Aminosäuren ¨Ubersicht

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Basiswissen | Aufgaben und Lösungen
◮ Naturstoffe | Aminosäuren
Skript
Aminosäuren
Übersicht
1 Definition
1
2 Aminosäuren
2.1 Darstellung von Aminosäuren: Die Fischer–Projektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
2.2
Proteinogene Aminosäuren und Nomenklatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 Die Säure–Base–Chemie von Aminosäuren
3
4
3.1
3.2
Wiederholung: Protolysegleichgewicht und pKS –Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Von Carboxygruppen, Aminogruppen und Zwitterionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
5
3.3
Der isoelektrische Punkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
4 Experimentelle Trennung von Aminosäuren
4.1 Die Dünnschichtchromatographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
8
4.2
Die Elektrophorese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Zusammenfassung
9
10
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1 Definition
Aminosäuren sind im Allgemeinen Carbonsäuren (R– COOH), die eine Aminogruppe (R–NH2 ) im
Molekül enthalten. Sie spielen eine zentrale Rolle beim Aufbau von Proteinen und der Mensch benötigt
einige davon um zu überleben. Nahrungsmittel mit hohen Anteilen an Aminosäuren sind bspw. Spargel, Lachs und Eier.
Quelle: www.publicdomainpictures.net –
Alex Borland (public domain).
Quelle: www.publicdomainpictures.net –
Vera Kratochvil (public domain).
Quelle: www.wikipedia.org –
Angelika Pyka (public domain).
Wir wollen in diesem Skript die Aminosäuren sowie deren Eigenschafften kennen lernen, damit wir sie
im ChemieLV–Skript Peptide und Proteine zu Makromolekülen verknüpfen können.
Wir beginnen ganz allgemein mit dem Begriff der Aminosäure und einer geeigneten Darstellungsform
der Moleküle: der Fischer–Projektion. Anschließend gehen wir auf die proteinogenen Aminosäuren
und die Benennung der Moleküle ein. Daraufhin besprechen wir ausführlich die Säure–Base–Chemie
von Aminosäuren. Nach eine kurzen Wiederholung wichtiger Konzepte der Säure–Base–Theorie nach
Broensted diskutieren wir die Begriffe des Zwitterions und des isoelektrischen Punkts. Abschließend
betrachten wir die experimentelle Trennung von Aminosäuren mittels Dünnschichtchromatographie
und Elektrophorese.
2 Aminosäuren
2.1 Darstellung von Aminosäuren: Die Fischer–Projektion
◮ Darstellung von Aminosäuren: Die Fischer–Projektion
Die Darstellungsprobleme von Aminosäuren gehen auf die dreidimensionale Struktur organischer Moleküle zurück. Drei Dimensionen sind in aller Regel nicht einfach zu zeichnen, wenn man bedenkt, dass
die Zeichenebene (das Blatt Papier vor dir bspw.) nur zweidimensional ist. Eine Möglichkeit dieses
Problem zu lösen ist die Keil–Strich–Schreibweise (vgl. Abb. 1). Diese erweist sich insbesondere bei
kleineren Molekülen als sehr effektiv, bei größeren kann es jedoch schnell kompliziert werden. Abhilfe
schafft die von Emil Fischer (Nobelpreis für Chemie, 1902) eingeführte Fischer–Projektion. Wir wollen uns an einem konkreten Beispiel den Nutzen und die Darstellung dieser Projektion anschauen (vgl.
Abb. 1).
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Skript
COOH
R
H2N
COOH
COOH
C
H2N
H
C
H2N
H
C
R
R
Betrachter
Keil-Strich-Schreibweise
H
Fischer-Projektion
Keil-Strich-Schreibweise
Abbildung 1: Überführung der Keil–Strich–Schreibweise in die Fischer–Projektion
Gehe beim Überführen der Keil–Strich–Schreibweise in die Fischer–Projektion folgendermaßen vor:
1. Schaue von schräg unten auf das C–Atom, sodass die Aminogruppe (R–NH2 ) links und das H–
Atom rechts von dir steht.
2. Die zweite Ansicht ergibt sich direkt aus Schritt 1: Die Aminogruppe und das H–Atom zeigen aus
der Zeichenebene heraus, während die Carboxygruppe (R– COOH) und der Rest (R) hinter die
Zeichenebene zeigen. Die Stellung der Substituenten in diesem Schritt ist zentral, da wir nur auf
diese Weise die Fischer–Projektion erhalten können.
3. Wir drücken“ das Molekül nun gedanklich platt“. Damit liegen alle Bindungen in einer Ebene
”
”
und wir erhalten die Fischer–Projektion.
Diese Darstellung werden wir nun im weiteren Verlauf dieses Skripts für die Darstellung der Aminosäuren verwenden. Ausführlichere Informationen zur Fischer–Projektion, die über das hier benötigte
Wissen hinausgehen, findest du im ChemieLV–Skript Monosaccharide.
◮ Die Struktur von Aminosäuren
Aminosäuren zeichnen sich dadurch aus, dass sie mindestens zwei funktionelle Gruppen aufweisen:
eine Carboxygruppe und eine Aminogruppe (vgl. Abb. 2). Eine Unterscheidung verschiedener Aminosäuren ist auf Grundlage des Rests (R) möglich.
Carboxgruppe
H
O
Aminogruppe
H
O
C
N
C
H
R
COOH
2
H
H2N
Rest
C
2
H
R
Abbildung 2: Allgemeiner Aufbau von Aminosäuren
Wir werden im Verlauf dieses Skripts vor allem die rechte Darstellung in Abbildung 2 verwenden, da
wir nahezu alle wichtigen chemischen Eigenschaften daran erklären können. Die hier gewählte Stellung
der Substituenten entspricht der, die auch bei den zwanzig häufigsten natürlich vorkommenden Aminosäuren zu finden ist. Dabei befindet sich die Aminogruppe (R–NH2 ) am C–2–Atom, welches auch als
α–C–Atom bezeichnet wird.
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2.2 Proteinogene Aminosäuren und Nomenklatur
◮ Proteinogene Aminosäuren
In der Natur kommen einige hundert verschiedene Aminosäuren vor, doch nur zwanzig davon werden
für den Aufbau von Proteinen verwendet (vgl. ChemieLV–Skript Peptide und Proteine). Wir wollen uns
in diesem Skript auf eine Auswahl dieser proteinogenen Aminosäuren beschränken.
Auf Grundlage der Stellung der Amino–Gruppe (R–NH2 ) an einem asymmetrischen α–C–Atom können
Aminosäuren analog zu den Monosacchariden der D– oder L–Reihe zugeordnet werden. In proteinogenen Aminosäuren sind fast ausschließlich L–Aminosäuren zuzuordnen. In Zusammenhang mit der
Eigenschaft der Chiralität sind proteinogene Aminosäuren optisch aktiv (vgl. ChemieLV–Skript Stereoisomerie und optische Aktivität).
Beachte: Glycin ist zwar die einfachste Aminosäure, hat aber kein asymmetrisches C–Atom und ist
folglich nicht optisch aktiv.
COOH
COOH
Stellung links
*C2
H2N
H
asymmetrisches
α− C−Atom
H2N
C
nicht asymmetrisch
2
H
2 identische Substituenten
=> keine optische Aktivität
H
R
L-Aminosäure
Glycin
Abbildung 3: Stellung der Aminogruppe und optische Aktivität
◮ Nomenklatur: Der Drei–Buchstaben–Code
Die Benennung (Nomenklatur) von Aminosäuren ist vergleichbar mit der Benennung von Zuckern: Weil
die systematische Benennung unhandliche Bezeichnungen ergeben würde, finden viele Trivialnamen
Verwendung. Um die Benennung noch weiter zu vereinfachen, was insbesondere im Zusammenhang
mit dem Aufbau von Proteinen wichtig wird, verwendet man einen Drei–Buchstaben–Code. Dieser
umfasst die ersten drei Buchstaben des Trivialnamens der jeweiligen Aminosäure (vgl. Abb. 4).
COOH
H2N
*
C
CH3
Alanin - Ala
H
H2N
*
C
H
COOH
COOH
COOH
H2N
*
C
H
H2N
*
C
H
CH2
CH2
CH2
CH2
SH
COOH
CH2
Cystein - Cys
Asparaginsäure - Asp
CH2
NH2
Lysin - Lys
Abbildung 4: Beispielhafte Aminosäuren mit Trivialnamen und Drei–Buchstaben–Code
In Abbildung 4 siehst du beispielhaft vier Aminosäuren aufgeführt. Die Carboxygruppe ist wie bisher
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orange eingefärbt und die Aminogruppe blau. Die jeweiligen Reste sind rot hervorgehoben. Beachte,
dass wir hier zusätzliche funktionelle Gruppen vorliegen haben:
• Lysin mit einer endständigen Aminogruppe (R–NH2 )
• Cystein einer endständigen Thiolgruppe (R–SH)
• Asparaginsäure mit einer endständigen Carboxygruppe (R–COOH)
Diese haben eine entscheidenden Einfluss auf die Chemie der Aminosäuren, wie wir unter 3.3 sehen
werden.
3 Die Säure–Base–Chemie von Aminosäuren
Aminosäuren weisen mit der Carboxygruppe eine Säuregruppe (Protonendonator) auf, die relativ
leicht deprotoniert (Abgabe des H–Atoms) werden kann. Gleichzeitig befindet sich jedoch im selben
Molekül auch noch eine basische funktionelle Gruppe in Form der Aminogruppe, welchen ihren
basischen Charakter (Protonenakzeptor) durch das freie Elektronenpaar am Stickstoff erhält. Da die
wässrige Säure–Base–Chemie der Aminosäuren sehr wichtig für ihre Eigenschaften ist, wollen wir an
dieser Stelle mit einer kurzen Wiederholung der wichtigsten Konzepte beginnen und anschließend
damit die Eigenschaften der Aminosäuren erklären. Eine ausführliche Darstellung der Säure–Base–
Chemie in wässrigen Lösungen findest du im ChemieLV–Themengebiet Säure–Base–Gleichgewichte
3.1 Wiederholung: Protolysegleichgewicht und pKS –Werte
Wir nehmen beispielhaft die Carboxygruppe R– COOH als Säure (Protonendonator) und formulieren
eine Reaktionsgleichung für die Reaktion mit Wasser als Base (Protonenakzeptor). (R) ist ein organischer
Rest.
R– COO− + H3 O+ Protolysegleichgewicht
R– COOH + H2 O
Wir erhalten hier folgende Säure–Base–Paare: R– COOH/ R– COO− und H3 O+ / H2 O. Nun formulieren
wir das Massenwirkungsgesetz für diese Säure–Base–Reaktion und erhalten so die Säurekonstante KS .
Bedenke: Die Konzentration des Lösungsmittels Wasser wird c(H2 O) = 1 gesetzt.
KS =
c(R– COO− ) · c(H3 O+ )
c(R– COOH)
Durch die Lage des Protolysegleichgewichts können wir eine Aussage über die Säurestärke treffen:
1. KS > 1: hoher Anteil der deprotonierten Form im Gleichgewicht auf der Produktseite → je größer
KS desto stärker die Säure.
2. KS < 1: geringer Anteil der deprotonierten Form im Gleichgewicht auf der Produktseite → je
kleiner KS desto schwächer die Säure.
Gewöhnlich wird jedoch nicht die Säurekonstante KS angegeben, sondern der pKS –Wert, der sich wie
folgt berechnet:
pKS = − log(KS )
Achtung: Der pKS –Wert hat keine Einheit! Dadurch, dass hier der negative dekadische Logarithmus
(Zehnerlogarithmus) zum Einsatz kommt, ergibt sich folgender Informationsgehalt des pKS –Werts:
1. Je kleiner der pKS –Wert, desto stärker die Säure und desto schwächer die korrespondierende Base.
Achtung: Der pKS –Wert kann im Fall starker Säuren negativ sein (pKS < 0).
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2. Je größer der pKS –Wert, desto schwächer die Säure und desto stärker die korrespondierende Base.
Im Fall der Aminosäuren haben wir wie bereits angemerkt mindestens zwei funktionelle Gruppen,
die für die Säure–Base–Chemie relevant sind: die Carboxygruppe und die Aminogruppe.
3.2 Von Carboxygruppen, Aminogruppen und Zwitterionen
◮ Das Zwitterion
Wir wollen nun die eben wiederholten Konzepte verwenden, um Aussagen über die Säure– bzw. Basenstärke der Carboxy– bzw. der Aminogruppe zu treffen und anschließend die Folgen zu besprechen.
Um genau zu sein, handelt es sich bei Aminosäuren um amphotere Verbindungen, also solche die
sowohl als Säure als auch als Base fungieren können. Schauen wir uns die pKS –Werte der beiden funktionellen Gruppen an, dann fällt ein interessanter Aspekt auf, den du in Abbildung 5 nachvollziehen
kannst.
pKs = 2 - 3
COOH
COOH
COO
pKs = 10 - 11
H2N
H
H
C
R
N
C
H
R
H
H3N
H
C
R
Zwitterion
Abbildung 5: Ausbildung des Zwitterions
Die Carboxygruppe ist mit einem pKS –Wert von pKS = 2–3 zwar eher eine mäßig starke Säure, aber im
Vergleich zur Aminogruppe (pKS = 10–11) mit ihren Säureeigenschaften in jedem Fall dominant. Das
Resultat ist ein Protolysegleichgewicht innerhalb der Aminosäure, wobei die Aminogruppe die Rolle
der Base einnimmt. Hierbei entsteht ein so genanntes Zwitterion, das zwei gegensätzliche Ladungen
trägt, die sich im Mittel wieder ausgleichen. Korrekt lautet die Bezeichnung des Zwitterions allgemein
Ammoniumcarboxylat.
◮ Auswirkungen auf Struktur und Eigenschaften
Im Falle des zwitterionischen Ammoniumcarboxylats handelt es sich um eine stark polare Verbindung,
was direkt Auswirkungen auf die Eigenschaften von Aminosäuren hat.
• Aminosäuren bilden kristalline Feststoffe aus, die aufgrund der stark polaren Struktur besonders
stabil sind.
• Die Stabilität der Kristallgitter von Aminosäuren führt dazu, das sie schlecht wasserlöslich sind
und sich beim Erhitzen thermisch zersetzen und nicht schmelzen.
3.3 Der isoelektrische Punkt
Eine weitere wichtige Eigenschaft von Aminosäuren bezieht sich auf deren Zusammensetzung in wässrigen
Lösungen und die pH–Abhängigkeit dieser Zusammensetzung.
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◮ Wiederholung: Der pH–Wert
Der pH–Wert ist für wässrige Lösungen über die Stoffmengenkonzentration der Oxoniumionen (H3 O+ )
definiert:
ℓ
+
pH = − log c(H3 O ) ·
mol
Achtung: Der pH–Wert wird über die Autoprotolyse des Wassers definiert; es macht demnach keinen
Sinn pH–Werte für anderer Lösungsmittel als Wasser anzugeben. Des Weiteren hat der pH–Wert keine
Einheit, was mit dem Logarithmus zusammenhängt: Wir können keinen Logarithmus aus Einheiten
ziehen!
Es werden grob drei Bereiche für den pH–Wert unterschieden:
• pH < 7: saures Milieu → hohe Stoffmengenkonzentrationen der Oxoniumionen.
• pH ≈ 7: neutrales Milieu
• pH > 7: alkalisches (basisches) Milieu → niedrige Stoffmengenkonzentrationen der Oxoniumionen.
Achtung: Oft werden pH–Bereich von 0 bis 14 angegeben. Das bedeutet nicht, dass der pH–Wert im Fall
besonderes hoher Stoffmengenkonzentrationen von Oxoniumionen nicht auch kleiner als null (pH < 0)
sein könnte.
◮ Aminosäuren in wässrigen Lösungen unterschiedlicher pH–Werte
Die Zusammensetzung von Aminosäuren in wässrigen Lösungen ist pH–abhängig. Das hängt mit den
vorhandenen funktionellen Gruppen zusammen. Wir betrachten an dieser Stelle die einfachste Aminosäure in Form von Glycin mit R = H.
(a) stark saure Lösungen pH < 1
Ist der pH–Wert kleiner als 1, dann liegen sehr viele H3 O+ –Kationen in Lösung vor. In diesem Milieu
wird das freie Elektronenpaar der Aminogruppe zusätzlich zur Carboxygruppe protoniert. Wir erhalten hier die kationische Form der Aminosäure (vgl. Abb. 6).
COOH
COO
-H+
H3N
C
H
+H+
H
H3N
C
H
H
kationische Form
von Glycin
zwitterionische Form
von Glycin
Abbildung 6: Aminosäuren in wässrigen Lösungen mit pH < 1 überwiegend in kationischer Form
In stark sauren Lösungen liegt die Aminosäure folglich überwiegend als Kation vor, sie trägt also eine
positive Ladung.
(b) stark alkalische Lösungen pH >> 7
In stark alkalischen Lösungen mit pH >> 7 liegen sehr viele Hydroxid–Anionen in Lösung vor. In
diesem Fall ist sowohl die Aminogruppe als auch die Carboxygruppe überwiegend deprotoniert (vgl.
Abb. 7).
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COO
COO
-H+
H3N
H
C
+H+
H2N
H
C
H
H
zwitterionische Form
von Glycin
anionische Form
von Glycin
Abbildung 7: Aminosäuren in wässrigen Lösungen mit pH >> 7 überwiegend in anionischer Form
In stark alkalischen Lösungen liegt die Aminosäure folglich als Anion vor; sie trägt eine negative Ladung.
◮ Der isoelektrische Punkt
Eine Frage, die wir noch nicht beantwortet haben, bezieht sich auf die zwitterionische Form von Glycin
und den zugehörigen pH–Wert. Wie wir in 3.1.2 bereits gesehen haben, handelt es sich bei dem Zwitterion um ein Molekül, das sowohl eine positive als auch eine negative Ladung trägt. Im Mittel gleichen
sich beide Ladungen aus und das Molekül ist nach außen hin neutral. In wässrigen Lösungen bedeutet das, dass das Zwitterion nicht zur elektrischen Leitfähigkeit der Lösung beiträgt. Der pH–Wert, bei
welchem überwiegend das Zwitterion in wässriger Lösung vorliegt, wird isoelektrischer Punkt (kurz:
IEP) genannt (vgl. Abb. 8).
COOH
COO
COO
-H+
H3N
C
H
H
+H+
-H+
H3N
C
H
+H+
H2N
H
C
H
H
pH
0 sauer
7
alkalisch 14
Isoelektrischer
Punkt (IEP)
Abbildung 8: pH–Abhängigkeit der Zusammensetzung von Aminosäuren am Beispiel Glycin
Die Lage des isoelektrischen Punkts ist in jedem Fall auch von weiteren sauren oder basischen funktionellen Gruppen abhängig, die als Rest der Aminosäure auftreten können. Je mehr saure Gruppen
vorhanden sind, desto niedriger liegt der IEP und je mehr basische Gruppen vorhanden sind, desto
höher fällt der IEP aus.
Vergleiche hierzu Abbildung 4. Lysin weist eine zusätzliche Aminogruppe auf, was ihren basischen
Charakter deutlich erhöht. Im Vergleich dazu weist die Asparaginsäure eine zusätzliche Carboxygruppe auf, was ihren Säurecharakter insgesamt deutlich verstärkt. Durch Vergleich des isoelektrischen
Punkts der beiden Verbindungen mit dem von Glycin können wir den Einfluss der neuen Substituenten erkennen:
• IEP(Lysin) ≈ 9, 7 > 6, 0 = IEP(Glycin) → verstärkter basischer Charakter von Lysin
• IEP(Asparaginsäure) ≈ 2, 8 < 6, 0 = IEP(Glycin) → verstärkter saurer Charakter der Asparaginsäure
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4 Experimentelle Trennung von Aminosäuren
4.1 Die Dünnschichtchromatographie
Ein sehr wichtiges Verfahren, um Gemische von Aminosäuren effektiv zu trennen, ist die Dünnschichtchromatographie.
◮ Grundlagen der Chromatographie
Die Chromatographie stellt ein physikalisch–chemisches Trennverfahren dar, bei welchem das Trennungsprinzip auf unterschiedlichen Verweilzeiten der Analysesubstanzen auf einer stationären Phase
beruht. Diese Verweilzeiten kommen auf Grund unterschiedlicher Wechselwirkungen zwischen den
Molekülen der Analysesubstanz und der stationären bzw. mobilen Phase zu Stande. In Abbildung 9
betrachten wir das Prinzip graphisch:
Fließmittel/
mobile Phase
t1
t0
tend
zwei Analysesubstanzen
stationäre Phase bspw. in Form einer Kieselgelplatte
orangefarbene Moleküle
sind schneller
Abbildung 9: Zeitliche Auftrennung eines Gemischs über die Zeitspanne t0 bis tend
Du kannst dir das Trennprinzip so vorstellen, dass die grünen Moleküle stärker mit den Molekülen der
stationären Phase wechselwirken, somit werden sie länger festgehalten“ als die orangen. Folglich be”
kommst du eine effektive Trennung deines Gemischs über den Zeitraum t0 bis tend
◮ Experimentelle Durchführung
In Abbildung 10 siehst du den experimentellen Aufbau eines Dünnschichtchromatographen.
1. Die Analysesubstanz und eine Vergleichssubstanz (Standard) werden auf der stationären Phase aufgebracht.
Stationäre
Phase
2. Die stationäre Phase wird in ein geeignetes
Fließmittel gestellt.
Standard
3. Durch Kapillarkräfte wandert das FließmitAnalysesubstanzen
tel an der stationären Phase nach oben.
4. Die unterschiedlichen Wechselwirkungen der
enthaltenen Aminosäuren führen zu einer
Laufmittel
zeitlichen Auftrennung des Gemischs.
5. Die
Trennleistung
der
Dünnschichtchromatographie hängt stark von der
gewählten stationären und mobilen Phase ab,
sowie von deren chemischer Zusammensetzung bzw. Aufbau.
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mobile Phase
Abbildung 10: Experimenteller Aufbau eines
Dünnschichtchromatographen
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4.2 Die Elektrophorese
Neben der Dünnschichtchromatographie existiert noch die Elektrophorese, die zur Trennung von Aminosäuregemischen herangezogen wird. Diese spielt insbesondere in der Biochemie eine wichtige Rolle.
◮ Experimenteller Aufbau
Das Prinzip der Elektrophorese beruht auf der pH–Wert–Abhängigkeit der Ladung von Aminosäuren
(vgl. 3.3). Der experimentelle Aufbau gestaltet sich hierbei vom Prinzip her relativ einfach (vgl. Abb. 11):
Gleichspannungsquelle
Anode
Kathode
Träger mit wässriger Lösung (pH 6)
IEP 6
IEP 9
IEP 2
Aminosäuren
Abbildung 11: Experimenteller Aufbau der Elektrophorese
Folgende Komponenten sind wichtig:
1. Der Probenträger enthält eine wässrige Lösung, deren pH–Wert mit einem Puffer kontrolliert wird.
2. Eine Gleichspannungsquelle ist an den Träger angeschlossen und baut dort ein elektrisches Feld
auf.
3. Die Analysesubstanz wird auf die Mitte des Trägers gegeben. In Abbildung 11 sind beispielhaft
Aminosäuren mit unterschiedlichen IEP angegeben.
◮ Ladungen im elektrischen Feld
Die Gleichspannung führt zu einem elektrischen Feld E. In Abbildung 11 befindet sich die Anode
(Pluspol) rechts und die Kathode (Minuspol) links. Wie wir in Kapitel 3.3 gesehen haben, weisen Aminosäuren je nach pH–Wert unterschiedliche Ladungen auf:
• pH < IEP: Im sauren Milieu dominiert die kationische Form der Aminosäure.
• pH = IEP: Am isoelektrischen Punkt dominiert das Zwitterion, das nach außen hin neutral ist.
• pH > IEP: Im alkalischen Milieu dominiert die anionische Form der Aminosäure.
In einem elektrischen Feld wirkt eine Kraft auf ein geladenes Molekül, was bedeutet, dass das Molekül in Bewegung versetzt wird. Die kationische Form bewegt sich aufgrund ihrer positiven Ladung
in Richtung der Anode und die anionische Form aufgrund ihrer negativen Ladung in Richtung der Kathode. Die Ladungen innerhalb des Zwitterions gleichen sich aus, sodass diese nach außen hin neutral
sind und hier nicht durch das elektrische Feld beeinflusst werden. In Abbildung 11 sehen wir beispielhaft einen Träger mit einer Lösung mit pH 6. Die blaue Aminosäure“ hat bei pH 6 > IEP 2 eine negati”
ve Ladung und wandert in Richtung der Anode, während die violette Aminosäure“ bei pH 6 < IEP 9
”
positiv geladen ist und zur Kathode wandert. Da die orangenfarbene Aminosäure“ bei pH 6 als Zwit”
terion vorliegt, wandert sie gar nicht und wir erhalten eine Trennung unseres Aminosäuregemischs.
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5 Zusammenfassung
1. Die zweidimensionale Darstellung von Aminosäuren erfolgt in der Fischer–Projektion.
2. Aminosäuren weisen charakteristisch eine Carboxygruppe und eine Aminogruppe auf, sowie
einen organischen Rest, der die Unterscheidung ermöglicht.
3. Die Stellung der Aminogruppe am C–2–Atom (α–C–Atom) bestimmt die Zugehörigkeit zur
D– oder L–Reihe.
4. Aminosäuren mit asymmetrischen C–Atomen sind optisch aktiv.
5. Proteinogene Aminosäuren dienen dem Aufbau von Proteinen und gehören fast ausschließlich der L–Reihe an.
6. Die Trivialnamen von Aminosäuren werden mittels des Drei–Buchstaben–Codes abgekürzt.
7. Durch die Anwesenheit einer sauren Carboxygruppe und einer basischen Aminogruppe
kommt es zur intramolekularen Protolyse: das nach außen neutrale Zwitterion entsteht.
8. Die Ladung von Aminosäuren in wässrigen Lösungen ist vom pH–Wert abhängig: im sauren Milieu (pH < 7) dominiert die kationische Form, im alkalischen Milieu (pH > 7) die
anionische.
9. Der pH–Wert an welchem das Zwitterion dominiert, wird isoelektrischer Punkt (IEP) genannt.
10. Der IEP hängt von den Säure–Base–Eigenschaften der Reste der Aminosäuren ab.
11. Gemische von Aminosäuren können mittels Dünnschichtchromatographie effektiv getrennt
werden.
12. Die Elektrophorese nutzt die pH–Abhängigkeit der Ladung von Aminosäuren aus, um Aminosäuregemische effektiv zu trennen.
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