Forschung Serie NZ E L L E EXZ ATIVE INITI Seite 6 HUMBOLDT · Juni 2016 Weniger ist mehr Das IRI THESys lädt zu einer Buchpräsentation zum Thema „Degrowth“ ein Am 10. Juni 2016 lädt das Integrative Forschungsinstitut zu Transformationen von Mensch-Umwelt-Systemen (IRI THESys) zur öffentlichen Buchpräsenta­ tion von „Degrowth. Handbuch für eine neue Ära“ ein. Drei Autorinnen und Autoren sowie einer der Herausgeber stellen im Rahmen eines Vortrags mit anschließender Podiumsdiskussion ihre Sicht auf die Degrowth-Bewegung vor. Menschen haben in der Regel keinen landwirtschaftlichen Hintergrund“, erklärt der gebürtige Katalane, der vor seinem Umzug nach Berlin selbst im Grünen lebte. „Sie sind auf der Suche nach einem alternativen Lebensstil und verfolgen damit eine von vielen möglichen Strategien, die am Ende zu einem sozioökologischen Wandel in Richtung einer Degrowth-Zukunft führen können.“ Degrowth oder Post-Wachstum steht vor allem für eine Verringerung von Produktion und Konsum als einem Weg zu mehr sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit. Die Degrowth-Bewegung rüttelt am Fundament der Wohlstandsgesellschaft. Galten maximaler Profit, Konsum und Mobilisierung bislang als Statussymbol und unhinterfragtes Ziel moderner Ökonomien, werden hier Alternativen im Sinne einer Postwachstumsökonomie verhandelt. Ziel ist eine Wirtschaft ohne Wachstum – ganz nach dem Motto „weniger ist mehr“. Ressourcenknappheit, Klimawandel und humanitäre Katastrophen sind dabei nur einige der globalen Herausforderungen, die zu einem radikalen Umdenken zwingen. Die Anhänger der Bewegung sehen die Zukunft deshalb nicht in technischem Fortschritt, sondern in nachhaltigen Wirt- Einer der Buchautoren, der die Veranstaltung auch moderieren wird, ist Dr. Iago Otero, der als Postdoktorand am IRI THESys über Stadt-Land-Beziehungen forscht. In seinem Buchbeitrag stellt er die sogenannte Zurück-aufs-Land-Bewegung vor, bei der Menschen entgegen aktuellen Trends von den Städten aufs Land ziehen, um dort ein bäuerliches oder künstlerisches Leben zu führen. „Diese .. Ich zuchte jetzt eigene Hybride. Nur damit Sie es wissen, ich vertrage kein Histamin*, habe eine Lactoseintoleranz* und eine Glutenunver.. traglichkeit*. gewerk mit insgesamt 53 Kurzartikeln zum Querlesen diskutieren die wichtigsten Vertreterinnen und Vertreter der Bewegung unter anderem über Peak Oil, Formen des Protests und alternative Lebensstile. Anlässlich der deutschen Übersetzung hat das IRI THESys nun einige der Autorinnen und Autoren sowie einen der Herausgeber nach Berlin eingeladen. Die Veranstaltung findet als Special Event im Rahmen der Open Source Days 2016 statt und ist eine Kooperation zwischen dem IRI THESys, dem oekom-Verlag, dem Agora Collective und dem CRCLR Lab. schafts- und Gesellschaftsformen. Wie eine solche Zukunft jedoch konkret aussehen soll, darauf gibt es keine allgemeingültigen Antworten. Bei Degrowth handelt es sich in erster Linie um eine sozialpolitische Bewegung mit Experimentiercharakter, die stark im Alltag derer verankert ist, die sie mit Überzeu- gung leben; entsprechend offen zeigt sie sich für vielfältige Versuchsanordnungen. Dass die Bewegung mittlerweile auch in der Wissenschaft angekommen ist, beweist das Degrowth-Handbuch, das seit März 2016 in deutscher Übersetzung beim oekom-Verlag vorliegt. In dem Nachschla- Anne Dombrowski Freitag, 10. Juni 2016, 17.30 Uhr Agora Rollberg, Am Sudhaus 2,12053 Berlin (frühere Kindl-Brauerei) Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen: www.iri-thesys.org Empathie trainieren mit dem Zirkus Empathico Doktorandin Simone Kirst konzipiert eine App für autistische Kinder Neulich habe ich .. Grunkohl mit roter Beete gekreuzt. Wir sollten das auf molekularer Ebene versuchen. Ich habe mir gerade eine Biohacking*.. Laborausrustung gekauft. Haben Sie auch Fermentiertes*? Meine Frau und ich legen gerade einen Dachgarten an. Vega Taco ne s: Grü n „Sch kohl & wein “ Blum & „Renkohl ind” Rote B „Lameete & m” Es ist Wahnsinn, was man alles auf so kleinem Raum anbauen kann. Wenn Du das schon effizient findest, solltest du mal Hydroponik* ausprobieren! Bei so vielen .. Ernahrungstrends kann man sich kaum entscheiden! 162 Illustration Sophie Goldstein © Springer Spektrum 2016 In zehn Speisen um die Welt Wissenschaft trifft Comic: Zwölf Zeichnerinnen und Zeichner unterschiedlicher Kulturen laden zu einer Reise durch die Kontinente und gewähren mit ihren subjektiv erzählten und individuell illustrierten Geschichten einen Einblick in die Vielfalt der Ernährungsgewohnheiten und Esskulturen der Welt. Dabei wird der verschiedenartige Umgang der Menschen mit verfügbaren Ressourcen sichtbar und dessen Auswirkungen auf die globalen Stoffflüsse aufgezeigt. Eine zentrale Rolle spielt hier der Phosphor mit seiner überragenden Bedeutung für alles Lebendige. Die Gestaltung des Comics steht im Zeichen des Eintritts in eine neue erdgeschichtliche Epoche – das Anthropozän, das Zeitalter des Menschen. In unserem globalen Wirken hinterlassen wir zunehmend Spuren, die unseren Planeten dauerhaft verändern. Gerade die Küche ist ein zentraler Ort, in dem diese Zusammenhänge auf individueller Ebene aufscheinen, denn ähnlich wie die im Buch dargestellten Personen ist jeder einzelne von uns Verbraucher und damit auch Auftraggeber mannigfacher Produktionsketten und gestaltet so die Welt, in der wir leben, mit. Das Buch ist im Exzellenzcluster Bild-Wissen Gestaltung – Ein interdisziplinäres Labor entstanden, und zwar im Forschungsprojekt „Die Anthropozän-Küche: Das Labor der Verknüpfung von Haus und Welt“, in dem Kultur- und Naturwissenschaftler, Designer, Architekten und Künstler eng zusammenarbeiten. Neben Kochrezepten bietet das Buch viel Futter zum Schauen, Nachdenken und Diskutieren. Die Anthropozän-Küche. Matooke, Bienenstich und eine Prise Phosphorin – in zehn Speisen um die Welt. Herausgeber: Leinfelder, R., Hamann, A., Kirstein, J., Schleunitz, M. Wenn ein Kind lacht, während sich ein anderes verletzt hat und weint – kann das ein Zeichen dafür sein, dass es dem Autistischen Spektrum angehört. Menschen, die an dieser Störung leiden, haben oft Schwierigkeiten, Beziehungen zu anderen Personen aufzubauen. Das hängt nicht damit zusammen, dass sie kein Bedürfnis nach Sozialkontakten, Zwischenmenschlichkeit oder Freundschaft hätten. Vielmehr fällt es ihnen schwer Mimik, Gestik, Gefühle ihres Gegenübers richtig zu erkennen und zu interpretieren – sie sind schnell durch die Gefühlswelt der Anderen überfordert oder gestresst. „Das kann zu sozialem Rückzug, vermeidendem Verhalten oder unerwarteten Reaktionen führen“, sagt Simone Kirst. Die Psychologie-Doktorandin an der Exzellenz-Graduiertenschule Berlin School of Mind and Brain hat zusammen mit Partnern an der Universität Potsdam eine App entwickelt, die sozialemotionale Kompetenzen von Kindern im Alter zwischen fünf und zehn Jahren fördern soll. Die App trägt den Namen Zirkus Empathico und spielt in der Welt von Artisten, wilden Tieren und Akrobaten. In über 60 wirklichkeitsnahen Filmaufnahmen stehen die fünf Basisemotionen Freude, Traurigkeit, Ärger, Angst und Überraschung im Mittelpunkt. „In vier aufeinander aufbauenden Trainingsmodulen werden dynamische Gesichtsausdrücke von Kindern und Erwachsenen sowie emotionsgeladene Situationen und Ereignisse gezeigt“, erklärt die Nachwuchswissenschaftlerin, die bei Prof. Dr. Isabel Dziobek im Bereich Social Cognition promoviert. Dabei trainieren die Kinder in Modul eins das Erkennen und Verbalisieren eigener Emotionen. In Modul zwei und drei dreht sich alles um kognitive Empathie – das Erkennen der Emotionen von Anderen, das die Nutzer anhand von Mimik beziehungsweise Situationen trainieren. Im Modul vier steht die emotionale Empathie im Fokus: das heißt, fremde Gefühle mitzuempfinden und darüber hinaus angemessen auf die Emotionen des Anderen zu reagieren. Wichtig ist auch Modul fünf als übergreifende Lerneinheit: Hier lernen die Kinder das Trainierte in den Alltag zu übertragen und das Sozialverhalten nachhaltig zu stärken. „Um das zu erreichen, sprechen die Teilnehmer unserer Studie regelmäßig mit einer Bezugsperson über Gefühle, dabei hilft ihnen eine Gefühlspuppe, mit der sie eigene und fremde Emotionen visualisieren können“, sagt Kirst, die Lingiustik, Psychologie und Kognitionswissenschaft studiert hat. Ob die App Wirkung zeigt und die Kinder ihre Empathie stärken können, wie die Wissenschaftler es erwarten, wird zurzeit in einer Interventionsstudie mit Partnern an den Universitätskliniken Wien und Augsburg untersucht. Über 80 Kinder in Deutschland und Österreich wirken mit und trainieren wöchentlich 100 Minuten mit Zirkus Empathico beziehungsweise in einer Vergleichsgruppe mit anderen Lernapps ohne sozialemotionale Inhalte. „Die Teilnehmer der Studie durchlaufen vor sowie nach dem Training umfangreiche Untersuchungen zur Messung ihrer sozialemotionalen Kompetenzen“, erklärt Promovendin Kirst. Während des Trainings zeichnet die App durch ein Trackingsystem Daten zum Spielverhalten des Nutzers auf, welche neben der Evaluation des Trainings vor allem zur Weiterentwicklung des Software-Prototypen genutzt werden sollen. Gestaltung App: Annika Hamann Simone Kirst arbeitet dabei mit dem Lehrstuhl für Komplexe Multimediale Anwendungsarchitekturen von Prof. Dr. Ulrike Lucke des Instituts für Informatik an der Universität Potsdam zusammen. Hier wird die App entwickelt. Zwar gibt es schon Ansätze für Apps zum EmpathieTraining. Zirkus Empathico ist aber die erste IT-basierte Anwendung, die sich an jüngere Kinder wendet – mit einem ganzheitlichen Trainingskonzept, das die Lebenswirklichkeit von Vor- und Grundschülern abbildet. „Die bisherigen Lernprogramme fokussieren ausschließlich auf die Förderung der kognitiven Empathie“, so Kirst. Die Stärkung der emotionalen Empathie, also das Mitempfinden fremder Gefühle, sowie das Erkennen und Verbalisieren eigener Emotionen sowie die sehr relevante Übertragung auf den Alltag werden dagegen außen vorgelassen.“ Zirkus Empathico beinhaltet alle diese Aspekte. Die Ergebnisse der Studie werden 2017 erwartet. Ljiljana Nikolic Weitere Informationen www.zirkus-empathico.de www.mind-and-brain.de