Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. Klaus-Michael Debatin Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie Sektionsleiter: Prof. Dr. med. Martin Wabitsch Prävalenz endokrinologischer Spätfolgen nach onkologischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter – eine unizentrische Fallserienuntersuchung Dissertation Zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin (Dr. med.) der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Lioba Doornekamp Schwabmünchen 2016 Amtierender Dekan: Prof. Dr. rer. nat. Thomas Wirth 1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Martin Wabitsch 2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Wolfgang Kratzer Tag der Promotion: 18.05.2017 Inhaltverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ..................................................................................................................... 1 1.1 Epidemiologie der onkologischen Erkrankungen im Kindesalter ............................. 1 1.2 Entwicklung der antineoplastischen Therapie ........................................................... 2 1.3 Spätfolgen der antineoplastischen Therapiemodalitäten ........................................... 7 1.3.2 Wachstum ........................................................................................................ 9 1.3.3 Gonadale Funktion ........................................................................................ 12 1.3.4 Schilddrüsenfunktion ..................................................................................... 17 1.3.5 Adipositas ...................................................................................................... 19 1.4 Notwendigkeit und Variablen der Untersuchung .................................................... 20 1.5 Fragestellung und Zielsetzung ................................................................................. 22 2 Methodik .................................................................................................................... 23 2.1 Das Patientenkollektiv ............................................................................................. 23 2.2 Entwicklung der Datenbank als Instrument ............................................................. 23 2.3 Onkologische Diagnosen ......................................................................................... 28 2.4 Behandlungsmodalitäten .......................................................................................... 28 2.5 Endokrinologische Diagnostik................................................................................. 30 2.6 Endokrinologische Diagnosen ................................................................................. 32 2.7 Mögliche Fehlerquellen ........................................................................................... 34 2.8 Statistische Methoden .............................................................................................. 35 3 Ergebnisse .................................................................................................................. 37 3.1 Charakterisierung des Kollektivs ............................................................................. 37 3.2 Überblick der endokrinologischen Diagnosen ......................................................... 38 3.3 Onkologische Diagnosegruppen und Häufigkeit endokrinologischer Spätfolgen ... 43 3.4 Gliederung der Ergebnisse nach Therapiemodalitäten ............................................ 45 3.4.1 Wachstumsstörung nach kranialer oder kraniospinaler Strahlentherapie ...... 45 3.4.2 Störungen der Schilddrüsenfunktion nach zervikaler Strahlenexposition ..... 50 3.5 Spätfolgen in Bezug auf onkologische Diagnosen .................................................. 51 3.5.1 Leukämie ....................................................................................................... 52 3.5.2 Morbus Hodgkin ............................................................................................ 55 3.5.3 Tumore des Zentralen Nervensystems (ZNS) ............................................... 59 3.5.4 Knochen-/Weichteiltumore ........................................................................... 63 I Inhaltverzeichnis 3.5.5 Keimzelltumore ............................................................................................. 65 3.5.6 Nephroblastom .............................................................................................. 67 4. Diskussion ................................................................................................................... 69 4.1 Limitationen ............................................................................................................. 70 4.2 Interpretation der Ergebnisse und Vergleich ........................................................... 71 4.2.1 Hypothyreose ................................................................................................. 72 4.2.2 Wachstumsstörung ........................................................................................ 75 4.2.3 Hypergonadotroper Hypogonadismus ........................................................... 78 4.2.4 Adipositas ...................................................................................................... 79 4.3 Resumee ................................................................................................................... 80 4.4 Praktische Konsequenzen und Implikationen .......................................................... 82 5 Zusammenfassung ..................................................................................................... 84 6 Literaturverzeichnis .................................................................................................. 86 II Abkürzungsverzeichnis III Abkürzungsverzeichnis ACTH ALL AML APE AWMF BMI CCSS ChlVPP CRT CRH CTx DGKED DHEAS DKKR ED ESD FAB FSH fT3 fT4 GH/ hGH GhRH GnRH GPOH Gy H. HR IGF IGFBP-3 LD50 LH R RR RTx SD SDS SHBG SIGN SIOP Tg-Ak TPO-Ak TRAK Adrenocorticotropes Hormon Akute Lymphatische Leukämie Akute Myeloische Leukämie Arbeitsgemeinschaft Pädiatrischer Endokrinologen Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften Body-Mass-Index Childhood Cancer Survivor Studies Kombinationschemotherapie mit Chlorambucil, Vinblastin, Procarbazin und Prednisolon Kraniale Radiotherapie Corticotropin-releasing Hormone Chemotherapie Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und diabetologie Dehydroepiandrosteron Deutsches Kinderkrebsregister Erstdiagnose Effective sterilising dose French-American-British Follikelstimulierendes Hormon Freies Trijodthyronin Freies Tetrajodthyronin Human growth hormone Growth hormone releasing hormone Gonadotropin releasing hormone Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie Gray Hypogonadismus Hazard Ratio Insulin-like growth factor Insulin-like growth factor binding protein 3 Mittlere letale Dosis Luteinisierendes Hormon Resektion Relatives Risiko Radiotherapie Standard Abweichung (standard deviation) Standard Deviation Score Sexualhormone binding protein Scottish Intercollegiate Guidline Network International Society of Paediatric Oncology Thyreoglobulin-Antikörper Thyreoperoxidase-Antikörper Thyreotropin-Rezeptor-Antikörper Abkürzungsverzeichnis TRH TSH UKCCSG WHO ZNS IV Thyreotropin releasing hormone Thyreoidea-stimulierendes Hormon United Kingdom Children’s Cancer Study Group World Health Organization Zentralnervensystem Einleitung 1 Einleitung Onkologische Neuerkrankungen betreffen in Deutschland jedes Jahr ungefähr 1800 Kinder und Jugendliche. Die Inzidenz onkologischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen ist seit vielen Jahren konstant, wie eine Untersuchung des deutschen Kinderkrebsregisters im Zeitraum von 1996 bis 2000 zeigte [63]. Onkologische Erkrankungen sind in der Altersgruppe der 5- bis 14-Jährigen die zweithäufigste Todesursache nach Unfällen. Die kumulative Inzidenz onkologischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen bis zum Alter von 15 Jahren beträgt bis zu 0,2 % [57]. Weltweit ist daher bei einer Population von 1,65 Milliarden Kindern davon auszugehen, dass jährlich 200 000 Kinder und Jugendliche neu mit einer onkologischen Erkrankung diagnostiziert werden [9]. 1.1 Epidemiologie der onkologischen Erkrankungen im Kindesalter Zu den häufigsten bösartigen Neubildungen bei Kindern und Jugendlichen der Altersgruppe von 0 bis 14 Jahren gehören die Leukämien mit einer jährlichen Inzidenz von 39,8 pro eine Million Kinder und Tumore des Zentralen Nervensystems mit einer Inzidenz von 27,0 pro eine Million Kinder. Nephroblastome sind mit einer Inzidenz von 7,6 pro eine Million Kinder vertreten. Knochentumore, in deren Untergruppe das Osteosarkom und das Ewing-Sarkom fallen, weisen eine niedrigere jährliche Inzidenz mit 4,8 Neuerkrankungen pro eine Million Kinder und das Auftreten eines Hodgkin-Lymphoms eine Inzidenz von 4,6 pro eine Million Kinder auf. Keimzelltumore, zu denen das Teratom, Dottersacktumore und Germinome gehören, zeigen ähnliche Inzidenzraten [13]. Die beschriebenen Inzidenzen weisen eine hohe altersabhängige Variabilität auf, so findet sich die höchste Inzidenzrate der Malignome bei Kindern in der Altersgruppe von ein bis vier Jahren [131]. Eine Verteilung der onkologischen Grunderkrankungen wird durch eine Studie des Kinderkrebsregisters in Abbildung 1 dargestellt. In dieser wurden 18 217 Patienten unter 15 Jahren zwischen 1998 bis 2007 erfasst. Neben den Leukämien (34,1 %) und den ZNS-Tumoren (22,6 %), welche die höchsten Inzidenzen aufweisen, wurden Lymphome mit 11,5 %, Nierentumore mit 5,6 %, Knochentumore mit 4,6 % und Keimzelltumore mit 3,1 % beschrieben [13]. 1 Einleitung Abbildung 1: Aufstellung der Verteilung der verschiedenen onkologischen Diagnosen im Kindes- und Jugendalter, ZNS = Zentrales Nervensystem [13] 1.2 Entwicklung der antineoplastischen Therapie 1.2.1 Steigerung der Überlebenswahrscheinlichkeit Durch einschneidende Verbesserungen in den Behandlungsstrategien für krebserkrankte Kinder und Jugendliche hat sich die Überlebensrate in den letzten vierzig Jahren deutlich erhöht. So liegt die Fünfjahres-Überlebenswahrscheinlichkeit derzeit für Kinder und Jugendliche bei durchschnittlich 70 % für alle Krebserkrankungen [32]. Andere Studien gehen von einer Überlebenswahrscheinlichkeit bis über 80 % aus [4]. Manche onkologischen Erkrankungen erreichen eine Überlebensrate von 90 %, zu diesen gehören der Morbus Hodgkin und einige Subtypen der Akuten Lymphoblastischen Leukämie [29,78]. Diese Entwicklung wird in Abbildung 2 verdeutlicht, welche die steigende Zwei-JahresÜberlebensrate von Kindern und Jugendlichen nach verschiedenen onkologischen Erkrankungen im Verlauf der Jahre 1940 bis zum Jahre 2000 zeigt [35]. 2 Einleitung Zudem ist eine Altersabhängigkeit in Bezug auf die sinkende Krebssterblichkeit zu beobachten. Eine Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit wurde insbesondere bei den jüngsten Patienten (Altersgruppe 0-4 Jahre) mit einer relativen Änderung der Krebssterblichkeit von bis zu -70 % von 1950 (= 100 %) bis 1991 beobachtet [8]. Die signifikante Verbesserung der Lebenserwartung dieser Patienten und die konstante Anzahl der Neuerkrankungen pro Jahr resultieren in einer stetig wachsenden Population von Langzeitüberlebenden [41]. Eine U.S.-amerikanische Studie aus dem Jahr 1997, welche auf den Daten der Connecticut historical cancer registry basiert, schätzt die Population von Überlebenden nach einer onkologischen Erkrankung im Kindes- und Jugendalter (zwischen 0 und 19 Jahren) auf ca. 270.000 in den USA (bis 1. Juli 1997). Dies entsprach einer Rate von einem Betroffenen auf 640 Personen in der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen [60]. Das Deutsche Kinderkrebsregister in Mainz erfasste von 1980 bis 2012 etwa 50.000 Neuerkrankungen, von denen sich derzeit mehr als 30.000 der Patienten in der Langzeitnachbeobachtung befinden [62]. Abbildung 2: Steigerung der Zwei-Jahres-Überlebensrate bei Kindern und Jugendlichen nach unterschiedlichen onkologischen Erkrankungen [Deutsches Kinderkrebsregister; DKKR] [35] 3 Einleitung 4 1.2.2 Therapiemodalitäten Gründe für die signifikante Reduktion der Mortalität liegen vor allem in den Therapieoptimierungsstudien, welche seit mehr als 25 Jahren durch systematische Erfassung und Auswertung von Behandlungsergebnissen von über 90 deutschen, österreichischen und schweizerischen Kliniken Diagnostik und Therapiestrategien optimieren. Diese Therapieprotokolle werden u. a. von der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie herausgegeben und regelmäßig aktualisiert [101]. Vergleichbare Studien mit einer landesweiten Datenerfassung erfolgten in Skandinavien (Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark und Island). 2002 wurden in Großbritannien bereits 2/3 der pädiatrischen Patienten innerhalb von Studien behandelt [34]. Mit fast 100 aktiven klinischen Studien in 220 Kliniken weltweit wurden durch die U.S.-amerikanische Children´s Oncology Group Patientendaten erfasst, onkologische Pathomechanismen untersucht und Therapieleitlinien optimiert [23]. In Deutschland werden gegenwärtig je nach Diagnose zwischen 92 % und 100 % der an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen in 23 aktiven Therapiestudien behandelt [35]. Diese Datenerfassung und die enge Zusammenarbeit von Multicenter-Studiengruppen und verschiedenen Register-Projekten führen zu einer herausragenden Datenqualität. Zudem wurde 1980 das Kinderkrebsregister geschaffen, welches neben Daten für die epidemiologische Forschung auch Verlaufsdaten erfasst und somit das spezifische Fachwissen bezüglich klinischer Forschungen und Behandlungsmodalitäten erweitert. Durch Referenzlaboratorien innerhalb der Therapieoptimierungsstudien wurde nicht nur eine Qualitätssicherung der Behandlung ermöglicht, sondern auch neuere und präzisere Untersuchungsmethoden eingeführt. Zu diesen ausschließlich in Referenzlaboratorien durchgeführten Untersuchungsmethoden gehören die Histo- und Zytopathologie (neuere Techniken beinhalten histochemische, immunhistochemische, molekulargenetische und immunologische Färbungen) sowie die Chromosomenanalyse [59]. Die Behandlung an Krebs erkrankter Kinder- und Jugendlicher erfolgt in der Regel an spezialisierten pädiatrisch-onkologische Zentren. Aktuell werden 75 % der erkrankten Kinder und Jugendlichen an den 30 größten Zentren in Deutschland behandelt [35]. Durch die „Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen“, welche Einleitung 5 2007 in Kraft trat, wurden die Fachzentren zur Sicherung der Ergebnisqualität verpflichtet. Diese beinhaltet sowohl Anforderungen zur Organisation und Infrastruktur als auch zur Ausstattung, Dienstleistung, Fach- und Personalkompetenz. Eine Konzentrierung der Patienten gewährleistet somit eine qualitativ hochwertige Versorgung unabhängig von Wohnort oder sozioökonomischer Situation sowie eine Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit und der Lebensqualität [49]. Durch kontinuierliche Forschung und Optimierung wurden Therapiemodalitäten sowohl effektiver als auch zunehmend aggressiver. Zu diesen zählen die Chemotherapie, die Strahlentherapie und chirurgische Interventionen. Durch die Therapieoptimierungsstudien wurden verschiedene Kombinationstherapien, vor allem die Kombinationschemotherapie, aber auch die Verknüpfung unterschiedlicher Therapiemodalitäten miteinander, eingeführt. Chemotherapie: In aktuellen Therapieprotokollen stehen ca. 50 Substanzen zur Verfügung, und ebenso viele sind auf dem Weg der Zulassung. Je nach onkologischer Grunderkrankung werden Kombinationen verschiedener Substanzen in den Therapieprotokollen vorgesehen. Ein Überblick der häufig verwendeten Substanzklassen ist in Tabelle 1 zu sehen. Tabelle 1: Überblick der in den jeweiligen Therapieschemata verwendeten Chemotherapeutika. ALL = Akute Lymphatische Leukämie, AML = Akute Myeloische Leukämie, ZNS = Zentrales Nervensystem Substanzklassen: Alkylantien Antrazykline Antimetabolite Glukokortikoide X X X X X X Platinderivate Leukämien: ALL AML Morbus Hodgkin X X X ZNS-Tumore X X X Knochentumore X X X Keimzelltumore X Nephroblastome X X X In aktuellen Studienprotokollen wird vermehrt eine Poly- und Hochdosischemotherapie angewandt. Diese Methode, so vielseitig und aggressiv wie möglich zu behandeln, wurde Einleitung 6 erst in verschiedenen Studien von 1964 bis 1979 entwickelt [138]. Hierbei werden maximal tolerable Dosen der Zytostatika unter Inkaufnahme einer weitgehenden Destruktion der Hämatopoese und anderer gesunder Zellen appliziert [73]. Strahlentherapie: In der Strahlentherapie wird durch Fraktionierung der Applikation eine höhere Gesamtdosis möglich. Neue Entwicklungen in diesem Bereich, wie die Intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT), ermöglichen die Anwendung höherer Strahlendosen als es in der Vergangenheit der Fall war. Die optimierte Supportivmedizin ist in der Strahlentherapie eine wichtige Voraussetzung zur physischen und psychischen Toleranz der höheren Strahlengesamtdosis. Chirurgie: Die chirurgische Entfernung eines malignen Tumors wurde durch zunehmend gewebeschonende und organerhaltende Operationstechniken optimiert. Die chirurgische Intervention ist vor allem bei Knochentumoren, Tumoren des ZNS und Schilddrüsenkarzinomen indiziert, wobei ein möglicher Funktionsverlust des minimierten Gewebes beachtet werden muss. Supportivtherapie: Nur durch die Weiterentwicklung und Standardisierung der Supportivtherapie durch die Therapieoptimierungsstudien Therapiemethoden wurde ermöglicht. eine Durch Behandlung antiemetische mit diesen Therapie, aggressiven Blutzellersatz, Infektprophylaxe bei Neutropenie, Schmerztherapie, optimierte parenterale Ernährung, Zytoprotektiva der Schleimhäute und psychosozialer Betreuung wurde die TherapieAbbruchrate vermindert, höhere Dosierung ermöglicht und somit größere Therapieerfolge gesichert. Verbesserte Hygiene, effektivere Antibiotikapräparate und Stammzelltransplantationen leisteten einen erheblichen Beitrag zur Steigerung der Überlebensrate der Kinder und Jugendlichen. Ein weiterer Aspekt für die Möglichkeit der Dosissteigerung in der antineoplastischen Therapie bildet die Standardisierung der Therapiedurchführung durch die Einleitung 7 Therapieoptimierungsstudien und das verbesserte Monitoring während und nach der antineoplastischen Therapie. 1.3 Spätfolgen der antineoplastischen Therapiemodalitäten Die Intensivierung der Behandlungsmodalitäten birgt neben dem zunehmenden Therapieerfolg allerdings auch unerwünschte Nebenwirkungen und Spätfolgen, welche auf die hohe Toxizität der Behandlung zurückzuführen sind. Diese können während der intensiven Therapie, der Dauertherapie oder in der Nachsorge und im langfristigen Verlauf, auch Jahrzehnte nach der Therapie, auftreten. Studien der Childhood Cancer Survivor Study (CCSS), einer retrospektive Kohortenstudie mit 14.000 Überlebenden einer Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter und 4.000 Geschwisterkindern in der Kontrollgruppe, zeigen, dass 62 % der Überlebenden von neoplastischen Erkrankungen im Kindesalter mindestens eine chronische Gesundheitsstörung und 28 % eine ernste bzw. lebensbedrohliche Komplikation innerhalb von 30 Jahren nach Diagnosestellung erleiden, welche auf die frühere antineoplastische Therapie zurückgeführt werden kann [95]. Diese Studie belegt auch, dass Langzeitüberlebende nach einer Krebserkrankung im Kindes- oder Adoleszentenalter ein um mehr als das 8-fache erhöhte Risiko besitzen, vorzeitig an einer chronischen Erkrankung zu versterben als eine Kontrollgruppe von Geschwisterkindern [95]. Die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen einer antineoplastischen Therapie sind vielfältig und können verschiedene Organsysteme betreffen [5,95,103,140]. Die wichtigsten Spätfolgen betreffen unter anderem folgende Organe und Organsysteme: Endokrines System: Panhypopituitarismus, Wachstumshormonmangel und Pubertas praecox nach Schädelbestrahlung, Wachstumsstörung nach spinaler Bestrahlung, Störungen der Sexualhormonhomöostase nach kranialer bzw. gonadaler Strahlenexposition oder Chemotherapie, Schilddrüsenfunktionsstörungen nach kranialer, bzw. zervikaler Bestrahlung oder Chemotherapie sowie Störungen der Gewichtsentwicklung (siehe Abschnitt 1.3.1 bis 1.3.5) Herz: Kardiomyopathie, Perikarditis und Herzinsuffizienz nach Chemotherapie mit Antrazyklinen [69] Einleitung 8 Nieren: Niereninsuffizienz nach Therapie mit Platinderivaten oder Ifosfamid, Sekundäres Fanconi-Syndrom [37,83,129] Lunge: Fibrose nach Bestrahlung [86] HNO: Hypakusis nach Chemotherapie mit Platinderivaten [17,126] Knochen: Osteoporose und Osteonekrose nach Therapie mit Glukokortikoiden [140] Neurophysiologische und psychometrische Einschränkungen nach einer HochdosisTherapie mit Antimetaboliten (Methotrexat und Cytarabin) bzw. alters- und dosisabhängige Ausprägung nach einer kranialen Bestrahlung [25,93,115] Neuropathien nach Chemotherapie mit Platinderivaten oder Vincaalkaloiden [42] Sekundärmalignome (z. B. AML nach Chemotherapie, Tumore des Zentralen Nervensystems nach Strahlentherapie, Brustkrebs nach Morbus HodgkinBehandlung) [111,140] Störungen des Endokrinen Systems gehören zu den häufigsten Komplikationen nach einer antineoplastischen Therapie im Kindes- und Adoleszentenalter [22]. Das Endokrine System ist besonders vulnerabel gegenüber schädigenden Effekten der Strahlen- und Chemotherapie [18]. Die kumulative Inzidenz endokrinologischer Spätfolgen nach einer onkologischen Erkrankung und Therapie im Kindes- und Jugendalter liegt in verschiedenen Fallserienuntersuchungen bei 40-50 % [29]. Der Manifestationszeitpunkt einer endokrinologischen Folgeerkrankung nach antineoplastischer Therapie im Kindes- und Jugendalter sowie deren Ausprägung hängt entscheidend von den eingesetzten Therapiemodalitäten ab. Auch die Dosierung der eingesetzten Zytostatika, die Dosierung und Fraktionierung einer Bestrahlung, das Alter des Patienten zum Therapiezeitpunkt und das Geschlecht sind entscheidende Parameter für das Auftreten endokrinologischer Spätfolgen im Verlauf der Nachsorge. Auch die kraniale Tumorresektion bei Patienten mit Germinom oder Kraniopharyngeom kann je nach Lokalisation und Biologie häufig zu Störungen der hypothalamisch-hypophysären Funktion führen. Eine herausgehobene Rolle für das Auftreten endokriner Spätfolgen spielt eine Strahlenexposition der Hypothalamus- und Hypophysenregion im Rahmen einer Schädelbestrahlung, da hierdurch die zentrale Regulation wesentlicher Teile des Einleitung 9 Endokriniums geschädigt werden kann. Eine sehr hohe Prävalenz zeigen daher hypothalamo-hypophysäre Funktionsstörungen neben Schilddrüsen- und Gonadendysfunktionen. 1.3.1 Panhypopituitarismus Die generalisierte Form der Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz wird als Panhypopituitarismus bezeichnet. Eine Ursache dieser Funktionsstörung ist die Bestrahlung des betreffenden Areals mit einer hohen Strahlengesamtdosis. Ein Risikofaktor stellt junges Alter zum Therapiezeitpunkt dar. Ab einer Strahlengesamtdosis von über 60 Gray im kranialen Strahlenfeld kann gehäuft ein Panhypopituitarismus beobachtet werden [46]. Es ist davon auszugehen, dass ein Panhypopituitarismus durch eine sekundäre Hypophysen-Degeneration mit der Zeit progredient ist [31,117,132]. Da die Synthese von Gonadotropinen, Corticotropin und Thyrotropin in Zellen des Hypophysenvorderlappens stattfindet, kann eine Insuffizienz dieser unter anderem mit Störungen der Wachstums- und der Gewichtsentwicklung, zentraler Schilddrüsenstörungen, Beeinflussung der Pubertätsentwicklung, Fertilitätsstörungen, Hypoprolaktinämie und einer fehlenden Stimulation der Nebennierenrinde mit einem konsekutiven Mangel an Mineralkortikoiden, Glukokortikoiden und Androgenen einher gehen (Symptome: Hypotonie, Hyponatriämie, Hyperkaliämie, Verdauungsstörungen und psychoemotionale Symptome). Durch eine Schädigung des Hypothalamus und einer somit verminderten Stimulation des Hypophysenvorderlappens kommt es ebenfalls zu einer reduzierten Synthese der Gonadotropine, des Corticotropin-releasing Hormons (CRH) und Adrenocorticotropin (ACTH) sowie des Thyreotropin Releasing Hormons (TRH) und Thyroidea- stimulierenden-Hormons (TSH). Zudem können Sexual- und Essverhalten, Gefühls- und Kälteempfinden, Schlaf-Wach-Rhythmus sowie die Homöostase der Osmolarität durch eine Schädigung des Hypothalamus gestört sein [85]. 1.3.2 Wachstum Mögliche therapieassoziierte Ursachen eines Kleinwuchses nach einer Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter sind Wachstumshormonmangel durch Bestrahlung oder Einleitung 10 Schädigung des Hypothalamus/ der Hypophyse durch einen sellären Tumor, das vorzeitige Eintreten der Pubertät mit nachfolgend vorzeitigem Verschluss der Epiphysenfugen oder das verminderte Wachstum der Wirbelsäule durch direkte radiogene Schädigung der Wirbelkörper [6]. 1.3.2.1 Wachstumshormonmangel nach Schädelbestrahlung Die häufigste endokrinologische Spätfolge nach einer kranialen Radiatio ist der Wachstumshormonmangel, wobei sich junges Alter zum Therapiezeitpunkt und hohe Strahlendosis negativ auf die Endgröße auswirken [15]. Die Sekretion des Wachstumshormons ist besonders strahlensensibel, da diese bereits ab einer Strahlendosis von 18 Gray beeinträchtigt wird [46]. In verschiedenen Studien wird bei Patienten mit Hirntumor nach einer Schädelbestrahlung von einer Erkrankungshäufigkeit von 35 % [91] zu bis zu 90 % [11] ausgegangen. Diese Zahlen beziehen sich auf die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von zehn Jahren nach Ende einer antineoplastischen Therapie mit kranialer Radiatio einen Wachstumshormonmangel aufzuweisen. In einer Studie der Tel Aviv University wird von einer Erkrankungsrate an Wachstumshormonmangel der Patienten mit Hirntumor von 58,2 % nach kranialer Strahlentherapie von 35 bis 56 Gray vor dem 16. Lebensjahr ausgegangen Wachstumshormonstimulationstests (Beobachtungszeitraum nur bei Kindern > mit 2 einer Jahre, reduzierten Wachstumsgeschwindigkeit unter der 25. Perzentile durchgeführt) [119]. Ergebnisse anderer Studien verdeutlichen die Abhängigkeit des Auftretens eines Wachstumshormonmangels von der Strahlengesamtdosis. Ein Wachstumshormonmangel nach einer Therapie mit geringer Strahlenintensität (18-24 Gy) kann erst zehn Jahre nach der Therapie oder später auftreten [15], während dies bei einer mittleren Strahlendosis (bis 30 Gy) innerhalb von fünf Jahren zu beobachten ist [71]. Nach einer hochdosierten kranialen Strahlentherapie (durchschnittlich 44 Gy) bei Patienten eines Hirntumors nahe der Hypophyse [71] wurde eine kumulative Inzidenz von 93 % vier Jahre nach Therapie beschrieben. 1.3.2.2 Vorzeitige Pubertät nach Schädelbestrahlung Einleitung 11 Eine Pubertas Praecox tritt gehäuft nach einer kranialen Bestrahlung mit sowohl niedriger (18-35 Gy) als auch mit höherer Intensität (>50 Gy) auf [72,121]. Es wird davon ausgegangen, dass die normale GnRH-Sekretion durch inhibitorische opiatproduzierende hypothalamische Neurone kontrolliert wird und eine strahleninduzierte Schädigung dieser Neurone zu einer frühzeitigen Aktivierung der GnRH-Freisetzung und somit einer vorzeitigen Sekretion von LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulisierendes Hormon) führt. [81]. Mit Pubertätsbeginn geht ein Wachstumsschub einher, welcher mit dem Schluss der Epiphysenfugen, bedingt durch hohe Sexualhormonspiegel nach Abschluss der Reifeentwicklung, beendet ist. Bei einer Pubertas praecox ist somit ein vorzeitiger Epiphysenschluss zu beobachten, welcher zu einer Verkürzung der Dauer des pubertären Wachstumsschubes und somit zu einer verminderten Endgröße führt. Sobald die Epiphysenfugen geschlossen sind, kann kein Längenwachstum stattfinden oder forciert werden. Das frühe Eintreten der Pubertät ist in einer Studie nach einer kranialen Radiatio von ca. 18 Gray vermehrt beobachtet worden, wobei junges Alter zum Therapiezeitpunkt, weibliches Geschlecht und ein erhöhter BMI als Risikofaktoren zählen [92,97]. So wird in einer Studie durch Ogilvy-Stuart und Mitarbeiter nach kranialer Radiotherapie (25-47 Gy) ein am unteren Ende des Normbereichs liegendes Alter der Patienten (n=46) bei Pubertätsbeginn berichtet. Vor allem weibliche Patientinnen (n=16) hatten einen um 0,7 Jahre früheren Pubertätsbeginn als männliche Patienten der gleichen Therapiegruppe, wobei junges Alter zum Therapiezeitpunkt positiv mit frühem Pubertätsbeginn korreliert und somit auch in einer geringeren Endgröße resultiert [97]. In einer weiteren Studie mit 20 Leukämie-Patientinnen, welche sowohl mit einer Chemotherapie als auch mit kranialer Bestrahlung von 24 Gy behandelt wurden, wurde ein signifikant früheres Auftreten von Thelarche und Menarche beobachtet. Das Intervall zwischen diesen beiden Meilensteinen der Pubertätsentwicklung war deutlich verkürzt, sodass auf einen beschleunigten Pubertätsverlauf geschlossen werden konnte [98]. Die Ergebnisse der Childhood Cancer Survivor Study beschreiben bei Patienten mit Hirntumor eine Inzidenz von 11,9 % für eine Pubertas praecox [1], andere Ergebnisse lassen auf eine Inzidenz von 10-20 % nach kranialer Bestrahlung schließen [44]. 1.3.2.3 Wachstumseinschränkung nach spinaler Bestrahlung Einleitung Eine spinale Bestrahlung wird häufig in Kombination mit einer kranialen Radiatio bei Leukämien mit ZNS-Befall und ZNS-Tumoren appliziert. Bedingt durch die spinale Bestrahlung kann eine permanente Störung der Epiphysenentwicklung hervorgerufen werden. Dies wiederum resultiert in einem Fehlen des spätpubertären Wachstumsschubes [46]. Ein junges Alter zum Therapiezeitpunkt, welches noch vor Pubertätseintritt liegt, ist daher als Risikofaktor zu sehen. Eine spinale Bestrahlung kann vor allem zu einem verzögerten Rumpfwachstum und somit zu einer Disproportionierung führen. Um diese darzustellen, kann die Sitzhöhe bzw. die Sitzhöhen-Standardabweichung herangezogen werden. In einer Studie von Clayton et al. wurden die verschiedenen Bestrahlungslokalisationen in Bezug auf die Sitzhöhen-Standardabweichungen miteinander verglichen [28]. Im Gegensatz zur kranialen Radiatio, bei welcher eine gering negative Entwicklung der Sitzhöhen-Standardabweichung (Sitzhöhen-SDS: -1,3) zu beobachten war, zeigt sich nach einer kraniospinalen Radiatio eine durchschnittlich mehr als dreifach negative Standardabweichung der Sitzhöhe der Patienten. Es resultiert somit eine deutliche Disproportionierung der betroffenen Patienten mit einer signifikanten Dominanz des unteren gegenüber dem oberen Körpersegment. Hier wird von einer Prävalenz von bis zu 70 % nach spinaler Strahlentherapie ausgegangen [28]. Diese signifikante Auswirkung der spinalen Radiatio auf das Wirbelsäulenwachstum wird auch in einer anderen Arbeit von Shalet et al. beschrieben. In dieser Studie wurden zwei Patientengruppen, n = 42 Patienten nach kranialer und n = 37 Patienten nach kraniospinaler Radiatio beobachtet. Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem Patienten nach einer kraniospinalen Bestrahlung mit sehr frühem Therapiebeginn (Alter < 6 Jahren) die größten Wachstumsdefizite aufzeigten [118]. 1.3.3 Gonadale Funktion Dysfunktionen der Sexualhormonhomöostase werden in mehreren Studien als sehr häufig beschrieben und können auf Störungen der Keimdrüsen (primär) oder auf Störungen der Hypophyse (sekundär) bzw. des Hypothalamus (tertiär) basieren. Die beiden Letzteren werden auch als zentrale Störungen beschrieben [14,122]. 12 Einleitung 13 1.3.3.1 Zentraler Hypogonadismus nach Schädelbestrahlung Ein hypogonadotroper Hypogonadismus ist gekennzeichnet durch einen Mangel oder das Fehlen der Gonadotropine LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon). Bei höheren Strahlendosen von 30 bis 40 Gy im kranialen Behandlungsfeld kann es zu einem Gonadotropinmangel und einem Ausbleiben oder einer Verzögerung der Pubertätsentwicklung kommen [72,81,127]. Einige Studien beobachteten diese Erkrankung hauptsächlich nach einer Radiatio von über 24 Gy [36] oder 30 Gy [127]. In einer Studie von Armstrong et al. wird eine Prävalenz von bis zu 10,6 % bei Medulloblastom-Patienten nach einer kranialen Strahlentherapie beschrieben [1]. Andere Studien gehen von einer Erkrankungsrate von insgesamt 10-20 % nach einer kranialen Radiatio von über 50 Gy [22] bzw. 22 % nach einer Hochdosis-Radiotherapie (bis zu 60 Gray) im kranialen Bestrahlungsfeld aus (mittlerer Zeitintervall zwischen Radiotherapie und Diagnose: 5,2 Jahre) [99]. 1.3.3.2 Hypergonadotroper Hypogonadismus nach Chemotherapie Eine Beeinträchtigung der Gonaden, welche zu einer Verminderung der Hormonproduktion und somit zu erhöhten Gonadotropin-Serumkonzentrationen führen, ist eine der häufigsten Spätfolgen nach einer Chemotherapie im Kindes- und Jugendalter [139]. Bei männlichen Patienten kann dadurch je nach Risikofaktoren sowohl die Spermatogenese als auch die Testosteronproduktion beeinträchtigt sein. Weibliche Patienten leiden durch die ovarielle Insuffizienz an einem Hormonmangel und an Infertilität. Die Childhood Cancer Survivor Study untersuchte die Fertilität 6.224 männlicher und 5.149 weiblicher Überlebende einer Krebserkrankung im Kindes- oder Jugendalter sowie 1.390 männliche und 1.441 weibliche Geschwisterkinder. Insgesamt lag das Relative Risiko der weiblichen Patienten, im posttherapeutischen Verlauf schwanger zu werden, bei 0,81 verglichen mit der Geschwistergruppe [52]. Männliche Patienten (zwischen 15 und 44 Jahren), die keine Resektion im Bereich der Gonaden erhalten hatten, zeugten im Kontrast zur Geschwisterkontrollgruppe weniger Kinder (Hazard Ratio 0,56) [53]. Einleitung 14 Vor allem Alkylantien weisen eine hohe gonadale Toxizität auf. Aber auch Platinderivate, Procarbazin und Alkaloide können die Gonadenfunktion dauerhaft schädigen [18,90]. Bei männlichen Patienten sind vor allem Sertolizellen durch die Zytotoxizität betroffen. Eine Beeinträchtigung Serumkonzentrationen der Leydigzellfunktion wird nur mit selten sekundär erhöhten nach LH- alleiniger Chemotherapie/Alkylantienexposition beobachtet [7]. In einer Studie von Macki et al. wird berichtet, dass 89 % der 46 untersuchten Patienten mit Morbus Hodgkin nach einer Kombinationstherapie mit Chlorambucil, Vinblastin, Procarbazin und Prednisolon (ChlVPP, ohne Radiatio der Gonaden) im Kindes- und Jugendalter erhöhte FSHSerumkonzentrationen (durch Schädigung der Sertolizellen) und nur 24 % erhöhte LHSerumkonzentration aufweisen und einen damit verbundenen Testosteronmangel erleiden (Beobachtungszeitraum 6 Jahre) [77]. Der genaue Pathomechanismus einer LeydigzellSchädigung nach einer Chemotherapie ist noch umstritten. Es gibt dennoch Studien, die von einer Pubertas tarda mit verminderter Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale in Folge einer Beeinträchtigung der Leydigzellen berichten [2,22,109]. Eine Oligospermie oder Azoospermie und eine damit herabgesetzte Fruchtbarkeit ist eine Auswirkung der durch eine Chemotherapie induzierten Schädigung der Sertolizellen. Diese ist im Gegensatz zu einer Leydigzell-Dysfunktion in vielen Studien sehr gut belegt. Eine Schädigung der Sertolizellen tritt häufig bei Patienten nach einer Chemotherapie im Kindes- und Jugendalter auf und wird vor allem mit einer intensiven Cyclophosphamidoder Procarbazin-Behandlung assoziiert [67,135]. In obig genannter Studie der CCSS wurden Patienten, welche entweder eine Chemotherapie mit Alkylantien/Cyclophosphamid oder eine Procarbazin-Therapie erhalten haben, mit dem gesamten Studienkollektiv in Bezug auf die Zeugungsfähigkeit verglichen. Beide Therapiegruppen (Hazard Ratio (HR) der Alkylantien/Cycloposhamid-Gruppe: 0,42, HR der Procarbazin-Gruppe: 0,17) zeugten im posttherapeutischen Verlauf durchschnittlich weniger Kinder [53]. Während in einer Studie gezeigt wurde, dass Infertilität nach einer niedrigdosierten CyclophosphamidTherapie (Dosis < 4 g/m², ohne Radiatio) in über 70 % reversibel ist, wird davon ausgegangen, dass diese nach höherer Dosierung (7,5 g/m²) oder nach einer Therapie mit Platinderivaten über 400 mg/m² permanent ist [5,89]. Einleitung 15 Weibliche Patienten leiden vor allem nach einer Therapie mit Alkylantien unter einer ovariellen Dysfunktion bis hin zur Ovarialinsuffizienz [88,130,137]. Folgen dieser Beeinträchtigung der Gonadenfunktion sind Störungen der Pubertätsentwicklung, Amenorrhoe und verminderte Fertilität. Postpubertäres Alter zwischen 13 und 20 Jahren sowie eine Behandlung mit Procarbazin oder Cyclophosphamid sind besondere Risikofaktoren [130]. Sowohl in Studien von Chemaitilly et al. als auch in Arbeiten von Sanders et al. wurde gezeigt, dass Patientinnen nach einer Therapie mit Procarbazin unabhängig vom Alter zum Therapiezeitpunkt vermehrt unter Ovarialinsuffizienz litten, während dies nach einer Therapie mit Cyclophosphamid nur postpubertäre Patientinnen betraf [21,36]. In der bereits beschriebenen Studie von Mackie et al. konnten nach einer Kombinationschemotherapie mit u. a. Procarbazin (ChlVPP) bei 17 von 32 (53 %) der Patientinnen erhöhte Gonadotropinkonzentrationen gefunden werden. 10 dieser Patientinnen entwickelten eine symptomatische Ovarialinsuffizienz [77]. Das Relative Risiko einer Gravidität nach einer Therapie mit Cyclophosphamid ist in einem Bericht der CCSS mit RR= 0,8 niedriger als das von Geschwistern der Patientinnen. Eine Dosisabhängigkeit wurde ebenfalls beschrieben, wobei die Fertilität mit zunehmender Dosis sinkt [52]. Die gonadotoxische Wirkung von nicht-alkylierenden Substanzen konnte jedoch bisher nicht bewiesen werden [21]. 1.3.3.3 Hypergonadotroper Hypogonadismus nach Strahlenexposition der Gonaden Der schädigende Einfluss einer Bestrahlung des unteren Abdomens, des Beckens oder einer Ganzkörperbestrahlung auf die gonadale Funktion wurde bereits vielfach bei weiblichen und männlichen Patienten vorbeschrieben [103]. Nach einer Radiatio im testikulären Strahlenfeld reagieren Sertolizellen schon bei einer Dosis von 0,15 Gray reversibel, ab einer Dosis von 2 bis 3 Gray bereits irreversibel mit einer Azoospermie [84]. Ab einer Dosis > 6 Gray wird von einer permanenten Destruktion der Keimzellen ausgegangen [90]. Leydigzellen sind nicht in dem gleichen Maße strahlensensibel. Eine Schädigung der Leydigzellen ist erst ab einer höheren Strahlendosis von 20 Gray zu beobachten [5,88]. Nach einer Bestrahlung mit 33 Gray leiden bis zu 50 % der Patienten an einer LeydigzellInsuffizienz [61]. Einleitung 16 Bei weiblichen Patienten kommt es nach einer gonadalen Bestrahlung im Kindes- oder Jugendalter durch Schädigung der unreifen Oozyten gehäuft zu einer Ovarialinsuffizienz, wobei das Alter der Patientinnen und die Strahlengesamtdosis wichtige Faktoren sind. Da das Maximum an Oozyten in den Ovarien bereits in der Fetalzeit erreicht ist und ab diesem Zeitpunkt bis zur Erschöpfung der Reserven in der Menopause abnimmt, kann die gonadale Funktion nach radiogener Schädigung bei jungen, präpubertären Patientinnen länger aufrechterhalten werden als bei postpubertären Patientinnen mit einer geringeren Oozytenzahl als Ausgangswert [66,67]. Während die Hälfte der behandelten präpubertären Mädchen eine zeitgemäße Menarche zeigen, sind nach Matsumoto et al. fast alle Patientinnen, welche im Alter von über zehn Jahren mit einer Ganzkörperbestrahlung behandelt wurden, an einer Ovarialinsuffizienz erkrankt [82,108,110]. Im Gegensatz zu Frauen über 40 Jahren, bei welchen nur eine Strahlengesamtdosis von 6 Gray genügt, um eine Schädigung der Ovarien hervorzurufen, tritt diese bei präpubertären Mädchen erst nach einer Therapie mit 10 bis 20 Gray ein [137]. Eine sofortige Schädigung der Ovarien mit nachfolgender Sterilität (Effective sterilising dose, ESD: Dosis, bei der 97,5 % der Patientinnen eine Ovarialinsuffizienz erleiden) kann laut einer Studie der CCSS bei 20Jährigen ab 16,5 Gray, bei 10Jährigen ab 18,4 Gray und kurz nach Geburt erst ab 20,3 Gray induziert werden [136]. Um die Toxizität einer Radiotherapie darzustellen, kann die mittlere letale Dosis (LD50), also die Strahlenintensität, welche benötigt wird, um bei 50 % der Oozyten den Zelltod herbeizuführen, verwendet werden. Diese wurde 1989 auf 4 Gray geschätzt [137]. Aktuelle und genauere Studien aus Großbritannien errechneten jedoch 2003 sowohl aus einer präpubertären (Durchschnittsalter zum Therapiezeitpunkt 4 Jahre) als auch aus einer postpubertären Untersuchungsgruppe (Durchschnittsalter zum Therapiezeitpunkt 17,1 Jahre) einen Wert von 2 Gray [136]. Eine Bestrahlung des kleinen Beckens wird oft zusammen mit einer intensiven Chemotherapie mit Alkylantien angewandt. Diese Kombination addiert den gonadotoxischen Effekt der beiden Therapiemodalitäten, sodass eine Ovarialinsuffizienz bereits bei niedrigerer Strahlenintensität auftreten kann [90]. In einer Studie der CCSS wird vor allem bei Patientinnen nach einer Kombinationstherapie über ein erhöhtes Risiko (Kumulative Inzidenz: 30 %) einer vorzeitigen Menopause berichtet [22]. Einleitung 17 1.3.4 Schilddrüsenfunktion Die Hypothyreose ist eine der häufigsten endokrinologischen Spätfolgen nach einer antineoplastischen Therapie im Kindes- und Jugendalter und kann sich als primäre Hypothyreose nach direkter Strahlenexposition der Schilddrüse (z. B. im Rahmen einer zervikalen Radiatio bei einem Hodgkin-Lymphom) oder als sekundäre oder tertiäre Hypothyreose nach hochdosierter Schädelbestrahlung manifestieren [74,105]. Zudem werden nach antineoplastischer Chemotherapie primäre Hypothyreosen berichtet, eine besondere Rolle spielt hier die Medikamentenklasse der Tyrosinkinase-Inhibitoren. Risikofaktoren dieser Spätfolge sind, neben einer hohen Strahlendosis, weibliches Geschlecht und junges Alter zum Therapiezeitpunkt. Eine zusätzliche Chemotherapie stellt nicht nur einen weiteren Risikofaktor dar, sondern potenziert das Risiko [46]. Patienten bestimmter onkologischer Grunderkrankungen sind aufgrund der jeweiligen Therapiemodalitäten verstärkt von dieser Spätfolge betroffen. Hodgkin Lymphom- und ZNS-Tumor-Patienten weisen die höchste Erkrankungswahrscheinlichkeit auf [12]. Weitere Spätfolgen einer antineoplastischen Therapie können eine Hyperthyreose, Autoimmunthyreoiditiden und Schilddrüsenkarzinome sein. 1.3.4.1 Zentrale Hypothyreose nach Schädelbestrahlung Eine zentrale Hypothyreose resultiert entweder aus einer verminderten Freisetzung des Thyreotropin-Releasing-Hormon des Hypothalamus (tertiäre Hypothyreose) oder des Thyreoidea-Stimulierenden-Hormon der Hypophyse (sekundäre Hypothyreose). Gehäuft tritt diese erst bei kranialer Strahlentherapie von mehr als 40 Gray auf [71,75]. Berichte der CCSS stellen eine Auswirkung einer alleinigen kranialen Radiatio unter 30 Gray auf die zentrale Regulation der Schilddrüsenfunktion in Frage [24]. Dahingegen wird in vielen Berichten von einer Beeinträchtigung des genannten Regulationsmechanismus bei höherer kranialer Strahlengesamtdosis ausgegangen [75,112]. In einigen Studien beträgt die Inzidenzrate der zentralen Hypothyreose bei einer Radiatio mit 40–50 Gray 3 bis 6 % (zehn Jahre posttherapeutisch), in anderen 23 % [71], und nach einer Strahlendosis von über 50 Gray wird von einer Inzidenzrate bis zu 65 % berichtet Einleitung 18 [31,74,75]. Generell wird davon ausgegangen, dass eine alleinige Chemotherapie keine zentrale Hypothyreose auslöst [2,24,109]. 1.3.4.2 Primäre Hypothyreose nach spinaler oder pharyngealer Bestrahlung Die primäre Hypothyreose ist auf eine direkte radiogene Schädigung des Schilddrüsengewebes zurückzuführen und durch eine erhöhte Serumkonzentration des Thyroidea-Stimulierende-Hormons (TSH) gekennzeichnet. Diese Schädigung kann durch Streustrahlung zum Beispiel im Rahmen einer kranialen Strahlentherapie oder durch eine direkte Strahlenexposition verursacht sein (z. B. bei der Therapie des Morbus Hodgkin) [10]. Es ist anzunehmen, dass eine Schädigung des Schilddrüsengewebes bereits ab einer Dosis von 10 Gray auftreten kann [90]. Zusätzliche Risikofaktoren stellen weibliches Geschlecht, weiße Hautfarbe und Alter > 15 Jahre der Patienten zum Therapiezeitpunkt dar [87]. In einer Studie von Livsey und Mitarbeitern wurden bei 41 % der Patienten nach kraniospinaler Radiatio erhöhte TSH-Konzentrationen im Serum gefunden [74]. Eine brasilianische Studie beschreibt das Auftreten einer primären Hypothyreose bei 39 % (n = 59) der Patienten, welche durchschnittlich mit 42 Gy behandelt wurden (durchschnittliches Alter zum Therapiezeitpunkt: 7,6 Jahre) [10]. Die CCSS untersuchte die Inzidenz einer Hypothyreose nach einer Radiotherapie bei Patienten mit Morbus Hodgkin. Diese betrug insgesamt 28 %, wobei nach einer Radiotherapie von über 45 Gray eine Inzidenzrate von 50 % festgestellt wurde [125]. Angaben einer anderen Studie bei Patienten mit Morbus Hodgkin weisen eine Prävalenz von bis zu 87 % nach einer Strahlendosis von durchschnittlich 45,7 Gray auf [43]. Weitere Folgen einer direkten Strahlenexposition der Halsregion sind benigne und maligne Neoplasien der Schilddrüse. Diese sind vor allem nach einer Strahlengesamtdosis von 2530 Gray zu erwarten [120]. 1.3.4.3 Primäre Hypothyreose nach Chemotherapie Chemotherapie hat in Kombination mit einer Radiatio einen additiven Effekt auf das Risiko, eine Hypothyreose zu entwickeln. Die zytotoxische Auswirkung einer alleinigen Chemotherapie auf die Schilddrüse ist in der Literatur noch nicht genügend geklärt. Eine kleine Fallserienuntersuchung aus Leipzig berichtet eine Prävalenz für eine primäre Einleitung 19 Hypothyreose nach alleiniger Chemotherapie von 41,7 [65]. Das Patientenkollektiv dieser Studie umfasst 12 Patienten mit kontrollierten Schilddrüsenparametern. Bei fünf dieser Patienten wurde eine Hypothyreose diagnostiziert und mit L-Thyroxin substituiert. In Kombination mit einer Strahlentherapie wird von einer additiv schädigenden Wirkung ausgegangen, welche eine Erkrankungsrate von bis zu 69 % erreichen kann [81]. Eine Ausnahme bildet die Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren, deren thyreotoxische Spätfolgen (bei Sunitinib 30–85 %, bei Sorafenib 18 %) bereits bekannt sind und deren Dauertherapie mit einer Substitution von Schilddrüsenhormonen einhergeht [130,134]. 1.3.5 Adipositas Die Entwicklung einer Adipositas ist mit verschiedenen Behandlungsmodalitäten assoziiert. Zu diesen gehört die niedriger dosierte Strahlentherapie bei Leukämie-Patienten. Risikofaktoren stellen weibliches Geschlecht, Alter zum Therapiezeitpunkt < 4 Jahren und eine Strahlengesamtdosis über 18 Gray dar. In verschiedenen Studien wurde eine Assoziation zwischen einer im Nachsorgezeitraum diagnostizierten Adipositas und einer therapieinduzierten Wachstumshormon-Insuffizienz bzw. Hypothyreose beobachtet [16,48,96]. Mehrere Studien verdeutlichen, dass Patienten mit einer ALL, die eine prophylaktische Schädelbestrahlung erhielten, ein deutlich erhöhtes Risiko aufweisen, schon bei niedriger Strahlendosis eine Adipositas und bei über 18 Gray bereits eine ausgeprägte Form der Adipositas (BMI-SDS > 3) zu entwickeln [33]. Eine Studie der CCSS beschreibt ein um das Zweifache erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Adipositas nach kranialer Radiatio mit einer Dosis von 18-24 Gy gegenüber einer Kontrollgruppe von Geschwisterkindern [96]. Eine weitere Studie zeigt einen Anstieg der Adipositas-Prävalenz um das 5-10fache während einer antineoplastischen Therapie bei Kindern mit einer ALL, wobei die Untersuchungsgruppe sowohl Patienten mit alleiniger Chemotherapie als auch Patienten mit zusätzlicher kranialer Bestrahlung einschließt. Eine rasche Gewichtszunahme fand in dieser Studie vor allem noch während der Therapie statt [100]. Bei Patienten mit einem sellären Hirntumor sowie bei Patienten mit einer Schädigung des Hypothalamus nach einer kranialen Bestrahlung von über 51 Gray besteht nach Lustig et al. ebenfalls ein Zusammenhang mit einem erhöhten BMI im posttherapeutischen Verlauf (10 Jahre) [76]. Einleitung 1.4 20 Notwendigkeit und Variablen der Untersuchung Die Vielfalt und Komplexität der endokrinen Störungen und deren langfristige Konsequenzen sind von außerordentlicher Bedeutung für die Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen. Da zudem eine frühzeitige Diagnose endokrinologischer Spätfolgen einer antineoplastischen Therapie im Kindes- und Jugendalter in der Regel große Bedeutung für den möglichen Therapieerfolg hat, ist die zeitnahe und rasche Diagnostik für eine optimale Nachsorge unerlässlich. Eine rationale endokrinologische Nachsorgestrategie muss sich vor allem an den eingesetzten Therapiemodalitäten vor dem Hintergrund der Grunderkrankung des Patienten orientieren und Alter und Geschlecht des Patienten zum Therapiezeitpunkt berücksichtigen. Im klinischen Alltag erfolgt derzeit die Nachsorge der Patienten nach einer onkologischen Erkrankung im Kindes- und Jugendalter gemäß der spezifischen Nachsorgeempfehlungen des jeweils eingesetzten Therapieprotokolls. Die Dauer der protokollgemäßen Nachsorge umfasst in der Regel nur einen Zeitraum von zehn Jahren. Neben den protokollspezifischen Nachsorgeempfehlungen existiert eine allgemeine Nachsorgeleitlinie der Gesellschaft für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie (S1) [114] sowie international mehrere evidenzbasierte Nachsorgeleitlinien. Zu nennen sind hier insbesondere die Leitlinien der amerikanischen Children's Oncology Group, die Nachsorgeempfehlungen nach therapeutischer Exposition, möglichen Spätfolgen und Risikofaktoren kategorisiert [23,90], sowie die Leitlinien des Scottish Intercollegiate Guidlines Network (SIGN) No. 132 [116] und die englischen Leitlinien der United Kingdom Children’s Cancer Study Group (UKCCSG) [123]. Zudem veröffentlichten die GPOH und DGKED 2014 gemeinsam die evidenzbasierte Leitlinie AWMF Register Nr. 025-030 zur spezifischen endokrinologischen Nachsorge nach antineoplastischer Therapie im Kindes- und Jugendalter. Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung der im Rahmen der onkologischen Therapie eingesetzten Therapiemodalitäten besteht die Notwendigkeit einer fortlaufenden ‚surveillance‘ des Auftretens von therapieassoziierten Spätfolgen. Verdeutlicht wird diese Notwendigkeit durch die Tatsache, dass grundlegende Erkenntnisse zu möglichen endokrinologischen Spätfolgen antineoplastischer Therapie im Kindes- und Jugendalter in Einleitung 21 aus heutiger Sicht historischen Patientenkollektiven beschrieben wurden, die in den 1970er und 1980er Jahren behandelt wurden. Seit dieser Zeit wurden nicht nur neue Therapiemodalitäten in die Krebsbehandlung von Kindern und Jugendlichen eingeführt, sondern es wurden auch existierende Therapiemodalitäten in neuen Kombinationen sowie in modifizierten, z. T. intensivierten Dosierungen eingesetzt. Darüber hinaus beeinflussen sich mit der Zeit verändernde epidemiologische und sozioökonomische Faktoren, wie an dem Beispiel der in den zurückliegenden zwanzig Jahren signifikant gestiegenen Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen deutlich wird, möglicherweise ebenfalls das Auftreten von endokrinologischen Spätfolgen. Da eine systematische Erfassung und epidemiologische Auswertung von endokrinologischen Spätfolgen nach definierten therapeutischen Expositionen übergreifend über die verschiedenen in Deutschland eingesetzten Therapieprotokolle derzeit fehlt, können auch kleinere Fallserienuntersuchungen an onkologischen Zentren dazu beitragen, Trends in der Manifestation Behandlungsempfehlungen frühzeitig definierter zu Spätfolgen dokumentieren und nach aktuellen perspektivisch zur Überprüfung und Verbesserung von Nachsorgeempfehlungen beizutragen. Die Pädiatrische Onkologie und Hämatologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin) stellt mit Behandlungen von insgesamt 821 Neuerkrankungen von 1995 bis 2011 (durchschnittlich 48 Neuerkrankungen pro Jahr) ein Zentrum zur Behandlung onkologischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter in Deutschland. Im Jahr 2008 wurde im Rahmen der Nachsorgeambulanz der Universitätsklinik für Kinderund Jugendmedizin Ulm gemeinsam mit der Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie (Sektionsleiter Prof. Dr. med. Martin Wabitsch) ein Konzept zur Verbesserung der endokrinologischen Nachsorge von Patienten nach onkologischer Erkrankung im Kindes- und Jugendalter etabliert, dass u. a. regelmäßige interdisziplinäre onkologisch-endokrinologische Visiten umfasst. Im Rahmen dieser interdisziplinären Nachsorgevisiten wurden im Zeitraum von Juli 2008 bis Juli 2011 in mehr als 346 Fällen endokrinologische Labordiagnostik beurteilt, weiterführende Diagnostik veranlasst und die Therapie manifester Hormonstörungen eingeleitet. Einleitung 1.5 22 Fragestellung und Zielsetzung Vorrangiges Ziel der interdisziplinären endokrinologischen Nachsorgevisiten der Sektion pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm ist die strukturelle Optimierung der Patientenversorgung, insbesondere der Nachsorge krebserkrankter Kinder und Jugendlicher. Um dies zu verwirklichen, ist ein fundiertes Wissen über endokrinologische Folgeerkrankungen, deren Verlauf und Bezug zu spezifischen Therapiemodalitäten und onkologischen Grunderkrankungen unerlässlich. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen als Teil der qualitätssichernden Maßnahmen folgende Fragestellungen bearbeitet werden: 1. Darstellung der Prävalenzen spezifischer endokrinologischer Spätfolgen im Gesamtkollektiv der im Zeitraum von Juli 2008 bis Juli 2011 im Rahmen der interdisziplinären Nachsorgeambulanz betreuten Patienten und Erarbeitung einer Übersicht der endokrinologischen Folgeerkrankungen in Bezug zu onkologischer Grunderkrankung und angewandter Therapiemodalität. 2. Darstellung der spezifischen Zeitintervalle vom Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose bzw. Ende der Intensivtherapie bis zu Manifestation bzw. Diagnosestellung definierter endokrinologischer Spätfolgen in Abhängigkeit der eingesetzten Therapiemodalitäten. 3. Beschreibung des Verlaufes definierter endokrinologischer Spätfolgen im untersuchten Patientenkollektiv am Körperhöhenwachstums Beispiel nach der Entwicklung Schädelbestrahlung und von der Störungen des Entstehung einer Hypothyreose nach Strahlen- bzw. Chemotherapie. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen dazu beitragen, die bisherigen Nachsorgestrategien nach onkologischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter zu überprüfen und perspektivisch die Qualität der Nachsorge, insbesondere im Hinblick auf Auswirkungen der Schädelbestrahlung auf die Köperhöhe und die Entwicklung einer Hypothyreose, im posttherapeutischen Verlauf zu verbessern. Methodik 23 2 Methodik 2.1 Das Patientenkollektiv Zur endokrinologischen Nachsorge nach antineoplastischer Therapie im Kindes- und Jugendalter wurde in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Ulm eine eigens dafür konzipierte interdisziplinäre onko-endokrinologische Nachsorgevisite eingerichtet. Im Rahmen dieser Visite wurden Patienten mit endokrinologischen Spätfolgen nach onkologischer Erkrankung engmaschig betreut und behandelt. Eine Vorstellung der Patienten im Rahmen dieser Nachsorgevisite wurde im Falle des Verdachtes auf eine endokrinologische Spätfolge vorgenommen. Das Patientenkollektiv umfasst alle Patienten, welche im Zuge der interdisziplinären onkoendokrinologischen Nachsorgevisite in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Ulm im Zeitraum von Juli 2008 bis Juli 2011 vorgestellt worden sind. Die deskriptive Ausarbeitung dieser Arbeit bezieht sich auf Daten, die in den endokrinologischen Protokollen dieser Nachsorgevisiten von pädiatrischen Fachärzten der Sektion Endokrinologie erhoben wurden. Zur Vervollständigung der Daten wurden diese um Angaben des Krankheitsverlaufes der Patienten aus den vorliegenden Krankenakten, Arztbriefen und elektronischen Dokumentationen ergänzt. Die Nachsorgeuntersuchungen Empfehlungen der und eingesetzten Untersuchungsintervalle Protokolle der werden gemäß den Therapieoptimierungsstudien vorgenommen. Die Aufnahme der Patienten in die Nachsorge erfolgt nach dem letzten Behandlungstag der Intensivtherapie des jeweiligen onkologischen Therapieprotokolls. Zur systematischen, fortlaufenden Erfassung retrospektiver Patientendaten wurde ein Datenbankinstrument angelegt. Der Aufbau dieser Datenbank wurde der Ethikkommission vorgestellt (Antrag Nr. 191/11). Eine Beratung durch die Ethikkommission war nicht erforderlich (Bescheid vom 06.09.2011). 2.2 Entwicklung der Datenbank als Instrument In mehreren Schritten wurde eine relationale Datenbankstruktur entwickelt, die es erlaubt, den gesamten, sowohl endokrinologischen als auch onkologischen Behandlungsverlauf chronologisch detailliert abzubilden. Ausgehend von zeitlich definierten Untersuchungszeitpunkten werden im Betreuungsverlauf gestellte onkologische und Methodik endokrinologische 24 Diagnosen sowie die daraus resultierenden therapeutischen Interventionen chronologisch erfasst. Abbildung 3: Startmaske Das Datenbankinstrument erlaubt die standardisierte Erfassung von onkologischen Diagnosen, laborchemischen und anthropometrischen Parametern sowie therapeutische Maßnahmen. Diese Kategorisierung und Standardisierung der Eingabe relevanter Parameter wurde durch die Programmierung von kontextspezifischen Werteleisten als Eingabehilfe ermöglicht. Eine möglichst detaillierte und genaue Erfassung der Erkrankungs- und Therapiemodalitäten wurde dennoch verfolgt, um eine authentische und korrekte Darstellung gewährleisten zu können. Die Datenbank wurde mit einer relationalen Struktur geschaffen. Diese Struktur ermöglicht, ausgehend von einem Stammdatensatz, der Basisinformationen zu den einzelnen Patienten umfasst, eine chronologische Dokumentation des individuellen Behandlungsverlaufes. Den einzelnen Untersuchungszeitpunkten werden die Ergebnisse der zum jeweiligen Zeitpunkt durchgeführten Untersuchungen ebenso zugeordnet wie sich aus diesem Befund abzuleitende (onkologische und endokrinologische) Diagnosen. Zudem wird jeder im Behandlungsverlauf gestellten Diagnose die Dokumentation der jeweils konsekutiv eingeleiteten Therapie zugewiesen. Abbildung 4 zeigt die Struktur der relationalen Datenbank. Methodik 25 Abbildung 4: Datenmodellabbildung der relationalen Datenbank zur Erfassung des Verlaufes von onkologischer Therapie und Nachsorge inklusive endokrinologischer Diagnosen und Therapien. Die Dokumentation umfasst ausgehend von jedem Patienten verschiedene Untersuchungszeitpunkte mit den jeweils dazugehörenden (onkologischen oder endokrinologischen) Diagnosen, Behandlungen sowie weitere konsekutive Nachsorgeuntersuchungen. Eine Darstellung und Gliederung aller patientenbezogenen Daten, welche in die Datenbank aufgenommen wurden, sind für jeden Patienten in einer eigenen Übersicht erstellt. Diese Patientenübersicht eines Beispielpatienten ist in Abbildung 5 zu sehen. Untersuchungszeitpunkte der jeweiligen Patienten sind in dieser Übersicht chronologisch aufgeschlüsselt und lassen sich in onkologische Erstdiagnostik (mit P gekennzeichnet in Abbildung 5) und in endokrinologische Folgeuntersuchung (mit T gekennzeichnet) untergliedern. Zudem umfasst jeder Untersuchungszeitpunkt genaue Informationen zu Datum, Alter, Laborparameter, Größe, Gewicht und BMI des Patienten und ist an die zugehörige Diagnose und Therapie gekoppelt (Abbildung 8). Der Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose wird in der Regel nach Erhalt der jeweiligen belegenden Histologie dokumentiert. Das Ende der Intensivtherapie bezeichnet den Zeitpunkt des letzten Tages der chemo- oder strahlentherapeutischen Intervention gemäß Therapieplan. Dauer und Ende dieser Behandlung sind im Therapieprotokoll genau festgehalten. Der Beginn der Nachsorge und somit der Beobachtungszeitraumes schließt sich an das Ende der Intensivtherapie an. Beginn des Methodik 26 Abbildung 5: Patientenübersicht (Beispielpatient) in der Nachsorgedatenbank Version 1.00.33 Im gesamten Nachsorgezeitraum wird im Verlauf von einem Jahr Nachsorge mindestens einmal eine genaue Dokumentation von Größe und Gewicht der Patienten in die Datenbank aufgenommen und als Folgeuntersuchung gekennzeichnet. Die Manifestation einer endokrinologischen Spätfolge wird durch einen pädiatrischen Endokrinologen im Rahmen der endokrinologischen Nachsorgevisite anhand von körperlichen Untersuchungsbefunden, anthropometrischen und laborchemischen Daten diagnostiziert und sowohl in der Patientenakte als auch im endokrinologischen Konsilschein vermerkt. Die Datenerfassung der vorliegenden Arbeit basiert zum einen auf diese Dokumentation, zum anderen auf Arztbriefe, Therapiedokumentationsbögen der Therapieoptimierungsstudien und Berichte des Tumorboards. Das Zeitintervall zwischen dem Auftreten einer definierten Spätfolge und einem definierten Zeitpunkt (z. B. Erstdiagnose der onkologischen Erkrankung oder Ende der Intensivtherapie) lässt sich als Zeitdifferenz zwischen den in der Datenbank dokumentierten Untersuchungszeitpunkten berechnen. In der Detailansicht werden die vorliegenden Diagnosen weiter definiert und die jeweiligen Therapiemodalitäten verzeichnet (Abbildung 6). Methodik 27 Abbildung 6: Onkologische Diagnosedokumentation in der Nachsorgedatenbank Version 1.00.33 Tabelle 2: Standardisierte Parameter der Datenbank hinsichtlich onkologischer Hauptgruppen, Untergruppen, Klassifikation und Histologie/Ausbreitung. *Das Germinom und kraniale Teratome werden aus therapeutischer Sicht in der Auswertung den ZNS-Tumoren zugeordnet. ALL = Akute Lymphatische Leukämie, AML = Akute Myeloische Leukämie, FAB = French-American-British, WHO = World Health Organization, SIOP = International Society of Paediatric Oncology, ZNS = Zentrales Nervensystem Onkologische Hauptgruppen Untergruppen Leukämie ALL, AML Klassifikation/ Stadieneinteilung FAB-Klassifikation (L1-L3; M0-M7) [113] Histologie/ Ausbreitung ZNS pos. oder neg. Klassischer, nodulärsklerosierender, gemischt-zelliger, lymphozyten-reicher Morbus Hodgkin keine Differenzierung Ann-Arbor Klassifikation (IIV) [27] ZNS-Tumore Astrozytom, Medulloblastom, Ependymom, Gliom, Germinom*, kraniales Teratom* WHO-Kriterien Grad I-IV [68] - Nephroblastom keine Differenzierung SIOP-Stadien I-V [51] Ausbreitung nach SIOPStadien Ewing-Sarkom, keine Differenzierung - Osteosarkom keine Differenzierung Teratom, Dottersacktumor Nach Lokalisation Knochen/Weichteiltumore Keimzelltumore angiektatisch, osteoblastisch, osteoklastisch Ausbreitung nach SIOPStadien Methodik 2.3 Onkologische Diagnosen Die jeweilige onkologische Hauptdiagnose wurde der Dokumentation in der Patientenakte, dem Arztbrief oder der Referenzbeurteilung der jeweiligen Studienzentrale entnommen. Die Klassifikation des Stadiums/Grades der Erkrankung bzw. des histologischen Subtyps erfolgte nach der jeweils gültigen Nomenklatur. Diese wurden als standardisierte Attribute der onkologischen Diagnose dokumentiert (Abbildung 6). In Tabelle 2 sind die onkologischen Grunderkrankungen und die in der Datenbank verwendeten Gruppierungen, Klassifikationen, Histologie, bzw. Ausbreitung dargestellt. Basierend auf dem ausschließlich im Laufe des Untersuchungszeitraumes erhobenen Spektrum an onkologischen Diagnosen wurde eine Gruppeneinteilung gewählt. Diese Kategorisierung ist vereinfachend, ermöglicht aber die rasche Auswahl von Patienten mit ähnlicher Erkrankung, bzw. gegebenenfalls auch ähnlicher Therapie. Das Untersuchungskollektiv wurde daher in sechs onkologische Hauptgruppen gegliedert (Tabelle 2). Eine Ausnahme bilden aufgrund der Lokalisation und der dadurch spezifischen Therapiemodalität Keimzelltumore des ZNS. Exemplarisch sind kraniale Teratome und Germinome zu nennen, welche in diesem Untersuchungskollektiv der Gruppe der ZNSTumore zugeordnet werden. Die Obergruppen der onkologischen Grunderkrankung lauten: Leukämien, HodgkinLymphome, ZNS-Tumore, Keimzelltumore, Knochentumore, Nephroblastome. 2.4 Behandlungsmodalitäten Die antineoplastische Behandlung der onkologischen Grunderkrankung basiert auf dem in den dafür spezifischen Protokollen festgehaltenen Therapiemodus. Dieser wird innerhalb des Therapieprotokolls bezüglich Klassifikation, Stadieneinteilung und Ausbreitung des Tumors genau definiert. Bestrahlungsfeld, Gesamtdosis und Partialdosis sind bei der Strahlentherapie die entscheidenden Kriterien, um die Toxizität auf den Organismus abschätzen zu können. Bestrahlungsfelder werden je nach Primärtumor, Stadium und Ausbreitung bestimmt und können in der Datenbank als kranial, kraniospinal, spinal, abdominell, iliakal, als extendedfield oder involved-field gewählt werden. Obwohl die Gesamtdosis oft fraktioniert wird und somit die Anbringung einer höheren Kumulativdosis erlaubt, ist dennoch die Gesamtdosis als Kriterium der Wahl in Bezug auf mögliche Spätfolgen bestimmt worden. 28 Methodik 29 Die antineoplastische Chemotherapie kann individuell je nach Erkrankung und Stadium eingesetzt werden und umfasst eine Vielzahl an Zytostatika. Die Chemotherapeutika, die am häufigsten eingesetzt werden und für die endokrinologischen Spätfolgen von Bedeutung sind, werden in sieben Hauptgruppen unterteilt. Die in Tabelle 3 beschriebenen Substanzklassen wurden daher in die Datenbank aufgenommen (Abbildung 7). Abbildung 7: Onkologische Therapiedokumentation in der Nachsorgedatenbank Version 1.00.33 Therapieprotokolle unterscheiden sich je nach onkologischer Grunderkrankung in eingesetzter Therapiemodalitäten und Dosierungen und werden mittels Therapieoptimierungsstudien kontinuierlich aktualisiert und verbessert. Aufgrund des variablen Behandlungszeitraums wurden daher verschiedene Studienprotokolle im Patientenkollektiv angewandt (Tabelle 4). Methodik 30 Tabelle 3: Auflistung der in der Datenbank verwendeten Substanzklassen mit exemplarischen Zytostatika Substanzklasse einzelne Zytostatika Alkylantien Cyclophosphamid, Chlorambucil, Procarbazin, Ifosfamid Anthrazykline Epirubicin, Doxorubicin, Daunorubicin Platinderivate Cisplatin, Carboplatin Antimetabolite Methotrexat, 6-Mercaptopurin spezielle Antikörper Rituximab Tyrosinkinaseinhibitoren Imatinib, Dasatinib Glucocortikoide Prednisolon Tabelle 4: Studienprotokolle der einzelnen onkologischen Erkrankungen, ZNS = Zentrales Nervensystem Akute Lymphatische Leukämie ALL-BFM 2000, 1995 Akute Myeloische Leukämie AML-BFM 2004 Morbus Hodgkin GPOH-HD-2002,1995, EuroNET-PHL-C1 ZNS-Tumore HIT 2000, HIT-MED 99, MET-HIT 2000, E-HIT 2000 Osteosarkom EURAMOS-1 Ewing-Sarkom EURO-E.W.I.N.G. 1999, 2008 Gliom SIOP-LGG 2004 Nephroblastom SIOP-93/01-GPOH, SIOP 2001 GPOH, Germinom SIOP CNS GCT 95, 96, Teratom SIOP-CNS GCT II 2.5 Endokrinologische Diagnostik Zur Diagnostik der Folgeerkrankungen wurden zur Verlaufsdokumentation endokrinologische und laborchemische Parameter der Patienten in die Datenbank aufgenommen. Zudem wurden die anthropometrischen Daten der Patienten in höchstens zwölfmonatigen Intervallen erfasst (Abbildung 8). Methodik 31 2.5.1 Anthropometrie Die Erfassung von Größe und Gewicht der Patienten wurde durch geschultes, medizinisches Personal mittels Stadiometer und geeichten Waagen im Rahmen der klinischen Routineversorgung vorgenommen. Die Berechnung weiterer anthropometrischer Parameter erfolgte im Verlauf der Datenerhebung. Zu diesen gehören der BMI (Body-Mass-Index), die Bestimmung der Körperhöhen-Perzentile, GewichtsPerzentile und BMI-Perzentile sowie die zugehörigen, altersabhängigen Standardabweichungen, welche als Körperhöhen-SDS und Gewichts-SDS (engl. standard deviation score) bezeichnet werden. Mit Normbereichen von -2 SDS bis +2 SDS lautet die Definition der altersabhängigen Standardabweichung: SDS = (Messwert-Mittelwert der gleichaltrigen Bevölkerung)/Standardabweichung Die Berechnung des Body-Mass-Index erfolgt nach folgender Formel: BMI = Körpergewicht/Körperhöhe² (kg/m²) Da dieser sowohl alters- und geschlechtsabhängig ist, müssen im Kindesalter BMIReferenzkurven herangezogen werden. Zur Ermittlung der BMI-Standardabweichung wurden die BMI-Referenzwerte bzw. Perzentilenkurven nach Kromeyer-Hauschild herangezogen, welche sich auf Querschnittsdaten von 17147 Jungen und 17275 Mädchen aus verschiedenen Regionen Deutschlands beziehen und die alters- und geschlechtsabhängige BMI-Verteilung nach 1985 widerspiegeln [70]. Anhand dieser Perzentilen erfolgte die Berechnung der SDS (Standardabweichungs-Scores) mit der LMSMethode nach Cole und Green, welche eine Berechnung der SDS bei nicht normalverteilten Merkmalen ermöglicht [30]. Diese Standardabweichungen wurden SDSLMS-Werte genannt und dementsprechend in der Datenbank aufgeführt. Die Beschreibung der Pubertätsentwicklung wurde durch die körperliche Untersuchung des Arztes gemäß der Stadieneinteilung nach Tanner und Marshall vorgenommen [79,80]. Aufgeführt wurden Schambehaarung (Pubic hair: PH) Brust- (B) und Genitalentwicklung (G) sowie das Hodenvolumen Methodik 32 2.5.2 Laborchemische Diagnostik Neben den im onkologischen Routinelabor aufgenommenen laborchemischen Parametern (siehe Abbildung 8) wurde zusätzlich ein „Labor Endokrinologie“ in die Datenbank aufgenommen. Dieses beinhaltet Schilddrüsenhormone (TSH, gesamt T3, freies T3, T4, freies T4, TRAK und TPO-Ak), Steroidhormone (LH, FSH, Östradiol, Progesteron, Prolaktin, Testosteron, SHBG, DHEAS und Cortisol) und wachstumsspezifische Laborparameter (IGF-1, IFGBP-3). Abbildung 8: Verlaufsdokumentation Nachsorgedatenbank Version 1.00.33 2.6 laborchemischer und anthropometrischer Daten in der Endokrinologische Diagnosen Die diagnostizierten und in die Datenbank standardisiert eingeführten endokrinologischen Spätfolgen lauten wie folgt: Hypothyreose, hypogonadotroper Hypogonadismus, hypergonadotroper Hypogonadismus, Pubertas praecox, Wachstumsstörung, Adipositas, Untergewicht und Panhypopituitarismus. Eine Gliederung der Diagnosegruppen, die zugeordneten Einzeldiagnosen sowie Definition bzw. Diagnostik dieser werden in Tabelle 5 aufgeführt. Methodik 33 Tabelle 5: In die Datenbank aufgenommene Diagnosegruppen, Einzeldiagnosen und deren Definition bzw. diagnostische Verifizierung. T3=Triiodthyronin, T4=Thyroxin, TSH=Thyroidea-stimulierendes Hormon, TgAk=Antikörper gegen Thyreoglobulin, TPO-Ak=Thyreoperoxidase-Antikörper, LH=Luteinisierendes Hormon, FSH=Follikelstimulierendes Hormon, IGF-1=Insulin-like growth factor – 1, IGFBP-3=Insulin-like growth factor binding protein 3, BMI=Body Mass Index, ACTH=Adrenocorticotropes Hormon Diagnosegruppe Einzeldiagnose Definition T4↓ und T3↓ Hypothyreose primäre (periphere) Hypothyreose sekundäre/tertiäre (zentrale) Hypothyreose Autoimmunthyreoiditis Hashimoto TSH ↑, fT4 ↓, T3 ↓ z.. B. nach zervikaler Radiatio TSH ↓, fT4 ↓, T3 ↓ z. B. nach hochdosierter kranialer Radiatio TSH ↑, positiver Nachweis von Schilddrüsen-Antikörper: Tg- und TPO-Ak Störungen der Sexualhormonhomöostase hypergonadotroper Hypogonadismus hypogonadotroper Hypogonadismus Pubertas praecox Wachstumsstörung LH ↑ und/oder FSH ↑, Testosteron bzw. Östradiol altersgemäß ↓ durch primäre Schädigung der Gonaden LH ↓ und/oder FSH ↓, Testosteron bzw. Östradiol altersgemäß ↓ durch Schädigung von Hypothalamus/ Hypophyse erste Pubertätszeichen nach Tanner und Marshall bei Jungen vor vollendetem 9. Lebensjahr bei Mädchen vor vollendetem 8. Lebensjahr bzw. erste Regelblutung vor dem 9. Lebensjahr [45] Körperhöhe < 3. Perzentile, Auffälliger Wachstumshormonstimulationstest (mit Arginin, Clonidin, Glukagon oder Insulin) und/oder IGF-1/IGFBP-3 ↓ [40] Störungen der Gewichtsentwicklung Panhypopituitarismus Adipositas BMI > 97. Perzentile Untergewicht BMI < 10. Perzentile TSH ↓, LH ↓, FSH ↓, Prolaktin ↓, ACTH ↓ Methodik 34 Alle Störungen der Schilddrüsenfunktion, welche in Tabelle 5 genannt werden, sind in dieser Arbeit unter dem Oberbegriff „Hypothyreose“ zusammengefasst. Außerhalb der Diagnosegruppe der Hypothyreose wurden auch einige Patienten mit einer Hyperthyreose (fT4↑, T3↑), unter anderem im Rahmen eines Morbus Basedows, erfasst und zur Differenzierung einzeln beschrieben. Zur Diagnostik der Störungen der Sexualhormonhomöostase wurden sowohl anamnestische Daten (z. B. Menarchezeitpunkt, Zyklusanamnese) sowie die Stadieneinteilung nach Tanner und Marshall und laborchemische Parameter der Sexualhormone eingesetzt (LH, FSH, Östradiol, Progesteron, Prolaktin, Testosteron). Bei einer zentral bedingten Pubertas praecox (Pubertas praecox vera) wird von einer vorzeitigen Aktivierung der GnRH-Neurone ausgegangen, welche mit einer Produktion stimulierender Sexualhormone einhergeht. In der Datenbank wurde die Pubertas praecox als Überbegriff für die allgemeine Symptomatik der vorzeitigen Pubertätsentwicklung (nach den AWMF-Leitlinien) angewandt [45]. Für die Untersuchung von Wachstumsstörungen wurde bei den durchgeführten Nachsorgeuntersuchungen der Verlauf der Wachstumsgeschwindigkeit mit einem Mindestabstand von 6 bis 12 Monaten beobachtet. Die Diagnostik eines Wachstumshormonmangels erfolgte nach den 2009 veröffentlichten AWMF-Leitlinien [40]. Eine Störung der gesamten hypothalamo-hypophysäre-Achse und ein damit verbundenes Defizit aller im Hypophysenvorderlappen produzierten Hormone wird als Panhypopituitarismus bezeichnet. 2.7 Mögliche Fehlerquellen In vorliegendem Kollektiv befinden sich Patienten, welche zum Zeitpunkt der onkologischen Erkrankung auch andere Diagnosen aufwiesen. Diese Patienten könnten das Ergebnis verfälschen, da ein Zusammenhang zwischen der Nebendiagnose und der endokrinologischen Diagnose im Nachsorgezeitraum bestehen könnte. Exemplarisch ist die Trisomie 21 zu nennen. Da diese Patienten allerdings nur einen kleinen Bruchteil des Gesamtkollektivs ausmachen (es handelt sich hierbei um drei Patienten), wird davon ausgegangen, dass das Ergebnis der Aussage dadurch nicht relevant beeinflusst wird. Auf Methodik 35 die endokrinologischen Erkrankungen dieser drei Patienten wird im Verlauf dieser Arbeit Bezug genommen. Endokrinologische Erkrankungen treten nicht nur als Folge einer antineoplastischen Therapie im Kindes- und Jugendalter auf, sondern können auch auf eine andere Grunderkrankung zurückzuführen sein. Dieser Sachverhalt muss in der Interpretation der Daten berücksichtigt werden. Am Beispiel der Hypothyreose kann dies verdeutlicht werden. Die Inzidenz einer erworbenen Hypothyreose im Kindesalter beträgt in Deutschland 0,25 – 1% (unabhängig der Ätiologie) und ist mit zunehmendem Lebensalter progredient [39]. Neben einer antineoplastischen Therapie ist vor allem Jod- oder Selenmangel eine häufige Ursache einer erworbenen Hypothyreose. Eine genetische Disposition kann zudem auch die Manifestation einer Hypothyreose begünstigen. Dies wird vornehmlich für die Entwicklung einer Hashimoto-Thyreoiditis vermutet [47]. Eingabefehler können durch unvollständige oder fehlerhafte Dokumentation in der Patientenakte entstehen. Eine korrekte Aufnahme der Datensätze in die Datenbank wird daher durch den Abgleich von Krankenakten, Arztbriefen und elektronischen Dokumentationen angestrebt. 2.8 Statistische Methoden Nach Fertigstellung der Datenbank und nach vollständiger Aufnahme der Patientendaten in diese wurde mit der Auswertung der Datensätze begonnen. Die Erfassung und tabellarische Darstellung der Daten erfolgte mit dem Tabellenkalkulationsprogramm EXCEL in der Version 12.0. Dies ermöglichte eine differenzierte Ausarbeitung und Struktur der unterschiedlichen Attribute, wobei die verschiedenen Zellinhalte miteinander in Beziehung gesetzt werden konnten. Die Darstellung der erfassten Parameter erfolgte in Form von Mittelwerten und Standardabweichungen. In vorliegender Arbeit wurde die Beschreibung der relativen Häufigkeit zur Verdeutlichung der Diagnoserate in diesem selektierten Kollektiv hinzugezogen und prozentual dargestellt. Merkmalsausprägungen sind die endokrinologischen Folgeerkrankungen (z. B. Störungen der Schilddrüsenfunktion, Kleinwuchs, Adipositas etc.). Bei mehreren Patienten kommt es im Verlauf zu multiplen endokrinologischen Spätfolgen. Um die durchschnittlichen diagnostizierten endokrinologischen Erkrankungen darstellen zu können, werden die spezifischen Methodik Häufigkeiten der einzelnen Merkmale addiert. Diese Summe wird in der vorliegenden Arbeit als „Zahl der durchschnittlich gestellten endokrinologische Diagnosen pro 100 Patienten“ beschrieben. Eine Zahl > 100 zeigt in diesem Fall, dass die Gesamtheit der endokrinologischen Folgeerkrankungen die Anzahl der Patienten übersteigt, folglich also multiple endokrinologische Erkrankungen einzelner Patienten vorliegen. Wichtige statistische Parameter der untersuchten Daten werden zusammenfassend in Tabellen dargestellt. Für eine Reihe von Daten werden die Ergebnisse in Abbildungen dargestellt. Dazu wurden die grafischen Routinen von EXCEL verwendet. 36 Ergebnisse 37 3 Ergebnisse 3.1 Charakterisierung des Kollektivs Bei dem untersuchten Patientenkollektiv handelt es sich um 121 Patienten, 58 weibliche und 63 männliche. In Tabelle 6 ist die Geschlechterverteilung den einzelnen onkologischen Erkrankungen zugeordnet. Diese Patienten wurden im Durchschnitt mit einem Alter von 9,1 Jahren (SD: ±6,1) mit einer onkologischen Erkrankung diagnostiziert, wobei eine große Streuung zu beobachten ist. Die Altersspanne der Patienten zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose reicht von wenigen Monaten bis zu 26 Jahren. Nach einer antineoplastischen Therapie (durchschnittliche Dauer: 1,2 Jahren) wurden verschiedene endokrinologische Folgeerkrankungen beobachtet. Der Beobachtungszeitraum der Patienten beträgt durchschnittlich 5,9 Jahre ab Beendigung der Intensivtherapie (SD: ±3,29). Das Intervall zwischen Ende der onkologischen Intensivtherapie und Auftreten einer endokrinologischen Folgeerkrankung lag im Durchschnitt bei 2,5 Jahren (SD: ±2,7) bzw. 3,7 Jahren (SD: ±3,2) nach Diagnosestellung der onkologischen Grunderkrankung. Tabelle 6: Geschlechterverteilung, Durchschnittsalter und Mittelwert des Beobachtungszeitraumes der einzelnen onkologischen Untergruppen (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). SD = Standardabweichung, ZNS = Zentrales Nervensystem KnochenZNSMorbus NephroKeimzellGesamt Leukämie /Weichteil tumore Hodgkin blastome tumore -tumore Anzahl n = 121 46 29 25 10 6 5 weiblich männlich Mittleres Alter aller Patienten in Jahren (± SD) Durchschnittlicher Beobachtungszeitraum in Jahren (± SD) 58 63 25 21 8 21 12 13 7 3 3 3 3 2 9,1 (±6,1) 5,8 (±4,8) 11,1 (±7,0) 11,9 (±4,5) 12,5 (±4,9) 7,4 (±7,5) 9,4 (±5,3) 5,9 (±3,3) 7,3 (±3,4) 4,8 (±2,9) 5,8 (±2,6) 4,8 (±3,0) 5,5 (±4,4) 3,2 (±3,4) Ergebnisse 3.2 Überblick der endokrinologischen Diagnosen Um einen Überblick über die Bandbreite der endokrinologischen Diagnosen nach antineoplastischen Therapien zu bekommen, folgt eine Zusammenfassung aller endokrinologischen Spätfolgen, welche bei dem untersuchten Kollektiv auftraten. Bei diesem Überblick wurden Therapiemodalitäten und onkologische Grunderkrankung vernachlässigt, um eine übersichtliche Darstellung zu erreichen. Abbildung 9: Überblick über die absolute Anzahl der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Diagnosen nach antineoplastischer Therapie (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). H = Hypogonadismus 38 Ergebnisse 39 Tabelle 7: Zusammenfassung der endokrinologischen Erkrankungen mit mittleren Zeitintervallen des Auftretens nach onkologischer Erstdiagnose bzw. nach Intensivtherapie (Universitätsklinikum Ulm 20082011). H = Hypogonadismus, SD = Standardabweichung. In der Nachsorge gestellte endokrinologische Diagnosen Anzahl n= Ø Alter bei onkol. Diagnose in Jahren (±SD) Ø Zeit nach onkol. Diagnose in Jahren (±SD) Ø Zeit nach Intensivtherapie in Jahren (±SD) Gesamt Hypothyreose Adipositas Wachstumsstörung Untergewicht hypergonadotroper H hypogonado -troper H Pubertas praecox Panhypopituitarismus 173 82 35 32 7 7 4 4 2 9,1 (±6,1) 8,0 (±6,0) 7,8 (±5,7) 6,7 (±5,5) 10,7 (±5,6) 10,8 (±7,2) 17,0 (±9,2) 3,8 (±0,8) 13,8 (±0,8) 3,7 (±3,2) 4,4 (±3,3) 2,8 (±2,8) 4,4 (±3,6) 4,9 (±3,3) 5,3 (±3,6) 3,5 (±4,5) 3,3 (±2,6) 0,9 (±0,4) 2,5 (±2,7) 2,8 (±2,7) 1,6 (±2,0) 2,6 (±2,3) 4,5 (±3,0) 4,8 (±3,6) 1,0 (±0,8) 0,8 (±1,0) 0,4 (±0,1) 3.2.1 Hypothyreose Die Hypothyreose ist die am häufigsten in der Datenbank beobachtete endokrine Erkrankung. Diese Störung der Schilddrüsenfunktion kann sich nach fast jeder antineoplastischen Therapie manifestieren. Prozentual erkrankten durchschnittlich 67,8 % der in die Datenbank aufgenommenen Patienten an einer Hypothyreose (n = 82 Patienten). Drei dieser Patienten hatten eine Trisomie 21. Eine besonders hohe Erkrankungsrate trat bei Kindern auf, welche mit einer Kombinationstherapie aus einer zervikalen Strahlen- und einer Chemotherapie behandelt wurden (siehe Abschnitt 3.4.2). Auf die onkologischen Erkrankungen bezogen, ist eine hohe Diagnoserate unter den Patienten des Morbus Hodgkin (80 %), den Leukämie-Patienten (78,3 %), den ZNSTumor-Patienten (51,7 %) und den Knochen-/Weichteiltumor-Patienten (60 %) anzutreffen. Diese hohen Diagnoseraten der Hypothyreose unter den Patienten mit einem Morbus Hodgkin oder einer Leukämie ist besonders hervorzuheben und weist auf thyreotoxische Auswirkungen der spezifischen Therapiemodalitäten hin. Ergebnisse 40 3.2.2 Adipositas und Untergewicht In der Datenbank beträgt die Summe der Kinder und Jugendlichen, deren Body-MassIndex unter der 10. Perzentile oder über der 90. Perzentile liegt, 42. Damit liegt die Prävalenz von Störungen der Körpergewichtsentwicklung bei 34,7 %. 35 der 42 Patienten wurden mit einer Adipositas (12 weibliche, 23 männliche) und sieben Patienten mit einem Untergewicht diagnostiziert. Am häufigsten sind Patienten einer Leukämie- (37,0 %) und eines Morbus Hodgkin (36,0 %) von einer Adipositas betroffen. Während 16 der 35 Adipositas-Patienten mit einer Chemotherapie behandelt wurden, erhielten nur acht Patienten im Rahmen der antineoplastischen Therapie zusätzlich zur Chemotherapie eine kraniale Radiatio. Weitere acht Patienten erhielten eine zusätzliche Involved-Field-Bestrahlung im Rahmen einer Lymphom-Therapie. Sowohl nach einer kranialen (Gruppe der ZNS-Tumore) oder zervikalen Bestrahlung (Gruppe der Hodgkin Lymphome) als auch nach einer alleinigen Chemotherapie konnte eine Adipositas diagnostiziert werden. Exemplarisch kann die Untersuchungsgruppe der ALL-Patienten herangezogen werden. Von 43 Patienten entwickelten 15 eine Adipositas. Von diesen Patienten wurden 13 mit einer alleinigen Chemotherapie und zwei mit einer Kombination aus Chemo- und kranialer Strahlentherapie behandelt. Die Adipositas wurde durchschnittlich 1,6 Jahre (SD: ±2,0) nach Therapieende diagnostiziert. Tabelle 8 zeigt die Diagnosehäufigkeit der Adipositas in Bezug auf die onkologische Grunderkrankung. Bei den sieben Patienten mit einem signifikanten Untergewicht handelt es sich um drei Patienten mit ZNS-Tumor und jeweils zwei Patienten mit einem Morbus Hodgkin bzw. einer Leukämie. Tabelle 8: Anzahl der Diagnosen einer Adipositas und Diagnosehäufigkeit der Adipositas in Bezug auf die onkologische Grunderkrankung (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). ALL = Akute lymphatische Leukämie, AML = Akute myeloische Leukämie, ZNS = Zentrales Nervensystem KnochenMorbus ZNSKeimzellNephroLeukämien Gesamt /Weichteil (ALL+AML) Hodgkin Tumore tumore blastome -tumore absolute Anzahl der AdipositasDiagnosen n= 35 17 9 6 2 1 0 Diagnosehäufigkeit in Prozent 28,9 % 37,0 % 36,0 % 20,7 % 16,7 % 10 % 0% Ergebnisse 41 3.2.3 Wachstumsstörung Wachstumsstörungen wurden bei 32 der 121 Patienten beobachtet. Das Durchschnittsalter der Patienten bei onkologischer Erstdiagnose beträgt 6,9 Jahre (SD: ±5,5), welches um 2,2 Jahre jünger als das durchschnittliche Erkrankungsalter ist. Umso früher (vor Schluss der Epiphysenfugen und somit vor Abschluss des KörperhöhenWachstums) die Kinder schädigenden Einflüssen ausgesetzt sind, desto ausgeprägter können diese eine Wachstumsstörung bewirken. Die Wachstumsstörung wurde gemittelt nach einem Zeitintervall von 2,6 Jahren (SD: ±2,3) nach Ende der Intensivtherapie und 4,4 Jahre (SD: ±3,6) nach onkologischer Erstdiagnose diagnostiziert. Mit einer Prävalenz von 32 Patienten ergibt sich eine Diagnoserate von 26,2 %. Therapieabhängig betrachtet ist eine deutliche Assoziation einer Wachstumsstörung mit einer Strahlentherapie zu beschreiben. Kraniospinale Bestrahlung oder hohe kraniale Strahlendosis sind Risikofaktoren (siehe Absatz 3.4.1.1). Die höchste Diagnoserate weisen Patienten eines ZNS-Tumors (48,3 %) auf. Patienten der Untergruppe der Leukämien erkranken im Durchschnitt mit 21,7 % an einer Wachstumsstörung. Kaum beobachtet wurden diese Störungen bei den HodgkinLymphom-Patienten (4 %) (Tabelle 11). 3.2.4 Störung der Sexualhormonhomöostase Der in der Datenbank verwendete Oberbegriff „Störungen der Sexualhormonhomöostase“ umfasst verschiedene Grunderkrankungen unterschiedlicher Ätiologie. Zunächst wurde für die Analyse eine Zusammenfassung der Erkrankungen hyper- und hypogonadotroper Hypogonadismus mit Panhypopituitarismus und Pubertas praecox erstellt. Mit einer Diagnosehäufigkeit von 14,0 % befinden sich insgesamt 17 Patienten im gesamten Kollektiv der Datenbank, welche an einer Störung der Sexualhormonhomöostase leiden (Tabelle 7). Auf die unterschiedlichen onkologischen Diagnosen bezogen entwickelten vermehrt Kinder der Untergruppe der ZNS-Tumore mit einer Diagnosehäufigkeit von 31,0 % (9 von 29 Patienten) und Patienten mit einem Morbus Hodgkin (16 % Diagnosehäufigkeit bei 4 von 25 Patienten) eine Störung der Sexualhormonhomöostase. Ergebnisse 42 Es folgt eine Aufschlüsselung der einzelnen Störungen der Sexualhormonhomöostase mit Integration der Therapiemodalitäten in Tabelle 9. Tabelle 9: Anzahl der Störungen der Sexualhormonhomöostase nach verschiedenen Therapiemodalitäten sowie mittleres Zeitintervall zwischen onkologischer Erstdiagnose bzw. Ende der Intensivtherapie und endokrinologischer Diagnose (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). Auf die Deskription des gesamten Kollektives der Störungen der Sexualhormonhomöostase wurde aufgrund der Inhomogenität der Zeitintervalle in den einzelnen Untergruppen verzichtet. Die Kategorie „Alleinige Resektion“ schließt eine CTx und RTx aus. CTx = Chemotherapie, RTx = Radiotherapie, H. = Hypogonadismus, SD = Standardabweichung hypogonadotroper H. hypergonadotroper H. Pubertas praecox Panhypopituitarismus Gesamt Alleiniger Tumorresektion 0 0 1 0 1 CTx 1 3 1 0 5 CTx+RTx (Becken) 0 2 0 0 2 CTx+RTx (ZNS) 3 2 2 2 9 4 7 4 2 17 17,0 3,8 (±0,8) 13,8 (±0,8) Anzahl n der in der Nachsorge gestellten endo. Diagnosen nach Gesamt n = Ø Alter bei onkol. Diagnose in Jahren (±SD) (±9,2) 10,8 (±7,2) Ø Zeit nach onkol. Erstdiagnose in Jahren (±SD) 3,5 (±4,5) 5,3 (±3,6) 3,4 (±2,9) 0,9 (±0,4) - Ø Zeit nach Intensivtherapie in Jahren (±SD) 1,1 (±0,8) 4,8 (±3,6) 4,6 (±4,1) 0,4 (±0,1) - - Hypogonadotroper Hypogonadismus: Ein hypogonadotroper Hypogonadismus wurde bei vier Patienten diagnostiziert (zwei männliche und zwei weibliche Patienten). Die antineoplastische Therapie, mit welcher diese Kinder zuvor behandelt wurden, besteht aus einer Strahlentherapie mit einer Kumulativdosis über 40 Gray und einer Chemotherapie, die Zytostatika aus der Gruppe der Alkylantien enthält. Neben einem hypogonadotropen Hypogonadismus wurden bei Ergebnisse jeweils zwei der vier Patienten zudem eine Wachstumsstörung bzw. eine Hypothyreose diagnostiziert. Hypergonadotroper Hypogonadismus: Weitere sieben Patienten erkrankten an einem hypergonadotropen Hypogonadismus. Diese Patienten stammen hauptsächlich aus der Untersuchungsgruppe des Morbus Hodgkin. Es ist hervorzuheben, dass alle diese Patienten zuvor einer Therapie mit Alkylantien ausgesetzt waren. Zudem wurden zwei der Patienten im Bereich des Beckens bestrahlt. Pubertas praecox: Es wurden vier männliche Kinder mit einer Pubertas praecox diagnostiziert. Drei dieser Patienten stammen aus der Untergruppe der ZNS-Tumore und ein Patient aus der Untergruppe der Keimzelltumore. Während alle vier Patienten parallel an einer Adipositas erkrankten, entwickelten zwei Patienten zusätzlich einer Wachstumsstörung. Panhypopituitarismus: Patienten, bei denen die Diagnose eines Panhypopituitarismus gesichert wurde, leiden unter anderem auch an einem hypogonadotropen Hypogonadismus. Als onkologische Grunderkrankung liegt bei beiden Patienten, die mit einem Panhypopituitarismus diagnostiziert wurden, ein kraniales Germinom vor. 3.3 Onkologische Diagnosegruppen und Häufigkeit endokrinologischer Spätfolgen Die Anzahl der gestellten endokrinologischen Diagnosen ist in der Untersuchungsgruppe der Kinder mit ZNS-Tumor am höchsten. Unter diesen Patienten wurden im Durchschnitt 176 endokrinologische Folgeerkrankungen pro 100 Patienten diagnostiziert (Abbildung 10). Hervorzuheben sind hier die Hypothyreose und die Wachstumsstörung. Eine ebenfalls hohe Anzahl an endokrinologischen Diagnosen ist in den Untergruppen der Leukämien und des Morbus Hodgkin zu verzeichnen. Die Entwicklung einer Hypothyreose und einer Adipositas konnten in diesen Gruppen vermehrt beobachtet werden. 43 Ergebnisse 44 Auf die Patientenzahl der einzelnen sechs Untersuchungsgruppen bezogen, ergeben sich die in Tabelle 10 beschriebene absolute Anzahlen und die in Tabelle 11 dargestellten relativen Häufigkeiten der diagnostizierten endokrinologischen Spätfolgen. Abbildung 10: Häufigkeiten endokrinologischer Diagnosen nach antineoplastischer Therapie der unterschiedlichen onkologischen Grunderkrankungen bezogen auf 100 Patienten (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). ZNS = Zentrales Nervensystem Tabelle 20: Absolute Zahl der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Spätfolgen (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). Anzahl n = Gesamt Hypothyreose 173 82 Adipositas Wachstumsstörung Störung der Sexualhormonhomöostase Untergewicht 35 32 17 7 Ergebnisse 45 Tabelle 11: Relative Diagnosehäufigkeit endokrinologischer Folgeschäden der unterschiedlichen Untersuchungsgruppen und im Durchschnitt gestellte endokrinologische Diagnosen pro 100 Patienten (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). *Aufgrund der Klinik wurde hier der Panhypopituitarismus zweier Patienten hinzugefügt. ZNS = Zentrales Nervensystem Relative Diagnosehäufigkeit der in der Nachsorge diagnostizierten Endokrinopathien Ø gestellte endo. Diagnosen pro 100 Patienten Hypothyreose ZNSTumore 176 Leukämie Adipositas Wachstumsstörung Störung der Sexualhormonhomöostase Untergewicht 51,7 % 20,7 % 48,3 % 24,1* % 10,3 % 152 78,3 % 37,0 % 21,7 % 4,3 % 4,3 % Morbus Hodgkin 152 80,0 % 36,0 % 4,0 % 16,0 % 8,0 % Keimzelltumore 120 0% 16,7 % 20,0 % 20,0 % 0% 100 16,7 % 0% 66,7 % 0% 0% 90 60,0 % 10,0 % 10,0 % 10,0 % 0% 143 67,8 % 28,9 % 26,4 % 14,0 % 5,8 % Nephroblastome Knochen/Weichteil -tumore Gesamt 3.4 Gliederung der Ergebnisse nach Therapiemodalitäten – Auswirkungen der Strahlentherapie und deren Intensität Um einen Überblick über die endokrinologischen Spätfolgen zu erhalten und ihre Korrelation zu den Therapiemodalitäten zu prüfen, werden diese nach den verwendeten Therapieoptionen aufgeschlüsselt. Eine Strahlentherapie im Kindes- und Jugendalter geht mit einer besonders hohen Rate an endokrinologischen Folgeerkrankungen einher. Um genauer auf diese einzugehen und das Ausmaß dieser Schädigungen beschreiben zu können, wurden die Patienten, welche mit einer Radiatio behandelt wurden, nach Bestrahlungsfeld und Intensität der Strahlengesamtdosis gegliedert. 3.4.1 Wachstumsstörung nach kranialer oder kraniospinaler Strahlentherapie Unter den insgesamt 63 Patienten, welche im Rahmen der antineoplastischen Therapie mit einer Radiatio behandelt wurden, befinden sich 32 Kinder mit einem kranialen oder Ergebnisse 46 kraniospinalen Bestrahlungsfeld. Es handelt sich hierbei um Patienten der Untergruppen der Leukämien, der ZNS- und der Keimzell-Tumore, mit einem durchschnittlichen Alter von 9,8 Jahren (SD ±6,9) bei onkologischer Erstdiagnose. Diese Patienten wurden nach Strahlendosis in drei Kategorien eingeteilt: Kraniale Bestrahlungen ≤ 24 Gray, kraniale Bestrahlung > 24 Gray und kraniospinale Bestrahlung. Die Verteilung der endokrinologischen Folgeerkrankungen, Zeitintervall nach Intensivtherapie sowie durchschnittliches Alter wurden in Tabelle 12 dargestellt. Tabelle 12: Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse der kranial bestrahlten Patienten in Abhängigkeit der therapeutischen Strahlengesamtdosis bzw. des Strahlenfeldes in absoluten Zahlen (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). Zeitintervalle sind in Jahren angegeben. CRT = kraniale Radiotherapie, SD = Standardabweichung Anzahl n= Ø Alter. in Jahren (± SD) Ø Zeit nach Intensivtherapie in Jahren (± SD) Gesamt 32 9,8 (±6,9) CRT mit ≤ 24 Gray 9 CRT mit > 24 Gray Kraniospinal Anzahl n der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Diagnosen Hypothyreose Wachstumsstörung Adipositas Störung der Sexualhormonhomöostase 2,5 (±2,5) 22 12 8 9 6,2 (±3,6) 3,3 (±3,3) 8 2 4 2 14 9,6 (±5,7) 1,6 (±2,2) 8 5 3 5 9 14,1 (±9,4) 2,4 (±2,9) 6 5 1 2 Um den schädigenden Einfluss einer kranialen bzw. kraniospinalen Bestrahlung darzustellen, wurde die altersabhängige Standardabweichung der Größe der Kinder der unterschiedlichen Therapiegruppen zu verschiedenen Zeitpunkten (Zeitpunkt der onkologischen Diagnose, Ende der Intensivtherapie und ein, zwei bzw. drei Jahre nach Intensivtherapie) mit Patienten, welche keine kraniale oder spinale Strahlentherapie erhalten hatten (n=29), verglichen. Diese Gegenüberstellung ist in Abbildung 11 dargestellt. Damit eine genaue Auswertung gewährleistet werden kann, wurden nur Patienten darin eingeschlossen, welche einen posttherapeutischen Beobachtungszeitraum von drei Jahren mit mindestens einem Messzeitpunkt pro Jahr und eine durchgängige Dokumentation des Größenverlaufs aufweisen. Um die physiologische Wachstumsentwicklung zu Ergebnisse 47 berücksichtigen, wurden nur Patienten in folgende Untersuchung aufgenommen, welche ein Alter von 15,5 Jahren zum Diagnosezeitpunkt nicht überschritten hatten. Insgesamt wurden daher von n = 32 Patienten mit dieser Therapiemodalität (9 Patienten mit kranialer Radiatio ≤ 24 Gy, 14 Patienten mit kranialer Radiatio > 24 Gy und 9 Patienten mit kraniospinaler Radiatio) noch 24 Patienten in die Auswertung eingeschlossen. Die durchschnittliche Strahlengesamtdosis der Therapiegruppe mit kraniospinaler Bestrahlung beträgt in dieser Gruppe 38,8 Gy (Range: 12 – 55 Gy). Tabelle 13 zeigt die Größe der beschriebenen Untersuchungsgruppen, deren durchschnittliches Alter und die Zusammensetzung nach onkologischer Grunderkrankung. Tabelle 13: Größe und Beschaffenheit der Untersuchungsgruppen mit der durchschnittlichen GrößenStandardabweichung zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose (SDS-D.) und drei Jahre nach Beendigung der Intensivtherapie (SDS 3) (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). Durchschnittliche Strahlengesamtdosis der kraniospinalen Radiatio: 38,8 Gy (Range: 12 – 55 Gy), CRT = kraniale Radiotherapie, SD = Standardabweichung, ZNS = Zentrales Nervensystem Diagnosehäufgkeit einer Wachstums -störung Anzahl n der Patienten Gesamt Leukämie Morbus Hodgkin ZNSTumor Ohne CRT 27,6 % 29 27 2 0 CRT mit ≤ 24 Gy 22,2 % 9 8 0 CRT mit > 24 Gy 35,7 % 10 0 Kraniospinale Radiatio 55,6 % 5 2 Therapiemodalität Davon Anzahl der Patienten mit: ØAlter in Jahren (±SD) Ø SDS D. Ø SDS 3 4,8 (±3,5) -0,19 -0,62 1 6,2 (±3,6) 0,50 0,11 0 10 8,9 (±5,0) -0,91 -1,76 0 3 7,0 (±4,9) 0,24 -1,78 Ergebnisse Abbildung 31: Darstellung der durchschnittlichen altersabhängigen Größen-Standardabweichungen im Verlauf zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose (SDS D.), dem Therapieende (SDS Ende T.), einem Jahr nach Therapieende (SDS 1), zwei Jahre nach Therapieende (SDS 2) und drei Jahre nach Therapieende (SDS 3) in Abhängigkeit zur Strahlengesamtdosis und des Strahlenfeldes (Universitätsklinikum Ulm 20082011). In Abbildung 11 ist ein deutlicher Unterschied im Wachstumsverhalten der verschiedenen Therapiegruppen zu beobachten. In den beiden ersten Gruppen (Therapie ohne Radiatio und Radiatio bis zu 24 Gray) ist ein späteres Aufholen des während und nach der antineoplastischen Therapie erlittenen Wachstumsdefizites zu sehen. Dies ist in den Therapiegruppen mit höherer oder kraniospinaler Radiatio nicht zu vermerken. Hier ist in Abbildung 11 ein weiterer Abfall der Standardabweichungskurve zu sehen, welcher mit einem Wachstumsstillstand der Patienten im posttherapeutischen Verlauf begründet werden kann. Die Größen-Standardabweichungen der Patienten in den einzelnen Therapiegruppen zum Zeitpunkt der onkologischen Diagnose variieren stark. Zu sehen ist allerdings ein deutlicher Knick der Standardabweichungen der Patienten mit intensiverer kranialer und kraniospinaler Strahlentherapie nach Beendigung der Behandlung. Dieser ist bei der Untersuchungsgruppe der kraniospinalen Radiatio von einer anfänglich gering positiven Abweichung (0,24 SDS) bis hin zu einer ausgeprägten Deviation von -1,78 Standardabweichungen drei Jahre nach Intensivtherapie geprägt. In der Gruppe der kranialen Bestrahlung über 24 Gray ist der SDS-Wert im posttherapeutischen Verlauf 48 Ergebnisse 49 ähnlich ausgeprägt (SDS3: -1,76), der Ausgangswert zum Zeitpunkt der onkologischen Diagnose jedoch geringer (-0,91 SDS). Um die Therapiemodalitäten trotz der unterschiedlichen Ausgangswerte zum Diagnosezeitpunkt vergleichen zu können und den durchschnittlichen „Verlust“ an Körperhöhe gegenüber dem Ausgangswert zu quantifizieren, wird die SDS-Differenz zwischen dem Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose und drei Jahre posttherapeutisch ausgewertet. Diese Differenz ist in der Untersuchungsgruppe mit kraniospinaler Bestrahlung (durchschnittliche Strahlengesamtdosis von 38,8 Gy) am stärksten ausgeprägt und beträgt durchschnittlich -2,02 SDS, während diese in den Gruppen ohne bzw. mit niedrigdosierter Radiotherapie durchschnittlich -0,4 beträgt (Abbildung 12). Eine kraniospinale Bestrahlung über 24 Gray bewirkt durchschnittlich eine Differenz von -0,86 SDS im posttherapeutischen Verlauf. Es ist zu beobachten, dass das verstärkte Absinken der Standardabweichung und das damit größere Ausmaß an Wachstumsstörungen vor allem mit dem Bestrahlungsfeld, aber auch mit der Höhe der verwendeten Strahlengesamtdosis direkt korreliert. Abbildung 12: SDS-Differenz zwischen dem onkologischen Diagnosezeitpunkt (SDS D) und drei Jahre posttherapeutisch (SDS 3), gegliedert nach radiotherapeutischer Intensität und Strahlenfeld (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). Die durchschnittliche Strahlengesamtdosis der kraniospinal bestrahlten Patienten beträgt 38,8 Gy. Ergebnisse 3.4.2 50 Störungen der Schilddrüsenfunktion nach zervikaler Strahlenexposition Besonders im therapeutischen Verlauf von Hodgkin Patienten wird neben einer Chemotherapie eine zervikale Radiatio angewandt. Durch die Lokalisation der Schilddrüse liegt diese daher stets im Bestrahlungsfeld und ist dementsprechend exponiert. Im Kollektiv dieser Datenbank befinden sich 23 Patienten, welche im Rahmen einer Lymphom-Behandlung zusätzlich zu einer Chemotherapie eine Radiatio im zervikalen Bestrahlungsfeld erhielten. Zur Darstellung der spezifischen Auswirkungen dieser Behandlung auf das Schilddrüsenparenchym wurden diese mit einer ähnlichen Untersuchungsgruppe verglichen. Um den Einfluss eventueller Streustrahlungen oder eine zentrale Schädigung auszuschließen, wurden nur Patienten in die Vergleichsgruppe aufgenommen, welche alleinig mit einer ähnlichen Chemotherapie und ohne jegliche spinale oder kraniale Strahlentherapie behandelt wurden. Die Untersuchungsgruppe der alleinigen Chemotherapie, bei welcher vor allem Alkylantien eingesetzt wurden, besteht daher aus Patienten der Gruppe der Hodgkin Lymphome und der Leukämien. Tabelle 14: Anzahl, Alter, Zeitintervall nach Intensivtherapie und Anzahl bzw. Art der diagnostizierten Schilddrüsenfunktionsstörung in den verschiedenen Therapiegruppen (Universitätsklinikum Ulm 20082011). Die Geschlechterverteilung ist in Klammern angegeben. m = männlich, w = weiblich, SD = Standardabweichung Therapiemodalität Anzahl n der Patienten Gesamt Anzahl n der im Nachsorgezeitraum diagnostizierten Störungen der Schilddrüsenfunktion: Hypothyreose Morbus Basedow Ø Alter in Jahren (±SD) Ø Zeit nach Intensivtherapie in Jahren (±SD) Radio- mit Chemotherapie 23 (11 w, 12 m) 20 (9 w, 11 m) 2 (1 w, 1 m) 12,5 (±6,2) 2,5 (±1,5) Alleinige Chemotherapie 37 (20 w, 17 m) 27 (15 w, 12 m) 0 6,2 (±5,2) 3,1 (±3,5) In Tabelle 14 werden Geschlechterverteilung, durchschnittliches Alter sowie der Zeitintervall nach Intensivtherapie und endokrinologischer Erstdiagnose beschrieben. Hervorzuheben ist, dass 22 der 23 Patienten mit zervikaler Bestrahlung an einer Störung der Schilddrüsenfunktion erkrankten. Störungen der Schilddrüse betreffen Ergebnisse dementsprechend fast alle Patienten nach einer zervikalen Radiatio. Dieser Befund ist mit der Diagnosehäufigkeit der Vergleichsgruppe in Abbildung 13 graphisch dargestellt. Da hier eine zervikale Exposition vorliegt, ist von einer direkten Schädigung des Schilddrüsenparenchyms und daher von einer primären Schilddrüsenstörung auszugehen. Dagegen erkrankten 27 von 37 Patienten der Therapiegruppe ohne Radiatio an einer Hypothyreose. Eine Trisomie 21 bestand bei drei der Patienten, welche eine Hypothyreose nach einer Chemotherapie entwickelten. Mit einem Intervall von 2,5 Jahren (SD ±1,5) treten diese Funktionsstörungen bei den bestrahlten Patienten früher auf als bei einer alleinigen Chemotherapie (3,1 Jahre, SD ±3,5). Geschlechtsspezifische Unterschiede konnten nicht beobachtet werden. Abbildung 13: Vergleich der Therapiegruppen: Alleinige Chemotherapie (37 Patienten) und Kombinationsbehandlung aus Chemo- und Strahlentherapie, 23 Patienten (Universitätsklinikum Ulm 20082011). Die Diagnosehäufigkeit ist in Prozent aufgeführt. 3.5 Spätfolgen in Bezug auf onkologische Diagnosen Eine Gliederung der endokrinologischen Spätfolgen in Bezug auf onkologische Diagnosen wird im folgenden Abschnitt beschrieben. Zur Übersicht der verschiedenen 51 Ergebnisse onkologischen Diagnosen der in der Datenbank erfassten Patienten ist in Abbildung 14 zusammengefasst. Abbildung 14: Absolute Anzahl und Verteilung der spezifischen onkologischen Diagnosen der endokrinologisch betreuten Kinder und Jugendlichen (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). ZNS = Zentrales Nervensystem 3.5.1 Leukämie In unserer Untersuchung wurden insgesamt 46 Patienten mit einer Leukämie erfasst, davon erkrankten drei an einer Akuten Myeloischen Leukämie (AML) und 43 Patienten an einer Akuten Lymphoblastischen Leukämie (ALL). Unter den 46 Leukämie-Patienten befinden sich 25 weibliche und 21 männliche Patienten. Der Beobachtungszeitraum dieser Patienten beträgt durchschnittlich 7,3 Jahre (SD ±3,4) nach Therapieende. 3.5.1.1 ALL Das arithmetische Mittel des Alters bei Erstdiagnose der Akuten-LymphatischenLeukämie-Patienten in der Datenbank beträgt 6,1 Jahre (SD: ±4,8) und liegt im Bereich 52 Ergebnisse 53 von 1,1 bis 19,4 Jahren. Unter den Patienten befanden sich fünf Kinder, welche ein Rezidiv erlitten. Bei vier ALL-Patienten wurde ein ZNS-Befall berichtet. Die 43 ALLPatienten wurden entweder nach dem Therapieprotokoll ALL-BFM-2000 oder ALLBFM-1995 bzw. ALL-Rez-BFM-2000 oder ALL-Rez-BFM-2002 behandelt. Von den ALL-Patienten erhielten insgesamt neun eine zusätzliche Strahlentherapie. Diese erfolgte mit einer protokollgemäßen Strahlengesamtdosis von 18 Gy mit einem kranialen Bestrahlungsfeld. Ein Kind erhielt eine kraniospinale Bestrahlung. Ein Überblick der endokrinologischen Erkrankungen nach den verschiedenen Therapiemodalitäten („Alleinige Chemotherapie“ und „Chemotherapie mit Schädelbestrahlung“) ist in Tabelle 15 dargestellt. Unter den Patienten der Therapiegruppe mit Schädelbestrahlung befanden sich vier Kinder, welche an einem Rezidiv erkrankten. Drei dieser Kinder entwickelten endokrinologische Spätfolgen erst nach der Rezidivtherapie. Tabelle 15: Überblick über die verschiedenen Therapiegruppen und den darin diagnostizierten endokrinologischen Spätfolgen sowie Alter zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose und Zeitintervall in Jahren zwischen endokrinologischer Diagnose und onkologischer Erstdiagnose bzw. Ende der Intensivtherapie (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). H = Hypogonadismus, NNR = Nebennierenrinde, SD = Standardabweichung Alleinige Chemotherapie Chemotherapie mit Schädelbestrahlung Gesamt Anzahl der Patienten Gesamt n = 34 9 43 Anzahl der Patienten mit Rezidiv n = 1 4 5 26 13 7 2 1 0 1 1 7 2 1 0 0 1 0 0 33 15 8 2 1 1 1 1 Ø Alter bei onkol. Erstdiagnose in Jahren (±SD) 6,0 (±5,1) 6,4 (±3,6) 6,1 (±4,8) Ø Zeit nach onkologischer Erstdiagnose in Jahren (±SD) 5,2 (±4,0) 5,9 (±3,4) 5,2 (±3,8) Ø Zeit nach Ende der Intensivtherapie in Jahren (±SD) 3,2 (±3,6) 3,6 (±3,4) 3,3 (±3,4) Anzahl der in der Nachsorge gestellten endo. Diagnosen: Hypothyreose Adipositas Wachstumsstörung Untergewicht hypergonadotroper H. hypogonadotroper H. NNR-Insuffizienz Osteopenie Ergebnisse 54 Zusammenfassung der endokrinologischen Diagnosen: Die Hypothyreose ist die häufigste endokrinologische Spätfolge der in die Datenbank aufgenommenen Patienten mit einer ALL. Sowohl Patienten mit einer Kombination aus Chemotherapie und Bestrahlung, als auch Patienten mit einer alleinigen Chemotherapie entwickelten eine Hypothyreose. Eine genaue Darstellung der diagnostizierten endokrinologischen Spätfolgen ist in Tabelle 16 zu sehen. Hervorzuheben sind Patienten, welche durch ein Rezidiv eine zweite intensive Therapie erhalten hatten. Bei diesen Patienten wurden im Verhältnis zur Anzahl mehr endokrinologische Erkrankungen erfasst. Von den fünf Rezidiv-Patienten litten alle fünf an einer Hypothyreose und jeweils einer an einer Adipositas, einer Wachstumsstörung bzw. einem hypergonadotropen Hypogonadismus. Tabelle 16: Überblick der verschiedenen endokrinologischen Erkrankungen der ALL-Patienten mit Alter zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose, Zeitintervall zwischen endokrinologischer Diagnosestellung und Stellung der onkologischen Erstdiagnose bzw. Ende der Intensivtherapie (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). H = Hypogonadismus, NNR = Nebennierenrinde, SD = Standardabweichung Gesamt Anzahl n der in der Nachsorge gestellten endo. Diagnosen Ø Alter bei onkol. Erstdiagnose in Jahren (±SD) Ø Zeit nach onko. Erstdiagnose in Jahren (±SD) Ø Zeit nach Ende der Intensivtherapie in Jahren (±SD) 43 6,1 (±4,8) 5,2 (±3,8) 3,3 (±3,4) 5,5 (±5,1) 7,0 (±5,2) 3,6 (±5,1) 5,4 (±5,1) 5,3 (±4,3) 2,1 (±2,7) 7,3 (±7,2) 5,4 (±4,3) 3,1 (±2,7) 1,3 (±2,2) 5,8 (±6,4) 2,7 (±3,1) 1 4,8 12,6 3,5 1 12,5 2,5 2,1 Hypothyreose 33 Adipositas 15 Untergewicht 2 Wachstumsstörung 8 hypergonadotroper H. hypogonadotroper H. NNR-Insuffizienz 1 10,3 2,1 0,1 Osteopenie 1 1,1 2,2 1,2 3.5.1.2 AML In unserer Datenbank wurden drei Patienten mit einer AML erfasst. Therapiert wurden alle Patienten nach dem Protokoll der Studie AML-BFM 2004. Die Therapiemodalität, Alter und endokrinologische Spätfolgen sind in Tabelle 17 dargestellt. Ergebnisse 55 Tabelle 17: Darstellung der drei in der Datenbank erfassten AML-Patienten mit Alter zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose, Geschlecht, Ausbreitung, Therapiemodalität und diagnostizierte endokrinologische Spätfolgen (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). ZNS = Zentrales Nervensystem Alter bei onko. Diagnose Geschlecht ZNSAusbreitung Therapiemodalität Diagnostizierte endokrinologische Spätfolgen Patient 1 2 Tage männlich Negativ Chemotherapie, kraniale Radiatio (12 Gy) Hypothyreose, Adipositas, Patient 2 1,6 Jahre weiblich Negativ Chemotherapie Patient 3 3,5 Jahre männlich Positiv Chemotherapie, kraniale Radiatio (18 Gy) Hypothyreose, Adipositas, Wachstumsstörung Hypothyreose, Wachstumsstörung 3.5.2 Morbus Hodgkin Insgesamt befinden sich 25 Patienten mit der onkologischen Diagnose eines Morbus Hodgkin in der Datenbank. 18 Patienten der Datenbank wurden dem klassischen, nodulär-sklerosierenden Typ zugeordnet und bilden somit die Mehrheit des beschriebenen Patientenkollektivs. Neben diesen wurden drei Patienten dem gemischtzelligen Typ und vier dem lymphozytenreichen Typ zugeordnet. Das Alter der Patienten lag zwischen 3,6 und 18,5 Jahren mit einem Mittelwert von 11,9 Jahren (SD: ±4,5). Der durchschnittliche Beobachtungszeitraum beträgt 5,8 Jahre (SD: ±2,6). Tabelle 18: Klassifikation der Morbus-Hodgkin-Patienten der Datenbank nach der Ann-ArborKlassifikation (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). Grad IA IIA IIB IIIA IIEB IIIEB IV n= 1 11 6 1 2 2 2 Stadium limitierte Stadien intermediäre Stadien Fortgeschrittene Stadien Da die unterschiedlichen Stadien ausschlaggebend für die jeweilige Therapiegruppe und somit für Therapieintensität und -lokalisation sind, wird zunächst nach Stadien unterschieden (Tabelle 18). Zwei Patienten des intermediären Stadiums wurden nicht mit einer Radiatio behandelt und müssen daher separat beschrieben werden. Eine Zusammenfassung der gestellten endokrinologischen Diagnosen der Patienten mit limitiertem, intermediärem oder fortgeschrittenem Stadium ist in Tabelle 19a aufgeführt. In Tabelle 19b wird das mittlere Alter und die Geschlechterverteilung dieser Untersuchungsgruppen sowie das mittlere Zeitintervall zwischen endokrinologischer Ergebnisse 56 Diagnosestellung und dem Ende der Intensivtherapie bzw. dem Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose beschrieben. Tabelle 19a: Zusammenfassung der Anzahl der diagnostizierten endokrinologischen Spätfolgen in Abhängigkeit vom Stadium bei Morbus-Hodgkin-Patienten (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). H = Hypogonadismus. Anzahl n der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Diagnosen Anzahl der Patienten n= Hypothyreose Adipositas Untergewicht hypergonadotroper H. Morbus Basedow Wachstumsstörung 12 12 3 1 1 1 1 5 4 2 0 1 0 0 6 5 3 1 2 1 0 2 0 1 0 0 0 0 25 20 11 2 4 2 1 limitierte Stadien intermediäre Stadien fortgeschrittene Stadien ohne Radiatio (intermediäre) Gesamt Tabelle 19b: Zusammenfassung der Anzahl der diagnostizierten endokrinologischen Spätfolgen in Abhängigkeit vom Stadium bei Morbus-Hodgkin-Patienten. Übersicht über Anzahl, Alter, Zeitintervall zwischen endokrinologischer Diagnosestellung und Ende der Intensivtherapie bzw. Stellung der onkologischen Erstdiagnose (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). w = weiblich, m = männlich, SD = Standardabweichung Anzahl der Patienten n= Geschlecht limitierte Stadien 12 6 w, 6 m intermediäre Stadien 5 3 w, 2m fortgeschrittene Stadien 6 2 w, 4 m ohne Radiatio (intermediäre Stadien) 2 1 w, 1 m Gesamt 25 12 w, 13 m Ø Alter in Jahren 12,4 (±3,5) 7,7 (±5,4) 14,4 (±4,2) 11,9 (±4,8) 11,9 (±4,5) Ø Zeit nach Ende der Intensivtherapie in Jahren (±SD) 2,8 (±1,5) 1,6 (±1,3) 2,7 (±1,4) Ø Zeit nach onkol. Erstdiagnose in Jahren (±SD) 3,7 (±1,8) 2,1 (±1,4) 3,4 (±1,6) 1,5 2,8 2,5 (±1,5) 3,3 (±1,7) 3.5.2.1 Endokrinologische Spätfolgen nach Bestrahlungen mit unterschiedlicher Strahlengesamtdosis Die obig aufgeführten Patienten wurden stadiengerecht nach den jeweiligen Therapieprotokollen behandelt. Während zwei Patienten eine alleinige Chemotherapie erhielten, wurden 23 Patienten mit einer Kombination aus Chemotherapie und Radiatio behandelt. Die Strahlentherapie erfolgte je nach Stadium entweder zervikal/mediastinal (für das limitierte und intermediäre Stadium) oder zusätzlich zur zervikal/mediastinalen Ergebnisse 57 Bestrahlung auch abdominell, iliakal und inguinal (für das fortgeschrittene Stadium). Patienten der ersten beiden Stadien wurden mit einer Standardgesamtdosis von 19,8 Gray behandelt, während Patienten des fortgeschrittenen Stadiums und Patienten mit Rezidiven Strahlenbehandlungen an multiplen Lokalisationen erhielten und somit einer höheren Gesamtdosis ausgesetzt waren. Wie in Tabelle 20 dargestellt ist, kann eine im Verhältnis höhere Diagnoserate (vornehmlich des hypergonadotropen Hypogonadismus und der Adipositas) in der Therapiegruppe mit einer Strahlengesamtdosis >19,8 Gy beobachtet werden. Tabelle 20: Vergleich der Therapiemodalitäten bei Patienten mit Morbus Hodgkin. Die Anzahl der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Spätfolgen der Strahlentherapie mit einer Gesamtdosis über 19,8 Gray, unter 19,8 Gray und ohne Bestrahlung werden aufgezeigt (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). H = Hypogonadismus Therapie ohne Radiatio Therapiekombination mit mittlerer Strahlengesamtdosis (≤19,8 Gy) Therapiekombination mit höherer Strahlengesamtdosis (>19,8 Gy) Gesamt Anzahl der Patienten n = 2 14 9 25 Summe der endo. Spätfolgen 1 21 16 38 50 150 178 152 Ø gestellte endokrinologischen Diagnosen pro 100 Patienten Anzahl n der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Diagnosen: Hypothyreose - 13 7 20 Adipositas 1 4 4 6 Untergewicht - 1 1 2 hypergonadotroper H - 1 3 4 Autoimmunthyreoitiden - 1 1 2 Wachstumsstörung - 1 - 1 3.5.2.2 Schilddrüsenfunktionsstörungen nach zervikaler Bestrahlung Im Zuge der antineoplastischen Therapie wurden alle 23 Patienten unter anderem einer Strahlengesamtdosis von 19,8 Gray im zervikalen Bestrahlungsfeld ausgesetzt (Tabelle 21). Bei 22 dieser 23 bestrahlten Patienten entwickelte sich eine Schilddrüsenfunktionsstörung. Dies ergibt eine relative Diagnosehäufigkeit von 95,7 %. Ergebnisse 58 Darunter ist die Hypothyreose mit einer Diagnosehäufigkeit von 87,0 % (20 von 23 zervikal bestrahlten Patienten) die dominanteste Folgeerkrankung. Tabelle 21: Schilddrüsenfunktionsstörungen nach zervikaler Strahlentherapie der Patienten mit Morbus Hodgkin (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). m = männlich, w = weiblich SD = Standardabweichung Anzahl n= Geschlechterverhältnis Ø Alter in Jahren Ø Zeitintervall nach Therapieende in Jahren (±SD) Ø Zeitintervall nach Erstdiagnose in Jahren (±SD) Patienten mit zervikaler Radiatio 23 12 m, 11 w 11,9 (±4,5) 2,5 (±1,5) 3,3 (±1,7) Anzahl n der im Nachsorgezeitraum gestellten Schilddrüsenfunktionsstörungen: 22 Hypothyreose 20 11 m, 9 w 11,9 (±4,8) 2,5 (±1,6) 3,3 (±1,9) Morbus Basedow 2 1 m, 1 w 9,8 (±2,6) 2,3 (±1,1) 2,8 (±1,1) 3.5.2.3 Störungen der Sexualhormonhomöostase Nach der gonadotoxischen Therapie des Morbus Hodgkin, welche vor allem auf die Anwendung von Alkylantien zurückzuführen ist, erkrankten insgesamt vier Patienten an Störungen der Sexualhormonhomöostase bzw. an einem hypergonadotropen Hypogonadismus. Zwei Patientinnen entwickelten eine Ovarialinsuffizienz, welche zu einem hypergonadotropen Hypogonadismus führte. Ein männlicher Patient erlitt nach intensiver Procarbazin-Therapie einen Sertolizellschaden mit einem Hypogonadismus. Bei der Strahlenlokalisation ist zu beachten, dass zwei Morbus-Hodgkin-Patienten zusätzlich eine Bestrahlung des kleinen Beckens erhielten. Einer dieser Patienten, welcher dem fortgeschrittenen Stadium zugeordnet wurde und daher auch eine intensivere Chemotherapie erhielt, entwickelte aufgrund eines Sertoli- und Leydigzellschadens einen hypergonadotropen Hypogonadismus im Sinne einer funktionellen Anorchie. Ergebnisse 59 3.5.3 Tumore des Zentralen Nervensystems (ZNS) In die Datenbank wurden 29 Patienten, welche an einer Neoplasie des ZNS litten aufgenommen. Die Anzahl der Patienten, welche an einem Astrozytom, Ependymom, Gliom, Medulloblastom oder an kranialen Keimzelltumoren (Germinome und Teratome) erkrankten sowie die WHO-Klassifizierung werden in Tabelle 22 dargestellt. Die Therapiemodalitäten der verschiedenen Tumore des Nervensystems differieren, daher ist eine Unterscheidung in einzelne Subtypen angezeigt. Zudem ist eine große Altersdifferenz in den behandelten Untergruppen zu beobachten (Tabelle 23). Die Strahlentherapie fand entweder im kranialen oder kraniospinalen Bestrahlungsfeld mit den in den Therapieprotokollen vorgeschriebenen Strahlenintensitäten statt. Bei der Resektion eines ZNS-Tumors kann es sich sowohl um eine Teil- als auch um eine Totalresektion handeln. Tabelle 22: WHO-Klassifikation der (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). Patienten mit Tumoren des Germinom Zentralnervensystems WHO-Grad Medulloblastom Astrozytom Ependymom Gliom I 0 5 0 2 7 II 0 0 0 0 0 III 0 1 3 1 5 IV 8 0 0 0 8 Anzahl n = 8 6 3 3 7 Kraniales Teratom 2 Gesamt 29 Tabelle 23: Durchschnittlicher Beobachtungszeitraum, Geschlechterverteilung und Altersspanne mit Altersdurchschnitt der Patienten mit Tumoren des Zentralnervensystems (Universitätsklinikum Ulm 20082011). w = weiblich, m = männlich, SD = Standardabweichung Keimzelltumore GermiKraniales nom Teratom Medulloblastom Astrozytom Ependymom Gliom 15,3 (±9,0) 8,2 (±4,0) 4,5 (±5,6) 7,2 (±7,5) 13,1 (±4,5) 9,3 (±5,5) 11,1 (±7,0) Altersspanne in Jahren 4,7–25,8 3,1–12,6 1,2–11,0 2,6–15,9 4,6–18,5 5,4–13,2 1,2-25,8 Geschlechterverteilung 4w 4m 2w 4m 0w 3m 1w 2m 1w 6m 0w 2m 8w 21 m Ø Beobachtungszeitraum in Jahren (±SD) 4,5 (±1,2) 5,8 (±3,8) 5,3 (±4,6) 7,4 (±3,8) 3,8 (±2,1) 1,9 (±0,8) 4,8 (±2,9) Ø Alter in Jahren (±SD) Gesamt Ergebnisse 60 3.5.3.1 Zusammenfassungen der endokrinologischen Erkrankungen Unter allen Kindern und Jugendlichen, welche nach einer Erkrankung an einem Tumor des ZNS eine antineoplastische Therapie erhielten, wurden folgend in Tabelle 24 zusammengefasste endokrinologische Diagnosen im Nachsorgezeitraum erfasst. Die häufigste endokrinologische Spätfolge der ZNS-Tumor-Patienten stellt die Hypothyreose, gefolgt von Wachstumsstörungen, dar. Tabelle 24: Zusammenfassung der endokrinologischen Diagnosen nach Behandlung eines Tumors des Zentralnervensystems. Beschrieben werden durchschnittliches Alter zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose, durchschnittliches Zeitintervall zwischen Ende der antineoplastischen Therapie und Auftreten der endokrinologischen Spätfolge sowie Diagnosehäufigkeit der beschriebenen Spätfolgen nach antineoplastischer Therapie (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). H. = Hypogonadismus, w = weiblich, m = männlich, SD = Standardabweichung Patienten gesamt Anzahl der betroffenen Patienten n = Anzahl der weiblichen (w) und männlichen (m) Patienten Ø Alter bei onko. Erstdiagnose in Jahren (±SD) Ø Zeitintervall nach Intensivtherapie in Jahren (±SD) Diagnosehäufigkeit in Prozent Anzahl n der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Diagnosen Hypothyreose Wachstumsstörung Adipositas Pubertas praecox Untergewicht hypogonadotroper H. Panhypopituitarismus Hyperprolaktinämie 29 15 14 6 4 3 3 2 1 8w 21 m 5w 10 m 6w 8m 0w 6m 0w 4m 1w 2m 2w 1m 0w 2m 0w 1m 11,1 (±7,0) 10,7 (±7,8) 8,3 (±5,9) 7,8 (±6,2) 3,8 (±0,8) 14,5 (±3,4) 21,1 (±5,1) 13,8 (±0,8) 25,8 2,4 (±2,0) 2,7 (±1,9) 2,2 (±2,2) 3,2 (±2,2) 0,8 (±1,0) 4,0 (±0,3) 1,1 (±1,0) 0,4 (±0,1) 1,9 175,9 % 51,7 % 48,3 % 20,7 % 13,6 % 10,3 % 10,3 % 6,8 % 3,4 % 3.5.3.2 Zusammenfassung der Therapiemodalitäten Neben der Resektion des Tumors und der chemotherapeutischen Behandlung wurden insgesamt n = 22 Patienten zusätzlich bestrahlt. Hervorzuheben ist hier, dass 50 % der Ergebnisse 61 kranial bestrahlten Patienten eine Hypothyreose entwickelten. Zu unterscheiden ist eine kraniale Strahlengesamtdosis bis zu 40 Gray, eine kraniale Dosis über 40 Gray und die kraniospinale Bestrahlung, welche in diesem Kollektiv zwischen 54 und 60 Gray variierte. Eine Zusammenfassung der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Diagnosen ist in Tabelle 25 dargestellt. Tabelle 25: Zusammenfassung der unterschiedlichen endokrinologischen Spätfolgen nach verschiedenen Therapiemodalitäten der ZNS-Tumor-Patienten sowie durchschnittliches Alter der Patienten zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose und Zeitintervall zwischen Stellung der endokrinologischen Diagnose und Ende der Intensivtherapie (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). H = Hypogonadismus, SD = Standardabweichung, ZNS = Zentrales Nervensystem Therapiemodalität Keine Radiatio ≤ 40 Gray > 40 Gray kraniospinal Gesamt 7 5 10 7 29 5 2 4 1 0 10 0 7 9 20 Ø Alter der Patienten zum Zeitpunkt der onko. Diagnose in Jahren (±SD) 7,9 (±5,6) 11,8 (±4,9) 8,6 (±5,8) 16,6 (±8,6) 11,1 (±7,0) Ø Zeitintervall nach Therapieende in Jahren (±SD) 1,9 (±2,1) 0 (±0) 2,2 (±2,4) 2,6 (±1,2) 1,7 (±2,0) Anzahl der Patienten der verschiedenen Therapiegruppen n = Anzahl der Patienten, die zusätzlich folgende Therapie erhielten: Resektion Resektion + Chemotherapie Anzahl der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Diagnosen: Hypothyreose 4 - 6 5 15 Wachstumsstörung 4 2 4 4 14 Adipositas 3 2 1 - 6 Untergewicht 2 - - 1 3 hypogonadotroper H. - 1 1 2 4 Pubertas Praecox 2 - 2 - 4 Panhypopituitarismus - - 2 - 2 Hyperprolaktinämie - - - 1 1 15 5 16 13 49 Gesamt Insgesamt wurden bei 29 Patienten 49 Spätfolgen diagnostiziert. Dies entspricht einer Diagnoserate von über 170 endokrinologischen Diagnosen pro 100 Patienten. Ergebnisse 62 Ein vermehrtes Vorkommen von Störungen des Körperhöhenwachstums, der Gonadenfunktion/Pubertätsentwicklung oder der Gewichtsentwicklung ist mit zunehmender Strahlenintensität zu beobachten. Vornehmlich in der Therapiegruppe mit kraniospinaler Bestrahlung zwischen 54 und 55 Gy konnten gehäuft Diagnosen einer Hypothyreose (71 %), einer Wachstumsstörung (57 %) oder eines hypogonadotropen Hypogonadismus (29 %) im Nachsorgezeitraum gestellt werden. Zusammenfassend ist zu bemerken, dass die beschriebenen Unterschiede der Therapieauswirkungen auf die große Differenz der Patientenzahl zurückzuführen sein können. 3.5.3.3 Zusammenfassung der Untergruppen Medulloblastom: Eine sehr hohe Diagnosehäufigkeit von durchschnittlich 190 endokrinologischen Folgeerkrankungen pro 100 Patienten zeigen Patienten der Medulloblastom-Untergruppe. Dies bedeutet, dass fast alle Patienten dieser Untergruppe mit zwei endokrinologischen Folgeerkrankungen diagnostiziert wurden. Neben einer Resektion des Tumors, welche alle Patienten der Obergruppe der ZNS-Tumore erhielten, wurde diese Untergruppe zusätzlich mit einer Kombination aus einer Chemotherapie und einer Strahlentherapie zwischen 54 und 68 Gray behandelt. Hervorzuheben ist hier, dass sechs dieser Patienten eine kraniospinale Bestrahlung erhielten. Unter den endokrinologischen Folgeerkrankungen ist besonders das vermehrte Auftreten von Wachstumsstörungen zu vermerken. Fünf der acht Patienten entwickelten nach der Therapie diese Spätfolge. Zudem wurde in dieser Patientengruppe zweimal die Diagnose eines hypogonadotropen Hypogonadismus gestellt. Astrozytom: Eine gesteigerte Diagnosehäufigkeit, vor allem im Bereich der Wachstumsstörung (4 von 6), ist in der Subgruppe der Astrozytome zu beobachten. Zusätzlich wurden zwei männlichen Patienten, deren Alter zum Therapiezeitpunkt durchschnittlich 3,8 Jahre (4,5 und 3,1 Jahre) betrug, mit einer Pubertas praecox diagnostiziert. Einer dieser Patienten wurde nur mit einer Resektion des Tumors behandelt. Gliom: Ergebnisse 63 Zwei Gliom-Patienten wurden mit einer platinhaltigen Chemotherapie und einer Resektion therapiert. Beide Patienten litten an einer Wachstumsstörung, jeweils einer an einer Pubertas praecox, einer Hypothyreose und einer Adipositas. Kraniale Keimzelltumore: Erwartungsgemäß wiesen Patienten mit intrakraniellen Keimzelltumoren, die mit einer kranialen Radiatio von durchschnittlich 45 Gray behandelt wurden, mehrere Störungen der Sexualhormonhomöostase (zwei Patienten), Wachstumsstörungen (zwei Patienten), Abweichungen der Gewichtsentwicklung (2 Patienten mit Adipositas, ein Patient mit Untergewicht), einen Panhypopituitarismus (zwei Patienten) und eine Hypothyreose (1 Patient) auf. Bei einem Germinom-Patienten und einem Patienten mit kranialem Teratom wurde jeweils ein Diabetes Insipidus diagnostiziert. Dieser kann durch die unmittelbare Nähe der beiden Tumore zum Hypophysenhinterlappen bzw. der Pinealisloge bedingt sein. 3.5.4 Knochen-/Weichteiltumore Im Auswertungszeitraum wurden drei Patienten mit einem Osteosarkom und sieben Patienten mit einem Ewing-Sarkom in der Datenbank erfasst. Eine genaue Darstellung dieser Patienten ist in Tabelle 26 zu sehen. Tabelle 26: Darstellung der Anzahl, des durchschnittlichen Alters, Geschlechterverhältnis und durchschnittlicher Beobachtungszeitraum der Patienten mit Knochen-/Weichteiltumor (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). R = Resektion, CTx = Chemotherapie, RTx = Radiotherapie, SD = Standardabweichung. Anzahl n der Patienten Gesamt Gesamt 10 Ewing-Sarkom 7 R + CTx 4 R + CTx + RTx (45 Gy) 3 Osteosarkom 3 Ø Alter zum Zeitpunkt der onko. Diagnose in Jahren (±SD) 12,5 (±4,9) 12,7 (±5,9) 15,1 (±3,2) 9,4 (±7,8) 12,0 (±1,3) Altersrange Geschlechterverteilung 0,4 – 17,3 7 w, 3 m 0,4 – 17,3 4 w, 3 m 10,5 – 17,3 3 w, 1 m 0,4 – 14,5 1 w, 2 m 11,0 – 13,5 3 w, 0 m Ø Beobachtungszeitraum in Jahren (±SD) 4,8 (±3,0) 5,1 (±3,2) 4,1 (±3,0) Ergebnisse 64 3.5.4.1 Ewing-Sarkom Die Patienten, welche mit einem Ewing-Sarkom diagnostiziert wurden, erhielten eine Resektion und eine Chemotherapie bzw. eine zusätzliche Strahlentherapie. Diese erfolgten nach dem Protokoll der Studie EURO-E.W.I.N.G. 1999, welche Zytostatika der Alkylantien, Antimetabolite und Platinderivate beinhaltet. Vier Patienten wurden alleinig mit einer Chemotherapie und Resektion behandelt (Tabelle 27). Von diesen entwickelte nur ein Kind eine Hypothyreose. Diese Spätfolge wurde 7,1 Jahre nach der onkologischen Diagnosestellung und 5,8 Jahre nach Therapieende gestellt. Drei Patienten erhielten zusätzlich zur Resektion und Chemotherapie eine Bestrahlung. Diese wurde bei allen drei Patienten mit einer Gesamtdosis von 45 Gray kraniospinal durchgeführt. Der genaue Krankheitsverlauf und die im Nachsorgezeitraum entwickelten Spätfolgen dieser Patienten ist der Tabelle 27 zu entnehmen. Tabelle 27: Krankheitsverlauf und Darstellung der im Nachsorgezeitraum entwickelten endokrinologischen Spätfolgen sowie Alter zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose (ED) bzw. Alter zum Zeitpunkt der endokrinologischen Diagnose der Ewing-Sarkom-Patienten nach einer Kombinationstherapie aus Resektion, Chemo- und Strahlentherapie mit 45 Gy (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). R = Resektion, CTx = Chemotherapie, RTx = Radiotherapie, H = Hypogonadismus. Patienten mit R + CTx + RTx (45 Gy) Ø Alter zum Zeitpunkt der onko. ED in Jahren (±SD) Anzahl n der in der Nachsorge diagnostizierten endokrinologischen Spätfolgen Wachstumsstörung Hypothyreose Patient 1 0,4 2,1 (Rezidiv 1) 6,8 (Rezidiv 2) Patient 2 13,2 14,4 Jahre Patient 3 14,5 16,0 Jahre 3.5.4.2 Osteosarkom 10,3 Jahre Adipositas hypergonadotroper H. 9,4 Jahre 12,1 Jahre Ergebnisse Drei Patienten wurden mit der Diagnose eines Osteosarkoms in die Datenbank aufgenommen und nach dem Studienprotokoll EURAMOS-1 therapiert. Alle drei Patienten entwickelten eine Hypothyreose gemittelt 2,6 Jahre (SD: ±2,3) nach onkologischer Diagnosestellung und 1,8 Jahre (SD: ±2,3) nach Therapieende. 3.5.4.3 Zusammenfassungen der Therapiemodalitäten Von den zehn Patienten mit Knochen-/Weichteiltumor wurden sieben alleinig mit einer Chemotherapie und einer Resektion des Tumors behandelt. Von diesen Patienten erlitten vier eine Hypothyreose. Diagnostiziert wurden diese durchschnittlich 2,8 Jahre (SD: ±2,7) nach Therapieende. Drei Patienten erhielten zusätzlich zu dieser Behandlung eine Strahlentherapie. Hier traten multiple Spätfolgen (zwei Patienten mit Hypothyreose, jeweils ein Patient mit Adipositas, Wachstumsstörung und hypergonadotropen Hypogonadismus) auf. Zusammenfassend ist zu bemerken, dass die Therapie mit einer zusätzlichen Radiatio eine hohe Rate an endokrinen Folgeerkrankungen mit sich bringt. So beträgt sie bei Patienten mit zusätzlicher Strahlentherapie durchschnittlich 170 endokrinologische Diagnosen pro 100 Patienten, wohingegen eine Kombinationstherapie ohne Radiatio eine Rate von durchschnittlich 60 endokrinologische Diagnosen pro 100 Patienten aufzeigt. 3.5.4.4 Zusammenfassungen der endokrinologischen Diagnosen Bei sechs der zehn Patienten entwickelte sich eine Hypothyreose während der Nachsorge. Diese wurde im Durchschnitt 3,3 Jahre (SD: ±2,3) nach Stellung der onkologischen Diagnose und 2,5 Jahre (SD: ±2,1) nach Therapieende diagnostiziert. Die anderen endokrinen Erkrankungen dieser Patientengruppe traten jeweils nur einmal auf. 3.5.5 Keimzelltumore Insgesamt befinden sich 5 Patienten mit einem Keimzelltumor, davon 3 weibliche und zwei männliche Patienten, in der Nachsorge-Datenbank. Das mittlere Alter aller Patienten mit Keimzelltumor beträgt 9,4 Jahre (SD; ±5,3), wobei die Altersverteilung zwischen 1,3 und 15,2 Jahren variiert. Der Beobachtungszeitraum ist sehr heterogen und beträgt durchschnittlich 3,2 Jahre (SD: ±3,4). 65 Ergebnisse 66 Tabelle 28 zeigt die Gliederung der Patienten nach Tumorlokalisation mit der jeweiligen angewandten Therapiemodalität und den im Nachsorgezeitraum diagnostizierten endokrinologischen Spätfolgen. Tabelle 28: Zusammenfassung der Patienten mit Keimzelltumor nach Lokalisation des Tumors, der Therapiemodalität und der im Nachsorgezeitraum gestellten endokrinologischen Spätfolgen (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). ED = Erstdiagnose, R = Resektion, CTx = Chemotherapie, RTx = Radiotherapie, onko. = onkologisch Anzahl n der Patienten Alter zum Zeitpunkt der onko. ED Ovariell 3 10,1 (±2,4) Testikulär 1 Peniswurzel/ Leiste 1 Lokalisation Therapiemodalität Im Nachsorgezeitraum gestellte endokrinologische Diagnosen Zwei Patienten: R Ein Patient: R + CTx Adipositas, Wachstums/Knochenstoffwechselstörung 1,3 R+CTx Hyperthyreose, Gynäkomastie 15,2 R+CTx+RTx hypergonadotroper Hypogonadismus Patienten mit ovariellem Teratom: Zwei weibliche Patienten wurden aufgrund eines ovariellen Teratoms (durchschnittliches Alter zum Zeitpunkt der onkologischen Erstdiagnose: 9,0 Jahre) behandelt. Beide Patientinnen erhielten eine Resektion des Tumors. Bei einer Patientin dieser Untergruppe trat eine Adipositas, bei der anderen Patientin nach einem Jahr eine Knochenstoffwechsel- und eine Wachstumsstörung auf. Patienten mit Dottersacktumor: Zu der Untersuchungsgruppe der Dottersacktumore zählen sowohl ein männlicher Patient, welcher an einem Hodentumor (Peniswurzel7Leiste) des Stadium 3c erkrankte, als auch zwei Patienten mit einem ovariellen bzw. testikulären Dottersacktumor. Das Alter der Patienten ist sehr heterogen und beträgt durchschnittlich 9,7 Jahre (SD: ±,4). Zwei Patienten erhielten neben der Operation eine Chemotherapie. Einer dieser Patienten wies eine Hyperthyreose und eine Gynäkomastie auf. Zusätzlich zur Kombination einer Resektion und einer Chemotherapie erhielt der Patient mit einem Hodentumor eine Strahlentherapie des kleinen Beckens. Dieser wurde mit einem hypergonadotropen Hypogonadismus im Nachsorgezeitraum diagnostiziert. Ergebnisse 67 3.5.6 Nephroblastom Die Datenbank umfasst sechs Patienten mit der Erkrankung eines Nephroblastoms. Von diesen Patienten wurde jeweils einer dem SIOP-Stadium I, II und V, und drei Patienten dem Stadium IV zugeordnet. Der durchschnittliche Beobachtungszeitraum in dieser Untersuchungsgruppe liegt bei 5,5 Jahren (SD: ±4,5). Drei Patienten wurden mit einer Resektion und einer Chemotherapie behandelt. In dieser Gruppe wurden zweimal eine Wachstumsstörung und einmal eine Hypothyreose diagnostiziert. Diese Diagnosen wurden im Mittel 1,4 Jahre (SD: ±1,2) nach der onkologischen Therapie gestellt. Drei weitere Patienten erhielten zudem eine Strahlentherapie. Die genaue Therapiemodalität sowie das Alter zum Zeitpunkt der in der Nachsorge gestellten endokrinologischen Diagnosen ist der Tabelle 29 zu entnehmen. Tabelle 29: Gliederung der Patienten mit Nephroblastom nach Therapiemodalität. Die Patienten der Therapiegruppe mit Resektion und Strahlentherapie wurden einzeln mit genauen Angaben zur Strahlengesamtdosis und Bestrahlungsfeld sowie Alter zum Zeitpunkt der endokrinologischen Diagnose beschrieben (Universitätsklinikum Ulm 2008-2011). w = weiblich, m = männlich, ED = Erstdiagnose, R = Resektion, CTx = Chemotherapie, RTx = Radiotherapie (abdominal und/oder spinal), SD = Standardabweichung Therapiemodalität Gesamt Anzahl n= (w, m) Ø Alter zum Zeitpunkt der onko. ED in Jahren (±SD) Altersrange 3 w, 3 m 7,4 (±7,5) Diagnostizierte endokrinologische Spätfolgen bzw. Alter zum Zeitpunkt dieser Diagnose Wachstumsstörung Hypothyreose Hypercholesterinämie 1,2 – 22,2 4 1 1 R + CTx 1 w, 2 m 4,7 (±3,1) 1,2 – 7,0 2 1 - R + RTx 2 w, 1 m 10,2 (±10,4) 3,9 – 22,2 2 - 1 Patient 1: 30,6 Gy abd. m 3,9 4,5 Jahre - - Patient 2: 48,6 Gy spinal w 4,4 10,1 Jahre - - Patient 3: 25,2 Gy spinal 30,6 Gy abd. w 22,2 - - 23,2 Jahre Ergebnisse Fünf der Patienten befanden sich im Wachstum zur Zeit der onkologischen Therapie. Bei vier dieser Kinder wurde eine Wachstumsstörung diagnostiziert. Das Alter zum Zeitpunkt der onkologischen Diagnostik dieser Kinder betrug 4,1 Jahre (SD: ±2,4). Die Wachstumsstörung wurde im Durchschnitt 2,5 Jahre (SD: ±1,8) nach Ende der onkologischen Therapie und 3,2 Jahre (SD: ±1,8) nach der Erstdiagnose gestellt. 68 Diskussion 4. Diskussion Die vorliegende Arbeit beschreibt detailliert in einem großen Kollektiv die hohe Prävalenz der Erkrankungen des endokrinen Systems nach einer antineoplastischen Therapie im Kindes- oder Jugendalter. Diese Auswirkungen auf das endokrine System wurden in unserem Kollektiv untersucht und hinsichtlich der unterschiedlichen Therapiemodalitäten, der onkologischen Grunderkrankung und des Manifestationszeitpunktes analysiert. Vor allem das Auftreten einer Hypothyreose, sowohl nach kranialer Radiatio als auch nach einer alleinigen Chemotherapie, stellt ein wichtiges Ergebnis dieser Untersuchung dar. Des Weiteren ist die hohe Prävalenz der Wachstumsstörung nach einer Schädelbestrahlung mit hoher Intensität oder mit kraniospinalem Strahlenfeld, die Entwicklung eines hypergonadotropen Hypogonadismus nach Einsatz von Alkylantien und ein generalisierter Anstieg der Adipositas nach einer Chemotherapie in unserem Kollektiv zu vermerken. Bereits vorbeschrieben wurde das Auftreten einiger dieser Spätfolgen in verschiedenen Arbeiten, aber vor allem in Analysen anhand von Daten der CCSS, eine der größten retrospektiven Kohortenstudie, welche zwischen 1970 und 1986 in insgesamt 25 pädiatrischen Krebszentren Nordamerikas erhoben wurden. Diese Daten beziehen sich jedoch nicht auf ein vorselektiertes Kollektiv von Patienten mit endokrinologischen Spätfolgen wie in vorliegender Arbeit beschrieben, sondern auf alle antineoplastisch behandelten Kinder der pädiatrischen Krebszentren bzw. deren Geschwisterkinder [20]. Eine weitere vergleichbare Studie der Universität Tel Aviv untersuchte 114 Individuen mit Hirntumoren im Zeitraum von 1986 bis 2005 auf endokrine Auswirkungen [119]. Die bisherigen Daten zu endokrinologischen Spätfolgen stammen vielfach aus vergleichsweise „historischen“ Kollektiven und sind häufig, mit Ausnahme der CCSS, ebenfalls zentrumsbasiert und von vergleichbarer Größe zu vorliegendem Fallbericht. Eine systematische Auswertung endokrinologischer Spätfolgen nach vergleichsweise aktuellen Therapieprotokollen der GPOH ist zum aktuellen Zeitpunkt bis auf eine Arbeit der Universität Leipzig in Deutschland nicht publiziert. Diese Arbeit zur endokrinologischen Nachsorge nach antineoplastischer Therapie im Kindes- und Jugendalter der Universität Leipzig aus dem Jahre 2007 besteht aus einem nicht selektierten Kollektiv von 53 (25 weibliche und 28 männliche) Kindern und Jugendlichen mit onkologischer Grunderkrankung. 69 Diskussion 4.1 70 Limitationen Die Untersuchung basiert auf einem Patientenkollektiv, welches in einem festen Zeitraum in der endokrinologischen Nachsorge der Sektion pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm vorgestellt wurde. Es muss somit von einem vorselektierten Kollektiv ausgegangen werden. Infolgedessen wird erwartet, dass die Prävalenz der endokrinologischen Spätfolgen in unserem Kollektiv wesentlich höhere Werte annehmen wird als jene in einem unselektierten Kollektiv verschiedener in der Literatur dokumentierter Untersuchungen (z. B. Daten der CCSS). Dennoch beeinflusst dies nicht das Verhältnis der verschiedenen Diagnosen untereinander oder die therapiespezifische Häufung endokrinologischer Spätfolgen im posttherapeutischen Verlauf, da die Merkmale der verschiedenen Untergruppen vergleichbar sind. Zu diesen zählen Alter zum Diagnosezeitpunkt, Geschlecht der Patienten, Beobachtungszeitraum, Therapie und Art der Nachsorge. Das Auftreten einer endokrinologischen Spätfolge nach antineoplastischer Therapie kann zeitlich sehr variabel sein. Es wird davon ausgegangen, dass sich bestimmte Folgeerkrankungen sehr spät bzw. im Verlaufe des gesamten Lebens manifestieren. Um diese verzögerten Spätfolgen gänzlich zu erfassen, ist ein adäquater Beobachtungszeitraum erforderlich. Der Beobachtungszeitraum unserer Untersuchung beträgt durchschnittlich 5,9 Jahre (SD: ±3,29). Vergleichbare Fallserienuntersuchungen berichten über ähnliche Nachbeobachtungszeiträume wie in der vorliegenden Arbeit. Exemplarisch sind folgende Fallserienuntersuchungen zu nennen: „Endocrine dirsorders following treatment of childhood brain tumours“ aus London mit einem mittleren Beobachtungszeitraum von 9,6 Jahren [75] oder „Ergebnisse einer unizentrischen endokrinologischen Nachsorge onkologischer Patienten im Kindes- und Jugendalter“ der Universität Leipzig mit einem durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von zwei Jahren [65]. Eine komplette Erfassung von Spätfolgen mit einer höheren Latenzzeit kann daher nicht vollständig gewährleistet werden. Dies kann annährend mit großen Beobachtungsstudien wie CCSS erreicht werden, die Aufschluss über einen Nachsorgezeitraum von mehr als 30 Jahren geben. Dabei müssen der begrenzte Beobachtungszeitraum und die niedrigere Fallzahl unseres Kollektivs mit 121 Patienten gegenüber den großen multizentrischen Studien Diskussion 71 berücksichtigt werden. Obwohl in unserer Untersuchung eine geringere Fallzahl vorliegt als in großen multizentrischen Studien, ist diese im Verhältnis zu ähnlich aufgebauten unizentrischen Studien [65,119] jedoch relativ groß. Exemplarisch für eine große multizentrische Studie ist die CCSS mit einer Fallzahl von über 10.000 Patienten zu nennen [95]. Der kleinere Umfang unserer Studie ermöglicht im Gegensatz zu empirischen Untersuchungsmethoden der großen Kohortenstudien jedoch präzisere klinische Nachsorgeuntersuchungen und Verlaufsbeurteilungen jedes einzelnen Patienten. Folglich werden in den verschieden Studientypen unterschiedliche Methoden zur Nachsorgediagnostik herangezogen. Im Gegensatz zu einer Erfassung von Spätfolgen durch eine Selbstauskunft mittels standardisierter Fragebögen, wie diese oft in großen multizentrischen Studien herangezogen wird (u. a. in der CCSS), können endokrinologische Spätfolgen durch regelmäßige körperliche und laborchemische Nachsorgeuntersuchungen früh und effektiv aufgedeckt werden. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass ein Unterschied in der Prävalenz der Spätfolgen zwischen großen multizentrischen Studien, wie der CCSS, und kleineren, unizentrischen, klinischen Studien, wie die Studie der Universität Leipzig mit einer Fallzahl von 53 Patienten, und der vorliegenden Fallserienuntersuchung zu beobachten ist. Zudem ist in den unizentrischen Studien im Gegensatz zu größeren multizentrischen Studien von einer Selektion der Patienten vergleichbar zu unserer Studie auszugehen. Demnach werden in Analysen der CCSS generell niedrigere Prävalenzen erwartet als in der Studie der Universität Leipzig [65], deren Aufbau, Umfang und Methodik vergleichbar zu der vorliegenden Fallserienuntersuchung sind. Unsere Untersuchungsergebnisse werden folglich in beide Kontexte eingeordnet und einander gegenübergestellt. 4.2 Interpretation der Ergebnisse und Vergleich Die Ergebnisse unserer Studie zeigen auf, dass Patienten aller Grunderkrankungen an einer oder an multiplen endokrinologischen Erkrankungen leiden. Patienten mit ZNS-Tumor weisen die höchste Diagnoserate mit durchschnittlich über 170 Diagnosen pro 100 Patienten auf. Dies kann mit dem zytotoxischen Effekt der kranialen Bestrahlung als Therapiemodalität begründet werden [75,119]. Vermehrt traten daher zentrale Störungen, wie Wachstumsstörung, die Hypothyreose, der hypogonadotrope Hypogonadismus und die Pubertas praecox, auf. Diese Ergebnisse befinden sich im Konsens mit der aktuellen Diskussion Datenlage der Literatur. In einer Studie bei Patienten mit ZNS-Tumor (n = 303) wird ebenfalls vorherrschend von Wachstumsstörungen (35,1 %), gefolgt von der Hypothyreose und Störungen der Sexualhormonhomöostase berichtet [119]. Unter den Patienten der Leukämien und des Morbus Hodgkin ist die Prävalenz der Hypothyreose hervorzuheben, welche sowohl in der Untersuchungsgruppe mit Chemotherapie und zervikaler Radiatio auftritt als auch in der Untersuchungsgruppe mit alleiniger Chemotherapie. Im Folgenden sind diese Ergebnisse gegliedert und mit der Datenlage der Literatur abgeglichen worden. 4.2.1 Hypothyreose Die Hypothyreose ist die am häufigsten diagnostizierte endokrinologische Erkrankung des Ulmer Patientenkollektivs. Die Hypothyreose trat bei Patienten aller Erkrankungsgruppen auf. Wie in 3.2.1 beschrieben, beträgt die Erkrankungsrate im Durchschnitt 67,8 % mit einem Maximum bei Patienten mit Morbus Hodgkin mit 80 %, gefolgt von LeukämiePatienten mit 78,3 % und Patienten mit ZNS-Tumor mit 51,7 % Erkrankungsrate. Die relativen Werte der Erkrankungshäufigkeit sind sehr hoch verglichen mit den Referenzwerten der Literatur. Diese liegen in einer englischen multizentrischen Studie (n = 10091) bei 19,9 % bei Patienten mit Morbus Hodgkin, 15,3 % bei Patienten mit ZNSTumor und 5,2 % bei Leukämie-Patienten [12]. Ähnlich berichten Studien der CCSS von einer Hypothyreose-Prävalenz von 15,9 % unter Kindern und Jugendlichen mit einem Hirntumor [55]. Beide Studien sind jedoch multizentrisch aufgebaut, wobei Diagnosen unter anderem mittels Fragebögen erfasst wurden. Es wurden daher in unserer Fallserienuntersuchung höhere Werte erwartet. Die einzige Studie, welche höhere Prävalenzen aufzuweisen hat, ist die Untersuchung zu endokrinologischen Spätfolgen der Universität Leipzig. Diese zeigte TSH-Erhöhungen bei 91 % der Kinder und Jugendlichen bei einer Untersuchungspopulation von 53 Patienten, wobei Kinder mit Radiatio häufiger betroffen waren [65]. 4.2.1.1 Periphere Hypothyreose nach Strahlen-, bzw. Chemotherapie Vorherige Studien beschäftigten sich vorrangig mit dem thyreotoxischen Effekt der Strahlentherapie, da die Entwicklung einer peripheren Hypothyreose als Spätfolge generell 72 Diskussion einer zervikalen Radiatio zugeschrieben wird. Mehrere Studien gehen daher davon aus, dass nicht nur die zentrale, sondern auch die periphere Hypothyreose vorrangig bei Patienten auftritt, welche eine kraniale bzw. zervikale Strahlentherapie erhielten, und weniger bei Patienten, welche alleinig mit einer Chemotherapie (nicht in Kombination mit einer Stammzelltransplantation oder einer Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren) behandelt wurden [24,87]. In weiteren Arbeiten wurden Patienten mit Leukämie, welche vornehmlich mit Chemotherapeutika behandelt wurden, auf eine Hypothyreose untersucht. Diese ergaben kumulative Inzidenzen von 1,6 % in der CCSS [24] bis 5,2 % in einer britischen multizentrischen Studie [133]. Diese Werte stehen im Kontrast zu den Diagnoseraten unseres bzw. des Leipziger Kollektivs. Die Prävalenz der an Hypothyreose leidenden Patienten ist deutlich höher, sowohl in der Gesamtheit als auch in den Untergruppen der Patienten mit Morbus Hodgkin (80 %) und in der mit einer ALL (76,7 %). Bemerkenswert ist zudem, dass in der Datenbank aufgenommene Patienten beider in Abschnitt 3.4.2 beschriebenen Therapiegruppen (alleinige Chemotherapie, Chemotherapie mit zervikaler Radiatio), welche hauptsächlich aus Patienten mit Morbus Hodgkin oder mit einer Leukämie bestehen, an einer Hypothyreose erkrankten. Analog zu den Erwartungen fand sich eine höhere Diagnoserate in der Gruppe der zervikal bestrahlten Patienten mit Morbus Hodgkin. Fast alle Patienten dieser Untersuchungsgruppe erkrankten an einer Störung der Schilddrüsenfunktion (95,7 %). Dies ist jedoch beträchtlich höher als publizierte Daten aus der Childhood Cancer Survivor Study (CCSS), die ebenfalls Patienten mit Morbus Hodgkin untersuchte und eine Inzidenz von 28 % berichtete. Die Studie bezog sich auf Patienten, welche eine mediastinale bzw. zervikale Radiatio von über 45 Gray erhielten. 20 Jahre nach Diagnose stieg die Diagnosehäufigkeit jedoch von 28 % auf 50 % an [125]. In einer weiteren Studie an einem Patientenkollektiv von 59 Individuen in Brasilien, welche eine Strahlentherapie erhielten, wurde eine Erkrankungsrate von 39 % berichtet (durchschnittlich 3,6 Jahre nach einer Radiatio mit gemittelt 42 Gy) [10]. Die Diagnoserate in der Therapiegruppe mit alleiniger Chemotherapie in unserer Datenbank ist erwartungsgemäß niedriger als die Vergleichsgruppe mit zusätzlicher Bestrahlung der Halsregion. Dennoch weist diese eine sehr hohe Diagnoserate der Hypothyreose von 73 % nach durchschnittlich 3,1 Jahren (SD: ±3,5) nach dem Ende der Chemotherapie auf. Eine Hypothyreose tritt demzufolge möglicherweise deutlich häufiger in den ersten Jahren nach einer Chemotherapie auf als bisher bekannt. 73 Diskussion Außer der deutschen Studie aus Leipzig, welche 2007 veröffentlicht wurde, sind wenige detaillierte Daten bezüglich der Entwicklung einer Hypothyreose nach alleiniger Chemotherapie verfügbar. Diese Studie umfasst zwölf Patienten, deren periphere Schilddrüsenparameter nach Therapie ohne Bestrahlung kontrolliert wurden und bei fünf Patienten pathologische Werte ergaben. Dies kann der Stresssituation der Patienten, welche zu einer Katecholaminfreisetzung führen kann, oder dem in diesem Abschnitt diskutierten medikamenteninduzierten Effekt der Chemotherapie zugeschrieben werden [65]. Dennoch ist das gehäufte Auftreten der Hypothyreose eine meist therapiebedürftige Spätfolge und mit ihren Auswirkungen auf den ganzen Organismus und Metabolismus nicht zu vernachlässigen. Das Zeitintervall zwischen Erstdiagnose und der Entwicklung einer Hypothyreose kann sehr groß sein. Eine umfassende Studie der CCSS mit langem Beobachtungszeitraum belegt, dass eine Hypothyreose bei Leukämie-Patienten durchschnittlich prolongiert (nach mehr als zehn Jahren) auftrat als die Manifestation einer Hypothyreose bei Patienten mit Morbus Hodgkin. Es wird davon ausgegangen, dass eine Hypothyreose bis zu 25 Jahren nach Therapieende auftreten kann [24]. Aufgrund der hohen Prävalenz einer Hypothyreose nach Radio- bzw. Chemotherapie im Kindes- und Jugendalter und der frühen Manifestation einer Hypothyreose ist ein frühzeitiges Nachsorge-Screening zur zeitgemäßen Behandlung unerlässlich. 4.2.1.2 Zentrale Hypothyreose nach Schädelbestrahlung Da die sekundäre und tertiäre Hypothyreose hauptsächlich durch kraniale Intervention bedingt ist [74], wird die Untergruppe der Neurogenen Tumore herangezogen, um diese vergleichen zu können. Dennoch ist nicht immer eine eindeutige Unterscheidung zwischen primärer, sekundärer und tertiärer Hypothyreose möglich, da auch eine Kombination dieser vorliegen und somit eine TSH-Testung nicht verwertbar sein kann. Die Diagnosehäufigkeit der Hypothyreose ist in dieser Gruppe nach einer kranialen Strahlentherapie in Kombination mit einer Chemotherapie in 3.5.3.2 beschrieben und beträgt 50 % bei einer Fallzahl von 22 Patienten. Obwohl die bekannten Daten der Literatur sehr unterschiedlich sind, entspricht dieser Wert den gängigen Ergebnissen. Nach Untersuchungen von Livesey und Mitarbeitern [74] tritt nur bei 3 bis 6 % aller Patienten eine zentrale Hypothyreose durch kraniale Radiatio auf. Vergleichbare Studien berichten von Werten von 5,1 % [10] oder 23 % nach kranialer Radiatio von über 42 Gray [71]. 74 Diskussion 75 Weitere Daten reichen von 65 % nach einer Strahlentherapie über 50 Gray bis zu 69 % nach einer Kombination mit einer Chemotherapie [75]. Die Erkrankungsrate für eine kraniale Strahlentherapie über 40 Gray mit Chemotherapie dieser Datenbank beträgt bei einer Fallzahl von n = 10 Patienten 60 %. 4.2.2 Wachstumsstörung Eine Wachstumsstörung wurde in unserem Kollektiv bei 26,2 % der Patienten, mit einem Maximum von 48,3 % bei Patienten mit Hirntumoren diagnostiziert. Generell wird der Kleinwuchs (< 3. Körperhöhenperzentile) bzw. werden Wachstumsstörungen mit GH-Mangel einer Behandlung mit kranial und vor allem kraniospinal applizierter Strahlendosis zugeordnet. Dies wird nicht nur in einer Studie der Universität Leipzig verdeutlicht, sondern auch in anderen vergleichbaren Arbeiten [11,58,64]. 4.2.2.1 Dosisabhängigkeit Schädelbestrahlung In der Auswertung der Daten ist eine erhöhte Häufigkeit der Wachstumsstörung nach einer antineoplastischen Therapie in der Therapiegruppe mit kranialer Bestrahlung zu verzeichnen. Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass 48,3 % der Patienten dieser Gruppe im Laufe der Nachsorge an Wachstumsstörungen leiden. Zudem ist eine Korrelation zur Strahlengesamtdosis und Lokalisation gegeben. Im Vergleich dazu beträgt die Diagnoserate in Analysen der CCSS unabhängig der Strahlengesamtdosis und Bestrahlungsfeld (kranial oder kraniospinal) ebenfalls fast 40,0 % [56]. Nach einer prophylaktischen Schädelbestrahlung bis 24 Gray beträgt die Diagnoserate in unserem Kollektiv 22,2 % (Tabelle 13). Dies ist bereits in Studien von Berry et al 1983 [3] und Sklar et al 1993 [124] beschrieben. Hier wird von einer Erkrankungsrate von 10 – 15 % bei ALL-Patienten nach prophylaktischer kranialer Radiatio und Chemotherapie ausgegangen. Patienten, welche eine Strahlentherapie bis einschließlich 24 Gray erhielten, konnten ein während der Therapie entstandenes Wachstumsdefizit im Gegensatz zur Therapiegruppe mit einer höheren Strahlenintensität im Laufe der Nachsorge relativ gut aufholen (vgl. Abbildung 11, in Abschnitt 3.4.1). Dennoch haben diese Patienten einen durchschnittlich niedrigeren Körperhöhen-SDS als vor der Therapie (Differenz: -0,38). Diese Diskrepanz Diskussion 76 zwischen den verschiedenen Strahlendosen und das Aufholvermögen wurde bereits 1988 von Cicognani et al. dargestellt [26,64]. Einige Studien beschreiben eine Differenz der Körperhöhen-SDS nach kranialer Radiatio (18 – 24 Gray) bis zu -1,04 SDS [64] oder sogar -1,38 [124] im Vergleich zur Körperhöhen-SDS vor Therapiebeginn. Bei über 24 Gray erreicht die Diagnoserate unseres Kollektivs bereits 35,7 % und bei einer kraniospinalen Bestrahlung 55,6 %. Beschrieben ist dies in Abschnitt 3.4.1 und den darin enthaltenen Abbildungen, welche das negative Ausmaß der Schädelbestrahlung auf den Wachstumsverlauf verdeutlichen. Die hohe Diagnoserate unseres Kollektivs und die Abhängigkeit zur Strahlenintensität und Bestrahlungsfeld sind in der Literatur bereits vorbeschrieben, wobei kein gemeinsamer Konsens über die exakte Höhe der Erkrankungsrate herrscht [31,50]. Während einige Studien von ca. 60 % Erkrankungsrate [58] ausgehen, veröffentlichten Borson-Chazot und Brue Berichte, in denen eine Erkrankungsrate von 90 % nach kranialer Strahlentherapie beschrieben ist [11]. In einer australischen Studie beträgt die Prävalenz sogar 97 % bei Patienten mit Hirntumor nach einer kranialen Radiatio [75]. Ein Abfall der Körperhöhen-SDS nach einer Bestrahlung des Neurokraniums wurde vor allem nach einer höheren Strahlendosis und nach kraniospinaler Bestrahlung beobachtet (Abbildung 12). Erstere betrugen zum Zeitpunkt der onkologischen Diagnose -0,91 (SDSD), mit einem Abfall zu -1,76 (SDS-3) drei Jahre nach Therapie (Differenz: SDS-3 – SDSD = -0,85). Eine ähnliche Differenz wurde an der Universität in Tel Aviv erfasst. Der Ausgangswert von 47 kranial bestrahlten Hirntumor-Patienten betrug -0,56 SDS, die Endgröße der Patienten jedoch -1,16 (Differenz: SDS-Endgröße – SDS-D = - 0,6) [119]. Analog zu unseren Ergebnissen wird auch in dieser Studie darauf hingewiesen, dass die Prävalenz nach einer kraniospinalen Bestrahlung höher ist als ohne diese. 4.2.2.2 Nach Chemotherapie Eine gering verminderte Körpergröße trat auch bei Kindern auf, welche nur mit einer Chemotherapie behandelt wurden. Dieser Einfluss auf das Wachstum ist bereits in anderen Kollektiven aufgezeichnet worden. So erlitten 31 von 800 Patienten einer Studie von Rose et al. [106] eine Wachstumsstörung und sogar 44 % von 25 Kindern nach einer Chemotherapie und Resektion eine verminderte Sekretion von Wachstumshormonen [104]. Obwohl vereinzelte Studien den Einfluss von Chemotherapeutika auf das Wachstum Diskussion 77 bestreiten [64], weist die Mehrheit der Untersuchungen auf eine eindeutige Korrelation zwischen Chemotherapie und Wachstumsstörungen hin [124]. Die Ergebnisse unserer Studie zeigen auf, dass eine Chemotherapie zur Entstehung einer Wachstumsstörung beitragen kann, jedoch nicht in dem Ausmaß, wie eine Bestrahlung diese begünstigt. Sowohl eine kraniale Bestrahlung von über 24 Gray als auch eine kraniospinale Bestrahlung weisen eine signifikante Erkrankungsrate einer Wachstumsstörung auf. 4.2.2.3 Wachstumsstörung und Pubertas praecox Bei zwei der vier Patienten mit Hirntumor, welche eine Pubertas praecox entwickelten, trat zudem eine Wachstumsstörung auf. Diese Kombination entspricht den Erwartungen, da eine Pubertas praecox mit einem vorzeitigen Schluss der Epiphysenfugen einhergeht und somit den Zeitraum des pubertären Wachstumsschubes verkürzt. Da jedoch ab einer kranialen Strahlendosis von 35 Gray sowohl eine Pubertas praecox als auch ein Kleinwuchs bedingt durch einen Wachstumshormonmangel auftreten kann, ist eine gleichzeitige Erkrankung an beiden Spätfolgen möglich [72,119,121]. Die Gefahr dieser Kombination besteht in der gegenseitigen Maskierung der jeweiligen Auswirkungen. Eine frühzeitige temporäre Aktivierung der GnRH-Freisetzung im Rahmen einer Pubertas praecox [81] kann eine primär pathologisch verminderte GnRH-Sekretion als Folge einer Schädigung zunächst ausgleichen und das Vorhandensein beider Erkrankungen bleibt zunächst unerkannt. Eine späte oder fehlende Diagnostik des Wachstumshormonmangels und der Pubertas praecox wirkt sich nachteilig auf den Behandlungserfolg aus. Auch eine bereits in der Literatur vorbeschriebene Häufung der Entwicklung einer Pubertas praecox zusammen mit einem erhöhten BMI im Sinne einer Adipositas konnte bei allen vier Patienten in unserem Kollektiv beobachtet werden [92,97]. Diese Kombination von endokrinologischen Pathologien stellt nicht nur eine Spätfolge der antineoplastischen Therapien dar. Die Adipositas kann auch als Risikofaktor betrachtet werden, der eine Prädisposition zur Entwicklung einer Pubertas praecox darstellt. Die zeitliche Abfolge der Entwicklung dieser Spätfolgen spricht für die Rolle der Adipositas als möglichem Risikofaktor. Die Diagnose einer Adipositas wird meist sehr früh nach einer antineoplastischen Behandlung (in unserem Kollektiv nach durchschnittlich 1,6 Jahren, SD: ±2,0) oder, wie in einer Studie mit ALL-Patienten beobachtet, bereits während der Diskussion 78 Intensivtherapie gestellt [100], wobei eine Pubertas praecox in unserem Kollektiv erst nach durchschnittlich 4,6 Jahren (SD: ±4,1) nach Therapieende auftrat. 4.2.3 Hypergonadotroper Hypogonadismus Von den eingesetzten Zytostatika haben Alkylantien das höchste gonadotoxische Potenzial und sind somit ein Risikofaktor für die Entwicklung eines hypergonadotropen Hypogonadismus [90]. In Berichten kleinerer Studien wird von einer Diagnosehäufigkeit eines hypogonadotropen Hypogonadismus bis zu 57 % ausgegangen [14,102,122]. Studien der CCSS zeigen den dosisabhängigen Zusammenhang einer Therapie mit Alkylantien mittels Alkylating Agent Dose (AAD) Score und der gonadalen Toxizität. Ein hypergonadotroper Hypogonadismus trat hier bei 6,3 % der weiblichen Patientinnen auf [21]. Das Ergebnis unserer Fallstudie ist mit einer Diagnosehäufigkeit von 5,8 % (7 Patienten) ähnlich, wobei der kürzere Beobachtungszeitraum, die kleinere Größe und das vorselektierte Kollektiv unserer Studie berücksichtigt werden müssen. Alle diese sieben Patienten erhielten unter anderem eine Chemotherapie mit Alkylantien (vgl. Tabelle 9). Nach einer Bestrahlung des kleinen Beckens entsprechen die Daten der Erkrankungshäufigkeit des hypergonadotropen Hypogonadismus in unserem Kollektiv (einer von zwei Patienten) den Vergleichswerten in der Literatur, welche bei männlichen Patienten bei 50 % (Strahlengesamtdosis > 33 Gy) und bei weiblichen Patienten bei 70 % (Strahlengesamtdosis >20 Gy) liegen [22,61]. Dieser Vergleich ist jedoch aufgrund der geringen Fallzahl nicht aussagekräftig. Zwei weitere Patienteninnen litten nach einer Kombination aus kranialer Radiatio und einer Chemotherapie mit Alkylantien an einem hypergonadotropen Hypogonadismus. Diese Therapiekombination ist ein Risikofaktor für verschiedene endokrinologische Folgeerkrankungen. So kann neben einem alkylantienbedingten hypergonadotropen Hypogonadismus auch eine Pubertas praecox (bei ca. 10-20 %) oder im Verlauf ein hypogonadotroper Hypogonadismus, hervorgerufen durch eine kraniale Bestrahlung, auftreten [44]. Die temporäre und vorzeitige Steigerung der LH- und FSH-Sekretion des Hypophysenvorderlappens im Rahmen einer Pubertas praecox schließt ein späteres vorzeitiges Ovarialversagen nicht aus. Der Krankheitsverlauf bzw. die sich dominierend darstellende endokrinologische Spätfolge können in Abhängigkeit von der verwendeten Alkylantiendosis stehen. Bei den beiden Diskussion 79 beschriebenen Patientinnen überwog zum Untersuchungszeitpunkt die gonadale Toxizität der Alkylantien gegenüber einer evtl. Schädigung der hpothalamo-hypophysären Achse (mit Pubertas praecox oder hypergonadotropen Hypogonadismus als Folge durch die erhaltene kraniale Bestrahlung) mit der Spätfolge eines hypogonadotropen Hypogonadismus. In einer Studie mit 75 Morbus Hodgkin Patienten wird darauf hingewiesen, dass trotz eines normalen Pubertätsverlaufes bei 87,8 % erhöhte LH-Werte und bei 53,4 % erhöhte FSHWerte zu finden waren [14]. Es wird daher davon ausgegangen, dass viele Erkrankungen aufgrund des subklinischen Verlaufes unerkannt bleiben [2,107]. Hier stellt sich die Frage, ob ein subklinischer Verlauf therapiebedürftig ist und in welchem Ausmaß klinische Pathologien zu beobachten sind. Eine genauere Diagnostik des subklinischen Verlaufes wäre mit engmaschigeren Kontrollen der Laborparameter gewährleistet. 4.2.4 Adipositas Mit einer Diagnoserate von 28,9 % ist die Adipositas nach der Hypothyreose die häufigste diagnostizierte endokrinologische Spätfolge in unserem Kollektiv. Besonders betroffen sind Patienten der Untergruppe der Leukämien (ALL und AML) mit einer Diagnoserate von 37,0 % und Patienten mit Morbus Hodgkin (36,0 %). Von den 15 ALL-Patienten, welche eine Adipositas entwickelten, erhielten nur zwei zusätzlich zur Chemotherapie eine kraniale Bestrahlung (Anzahl der ALL-Patienten mit alleiniger Chemotherapie gesamt: n = 35; Anzahl der ALL-Patienten mit Kombinationstherapie gesamt: n = 9). Wie bereits vielfach beschrieben, zählt die kraniale Bestrahlung zu den größten therapiebedingten Risikofaktoren für die Entwicklung einer Adipositas [33,76]. Kinder und Jugendliche, die an einer ALL erkrankten, schienen ein besonderes Risiko für die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas im Verlauf der Nachsorge aufzuweisen [94,128]. In einer kontrollierten Studie der CCSS erkrankten Patienten mit Leukämie doppelt so häufig an einer Adipositas wie eine Kontrollgruppe mit Geschwisterkindern der Patienten. In der Untersuchungsgruppe der Hirntumor-Patienten konnte dies nicht nachgewiesen werden [96]. Ähnliche Ergebnisse wurden in einer aktuellen Studie der Universität Leipzig veröffentlicht. Eine signifikante Gewichtszunahme im posttherapeutischen Verlauf wurde dort in der Untersuchungsgruppe der LeukämienPatienten (15 Individuen) mit einem BMI-SDS von ca. +1,8 zwei Jahre nach Stellung der Diskussion 80 onkologischen Diagnose und der Lymphom-Patienten (10 Individuen) mit einem BMISDS von ca. +1,7, jedoch weniger bei Hirntumor-Patienten mit einem BMI-SDS von ca. +0,8 beobachtet (7 Individuen) [65]. Diese Daten spiegeln die Ergebnisse unserer Analyse wieder, welche eine Diagnoserate von 25 % nach kranialer Bestrahlung, jedoch eine höhere Diagnosehäufigkeit bei Patienten der Leukämien und des Morbus Hodgkin aufweisen. Eine Adipositas im Kindes- und Jugendalter kann zudem eine Prädisposition zur Entwicklung einer Sexualhormonstörung, vornehmlich einer Pubertas praecox darstellen Alle Patienten aus vorliegender Studie mit einer Pubertas praecox (durchschnittlicher Diagnosezeitpunkt: 4,6 Jahre nach Therapieende) entwickelten bereits durchschnittlich 3 Jahre vor dieser Diagnose eine Adipositas. 4.3 Resumee Mit steigender Überlebenswahrscheinlichkeit von Krebspatienten im Kindes- und Jugendalter spielen die endokrinologischen Spätfolgen zunehmend eine größere Rolle. Diese sind vielfältig, komplex und häufig in der gesamten Studienpopulation zu beobachten. Dennoch können bestimmte endokrinologische Spätfolgen speziellen Therapiemodalitäten und onkologischen Grunderkrankungen zugeordnet werden. Vornehmlich Patienten mit Hirntumor, welche mit einer Schädelbestrahlung und einer Chemotherapie behandelt wurden, sind häufig von endokrinologischen Spätfolgen betroffen. Die Prävalenz der Adipositas in unserem Patientenkollektiv ist vor allem bei Patienten der Leukämie und des Morbus Hodgkin sehr hoch. Eine kraniale Bestrahlung kann ebenso ein Risiko für die Entwicklung einer Adipositas darstellen. Eine Hypothyreose ist die häufigste endokrinologische Spätfolge in unserem Kollektiv und tritt besonders bei Patienten mit bestimmten onkologischen Erkrankungen (Leukämie und Morbus Hodgkin) auf. Es wurde bei sehr vielen Patienten im Verlauf der Nachsorge eine Hypothyreose diagnostiziert, die keine Exposition zu einem typischen Risikofaktor (zervikale oder spinale/zervikale Bestrahlung, Therapie mit Thyrosinkinaseinhibitoren) aufwiesen. Obwohl sich die Daten in vorliegender Fallserienuntersuchung auf ein vorselektiertes Kollektiv beziehen, ist davon auszugehen, dass eine Hypothyreose möglicherweise deutlich häufiger auch nach alleiniger Chemotherapie auftritt als bisher bekannt. Diskussion 81 Eine Wachstumsstörung wurde auffallend häufig bei Patienten mit kranialer oder kraniospinaler Bestrahlung diagnostiziert, wobei eine alleinige Chemotherapie ebenfalls eine erhöhte Diagnoserate dieser Spätfolge in unserem Kollektiv aufweist. Es besteht ein eindeutiger und vorbeschriebener Zusammenhang zwischen Intensität bzw. Lokalisation (kranial oder kraniospinal) der Bestrahlung und der Wachstumsentwicklung bzw. der durchschnittlichen Körperhöhen-SDS der Patienten im Nachsorgezeitraum. So wurden 55,6 % der Patienten unseres Kollektivs nach einer kraniospinalen Bestrahlung mit einer Wachstumsstörung diagnostiziert. Sowohl eine frühe Diagnose als auch ggf. eine zeitnahe Therapie sind bei dieser Spätfolge indiziert. Vor allem ist die Fallserienuntersuchungen eingeschränkte zum nationale Thema Datenlage bezüglich endokrinologischer aktueller Spätfolgen nach antineoplastischer Therapie im Kindes- und Jugendalter zu erwähnen. Durch externe Einflüsse, epidemiologische Veränderungen und neuere Therapieansätze können sich Spätfolgen wandeln. Exemplarisch ist die Adipositas zu sehen. Da der Anstieg der Adipositas nicht nur in der deutschen Bevölkerung in den letzten zehn Jahren stark zugenommen hat [19], ist simultan auch mit einer größeren Prävalenz nach antineoplastischer Therapie im Kindes- und Jugendalter zu rechnen, da die Patienten ähnliche externe Einflüsse (unabhängig von der antineoplastischen Therapie) und folglich auch das gleiche Grundrisiko teilen. In unserem Kollektiv sind bisher bereits 28,9 % der Patienten von dieser Spätfolge betroffen. Die Ergebnisse unserer Untersuchung und die gravierenden Auswirkungen auf die verschiedenen Organsysteme verdeutlichen die Bedeutung der endokrinologischen Nachsorge und die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit von Onkologen und Fachärzten für pädiatrische Endokrinologie. Ein Verständnis des Zusammenhangs zwischen onkologischer Therapie und Spätfolgen ist nicht nur für die Nachsorge, sondern auch für die Primärtherapie unerlässlich [81]. Mit der rapiden Optimierung antineoplastischer Therapien wächst die Notwendigkeit, den Wissensstand zu aktualisieren, um bestehende Leitlinien zur Nachsorge anzupassen und zu optimieren. Dies ist nur mit einer kontinuierlichen Untersuchung endokrinologischer Spätfolgen möglich. Das Fehlen zeitgemäßer Studien und Fallzahlen wirkt sich negativ und nachteilig auf die Optimierung und Aktualisierung der Nachsorgestrategien aus. Diskussion 4.4 Praktische Konsequenzen und Implikationen Dieser unizentrische Fallbericht der Sektion pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm schafft eine ausführliche Deskription der Auswirkungen antineoplastischer Therapien. Die Ergebnisse, vornehmlich die hohe Inzidenz der Hypothyreose, zeigen den Bedarf einer regelmäßigen und langfristigen laborchemischen Kontrolle der Schilddrüsenhormone. Dies bezieht sich auf Patienten unseres selektierten Kollektivs, welche nicht nur eine Strahlentherapie erhalten hatten, sondern auch auf Patienten, welche mit einer alleinigen Chemotherapie behandelt wurden. Gemäß der S3-Leitlinie der DGKED, der GPOH und weitere Fachgesellschaften „Endokrinologische Nachsorge nach onkologischer Erkrankung im Kindes- und Jugendalter“ AWMF 023-030 sollte diese in den ersten zehn Jahren der Nachsorge jährlich, danach mindestens zweijährlich erfolgen [38]. Des Weiteren muss auf die im Vergleich mit anderen in unserem Kollektiv diagnostizierten endokrinologischen Spätfolgen hohe Diagnoserate von Wachstumsstörungen (vornehmlich nach einer Bestrahlung des ZNS) hingewiesen werden. Regelmäßige klinische Kontrollen der Körperhöhenentwicklung sind obligat, um mögliche Wachstumsstörungen zu diagnostizieren und den Verlauf dieser zu kontrollieren. Die S3-Leitlinie sieht hierzu in Abhängigkeit von der Risikoexposition regelmäßige Kontrollen vor [38]. Im Falle eines Verdachtes auf einen Wachstumshormonmangel ist eine frühzeitige weiterführende Diagnostik entsprechend der AWMF-Leitlinie 089-001 indiziert [38]. Hier muss darauf hingewiesen werden, dass eine Kombination eines Wachstumshormonmangels mit z.B. einer Pubertas praecox vera bestehen kann und so die Symptome eines STH-Mangels maskiert werden können. Folglich müssen endokrinologische Nachsorgeuntersuchungen auch im Hinblick auf die Diagnostik von Störungen der Pubertätsentwicklung und der gonadalen Funktion neben der klinischen Untersuchung auch laborchemische Parameter beinhalten. Die Untersuchungen nach Tanner bzw. Prader sollten gemäß der aktuellen Leitlinien bei beiden Geschlechtern jährlich bis zum Abschluss der Pubertät, der Sexualhormonstatus mindestens sowohl vor Beginn einer onkologischen Therapie (Strahlentherapie des Schädels, Behandlung mit Chemotherapeutika der Gruppe der Alkylantien und Schwermetalle) als auch im Alter von 13-14 Jahren erfolgen [38]. Da die Diagnosehäufigkeit einer Adipositas vorrangig bei Patienten mit Leukämie oder mit Morbus Hodgkin sowohl in unserem Kollektiv als auch in der Datenlage der Literatur 82 Diskussion 83 auftritt und eine Adipositas mit einem deutlich erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Fogeerkrankungen einhergeht, ist die Diagnostik einer Adipositas besonders wichtig [54]. Die jährliche Bestimmung des BMI ermöglicht zumindest ein basales Screening für das Vorliegen einer Adipositas wie auch eines Untergewichtes und ermöglicht ggf. eine zeitnahe Intervention. Diese Verlaufskontrolle sollte nach einer Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter lebenslänglich und bei Verdacht auf einen erhöhten Körperfettanteil zusätzlich mit der Messung des Taillenumfangs fortgeführt werden [38]. Nicht nur die derzeit noch eingeschränkte Datenlage bezüglich der Adipositas als „neue“ Spätfolge, sondern auch die zum Teil widersprüchlich in der Literatur beschriebene Entwicklung einer Hypothyreose nach alleiniger Chemotherapie sprechen für die Notwendigkeit weiterführender endokrinologischer Nachsorgestudien. Aufgrund der verbesserten Therapiemethoden und der damit steigenden Anzahl an Langzeitüberlebenden einer Krebserkrankung im Kindes- oder Jugendalter wächst der Bedarf, das Bewusstsein für endokrinologische Spätfolgen und die Kenntnis hierüber zu erweitern. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil, um eine frühzeitige und adäquate Behandlung zu ermöglichen und somit die schwerwiegenden Konsequenzen unbehandelter Endokrinopathien abzuwenden. Zusammenfassung 5 Die 84 Zusammenfassung ständige Optimierung von Behandlungsstrategien hat die Überlebenswahrscheinlichkeit für Kinder und Jugendliche mit Krebserkrankungen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich erhöht. Großen Anteil an diesem Erfolg haben zunehmend effektivere, dabei aber auch aggressivere Strahlen- und Chemotherapien. Daher hat parallel das Risiko, an Spätfolgen zu erkranken, zugenommen. Besonders häufig treten in diesem Kontext hypothalamo-hypophysäre Funktionsstörungen des endokrinen Systems auf. Für eine adäquate Behandlung und Nachsorge ist eine zeitnahe und zielführende Diagnostik unerlässlich. Ziel dieses unizentrischen Fallberichtes ist daher die Darstellung der Prävalenz, des Manifestationszeitpunktes und des klinischen Verlaufs endokrinologischer Folgeerkrankungen und ihres Bezugs zu onkologischen Grunderkrankungen und angewandten Therapiemodalitäten. Zur Erfassung der endokrinologischen Daten der onkologischen Patienten der Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm wurde eine Datenbank mit den Ergebnissen der im Zeitraum von Juli 2008 bis Juli 2011 durchgeführten klinischen, anthropometrischen und laborchemische Untersuchungen erstellt. In dem Kollektiv aus 121 Patienten (Durchschnittsalter 9,1 ± 6,1 Jahre) wurden 173 endokrinologische Spätfolgen diagnostiziert. Mit einer Prävalenz von 67,8 % (82 Patienten) war die Hypothyreose die häufigste endokrinologische Spätfolge. Sie trat vermehrt bei Patienten mit Morbus Hodgkin (80,0 %, n=25), mit einer Leukämie (78,3 %, n=46), mit einem ZNS-Tumor (51,7 %, n=29) sowie nach einer Chemotherapie mit Alkylantien (73,0 %, n=37) auf. Patienten mit einer Therapiekombination aus einer zervikalen Radiatio und einer Chemotherapie wiesen mit einer Erkrankungsrate von 87,0 % (20 von 23 Patienten) das höchste Risiko auf, an einer Hypothyreose zu erkranken. Mit einer Prävalenz von 28,9 % (35 von 121 Patienten) bzw. 37,0 % (17 von 46) bei Leukämiepatienten war eine Adipositas die zweithäufigste endokrinologische Spätfolge. Patienten mit ZNS-Tumoren waren mit durchschnittlich etwa 1,7 Diagnosen am häufigsten von endokrinologischen Spätfolgen betroffen. Bei der dominierenden Spätfolge Kleinwuchs (48,3 %; n=29) in dieser Gruppe kommt eine Schädelbestrahlung mit nachfolgendem Wachstumshormonmangel als Hauptursache in Betracht. Mit steigender Strahlengesamtdosis war eine umso ausgeprägtere Einschränkung des KörperhöhenWachstums zu verzeichnen. Patienten, die alleinig mit einer Chemotherapie oder mit einer Zusammenfassung niedrigdosierten kranialen Strahlentherapie (Intensität < 24 Gray) behandelt wurden, konnten ein temporäres Wachstumsdefizit nahezu aufholen. Dagegen zeigten 35,7 % Patienten (5 von 14) mit einer Schädelbestrahlung > 24 Gray und 55,6 % Patienten (5 von 9) mit einer kraniospinalen Bestrahlung eine persistierende Wachstumsstörung. Diese Daten belegen den wachsenden Bedarf an endokrinologischen Nachsorgestrategien nach antineoplastischer Therapie im Kindes- und Jugendalter. Die hohe Diagnoserate der Adipositas, welche in der Literatur bisher spärlich vorbeschrieben ist, und die zum Teil widersprüchliche Datenlage bezüglich des Hypothyreose-Risikos nach alleiniger Chemotherapie belegen den weiterhin bestehenden Forschungsbedarf im Bereich der endokrinologischen Spätfolge. Um eine optimale Behandlung der Endokrinopathien zu ermöglichen, ist eine kontinuierliche Verbesserung und Aktualisierung der Nachsorgeleitlinien notwendig. Die Ergebnisse dieser unizentrischen Studie schaffen für diese Zielsetzung eine ausführliche Deskription der Spätfolgen antineoplastischer Therapien. 85 Literaturverzeichnis 6 Literaturverzeichnis 1. Armstrong G T, Whitton J A, Gajjar A, Kun L E, Chow E J, Stovall M, Leisenring W, Robison L L, Sklar C A: Abnormal timing of menarche in survivors of central nervous system tumors: A report from the Childhood Cancer Survivor Study. Cancer, 115: 25622670 (2009) 2. Bakker B, Oostdijk W, Bresters D, Walenkamp M J, Vossen J M, Wit J M: Disturbances of growth and endocrine function after busulphan-based conditioning for haematopoetic stem cell transplantation during infancy and childhood. Bone Marrow Transplant, 33: 1049-1056 (2004) 3. 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Ohne sie wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. 99 Curriculum Vitae 100 Curriculum Vitae Persönliche Daten Name Lioba Doornekamp Geburtsdatum 11.08.1987 Geburtsort Schwabmünchen Beruflicher Werdegang Seit 03/2015 Assistenzärztin in der Gynäkologie und Geburtshilfe, St. Josefs Krankenhaus, Hilden Studium und Schulbildung 08/2013 –12/2014 Studium der Humanmedizin an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf 10/2008 – 07/2013 Studium der Humanmedizin an der Universität Ulm 09/1998 – 07/2007 Justus-von-Liebig Gymnasium, Neusäß 08/2004 – 07/2005 Thousand Oaks High School, California