Haug: Medizin für Heilpraktiker

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Crataegus laevigata – der Weißdorn. Das Rosengewächs ist auf ersten Blick unauffällig, aber seine feinen
weißen Blüten und blütentragende Zweige liefern zahlreiche Wirkstoffe, die das Herz schützen und stärken.
Weißdorn enthält einen hohen Anteil oligomerer Prozyanide (OPC) und viele andere sekundäre Pflanzen- und
Gerbstoffe, die die Durchblutung steigern. Da sie insgesamt die kardiale Sauerstoffversorgung verbessern,
empfiehlt die New York Heart Association Weißdorn offiziell für die Therapie der leichteren Formen der Herzinsuffizienz. Bei einer nachlassenden Leistungsfähigkeit des Herzens im Alter kann der Weißdorn eingesetzt
werden, um einer Herzmuskelschwäche, Hypertonie, Koronarinsuffizienz und Myokardschwäche vorzubeugen.
11.1
Einführung
430
11.2
Anatomie und Physiologie
430
11.3 Leitsymptome und Differenzialdiagnose
432
11.4 Diagnoseverfahren
435
11.4.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435
11.4.2 Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435
11.4.3Elektrophysiologische ­Untersuchungen . . . . . . . 437
11.4.4Bildgebende Untersuchungs­verfahren . . . . . . . . 438
441
11.5Durchblutungsstörungen des Herzens
11.5.1 Koronare Herzkrankheit,
stabile Angina pectoris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
11.5.2 Akutes Koronarsyndrom,
instabile Angina pectoris und Herzinfarkt . . . . . 445
11.5.3 Plötzlicher Herztod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448
11.6 Herzinsuffizienz
448
11.6.1 Akute Herzinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448
11.6.2 Chronische Herzinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . 449
11.7
11.7.1
11.7.2
11.7.3
11.7.4
11.7.5
Herz­rhythmus­störungen
452
Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452
Extrasystolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452
Tachykarde Rhythmusstörungen . . . . . . . . . . . . . 453
Reizleitungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455
Bradykarde Rhythmusstörungen . . . . . . . . . . . . . 456
457
11.8Entzündliche Herz­­­erkrankungen
11.8.1 Myokarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
11.8.2 Perikarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
11.8.3 Endokarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
11.9Herzklappenfehler, Herz­fehler
460
11.9.1 Erworbene Herzklappenfehler . . . . . . . . . . . . . . . 461
11.9.2 Angeborene Herzklappen- und Herzfehler . . . . . 463
11.10 Kardiomyopathien
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
464
Medizinische Fachgebiete
11 Herz
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
11 Medizinische Fachgebiete
430
11.1
Herz
Einführung
Anatomie und Physiologie
11.2
Mit jedem Herzschlag pumpt das Herz eines Erwachsenen
ein Blutvolumen von 70 Millilitern, also etwa ½ Kaffee­tasse,
durch das Gefäßsystem. Das entspricht 5 Litern Blut pro
Minute im Ruhezustand. Unter maximaler Belastung vervierfacht sich dieser Wert durch den Anstieg von Herzfrequenz und Schlagvolumen.
Im Laufe der Zeit ergibt dies eine enorme Leistung. Schon
an einem einzigen Tag pumpt das Herz 7 000—11 000 Liter
durch den Körper. Auf diese Weise hat es bei einem 73-Jährigen bereits über 200 Millionen Liter Blut befördert.
Medizinische Berufe
Die Kardiologie ist das Teilgebiet der Inneren Medizin, bei
dem die Erkrankungen des Herzens, des Herz-Kreislaufs
und der herznahen Gefäße im Vordergrund stehen. Neben
der medikamentösen Therapie werden Herzkatheteruntersuchungen, spezielle Ultraschalluntersuchungen von Herz
und Gefäßen, EKG-Untersuchungen sowie die Implantation
und Kontrolle von Herzschrittmachern durchgeführt. Über
Herzkatheter nimmt der Kardiologe auch kleinere Eingriffe
an Herzkranzgefäßen, Herzklappen, Herzscheidewänden,
herznahen Gefäßverläufen und Erregungsleitungsbahnen vor.
Die Herzchirurgie – genauer Herz-Thorax-Chirurgie –
befasst sich mit allen operativen Eingriffen am Herzen und
den herznahen Gefäßen. Darunter fallen Operationen an den
Herzkranzgefäßen, den Herzklappen und den großen Gefäßen des Brustraums, die operative Korrektur von angeborenen und erworbenen Herzfehlern bis hin zu Herztransplantationen. Die Herz-Thorax-Chirurgie ist eine eigenständige
Facharztweiterbildung.
Rechtes und linkes Herz
Das Herz kann man sich als Muskelballon vorstellen, der
innen zu den blutgefüllten Herzhöhlen hin vom Endokard
(Herzinnenhaut) ausgekleidet und nach außen vom Perikard
(Herzbeutel) umgeben ist (g Abb. 11.01). Das Myokard ist
der Herzmuskel.
Das Herz wird durch die Herzscheidewand in eine rechte
und eine linke Herzhälfte getrennt. Jede Herzhälfte besteht
aus einem Atrium (Vorhof) und einem Ventrikel (Kammer).
Die Vorhöfe sammeln das zum Herzen fließende Blut und leiten es in die muskelstärkeren Herzkammern, die es wieder
aus dem Herzen pumpen.
Rechtes und linkes Herz unterhalten 2 unterschiedliche
Blutkreislaufsysteme:
••Im rechten Vorhof münden obere und untere Hohlvene
(V. cava superior und inferior). Im linken Vorhof münden
die 4 mit sauerstoffreichem Blut gefüllten Lungenvenen.
••Im rechten Herzen wird das aus dem Körper kommende, sauerstoffarme Blut gesammelt und in die Lunge gepumpt, in der es mit Sauerstoff angereichert wird. Diesen
Vorgang bezeichnet man als kleinen Kreislauf oder Lungenkreislauf.
••Die linke Kammer pumpt das sauerstoff­reiche Blut in die
Aorta (Hauptschlagader). Von dort aus versorgt es alle
Köperregionen – also den Körperkreislauf (großer Kreislauf) – mit Sauer- und Nährstoffen.
22 Im Körperkreislauf transportieren Arterien sauerstoffreiches („rotes“), im Lungenkreislauf sauerstoffarmes
(„blaues“) Blut.
linke Schilddrüse
Trachea
V. cava superior
Vagusnerv
Aortenbogen
Aorta
linkes Herzohr
Truncus pulmonalis
linke Koronararterie
linke Lunge
linker Ventrikel
Magen Diaphragma
Perikard
E Abb. 11.01 Das Herz wird links und rechts
von den beiden Lungenflügeln, unten vom
Zwerchfell und oben von großen Blutgefäßen
umschlossen. [GTV Prometheus]
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
11.2 Anatomie und Physiologie
431
Aorta
V. cava
superior
Blutstrom zu
den Lungen
Truncus pulmonalis
venöser
Zustrom über die
Lungenvenen
Herzohr
linkes
Atrium
Ausstrombahn
rechtes
Atrium
linker
Ventrikel
Ausstrombahn
Herzscheidewand
(Septum)
rechter
Ventrikel
V. cava
inferior
E Abb. 11.02 Die roten Pfeile auf der linken Bildseite zeigen den Körperkreislauf, die blauen Pfeile auf der rechten Bildseite den Lungenkreislauf. [GTV Prometheus]
Gelegentlich wird zwischen Niederdruck- (< 30 mmHg) und
Hochdrucksystem unterschieden. Zum Niederdrucksystem
gehören alle Körpervenen, Pfortadersystem, rechtes Herz,
Aa. pulmonales, Lungenkreislauf inklusive Vv. pulmonales
und linker Vorhof.
Erregungsbildung und -leitung
Der Sinusknoten verantwortet durch seine rhythmischen
winzigen Stromstöße die geordnete Herzaktion. Er arbeitet
autonom, d. h. ohne direkte Beeinflussung durch das Nervensystem – und besteht anatomisch gesehen aus Herzmuskelund nicht aus Nervenzellgewebe. Der Sinusknoten ist damit
der natürliche Schrittmacher des Herzens mit einer Frequenz von 60–80 Impulsen pro Minute, bei Kindern mehr
und bei Leistungssportlern auch weniger. Bestimmt er die
Herzaktion, spricht man vom Sinusrhythmus. Wenn nicht,
liegt irgendeine Art von Ersatzrhythmus vor. Der Takt der
Sinusknotenaktivität wird stark vom vegetativen Nervensystem beeinflusst, daher führen z. B. psychische Erregungen zu
schnellerem Herzschlag.
Die im Sinusknoten gebildete Erregung wird entlang von
Verteilerstrecken, dem Erregungsleitungssystem aus speziellen Herzzellen, über das gesamte Herz verteilt. Zunächst werden beide Vorhöfe zur Muskelkontraktion angeregt. Sodann
passiert die Erregungswelle den Atrioventrikular-Knoten
(AV-Knoten), der am Übergang vom Vorhof zur Kammer liegt.
Hier erfolgt eine kurze zeitliche Verzögerung des Impulses,
um den Vorhöfen Zeit zur Kontraktion und Kammerfüllung
zu geben.
An den AV-Knoten schließt sich das His-Bündel an, und
schließlich teilt sich das Erregungsleitungssystem in 2 als
Tawara-Schenkel bezeichnete Faserstränge, deren kleinste
Fasern (Purkinje-Fasern) in die Muskulatur der Herzkammern ziehen.
22 Fällt der Sinusknoten als Impulsgeber aus, übernimmt
zunächst der AV-Knoten als Back-up-System den Herzimpuls. Fällt auch dieser aus, können alle nachgeordneten Strukturen des Erregungsleitungssystems den
Herzimpuls generieren. Der betroffene Patient merkt
davon oft nur den deutlich verlangsamten Herzschlag,
oft < 40 Schläge pro Minute.
Herzaktion
Voraussetzung für die Herzaktion sind die Herzklappen, die
als Ventile gewährleisten, dass das Blut in die richtige Richtung fließt. Die Herzklappen sind Ausstülpungen der Herzinnenhaut. Im rechten Herzen sind dies die Trikuspidalklappe
zwischen Vorhof und Kammer sowie die Pulmonalklappe
V. cava
superior
Sinusknoten
rechtes
Atrium
Vorhofseptum
Lungenvenen
Atrioventrikularknoten
His-Bündel
rechter
TawaraSchenkel
V. cava
inferior
PurkinjeFasern
linker
TawaraSchenkel
Kammerseptum
E Abb. 11.03 Das Erregungsleitungssystem des Herzens besteht
aus dem Sinus- und AV-Knoten sowie den His-Bündeln, TawaraSchenkeln und Purkinjefasern. [GTV]
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
Medizinische Fachgebiete
arterieller
Strom in den
Körperkreislauf
11 Medizinische Fachgebiete
432
Herz
zwischen Kammer und Lungenschlagader. Links trennt die
Mitralklappe (Bikuspidalklappe) Vorhof und Kammer, während die Aortenklappe den Blutfluss aus der Hauptschlagader
zurück in die Herzkammer verhindert.
Der Herzschlag ist die vom Reizbildungs- und Reizleitungssystem des Herzmuskels autonome, also ohne Mitwirkung des Gehirns generierte Aktion der Herzmuskulatur, die
einen ständigen Wechsel von Kontraktion (Zusammenziehen) und Erschlaffen des Herzens gewährleistet. Blut wird
so in der Systole ungefähr 1-mal pro Sekunde aus dem Herzen in die angrenzenden großen Gefäße gepumpt.­Genauer
gesagt, kontrahieren während der Systole rechte und linke
Herzkammer, während Aorten- und Pulmonalklappe geöffnet und gleichzeitig Mitral- und Trikuspidalklappe geschlossen sind. Im Anschluss daran füllen sich in der Diastole die
entleerten, erschlafften Herzkammern wieder neu mit Blut.
Dabei schlagen die beiden Vorhöfe gegensinnig zu den beiden
Herzkammern: Während der Kammerkontraktion strömt
Blut in die leeren Vorhöfe. Erschlaffen die entleerten Herzkammern in der Diastole, kontrahieren die Vorhöfe und
geben ihr Blut in die Kammern ab. Während der Systole füllen sich dann die Vorhöfe über den bei der Kammerkontraktion entstehenden Unterdruck wieder mit Blut. Direkt nach
einer Herzaktion ist der Herzmuskel kurzfristig nicht erregbar. In dieser Zeitspanne von 0,3 Sekunden, die Refraktärzeit
genannt wird, ist der Muskel vor einer weiteren Kontraktion
geschützt, sodass sich das Herz erneut mit Blut füllen kann.
Durchblutung des Herzens
Der Herzmuskel ist auch selbst auf eine zuverlässige Blutund Sauerstoffversorgung angewiesen. Diese Aufgaben
übernehmen die Herzkranzgefäße (Koronargefäße), die
direkt im Anschluss an die Aortenklappe als rechte und linke
Herzkranzarterie (Koronararterie) aus der Hauptschlagader
abgehen und sich anschließend vielfach über den gesamten
Herzmuskel verzweigen. Eine große Herzvene, der Koronarsinus, sammelt das Blut der Herzkranzarterien und leitet es
in den rechten Vorhof zurück.
Während der Systole kommt die Durchblutung im Herzmuskel praktisch zum Erliegen, der Herzmuskel wird also
v. a. während der Diastole durchblutet und versorgt. Daher
E Tab. 11.01 Leitsymptome bei Herzerkrankungen
Leitsymptome bei Herzerkrankungen
Brustschmerzen, nicht atemabhängig
g unten
akute Dyspnoe (Atemnot) und
Kurzatmigkeit, Apnoe (Atemstillstand)
g S. 433, g S. 527
chronische Dyspnoe und Kurzatmigkeit
g S. 529
Ödeme
g S. 434
Palpitation (Herzklopfen, Herzstolpern,
Herzrasen)
g unten
Synkope („Ohnmacht“)
g S. 433
Zyanose (Blaufärbung der Haut und
Schleimhäute)
g S. 533
kommt es bei Tachykardien (hoher Herzschlagfrequenz)
schnell zum Sauerstoffmangel.
Herzschlagvolumen
Das physiologische Schlagvolumen beträgt in Ruhe 70–80 ml,
bei Spitzensportlern bis 200 ml und bei Kindern entsprechende weniger. Multipliziert man das Schlagvolumen mit
der Schlagfrequenz, so erhält man das Herzminutenvolumen (Herzzeitvolumen) von rund 5 Litern pro Minute beim
gesunden Erwachsenen. Bei maximaler Belastung kann es
bis zum Vierfachen ansteigen, wobei zu dieser Steigerung
hauptsächlich eine stark erhöhte Herzfrequenz beiträgt.
Leitsymptome und
Differenzialdiagnose
11.3 Übersicht
Akute Herzerkrankungen erzeugen häufig unmittelbar
bedrohliche Beschwerden wie extreme Atemnot und Vernichtungsschmerz in der Brustkorbregion. Andererseits
schreitet die häufigste aller Herzerkrankungen, die koronare
Herzkrankheit, jahrelang still und völlig symptomlos voran,
um sich im ungünstigsten Fall dann ohne Vorwarnung mit
einem tödlichen Herzinfarkt zu manifestieren.
Die Tabelle zeigt die wichtigsten Leitbeschwerden, bei
denen an Herzerkrankungen als Ursache zu denken sind.
Palpitationen
aa Palpitationen (Herzklopfen, Herzstolpern, Herzrasen):
unangenehmes Bewusstwerden des eigenen Herzschlags.
Sowohl ein zu langsamer als ein normal schneller, aber
unregelmäßiger (arrhythmischer) als auch ein zu schneller Herzschlag machen die Herzaktion bewußt. Der Patient
unterscheidet Herzklopfen als übermäßig stark empfundene Herzschläge, Herzrasen als hochfrequenten Herzschlag
(Tachykardie) und Herzstolpern im Sinne einer arrhythmischen Herzaktion.
)) Patientenbeschreibungen von Herzrhythmusstörungen
darf man nie für bare Münze nehmen, denn in der weiteren Diagnostik ergeben sich oft andere oder weitergehende Befunde. Für den Laien ist es außerdem schwierig,
harmlose von sehr ernst zu nehmenden Palpitationen zu
unterscheiden. Der subjektive Leidensdruck korreliert
oft nur schlecht mit der tatsächlichen Bedrohlichkeit
einer Palpitation.
Nicht atemabhängiger Brustschmerz
aa Nicht atemabhängiger Brustschmerz: vom Betroffenen
als retrosternaler, d. h. hinter dem Brustbein lokalisierter
Brust- oder Herzschmerz erlebter Dauerschmerz. Abzugrenzen ist der atemabhängige Brustschmerz (g S. 529),
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
11.3 Leitsymptome und Differenzialdiagnose
Bei Herzerkrankungen ist der Schmerz typischerweise
re­trosternal oder in der linken Thoraxhälfte lokalisiert, mit
Ausstrahlung z. B. in die linke Schulter. Weitere Ursachen
nicht atemabhängiger Brustschmerzen sind Erkrankungen
von:
••Wirbelsäule
••Lunge, z. B. Lungenembolie
••Magen, z. B. überblähter Magen
••Pankreas, z. B. Pankreatitis
••Speiseröhre, z. B. Refluxösophagitis
••hypertone Krise
••Herpes zoster.
!! Treten Brustschmerzen zum 1. Mal oder ungewohnt heftig auf, handelt es sich häufig um eine akute Herzerkrankung. Weitere Warnzeichen sind Todesangst, Luftnot,
blaue Lippen, Übelkeit und Kaltschweißigkeit.
E Tab. 11.02 Differenzialdiagnose von Palpitation
Beschwerde
Ursache
rasch einsetzende Palpitationen mit Atemnot, Brustschmerz, Angst
•• Angina pectoris, Herzinfarkt
anfallsartige Palpitationen
•• paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie (g S. 453)
(g S. 454)
•• absolute Arythmie
•• Aufregung, Übermüdung,
Schmerzen, Angst
•• orthostatische Dysregulation.
Kann bis zum Kreislaufzusammenbruch gehen
•• Nebenwirkung von Bluthochdruckmedikamenten,
Asthmamedikamenten,
Psychopharmaka
wiederkehrende
Palpitationen bei zuvor
problemlosen körperlichen
Anstrengungen
•• Anämie (g S. 509)
•• wiederkehrende
•• Blutdruckentgleisung,
Palpitationen mit evtl.
Kurzatmigkeit
•• Kopfschmerzen, evtl.
Schwindel
hypertone Krise (g S. 476)
•• unzureichend behandelte
Hypertonie (g S. 475)
•• Palpitationen
•• unregelmäßiger oder
•• beginnende Menopause
anfallsartige Palpitationen
nach reichlichen Mahlzeiten
•• Ösophagusspasmus
plötzliche Palpitationen mit
Brustschmerzen, Atemnot
und Husten
•• Lungenembolie (g S. 564)
•• Pneumothorax (g S. 561)
•• Lungenödem (g S. 563)
wiederkehrende Palpitationen
•• Hyperthyreose (g S. 698)
•• andere Hormonstörung
•• Präexizitationssyndrom
ausbleibender Eisprung
Beschwerde
Ursache
akute, drückende Schmerzen hinter dem Brustbein,
oft mit Ausstrahlung in den
linken Arm.
Zusätzlich Angst, kalter
Schweiß und Atemnot
•• stabile Angina pectoris
Brustschmerzen, Wundgefühl hinter dem Brustbein
•• Perikarditis (Herzbeutelent-
(g S. 441)
(instabile Angina pectoris,
Herz­infarkt,g S. 445)
•• Panikattacke (g S. 1 188)
zündung, g S. 458)
•• Myokarditis (Herzmuskelentzündung, g S. 457)
wechselnd starke Brustschmerzen, meist bewegungsabhängig. Oft in den
Rücken ausstrahlend
plötzlich einsetzende, einseitige Brustschmerzen und
zunehmende Atemnot
plötzliche, reißende
Schmerzen hinter dem
Brustbein und zwischen den
Schulterblättern
(Wechseljahre, g S. 818)
(g S. 587)
•• Hiatushernie (g S. 589)
433
•• akutes Koronarsyndrom
•• akute Bronchitis (g S. 541)
•• Blockierung von Brustwirbelkörpern
•• Osteoporose (g S. 874)
•• Wirbelbruch
•• Pneumothorax (g S. 561)
•• Aortendissektion (g S. 486)
(g S. 441,g S. 445)
•• ventrikuläre Tachykardie
plötzliche Palpitationen mit
Schwindel, Schweißausbruch und Benommenheit
E Tab. 11.03 Differenzialdiagnose von
nicht atemabhängigen Brustschmerzen
Dyspnoe
aa Dyspnoe (Atemnot, g S. 527): subjektiv erschwerte Ein-
und Ausatmung. Die Ursache ist entweder eine organische Störung von Herz oder Lunge oder eine psychisch
bedingte Dyspnoe.
22 Eine Dyspnoe ist immer erklärungsbedürftig, aber kein
sicherer Hinweis darauf, dass die Sauerstoffversorgung
gestört ist.
Ausführliche Differenzialdiagnose g S. 527. Häufigste kardiologische Ursache von Atemnot ist die Angina pectoris
(g S. 441): Sie verursacht typischerweise eine Atemnot im
Sinne eines „Nicht-Durchatmenkönnens“.
Eine weitere Ursache ist eine zu geringe Pumpleistung
der linken Herzkammer: Pumpt der linke Ventrikel – z. B. bei
fortgeschrittener Herzinsuffizienz oder einem akuten Herzinfarkt – nicht mehr ausreichend Blut in den Körperkreislauf,
staut sich Blut bis in die Lungen zurück und tritt als Wasser in
die Alveolen aus. Dieser Zustand wird als Rückwärtsversagen
bezeichnet und führt zum Lungenödem (g S. 563).
Neben tatsächlichen organischen Störungen tritt Luftnot
bei Erkrankungen des Herzens auch subjektiv auf.
Synkope
aa Synkope („Ohnmacht“): kurze Bewusstseinsstörung,
der meist ein vorübergehender Sauerstoffmangel des
Gehirns infolge einer Minderdurchblutung zu Grunde
liegt. Dauert die Ohnmacht länger als eine Minute, handelt es sich um eine Bewusstlosigkeit.
Synkopen sind am häufigsten Folge einer schweren Herzrhythmusstörung, einer verminderten Auswurfleistung der
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
Medizinische Fachgebiete
der in der Regel von Störungen der Atemwege oder der
Lunge ausgeht.
11 Medizinische Fachgebiete
434
Herz
E Tab. 11.04 Differenzialdiagnose von Synkope
Beschwerde
Ursache
plötzliche, kurze Benommenheit, typischerweise mit
langsamen Zusammensacken
und Hinstürzen bei Lagewechsel vom Liegen zum Sitzen
vasovagale Synkope bei orthostatischer Dysregulation
(g S. 478)
plötzliche, kurze Benommenheit, typischerweise mit langsamen Zusammensacken und
Hinstürzen
Kreislaufkollaps (g S. 218)
bei Karotissinus-Syndrom
(g S. 457),
psychischem Ausnahmezustand
plötzliche, kurz andauernde
Ohnmacht mit blitzartigem Hinstürzen
Adams-Stokes-Anfall
(g S. 448)
Herzrhythmus­störungen
(g S. 452)
wiederkehrende Ohnmachtsanfälle
Aortenklappenstenose
(g S. 462)
rasch zunehmende Bewusstseinseintrübung mit voran­
gehendem Engegefühl oder
heftigem Schmerz in der Brust
meist Folge eines kardiogenen Schocks (g S. 221) z. B.
bei Herzinfarkt (g S. 445),
Aortendissektion (g S. 486)
Benommenheit oder Bewusstlosigkeit und neurologische Ausfallerscheinungen
transistorische ischämische
Attacke (TIA g S. 1 119),
Schlaganfall (g S. 1 117)
•• plötzliche Bewusstlosigkeit
Grand-Mal-Epilepsie
(g S. 1 135)
•• Synkope mit Armschmerzen
Subclavian-Steal-Syndrom
(Vertebralisanzapfsyndrom): Stenose der A. subclavia vor Abgang der
A. vertrebralis. Bei Arm­
arbeit wird Blut für den Arm
aus der A. vertebralis
abgezapft.
mit Muskelkrämpfen und
-zuckungen
•• Urinabgang, Zungenbiss
bei Arbeit mit dem Arm
•• oft Schwindel, Ataxien
(Gangunsicherheit), Sehstörungen
•• Blutdruckdifferenz an den
Armen
•• Stenosegeräusch über der
A. subclavia
linken Herzkammer oder einer akuten Fehlsteuerung des
Gefäßsystems, bei dem die notwendige reflektorische Engstellung der Arterien beim Lagewechsel vom Liegen zum
Stehen unterbleibt. Von diesen vasovagalen Synkopen sind
v. a. Patienten mit orthostatischer Dysregulation betroffen
(g S. 478).
Meist äußern Synkopen sich durch Benommenheit, kaltschweißige Haut, Blutdruckabfall und verlangsamte Herzfrequenz bei regelmäßiger Herzaktion. Aber auch eine starke
Tachykardie führt durch die Ineffizienz der Herzschläge zum
Blutdruckabfall.
Eine klassische Ursache ist das Karotissinus-Syndrom.
Hier weiten sich reflexartig durch Druck auf eine der beiden Halsschlagadern alle Arterien, wodurch der Blutdruck
schlagartig absackt. Der Auslöser kann sehr geringfügig sein,
z. B. eine Kopfdrehung bei eng anliegendem Hemdkragen.
Dabei stürzt der Betroffene aus heiterem Himmel zu Boden.
Solche Synkopen sind – abgesehen von den Sturzfolgen –
harmlos, weil selbstlimitierend.
Selten ist die Ursache ein Subclavian-Steal-Syndrom oder
knöcherne Veränderungen wie eine Halsrippe, die gehirnversorgende Arterien bei bestimmten Bewegungen abklemmen.
Da ein Arzt oder der Heilpraktiker ohne weitere Diagnostik nicht erkennen kann, ob eine Synkope harmlos
oder aber Folge einer schweren und bisher unerkannten
Herzrhythmusstörung ist, sollte grundsätzlich bei
bewusstlosen Patienten der Notarzt gerufen werden.
Außerdem sind Synkopen unbekannter Ursache immer
fachärztlich abzuklären, am besten im Krankenhaus, da
die oft dahinterstehende Herz- oder Gefäßerkrankung
behandelt werden muss.
Ödeme
aa Ödeme (Wassereinlagerungen): schmerzlose Schwellung
des Gewebes durch vermehrten Wasseraustritt aus dem
kapillären Gefäßsystem oder verminderte Wasseraufnahme in das venöse und Lymphgefäßsystem.
Ödeme entstehen durch verschiedenste Störungen. Am häufigsten sind sie Folge:
••einer lokalen oder regionalen Abflussstörung, z. B. durch
Einengung oder Thrombose einer großen Vene. Betrifft
dies die Kopf- und Halsregion, spricht man von oberer
Einflussstauung. Sie ist durch stark hervortretende Halsvenen (Jugularvenenstauung) zu erkennen.
••einer Schwäche des rechten Herzmuskels. Hier sind v. a.
abends stark geschwollene Beine und nächtlicher Harndrang (Nykturie) typisch.
••eines verminderten Eiweißgehalts im Blut, wodurch dessen Wasserbindungskapazität (osmotische Kapazität) sinkt.
Dies steht bei Leberzirrhose, Eiweißmangel und Nierenerkrankungen im Vordergrund.
)) Ob eine Schwellung ein Ödem ist oder nicht doch eine
lokale Entzündung, lässt sich leicht überprüfen: Mit dem Daumen einer Hand über dem Unterschenkelknochen für wenige Sekunden die Haut eindrücken.
Beim Ödem bleibt beim Loslassen eine gut sicht- und
tastbare Delle zurück.
E Tab. 11.05 Differenzialdiagnose von Ödemen
Beschwerde
Ursache
•• beidseitige schmerzlose
•• chronische Rechtsherzin-
Ödeme von Fuß und
Unterschenkel
•• symmetrisch ausgeprägt
und über Wochen zunehmend
suffizienz (g S. 449)
•• Lebererkrankungen wie
Leberzirrhose (g S. 647)
•• nephrotisches Syndrom
(g S. 728)
•• chronisches Nierenversagen (g S. 729)
•• einseitiges Fuß-, Unter-
schenkel- oder Beinödem
oder eine Seite stärker
betroffen als die andere
•• schmerzhafte Bewegungseinschränkung
•• tiefe (Bein-)Venenthrombose (g S. 490)
•• postthrombotisches
Syndrom (g S. 493)
•• Lymphabflussstörung
(g S. 497)
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
E Abb. 11.04 Ödeme,
v. a. an den Unterschenkeln und Füßen, sind
häufig Zeichen einer
Herzinsuffizienz. Eine
eingedrückte Stelle, wie
der Daumenabdruck auf
dem Fuß, bleibt eine Zeit
lang sichtbar und geht
nur langsam zurück. [GTV ]
Diagnoseverfahren
sem Fall zeigt sich die Pulsation im Bereich des distalen
Sternums (Brustbein).
••Ein infolge Herzhypertrophie wandverdickter Herzabschnitt, z. B. bei Pulmonalstenose, Fallot-Tetralogie, Septumdefekt, kann die vordere Brustkorbwand vorwölben
(„Herzbuckel“).
Palpation des Thorax
Herz-Palpation. Bei der Tastuntersuchung von Herz und
Gefäßen ertastet der Untersucher die stoßenden Beweg­
11.4
Diagnoseverfahren
11.4.1
Anamnese
Die Anamnese bildet den Beginn der Diagnostik unklarer
Herzbeschwerden. Gerade bei Herzerkrankungen beginnen
Leit­beschwerden, z. B. Dyspnoe oder Ödeme, so allmählich,
dass sie den Betroffenen gar nicht wirklich auffallen. Es lohnt
sich deshalb zu fragen nach:
••Gewichtszunahme oder Beinödemen als Zeichen der
Rechtsherzinsuffizienz
••Nykturie (nächtliches Wasserlassen) auch ohne erhöhte abendliche Trinkmenge, was ebenfalls auf eine
Rechtsherzinsuffi­zienz deutet
••Atemnot bei Belastung (1. Auftreten ist oft beim Treppensteigen über 2 Etagen oder mehr) sowie besserer Schlaf
bei erhöhtem Oberkörper, was auf Linksherzinsuffizienz
deutet.
11.4.2
Klinische Untersuchung
Allgemeine körperliche Untersuchung
Neben den Ödemzeichen v. a. in den Beinen achtet der Untersucher auch auf Vergrößerungen von Leber und Brustkorb
sowie Krankheitszeichen bei Untersuchung von Lunge und
Gefäßen. Sodann folgt die Untersuchung der Herzen:
Inspektion des Thorax
Auch wenn viele herzkranke Patienten einen unauffälligen
Brustkorb haben, gibt es manchmal doch charakteristische
Zeichen bei der Inspektion des Thorax:
••Bei der Linksherzhypertrophie zeigt sich die Vergrößerung des linken Herzens eventuell durch einen hebenden
Herzspitzenstoß.
••Weitere sogenannte pulssynchrone Thoraxbewegungen
oder Pulsationen treten auf bei einem Aneurysma der
herznahen Aortenabschnitte sowie bei extremer Volumen- oder Druckbelastung des rechten Herzens. In die-
ungen des pulsierenden Herzmuskels am linken Brustkorb
und die fortgeleiteten Blutdruckwellen in den Arterien. Die
Qualität des Herzstoßes und des Pulses – kräftig, schwach
oder wechselnd, regelmäßig oder unregelmäßig – sowie die
Pulsfrequenz geben Hinweise auf die Herzfunktion und auf
die Beschaffenheit der Gefäße.
Besonders beim vergrößerten und insuffizienten Herzen
gelingt es leicht, die stoßenden Bewegungen des pulsierenden Herzmuskels zu ertasten, zumindest bei normalgewichtigen Männern, bei Übergewichtigen sowie bei Frauen mit
großen Brüsten ist es schwierig, wobei eine Hilfe sein kann,
die Patientin zu bitten, die Brust nach oben zu schieben und
dort zu halten.
Zur Durchführung der Herzpalpation muss der Patient
liegen und entspannt sein. Beim Herzgesunden findet sich
der Herzspitzenstoß etwas medial von der Brustwarze in
Höhe des 5. Interkostalraums (5. ICR, 5. Rippenzwischenraum). Dazu denkt man sich von der Mitte des linken Schlüsselbeins eine Linie senkrecht Richtung Nabel (Medioklavikularlinie) und zählt von der ersten tastbaren Rippe unter
dem Schlüsselbein (= 2. ICR) 3 Rippenzwischenräume nach
unten (g Abb. S. 436).
Liegt der Herzspitzenstoß weiter seitlich (lateral) oder
ist er über eine Breite von mehr als 2–3 cm zu spüren, deutet
das auf ein krankhaft vergrößertes Herz. In der Spätschwangerschaft oder beim Zwerchfellhochstand ist der Herzspitzenstoß dagegen nach oben verschoben.
Perkussion des Herzens
Die Lage und Größe des Herzens kann mit der Herzperkussion weiter eingegrenzt werden, zumindest bei normalgewichtigen Patienten ohne größere Thoraxveränderungen.
Bei Frauen mit großen Brüsten, in der Spätschwangerschaft
sowie bei Patienten mit Lungenemphysem, Aszites, Pneumothorax oder Pleuraerguss lässt sich kaum ein brauchbares
Ergebnis erhalten. In der Praxis ist der Aussagewert dieser
Untersuchung deshalb begrenzt.
Auskultation des Herzens
Jeder Herzzyklus, bei dem Blut aus dem Herzen gepumpt
wird, erzeugt 2 hörbare Töne, den 1. und 2. Herzton. Diese
lassen sich mit dem Stethoskop leicht differenzieren:
••Der 1. Herzton (1. HT) entsteht durch das ruckartige Zusammenziehen des Kammermyokards in der Systole, was
das Blut in den Herzkammern in Schwingung versetzt. Mit
diesem Anspannungston, wie der 1. Herzton auch heißt,
beginnt die Austreibungsphase oder Systole.
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
435
Medizinische Fachgebiete
11.4 11 Herz
436
Herzdämpfung
I
Medizinische Fachgebiete
Herzspitzenstoß
II
Lungenschall
III
IV
V
Leberdämpfung
Tympanie
1 2
3
4
Für die Palpation und Perkussion wichtige Orientierungslinien:
1 = Mittellinie
4 = vordere Axillarlinie
2 = Sternallinie
I–V = Interkostalräume (ICR)
3 = Medioklavikularlinie (MCL)
Vorgehensweise:
• Den Herzspitzenstoß tasten Sie in der Medioklavikularlinie, etwa im 5. ICR.
• Lässt sich der Herzspitzenstoß im Liegen nicht tasten,
ändern Sie die Position, z. B. Linksseitenlage oder sitzend
nach vorn geneigt.
E Abb. 11.05 Links sind die Zonen mit unterschiedlicher Schallqualität und Dämpfung, der absoluten (rot) und relativen Dämpfung (orange), sowie die Lage des Herzspitzenstoßes eingezeichnet. Rechts wird gezeigt, wie der Herzspitzenstoß, normalerweise im 5. ICR links, palpiert wird. [GTV ]
••Er ist fast immer lauter als der nachfolgende 2. Herzton
(2. HT), der durch das Zuschlagen von Aorten- und Pulmonalklappe am Ende der Systole zustande kommt.
Zwischen diesen 2 Herztönen hört der Untersucher bei der
Auskultation normalerweise keine Geräusche oder Töne.
Bei Kindern und Jugendlichen ist ferner ein 3. und
4. Herzton physiologisch. Tritt ein 3. Herzton bei Erwachsenen auf, kann dies auf eine Mitralinsuffizienz, Herzinsuffizienz oder auch einen Herzinfarkt hinweisen. Der 4. Herzton
entspricht der Vorhofkontraktion (Vorhofton) und ist beim
Erwachsenen nur bei Hypertonie oder Aortenstenose hörbar.
Herzgeräusche. Neben Herztönen präsentieren viele Patienten auch noch Herzgeräusche. Man unterscheidet:
••das Systolikum (systolische Herzgeräusch) zwischen 1.
und 2. Herzton. Es tritt auf bei Insuffizienz von Mitral- oder
Trikuspidalklappe oder Stenose von Aorten- oder Pulmonalklappen, ferner auch bei Ventrikelseptumdefekten.
••das Diastolikum (diastolische Herzgeräusch) in der Periode
zwischen 2. und 1. Herzton der nachfolgenden Herzaktion.
Es weist auf eine Stenose von Mitral- oder Trikuspidalklappe oder Insuffizienz von Aorten- oder Pulmonalklappe hin.
Systolikum und Diastolikum sind organische Herzgeräusche,
d. h. ihnen liegt eine tatsächliche Pathologie im Herzorgan
zugrunde.
Nicht krankhaft sind dagegen funktionelle Geräusche,
die insbesondere durch ein relativ hohes Schlagvolumen entstehen. Sie können im Selbstversuch nach 20 Liegestützen
leicht provoziert werden, aber auch bei hohem Fieber, in der
Spätschwangerschaft oder bei Anämie.
Bei Jugendlichen und sehr mageren Patienten sind
manchmal akzidentelle Geräusche zu hören. Sie entstehen nur in der Systole, sind nur kurz hörbar, werden nicht
fortgeleitet und werden oft beim Aufsitzen des Patienten
leichter oder verschwinden.
Nach ihrer Lautstärke werden die Herzgeräusche von ⅙
(sehr leise, nur in einer Atempause hörbar) bis ⁶⁄₆ (bereits
ohne Stethoskop hörbares, so genanntes Distanzgeräusch)
eingeteilt. Die Lautstärke des Geräusches korreliert aber nur
bedingt mit der Schwere der Herzerkrankung. So ist beispielsweise das Strömungsgeräusch bei starker Einengung
der Karotiden leiser zu hören als bei mittelgradiger Einengung.
Auskultationspunkte. Meistens sind die Herztöne und auch
Herzgeräusche über den folgenden Auskultationspunkten
(g Abb. 11.06) am besten zu hören:
••Erb-Punkt: Dieser „Übersichtspunkt“ erlaubt eine brauchbare Auskultation aller Herztöne. Der Erb-Punkt liegt dicht
neben dem Brustbein (parasternal) am 3. ICR. Besonders
deutlich lassen sich hier Geräusche bei der Mitral­stenose
und bei der Aortenklappeninsuffizienz hören.
••Mitralklappenpunkt: Dieser Punkt entspricht dem Herzspitzenstoß, also im 5. ICR in der Medioklavikularlinie.
Hier lassen sich Geräusche der Mitralklappe besonders
gut hören.
••Trikuspidalklappenpunkt: Am rechten Sternumrand
im 4. ICR lassen sich Geräusche der Trikuspidalklappe am
besten erkennen.
••Aortenklappenpunkt: Ebenfalls am rechten Sternumrand, aber oben im 2. ICR lassen sich Geräusche der Aortenklappe beobachten, die zudem oft in die Halsschlagadern fortgeleitet werden.
••Pulmonalklappenpunkt: Auf gleicher Höhe, also im 2. ICR
am linken Rand des Brustbeins lassen sich Geräusche der
Pulmonalklappe erkennen.
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
)) Die Auskultationspunkte lassen sich leichter merken,
wenn man sich die Richtung der Blutströme vor Augen
hält: Die Geräusche, die an den Klappen entstehen, werden vom Blutstrom quasi in Richtung der jeweiligen
Punkte fortgeleitet. Daher hört man z. B. Aortenstenose
sehr gut am Aortenklappenpunkt, eine Aorteninsuffizienz, bei der das Blut zurückfließt, auch gut Richtung
Mitralklappenpunkt oder Erb-Punkt.
Befundung bei kardialen Erkrankungen. Bei Herzfehlern
tritt eine dauerhaft fixierte Spaltung des 2. Herztons auf. Sind
die AV-Klappen verkalkt oder verengt, gibt es diastolische
Klappenöffnungstöne. Manchmal ist auch ein frühsystolischer Zusatzton (ejection click) bei krankhaft veränderter
Aorten- oder Pulmonalklappe hörbar.
)) Tipps für das Erlernen der Auskultation.
Die Herzauskultation ist die wertvollste Untersuchung
bei Verdacht auf Herzerkrankungen. Sie erfordert aber
Übung, die sich v. a. bei jüngeren und nicht übergewichtigen Patienten gewinnen lässt. Auch die Selbstuntersuchung und gegenseitige Untersuchung im Freundeskreis ist sinnvoll, um sich in die Herztöne „einzuhören“.
Nahezu unmöglich ist es, brauchbare Erkenntnisse zu
bekommen, wenn im Untersuchungsraum Lärmquellen
stören oder der Patient röchelt oder andere Atemnebengeräusche präsentiert. Um 1. und 2. Herzton zu unterscheiden, ist es wichtig,
sich klar zu machen, dass der zeitliche Abstand zwischen 1. und 2. Herzton viel kürzer ist als der Abstand
zwischen 2. und 1. Herzton, entsprechend der kürzeren
Dauer der Systole im Vergleich zur Diastole. Auch ist der
2. Herzton leicht als gespalten zu erkennen, wobei die
physiologische Spaltung nur bei tiefer Einatmung und
beim nicht übergewichtigen Patienten gut hörbar ist.
Eine fixierte (immer hörbare) Spaltung ist pathologisch
und tritt z. B. bei Mitralinsuffizienz, Links-Rechts-Shunt,
Aortenklappenstenose sowie Links- und Rechtsschenkelblock auf.
Aortenklappe
Diagnoseverfahren
Pulsmessung und -beurteilung
Bei Herzrhythmusstörungen (g S. 452) sind die Abstände
zwischen den Herzaktionen und damit der Puls unregelmäßig. Auch ist das Herz nicht bei jeder Aktion ausreichend
mit Blut gefüllt, wodurch sich einzelne Pulswellen nur noch
sehr schwach oder gar nicht mehr tasten lassen. Die Differenz
zwischen tastbarer Pulsfrequenz und abgehörter Herzfrequenz wird Pulsdefizit genannt.
11.4.3Elektrophysiologische
­Untersuchungen
Ruhe-EKG. Bei der Herzaktion fließen winzige elektrische
Ströme in den Herzmuskelzellen. Die Summe der elektrischen Ströme aller Herzmuskelzellen wird im Elektrokardiogramm (EKG) aufgezeichnet. Das typische EKG ist das RuheEKG im Liegen. In den Aufzeichnungen dieser elektrischen
Herzstromkurven spiegeln sich viele Funktionsstörungen
der Herzmuskelzellen wider.
Sehr viele Herzerkrankungen fallen im EKG auf, so Störungen
des Herzrhythmus, der Arbeitsbelastung einzelner Herzkammern sowie Durchblutungsstörungen der Herzmuskulatur
bis hin zum Herzinfarkt.
Um die verschiedenen Regionen des Herzens voneinander abzugrenzen, zeichnen die EKG-Elektroden, die an den
Extremitäten und auf der Brust angebracht werden, 12 verschiedene Herzstromkurven auf. Die Wellen und Zacken
einer Herzstromkurve wurden willkürlich mit den Großbuchstaben P bis T bezeichnet. Dabei repräsentiert die
P-Welle die Erregung der Herzvorhöfe und die Abschnitte
Q–T die der beiden Herzkammern. Bei Durchblutungsstörungen der Herzmuskulatur ändert sich v. a. der Streckenverlauf
zwischen S-Zacke und T-Welle.
Belastungs-EKG. Verengungen der Herzkranzgefäße führen
über lange Zeit noch nicht zu Funktionsstörungen der Herzmuskulatur, weil andere Herzkranzgefäße die Blutversor-
Pulmonalklappe
Erb-Punkt
Trikuspidalklappe
Mitralklappe
E Abb. 11.06 Herzauskultation mit dem Stethoskop: Beim
gesunden Erwachsenen sind
zwei Herztöne normal (links).
Zusätzliche Herzgeräusche können ein Zeichen für eine Erkrankung des Herzens sein. A. besten sind die Herzgeräusche und
-töne an fünf Auskultationspunkten zu hören (rechts). [SKO]
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Medizinische Fachgebiete
11.4 11 Herz
438
falsch positiven Belastungs-EKG häufiger betroffen als Männer. Vorübergehende, hormonbedingte Verkrampfungen der
Herzkranzgefäße (Koronarspasmen) könnten hierfür verantwortlich sein.
Medizinische Fachgebiete
Langzeit-EKG. Beim Langzeit-EKG wird über 24 Stunden
ununterbrochen ein EKG aufgezeichnet, um Herzrhythmusstörungen zu erfassen und die beurteilen zu können, die nur
zeitweise auftreten. Dazu werden am Brustkorb Klebeelektroden angebracht und mit einem kleinen Aufnahmegerät
ähnlich einem Walkman verbunden, das mit einem Gurt am
Körper befestigt ist. Während der EKG-Aufzeichnung protokolliert der Patient alle Aktivitäten, Medikamenteneinnahmen und Beschwerden wie Schwindel oder Herzklopfen. Bei
der Auswertung der EKG-Kurven werden seine Protokoll­
angaben einbezogen.
E Abb. 11.07 Bezeichnung der einzelnen Zacken, Wellen und Strecken in einem EKG. [GTV]
gung mit übernehmen oder die Durchblutung in Ruhe noch
ausreicht. Wenn aber unter Belastung der Sauerstoffbedarf
steigt, kann der verringerte Blutfluss nicht mehr kompensiert werden. In besonders belasteten Arealen des Herzens
entsteht ein Sauerstoffmangel, der typische EKG-Veränderungen auslöst. Diese zeigt sehr häufig das Belastungs-EKG
(Ergometrie).
Auf einem Fahrrad (Ergometer) sitzend tritt der Patient bei angelegten EKG-Elektroden gegen einen steigenden
Widerstand in die Pedale. In regelmäßigen Abständen wird
ein EKG geschrieben sowie Blutdruck und Puls kontrolliert.
Die Belastung steigert sich so lange, bis die Ausbelastungsfrequenz erreicht ist, EKG-Veränderungen oder Beschwerden
auftreten. Ist diese Ausbelastungsfrequenz erreicht, zeigt ein
Belastungs-EKG gefährliche Herzkranzgefäßverengungen in
bis zu 80 % der Fälle. Ein krankhafter Belastungs-EKG-Befund
beweist aber noch nichts, denn manchmal lässt sich die zu
vermutende Herzkranzgefäßverengung in weiterführenden
Untersuchungen nicht bestätigen. Frauen sind von diesem
Ereignisrekorder. Eine Sonderform des Langzeit-EKGs ist
ein Ereignisrekorder (Event Recorder). Hier startet der Untersuchte selbst die EKG-Aufzeichnung per Tastendruck, und
zwar immer dann, wenn er Beschwerden spürt.
Elektrophysiologische Untersuchung (EPU). Die EPU misst
die EKG-Kurven über Elektrodenkatheter direkt im Herzen.
Die Katheter werden über Venen in die rechten Herzhöhlen geschoben und dort platziert. Bestimmte Formen von
Herzrhythmusstörungen und auch die Gefahr eines lebensbedrohlichen Kammerflimmerns sind nur so genau abzugrenzen und mittels Ablation behandelbar.
11.4.4Bildgebende
Untersuchungs­
verfahren
Echokardiografie
Die Echokardiografie (Herz­echo, Herzultraschall) ist die Ultraschalluntersuchung des Herzens. Sie macht Herzmuskel,
Herzhöhlen, Herzklappen und Herzbeutel, die Pumpbewegungen der Herzkammern und die Blutströmungsrichtung
E Abb. 11.08 Das Ruhe-EKG
zeichnet in der Regel 12 verschiedene Herzstromkurven
auf. Bei der Platzierung der
EKG-Elektroden unterscheidet
man die 6 Brustwandableitungen (V1-V6 abgekürzt, Bilder
links) von den 3 Extremitätenableitungen (Bilder rechts).
[GRA, Foto: ISP zilli]
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E Tab. 11.06 Belastungsstufen beim EKG mit korrespondierenden
alltäglichen Anstrengungen
Belastungsstufe
korrespondierende Anstrengung im Alltag
25 Watt
auf der Ebene Spazierengehen
50 Watt
rasches Gehen oder langsames Treppen­
steigen
75 Watt
schnelles Treppensteigen
100 Watt
schnelles Laufen, zwei Stufen auf einmal beim
Treppensteigen
150 Watt
kontinuierliches steiles Bergwandern,
Gelände­lauf
200 Watt
Endspurt eines Laufs
innerhalb der Herzhöhlen sichtbar und gehört zu den wichtigsten Untersuchungsmethoden am Herzen. Sie gibt wertvolle diagnostische Hinweise zu fast allen Herzkrankheiten
und ist schnell und unkompliziert durchführbar.
Die Untersuchung findet im Liegen statt. Mit der Ultraschallsonde wird die mit Kontaktgel bestrichene linke
Brustkorbhälfte über dem Herzen abgefahren. Die Methode­
wird daher auch trans­thorakale Echokardiografie (TTE)
genannt, weil der Ultraschall von außen durch den Brustkorb auf das Herz trifft.
Eine Beurteilung der Herzkranzgefäße ist damit allerdings nicht möglich. Diese können aber mit einer Stressechokardiografie (Belastungsechokardiografie) sichtbar
gemacht werden. Noch bevor der belastungsbedingte Sauerstoffmangel der Herzmuskulatur zu sichtbaren EKG-Veränderungen führt, treten bereits geringe Bewegungsstörungen
der betroffenen Herzmuskel­wandabschnitte auf. Diese stellt
die Stressechokardiografie dar. Die Belastung wird bei der
Stressechokardio­grafie entweder mit dem Fahrradergometer
oder, wenn der Patient liegen soll, durch eine MedikamentenInfusion (pharmakologische Belastung) erhöht.
Eine weitere Form der Echokardiografie ist die trans­
ösophageale Echokardiografie (TEE). Hierbei wird eine
Ultraschallsonde in den Ösophagus eingeführt, mit der das
Herz vom Ösophagus aus untersucht wird. Herzvorhöfe,
‑klappen und ‑scheidewände, aber auch die Aorta werden
so perfekt dargestellt, sodass sich z. B. Defekte in der Vorhofscheidewand oder eine entzündete Herzklappe besser
beurteilen lassen. Einige Herzareale, z. B. die Herzohren
(Aussackungen des Herzvorhofs) sind sogar nur mit dieser
Untersuchung einsehbar. Diese Untersuchung ist z. B. bei
Vorhofflimmern (g S. 454) wichtig, weil sich gerade in den
Herzohren Blutgerinnsel bilden, die aus dem Herzen ausgeschwemmt werden und zu einer Embolie und nachfolgend
zu einem Schlaganfall führen können.
Röntgenthorax
Ein Röntgenthorax gehört zur Standarddia­g nostik bei
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mit dem Röntgenthorax
(g Abb. S. 440) ist eine Aussage zu Herzgröße und -form, zum
Kaliber der Lungengefäße und der Aorta, zu Gefäßverkalkungen sowie zum Flüssigkeitsgehalt der Lunge und damit
indirekt auch zur Herzfunktion möglich.
Diagnoseverfahren
Herzkatheter
Bei vielen Herzerkrankungen ist die Herzkatheteruntersuchung sehr aussagekräftig. Dabei sondiert der Untersucher
das rechte oder das linke Herz mit einem millimeterdünnen
biegsamen Kunststoffschlauch (Herzkatheter). Über diesen
spritzt er Kontrastmittel und misst den Blutdruck sowie den
Sauerstoffgehalt in den einzelnen Herzkammern. Mit einer
kleinen Biopsiezange entnimmt er bei Bedarf Herzmuskelgewebe (Herzmuskelbiopsie), um es z. B. auf Entzündungszeichen zu untersuchen.
Bei der Rechtsherzkatheterisierung (Einschwemmkatheter-Untersuchung) wird der Katheter in die Lungenarterien vorgeschoben. An seiner Spitze befindet sich ein
aufblasbarer Ballon, der vom venösen, also Richtung Herz
fließenden Blutstrom mitgeschwemmt wird und so das Vorschieben des Katheters erleichtert. Bei der Rechtsherzkatheterisierung stehen Druckmessungen und die Bestimmung
des Sauerstoffgehalts in den rechten Herzhöhlen und in den
Lungengefäßen im Vordergrund. Eine Rechtsherzkatheterisierung ist heute selten, weil viele Ergebnisse bereits durch
eine Echokardiografie erhältlich sind.
Die Linksherzkatheterisierung ist dagegen zusammen mit der meist gleichzeitig durchgeführten Koronarangiografie eine immer häufiger durchgeführte Standarduntersuchung. Um einen Katheter ins linke Herz vorschieben
zu können, muss eine Arterie der Leiste oder des Ellbogens
punktiert werden. In den linken Herzhöhlen und in der
Hauptschlagader bestimmt der Kardiologe zunächst die
Pumpfunktion des Herzens und beobachtet die Herzklappenfunktion am Röntgenschirm. Anschließend sondiert er
die nach der Aortenklappe aus der Aorta abgehende rechte
und linke Herzkranzarterie und füllt sie mit Kontrastmittel.
Diese Koronarangiografie stellt das weitverzweigte Herzkranzgefäßsystem mit allen Engstellen und Verschlüssen
dar. Wenn sich ein Herzkranzgefäß stark verengt oder verschlossen zeigt (g Abb. S. 440), kann es im gleichen Untersuchungsgang mit einer Gefäßstütze (Stent) gedehnt und
durchgängig gemacht werden.
CT, Kernspin, Szintigrafie
Kardio-CT. Das Kardio-CT (Mehrzeilen-CT, Multislice-CT,
MSCT) zeigt das Herz in Aktion. Technisch gesehen ist es ein
CT mit sehr vielen, qualitativ hochwertigen Aufnahmen, die
innerhalb kürzester Zeit angefertigt werden.
Mit dem Kardio-CT prüft der Kardiologe, ob und wo
Herzkranzgefäße verkalkt sind und eine koronare Herzkrankheit vorliegt. Nach venöser Kontrastmittelgabe sieht
der Kardiologe die Herzkranzarterien und ihre Engstellen,
ohne die Umstände und Risiken einer Koronar­angiografie
(g oben) in Kauf zu nehmen. Auch die Durchgängigkeit von
Bypass-Gefäßen lässt sich in der Regel beurteilen.
Nachteilig ist, dass das Ausmaß einer Gefäßengstelle
nicht sicher bestimmt werden kann, wenn die Herzkranzgefäße stark verkalkt sind oder eine Gefäßstütze (Stent) eingebracht wurde. Das Kardio-CT wird daher v. a. zur Ausschlussdiagnostik eingesetzt, wenn eine koronare Herzkrankheit
eher unwahrscheinlich ist.
aus: Guillou u.a., Medizin für Heilpraktiker (ISBN 9783830474289) 2012 © Karl F. Haug Verlag
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Medizinische Fachgebiete
11.4 
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