einer metabolischen Alkalose) PaCO2 < 4.7 kPa (35 mmHg) – respiratorische Alkalose (oder respiratorische Kompensation einer metabolischen Azidose) 4. Bestimmung der metabolischen Komponente HCO3- < 22 mmol/l – metabolische Azidose ( oder renale Kompensation einer respiratorischen Alkalose) HCO3- > 26 mmol/l – metabolische Alkalose (oder renale Kompensation einer respiratorischen Azidose) Einige Ärzte verwenden lieber den BE anstatt des HCO3-. Da die Veränderungen des einen Wertes sich im anderen wiederspiegeln, ergibt sich kein wesentlicher Unterschied zur Beurteilung der klinischen Situation. Der Normalbereich des BE ist ± 2 mmol/l. 5. Kombination der Informationen aus Punkt 2 bis 4, Bestimmung der primären Störung und ob eine metabolische oder respiratorische Kompensation existiert. Bei niedrigem pH-Wert (Azidämie) spricht ein hoher PaCO2 für eine primäre respiratorische Störung, während ein niedriger PaCO2 eine respiratorische Kompensation einer primären metabolischen Störung anzeigt. Bei hohem pH-Wert (Alkaliämie), spricht ein niedriger PaCO2 für eine primäre respiratorische Alkalose, während ein hoher PaCO2 eine respiratorische Kompensation einer primär metabolischen Alkalose anzeigt. Es gibt auch gemischte Säure-Basen-Störungen. Zum Beispiel führt eine Kombination aus respiratorischer und metabolischer Azidose zu einer Azidämie oder eine Kombination von respiratorischer und metabolischer Alkalose zu einer Alkaliämie (Tabelle 14.4). Wenn man respiratorische- und Säure-Basen-Störungen beurteilen will, müssen die klinischen Gegebenheiten European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 165 KAP 14 Kapitel 14 Die Versorgung nach der Wiederbelebung Zusammenfassung •Die Rückkehr eines spontanen Kreislaufs nach einem Kreislaufstillstand markiert nur die erste Phase der Versorgung. •Die Genesung des Patienten wird erheblich durch die Qualität der Versorgung nach dem eigentlichen Kreislaufstillstand beeinflusst. •Patienten nach einem Kreislaufstillstand benötigen eine entsprechende Überwachung, eine sichere Verlegung an eine Intensiv-Einheit und eine kontinuierliche Unterstützung der lebenswichtigen Organfunktionen. •Die Vorhersagequalität des neurologischen Endstatus von komatös gebliebenen Patienten, nach einem Kreislaufstillstand, ist weiterhin unbefriedigend. Weiterführende Literatur Bernard SA, Gray TW, Buist MD, et al. Treatment of comatose survivors of out-of-hospital cardiac arrest with induced hypothermia. N Engl J Med 2002; 346: 557-63. Hypothermia After Cardiac Arrest Study Group. Mild therapeutic hypothermia to improve the neurologic outcome after cardiac arrest. N Engl J Med 2002; 346: 549-56. Langhelle A, Nolan J, Herlitz J, et al. Recommended guidelines for reviewing, reporting, and conducting research on post-resuscitation care: The Utstein style. Resuscitation 2005;66:271-83. Laver S, Farrow C, Turner D, Nolan J. Mode of death after admission to an intensive care unit following cardiac arrest. Intensive Care Med 2004; 30: 2126-8. Nolan JP, Morley PT, Vanden Hoek TL, Hickey RW. Therapeutic hypothermia after cardiac arrest. An advisory statement by the Advanced Life Support Task Force of the International Liaison Committee on Resuscitation. Resuscitation 2003; 57: 231-5. Polderman KH. Application of therapeutic hypothermia in the intensive care unit. Opportunities and pitfalls of a promising treatment modality-Part 2: Practical aspects and side effects. Intensive Care Med 2004; 30: 757-69. van den Berghe G, Wouters P, Weekers F, et al. Intensive insulin therapy in the critically ill patients. N Engl J Med 2001; 345: 1359-67. Zandbergen EG, de Haan RJ, Hijdra A. Systematic review of prediction of poor outcome in anoxic-ischaemic coma with biochemical markers of brain damage. Intensive Care Med 2001; 27: 1661-7. 166 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Ethische und rechtliche Aspekte der Reanimation 15 Kapitel Lernziele ■ Vorausverfügungen, Patiententestament. ■ Wann nicht mit Reanimationsversuchen begonnen wird. ■ Wann Reanimationsversuche beendet werden. ■ Entscheidungen durch Nicht-Ärzte. Im gesamten Kapitel umfasst der Begriff “Angehörige” auch enge Freunde und wichtige andere Personen. Einführung Erfolgreiche Wiederbelebungsversuche haben vielen Menschen eine nützliche und wertvolle Verlängerung des Lebens gebracht. Die Anteile von Überlebenden mit kompletter physiologischer Wiederherstellung nach Kreislaufstillstand sind aber niedrig. Gelegentlich haben Reanimationsversuche nur das Leiden und den Sterbeprozess verlängert; in einigen Fällen hat die Reanimation dazu geführt, dass der Patient im persistierenden vegetativen Zustand geblieben ist. Die Verlängerung des Lebens um jeden Preis stellt kein angemessenes Ziel der Medizin dar. Entscheidungen über Wiederbelebungsversuche bedeuten für Patienten und Angehörige ein heikles und potentiell belastendes Thema. Diese Entscheidungen können durch individuelle, internationale wie lokale kulturelle, rechtliche, ethische, traditionelle, religiöse, soziale und ökonomische Faktoren beeinflusst werden. Einige mental kompetente Patienten treffen die Entscheidung, dass sie nicht behandelt werden wollen, und drücken ihren Willen in einer Vorausverfügung oder einem Patiententestament/ Patientenverfügung aus. Es ist daher wichtig, dass in der Krankenversorgung Tätige die in Frage kommenden Prinzipien kennen, bevor sie einer Situation ausgesetzt werden, in der eine Reanimationsentscheidung zu treffen ist. auch, eine kardiopulmonale Reanimation zu unterlassen. Gutes tun kann ebenfalls heißen, sich mit allgemeinen Bedürfnissen in der Gemeinde zu befassen, z.B. ein Projekt zur öffentlich verfügbaren Defibrillation zu etablieren. Nicht schaden heißt, dass nichts Nachteiliges bewirkt werden soll. So sollte eine Reanimation weder in aussichtslosen Fällen versucht werden noch dann, wenn der Wille des kompetenten Patienten dem entgegensteht. Gerechtigkeit impliziert die Verpflichtung, Nutzen und Risiken innerhalb einer Gesellschaft gleichmäßig zu verteilen. Wenn die Reanimation als Maßnahme angeboten wird, sollte sie im Rahmen der verfügbaren Ressourcen allen zur Verfügung stehen, die davon profitieren könnten. Autonomie bezieht sich darauf, dass Patienten selbst ihre eigenen informierten Entscheidungen treffen, statt dass Ärzte oder Pflegende für sie entscheiden. Dieses Prinzip wurde besonders während der letzten 30 Jahre eingeführt, ausgehend von legislativen Akten wie der Deklaration von Helsinki zu den Menschenrechten und ihren nachfolgenden Modifikationen und Ergänzungen. Autonomie verlangt, dass der Patient angemessen aufgeklärt wird, dass er kompetent ist, frei von unzulässigem Druck und dass seine Präferenzen konsistent sind. Vorausverfügungen Vorausverfügungen sind in vielen Ländern eingeführt worden, womit die Bedeutung der Patientenautonomie betont wird. Eine Reanimation darf nicht begonnen werden, wenn die CPR dem dokumentierten nachhaltigen Willen einer erwachsenen Person entgegensteht, die zum Zeitpunkt, als diese Vorausverfügung erlassen wurde, mental kompetent und sich der Implikationen bewusst war. Die vier Schlüssel-Prinzipien sind: Verpflichtung zur Fürsorge bzw. Gutes tun (beneficence), nicht schaden bzw. Schadensvermeidung (non-maleficence), Gerechtigkeit (justice) und Autonomie (autonomy). Der Begriff Vorausverfügung bezieht sich auf jede Äußerung der Präferenzen von Patienten. Eine Ablehnung bedarf nicht der Schriftform, um gültig zu sein. Falls Patienten eine klare und konsistente Ablehnung verbal ausgedrückt haben, sollte dies denselben Status haben wie eine schriftliche Vorausverfügung. Patienten sollten sicherstellen, dass ihr Wille dem versorgenden Team und den Angehörigen bekannt ist, damit er umgesetzt werden kann. Gutes tun impliziert, dass in der Krankenversorgung Tätige einen Nutzen erzielen müssen, wenn sie Nutzen und Risiken abwägen. Im Allgemeinen bedeutet dies, eine Reanimation zu versuchen, aber gelegentlich meint es Beim plötzlichen außerklinischen Kreislaufstillstand kennen die Helfer gewöhnlich die Situation und den Willen des Patienten nicht, und eine Vorausverfügung ist häufig nicht gleich verfügbar. Unter diesen Umständen Prinzipien European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 167 KAP 15 Kapitel 15 Ethische und rechtliche Aspekte der Reanimation wird unverzüglich mit der Reanimation begonnen; Fragen werden später gestellt. Es bedeutet ethisch kein Problem, einen begonnen Reanimationsversuch abzubrechen, falls den Helfern später eine gültige, die Therapie begrenzende Vorausverfügung präsentiert wird. Hinsichtlich der Haltung in der Medizin gegenüber schriftlichen Vorausverfügungen gibt es international noch eine erhebliche Streuung. In einigen Ländern wie dem Vereinigten Königreich (UK) ist eine schriftliche Vorausverfügung rechtlich bindend. Wenn keine explizite Vorausverfügung getroffen wurde und der Wille des Patienten nicht bekannt ist, sollte davon ausgegangen werden, dass Helfer alle sinnvollen Bemühungen unternehmen, den Patienten zu reanimieren. Wann ein Reanimationsversuch unterlassen werden soll Obwohl Patienten das Recht haben, eine Behandlung abzulehnen, haben sie nicht automatisch das Recht, eine Behandlung zu verlangen; sie können nicht darauf bestehen, dass eine Reanimation unter allen Bedingungen zu versuchen ist. Ärzte können nicht zu einer Behandlung verpflichtet werden, die ihrer klinischen Einschätzung widerspricht. Diese Entscheidung ist häufig komplex und sollte von älteren, erfahrenen Mitgliedern des Behandlungsteams getroffen werden. Die Entscheidung, auf einen Reanimationsversuch zu verzichten, wirft einige ethische und moralische Fragen auf. Was begründet Sinn- oder Aussichtslosigkeit? Was genau wird unterlassen? Wer sollte entscheiden und wer konsultiert werden? Wer sollte informiert werden? Was begründet Sinnlosigkeit? Sinnlosigkeit ist gegeben, wenn eine Reanimation hinsichtlich der Verlängerung eines qualitativ akzeptablen Lebens keinen Nutzen bringen wird. Prädiktoren für das Nicht-Überleben nach Reanimationsversuch sind zwar publiziert worden, aber keiner hat ausreichenden prädiktiven Wert, wenn er auf eine unabhängige Kontrollgruppe angewendet wird. Das Outcome in einer Gruppe, in der Reanimationsversuche durchgeführt wurden, hängt zudem von Systemfaktoren wie Zeit bis CPR und Zeit bis Defibrillation ab. Es ist schwierig vorherzusagen, wie diese Faktoren das individuelle Outcome beeinflussen. Unweigerlich müssen Beurteilungen getroffen werden, und es wird Grauzonen geben, in denen bei Patienten mit Begleiterkrankungen wie Herzinsuffizienz und chronischer respiratorischer Beeinträchtigung, mit Asphyxie, schwerem Trauma, Schädelverletzungen und neurologischen Erkrankungen subjektive Meinungen erforderlich sind. Das Alter des Patienten mag bei der Entscheidung eine Rolle spielen, ist aber nur ein relativ schwacher, unabhängiger Prädiktor für das Outcome; dennoch liegen bei Älteren verbreitet bedeutende 168 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen Komorbiditäten vor, die das Outcome beeinflussen. Was genau sollte unterlassen werden? Kein Reanimationsversuch (Do not attempt resuscitation – DNAR) heißt, dass im Falle eines Atemoder Kreislaufstillstandes keine CPR durchgeführt werden sollte – DNAR bedeutet nur das. Andere Behandlungen sollten fortgesetzt werden, besonders zur Schmerzlinderung und Sedierung, falls erforderlich. Ebenso werden Beatmung und Sauerstofftherapie, Ernährung, Antibiotika, Flüssigkeit, Vasopressoren etc. nach Indikation weitergeführt, wenn man davon ausgeht, dass sie zur Lebensqualität beitragen. Falls nicht, sollten Anweisungen, irgendeine dieser Therapien nicht fortzusetzen oder nicht zu beginnen, unabhängig von DNAR-Anweisungen spezifiziert werden. Während DNAR-Anweisungen über viele Jahre in vielen Ländern von einzelnen Ärzten geschrieben wurden, häufig, ohne den Patienten, die Angehörigen oder anderes Gesundheitspersonal zu konsultieren, gibt es jetzt in vielen Ländern klare verfahrenstechnische Anforderungen oder Richtlinien. Wer sollte entscheiden, dass kein Reanimationsversuch unternommen wird, und wer sollte konsultiert werden? Die Gesamtverantwortung für diese Entscheidung bleibt dem erfahrensten Krankenhausarzt oder dem behandelnden Hausarzt überlassen, nach angemessener Konsultation anderer an der Versorgung des Patienten beteiligter medizinischer Dienstleister. Menschen haben ethische und legale Rechte, in Entscheidungen einbezogen zu werden, die sie selbst angehen; dies sollte mit dem Patienten diskutiert werden. Es hat sich bewährt, auch Angehörige zu beteiligen, selbst wenn diese hinsichtlich der aktuellen Entscheidung darauf keinen Rechtsanspruch haben. Falls der Patient kompetent ist, sollte seine Zustimmung eingeholt werden. Falls ein kompetenter Patient sich weigert, der Weitergabe von Informationen an Angehörige zuzustimmen, sollte dies respektiert werden. Idealerweise werden Entscheidungen im Voraus getroffen. Entscheidungen von gesetzlichen Einrichtungen sind mit Verzögerungen und Unsicherheiten behaftet, besonders bei entgegenstehendem Rechtssystem, und sollten nur herbeigeführt werden, falls zwischen den beteiligten Parteien unüberbrückbare Gegensätze bestehen. In besonders schwierigen Fällen könnte der erfahrene Arzt seine Standesorganisation um eine rechtliche Einschätzung ersuchen. Wer sollte informiert werden? Wenn die Entscheidung erst einmal getroffen ist, muss sie deutlich an alle kommuniziert werden, die beteiligt European Resuscitation Council sein können, dies schließt den Patienten mit ein. Falls der Patient es nicht ablehnt, sollte die Entscheidung auch seinen Angehörigen mitgeteilt werden. Die Entscheidung, die dafür sprechenden Gründe sowie eine Aufstellung der an den Diskussionen beteiligten Personen sollten in der Patientenakte dokumentiert werden – idealerweise auf einem speziellen DNAR-Formular –; dabei sollte exakt das Datum festgehalten werden, an dem die Entscheidung gefällt wurde. Die Entscheidung sollte ebenfalls im Pflegebericht dokumentiert werden. Die Entscheidung muss allen mitgeteilt werden, die an der Versorgung des Patienten beteiligt sind. Wann sollte der Reanimationsversuch abgebrochen werden Die Mehrheit der Reanimationsversuche bleibt erfolglos und muss abgebrochen werden. Die Entscheidung, die Reanimationsbemühungen zu beenden, wird von etlichen Faktoren beeinflusst. Dazu gehören die Anamnese und die zu erwartende Prognose, die Periode zwischen Kreislaufstillstand und Beginn der CPR, das Intervall bis zur Defibrillation und die Phase mit erweiterten lebensrettenden Maßnahmen (ALS) bei anhaltender Asystolie und nicht zu behebender Ursache. In vielen Fällen, besonders bei außerklinischem Kreislaufstillstand, kann die zugrunde liegende Ursache unbekannt sein oder nur vermutet werden, und die Entscheidung zum Beginn der Reanimation wird getroffen, während weitere Informationen gesammelt werden. Falls sich herausstellt, dass die zugrunde liegende Ursache die Situation aussichtslos macht, sollte die Reanimation abgebrochen werden, falls der Patient trotz aller ALS-Maßnahmen in der Asystolie bleibt. Eventuell werden zusätzliche Informationen (etwa eine Vorausverfügung) verfügbar und bestätigen, dass der Abbruch des Reanimationsversuchs ethisch korrekt ist. Im Allgemeinen sollte eine Reanimation fortgesetzt werden, so lange Kammerflimmern andauert. Es ist generell akzeptiert, dass eine Asystolie, die bei nicht reversibler Ursache trotz ALS-Maßnahmen länger als 20 Minuten andauert, einen Abbruch des Reanimationsversuchs begründet. Falls sich beim außerklinischen Kreislaufstillstand kardialer Ursache überhaupt eine Besserung einstellt, kommt es meist an Ort und Stelle zur Wiederkehr eines Spontankreislaufs. Normotherme Patienten mit primär kardialem Stillstand, die fortdauernd CPR benötigen, ohne dass der Puls während des Transports ins Krankenhaus wieder einsetzt, überleben fast nie neurologisch intakt. Die Entscheidung, den Reanimationsversuch abzubrechen, wird vom Leiter des Teams getroffen, allerdings nach Konsultation der anderen Teammitglieder. Letztendlich basiert die Entscheidung auf der klinischen Einschätzung, dass der Stillstand des Patienten auf erweiterte lebensrettende Maßnahmen nicht anspricht. European Resuscitation Council Entscheidungen durch Nicht-Ärzte Viele Fälle eines außerklinischen Kreislaufstillstandes werden von Rettungssanitätern (emergency medical technicians) oder Rettungsassistenten/ Notfallsanitätern (paramedics) versorgt, die bei der Festlegung, ob eine Reanimation aussichtslos ist und wann sie abgebrochen werden sollte, ähnlichen Dilemmas gegenüberstehen. Häufig wird beim außerklinischen Kreislaufstillstand mit der Reanimation begonnen, es sei denn, dass eine gültige gegenteilige Vorausverfügung vorliegt oder dass die Aussichtslosigkeit der Reanimation eindeutig ist, etwa in Fällen tödlicher Verletzungen wie Dekapitation, Hemikorporektomie, bekannter längerer Submersion, Verbrennung bis zur Unkenntlichkeit, Leichenstarre, Leichenflecken. In derartigen Fällen diagnostiziert der Nicht-Arzt den Tod, trifft aber keine Todesfeststellung (die in den meisten Ländern nur durch einen Arzt oder Leichenbeschauer erfolgen kann). Wann aber soll die Entscheidung, einen Reanimationsversuch abzubrechen, getroffen werden? Sollten in ALS ausgebildete Paramedics in der Lage sein, den Tod zu erklären, wenn der Patient nach 20 Minuten trotz durchgeführten ALS-Maßnahmen in der Asystolie bleibt? In einigen Ländern, einschließlich UK, dürfen Paramedics in dieser Situation den Reanimationsversuch beenden. Das strikt zu befolgende Protokoll verlangt, dass gewisse Faktoren, die auf eine geringe Überlebenschance hinweisen könnten (wie Hypothermie), nicht vorhanden sind. Die Diagnose der Asystolie muss ebenfalls ohne jeden Zweifel gestellt und mit EKG-Aufzeichnungen dokumentiert werden. Ähnliche Entscheidungen darüber, eine Reanimation zu beginnen oder zu erkennen, dass der Tod eingetreten ist, müssen eventuell von Pflegenden in Pflegeheimen bei alten und terminal erkrankten Personen getroffen werden. Es ist zu hoffen, dass eine Entscheidung über den Wert eines Reanimationsversuchs vorher erfolgt ist; das Thema DNAR sollte stets bei allen Patienten in derartigen Einrichtungen angesprochen werden. Relativierende Umstände Gewisse Bedingungen, etwa eine Hypothermie zum Zeitpunkt des Kreislaufstillstandes, steigern die Chancen der Wiederherstellung ohne neurologische Schäden, und normale Prognosekriterien (z.B. eine über 20 Minuten andauernde Asystolie) sind nicht anwendbar. Sedativa und Analgetika verschleiern beim Patienten, der wieder einen Spontankreislauf aufweist, die Einschätzung des Bewusstseinszustandes. KAP Abbruch der Behandlung nach einem Reanimationsversuch Es ist schwierig, während der ersten 3 Tage das endgültige neurologische Ergebnis bei Patienten vorherzusagen, die Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 169 15 Kapitel 15 Ethische und rechtliche Aspekte der Reanimation nach Wiedererlangung eines Spontankreislaufs komatös bleiben. Spezifische klinische Zeichen, die in den ersten wenigen Stunden nach Rückkehr des Spontankreislaufs das Outcome vorhersagen können, gibt es nicht. Dieser Punkt wird ausführlicher in Kapitel 14 behandelt. Zusammenfassung •Eine Reanimation sollte normalerweise sofort und effektiv begonnen werden, aber wir müssen erkennen, wann diese Maßnahmen unangemessen sind und wann sie beendet werden sollten. Weiterführende Literatur Baskett PJF, Steen PA, Bossaert L. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 8. The ethics of resuscitation and end of life decisions. Resuscitation 2005; in press. Baskett PJ, Lim A. The varying ethical attitudes towards resuscitation in Europe. Resuscitation 2004;62:267-73. Lemaire F, Bion J, Blanco J, et al. The European Union Directive on Clinical Research: present status of implementation in EU member states’ legislations with regard to the incompetent patient. Intensive Care Med 2005;31:476-9. Decisions relating to cardiopulmonary resuscitation. A joint statement from the BMA, RC(UK) and the RCN. March 2001 Nichol G, Huszti E, Rokosh J, Dumbrell A, McGowan J, Becker L. Impact of informed consent requirements on cardiac arrest research in the United States: exception from consent or from research? Resuscitation 2004;62:3-23. 170 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Unterstützung von Angehörigen während der Reanimation Lernziele ■ Unterstützung von Angehörigen, die Zeuge eines Reanimationsversuchs sind. ■ Die Betreuung von Personen, die kürzlich einen Trauerfall hatten. ■ Religiöse und ethnische Erfordernisse, wenn ein Patient verstorben ist. ■ Den Ablauf von rechtlichen und praktischen Vorkehrungen nach einem Todesfall. In diesem Kapitel schließt der Terminus „Angehörige“ auch enge Freunde / wichtige andere Personen mit ein. Einleitung Beim außerklinischen Kreislaufstillstand wird häufig die Reanimation von einem engen Freund oder Verwandten des Patienten begonnen. Mittlerweile wird der Wunsch der Angehörigen im weiteren Verlauf bei dem Patienten bleiben zu wollen, zunehmend beachtet und respektiert. Für viele Angehörige ist es belastender, in diesen kritischen Momenten von ihrem Familienmitglied getrennt zu sein, als Zeuge des Wiederbelebungsversuches zu werden. Auf dem Weg zu einer Ethik der offeneren Medizin sollten von professionellen Helfern die Prioritäten von Patienten und Verwandten berücksichtigt werden. Verwandte empfinden in mehrfacher Hinsicht Erleichterung, wenn sie während der Reanimation anwesend sein können. • Es hilft ihnen, mit der Realität des Todes fertig zu werden, verhindert eine anhaltende Verleugnung und trägt zu einer gesünderen Trauer bei. • Sie können zu ihrem Verwandten sprechen, während der Sterbende sie vielleicht noch hören kann. • Sie werden nicht dadurch belastet, dass sie von einem geliebten Menschen getrennt sind, während sie das Bedürfnis haben, anwesend zu sein. • Sie können wahrnehmen, dass alles, was möglich war, für den Sterbenden getan wurde. • Sie können den Verstorbenen berühren und mit ihm sprechen, während der Körper noch warm ist. Die Anwesenheit von Angehörigen beinhaltet allerdings auch potenzielle Nachteile. • Der Reanimationsversuch kann Belastungen hervorrufen, besonders wenn die Verwandten nicht ausreichend informiert werden. • Sie könnten das Team, das den European Resuscitation Council 16 KAPITEL Wiederbelebungsversuch durchführt, physisch oder emotional behindern. Beobachtete Handlungen oder Bemerkungen des Personals können trauernde Familienangehörige verletzen. • Die Erinnerung an die Ereignisse kann Verstörungen hervorrufen, obwohl sich gezeigt hat, dass die Phantasie schlimmer ist als Fakten. Das Team sollte während und nach dem Eintritt des Todes auf die Erwartungen der Trauernden und ihren kulturellen Hintergrund Rücksicht nehmen. • Angehörige zeigen ihre Gefühle vielleicht in Worten oder Gesten, während andere den Wunsch haben können, ruhig da zu sitzen oder religiöse Texte zu lesen. Das Team muss genügend Einsicht, Kenntnis und Fähigkeiten haben, um diese Bedürfnisse zu antizipieren und potenzielle Probleme zu erkennen. Die Einbindung von Verwandten und Freunden Die Betreuung und Rücksichtnahme auf die Angehörigen während der Reanimation wird immer wichtiger, je invasiver das Vorgehen wird. Ein Mitglied des Notfallteams, das nicht aktiv in den Reanimationsversuch eingebunden ist, sollte Angehörigen, die während der Wiederbelebung anwesend sein wollen, zur Seite stehen. Folgende Schutzmaßnahmen sollten beachtet werden: • Erklären Sie die Schwierigkeit der Situation. Stellen Sie sicher, dass die Angehörigen verstehen, dass sie die Wahl haben, ob sie während der Wiederbelebung anwesend sein wollen oder nicht. Vermeiden Sie es, Schuldgefühle hervorzurufen, wie die Entscheidung auch immer ausfallen mag. • Erklären Sie den Angehörigen, dass man sich um sie kümmern wird, unabhängig davon, ob sie den Reanimationsraum betreten oder nicht. Stellen Sie sicher, dass eine Vorstellung stattfindet und die Namen bekannt sind. • Erklären Sie ganz deutlich, was in Bezug auf die Krankheit oder Verletzung vorgefallen ist und welcher Anblick die Angehörigen erwartet, wenn sie den Raum betreten. • Vergewissern Sie sich, dass die Angehörigen verstanden haben, dass sie jederzeit weggehen und wiederkommen können und immer begleitet werden. • Bitten Sie die Verwandten, nicht in den Ablauf der Reanimation einzugreifen, aber geben Sie ihnen die Möglichkeit, den Patienten zu berühren, wenn ihnen gesagt wird, dass dabei keine Gefahr besteht. • Erklären Sie die Maßnahmen in einfachen Worten. Letztlich kann dies bedeuten zu erklären, dass der Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 171 KAP 16 Kapitel 16 Unterstützung von Angehörigen während der Reanimation Wiederbelebungsversuch erfolglos war und beendet wird. • Wenn der Patient verstirbt, erklären Sie den Angehörigen, dass es eine kurze Phase geben kann, in der die Geräte entfernt werden, nach der sie aber wieder in Ruhe unter sich sein können. Unter Umständen kann es auch vorkommen, dass der Gerichtsmediziner verlangt, gewisse Zugänge an ihrem Platz zu belassen. • Geben sie dem Verwandten Zeit, über das Geschehene nachzudenken, und die Möglichkeit, weitere Fragen zu stellen. Krankenhäuser sollten entsprechend ihren jeweiligen Gegebenheiten Verfahrensweisen entwickeln, um Angehörigen die Möglichkeit zu geben, den Reanimationsversuch an ihrem Familienmitglied beobachten zu können. Betreuung der kürzlich Hinterbliebenen Eine mitfühlende Betreuung der Hinterbliebenen erleichtert den Trauerprozess. Die folgenden Überlegungen müssen an die jeweilige Familie und deren kulturelle Bedürfnisse angepasst werden: • Früher Kontakt mit einer Person, üblicherweise einer Pflegekraft; • Bereitstellung eines passenden Zimmers für die Angehörigen; • Mitfühlende Mitteilung schlechter Nachrichten und angepasste Unterstützung der Trauerreaktion; • Für Angehörige die Möglichkeit schaffen, den Toten noch einmal zu sehen; • Religiöse und seelsorgerische Bedürfnisse; • Rechtliche und praktische Vorkehrungen; • Follow-up und Unterstützung des Teams. Früher Kontakt mit einer Person Idealerweise sollte dies die Person sein, welche die Angehörigen während des Wiederbelebungsversuches betreut hat. Falls die Angehörigen bei dem Reanimationsversuch nicht dabei waren, muss ihnen trotzdem ein Mitglied des Teams zur Unterstützung zugewiesen werden. Bei der Kommunikation zwischen Rettungsdienst und aufnehmendem Krankenhaus sollte sichergestellt werden, dass die Ankunft der Angehörigen erwartet wird. Eine warme, freundliche und vertrauensvolle Begrüßung wird dazu beitragen, eine offene und ehrliche Beziehung herzustellen. Bereitstellung eines passenden Raums Dieser sollte das angemessene Ambiente, Platz und Privatsphäre bieten, damit die Verwandten Fragen stellen 172 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen und ihre Gefühle offen ausdrücken können. Mitteilung schlechter Nachrichten und Unterstützung der Trauerreaktion Eine unkomplizierte und ehrliche Herangehensweise hilft, konfuse Mitteilungen zu vermeiden. Schlechte Nachrichten sollten von der am besten geeigneten Person überbracht werden; das muss nicht unbedingt ein Arzt sein. Es ist auch möglich, dass das Teammitglied, das sich um die Angehörigen gekümmert hat, die Nachricht mitteilt, obwohl es für die Verwandten hilfreich sein kann, auch noch mit einem Arzt zu sprechen. Dazu sollte immer Gelegenheit geboten werden. Beachten Sie die folgenden Punkte, wenn Sie sich auf das Gespräch mit den Angehörigen vorbereiten: • Bereiten Sie sich selbst physisch und mental vor. Kontrollieren Sie Ihre Kleidung auf Blut, waschen Sie ihre Hände und bringen Sie Ihre Kleidung in Ordnung. • Vergewissern Sie sich, dass Sie mit den richtigen Verwandten sprechen, und stellen sie deren Beziehung zum Verstorbenen fest. Finden Sie heraus, was diese wissen, und bauen Sie darauf das Gespräch auf. • Setzen Sie Tonfall und non-verbalen Ausdruck zur Unterstützung dessen ein, was Sie sagen. Lächeln, Nicken, Blickkontakt, Körperkontakt, Gesichtsausdruck und Gesten können die verbale Kommunikation unterstützen. • Verwenden Sie einfache Wörter und vermeiden Sie medizinische Fachausdrücke und Plattitüden, die für den Angehörigen bedeutungslos sind. • Setzen oder positionieren Sie sich so neben den Angehörigen, dass sie auf der gleichen Höhe sind. • Beginnen Sie nicht mit einer langen Einleitung oder einer Befragung der Verwandten etwa über den Gesundheitszustand vor dem Tod. Die Angehörigen wollen sofort wissen, ob ihr Familienmitglied noch lebt oder nicht. • Verwenden Sie Wörter wie „tot“, „gestorben“ oder „Tod“ zum frühest möglichen Zeitpunkt und wiederholen sie diese mindestens noch bei einer weiteren Gelegenheit, damit es keine Unklarheiten gibt. • Haben Sie keine Angst vor einer Pause mit Schweigen, wenn die Nachricht ausgesprochen ist und die Fakten verarbeitet werden. • Seien Sie auf die verschiedenen Möglichkeiten von Reaktionen / Emotionen vorbereitet, mit denen Sie nach Mitteilung der Nachricht konfrontiert werden können. Mögliche Reaktionen auf Trauer beinhalten: • akute emotionale Belastung / Schock; • Wut; • Verleugnung / Zweifel; • Schuld; • Katatonie. European Resuscitation Council Diese Stadien sind nicht linear und Einzelpersonen können von einem zum anderen springen oder zu einem wiederholt zurückgehen. Das Geschlecht der Person, das Alter und der kulturelle Hintergrund beeinflussen die Trauerreaktion. Kulturelle Bedürfnisse müssen respektiert werden, und wo möglich sollten schriftliche Leitlinien bezüglich bestimmter ethnischer Minderheiten verfügbar sein. Die Möglichkeit schaffen, den Toten noch einmal zu sehen Geben sie Angehörigen die Möglichkeit, den Toten noch einmal zu sehen. Klären sie Angehörige darüber auf, was sie erwartet, wenn sie den Toten sehen. Die Betroffenheit angesichts medizinischer Geräte und Ausrüstung ist geringer, als das Personal gemeinhin glaubt. Falls der Verstorbene verstümmelnde Verletzungen erlitten hat, warnen sie die Angehörigen vor. Die physische Anwesenheit bei ihrem Familienmitglied wird den Hinterbliebenen helfen, sich durch den Trauerprozess zu arbeiten. Stellen sie sicher dass der Tote berührt bzw. gehalten werden kann. Ein Mitarbeiter sollten die Angehörigen während der Verabschiedung begleiten und in der Nähe bleiben, um bei Bedarf Unterstützung anzubieten oder Informationen zu geben. Religiöse Erfordernisse, rechtliche und praktische Verfahrensweisen Unterschiede im Umgang mit der Leiche und im Ausdruck von Trauer werden von der religiösen Gesinnung des Patienten bestimmt. Üblicherweise sind religiöse Vertreter des Glaubens oder der Konfession des Patienten im Krankenhaus verfügbar. Krankenhausseelsorger sind eine wichtige Quelle der Kraft und Information für die Familien und das Personal. Gebete, Segnungen, religiöse Akte und Prozeduren sind wichtig, um sicherzustellen, dass die Angehörigen nicht noch weiter belastet werden. Rechtliche und praktische Verfahrensweisen sind genauso wichtig. Diese beinhalten: • Verständigung des Leichenbeschauers oder einer anderen Behörde • Verständigung des Hausarztes des Patienten • Entscheidung über Organspende • Bereitstellung von Informationen über „Was ist bei einem Todesfall zu tun“ • Einbeziehung eines Geistlichen • Rückgabe von Eigentum und Wertsachen des Patienten nach Krankenhausrichtlinien • Information über die verfügbaren Sozialdienste • Follow-up-Vereinbarungen, die langfristige Beratungen beinhalten können • Informationen hinsichtlich einer Autopsie, wo angezeigt • Name und Telefonnummer eines Mitarbeiters als Kontaktperson für Angehörige, sollten diese weitere European Resuscitation Council Fragen haben. Unterstützung des Teams und Debriefing Wo und wann möglich, sollten für das Personal Vorkehrungen getroffen werden, dass mit dem gesamten Team Fragen besprochen werden können, die sich aus der Reanimationssituation ergeben haben. Dies ist ein äußerst wirksames pädagogisches Mittel. Zusammenfassung •Viele Angehörige wünschen sich die Möglichkeit, während des Reanimationsversuchs an ihrem Familienmitglied dabei zu sein. Das kann den Trauerprozess fördern. •Die Kommunikation mit trauernden Angehörigen sollte ehrlich, einfach und unterstützend sein. Weiterführende Literatur Adams S, Whitlock M, Bloomfield P, Baskett PJF. Should relatives watch resuscitation? BMJ 1994;308:1687-9. Axelsson A, Zettergren M, Axelsson C. Good and bad experiences of family presence during acute care and resuscitation. What makes the difference? Eur J Cardiovasc Nurs 2005;4:161-9. Kent H, McDowell J. Sudden bereavement in acute care settings. Nursing Standard 2004;19:6. McLauchlan CAJ. Handling distressed relatives & breaking bad news. In: Driscoll P, Skinner D, Earlam R (editors) ABC of Major Trauma Third Edition. London, BMJ Books, 2000. Royal College of Nursing. Witnessing Resuscitation: Guidance for Nursing staff. Royal College of Nursing, London, April 2002 KAP 16 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 173 Kapitel 16 Unterstützung von Angehörigen während der Reanimation 174 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Analyse und Outcome nach einem Kreislaufstillstand 17 KAPITEL Lernziele ■ Die Gründe für die augenscheinlichen Unterschiede in den Erfolgsquoten nach einem Kreislaufstillstand. ■ Warum es notwendig ist, ein einheitliches „Protokoll“ des Outcome nach einem Kreislaufstillstand einzuführen. ■ Welche Daten sind zu sammeln. ■ Wie man die Daten sammelt. Variabilität des Outcome nach einem Kreislaufstillstand Die Überlebensraten nach einem außerklinischen Kreislaufstillstand schwanken zwischen verschiedenen Gesundheitssystemen deutlich. Eine Überprüfung von Rettungsdiensten (EMS) mit der Möglichkeit einer Defibrillation, die 33.124 Patienten umfasste, berichtete von einer durchschnittlichen Überlebensrate bis zur Krankenhausentlassung von 6,4% mit einem Spanne zwischen 0% und 20,7%. Zusammenfassende Daten aus 37 Rettungsdienstbereichen in Europa zeigen, dass die Überlebensrate bis zur Krankenhausentlassung nach einem vom Rettungsdienst behandelten präklinischen Kreislaufstillstand 10,7% beträgt. Nach einem innerklinischen Kreislaufstillstand liegt die Überlebensrate innerhalb der ersten 24 Stunden zwischen 13% und 59% und das Überleben bis zur Entlassung zwischen 3% und 27%. Die durchschnittliche Überlebensrate bis zur Entlassung nach einem innerklinischen Kreislaufstillstand, liegt bei 15%. Es gibt zwei Hauptgründe für diese Verteilungsbreite; Viele verschiedene Variable beeinflussen das Ergebnis nach einem Kreislaufstillstand. Dazu gehören: • Unterschiede in der Art des „EMS“ Systems (z.B. Verfügbarkeit von Defibrillatoren, Unterschiede in den Hilfsfristen); • Unterschiede in der Häufigkeit einer Ersthelferreanimation; • Unterschiede in den Gesamtpatientenzahlen (Studien können auf innerklinische Kreislaufstillstände beschränkt sein oder auch Kreislaufstillstände einschließen, die vor einer Einlieferung stattfanden); • Bestehende Begleiterkrankungen; • Die Häufigkeit, mit der „do-not-attempt-resuscitation“ • • • • (DNAR) Richtlinien angewendet werden; Der primäre Rhythmus des Kreislaufstillstandes; Die Definition von Kreislaufstillstand (z.B. Einbeziehung von primären Atemstillständen); Verfügbarkeit von Herzalarm- und medizinischen Notfallteams (MET); Die Definition von Überleben (z.B. Rückkehr eines spontanen Kreislaufs, 5 Minuten, 24 Stunden, Entlassung aus dem Krankenhaus). Es besteht ein Mangel an Einheitlichkeit bei der Dokumentation des Ablaufs und des Ergebnisses eines Reanimationsversuchs. Zum Beispiel wird die Definition des Überlebens unterschiedlich dokumentiert als Rückkehr eines Spontankreislaufs oder Überleben nach 5 min, 1 h, 24 h, oder bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus. Der Mangel an Einheitlichkeit bei der Dokumentation von Kreislaufstillständen macht es schwierig, den Einfluss einzelner Faktoren auf das Überleben zu evaluieren, wie z.B. neue Medikamente oder Techniken. Neue Maßnahmen, auch wenn diese die Überlebensrate nur geringfügig verbessern, sind angesichts der großen Anzahl der jährlichen Opfer eines Kreislaufstillstands wichtig. Es ist unwahrscheinlich, dass regionale Krankenhäuser oder Gesundheitssysteme ausreichend Patientenzahlen behandeln können, um relevante Effekte ein- oder ausschließen zu können. Ein möglicher Lösungsansatz ist es, einheitliche Definitionen einzuführen und standardisierte Daten, sowohl zum Ablauf als auch zum Ergebnis, einer Wiederbelebung bei einer großen Patientenzahl in unterschiedlichen Zentren zu sammeln. Änderungen im Ablauf der Wiederbelebung können dann eingeführt und evaluiert werden, wenn eine einheitliche und verlässliche Dokumentation des Outcome verwendet wird. Dies ist eine wichtige Voraussetzung um Medikamente oder Techniken, die in experimentellen Studien entwickelt wurden, verlässlich in klinischer Umgebung zu evaluieren. Leitlinien zur einheitlichen Dokumentation von Reanimationsdaten: der „Utstein Style“ 1991 und 1997 entwickelte eine Projektgruppe der American Heart Association, des European Resuscitation Council, der Heart and Stroke Foundation of Canada und des Australian Resuscitation Council Leitlinien zur einheitlichen Dokumentation von Daten präklinischer KAP European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 175 17 Kapitel 17 Analyse und Outcome nach einem Kreislaufstillstand und innerklinischer Kreislaufstillstände. Nach der historischen Utstein-Abtei nahe Stavanger in Norwegen, in der sich die Arbeitsgruppen trafen wurden diese Utstein-Leitlinien genannt. Kernbestandteile dieser Leitlinien sind klare und genaue Definitionen von Maßnahmen, Intervallen und Outcomes sowie die Entwicklung von Formularen zur Dokumentation von Reanimationsversuchen. Die Reanimationsterminologie konnte dank dieser Leitlinien erfolgreich standardisiert werden. Es ergaben sich aber 2 Hauptprobleme: viele dieser Datenelemente konnten nicht ausreichend genau festgehalten werden (z.B. der Zeitpunkt des Kollapses) und der Schwerpunkt lag bei Patienten mit Kammerflimmern. 2002 bearbeitete eine ILCORProjektgruppe die Utstein-Definitionen und Formulare und veröffentlichte 2004 eine überarbeitete Version. Diese enthält: • 29 Kerndatenelemente, die als Minimum zur Analyse und Qualitätsverbesserung betrachtet werden; • Überarbeitete und erneuerte Definitionen der KernDatenelemente; • Identifikation von zusätzlich benötigten Daten für die Reanimations-Forschung; • Identifikation der zu sammelnden und aufzuzeichnenden Kern-Zeitpunkte und Intervalle; • Ein überarbeitetes Formular zum Aufzeichnen von Daten eines Kreislaufstillstandes. Rettungsdienst (EMS) Ende des Ereignisses Erster dokumentierter Rhythmus Ort des Stillstands Neurologisches Outcome zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung Patienten-Kennzeichnung Wiederbelebung Wiederbelebungsversuch durch Rettungspersonal Kein Wiederbelebungsversuch durch Rettungspersonal Wiederherstellung Spontankreislauf (ROSC) Geschlecht Schockbarer/nicht schockbarer Rhythmus Erfolgreiche Wiederbelebung vor Eintreffen des Rettungsdienstes Ereignis überlebt Überleben bis Krankenhausentlassung Anhaltend wiederhergestellter Spontankreislauf Tabelle 17.1 Kerndatenelemente im Utstein-Formular 2004 Die überarbeiteten Leitlinien beziehen sich auf präklinische und innerklinische Kreislaufstillstände bei Erwachsenen und Kindern. Im Utstein Formular 2004 definierte Kerndatenelemente Die 29 definierten Kern-Datenelemente sind in Tabelle 17.1 in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Die genauen Definitionen sind in der entsprechenden Veröffentlichung nachzulesen. Stillstand, beobachtet Assistierte Beatmung Defibrillationsversuch Ersthelfer-Wiederbelebung (Bystander CPR) Kreislaufstillstand Ursache des Kreislaufstillstands / Ätiologie Herzdruckmassage Kardiopulmonale Reanimation Datum des Kreislaufstillstands Geburtsdatum / Alter Datum der Entlassung / Tod Defibrillationsversuch vor Ankunft des Rettungsdienstes Medikamente 176 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Datenerfassungsblatt Kreislaufstillstand JJJJ/MM/TT Datum des Kreislaufstillstands Patientenidentifikation (Vorname, Name oder ID-Nummer) Geschlecht Jahre (geschätzt) Alter oder Geburtsdatum JJJJ/MM/TT MM/TT Kreislaufstillstand festgestellt von Ursache des Kreislaufstillstands Maßnahmen vor Eintreffen des Rettungsdienstes Ersthelfer-Reanimation Defibrillation durch Ersthelfer oder implantierten Defibrillator Reanimationsversuch durch Rettungsdienst Ort des Kreislaufstillstands präklinisch Beobachtet innerklinisch wenn beobachtet, Zeitpunkt des Kreislaufstillstands hh:mm Initialer Rhythmus Thoraxkompressionen Defibrillationsversuch Beatmung Medikamente Zeitpunkt des Kollaps hh:mm Zeitpunkt Notrufeingang hh:mm Zeitpunkt Fahrzeug vor Ort hh:mm Zeitpunkt erste Rhythmusanalyse hh:mm (geschätzt) Spontankreislauf bei Eintreffen in der Notaufnahme Krankenhausaufnahme Krankenhausentlassung Datum Krankenhausentlassung (oder Tod) Neurologischer Status bei Entlassung (CPC) JJJJ/MM/TT Abb. 17.1 Das Utstein 2004 Kreislaufstillstand Datenerfassungsblatt KAP European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 177 17 Kapitel 17 Analyse und Outcome nach einem Kreislaufstillstand Fehlen von Kreislaufzeichen und/oder geeignet zur Reanimation n= Keine Reanimationsversuche n= DNAR n= Als sinnlos eingeschätzt n= Ort des Kreislaufstillstands Präklinisch Zu Hause Öffentlicher Raum Sonstiges n= n= n= Innerklinisch Station Notaufnahme Operationssaal Intensivstation Sonstige n= n= n= n= n= n= Reanimationsversuch Gesamt Mit Defibrillationsversuch Thoraxkompressionen Beatmung n= n= n= n= Erster aufgezeichneter Rhythmus Defibrillierbar n= VF VT Nicht defibrillierbar Asystolie PEA unbekannt n= n= n= n= n= n= Stillstand beobachtet/unter Monitoring n= Von Ersthelfer n= Von prof. Helfer n= CPR vor Eintreffen Rettungsdienst n= Ätiologie Vermutl. kardial Trauma Ertrinken Atmung Andere nicht-kardial Unbekannt n= n= n= n= n= n= Outcome (für alle Kategorien) Ja n= Nein n= unbekannt n= Ereignis überlebt n= Lebend entlassen n= Neurolog. Outcome bei Entlassung CPC 1 od. 2 n= CPC 3 od. 4 n= CPC 5 n= Figure 17.2 The 2004 Utstein template for recording cardiac arrest data 178 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Zentrale Zeitpunkte und Intervalle Formulare zur Datenerfassung Obwohl manche Zeitintervalle bekanntermaßen Schlüsselfaktoren für ein erfolgreiches Outcome sind (z.B. Kollaps bis erster Schock bei Kammerflimmern), ist das Erheben dieser Daten oft schwierig und ungenau. Grund dafür sind Faktoren wie die Dringlichkeit der Situation und die Verwendung nicht abgeglichener Uhren. Folglich wurde in den überarbeiteten Leitlinien die Anzahl der zentralen Zeitpunkte deutlich reduziert. • Zeitpunkt des beobachteten oder aufgezeichneten Stillstands; • Zeitpunkt Anruf/Alarmierung erhalten; - Durch den Rettungsdienst-Disponenten - Reanimationsteam aktiviert • Zeitpunkt der ersten Rhythmus-Analyse oder Feststellen des Kreislaufstillstands; • Zeitpunkt des ersten Reanimationsversuchs; • Zeitpunkt des ersten Defibrillationsversuchs bei schockbarem Rhythmus; • Todeszeitpunkt. Kerndatenelemente für jeden Wiederbelebungsversuch werden manuell und/oder elektronisch notiert. Die Daten sollten einfach zu erheben und zuverlässig sein und Patienten-, Prozess- und Outcome-Elemente einschließen. Indem man Kerndaten nach den oben genannten Definitionen sammelt, können dann nicht nur innerhalb, sondern auch zwischen Krankenhäusern Vergleiche angestellt werden - lokal, national und international. Ein vereinfachtes, standardisiertes Datenerfassungsblatt ist in Tabelle 17.1 dargestellt. Wenn neue Techniken oder Medikamente untersucht werden, können spezifische Datenblätter benötigt werden, diese sollten die im Utstein-Schema definierten Kerndatenpunkte umfassen. Zahlreiche zusätzliche Zeiten wurden festgelegt, in dem Wissen, dass sie als Marker der Qualitätssicherung verwendet werden können, wenn sie im Bezug auf das Outcome vermutlich auch recht unwichtig sind: • Abfahrtszeit des ersten Rettungsmittels; • Eintreffen des Fahrzeugs; • Zeitpunkt Wiederherstellung Spontankreislauf (ROSC); • Zeitpunkt der erfolgreichen Venenpunktion und Medikamentengabe; • Zeitpunkt des Reanimationsendes/Todeszeitpunkt. Versorgung nach Reanimation Es wurde inzwischen weitgehend erkannt, dass die Qualität der Behandlung in der Post-Reanimationsphase ein bestimmender Faktor für das Outcome ist. Viele Intensivstationen sammeln umfassende Daten über alle Aufnahmen, einschließlich Überlebender nach Kreislaufstillstand. Ein Utstein-Formular ist vor kurzem definiert worden, um die Daten in der PostReanimationsphase standardisiert zu sammeln. Dies soll einen sinnvollen Vergleich zwischen Zentren ermöglichen und kann helfen, die Auswirkung auf das Outcome der unterschiedlichen Behandlungsstrategien (z.B. therapeutische Hypothermie) festzustellen. Datenerhebung Nachdem die Kernprozesse und –resultate, die es ermöglichen die Effekte von Änderungen in der Behandlung des Kreislaufstillstands zu untersuchen, klar definiert wurden, wird eine Methode für das Sammeln dieser Daten benötigt. Die Outcome-Daten nach Kreislaufstillstand können in unterschiedliche Berichte und Register eingegeben werden. Reanimations-Register Bisher wurden unterschiedliche Formulare oder Register für innerklinische und präklinische Kreislaufstillstände verwendet. Sie umfassten die wesentlichen und erforderlichen Datenpunkte und konzentrierten sich auf Patienten, die einen Kreislaufstillstand mit Kammerflimmern erlitten hatten. Diese wurden jetzt durch ein einzelnes Formular ersetzt, mit dem alle Kerndaten erfasst werden. Alle Ausgangsrhythmen sind enthalten, die Möglichkeit zur getrennten Analyse des Kreislaufstillstands durch Kammerflimmern wird beibehalten. Da das Register Details vieler Stillstände enthält, ist es vor allem ein Werkzeug, das benutzt wird, um den Effekt von Änderungen in der Praxis zu überwachen oder Bereiche zu kennzeichnen, die Verbesserungen erfordern. Das Utstein-Schema für diesen Prozess wird in Tabelle 17.2 dargestellt Kein Formular wird allgemeine Zustimmung erhalten. Krankenhäuser und Rettungsdienst-Systeme mit einer etablierten Dokumentation werden einer Änderung ungern zustimmen. Werden die oben beschriebenen Formulare nicht übernommen, sollten Krankenhäuser und Rettungsdienst-Systeme die zentralen UtsteinVariablen in ihre Dokumentation einarbeiten. Zusammenfassung •Versuche, die Wiederbelebung zu verbessern, werden durch den Mangel an einheitlichen Definitionen und durch uneinheitliche Dokumentation von Ablauf und Outcome behindert. •Uneinheitlichkeit bei der Dokumentation macht es unmöglich, die Ergebnisse aus verschiedenen Studien und Gesundheitssystemen verlässlich zu vergleichen. •Die Wissenschaft der Wiederbelebung wird verbessert, indem man die essentiellen Daten, die zu sammeln sind, definiert und in ein einheitliches Dokumentationssystem eingibt. KAP European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 179 17 Kapitel 17 Analyse und Outcome nach einem Kreislaufstillstand Weiterführende Literatur Atwood C, Eisenberg MS, Herlitz J, Rea TD. Incidence of EMS-treated outof­hospital cardiac arrest in Europe. Resuscitation 2005;67:75-80. Gabbott D, Smith G, Mitchell M, Colquhoun M, Nolan J, Soar J, Pitcher D, Perkins G, Phillips B, King B, Spearpoint K. Cardiopulmonary resuscitation standards for clinical practice and training in the UK. Resuscitation 2005; 64:13-19. Gwinnutt CL, Columb M, Harris R. Outcome after cardiac arrest in adults in UK hospitals: effect of the 1997 guidelines. Resuscitation 2000;47:12536. Jacobs I, Nadkarni V, Bahr J, et al. Cardiac arrest and cardiopulmonary resuscitation outcome reports: update and simplification of the Utstein templates for resuscitation registries. A statement for healthcare professionals from a task force of the International Liaison Committee on Resuscitation. Resuscitation 2004;63:233-49. Langhelle A, Nolan J, Herlitz J, et al. Recommended guidelines for reviewing, reporting, and conducting research on post-resuscitation care: The Utstein style. Resuscitation 2005;66:271-83. Nichol G, Stiell IG, Laupacis A, De Maio VJ, Wells GA. A cumulative metaanalysis of the effectiveness of defibrillator-capable emergency medical services for victims of out-of-hospital cardiac arrest. Ann Emerg Med 1999;34:517-25. Pell JP, Sirel JM, Marsden AK, Ford I, Walker NL, Cobbe SM. Presentation, management, and outcome of out of hospital cardiopulmonary arrest: comparison by underlying aetiology. Heart 2003;89:839-42. Tunstall-Pedoe H, Bailey L, Chamberlain DA, Marsden AK, Ward ME, Zideman DA. Survey of 3765 cardiopulmonary resuscitations in British hospitals (the BRESUS study): methods and overall results. BMJ 1992;304:1347-51. 180 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Appendix 1. Basiswiederbelebung für Laien Introduction Dieses Kapitel umfasst die Richtlinien für die lebensrettenden Basismaßnahmen (Basic Life Support – BLS) für den Laienhelfer, der alleine außerhalb des Krankenhauses ist. BLS bedeutet auch, dass, abgesehen von schützenden Hilfsmitteln, keine Ausrüstung verwendet wird. Es ist gut dokumentiert, dass Unterbrechungen der Herzdruckmassage häufig vorkommen und mit einer Verringerung der Überlebensrate assoziiert sind. Die ‚perfekte’ Lösung wäre, die Thoraxkompressionen kontinuierlich durchzuführen während unabhängig davon die Beatmung stattfindet. Dies ist dann möglich, wenn beim Patienten der Atemweg durch einen Endotrachealtubus oder ein ähnliches Hilfsmittel gesichert ist und wird im Kapitel Advanced Life Support (ALS) Algorithmus besprochen. CPR ausschließlich mit Herzdruckmassage ist eine weitere Möglichkeit die Anzahl der Thoraxkompressionen zu erhöhen da die Beatmungspausen wegfallen. Das ist für eine begrenzte Zeit (ungefähr 5 Minuten) effektiv, ist aber nicht als Standardmaßnahme für die Durchführung der Basiswiederbelebung außerhalb des Krankenhauses empfohlen. Die folgenden Änderungen in den BLS Richtlinien betonen die Wichtigkeit der Thoraxkompressionen und den Versuch die Anzahl und Dauer der Pausen zu reduzieren: 1. Die Diagnose Kreislaufstillstand wird gestellt sobald ein Patient nicht ansprechbar ist und nicht normal atmet 2. Der Ersthelfer soll gelehrt werden bei der Herzdruckmassage die Hände in der Mitte des Brustkorbes aufzusetzen; dies ist besser, als viel Zeit für die bisher gelehrte ‘Rippenrand’-Methode zu verschwenden 3. Jede Notfall-Beatmung dauert 1 Sekunde, nicht wie bisher 2 Sekunden 4. Für Erwachsene im Kreislaufstillstand beträgt das Verhältnis von Kompressionen zu Beatmungen 30:2. Dasselbe Verhältnis soll auch bei Kindern angewendet werden, wenn die Reanimation von einem Laienhelfer begonnen wird 5. Beim erwachsenen Patienten entfallen die bisher gelehrten 2 Initialbeatmungen; sofort nach Feststellen des Kreislaufstillstandes wird mit 30 Thoraxkompressionen begonnen. Um das Lehren und Lernen zu erleichtern wurde der Ablauf der BLS-Sequenz vereinfacht. In einigen Fällen beruht diese Vereinfachung auf evidenz-basierten Daten, in anderen Fällen fehlte die Evidenz, dass die bisherigen, komplizierteren Abläufe das Überleben nach einem Kreislaufstillstand verbessern. European Resuscitation Council Eine weitere Änderung betrifft die Beatmung, isnbesondere für den Helfer, der die Notfallbeatmung nicht ausführen kann oder will. Es ist gut dokumentiert, dass die Abneigung gegen die Mund-zu-Mund Beatmung viele mögliche Helfer von jeder Form der Reanimationsmaßnahmen abhält, obwohl es keine evidenzbasierten Daten für ein Infektionsrisiko gibt. Diese Richtlinien bestärken den Helfer in solchen Fällen ausschließlich Thoraxkompressionen durchzuführen. Die Richtlinien 2000 führten das Konzept der Kontrolle der ‘Kreislaufzeichen’ ein. Diese Änderung fand aufgrund der Evidenz statt, dass das Vertrauen auf die Pulskontrolle zur Diagnose eines Kreislaufstillstandes unzuverlässig und zeitverschwendend ist. Diese gilt vor allem, aber nicht ausschließlich, wenn die Pulskontrolle von Laienhelfern ausgeführt wird. Nachfolgende Studien haben gezeigt, dass die Atemkontrolle ebenfalls zu Fehleinschätzungen führt. Häufig wird eine Schnappatmung als normale Atmung fehlgedeutet. In den Richtlinien 2005 ist die fehlende Atmung bei einem nicht reagierenden Patienten das Hauptmerkmal eines Kreislaufstillstandes. Auch das Erkennen einer Schnappatmung als zusätzliche Indikation für den Start der Reanimation wird hervorgehoben. Schließlich wurde erkannt, dass die Durchführung der Thoraxkompressionen ermüdet. Wenn mehr als ein Helfer vor Ort ist wird daher empfohlen sich alle 2 Minuten abzuwechseln (mit möglichst geringer Zeitverzögerung). So soll eine frühzeitige Ermüdung verhindert und die Qualität der Thoraxkompressionen beibehalten werden. Erwachsenen BLS Sequenz Basic life support besteht aus dem folgenden Handlungsablauf: ) 1. Vergewissern Sie sich, dass Patient, Anwesende und Sie nicht gefährdet sind. 2.Prüfen Sie, ob der Patient reagiert. • Schütteln Sie ihn leicht an den Schultern und fragen Sie laut: „Ist alles in Ordnung?“ 3 A. Wenn er reagiert: • Lassen Sie ihn in der Lage, in der Sie ihn vorgefunden haben, vorausgesetzt, dass keine weitere Gefahr besteht. • Versuchen Sie herauszufinden, was dem Patienten fehlt, und holen Sie Hilfe falls erforderlich. • Untersuchen Sie ihn regelmäßig erneut. 3 B. Wenn er nicht reagiert • Rufen Sie um Hilfe. • Drehen Sie den Patienten auf den Rücken und öffnen Sie dann den Atemweg durch Überstrecken des Halses und Anheben des Kinns. - Legen Sie Ihre Hand auf seine Stirn und wenden Sie seinen Kopf leicht nach hinten. - Mit Ihren Fingerspitzen unter dem Kinn des Patienten heben Sie das Kinn an, um den Atemweg zu öffnen. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 181 Basiswiederbelebung für Laien Adult Basic Life Support UNRESPONSIVE Shout for HELP Open airway NOT BREATHING NORMALLY? Call 112* 30 chest compressions 2 rescue breaths 30 compressions *OR APPROPRIATE EMERGENCY TELEPHONE NUMBER 182 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council 4. Während Sie den Atemweg offen halten, sehen, hören und fühlen Sie nach normaler Atmung. • Sehen Sie nach Bewegungen des Brustkorbes. • Hören Sie am Mund des Patienten nach Atemgeräuschen. • Fühlen Sie nach einem Luftstrom an Ihrer Wange. Während der ersten wenigen Minuten nach einem Kreislaufstillstand ist es möglich, dass ein Patient kaum atmet oder vereinzelte, geräuschvolle Atemzüge macht. Verwechseln Sie dies nicht mit normaler Atmung. Sehen, hören und fühlen Sie nicht länger als 10 Sekunden, um festzustellen, ob der Patient normal atmet. Wenn Sie irgendwelche Zweifel haben, ob die Atmung normal ist, dann handeln so, als sei sie nicht normal. 5 A. Falls der Patient normal atmet: • Bringen Sie ihn in die stabile Seitenlage (siehe unten). • Schicken Sie jemanden oder gehen Sie selbst, um Hilfe zu holen oder den Rettungsdienst zu alarmieren • Überprüfen Sie kontinuierlich die Atmung. 5 B. Falls der Patient nicht normal atmet:. • Schicken Sie jemanden fort um Hilfe zu holen oder, falls Sie allein sind, verlassen Sie den Patient und alarmieren Sie den Rettungsdienst; gehen Sie zurück und beginnen Sie wie folgt mit der Herzdruckmassage: - Knien Sie seitlich des Patienten; - Legen Sie den Ballen einer Hand in die Mitte der Brust des Patienten; - Legen Sie den Ballen Ihrer anderen Hand auf die erste Hand; - Verschränken Sie die Finger Ihrer Hände und vergewissern Sie sich, dass der Druck nicht auf die Rippen des Patienten ausgeübt wird. Üben Sie keinerlei Druck auf den Oberbauch oder das untere Ende des Brustbeins aus; - Bringen Sie sich senkrecht über den Brustkorb des Patienten und drücken Sie mit gestreckten Armen das Brustbein um 4-5 cm nach unten; - Entlasten Sie nach jeder Thoraxkompression den Druck auf dem Brustkorb, ohne den Kontakt zwischen Ihren Händen und dem Brustbein zu verlieren; wiederholen Sie dies mit einer Rate von rund 100 pro Minute (etwas weniger als 2 Kompressionen pro Sekunde); - Druck und Entlastung sollten gleich lang sein. 6 A. Kombinieren Sie die Herzdruckmassage mit künstlicher Beatmung. • Öffnen Sie nach 30 Kompressionen wieder den Atemweg, mit Hals überstrecken und Kinn European Resuscitation Council anheben. • Verschließen Sie mit Daumen und Zeigefinger Ihrer auf der Stirn liegenden Hand die Nase. • Lassen Sie den Mund sich öffnen, aber heben Sie weiterhin das Kinn an. • Atmen Sie normal ein und legen Sie Ihre Lippen um den Mund des Patienten, wobei auf eine gute Abdichtung zu achten ist. • Blasen Sie gleichmäßig in den Mund, achten Sie währenddessen darauf, dass sich der Brustkorb wie bei normaler Atmung über rund eine Sekunde hebt; dies ist eine effektive künstliche Beatmung . • Während Sie den Hals überstreckt und das Kinn angehoben halten, nehmen Sie Ihren Mund von dem des Patienten ab und beobachten Sie, wie sich der Brustkorb bei Entweichen der Luft senkt. • Atmen Sie erneut normal ein und blasen Sie noch einmal in den Mund des Patienten, um insgesamt zwei effektive Beatmungen zu erzielen. Legen Sie dann ohne Verzögerung Ihre Hände auf die korrekte Stelle auf dem Brustbein und führen Sie weitere 30 Thoraxkompressionen durch. • Fahren Sie mit Thoraxkompressionen und Beatmungen im Verhältnis von 30:2 fort. • Unterbrechen Sie nur, um den Patienten erneut zu untersuchen, falls er wieder normal zu atmen beginnt; unterbrechen Sie ansonsten die Reanimation nicht. Falls Ihre erste Beatmung den Brustkorb nicht wie bei einer normalen Atmung anhebt, gehen Sie vor dem nächsten Versuch folgendermaßen vor: • Überprüfen Sie den Mund des Patienten und entfernen Sie mögliche Fremdkörper; • Vergewissern Sie sich, dass der Hals ausreichend überstreckt und das Kinn angehoben ist; • Führen Sie jedes Mal höchstens zwei Beatmungsversuche durch, bevor Sie wieder die Thoraxkompressionen aufnehmen. Falls mehr als ein Helfer anwesend ist, sollte man sich alle 2 Minuten in der Reanimation abwechseln, um Ermüdungen vorzubeugen. Stellen Sie sicher, dass es beim Helferwechsel zu nur minimaler Verzögerung kommt. 6 B. Eine CPR ausschließlich mit Herzdruckmassage kann wie folgt durchgeführt werden: • Falls Sie nicht in der Lage oder nicht willens sind, eine künstliche Beatmung durchzuführen, dann wenden Sie nur die Herzdruckmassage an • Bei ausschließlicher Herzdruckmassage sollten die Kompressionen kontinuierlich mit einer Frequenz von 100 pro Minute erfolgen • Unterbrechen Sie die Maßnahmen nur, um den Patienten erneut zu untersuchen, wenn er wieder normal zu atmen beginnt; anderenfalls unterbrechen Sie die Reanimation nicht. Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 183 Basiswiederbelebung für Laien 7. Fahren Sie mit der Reanimation fort, bis • qualifizierte Hilfe eintrifft und den Patienten übernimmt ; • der Patient normal zu atmen beginnt; • Sie erschöpft sind. Erläuternde Angaben Risiken für den Helfer Die Sicherheit sowohl des Helfer als auch des Patienten während der Reanimation hat Vorrang. Es hat nur wenige Vorfälle gegeben, bei denen es bei Helfern durch die Reanimation zu nachteiligen Folgen gekommen ist, mit vereinzelten Berichten über Infektionen wie Tuberkulose (TB) und dem schweren akuten Atemstörungssyndrom (SARS). Über eine Übertragung von HIV während der CPR ist nie berichtet worden. Untersuchungen an Menschen zur Effektivität von Schutzvorkehrungen während CPR hat es nicht gegeben, jedoch haben Laborstudien gezeigt, dass bestimmte Filter oder Schutzvorkehrungen mit Einwegventilen eine orale bakterielle Übertragung vom Patienten auf den Helfer während der Mund-zuMund-Beatmung verhindern. Wenn möglich sollten Helfer angemessene Sicherheitsvorkehrungen treffen, besonders dann, wenn bekannt ist, dass der Patient eine ernsthafte Infektion, wie zum Beispiel TB hat. Initiale Beatmung Während der ersten wenigen Minuten nach nicht asphyktischem Kreislaufstillstand bleibt der Sauerstoffgehalt im Blut hoch. Daher ist die Ventilation initial weniger wichtig als Thoraxkompressionen. Es ist gut belegt, dass der Erwerb und das Behalten von Fertigkeiten durch eine Vereinfachung des BLSHandlungsablaufs erleichtert werden. Es ist ebenfalls bekannt, dass Helfer aus einer Vielzahl von Gründen, einschließlich der Angst vor Infektion und Ekel gegenüber der Maßnahme, unwillig sind, eine Mund-zu-MundBeatmung durchzuführen. Aus diesen Gründen und um den Vorrang der Thoraxkompressionen zu betonen, wird empfohlen, dass bei Erwachsenen die CPR mit der Herzdruckmassage begonnen wird statt mit der initialen Beatmung. Esmarch Handgriff Der Esmarch Handgriff wird für Laienhelfer nicht empfohlen, weil er schwierig zu erlernen und anzuwenden ist. Daher sollten Laienhelfer bei Patienten den Atemweg mit Überstrecken des Halses und Anheben des Kinns öffnen. Schnappatmung Eine Schnappatmung findet man in bis zu 40% der Patienten mit Kreislaufstillstand. Daher sollten Laienhelfer geschult werden, dass sie mit der CPR beginnen sobald ein Patient nicht ansprechbar ist und nicht normal atmet. In CPR-Trainings sollte darauf hingewiesen werden, dass eine Schnappatmung üblicherweise in den ersten Minuten nach einem 184 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen plötzlichen Kreislaufstillstand auftritt. Dies ist eine Indikation zum sofortigen Start der CPR und darf nicht mit einer normalen Atmung verwechselt werden. Mund-zu-Nase-Beatmung Die Mund-zu-Nase-Beatmung stellt eine effektive Alternative zur Mund-zu-Mund-Beatmung dar. Sie kann erwogen werden, falls der Mund des Patienten ernsthaft verletzt ist oder nicht geöffnet werden kann, falls der Helfer einem im Wasser befindlichen Opfer hilft oder falls eine Mund-zu-Mund-Abdichtung nur schwer erreicht werden kann. Mund-zu-Tracheostoma-Beatmung Mund-zu-Tracheostoma-Beatmung kann bei Patienten mit liegender Trachealkanüle oder Tracheostoma angewendet werden. Beutel-Masken-Beatmung Die Durchführung der Beutel-Masken-Beatmung erfordert beträchtliche Praxis und Fertigkeiten. Der einzelne Helfer muss in der Lage sein, den Atemweg mit Vorschieben des Unterkiefers zu öffnen, während er simultan die Maske auf das Gesicht des Patienten hält. Diese Technik kommt nur für Laienhelfer in Frage, die in hoch spezialisierten Bereichen arbeiten, etwa dort, wo das Risiko einer Zyanidvergiftung oder der Exposition mit anderen giftigen Stoffen besteht. Daneben gibt es weitere spezielle Umstände, unter denen nichtprofessionelle Anwender eine erweiterte Ausbildung in Erster Hilfe erhalten, die auch die Ausbildung und Auffrischung im Gebrauch der Beutel-Masken-Beatmung umfasst. Hier sollte die gleiche strikte Ausbildung wie bei Profis zugrunde gelegt werden und die Zwei-Personen Methode bevorzugt werden. Thoraxkompressionen In den meisten Fällen wird es möglich sein den korrekten Druckpunkt für die Thoraxkompressionen zu finden ohne dabei die Kleidung des Patienten zu entfernen. Falls irgendein Zweifel besteht, soll die Oberbekleidung entfernt werden. In den Richtlinien 2000 wurde eine Methode zur korrekten Auffindung der Handposition für die Thoraxkompressionen empfohlen, bei der ein Finger auf das untere Brustbeinende gelegt und dann die andere Hand daran geschoben wurde. Es wurde gezeigt, dass Helfer dieselbe Handposition schneller finden, wenn sie unterrichtet werden: „Legen Sie den Ballen Ihrer Hand in die Mitte der Brust, mit der anderen Hand darauf“, vorausgesetzt, die Ausbildung beinhaltet eine Demonstration, bei der die Hände in der Mitte der unteren Brustbeinhälfte platziert werden. Während der Durchführung der Thoraxkompressionen: a) Jedes Mal, wenn der Helfer wieder mit Thoraxkompressionen beginnt, sollte er seine Hände ohne Verzögerung „in der Mitte der Brust“ platzieren; b) Komprimieren Sie den Brustkorb mit einer Frequenz European Resuscitation Council von rund 100 pro Minute; c) Achten Sie darauf, dass Sie die volle Kompressionstiefe von 4-5 cm (beim Erwachsenen) erreichen; d) Entlasten Sie den Brustkorb völlig nach jeder Kompression; e) Verwenden Sie für Kompression und Entlastung ungefähr die gleiche Zeit; f ) Minimieren Sie Unterbrechungen bei der Thoraxkompression; g) Verlassen Sie sich nicht auf einen palpablen Karotisoder Femoralis-Puls als Zeichen für einen effektiven arteriellen Fluss; h) Die Kompressionsfrequenz bezieht sich auf die Geschwindigkeit, mit der die Kompressionen durchgeführt werden, nicht auf die Gesamtanzahl pro Minute. Die verabreichte Anzahl wird nicht nur durch die Frequenz bestimmt, sondern auch durch die Anzahl der Unterbrechungen, um den Atemweg zu öffnen, um zu beatmen und um eine AED-Analyse durchzuführen. CPR ausschließlich mit Herzdruckmassage Studien haben gezeigt, dass die CPR ausschließlich mit Herzdruckmassage während der ersten Minuten nach einem nicht-asphyktischem Stillstand ebenso effektiv sein kann wie die Kombination aus Ventilation und Kompression. Laienhelfer sollten daher ermutigt werden, die CPR ausschließlich mit Herzdruckmassage durchzuführen, falls sie unfähig oder unwillig sind, eine künstliche Beatmung anzuwenden, obwohl die Kombination von Thoraxkompressionen und Ventilation die bessere CPR-Methode darstellt. Über-Kopf-CPR (CPR in beengten Räumen) Unter beengten Bedingungen kann bei einem Helfer die Über-Kopf-CPR, bei zwei Helfern die CPR in Grätschstellung erwogen werden. Seitenlage Es gibt mehrere Variationen der Seitenlage, von denen jede ihre Vorteile hat. Keine einzelne Lagerung ist für alle Patienten am besten geeignet. Die Lagerung sollte stabil sein, annähernd einer Seitenlage entsprechen, mit überstrecktem Hals und ohne Druck auf den Thorax, der die Atmung beeinträchtigen könnte. • • • • • liegende Bein knapp über dem Knie und ziehen Sie es hoch, wobei der Fuß auf dem Boden bleibt; Während Sie die Hand des Patienten weiterhin gegen die Wange gedrückt halten, ziehen Sie am entfernt liegenden Bein, um die Person zu Ihnen heran auf die Seite zu rollen; Richten Sie das oben liegende Bein so aus, dass Hüfte und Knie jeweils rechtwinklig abgewinkelt sind; Wenden Sie den Kopf nach hinten, um sicherzustellen, dass der Atemweg offen bleibt; Richten Sie die Hand unter der Wange wenn nötig so aus, dass der Hals überstreckt bleib; Überprüfen Sie regelmäßig die Atmung. Falls der Patient länger als 30 Minuten in der stabilen Seitenlage bleiben muss, dann drehen Sie ihn auf die andere Seite, um den Druck auf den unteren Arm zu entlasten. Verlegung des Atemweges durch Fremdkörper (Ersticken) Erkennung Weil der Schlüssel zum erfolgreichen Outcome in der Erkennung einer Atemwegsverlegung liegt, ist es wichtig, diesen Notfall nicht mit einer Ohnmacht, einem Herzanfall, einem Krampfanfall oder anderen Zuständen zu verwechseln, die ebenfalls eine plötzliche Atemnot, Zyanose oder Verlust des Bewusstseins hervorrufen können. Fremdkörper können eine milde oder eine schwere Atemwegsverlegung verursachen. Die Zeichen und Symptome, anhand derer zwischen einer milden und einer schweren Atemwegsverlegung differenziert werden kann, sind in der unten angeführten Tabelle zusammengefasst. Es ist wichtig, die ansprechbare Person zu fragen: „Haben Sie einen Erstickungsanfall?“ Handlungsablauf, um einen Patienten in die Seitenlage zu bringen: • Nehmen Sie dem Patienten die Brille ab; • Knien Sie seitlich neben dem Patienten und vergewissern Sie sich, dass beide Beine ausgestreckt sind; • Legen Sie den Arm, der Ihnen am nächsten ist, rechtwinklig zum Körper, den Ellenbogen angewinkelt und mit der Handfläche nach oben; • Legen Sie den entfernt liegenden Arm über den Brustkorb und halten Sie den Handrücken gegen die Ihnen zugewandte Wange des Patienten; • Greifen Sie mit Ihrer anderen Hand das entfernt European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 185 Basiswiederbelebung für Laien Allgemeine Zeichen einer Atemwegsverlegung durch Fremdkörper • Anfall ereignet sich während des Essens • Person greift sich ev. an den Hals Zeichen einer milden Obstruktion Zeichen einer schweren Obstruktion Antwort auf die Frage: ‘Haben Sie einen Erstickungsanfall?’ •Person spricht und antwortet ‘Ja’ Antwort auf die Frage: ‘Haben Sie einen Erstickungsanfall?’ •Person ist unfähig zu sprechen •Person reagiert ev. mit Nicken Weitere Anzeichen •Person kann sprechen, husten und atmen Weitere Anzeichen •Person kann nicht sprechen •keuchende Atmung •stille Hustenversuche •Person kann bewußtlos sein Handlungsablauf bei Ersticken Erwachsener (dieser Ablauf ist ebenfalls für Kinder über 1 Jahr geeignet) 1. Falls die betroffene Person Zeichen einer milden Atemwegsverlegung zeigt: • Ermutigen Sie die Person, mit Husten fortzufahren, aber tun Sie sonst nichts. 2. Falls die Person Zeichen einer schweren Atemwegsverlegung zeigt und ansprechbar ist: • Verabreichen Sie bis zu fünf Rückenschläge. - Stellen Sie sich seitlich etwas hinter die Person - Halten Sie mit einer Hand den Brustkorb und lassen Sie die Person sich nach vorne beugen, damit der Fremdkörper, wenn er sich löst, aus dem Mund herauskommt und nicht etwa weiter den Atemweg hinunter rutscht - Verabreichen Sie mit dem Ballen Ihrer anderen Hand bis zu fünf kräftige Schläge zwischen die Schulterblätter • Prüfen Sie nach jedem Schlag, ob die Atemwegsverlegung beseitigt ist. Das Ziel ist, die Verlegung durch jeden Schlag zu beseitigen, und nicht, unnötig alle fünf Schläge auszuführen. • Falls die Atemwegsverlegung mit fünf Rückenschlägen nicht beseitigt werden kann, geben Sie bis zu fünf abdominelle Kompressionen wie folgt: - Stellen Sie sich hinter die Person und legen Sie 186 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen beide Arme um deren Oberbauch; - Lehnen Sie den Patienten nach vorn; - Ballen Sie eine Hand zur Faust und legen Sie diese zwischen Nabel und Xyphoid; - Greifen Sie diese Hand mit Ihrer anderen und ziehen Sie kräftig nach innen und oben; - Wiederholen Sie dies wenn notwendig bis zu fünfmal. • Falls die Verlegung immer noch nicht beseitigt ist, fahren Sie abwechselnd mit fünf Rückenschlägen und fünf abdominellen Kompressionen fort. 3. Falls der Patient bewusstlos wird: • Legen Sie die Person vorsichtig auf den Boden • Alarmieren Sie unverzüglich den Rettungsdienst. • Beginnen Sie mit der CPR (ab 5B des Handlungsablaufs für Erwachsene). Professionelle Helfer, die im Tasten des Karotispulses ausgebildet und erfahren sind, sollten selbst dann mit Thoraxkompressionen beginnen, wenn beim bewusstlosen Erstickungsopfer ein Puls vorhanden ist. Erläuternde Angaben Nach erfolgreicher Beseitigung einer Atemwegsverlegung können immer noch Fremdkörper im oberen oder unteren Respirationstrakt verblieben sein und später zu Komplikationen führen. Patienten mit anhaltendem Husten, Schluckbeschwerden oder dem Gefühl, dass sich immer noch ein Fremdkörper im Hals befindet, sollten daher einem Arzt vorgestellt werden. Abdominelle Kompressionen können ernsthafte innere Verletzungen verursachen, alle Patienten, bei denen abdominelle Kompressionen angewendet wurden, sollten von einem Arzt auf Verletzungen untersucht werden. Reanimation von Kindern und Ertrinkungsopfern Sowohl Beatmung als auch Kompressionen sind wichtig, wenn sich bei Patienten mit einem Kreislaufstillstand die Sauerstoffreserven erschöpfen – ungefähr 4-6 Minuten nach Kollaps durch VF und unmittelbar nach Kollaps durch asphyktischen Stillstand. Die früheren Richtlinien versuchten, die Unterschiede in der Pathophysiologie zu berücksichtigen. Die Empfehlungen waren bei Patienten mit einer erkennbaren Asphyxie (Ertrinken, Trauma, Intoxikation) und bei Kindern zuerst eine Minute CPR durchzuführen, bevor der einzelne Helfer den Patienten verlässt, um Hilfe zu holen. Die Mehrzahl der Fälle außerklinischen plötzlichen Herztodes betrifft jedoch Erwachsene und ist durch eine kardiale Ursache bedingt. Diese zusätzlichen Empfehlungen erhöhten daher noch die Komplexität der Richtlinien, obwohl sie nur auf eine Minderheit von Patienten abzielten. Außerdem muss man sich darüber im Klaren sein, dass viele Kinder nicht reanimiert werden, weil potentielle Helfer fürchten, Schaden anzurichten. Diese Furcht ist unbegründet; es ist weitaus besser, bei einem Kind den European Resuscitation Council BLS-Ablauf für Erwachsene anzuwenden, als nichts zu tun. Zur Vereinfachung des Lernens und des Behaltens sollten Laien daher unterrichtet werden, dass der Ablauf für Erwachsene auch bei Kindern angewandt werden kann, die nicht ansprechbar sind und nicht atmen. Die folgenden geringen Modifikationen der Erwachsenen-Sequenz machen den Ablauf indes noch geeigneter für Kinder: • Geben Sie fünf Initialbeatmungen, bevor Sie mit Thoraxkompressionen beginnen (Handlungsablauf für Erwachsene, 5B); • Ein einzelner Helfer sollte ungefähr eine Minute lang CPR-Maßnahmen durchführen, bevor er Hilfe holen geht; • Komprimieren Sie den Brustkorb um ungefähr ein Drittel; verwenden Sie zwei Finger bei einem Kleinkind unter 1 Jahr; verwenden Sie bei einem Kind über 1 Jahr eine Hand oder beide, je nach Erfordernis, um die erforderliche Kompressionstiefe zu erreichen. Weiterführene Literatur International Liaison Committee on Resuscitation. Part 2. Adult Basic Life Support. 2005 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 2005;67:187-201. Handley AJ, Koster R, Monsieurs K, Perkins GD, Davies S, Bossaert L. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Section 2 Adult basic life support and use of automated external defibrillators. Resuscitation 2005;67 Suppl 1:S7-23. Die gleichen Modifikationen, also fünf Initialbeatmungen sowie eine Minute CPR vor dem Hilfeholen durch einen einzelnen Helfer können das Outcome von Patienten nach Beinahe-Ertrinken verbessern. Diese Modifikation sollte nur an Personen vermittelt werden, die eine spezielle Verpflichtung haben, sich um potentielle Ertrinkungsopfer zu kümmern (z.B. Rettungsschwimmer). Beinahe-Ertrinken ist leicht zu erkennen. Für einen Laien kann es andererseits jedoch schwierig sein zu bestimmen, ob ein Kreislaufstillstand Folge eines Traumas oder einer Intoxikation ist. Diese Patienten sollten daher entsprechend dem Standardablauf behandelt werden. European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 187 Basiswiederbelebung für Laien 188 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council Appendix 2. Useful Websites www.erc.edu European Resuscitation Council www.resus.org.uk Resuscitation Council UK www.c2005.org 2005 International Consensus on CPR and ECC Science with Treatment Recommendations www.bcs.com British Cardiac Society www.escardio.org European Society of Cardiology www.americanheart.org American Heart Association www.ics.ac.uk Intensive Care Society www.esicm.org European Society of Intensive Care Medicine www.aagbi.org Association of Anaesthetists of Great Britain and Ireland www.cochrane.org Cochrane Collaboration www.bestbets.org Best evidence topics in emergency medicine www.eaaci.net The European Academy of Allergology and Clinical Immunology European Resuscitation Council Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen 189 Personal Notes Contact data European Resuscitation Council Secretariat VZW BE 2610 Antwerp - Belgium [email protected] - www.erc.edu Medigraf Jean-Marie Brisart [email protected] 190 Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen European Resuscitation Council