Gericht Entscheidungsdatum Geschäftszahl Spruch Text

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19.01.2017
Gericht
BVwG
Entscheidungsdatum
19.01.2017
Geschäftszahl
I403 2109104-1
Spruch
I403 2109104-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Vorsitzende, den Richter Mag.
Gerhard KNITEL sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzer über die
Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen die die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines
Behindertenpasses durch das Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol, mit Bescheid vom 18.05.2015 in
nicht-öffentlicher Sitzung am 17.01.2017 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Frau XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) stellte am 19.05.2014 beim Sozialministeriumservice,
Landesstelle Tirol (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und
machte Zöliakie geltend. Entsprechende Befunde wurden vorgelegt. Mit einem Sachverständigengutachten
aufgrund der Aktenlage, erstellt von einem HNO-Facharzt am 07.07.2014, wurde festgestellt, dass die
Beschwerdeführerin an einem Darmleiden (Zöliakie) leide, welches der Positionsnummer 07.04.04 zuzurechnen
sei und mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 10% zu bewerten sei. Diese Einstufung wurde der
Beschwerdeführerin zur Stellungnahme übermittelt.
Mit Stellungnahme vom 15.07.2014 legte die Beschwerdeführerin dar, dass es sich bei Zöliakie um eine
chronische Erkrankung handle, bei welcher sie sich an eine strikte Diät und dies unbedingt und ein Leben lang
halten müsse. Dies gehe einher mit einer mittelschweren Beeinträchtigung des Allgemein- und
Ernährungszustandes und erhöhten Krankheitskosten. Für eine chronische Darmstörung mittleren Grades sei
eine festgestellte Behinderung von mindestens 30% vorgesehen. Diesbezüglich verwies die Beschwerdeführerin
auf das Bundesgesetzblatt der Republik Österreich Teil II Nr. 251 vom 13.07.2012 (Änderung der
Einschätzungsverordnung).
In der Folge ersuchte die belangte Behörde eine Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Erstellung eines
aktualisierten Gutachtens nach persönlicher Begutachtung der Beschwerdeführerin, welche am 17.09.2014
durchgeführt wurde. Die Sachverständige kam nunmehr zum Ergebnis, dass die Zöliakie der
Beschwerdeführerin unter der Positionsnummer 09.03.01 und mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 %
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zu bewerten sei. Diesem Gutachten vom 17.09.2014 wurde am 22.09.2014 vom leitenden Arzt der belangten
Behörde zugestimmt. Die Beschwerdeführerin wurde in der Folge von der belangten Behörde darüber informiert,
dass der neu festgestellte Grad der Behinderung 20 % betrage. Eine Stellungnahme wurde in der Folge von der
Beschwerdeführerin nicht mehr abgegeben.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.10.2014 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung
eines Behindertenpasses abgewiesen, da bei ihr ein Gesamtgrad der Behinderung von 20% vorliege.
Die Beschwerdeführerin beantragte am 11.02.2015 die Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung (gemeint
wohl: die Ausstellung eines Behindertenpasses). Sie wies darauf hin, dass bei ihr trotz Diät anhaltende
Beschwerden aufgrund der Zöliakie vorliegen würden. Es wurde ein Befund des Landeskrankenhauses XXXX,
Abteilung für Innere Medizin vom 21.11.2011 vorgelegt, bei dem auf eine Zöliakie vom Typus Marsh 3C
verwiesen wurde. Dieser Befund wurde der Sachverständigen, welche das Gutachten vom 17.09.2014 erstellt
hatte, vorgelegt; diese erklärte, dass dieser Befund bereits beim damaligen Gutachten berücksichtigt worden sei.
Der Beschwerdeführerin wurde wiederum die Möglichkeit für eine Stellungnahme gewährt. Am 27.03.2015
langte eine solche bei der belangten Behörde ein und die Beschwerdeführerin verwies darauf, dass sie trotz
Einhaltung einer strikten glutenfreien Diät unter sehr starken, häufig wiederkehrenden, akuten Darmkrämpfen
und schmerzhaften Blähungen verbunden mit Verdauungsbeschwerden wie Durchfall und Verstopfung leide.
Dies führe zu dauerhaften Erschöpfungszuständen und ständigem Unwohlsein. Dadurch seien ihr
Allgemeinzustand und ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Sie wiederholte, dass es sich bei Zöliakie um eine
chronische Erkrankung der Dünndarmschleimhaut handle, welche mit einer mittelschweren Beeinträchtigung des
Allgemein- und Ernährungszustandes und erhöhten Krankheitskosten (Diätkosten) verbunden sei. Für eine
chronische Darmstörung mittleren Grades sei laut Einschätzungsverordnung eine festgestellte Behinderung von
mindestens 30 % vorgesehen; die Beschwerdeführerin verwies abermals auf das Bundesgesetzblatt Teil II vom
13.07.2012. Vorgelegt wurde auch eine Bestätigung einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.03.2015, in
welcher auf eine klinisch manifeste Zöliakie, einhergehend mit Durchfällen sowie gastrointestinalen
krampfartigen Beschwerden, begleitet von einer Hypertonieneigung, verwiesen wurde.
Auch dieser Befund wurde abermals der Sachverständigen aus dem Bereich der Allgemeinmedizin vorgelegt,
welche das Gutachten vom 17.09.2014 erstellt hatte. Diese wies darauf hin, dass es in äußerst seltenen Fällen
tatsächlich möglich sei, dass Patienten mit Zöliakie nicht auf die glutenfreie Diät ansprechen würden und sich
die Darmschleimhaut auch unter Diät nicht normalisiere. Um dies festzustellen, sei aber eine erneute
Darmbiopsie nötig und insbesondere müsse dieser sehr unwahrscheinliche Krankheitsverlauf mit
Nichtansprechen auf die glutenfreie Diät durch ein entsprechendes gastroenterologisches Zentrum belegt
werden. Die eingebrachte zweizeilige Bestätigung der Ärztin für Allgemeinmedizin sei diesfalls jedenfalls nicht
ausreichend. Daher erfolge weiterhin die Einstufung der Zöliakie wie für alle anderen Zöliakie-Patienten nach
der Vollendung des 18. Lebensjahres nach der Richtsatzposition 09.03.01 mit einem Grad der Behinderung von
10 bis 20 Prozent. Die Sachverständige erachtete daher ihr Gutachten vom 17.09.2014 weiterhin als schlüssig
und wies darauf hin, dass keine Änderung notwendig sei.
Zu diesem Befund der Sachverständigen erklärte die Beschwerdeführerin in einer Stellungnahme vom
06.05.2015, dass sie bereits bei der gastroenterologischen Ambulanz der Klinik Innsbruck in Behandlung sei.
Nach Anforderung einer Knochendichtemessung sei vom behandelnden Arzt festgestellt worden, dass eine
Osteopenie vorhanden sei und daher zusätzliche therapeutische Maßnahmen in Form von Kalziumzugabe
durchgeführt werden müssten. Wiederum verwies die Beschwerdeführerin auf das Bundesgesetzblatt II Nr. 251
vom 13.07.2012, wonach Personen mit chronischen Darmstörungen eine Einstufung des Grades der
Behinderung von mindestens 30% zustehe. In den entsprechenden Positionsnummern 07.04.04, 07.04.05 und
07.04.07 werde nicht erwähnt, dass diese Beschwerden trotz Einhaltung einer Diät bzw. trotz der Diät
fortbestehender Schleimhautveränderung auftreten müssten. Außerdem würde es ein Schreiben der zuständigen
Fachabteilung des Bundesministeriums an die Vorsitzenden der österreichischen Arbeitsgemeinschaft Zöliakie
geben, aus dem hervorgehe, dass die Einschätzung des Grades der Behinderung nicht mehr bezogen auf eine
Diagnose, sondern auf die vorhandenen Beeinträchtigungen erfolgen würde Daher würde wie bereits bisher für
erwachsene Zöliakie-Patienten mit anhaltenden Beschwerden ein Grad der Behinderung von 30 % festgestellt
werden müssen. Daher sei es nicht richtig, dass alle Zöliakie-Patienten nach der Vollendung des 18.
Lebensjahres mit einem Grad der Behinderung von höchstens 20 % einzustufen seien.
Das entsprechende Schreiben des Sozialministeriums vom 20.06.2014 war der Stellungnahme beigelegt. Daraus
geht hervor, dass die Einschätzungsverordnung unter Einbindung anerkannter Expertinnen und Experten im
Bereich der angeborenen Stoffwechselerkrankungen überarbeitet worden sei. Seit dem Jahr 2012 würde die
Einschätzung von Zöliakie nunmehr unter der Position 09.03 (Stoffwechselstörungen) erfolgen, wobei
hinsichtlich der inhaltlichen Einschätzungskriterien keine Veränderungen vorgenommen worden seien. Bereits
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bisher werde bei Vorliegen häufiger Durchfälle und geringer bis mittelgradiger Beeinträchtigung des Allgemeinund Ernährungszustandes ein Grad der Behinderung von 30 % festgestellt.
Mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 18.05.2015 wurde der Antrag der
Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen und ein Grad der Behinderung von
20% festgestellt.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen am 16.06.2015 Beschwerde und erklärte, dass in dem Bescheid in keiner
Weise auf die Einwände ihrer Stellungnahme eingegangen worden sei. Daher beantrage sie wiederum die ihr
zustehende Einstufung von mindestens 30%.
Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 24.06.2015 vorgelegt.
Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 19.04.2016 wurde die gegenständliche
Rechtssache per 25.04.2016 der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin neu zugewiesen.
Das
Bundesverwaltungsgericht
beauftragte
XXXX,
Ärztin
für
Allgemeinmedizin,
ein
Sachverständigengutachten zu erstellen. Nach persönlicher Begutachtung der Beschwerdeführerin am
06.09.2016 kam die Amtssachverständige mit Gutachten vom 26.09.2016 zum Ergebnis, dass gegenüber dem
Vorgutachten keine Änderung des Grades der Behinderung anzunehmen sei. Die Beschwerdeführerin leide unter
einer Stoffwechselerkrankung leichten Grades, die unter Positionsnummer 09.03.01 der Anlage zur
Einschätzungsverordnung und mit 20% zu bewerten sei. Im Rahmen der glutenfreien Diät habe sich der
Allgemeinzustand verbessert und sei die Zöliakie laut Ambulanzbericht vom Juni 2016 in Remission; weitere
therapeutische Maßnahmen seien nicht notwendig und sei es 2016 auch zu keinem Krankenstand wegen der
Zöliakie gekommen. Die von der Beschwerdeführerin angegebenen Darmbeschwerden würden primär als
zöliakie-assoziiertes Reizdarmsyndrom erscheinen, es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass diese auch
auf kleinere Diätfehler zurückzuführen seien. Die sonstigen Beschwerden (Hypotonieneigung, Bruxismus
(Zähneknirschen) und Osteopenie) würden keinen Grad der Behinderung erreichen.
Das Gutachten wurde zum Parteiengehör versandt; von Seiten der belangten Behörde wurde das Gutachten für
schlüssig und vollständig befunden. Die Beschwerdeführerin erklärte dagegen in einer Stellungnahme vom
16.10.2016, dass sie sich seit April 2014 streng an die Diät halten würde und das Auftreten von Diätfehlern
daher sehr unwahrscheinlich sei. Dennoch liege bei ihr keine Beschwerdefreiheit vor. 2014 sei Osteopenie
diagnostiziert worden; dagegen nehme sie Sango Koralle ein, was Calcium und Magnesium sowie weitere
Spurenelemente enthalte. Die Beschwerdeführerin erklärte darüber hinaus, dass aus ihrer Sicht bei der sie
untersuchenden Amtssachverständigen von einem Interessenskonflikt auszugehen sei, da sie durch das
Sozialministeriumservice "gestellt" worden sei. Zudem würde sie als Allgemeinmedizinerin nicht in der Lage
sein, ein fachspezifisches Gutachten zur Zöliakie zu erstellen.
Diese Stellungnahme wurde der Amtssachverständigen zur Ergänzung ihres Gutachtens vom 26.09.2016
übermittelt. In dieser Gutachtensergänzung vom 16.11.2016 erklärte sie, dass kein Befund einer notwendigen
medizinischen Indikation für eine medikamentöse Substitionstherapie bei Osteopenie vorliege. Sango Koralle sei
ein Nahrungsergänzungsmittel aus gemahlenen Meereskorallen. Das Gutachten vom 26.09.2016 sei schlüssig
und vollständig.
Nach Übermittlung dieser Gutachtensergänzung wiederholte die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme
vom 04.12.2016, dass sie um Einschätzung durch einen unabhängigen, auf Zöliakie spezialisierten Arzt ersuche,
da sie trotz Diät nicht beschwerdefrei sei und ihr Medikamente in Form von Vitamin D und Calcium
verschrieben worden seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin leidet an Zöliakie.
Es handelt sich dabei im Fall der volljährigen Beschwerdeführerin um eine Stoffwechselerkrankung leichten
Grades, welche unter Positionsnummer 09.03.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung einzuordnen ist.
Nachdem neben der strengen Einhaltung der gluteinfreien Diät keine weiteren therapeutischen Maßnahmen
notwendig sind und sich die Zöliakie derzeit histologisch und serologisch in Remission befindet, ist eine
Zuordnung zu einem Grad der Behinderung von 20% angemessen. Die Beschwerdeführerin ist nicht
beschwerdefrei, dies kann auf ein zöliakieassoziiertes Reizdarmsyndrom bzw. gegebenenfalls auf kleine
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Diätfehler zurückzuführen sein. Bei der Beschwerdeführerin wurde auch Osteopenie diagnostiziert, allerdings ist
zum aktuellen Zeitpunkt keine medikamentöse Substitution notwendig und erhöht diese Funktionseinschränkung
daher nicht weiter. Weitere Funktionseinschränkungen liegen nicht vor bzw. sind nicht Gegenstand des
Verfahrens, so dass von einem Gesamtgrad der Behinderung von 20% ausgegangen werden muss.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum Grad der Behinderung beruhen auf den erstinstanzlichen Gutachten vom 07.07.2014 und
vom 17.09.2014 sowie auf dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Gutachten vom 26.09.2016 und der
Ergänzung dieses Gutachtens am 16.11.2016. Alle drei Amtssachverständige kamen übereinstimmend zum
Ergebnis, dass die unbestritten bei der Beschwerdeführerin vorliegende Zöliakie mit keinem höheren Grad der
Behinderung als 20% zu bewerten ist.
Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 06.05.2015, auf welche in der Beschwerde
verwiesen wird, eine Einstufung in die Positionsnummern 07.04.04, 07.04.05 bzw. 07.04.07 fordert und
diesbezüglich auf die Novelle der Anlage zur Einschätzungsverordnung durch BGBl I Nr. 251/2012 verweist,
übersieht sie, dass genau mit dieser Novelle die Zuordnung von Stoffwechselstörungen wie der Zöliakie unter
den Positionsnummern 09.03. neu vorgesehen wurde. Dies ergibt sich unter anderem auch aus dem Schreiben
des Sozialministeriums an die Arbeitsgemeinschaft Zöliakie, welches die Beschwerdeführerin selbst ins
Verfahren einbrachte. Der entsprechende Verweis der Beschwerdeführerin auf die Positionsnummern 07.04.04,
07.04.05 bzw. 07.04.07 zielt daher ins Leere.
Sowohl im Gutachten vom 17.09.2014 wie auch in dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Gutachten vom
26.09.2016 wurde die Funktionseinschränkung korrekterweise den Positionsnummern 09.03.
(Stoffwechselstörungen) der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet.
Positionsnummer 09.03 samt Überschrift sowie die Positionsnummern 09.03.01 bis 09.03.04 lauten:
09.03 Stoffwechselstörung
Stoffwechselstörungen sind angeborene oder genetisch bedingte Störungen der Stoffwechselvorgänge, die ab
Geburt objektivierbar sind oder zu einem späteren Zeitpunkt manifest werden.
Der grundsätzlich pathogene Mechanismus ist ein Enzymdefekt, der zu einer krankhaften Anhäufung des
entsprechenden Substrates oder zu einem Mangel an Stoffwechselprodukten führt und in weiterer Folge
klinische Symptome verursacht. Eine Anhäufung von Substraten kann zu Intoxikationen, Enzyminhibition,
Akkumulation oder Aktivierung alternativer Stoffwechselwege führen. Der Mangel führt zu
Stoffwechseldefiziten.
Stoffwechselstörungen sind komplexe, selten auftretende Erkrankungen, die der Diagnostik und Therapie einer
Fachabteilung bedürfen. Die Schwere der Erkrankung und damit die Höhe des Grades der Behinderung werden
durch die bestehenden Funktionseinschränkungen sowie der erforderlichen Therapien bestimmt.
09.03.01 Stoffwechselstörungen leichten Grades 10 – 40 %
Wenn therapeutische Maßnahmen die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen gewährleisten. Je umfassender
die Therapiemaßnahmen desto höher die Einschätzung.
10 – 20%: Ausschließlich diätetische Maßnahmen ermöglichen die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen. Die
Erkrankung ist weitgehend stabil. Arbeits- und Alltagsleben ist weitgehend ungehindert möglich. Freizeitgestaltung ist nicht oder wenig eingeschränkt.
30 – 40%: Zusätzliche therapeutische Maßnahmen sind notwendig, um die Körperfunktionen aufrecht zu halten.
Die Erkrankung ist weitgehend stabil. Arbeits- und Alltagsleben ist weitgehend ungehindert möglich.
Freizeitgestaltung ist nicht oder wenig eingeschränkt.
09.03.02 Stoffwechselstörungen leichten Grades bis zum vollendeten
18. Lebensjahr 50 %
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Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ist eine strikte Diäteinhaltung und/oder eine
strikte Einhaltung ergänzender therapeutischer Maßnahmen besonders wichtig, um Spätfolgen, rapide
Verschlimmerung während der besonders vulnerablen Phase der Entwicklung zu vermeiden.
Stoffwechselentgleisungen äußern sich oftmals rasch und ohne Vorankündigung, sodass eine engmaschige
Überwachung erforderlich ist.
09.03.03 Stoffwechselstörungen mittleren Grades 50 – 70 %
Diätetische und regelmäßige therapeutische Maßnahmen sind notwendig. Die Erkrankung ist auf hohem Niveau
stabil. Arbeitsleben ist eingeschränkt auf mäßig anspruchsvolle und/oder mittelschwere Tätigkeiten.
Alltagsbewältigung ist selbständig möglich. Freizeitgestaltung eingeschränkt.
09.03.04 Stoffwechselstörungen schweren Grades 80 – 100 %
Diätetische und regelmäßige therapeutische Maßnahmen sind notwendig. Die Erkrankungsintensität liegt auf
hohem bis höchstem Niveau. Das Arbeitsleben ist stark eingeschränkt, gehäufte Krankenstände, notwendige
Unterstützung am Arbeitsplatz. Hilfestellung bei der Alltagsbewältigung. Lebensqualität und Freizeitverhalten
deutlich eingeschränkt.
Eine relevante Einschränkung des Arbeitslebens wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht, vielmehr
waren keine Krankheitsstände aufgrund der Zöliakie behauptet worden. Die Beschwerdeführerin ist darüber
hinaus volljährig, so dass nur eine Zuordnung zu Positionsnummer 09.03.01 der Anlage zur
Einschätzungsverordnung in Frage kommt. Stoffwechselstörungen leichten Grades sind mit 10% – 40 % zu
bewerten, abhängig davon, ob über die glutenfreie Diät hinaus noch weitere therapeutische Maßnahmen
notwendig sind.
Dies wurde von allen im Verfahren herangezogenen Amtssachverständigen verneint und findet sich nach
Durchsicht der vorgelegten Befunde auch für den erkennenden Senat des Bundesverwaltungsgerichtes kein
entsprechender Hinweis darauf. Die Beschwerdeführerin verweist zwar auf Osteopenie und darauf, dass ihr
Calcium verschrieben worden sei, doch fehlen entsprechende Bescheinigungen. Die Einnahme eines
Nahrungsergänzungsmittels kann nicht als medikamentöse Substitution erachtet werden. Wie von der
Amtssachverständigen in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 16.11.2016 festgestellt wurde, liegt kein Befund
vor, welcher eine notwendige medizinische Indikation für eine medikamentöse Substitutionstherapie bei
Osteopenie aufzeige. Dem trat die Beschwerdeführerin auch nicht durch Vorlage einer entsprechenden
Bescheinigung entgegen, sondern stellte sie nur in den Raum, dass ihr etwas verschrieben worden sei.
Die Beschwerdeführerin trat auch nicht der – auf den vorgelegten Befunden fußenden – Feststellung entgegen,
dass sich die Zöliakie aktuell in Remission befinde. Die Beschwerdeführerin verwies allerdings wiederholt
darauf, dass trotz Diät keine Beschwerdefreiheit vorliege. Soweit von der Amtssachverständigen diesbezüglich
auch Diätfehler nicht ausgeschlossen wurden, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie sich absolut streng an
die Diät halten würde. Allerdings befindet sich die Amtssachverständige diesbezüglich in Einklang mit dem von
der Beschwerdeführerin vorgelegten Befund der Gastroenterologischen Ambulanz der Universitätskinik für
Innere Medizin XXXX vom 24.06.2016, in dem festgehalten wurde: "Die Darmbeschwerden sind aufgrund der
vorliegenden Befunde primär im Sinne eines Zöliakie-assoziierten Reizdarmsyndroms zu interpretieren. Es kann
allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass diese durch gelegentlich auftretende kleinere Diätfehler,
insbesondere beim auswärts essen, zustande kommen, da die Patientin offensichtlich auch bereits auf kleine
Mengen Gluten sehr sensitiv reagiert."
Sollten die gesundheitlichen Einschränkungen der Beschwerdeführerin auf Diätfehler, welche auch unbewusst,
etwa durch Verunreinigung der Kochutensilien erfolgen können, zurückzuführen sein, können sie keine höhere
Einstufung rechtfertigen. Sollten die Beschwerden auf eine weitere, von der Zöliakie unabhängige Erkrankung
zurückzuführen sein, was bei Vorliegen der Beschwerden trotz Einhaltung der Diät der Fall sein könnte, muss
diesbezüglich festgehalten werden, dass in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue
Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Soweit eine weitere Erkrankung vorliegen würde,
steht dem das Neuerungsverbot im Sinne des § 46 BBG entgegen. Es würde der Beschwerdeführerin aber
natürlich freistehen, im Wege eines neuen Antrages darzulegen, dass im Sinne des § 41 Abs. 2 BBG eine
offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung vorliegt.
Zusammengefasst kann aus Sicht des erkennenden Senats den Schlussfolgerungen im Gutachten vom
26.09.2016, das diesbezüglich in Einklang mit den Vorgutachten steht, dahingehend gefolgt werden, dass die
Beschwerdeführerin ihr Arbeits- und Alltagsleben im Wesentlichen uneingeschränkt führen kann (keine
zöliakiebedingten Krankenstände 2016, jedenfalls bis September 2016), wenn von den finanziellen und
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psychischen Belastungen abgesehen wird, welche mit der Notwendigkeit der Einhaltung der glutenfreien Diät
verbunden sind. Diese Einschränkungen sind aber nicht als so schwerwiegend anzusehen, dass eine psychische
Erkrankung daraus resultieren würde, welche einen höheren Gesamtgrad der Behinderung nahelegen würde.
Zusätzliche therapeutische Maßnahmen sind nicht notwendig.
Der von den beiden zuletzt beauftragten Sachverständigen festgestellte Gesamtgrad der Behinderung von 20%
kann daher ebenso wie die Zuordnung zu Positionsnummer 09.03.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung
nachvollzogen werden.
Soweit von der Beschwerdeführerin die Begutachtung durch einen Zöliakieexperten beantragt wird, muss dem
entgegengehalten werden, dass seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine Zweifel an der Richtigkeit,
Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens bestehen, das nach persönlicher
Begutachtung der Beschwerdeführerin erstellt wurde. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der
gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt. Das Gericht hat ein Gutachten auf seine Vollständigkeit und
Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten hat das Gericht nur dann einzuholen, wenn sich die
vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will
eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren
einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und
vorzulegen. Die Beschwerdeführerin ist den getroffenen Feststellungen nicht substantiiert entgegengetreten,
weshalb das Gericht die im Gutachten getroffenen Feststellungen ohne weitere Ermittlungen dem Sachverhalt
zugrunde gelegt hat.
Die Forderung der Beschwerdeführerin, einen vom Sozialministeriumservice unabhängigen Sachverständigen
mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen, ist ebenfalls nicht geeignet, Zweifel an der Fachkunde bzw.
der Unbefangenheit der vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Amtssachverständigen aufkommen zu
lassen. Selbst wenn der Sachverständige organisatorisch in die Behörde eingebunden, aber doch hinsichtlich
seiner fachlichen Beurteilung unabhängig und keinen Weisungen unterworfen ist, erachtet der
Verwaltungsgerichtshof den Grundsatz der Waffengleichheit nicht beeinträchtigt (VwGH, 20.06.2016, Ra
2016/09/0046). Eine automatische Befangenheit all jener Ärzte, welche dem Sozialministeriumservice als
Amtssachverständige zur Verfügung stehen, anzunehmen, steht weder im Einklang mit der höchstgerichtlichen
Judikatur noch mit der Wahrnehmung des Bundesverwaltungsgerichtes.
Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das
Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche
mündliche Verhandlung durchzuführen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des §
67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins
pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich
hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom
20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art.
6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der
Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.
Der Rechtsprechung des EGMR kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen
Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in
allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.4.2012; SchulerZgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993).
Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ. 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die
diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach
ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische
Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das
Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das
Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde auf gutachterlicher Basis ermittelt.
Zudem wurde von der Beschwerdeführerin weder in der Beschwerde noch im Rahmen des Parteiengehörs ein
Vorbringen erstattet, welches eine weitere Erörterung notwendig erscheinen ließ. Eine mündliche Verhandlung
wurde auch nicht beantragt.
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Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der
Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der
Rechtssache hierdurch nicht erwartbar war.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt A) – Abweisung der Beschwerde
Die Beschwerde richtete sich gegen den Bescheid vom 18.05.2015, in dem der Grad der Behinderung mit 20%
festgesetzt und gleichzeitig festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin somit die Voraussetzungen für den
Besitz eines Behindertenpasses nicht erfüllt.
Das vom Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebene Gutachten wird vom erkennenden Senat als schlüssig,
nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet; diesem zufolge beträgt – in Einklang mit dem Vorgutachten der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 20%. Die Beschwerdeführerin brachte nichts vor, was
geeignet wäre, die Schlussfolgerungen der Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.
Es bleibt daher festzustellen, dass die Beschwerde abzuweisen ist, da die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1
Bundesbehindertengesetzes zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind.
Zu Spruchpunkt B) – Unzulässigkeit der Revision
§ 25a Abs. 1 VwGG lautet wie folgt:
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision
gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer
Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht
von den Grundsätzen der bisherigen – nicht uneinheitlichen – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur
Einschätzung des Grades der Behinderung nach dem BBG ab. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine
grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:BVWG:2017:I403.2109104.1.00
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