Psychotherapiemethoden PD Dr. Sefik Tagay LVR-Klinikum Essen Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Universität Duisburg-Essen Gliederung 1. Was ist Psychotherapie? 2. Welche Psychotherapieformen gibt es? 3. Ist Psychotherapie wirksam? 4. Für wen ist Psychotherapie indiziert? 5. Versorgungssystem in Deutschland? Was ist Psychotherapie? Psychotherapie – Definition I Psychotherapie ist gezielte und gesteuerte Kommunikation (nach Strotzka 1975). ein bewusster und geplanter interaktioneller Prozess zur Beeinflussung von Erlebens- und Verhaltensstörungen und Leidenszuständen mit psychologischen Mitteln, d. h. durch Kommunikation, meist verbal, aber auch non-verbal in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel mittels lehrbarer Technik auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens in der Regel ist dazu eine tragfähige emotionale Beziehung notwendig die in einem Konsenses zwischen Patient, Therapeut und Bezugsperson für behandlungsbedürftig gehalten werden. Psychotherapie – Definition II § 1 (3) Psychotherapeutengesetz (PsychThG) (1999) Psychotherapie ist … „… jede mittels wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist. Zur Ausübung von Psychotherapie gehören nicht psychologische Tätigkeiten, die die Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte oder sonstiger Zwecke außerhalb der Heilkunst zum Gegenstand haben.“ Psychotherapie versus Beratung Abgrenzung zur Beratung Psychotherapie dient der Behandlung von psychischen Störungen. Nicht jedes Lebensproblem ist eine Krankheit! Beratung bei Gesunden bei finanziellen Problemen - Schuldnerberatung bei Partnerschaftsproblemen - Eheberatung bei familiären Konflikten – Erziehungsberatung Beratung bei Kranken ist zentrale ärztliche Leistung, ohne immer Psychotherapie zu sein! Diätetische Vorschläge Umgang mit Erkrankungen Beratung von Angehörigen Entwicklung der Psychotherapie Im westlichen Kulturkreis wurden bis zur Etablierung der Psychotherapie und Psychiatrie psychisch auffällige Menschen aus der Gesellschaft ausgestoßen, gequält, gefoltert, missbraucht, ermordet oder unter unwürdigen Bedingungen in Zuchthäusern, Arbeitshäusern, sog. "Narrentürmen" oder "Tollhäusern" untergebracht. Je nach Epoche wurden psychisch Kranke unterschiedlich behandelt. In Europa herrschte außerdem von etwa 1650 bis 1800 eine Epoche der Ausgrenzung der "Unvernunft, der Arbeit und des Anstandes", in der auch Prostituierte, religiöse "Ketzer" und "Hexen", politisch Auffällige, Depressive, geisteskranke und behinderte Menschen mit Sträflingen zusammen in Anstalten von der Gesellschaft weggesperrt wurden. Psychisch Leidende wurden in diesen Anstalten häufig angekettet und mit Folterwerkzeugen gequält, da man sie so wieder "zur Vernunft bringen" wollte. 1991 Entwicklung der Psychotherapie BILD Jean-Martin Charcot Öffentliche Fallvorstellung in Paris Jean-Martin Charcot (1825-1893) war ein französischer Pathologe und Neurologe. 1882 etablierte er in Paris die erste eigenständige neurologische Abteilung in Europa. Er gilt er als Begründer der modernen Neurologie. BILD Die Macht der Hypnose: Jean-Martin Charcot setzte die umstrittene Technik ein, um die Patientinnen auf sein Stichwort hin trainieren zu können. So konnte er bei ihnen die bizarrsten Reaktionen - und vor allem hysterische Symptome - provozieren. Hier brachte er Augustine dazu, sich einen ungewöhnlichen Schlafplatz auszusuchen. Welche Psychotherapieformen gibt es? Psychotherapie-Verfahren Psychoanalytisch begründete Verfahren Analytische Psychotherapie (Psychoanalyse) Tiefenpsychologische fundierte Psychotherapie (Psychodynamische Therapie) Verhaltenstherapeutische und Kognitive Verfahren Verhaltenstherapie Kognitive Therapie Kognitive Verhaltenstherapie Humanistische Verfahren Gestalttherapie Gesprächspsychotherapie Positive Psychologie Systemische Verfahren z.B. Familienskultur, Soziogramm, Paradoxe Intervention Suggestive und autosuggestive Verfahren Hypnose Autogenes Training Körperorientierte Verfahren Konzentrative Bewegungstherapie Bioenergetik Settings in der Psychotherapie Ambulante Psychotherapie • Einzeltherapie • Gruppentherapie • Paartherapie • Familientherapie Stationäre Psychotherapie Multimodales Vorgehen, d. h. Kombination von Einzel-, Gruppen, Bewegungs- und Gestaltungstherapie Psychoanalyse / Tiefenpsychologie Psychoanalytiker Freud Psychoanalyse Adler Individualpsychologie Jung Analytische Psychologie Anna Freud Kinderpsychologie (1856-1939) Österreich (1870-1937) Österreich (1875-1961) Schweiz (1885-1982) Österreich Sigmund Freud (1856-1939) • • • • • • • • 1856: Wurde in Freiberg geboren 1873: Fängt das Studium an 1881: Promotion zum Doktor 1885: Dozent für Neuropathologie 1886: Heiratet Martha Barnays 1902: Wurde zum Professor befördet 1938: Emigriert nach London 1939, am 23. September: Freud stirbt in London Freud und seine „Schüler“ Direkte Schüler (Wien) Jung, Adler, Abraham, Rank, Reik, Reich Ferenczi, Fenichel Klein, Anna Freud „Enkel“ (London, USA) Winnicott, Hartmann, Kohut, Bion „Urenkel“ Kernberg, Segal, Fonagy Weiterentwicklungen der Psychoanalyse Psychoanalytisch-tiefenpsychologische Modelle Ichpsychologie (z.B. Anna Freud, Erikson) Individualpsychologie (Adler) Komplexe Psychologie / Analytische Psychologie (Jung) Objektbeziehungstheorie (z.B. Klein, Kernberg) Selbstpsychologie (z.B. Kohut) Neopsychoanalyse (Schultz-Hencke, Horney, Fromm, Sullivan...) Psychoanalyse Basisannahmen Die menschliche Psyche … funktioniert zu großen Teilen unbewusst und ist wesentlich durch Konflikte bestimmt. Psychoanalystisches Strukturmodell nach Freud Psychoanalyse: Strukturmodell Strukturmodell: I. Das Es Freud: „Das Es ist der dunkle, unzugängliche Teil unserer Persönlichkeit; wir nähern uns dem Es mit Vergleichen, nennen es ein Chaos, einen Kessel voll brodelnder Erregungen. Von den Trieben her erfüllt es sich mit Energie, aber es hat keine Organisation, bringt keinen Gesamtwillen auf, nur das Bestreben, den Triebbedürfnissen unter Einhaltung des Lustprinzips Befriedigung zu verschaffen. Selbstverständlich kennt das Es keine Wertungen, kein Gut und Böse, keine Moral". Das Es ist der Bereich des Triebgeschehens Es bildet unser lebensenergetisches Potential Die Haupttriebe sind Sexual- und Aggressionstrieb Das Es funktioniert nach dem Lustprinzip Psychoanalyse: Strukturmodell II. Das Über-Ich Das Über-Ich stellt die Gesamtheit der durch die Eltern und andere Institutionen vermittelten Kulturnormen und Wertvorstellungen dar, die das Individuum verinnerlicht hat. Es ist die verinnerlichte Repräsentanz von Kultur und Gesellschaft in uns. Das Über-Ich repräsentiert den Teil, den wir auch als Gewissen bezeichnen. Die Instanz Über-Ich enthält auch den Bereich von Vor- und Leitbildern. Ihn nennt Freud "Ich-Ideal". Nur Teile des Über-Ich sind uns bewusst und unserer bewussten Steuerung zugänglich. Das Über-Ich wirkt also auch im Unbewussten. Psychoanalyse: Strukturmodell III. Das Ich Das Ich ist die zentrale Vermittlungsinstanz in der Person. Es muss vermitteln zwischen, Es, Über-Ich und Realität. Das Ich arbeitet nach dem Realitätsprinzip. Das Ich ist die Stätte der Angst. Die weiteren "Werkzeuge" des Ich sind die Abwehrmechanismen: Verdrängung, Verleugnung, Rationalisierung, Regression etc. Das Konfliktmodell (Neurosenmodell) Die Psychoanalyse versteht unter einem unbewussten Konflikt das Vorliegen widerstrebender Motive, Tendenzen oder Wünsche, die früh in der Entwicklung eines Individuums angelegt sind und durch Abwehrmechanismen (z.B. Verdrängung) im Unbewussten bleiben. Durch ein Auslöseereignis, das in einer „inneren“ Beziehung zum Konflikt steht, kann dieser reaktiviert werden und es entsteht die Symptomneurose (z.B. eine Angst-, Zwangsstörung oder Depression). Durch die Symptomatik findet das unbewusste konflikthafte Erleben eine gewisse Entspannung. Nach der traditionellen Psychoanalyse kommt dem Symptom häufig ein symbolhafter Charakter zu. Abwehrmechanismen Bei Angstabwehrmechanismen handelt es sich um eine organisierte Abwehr des Ich gegen Angst. Angst ist sowohl eine starke als auch eine überwiegende negativ empfundene Emotion. Angst ist notwendig zur Bewältigung von Gefahren, aber zu viel Angst wirkt lähmend und kann damit genau diese Bewältigung verhindern. Deswegen muss es eine Methode geben, zu viel Angst zu kompensieren, auszugleichen oder “wegzudrücken”. Folgende Methoden der Systematisierung sind nach Anna Freud bekannt: Abwehrmechanismen Ruch/Zimbardo, 1974 Beispiele im Alltag Nach einem schweren Schicksalsschlag tut man, als ob nichts gewesen wäre. Beispiele im Alltag Nach einem schweren Schicksalsschlag tut man, als ob nichts gewesen wäre. Verleugnug Beispiele im Alltag Wenn bei einem Fussballspiel die eigene Mannschaft ein Tor erzielt, so wird dies wie ein persönlicher Erfolg erlebt. Beispiele im Alltag Wenn bei einem Fussballspiel die eigene Mannschaft ein Tor erzielt, so wird dies wie ein persönlicher Erfolg erlebt. Identifikation Beispiele im Alltag Eine Person hat Probleme in der Beziehung und flüchtet sich in die Arbeit Beispiele im Alltag Eine Person hat Probleme in der Beziehung und flüchtet sich in die Arbeit Verdrängung Psychodynamische (psychoanalytisch begründete) Therapieverfahren Abschwächung oder Beseitigung der Symptomatik bzw. gestörter Persönlichkeitsanteile durch: bewussteres Erleben bisher abgewehrter (unbewusst gehaltener) Emotionen und Konflikte bewussteren, besser gesteuerten, der Realität angepassteren Umgang mit inneren Konflikten und starken Emotionen verbesserte Prüfung der äußeren Realität, Regulierung von Impulsen und Affekten Verbesserung der Beziehungsfähigkeit Herausbildung angemessener Gewissens- und Ich-Idealforderungen Abschwächung maladaptiver Beziehungsmuster Das zentrale Ziel der Therapie ist eine strukturelle Änderung: Die Patienten sind in ihren Verhaltensweisen weniger von ihren Trieben geleitet, und maladaptive Verhaltensweisen werden nicht mehr starr beibehalten. Die Wahrnehmung von sich selbst und anderen ist realistischer und ermöglichst sowohl angepassteres Verhalten als auch eine zufriedenstellende Beziehungsfähigkeit. Die Normen sind weniger streng und starr, die Ideale sind weniger illusionär und angemessener bezüglich der Fähigkeiten der Person. Zusammenfassung Psychodynamische Psychotherapien basieren auf den Theorien der Psychoanalyse: „Der Mensch ist nicht Herr im eigenen Haus“ Das Unbewusste „Der Mensch ist ein konflikthaftes Wesen“ Die psychische Struktur „Wir wiederholen im Leben die Beziehungsmuster unserer Kindheit“ Übertragung und Gegenübertragung Psychotherapie 2012 2011 Verhaltenstherapie Lerntheoretiker Pawlow Klassische Konditionierung Thorndike Gesetz der Wirkung Watson Behaviorismus Skinner Operante Konditionierung (1849-1936) Russland Modell-Lernen Bandura (1874-1949) USA (1878-1958) USA (1904–1990) USA (1925- , USA) Übung: Imagination Denken, Fühlen, Verhalten Jede Situation löst etwas aus Denken Fühlen/Stimmung Verhalten Verhaltenstherapie Wolpe Systematische Desensibilisierung Jacobson Progressive Muskelentspannung Ellis Rational Emotive Therapy (1915-1997) USA Meichenbaum Kognitive Verhaltenstherapie (1888-1983) USA Beck (1913-2007) USA (1940-) USA (1921-) USA Verhaltenstherapie Gegenstand der Behandlung Die verschiedenen Formen der Verhaltenstherapie stellen die Hilfe zur Selbsthilfe in den Mittelpunkt therapeutischen Handelns. Sie erklären Verhalten unter Zuhilfenahme von Lerngesetzen mit klassischen und operanten Konditionierungs- und Systemmodellen. Ziel ist das Selbstmanagement der Klienten unter Verhaltenstherapie Zuhilfenahme hat traditionell der enge Ressourcen Verbindungen des Individuums. zu benachbarten Wissenschaftszweigen wie der Biologie, den Neurowissenschaften, der Soziologie oder der Physiologie. Ihr Wissenschaftsmodell ist empirisch. Verhaltenstherapie Es gibt keine einheitliche Verhaltenstherapie, sondern verschiedene Methoden. Gemeinsamkeiten: Verhalten ist erlernt und wieder verlernbar Bezug auf empirische Psychologie (Entwicklung, Lernen …) Bedeutung auslösender und aufrechterhaltender Bedingungen Bedeutung emotionaler Prozesse Bedeutung kognitiver Prozesse (Schemata, Fehleinschätzungen) Verhaltenstherapie ist ziel- und handlungsorientiert Verhaltenstherapie als Problemlösungsprozess Betonung der aktiven Rolle des Patienten Klaus Grawe (1943-2005) Grawe (2004, S.189): Konsistenztheorie Kooperationen Psychische Grundüberzeugungen (Grawe, 2004) Lustgewinn und Unlustvermeidung Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung/-schutz Vermeidung von Schmerz Bedürfnis, sich selber als gut, kompetent, wertvoll und von anderen geliebt zu fühlen Vermeidung unangenehmer Erfahrungen Wertschätzende unterstützende Umgebung! Bedürfnis nach lustvollen Erfahrungen Bindungsbedürfnis Bedürfnis nach Kontrolle und Orientierung Angewiesensein des Menschen auf Mitmenschen Grundüberzeugungen darüber, inwieweit das Leben Sinn macht Bedürfnis nach Nähe zu einer Bezugsperson Voraussehbarkeit und Kontrollierbarkeit Befriedigung durch Handlungsalternativen Streben nach Schutz, Sicherheit, Trost Harry Harlow (1905-1981) BILD US-amerikanischer Psychiater und Kinderpsychologe 1957 Studien an Rhesusaffen-Babys zur Mutter-Kind-Bindung “Der sichere Hafen” BILD Psychotherapie 2011 2003 Humanistische Therapien Humanistische Psychologie Maslow Bühler Rogers Fromm (1880-1970) USA (1893-1974) Deutschland / USA Frankl (1902-1987) USA (1900–1980) Deutschland / USA (1905–1997) Österreich Humanistische Psychologie Maslow Bühler Rogers Fromm (1880-1970) USA (1893-1974) Deutschland / USA Frankl (1902-1987) USA (1900–1980) Deutschland / USA Frankl: …trotzdem Ja zum Leben sagen. Fromm: Haben oder Sein. (1905–1997) Österreich Victor E. Frankl (1905-1997) Ausgehend von der Psychoanalyse Sigmund Freuds und der Individualpsychologie Alfred Adlers entwickelte der Psychiater und Neurologe Viktor E. Frankl in den frühen Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts einen eigenständigen Ansatz, für den er den Doppelbegriff „Logotherapie und Existenzanalyse“ prägte. griechisch logos = der Sinn “…trotzdem Ja zum Leben sagen” Frankl Albert Einstein „Wer sein eigenes Leben und das seiner Mitmenschen als sinnlos empfindet, der ist nicht nur unglücklich, sondern auch kaum lebensfähig." (Einstein, 1953) Humanistische Psychologie Humanistische Psychologie – Der Mensch ist grundsätzlich gut – Selbstaktualisierung – Therapie Zugang zur Selbstentfaltung – Betonung der Selbstheilungskräfte des Menschen. Durch Herstellen einer hilfreichen Therapeut-Patient-Beziehung soll es den Patienten ermöglicht werden, seine Probleme und Konflikte zu lösen. Wichtige Merkmale des Therapeuten nach Rogers: Empathie (einfühlendes Verstehen) Positive Wertschätzung (emotionale Wärme) Kongruenz (Echtheit) Transparenz Humanistische Psychotherapie 2014 Positive Psychologie Positive Psychologie Positive Psychologie Die Positive Psychologie als eigenständige Forschungsrichtung gibt es seit Anfang 2000. Martin Seligman ist der Begründer dieser Fachrichtung. Er hat dafür geworben und argumentiert, verstärkt wieder die positiven Aspekte menschlichen Erlebens und Verhaltens zu erforschen und ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Martin Seligman Martin Seligman: Bücher - Das optimistische Kind (Optimistic Child) - Pessimisten küsst man nicht (Learned Optimism) - Wahre Freude (Authentic Happiness) - Was du ändern kannst und was nicht (What You Can Change and What You Can't) Stärken und Tugenden (Peterson & Seligman, 2004) Stärken und Tugenden (Peterson & Seligman, 2004) MENSCHLICHKEIT WEISHEIT UND WISSEN (geistig/kognitive Stärken) - Kreativität - Neugier - Aufgeschlossenheit - Liebe zum Lernen - Weitsicht AUSGEGLICHENHEIT (Stärken, die Exzesse verhindern) - Selbstbeherrschung - Teamwork - Fairness - Bescheidenheit - Führungsvermögen MUT (emotionale Stärken) - Tapferkeit - Ausdauer, Integrität - Ehrlichkeit - Tatendrang, Begeisterung (interpersonelle Stärken) - Fähigkeit zu lieben - Freundlichkeit, Großzügigkeit - Soziale Intelligenz GERECHTIGKEIT (zivile Stärken, die soziale Gemeinschaft fördern) - Vergebungsbereitschaft und Gnade - Bescheidenheit und Demut - Vorsicht - Selbstregulation TRANSZENDENZ (Stärken, die die Beziehung „zum Großen und Ganzen“ betreffen) - Sinn für das Schöne - Dankbarkeit - Hoffnung/Optimismus - Humor - Religiosität / Spiritualität und Sinn des Lebens Ist Psychotherapie wirksam? Ist Psychotherapie wirksam? Generell: Psychotherapie ist wirksam und empirisch gut überprüft. Zahlreiche empirische Wirksamkeitsnachweise liegen vor (Grawe et al. 1994, Strauß & Wittmann 2000). Störungsspezifische Psychotherapie „Welches ist für dieses Individuum mit diesem spezifischen Problem die effektivste Behandlung, durch wen und unter welchen Umständen?“ (Paul 1967, S.111) • Nur wissenschaftlich anerkannte psychotherapeutische Verfahren werden von den Krankenkassen finanziert. • Um als wissenschaftlich anerkannt zu gelten, müssen Wirksamkeitsnachweise erbracht werden. Welche Verfahren sind wirksam & anerkannt ? 1. Psychoanalytisch begründete Verfahren (Analytische Psychotherapie = Psychoanalyse und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) 2. Verhaltenstherapie (incl. kognitiver Therapie) 3. Gesprächspsychotherapie (aber: wird noch nicht von Kassen finanziert!) 4. Für alle anderen Psychotherapieverfahren fehlen bisher Wirksamkeitsnachweise! Für wen ist Psychotherapie indiziert? Psychotherapie Indikation Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie, 2010 Etwa 25% der erwachsenen Bevölkerung leiden innerhalb eines Jahres unter einer psychischen Störung (Punkt-Prävalenz) Etwa 40% der Bevölkerung bleiben psychisch gesund, d.h. die Lebenszeit-Prävalenz für psychische Störungen liegt bei etwa 60%. Psychotherapie ist bei allen psychischen Störungen indiziert. Psychische Störungen: Europa Jacobi F et al: Epidemiologie psychischer Störungen, Behandlungsbedarf und Versorgungssituation. In Senf W, Broda /Hesg.) Praxis der Psychotherapie. Thieme 2011 Wittchen et. al.: The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. European Neuropsychopharmacology (2011) Alarmierende Zahlen! Bevölkerung in Europa: • 38 % (160 Millionen Menschen) leiden aktuell an einer psychischen Störung • 7 % (30 Millionen Menschen) leiden aktuell an einer Depression • höchstens 1/3 der Betroffenen wird angemessen behandelt Wittchen et. al. (2011): The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. European Neuropsychopharmacology Psychotherapie: Welche Anwendungsbereiche? Affektive Störungen (Depression) (F 3) Angststörungen (F 40/41/42) Belastungsstörungen (F 43) Dissoziative, Konversions- / Somatoforme Störungen (F 44/45/48) Essstörungen (F 50) Psychische / soziale Faktoren bei somatischen Krankheiten (F 54) Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensstörungen (F 6) Abhängigkeiten und Substanzimßbrauch (F 1/55) Schizophrenie und wahnhafte Störungen (F 2) Psychische und soziale Faktoren bei Intelligenzminderung (F 7) Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen (z.B. Demenz, Amnesien) (F 0) Versorgungssystem in Deutschland Psychotherapie in der Medizin Medizin Ärztliche Psychotherapie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Psychiatrie und Psychotherapie Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Zusatztitel Psychotherapie/Psychoanalyse Psychologie Psychologische Psychotherapie Psychotherapie Welcher Umfang in der GKV ? Die Durchführung von Psychotherapie im Rahmen der gesetzliche Krankenversicherung (GKV) (und zumeist auch der PKV) ist eine antragspflichtige Leistung. • Verhaltenstherapie ANZAHL DER SITZUNGEN Kurzzeit Langzeit Maximum 25 45 80 • Tiefenpsychologische Psychotherapie 25 • Psychoanalyse Eine Sitzung: Mindestdauer 50 min. Lange Wartezeiten! 50 100 160 300 Psychotherapie in Essen Abb.8: Übersicht der Stadt Essen mit Stadtteilen und -bezirken (die gelbe Linie unterteilt die Stadt in eine Nord- und eine Südhälfte mit ungefähr gleich großen Einwohnerzahlen) Therapeuten in Essen, 2010 (Flor, 2012) Nord Süd Gesamt (N = 67) (N = 205) ( N = 272) N (%) N (%) N 27 (24,1) 85 (75,9) 112 0 10 (100,0) 10 Ärztliche Psychotherapeuten 3 (10,7) 25 (89,3) 28 Fachärzte für Psychiatrie und Neurologie 16 (33,3) 32 (66,7) 48 7 (29,2) 17 (70,8) 24 0 6 (100,0) 6 Heilpraktiker für Psychotherapie 14 (31,8) 30 (68,2) 44 Keine Angabe 4 (30,8) 9 (69,2) 13 Gesamt 67 (24,6) 205 (75,4) 272 Psychologischer Psychotherapeut Kinder und Jugendlichen Psychotherapeut Fachärzte mit psychotherapeutischer Qualifikation Kinder und Jugendlichen Psychiater