§3 Topologische Gruppen

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Lie Gruppen, SS 2010
Montag 17.05
$Id: topgr.tex,v 1.3 2010/05/30 10:20:28 hk Exp hk $
§3
Topologische Gruppen
Bevor wir mit der Untersuchung topologischer Gruppen fortfahren können wollen wir noch einige weitere allgemeine Tatsachen über topologische Räume festhalten.
Wir hatten bereits eingesehen, dass die Hintereinanderausführung stetiger Abbildungen
wieder stetig ist, und wir wollen jetzt zeigen, dass dies auch für Stetigkeit in einzelnen
Punkten gilt. Sind X, Y, Z drei topologische Räume und f : X → Y stetig in einem
Punkt x ∈ X sowie g : Y → Z stetig in f (x) ∈ Y , so ist g ◦ f : X → Z wieder stetig in
X. Sei nämlich U eine Umgebung von g(f (x)) in Z. Da g in f (x) stetig ist, existiert
eine Umgebung V von f (x) in Y mit g(V ) ⊆ U . Weiter ist f in x stetig, und damit
existiert auch eine Umgebung W von x in X mit f (W ) ⊆ V . Insgesamt ist damit
(g ◦ f )(W ) = g(f (W )) ⊆ g(V ) ⊆ U . Damit ist g ◦ f in x stetig.
Wenden wir dies einmal auf Gruppen an. Sei G eine Gruppe, die so mit einer
Topologie versehen ist, dass die Multiplikation · : G×G → G stetig ist. Sei a ∈ G. Dann
haben wir die Links- und die Rechtsmultiplikation mit a, d.h. die beiden Abbildungen
la : G → G; x 7→ ax und ra : G → G; x 7→ xa.
Diese Abbildungen sind stetig, beispielsweise können wir la als die folgende Hintereinanderausführung stetiger Abbildungen schreiben
·
la : G −→ G × G −→ G
x 7→ (a, x) 7→ ax
und damit ist la stetig. Analog folgt dies für die Abbildung ra . Die Abbildungen la
und ra sind bijektiv und die jeweilige Umkehrfunktion ist die Links- beziehungsweise
Rechtsmultiplikation mit a−1 , d.h. la−1 = la−1 und ra−1 = ra−1 . Insbesondere sind auch
die Umkehrfunktionen von la und ra stetig und derartige Abbildungen nennt man
Homöomorphismen.
Definition 3.10: Seien X, Y zwei topologische Räume und f : X → Y eine Abbildung.
(a) Die Abbildung f heißt ein Homöomorphismus wenn f bijektiv ist und sowohl
f : X → Y als auch f −1 : Y → X stetig sind.
(b) Die Abbildung f heißt offen wenn für jede offene Menge U ⊆ X auch das Bild
f (U ) ⊆ Y offen ist.
(c) Die Abbildung f heißt abgeschlossen wenn für jede offene Menge U ⊆ X auch das
Bild f (U ) ⊆ Y abgeschlossen ist.
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Beachte das eine bijektive Abbildung f : X → Y wegen (f −1 )−1 (U ) = f (U ) für jedes
U ⊆ X genau dann offen ist wenn f −1 : Y → X stetig ist. Nach Lemma 3 ist dies
weiter dazu äquivalent das f : X → Y abgeschlossen ist. Insbesondere bestehen für
eine stetige, bijektive Abbildung f : X → Y die Äquivalenzen
f ist ein Homöomorphismus ⇐⇒ f ist offen
⇐⇒ f ist abgeschlossen.
Ist also G eine Gruppe mit stetiger Multiplikation, so sind alle Links- und alle Rechtsmultiplikationen Homöomorphismen von G auf G, und damit auch offen und abgeschlossen. Eine wichtige Konsequenz dieser Tatsache ist es, dass Produkte AU und U A
einer offenen Menge U ⊆ G und einer beliebigen Teilmenge A ⊆ G immer offen sind.
Denn das Produkt AU ist
[
[
AU = {au|a ∈ A, u ∈ U } =
{la (u)|u ∈ U } =
la (U )
a∈A
a∈A
S
als Vereinigung offener Mengen wieder offen. Analog ist auch U A = a∈A ra (U ) offen
in G. Die Gruppe G ist eine topologische Gruppe wenn auch die Inversenbildung σ :
G → G; x 7→ x−1 stetig ist, und wir wollen jetzt zeigen, dass es ausreicht die Stetigkeit
des Invertierens in 1 zu fordern. Wir behaupten also
σ stetig ⇐⇒ σ ist in 1 stetig.
Die Implikation von links nach rechts ist dabei klar nach Lemma 3. Nehme jetzt umgekehrt an, dass das Invertieren σ in 1 stetig ist. Sei a ∈ G. Für jedes x ∈ G gilt
dann
x−1 = (a−1 x)−1 a−1 , also σ = ra−1 ◦ σ ◦ la−1 .
Nun ist die Linksmultiplikation la−1 stetig, also auch stetig in a und σ ist nach unserer
Voraussetzung stetig in la−1 (a) = a−1 a = 1. Weiter ist auch ra−1 stetig in σ(1) = 1
und damit ist σ = ra−1 ◦ σ ◦ la−1 stetig in a. Nach Lemma 3 ist σ : G → G damit
eine stetige Abbildung und somit ist G eine topologische Gruppe. Da das Bilden des
inversen Elements involutorisch ist, ist σ sogar ein Homöomorphismus.
Wir wollen jetzt ein paar weitere Kleinigkeiten über induzierte Topologien und
Produkträume festhalten. Seien hierzu X, Y, Z topologische Räume.
1. Ist A ⊆ X ein Teilraum, so ist eine Menge B ⊆ A genau dann abgeschlossen in
A, wenn es eine abgeschlossene Menge C ⊆ X mit B = A ∩ C gibt. Dies folgt
durch Komplementbildung aus der Definition der offenen Teilmenge von A, oder
etwas ausführlicher
B ⊆ A abgeschlossen ⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
A\B ⊆ A offen
∃(U ⊆ X offen) : A\B = U ∩ A
∃(C ⊆ X abgeschlossen) : A\B = (X\C) ∩ A
∃(C ⊆ X abgeschlossen) : A\B = A\(A ∩ C)
∃(C ⊆ X abgeschlossen) : B = A ∩ C.
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2. Sind U ⊆ X offen und V ⊆ U offen, so ist auch V ⊆ X offen. Dies ist klar, denn
dass V offen in U ist, bedeutet die Existenz einer offenen Menge W ⊆ X mit
V = U ∩ W und damit ist V als Schitt zweier offener Teilmengen von X ebenfalls
offen in X.
3. Sind A ⊆ X abgeschlossen und B ⊆ A abgeschlossen, so ist auch B ⊆ X abgeschlossen. Mit Hilfe von Aussage (1) folgt dies völlig analog zur eben bewiesenen
Aussage für offene Mengen.
A
4. Sind A ⊆ X ein Teilraum und B ⊆ A eine Teilmenge, so ist der Abschluß B
A
von B im topologischen Raum A gleich B = B ∩ A. Zunächst ist B ∩ A nach
A
(1) überhaupt abgeschlossen in A mit B ⊆ B ∩ A, d.h. es ist auch B ⊆ B ∩ A.
A
Da auch B abgeschlossen in A ist, existiert wieder nach (1) eine abgeschlossene
A
A
Menge C ⊆ X mit B = A ∩ C, und wegen B ⊆ B = A ∩ C ⊆ C ist auch
A
A
B ⊆ C, also B ∩ A ⊆ C ∩ A = B . Insgesamt ist damit B = B ∩ A.
5. Sind A ⊆ X ein Teilraum und f : X → Y stetig, so ist auch die Einschränkung
von f auf A, also f |A : A → Y stetig. Denn für jede offene Menge U ⊆ Y ist
(f |A)−1 (U ) = f −1 (U ) ∩ A offen in A.
6. Sind B ⊆ Y ein Teilraum und f : X → B eine Abbildung, so ist f genau dann
als Abbildung nach B stetig wenn f als Abbildung nach Y stetig ist. Dies ist
wieder klar, denn die offenen Mengen von B sind die Mengen der Form U ∩ B
mit U ⊆ Y offen, und für jede Teilmenge U ⊆ Y ist f −1 (U ) = f −1 (U ∩ B).
7. Sind U, V ⊆ X offen mit X = U ∪ V und ist f : X → Y eine Abbildung, so
ist f genau dann stetig wenn die beiden Einschränkungen f |U : U → Y und
f |V : V → Y stetig sind. Die Implikation von links nach rechts gilt dabei nach
(5). Sind umgekehrt f |U und f |V stetig, so ist für jede offene Menge W ⊆ Y
nach (2) auch
f −1 (W ) = (f |U )−1 (W ) ∪ (f |V )−1 (W ) ⊆ X
offen.
8. Sind A, B ⊆ X abgeschlossen mit X = A ∪ B und ist f : X → Y eine Abbildung,
so ist f genau dann stetig wenn die beiden Einschränkungen f |A : A → Y und
f |B : B → Y stetig sind. Die Implikation von links nach rechts gilt dabei nach
(5). Sind umgekehrt f |A und f |B stetig, so ist für jede abgeschlossene Menge
C ⊆ Y nach (3) und Lemma 3 auch
f −1 (C) = (f |A)−1 (C) ∪ (f |B)−1 (C) ⊆ X
abgeschlossen. Nach Lemma 3 ist f damit wieder stetig.
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9. Sind A ⊆ X und B ⊆ Y Teilräume, so ist auch A×B ein Teilraum von A×B, d.h.
die Produkttopologie von X × Y induziert auf A × B genau die Produkttopologie
von A × B. Die offenen Mengen von X × Y sind Vereinigungen von Mengen der
Form U × V mit U ⊆ X, V ⊆ Y jeweils offen. Die auf A × B induzierte Topologie
besteht also aus Vereinigungen von Mengen der Form
(U × V ) ∩ (A × B) = (U ∩ A) × (V ∩ B)
mit U ⊆ X, V ⊆ Y jeweils offen. Die Schnitte U ∩ A und B ∩ V durchlaufen
dann aber gerade die offenen Teilmengen von A beziehungsweise B, und damit
ist die auf A × B induzierte Topologie gleich der Produkttopologie von A und B.
10. Die Projektionen pr1 : X × Y → X und pr2 : X × Y → Y sind stetige und
offene Abbildungen. Dass die beiden Projektionen stetig sind hatten wir nämlich
schon früher festgehalten. Eine offene Teilmenge U ⊆ X × Y hat die Form U =
S
i∈I Vi × Wi mit offenen Mengen Vi ⊆ X, Wi ⊆ Y (i ∈ I). Für jedes i ∈ I ist
(
Vi , Wi 6= ∅,
pr1 (Vi × Wi ) =
∅, Wi = ∅
S
offen in X, d.h. auch pr1 (U ) = i∈I pr1 (Vi × Wi ) ist offen in X. Analog ist auch
pr2 (U ) offen in Y .
11. Sind f : Z → X und g : Z → Y zwei Abbildungen, so ist die Abbildung
h := (f, g) : Z → X × Y ; z 7→ (f (z), g(z))
genau dann stetig wenn f und g stetig sind. Ist nämlich h stetig, so sind auch
f = pr1 ◦h und g = pr2 ◦h als Hintereinanderausführung stetiger Abbildungen
stetig. Sind umgekehrt f und
S g stetig und U ⊆ X × Y eine offene Menge, so
schreiben wir wieder U = i∈I Vi × Wi mit offenen Mengen Vi ⊆ X, Wi ⊆ Y
(i ∈ I). Dann ist für jedes i ∈ I auch
h−1 (Vi × Wi ) = f −1 (Vi ) ∩ g −1 (Wi ) ⊆ Z
S
offen, und damit ist auch h−1 (U ) = i∈I h−1 (Vi × Wi ) ⊆ Z offen. Somit ist
h : Z → X × Y stetig.
Nach diesen allgemeinen topologischen Bemerkungen kommen wir jetzt wieder zu topologischen Gruppen zurück. Zunächst wollen wir festhalten das jede Untergruppe einer
topologischen Gruppe in der induzierten Topologie wieder eine topologische Gruppe
ist. Seien also G eine topologische Gruppe und H ≤ G eine Untergruppe. Nach der
obigen Aussage (9) induziert G × G auf H × H genau die Produkttopologie, und nach
den Aussagen (5) und (6) sind auch die Multiplikation · : H × H → H und die Inversenbildung −1 : H → H als Einschränkungen der entsprechenden Abbildungen in G
stetig. Folglich ist H tatsächlich eine topologische Gruppe.
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Wie in einer Übungsaufgabe gezeigt legen die Umgebungen eines topologischen
Raums die Topologie eindeutig fest. Weiter werden Umgebungen von Homöomorphismen erhalten, d.h. ist f : X → Y ein Homöomorphismus topologischer Räume X, Y
und ist x ∈ X, so bildet f die Menge UX (x) der Umgebungen von x in X auf die Menge UY (f (x)) der Umgebungen von f (x) in Y ab, also UY (f (x)) = {f (U )|U ∈ IX (x)}.
Ist nämlich U ∈ UX (x), so existiert eine offene Menge V ⊆ X mit x ∈ V ⊆ U , und
damit ist auch f (V ) ⊆ Y offen mit f (x) ∈ f (V ) ⊆ f (U ), also ist f (U ) eine Umgebung
von f (x) in Y . Dies zeigt {f (U )|U ∈ UX (x)} ⊆ UY (f (x)). Wenden wir diese Inklusion
auf den Homöomorphismus f −1 : Y → X an, so ist auch {f −1 (U )|U ∈ UY (f (x))} ⊆
UX (f −1 (f (x))) = UX (x) und somit
UY (f (x)) = {f (f −1 (U ))|U ∈ UY (f (x))} ⊆ {f (U )|U ∈ UX (x)},
und wir haben UY (f (x)) = {f (U )|U ∈ UX (x)} eingesehen. In einer topologischen
Gruppe ist in Wahrheit die gesamte Topologie bereits durch die Umgebungen der Eins
festgelegt. Dies und einige verwandte Tatsachen wollen wir in einem kleine Lemma
zusammenfassen.
Lemma 3.5 (Einsumgebungen in einer topologischen Gruppe)
Sei G eine topologische Gruppe und bezeichne U die Menge der Umgebungen von 1 in
G. Dann gelten:
(a) Ist a ∈ G, so ist
U(a) = {aU |U ∈ U} = {U a|U ∈ U}
die Menge der Umgebungen von a in G.
(b) Für jede Teilmenge A ⊆ G ist
A=
\
AU =
U ∈U
\
UA
U ∈U
(c) Ist U ∈ U, so existiert eine offene Umgebung V von 1 in G mit V −1 = V und
V 2 ⊆ U.
Beweis: (a) Dies ist klar nach der obigen Bemerkung, da die Links- und Rechtsmultiplikationen la , ra : G → G Homöomorphismen mit la (1) = ra (1) = a sind.
(b) Da das Invertieren ein Homöomorphismus ist, ist U = {U −1 |U ∈ U}. Sei a ∈ G.
Nach Lemma 2 und (a) haben wir
a∈
/ A ⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
∃(U
∃(U
∃(U
∃(U
∈ U(a)) : U ∩ A = ∅
∈ U) : (aU ) ∩ A = ∅
∈ U) : a ∈
/ AU −1
∈ U) : a ∈
/ AU
\
⇐⇒ a ∈
/
AU.
U ∈U
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T
Durch Komplementbildung folgt A = U ∈U AU und die andere Aussage ergibt sich
analog.
(c) Wegen 1 · 1 = 1 liefert die Stetigkeit der Multiplikation in (1, 1) eine Umgebung W
von (1, 1) in G × G mit {ab|(a, b) ∈ W } ⊆ U . Nach Definition der Produkttopologie
gibt es weiter offene Mengen V1 , V2 ⊆ G mit (1, 1) ∈ V1 ×V2 ⊆ W , d.h. V1 , V2 sind offene
Umgebungen von 1 in G mit V1 V2 ⊆ U . Da das Invertieren in G ein Homöomorphismus
ist, ist damit auch
V := V1 ∩ V1−1 ∩ V2 ∩ V2−1 ⊆ G
eine offene Umgebung von 1 in G. Es gelten V −1 = V und V 2 ⊆ V1 V2 ⊆ U .
Die Aussagen (b) und (c) des Lemmas rücken die Topologie einer topologischen Gruppe
schon recht nahe an die Topologie eines metrischen Raums heran. In einem metrischen
Raum X, haben wir für jede Menge A ⊆ X die Formel
\
[
B (a)
A=
B (A) mit B (A) := {x ∈ X|d(x, A) < } =
>0
a∈A
und (b) ist der Ersatz dieser Aussage für eine topologische Gruppe G, wobei die Kugel
B (A) durch AU für Einsumgebungen U ersetzt wird. Weiter können wir in einem
metrischen Raum Umgebungen halbieren“ dies meint den Übergang von der Kugel
”
mit Radius zur Kugel mit Radius /2, und in topologischen Gruppe G haben wir
anstelle dessen Aussage (c) bei der die Umgebung V mit V 2 ⊆ U so etwas wie eine
halb so große Umgebung“ wie U ist.
”
Wir wollen jetzt die beiden Trennungsaxiome T1 und T2 in einer topologischen
Gruppe G untersuchen. Allgemein hatten wir bereits bemerkt, dass T2 auch T1 impliziert, aber nicht umgekehrt. In einer topologischen Gruppe liegen die Verhältnisse
besser. Hierzu ist es nützlich ein weiteres Trennungsaxiom einzuführen.
Definition 3.11: Sei X ein topologischer Raum. Wir sagen, dass der Raum X das
Trennungsaxiom T3 erfüllt, wenn es für jede abgeschlossene Menge A ⊆ X und jeden
Punkt x ∈ X mit x ∈
/ A stets offene Mengen U, V ⊆ X mit x ∈ U , A ⊆ V und
U ∩ V = ∅ gibt. Weite nennen wir X regulär wenn die Trennungsaxiome T2 und T3
erfüllt sind.
Statt des Trennungsaxioms T2 kann man in der Definition eines regulären Raums auch
T1 fordern, denn sind x, y ∈ X mit x 6= y, so ist {y} ⊆ X nach T1 abgeschlossen mit
x∈
/ {y}, also liefert T3 zwei offene Mengen U, V ⊆ X mit x ∈ U , y ∈ V und U ∩ V = ∅,
d.h. X ist auch hausdorffsch.
Lemma 3.6: Sei G eine topologische Gruppe. Sind A ⊆ G abgeschlossen und x ∈ G mit
x∈
/ A, so existiert eine offene Umgebung U von 1 in G mit U −1 = U und xU ∩ AU =
U x ∩ U A = ∅. Insbesondere erfüllt G das Trennungsaxiom T3 .
Beweis: Nach Lemma 5.(b) existiert ein Umgebung V1 von 1 in G mit x ∈
/ AV1 und
nach Lemma 5.(c) gibt es weiter eine offene Umgebung U1 von 1 in G mit U1−1 = U1
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und U12 ⊆ V1 . Wäre jetzt xU1 ∩ AU1 6= ∅, so gäbe es a ∈ A, u, v ∈ U1 mit xu = av,
also x = avu−1 ∈ aU1 U1−1 = aU12 ⊆ aV1 im Widerspruch zu x ∈
/ AV1 , und dies zeigt
xU1 ∩AU1 = ∅. Analog existiert auch eine offene Umgebung U2 von 1 in G mit U2−1 = U2
und U2 x ∩ U2 A = ∅, und damit ist U := U1 ∩ U2 eine offene Umgebung von 1 in G mit
U −1 = U und xU ∩ AU = U x ∩ U A = ∅.
Weiter sind die Mengen xU, AU ⊆ G offen mit x ∈ xU und A ⊆ AU , und damit
erfüllt X auch das Trennungsaxiom T3 .
Da bei Gültigkeit des Trennungsaxioms T3 die beiden Bedingungen T1 und T2 äquivalent sind, erhalten wir das nächste Lemma.
Lemma 3.7 (Charakterisierung hausdorffscher topologischer Gruppen)
Sei G eine topologische Gruppe. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.
(a) Der topologische Raum G ist hausdorffsch.
(b) Der topologische Raum G erfüllt das Trennungsaxiom T1 .
(c) Die Menge {1} ⊆ G ist abgeschlossen.
Beweis: Da G nach Lemma 6 die Bedingung T3 erfüllt sind (a) und (b) äquivalent.
Die Implikation von (b) nach (c) ist klar. Schließlich sei (c) erfüllt, d.h. {1} ⊆ G ist
abgeschlossen. Sei a ∈ G. Da die Linksmultiplikation la : G → G ein Homöomorphismus
ist, ist la auch abgeschlossen, und damit ist {a} = la ({1}) ⊆ G abgeschlossen. Somit
erfüllt G das Axiom T1 und wir haben (b).
Wir kommen nun zur Quotientenbildung. Seien G eine topologische Gruppe und H ≤
G eine Untergruppe. Dann bilden die Rechtsnebenklassen Ha für a ∈ G eine Partition
von G und es bezeichne
G/H = {Ha|a ∈ G}
die Menge dieser Rechtsnebenklassen. In anderen Worten ist G/H die Menge der Äquivalenzklassen bezüglich der durch
a ∼ b :=⇐⇒ ba−1 ∈ H
(a, b ∈ G)
gegebenen Äquivalenzrelation. Diesen Quotienten statten wir jetzt mit einer Topologie
aus.
Definition 3.12: Seien G eine topologische Gruppe und H ≤ G eine Untergruppe.
Dann bezeichne G/H die Menge der Rechtsnebenklassen von H in G versehen mit
der Quotiententopologie bezüglich der obigen Äquivalenzrelation ∼. Ist also p : G →
G/H; a 7→ Ha die Projektion, so ist U ⊆ G/H genau dann offen wenn p−1 (U ) ⊆ G
offen ist. Man bezeichnet G/H auch als den homogenen Raum von G modulo H.
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Lemma 3.8 (Grundeigenschaften homogener Räume)
Seien G eine topologische Gruppe, H ≤ G eine Untergruppe und bezeichne p : G →
G/H die Projektion. Dann gelten:
(a) Die Abbildung p : G → G/H ist stetig, surjektiv und offen.
(b) Der topologische Raum G/H erfüllt das Trennungsaxiom T3 .
(c) Genau dann ist G/H hausdorffsch wenn H ⊆ G abgeschlossen ist.
Beweis: (a) Dass p surjektiv und stetig ist, ist nach Definition der Quotiententopologie
auf G/H klar. Ist jetzt U ⊆ G eine offene Menge, so ist auch
p−1 (p(U )) = {a ∈ G|∃(u ∈ U ) : au−1 ∈ H} = HU
in G offen, d.h. das Bild p(U ) ⊆ G/H ist in G/H offen. Damit ist p eine offene
Abbildung.
(b) Seien A ⊆ G abgeschlossen und a ∈ G mit Ha ∈
/ A. Dann ist auch p−1 (A) ⊆ G
abgeschlossen mit a ∈
/ p−1 (A). Nach Lemma 6 existiert eine offene Umgebung U von
−1
1 in G mit aU ∩ p (A)U = ∅. Da H ≤ G eine Untergruppe ist und p−1 (A) eine
Vereinigung von Rechtsnebenklassen von H ist, ist auch HaU ∩ Hp−1 (A)U = ∅, denn
wäre HaU ∩ Hp−1 (A)U 6= ∅, so hätten wir auch ∅ =
6 aU ∩ H −1 Hp−1 (A)U = aU ∩
−1
−1
Hp (A)U = aU ∩ p (A)U . Jetzt sind auch die Mengen aU, p−1 (A)U ⊆ G offen, und
nach (a) sind auch V := p(aU ) ⊆ G/H und W := p(p−1 (A)U ) ⊆ G/H in G/H offen.
Dabei gelten Ha = p(a) ∈ V und A = p(p−1 (A)) ⊆ V . Weiter ist
p−1 (V ∩ W ) = p−1 (p(aU )) ∩ p−1 (p(p−1 (A)U )) = HaU ∩ Hp−1 U = ∅,
also auch V ∩ W = ∅.
(c) Da G/H nach (b) das Axiom T3 erfüllt haben wir
G/H ist hausdorffsch ⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
G/H erfüllt T1
Für jedes a ∈ G ist {Ha} ⊆ G/H abgeschlossen
Für jedes a ∈ G ist Ha ⊆ G abgeschlossen
H ⊆ G ist abgeschlossen,
letzteres da die Rechtsmultiplikation ra für jedes a ∈ G ein Homöomorphismus ist.
Ist H ≤ G also eine abgeschlossene Untergruppe, so ist G/H ein regulärer topologischer
Raum, selbst wenn G selbst nicht hausdorffsch ist. Ist H G sogar ein Normalteiler,
so wird G/H selbst eine Gruppe, und wir wollen uns nun klarmachen, dass G/H in
der Quotiententopologie dann selbst eine topologische Gruppe ist.
Lemma 3.9: Seien G eine topologische Gruppe und H ≤ G eine Untergruppe.
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(a) Die Abbildung ω : G/H × G → G/H; (Ha, b) 7→ Hab ist stetig.
(b) Ist H G, so ist G/H eine topologische Gruppe.
Beweis: Bezeichne p : G → G/H die Projektion.
(a) Zunächst ist ω offenbar überhaupt wohldefiniert. Seien a, b ∈ G gegeben. Wir
zeigen, dass ω im Punkt (Ha, b) von G/H × G stetig ist. Sei also U eine Umgebung
von ω(Ha, b) = Hab in G/H. Dann existiert eine in G/H offene Menge U 0 mit Hab ∈
U 0 ⊆ U . Weiter ist p−1 (U 0 ) ⊆ G offen mit ab ∈ p−1 (U 0 ). Weiter liefert die Stetigkeit
der Multiplikation in (a, b) und offene Mengen V, W ⊆ G mit a ∈ V , b ∈ W und
V W ⊆ p−1 (U 0 ). Nach (a) ist auch p(V ) ⊆ G/H offen mit Ha = p(a) ∈ p(V ). Damit
ist p(V ) × W eine offene Umgebung von (Ha, b) in G/H × G mit
ω(p(V ) × W ) = p(V W ) ⊆ p(p−1 (U 0 )) = U 0 ⊆ U.
Somit ist ω in (Ha, b) stetig und mit Lemma 3 folgt die Stetigkeit von ω : G/H × G →
G/H.
(b) Der Beweis der Stetigkeit der Multiplikation von G/H ist analog zum Beweis von
(a). Es reicht wieder nach Lemma 3 die Stetigkeit der Multiplikation in jedem Punkt
(Ha, Hb) mit a, b ∈ G zu zeigen. Ist U eine Umgebung von Ha · Hb = Hab in G/H,
so wählt man wieder eine offene Umgebung U 0 von Hab in G/H mit U 0 ⊆ U und
offene Umgebungen V von a in G und W von b in G mit V W ⊆ p−1 (U 0 ). Dann ist
p(V ) × p(W ) eine offene Umgebung von (Ha, Hb) in G/H × G/H mit
p(V ) × p(W ) = p(V W ) ⊆ p(p−1 (U 0 )) = U 0 ⊆ U.
Es ist also nur noch die Stetigkeit des Invertierens in G/H zu zeigen. Bezeichnet σ :
G → G und σ : G/H → G/H die Inversenbildung in G beziehungsweise G/H, so ist
nach Definition der Gruppenstruktur von G/H auch σ ◦ p = p ◦ σ. Sei jetzt U ⊆ G/H
offen. Dann ist
p−1 (σ −1 (U )) = (σ ◦ p)−1 (U ) = (p ◦ σ)−1 (U ) = σ −1 (p−1 (U )) ⊆ G
offen in G, d.h. σ −1 (U ) ⊆ G/H ist offen in G/H. Dies beweist die Stetigkeit von σ.
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